Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 24 SB 9/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 SB 263/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 10. September 2014 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Grades der Behinderung (GdB).
Bei der 1955 geborenen Klägerin war 2003 ein GdB von 40 festgestellt worden. Ihren Verschlimmerungsantrag vom 18. März 2011 lehnte der Beklagte nach versorgungsärztlicher Auswertung der ihm vorliegenden Unterlagen mit Bescheid vom 18. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2011 ab. Hierbei ging er von folgenden (verwaltungsintern jeweils mit einem aus den Klammerzusätzen ersichtlichen Einzel-GdB bewerteten) Funktionsbeeinträchtigungen aus:
1. Kopfschmerzen (10), 2. psychische Störung, psychosomatische Erkrankung (10), 3. Bauchfellverwachsung (10), 4. chronische/wiederkehrende Blasenentzündung (20), 5. entzündlich-rheumatische Gelenkerkrankung (20), 6. operierter Bandscheibenvorfall, Nervenwurzelreizerscheinungen beidseits, Wirbelkanalenge, Funktionsstörung der Wirbelsäule (30).
Mit der bei dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhobenen Klage hat die Klägerin die Zuerkennung eines GdB von 50 begehrt. Neben Befundberichten hat das Sozialgericht das Gutachten des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. S vom 8. April 2014 eingeholt, der als GdB-relevante Funktionsstörungen der Klägerin
1. Depressionen, Hinweise auf Somatisierungsstörung (10), 2. Bauchfellverwachsung, Magenbeschwerden (10), 3. wiederkehrende Blasenentzündungen (20), 4. Funktionsstörungen bei Verschleiß der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule (30), 5. Kunsthüftgelenk rechts Juni 2003 bei Verschleiß, Fußfehlform, Hallux Valgus (10), 6. Schultergelenkfunktionsstörung rechts (10).
ermittelt und vorgeschlagen hat, hieraus einen Gesamt-GdB von 40 zu bilden.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 10. September 2010 abgewiesen: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren Gesamt-GdB als 40.
Mit der Berufung hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung des Gutachtens des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. B vom 5. Mai 2015, der nach Untersuchung der Klägerin für die Funktionsstörungen auf seinem Fachgebiet, nämlich
leichtgradige depressive und Somatisierungsstörung,
einen Einzel-GdB von 20 angesetzt hat. Den Gesamt-GdB hat der Sachverständige mit 40 eingeschätzt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 10. September 2010 aufzuheben sowie den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 18. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2011 zu verpflichten, bei ihr mit Wirkung ab dem 18. März 2011 einen GdB von 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Ferner wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht Frankfurt (Oder) hat die Klage mit Urteil vom 10. September 2010 zu Recht abgewiesen, da der Bescheid des Beklagten vom 18. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2011 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Denn sie hat keinen Anspruch auf Festsetzung eines höheren GdB als 40.
Nach den §§ 2 Abs. 1, 69 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX) sind die Auswirkungen der länger als sechs Monate anhaltenden Funktionsstörungen nach Zehnergraden abgestuft entsprechend den Maßstäben des § 30 Bundesversorgungsgesetz zu bewerten. Heranzuziehen sind hierbei die in der Anlage zur Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) festgelegten "Versorgungsmedizinischen Grundsätze".
In Übereinstimmung mit den Vorgaben in Teil B Nr. 18.9 der Anlage zu § 2 Vers-MedV hat der Sachverständige Dr. S in seinem Gutachten vom 8. April 2014 dargelegt, dass die Funktionsstörung bei Verschleiß der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule einen Einzel-GdB von 30 bedingt, da die Klägerin insbesondere an mittelgradi-gen funktionellen Auswirkungen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule leidet.
Die häufig wiederkehrenden Blasenentzündungen bei der Klägerin sind in Anlehnung an Teil B Nr. 12.2.4 der Anlage zu § 2 VersMedV mit einem Einzel-GdB von 20 zu berücksichtigen.
Nach der überzeugenden Einschätzung des Sachverständigen Dr. B ist für die leicht-gradige depressive und Somatisierungsstörung der Klägerin nach Teil B Nr. 3.7 der Anlage zu § 2 VersMedV ein Einzel-GdB von 20 anzusetzen.
Den Vorgaben der GdB-Tabelle entsprechend sind die Baufellverwachsungen und Magenbeschwerden (Teil B Nr. 11.3), das Kunsthüftgelenk rechts, die Fußfehlform und Hallux valgus-Bildung (Teil B Nr. 18.14) und die Schultergelenkfunktionsstörung rechts (Teil B Nr. 18.3) nach den gutachterlichen Feststellungen jeweils mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten.
Liegen – wie hier – mehrere Beeinträchtigungen am Leben in der Gesellschaft vor, ist der GdB gemäß § 69 Abs. 3 SGB IX nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Nach Teil A Nr. 3c der Anlage zur VersMedV ist bei der Beurteilung des Gesamt-GdB von der Funktionsstörung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird.
Bei der Klägerin ist der Gesamt-GdB danach mit 40 festzusetzen. Der Einzel-GdB von 30 für das Wirbelsäulenleiden ist nach den überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen Dr. S unter Berücksichtigung der mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewertenden wiederkehrenden Blasenentzündungen um einen Zehnergrad herauf-zusetzen. Der sich hieraus ergebende GdB von 40 ist im Hinblick auf die psychischen Störungen der Klägerin, die einen Einzel-GdB von 20 bedingen, nicht um einen weiteren Zehnergrad zu erhöhen. Der Senat folgt hierbei der Einschätzung des Sachverständigen Dr. B, der sich gegen eine weitere Anhebung ausgesprochen hat. Denn es ergeben sich im Hinblick auf die psychosomatische Beschwerdekomponente insbesondere im Bereich des Bewegungsapparats Überschneidungen zu den körperlichen Gesundheitsstörungen. Zudem hat ein Teil der psychischen bzw. psychosomatischen Komponenten bereits im Rahmen der Bewertung der körperlichen Gesundheitsstörungen Berücksichtigung gefunden.
Von – hier nicht vorliegenden – Ausnahmefällen (z. B. hochgradige Schwerhörigkeit eines Ohres bei schwerer beidseitiger Einschränkung der Sehfähigkeit) abgesehen, führen nach Teil A Nr. 3d der Anlage zu § 2 VersMedV zusätzliche leichte Gesund-heitsstörungen, die nur mit einem GdB von 10 zu bewerten sind, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, und zwar auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt den Ausgang des Verfahrens.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Grades der Behinderung (GdB).
Bei der 1955 geborenen Klägerin war 2003 ein GdB von 40 festgestellt worden. Ihren Verschlimmerungsantrag vom 18. März 2011 lehnte der Beklagte nach versorgungsärztlicher Auswertung der ihm vorliegenden Unterlagen mit Bescheid vom 18. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2011 ab. Hierbei ging er von folgenden (verwaltungsintern jeweils mit einem aus den Klammerzusätzen ersichtlichen Einzel-GdB bewerteten) Funktionsbeeinträchtigungen aus:
1. Kopfschmerzen (10), 2. psychische Störung, psychosomatische Erkrankung (10), 3. Bauchfellverwachsung (10), 4. chronische/wiederkehrende Blasenentzündung (20), 5. entzündlich-rheumatische Gelenkerkrankung (20), 6. operierter Bandscheibenvorfall, Nervenwurzelreizerscheinungen beidseits, Wirbelkanalenge, Funktionsstörung der Wirbelsäule (30).
Mit der bei dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhobenen Klage hat die Klägerin die Zuerkennung eines GdB von 50 begehrt. Neben Befundberichten hat das Sozialgericht das Gutachten des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. S vom 8. April 2014 eingeholt, der als GdB-relevante Funktionsstörungen der Klägerin
1. Depressionen, Hinweise auf Somatisierungsstörung (10), 2. Bauchfellverwachsung, Magenbeschwerden (10), 3. wiederkehrende Blasenentzündungen (20), 4. Funktionsstörungen bei Verschleiß der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule (30), 5. Kunsthüftgelenk rechts Juni 2003 bei Verschleiß, Fußfehlform, Hallux Valgus (10), 6. Schultergelenkfunktionsstörung rechts (10).
ermittelt und vorgeschlagen hat, hieraus einen Gesamt-GdB von 40 zu bilden.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 10. September 2010 abgewiesen: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren Gesamt-GdB als 40.
Mit der Berufung hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung des Gutachtens des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. B vom 5. Mai 2015, der nach Untersuchung der Klägerin für die Funktionsstörungen auf seinem Fachgebiet, nämlich
leichtgradige depressive und Somatisierungsstörung,
einen Einzel-GdB von 20 angesetzt hat. Den Gesamt-GdB hat der Sachverständige mit 40 eingeschätzt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 10. September 2010 aufzuheben sowie den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 18. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2011 zu verpflichten, bei ihr mit Wirkung ab dem 18. März 2011 einen GdB von 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Ferner wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht Frankfurt (Oder) hat die Klage mit Urteil vom 10. September 2010 zu Recht abgewiesen, da der Bescheid des Beklagten vom 18. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2011 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Denn sie hat keinen Anspruch auf Festsetzung eines höheren GdB als 40.
Nach den §§ 2 Abs. 1, 69 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX) sind die Auswirkungen der länger als sechs Monate anhaltenden Funktionsstörungen nach Zehnergraden abgestuft entsprechend den Maßstäben des § 30 Bundesversorgungsgesetz zu bewerten. Heranzuziehen sind hierbei die in der Anlage zur Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) festgelegten "Versorgungsmedizinischen Grundsätze".
In Übereinstimmung mit den Vorgaben in Teil B Nr. 18.9 der Anlage zu § 2 Vers-MedV hat der Sachverständige Dr. S in seinem Gutachten vom 8. April 2014 dargelegt, dass die Funktionsstörung bei Verschleiß der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule einen Einzel-GdB von 30 bedingt, da die Klägerin insbesondere an mittelgradi-gen funktionellen Auswirkungen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule leidet.
Die häufig wiederkehrenden Blasenentzündungen bei der Klägerin sind in Anlehnung an Teil B Nr. 12.2.4 der Anlage zu § 2 VersMedV mit einem Einzel-GdB von 20 zu berücksichtigen.
Nach der überzeugenden Einschätzung des Sachverständigen Dr. B ist für die leicht-gradige depressive und Somatisierungsstörung der Klägerin nach Teil B Nr. 3.7 der Anlage zu § 2 VersMedV ein Einzel-GdB von 20 anzusetzen.
Den Vorgaben der GdB-Tabelle entsprechend sind die Baufellverwachsungen und Magenbeschwerden (Teil B Nr. 11.3), das Kunsthüftgelenk rechts, die Fußfehlform und Hallux valgus-Bildung (Teil B Nr. 18.14) und die Schultergelenkfunktionsstörung rechts (Teil B Nr. 18.3) nach den gutachterlichen Feststellungen jeweils mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten.
Liegen – wie hier – mehrere Beeinträchtigungen am Leben in der Gesellschaft vor, ist der GdB gemäß § 69 Abs. 3 SGB IX nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Nach Teil A Nr. 3c der Anlage zur VersMedV ist bei der Beurteilung des Gesamt-GdB von der Funktionsstörung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird.
Bei der Klägerin ist der Gesamt-GdB danach mit 40 festzusetzen. Der Einzel-GdB von 30 für das Wirbelsäulenleiden ist nach den überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen Dr. S unter Berücksichtigung der mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewertenden wiederkehrenden Blasenentzündungen um einen Zehnergrad herauf-zusetzen. Der sich hieraus ergebende GdB von 40 ist im Hinblick auf die psychischen Störungen der Klägerin, die einen Einzel-GdB von 20 bedingen, nicht um einen weiteren Zehnergrad zu erhöhen. Der Senat folgt hierbei der Einschätzung des Sachverständigen Dr. B, der sich gegen eine weitere Anhebung ausgesprochen hat. Denn es ergeben sich im Hinblick auf die psychosomatische Beschwerdekomponente insbesondere im Bereich des Bewegungsapparats Überschneidungen zu den körperlichen Gesundheitsstörungen. Zudem hat ein Teil der psychischen bzw. psychosomatischen Komponenten bereits im Rahmen der Bewertung der körperlichen Gesundheitsstörungen Berücksichtigung gefunden.
Von – hier nicht vorliegenden – Ausnahmefällen (z. B. hochgradige Schwerhörigkeit eines Ohres bei schwerer beidseitiger Einschränkung der Sehfähigkeit) abgesehen, führen nach Teil A Nr. 3d der Anlage zu § 2 VersMedV zusätzliche leichte Gesund-heitsstörungen, die nur mit einem GdB von 10 zu bewerten sind, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, und zwar auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt den Ausgang des Verfahrens.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
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