Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
24
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 1 KA 26/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 KA 1/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 6. November 2013 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, einschließlich der Kosten der Beigeladenen zu 4). Die übrigen Beigeladenen haben ihre Kosten selbst zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Feststellung eines sonstigen Schadens.
Die Klägerin beantragte am 21. November 2011 in drei Fällen die Festsetzung eines sonstigen Schadens im Bereich Arzneimittel. Die Beigeladene zu 2) habe am 15. Mai 2007 einer Versicherten Impfstoffe für 57,19 EUR zu Lasten der Klägerin verordnet, obwohl eine solche Verordnung nach der gültigen Impfvereinbarung und der Vereinbarung über die vertragsärztliche Verordnung von Sprechstundenbedarf auf einem gesonderten Arzneiverordnungsblatt ohne Nennung des Namens des Versicherten zu Lasten der für den Praxissitz des Arztes zuständigen Umlagekasse hätte erfolgen müssen. Gleichlautende Vorwürfe erhob die Klägerin gegen die Beigeladenen zu 3) und 4), welche am 3. Juli 2007 und 19. April 2007 versichertenbezogen Impfstoffe für 110,83 EUR und 123,51 EUR zu Lasten der Klägerin verordnet hätten.
Die Beklagte wies die Anträge durch Bescheide vom 6. Februar 2012 zurück. Der Anträge seien sämtlich unzulässig, weil sie nicht jeweils innerhalb der Ausschlussfrist gestellt worden seien. Diese betrage nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – BSG - vier Jahre (Hinweis auf Urt. v. 18. August 2010 – B 6 KA 14/09 R). Die Ausschlussfrist für Verordnungsregresse beginne unmittelbar nach Ablauf des Quartals, dem die Verordnung kostenmäßig zugeordnet sei.
Dagegen richtet sich die am 7. März 2012 bei dem Sozialgericht Potsdam eingegangene Klage. Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 6. November 2013 abgewiesen. Die Partner der Bundesmantelverträge hätten den Prüfgremien nach § 106 SGB V auch die Aufgabe zugewiesen, den sonstigen einer Krankenkasse durch einen Vertragsarzt verursachten Schaden festzustellen. Nach der Rechtsprechung des BSG sei aber zwischen dem originären Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung und den Verfahren zur Feststellung sonstiger Schäden zu unterscheiden. Die Feststellung sonstiger Schäden unterliege einer vierjährigen Verjährungs-, die Wirtschaftlichkeitsprüfung dagegen einer vierjährigen Ausschlussfrist. Vorliegend handele es sich um die Feststellung eines sonstigen Schadens. Die verordneten Impfstoffe seien verordnungsfähig und würden nicht gegen die Arzneimittelrichtlinie verstoßen. Gegenstand der Prüfung durch die Beklagte seien nicht Fehler gewesen, die der Verordnung selbst anhafteten, sondern solche, die sich auf Art und Weise der Verordnung bezögen. Die Beigeladenen zu 2) bis 4) hätten entgegen der zwischen der Beigeladenen zu 1) und den Landesverbänden der Krankenkassen abgeschlossenen Vereinbarung über den Sprechstundenbedarf Impfstoffe versichertenbezogen verordnet, statt ihn wie Sprechstundenbedarf zu beziehen. Auf die Einhaltung der in § 20 Abs. 4 Prüfvereinbarung vorgesehenen Antragsfrist komme es nicht an. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG dienten die Fristen bei den Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung und denen der Feststellung eines sonstigen Schadens gleichermaßen nur der Verfahrensbeschleunigung. Ihre Überschreitung stelle deswegen kein Verfahrenshindernis da (Hinweis auf BSG v. 29. Juni 2011 – B 6 KA 16/10 R). Das BSG habe bereits entschieden, dass die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen einen Vertragsarzt innerhalb von vier Jahren verjähre. Es habe aber bisher offen gelassen, wann die Verjährung beginne. Die Kammer sehe es als sachgerecht an, auch im Falle der Prüfung einer Einzelverordnung auf die Verursachung eines sonstigen Schadens hin die Verjährung bereits mit dem Ende des Quartals beginnen zu lassen, in dem die Verordnung erteilt wurde. Das habe das BSG für den Beginn von Ausschlussfristen auch bereits entschieden. Die Verjährung habe daher hier am 1. Juli 2007 bzw. am 1. September 2007 zu laufen begonnen und sei bei der Antragstellung durch die Klägerin am 21. November 2011 bereits vollendet gewesen.
Gegen das ihr am 16. Dezember 2013 zugestellte Urteil richtet sich die am 3. Januar 2014 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene und vom Sozialgericht ausdrücklich zugelassene Berufung der Klägerin. Das BSG habe bisher noch nicht entschieden, dass die Verjährungsfrist bei der Feststellung eines sonstigen Schadens entgegen dem eindeutigen Wortlaut des § 45 SGB I unmittelbar nach Ablauf des Quartals beginne, dem die Verordnung kostenmäßig zugeordnet ist. Auch im Übrigen würden zwischen Verordnungsregressen und Feststellungen eines sonstigen Schadens grundsätzliche Unterschiede bestehen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 6. November 2013 sowie die Bescheide der Beklagten vom 6. Februar 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über die Anträge vom 21. November 2011 zu entscheiden.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 4) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten ebenso wie die Beigeladene zu 3) das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die vom Sozialgericht zugelassene Berufung hat keinen Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts ist im Ergebnis zutreffend. Die Beklagte hat mit Recht die Anträge der Klägerin auf Feststellung eines sonstigen Schadens zurückgewiesen.
Rechtsgrundlage für die Entscheidung der Beklagten über einen Antrag auf Feststellung eines sonstigen Schadens ist § 48 Abs. 1 BMV-Ä iVm § 21 der zwischen der Beigeladenen zu 1) und den Verbänden der Krankenkassen geschlossenen Prüfvereinbarung. Gemäß § 48 Abs. 1 BMV-Ä haben die Prüfeinrichtungen nach § 106 SGB V den durch einen Vertragsarzt verursachten Schaden festzustellen, der einer Krankenkasse aus der unzulässigen Verordnung von Leistungen, die aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind, oder aus der fehlerhaften Ausstellung von Bescheinigungen entsteht. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts begründet der Prüfauftrag aus § 48 Abs. 1 BMV-Ä eine eigene Prüfkompetenz nur für Schäden, die nicht bereits von § 106 SGB V umfasst werden (BSG v. 29. Juni 2011 – B 6 KA 16/10 R - juris Rn 17-19). § 106 Abs. 2 SGB V beinhaltet, dass die Wirtschaftlichkeit der Versorgung unter anderem durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen, entweder nach Durchschnittswerten oder anhand von Richtgrößenvolumina und/oder auf der Grundlage von Strichproben zu prüfen ist. Die originär aus § 106 Abs. 2 SGB V begründete Zuständigkeit der Prüfgremien für Schäden, die aus einer (angeblich) fehlerhaften Verordnung von Arzneimitteln entstehen, grenzt das BSG danach ab, ob die Art und Weise der Verordnung oder die Verordnung selbst fehlerhaft gewesen ist. Im ersteren Fall liegt ein sonstiger Schaden, im zweiten ein § 106 SGB V unterfallender Regress wegen einer unwirtschaftlichen Versorgung vor (BSG v. 29. Juni 2011 - B 6 KA 16/10 R). Die Abgrenzung ist deswegen von Bedeutung, weil für einen Verordnungsregress andere Regeln gelten als für den Ersatz eines sonstigen Schadens. So hängt ein Verordnungsregress im Unterschied zu dem Anspruch auf Ersatz eines sonstigen Schadens nicht von einem Verschulden des Arztes ab und es gilt für ihn nicht eine Verjährungs- sondern eine Ausschlussfrist.
Die von der Klägerin gestellten Anträge auf Feststellung eines sonstigen Schadens sind schon deswegen unbegründet, weil sie sich der Sache nach nicht auf einen sonstigen Schaden beziehen. Zu Unrecht ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass das Prüfbegehren der Klägerin nicht auf eine Wirtschaftlichkeitsprüfung im Sinne des § 106 SGB V gerichtet ist. Ein durch die Verordnung von Arzneimitteln entstandener Schaden ist dann als ein dem Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung zuzuordnender Arzneimittelregress anzusehen, wenn die Krankenkasse Arzneimittel bezahlt hat, die zwar grundsätzlich in ihre Leistungspflicht fallen, unter den konkreten Umständen aber nicht hätten verordnet werden dürfen. Ein sonstiger Schaden ergibt sich dagegen daraus, dass die Art und Weise der Verordnung fehlerhaft war (vgl. zum Ganzen BSG v. 5 Mai 2010 – B 6 KA 5/09 R). Ergänzend differenziert das BSG nach den Kategorien eines Mangel- oder Mangelfolgeschaden (BSG v. 29. Juni 2011 – B 6 KA 16/10 R). Erschöpft sich der geltend gemachte Schaden in den Aufwendungen der Krankenkasse für das Arzneimittel, spricht das für einen Verordnungsregress. Erwachsen der Krankenkassen dagegen durch das fehlerhafte Verordnungsverhalten der Krankenkasse weitere Aufwendungen, ist an die Kategorie eines sonstigen Schadens zu denken. Weiter hat das BSG bei der Verordnung von Arzneimitteln an Versicherte, die sich in stationärer Behandlung befinden, darauf abgestellt, dass die beanstandete Verordnung zu ihrem konkreten Zeitpunkt unzulässig war und dies als fehlerhafte Art und Weise der Verordnung eingestuft (BSG v. 29. Juni 2011 – B 6 KA 16/10 R).
Vorliegend macht die Klägerin geltend, dass die Beigeladenen zu 2) bis 4) entgegen der gültigen Impfvereinbarung und der Vereinbarung über die vertragsärztliche Verordnung von Sprechstundenbedarf Impfstoffe versichertenbezogen verordnet hätten, statt die Verordnung auf einem gesonderten Arzneiverordnungsblatt ohne Nennung des Namens des Versicherten zu Lasten der für den Praxissitz des Arztes zuständigen Umlagekasse vorzunehmen. Der Schaden erschöpft sich danach in den Aufwendungen der Klägerin für die Arzneimittel. Es wird nicht geltend gemacht, dass durch das fehlerhafte Verordnungsverhalten ein weiterer Schaden eingetreten sei. Demnach wird strukturell der Ersatz eines Mangelschadens und nicht der eines Mangelfolgeschadens begehrt Das spricht nach den Vorgaben des BSG für eine Einordnung in die Kategorie des Verordnungsregresses. Die Verordnung zu Lasten der Beklagten war an sich und nicht nur hinsichtlich ihrer Art und Weise fehlerhaft. Nach der Sprechstundenbedarfsvereinbarung durften die Impfstoffe grundsätzlich nicht versichertenbezogen und zu Lasten der Beklagten verordnet werden, das Verbot bestand nicht nur wegen der Umstände gerade zum Zeitpunkt der Verordnung. Einen rechtlich erheblichen Unterschied zu Fällen, in denen die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln aus anderen Gründen ausgeschlossen ist und die unstreitig Gegenstand der Wirtschaftlichkeitsprüfung sind (vgl. Clemens, jurisPK SGB V, 2. Aufl., § 106 Rn 105), vermag der Senat nicht zu erkennen. Eigentlicher Gegenstand der Beanstandung ist, dass mit den Kosten der Verordnung nicht die Klägerin, sondern die Umlagekasse zu belasten gewesen wäre. Insoweit entspricht die gegebene Konstellation aber dem Fall, dass durch die vorgenommene Verordnungsweise die Kosten für Sprechstundenbedarf unzutreffend zwischen den Krankenkassen aufgeteilt worden sind, der vom BSG bereits entschieden und der Kategorie des Verordnungsregresses zugeordnet worden ist (BSG v. 20. Oktober 2004 B 6 KA 65/03 R).
Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob die Anträge der Klägerin und die Bescheide der Beklagten umgedeutet werden könnten und auch unter dem Gesichtspunkt eines möglichen Verordnungsregresses zu prüfen wären. Wenn die Klägerin auch einen Anspruch auf Festsetzung eines Verordnungsregresses verfolgen sollte, wäre die Klage bereits unzulässig, weil es dann entgegen § 106 Abs. 5 Satz 3 SGB V an dem vor Klageerhebung notwendigen Beschwerdeverfahren fehlen würde. Soweit § 6 Abs. 5 Prüfvereinbarung eine Ausnahme von der Notwendigkeit der Durchführung eines Beschwerdeverfahrens vorsieht, kann das nur die Fälle der Feststellung eines sonstigen Schadens außerhalb des Geltungsbereiches des § 106 SGB V betreffen.
Im Übrigen bliebe die Klägerin mit einem Antrag auf Feststellung der Unwirtschaftlichkeit der Verordnungen jedenfalls deswegen ohne Erfolg, weil sie die dafür geltende Ausschlussfrist versäumt hat. Das ergibt sich zwar nicht aus § 20 Abs. 4 Prüfvereinbarung, wonach Anträge auf Prüfung nur innerhalb einer Frist von 12 Monaten nach Abschluss des Quartals gestellt werden können, in dem der Verstoß vermutet wird. Insoweit hat bereits das Sozialgericht zutreffend auf die Rechtsprechung des BSG hingewiesen, wonach Fristen, die in Prüfvereinbarungen für die Einleitung eines Prüfverfahrens vorgesehen sind, nur Ordnungsvorschriften sind, deren Verletzung nicht zum Untergang des Prüfanspruchs führt (BSG, Urt. v. 29. Juni 2011 – B 6 KA 16/10 R; v. 18. August 2010 – B 6 KA 14/09 R).
Nach der Rechtsprechung des BSG gilt für die Durchführung eines Regresses im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V aber eine Ausschlussfrist von vier Jahren. Dazu hat das BSG bereits entschieden, dass die Ausschlussfrist nach dem Ende des letzten Quartals beginnt, in das der Verordnungszeitraum fällt (BSG v. 18. August 2010 – B 6 KA 14/09 R). Für die Verordnungen der Beigeladenen zu 2) bis 4) aus dem Quartal II/2007 begann die Ausschlussfrist danach am 1. Juli 2007, für die Verordnung aus dem Quartal III/2007 am 1. September 2007. Entsprechend durfte nach Ablauf von vier Jahren ab dem 1. Juli 2011 bzw. ab dem 1. September 2011 ein Verfahren wegen eines Verordnungsregresses nicht mehr eingeleitet werden. Die Anträge der Klägerin auf Feststellung eines Schadens gingen aber erst am 21. November 2011 und damit verspätet bei der Beklagten ein.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197a SGG iVm §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich. Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage, wann die Verjährung der Ansprüche auf Ersatz eines sonstigen Schadens beginnt, stellt sich nach dem Sachverhalt nicht.
Tatbestand:
Streitig ist die Feststellung eines sonstigen Schadens.
Die Klägerin beantragte am 21. November 2011 in drei Fällen die Festsetzung eines sonstigen Schadens im Bereich Arzneimittel. Die Beigeladene zu 2) habe am 15. Mai 2007 einer Versicherten Impfstoffe für 57,19 EUR zu Lasten der Klägerin verordnet, obwohl eine solche Verordnung nach der gültigen Impfvereinbarung und der Vereinbarung über die vertragsärztliche Verordnung von Sprechstundenbedarf auf einem gesonderten Arzneiverordnungsblatt ohne Nennung des Namens des Versicherten zu Lasten der für den Praxissitz des Arztes zuständigen Umlagekasse hätte erfolgen müssen. Gleichlautende Vorwürfe erhob die Klägerin gegen die Beigeladenen zu 3) und 4), welche am 3. Juli 2007 und 19. April 2007 versichertenbezogen Impfstoffe für 110,83 EUR und 123,51 EUR zu Lasten der Klägerin verordnet hätten.
Die Beklagte wies die Anträge durch Bescheide vom 6. Februar 2012 zurück. Der Anträge seien sämtlich unzulässig, weil sie nicht jeweils innerhalb der Ausschlussfrist gestellt worden seien. Diese betrage nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – BSG - vier Jahre (Hinweis auf Urt. v. 18. August 2010 – B 6 KA 14/09 R). Die Ausschlussfrist für Verordnungsregresse beginne unmittelbar nach Ablauf des Quartals, dem die Verordnung kostenmäßig zugeordnet sei.
Dagegen richtet sich die am 7. März 2012 bei dem Sozialgericht Potsdam eingegangene Klage. Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 6. November 2013 abgewiesen. Die Partner der Bundesmantelverträge hätten den Prüfgremien nach § 106 SGB V auch die Aufgabe zugewiesen, den sonstigen einer Krankenkasse durch einen Vertragsarzt verursachten Schaden festzustellen. Nach der Rechtsprechung des BSG sei aber zwischen dem originären Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung und den Verfahren zur Feststellung sonstiger Schäden zu unterscheiden. Die Feststellung sonstiger Schäden unterliege einer vierjährigen Verjährungs-, die Wirtschaftlichkeitsprüfung dagegen einer vierjährigen Ausschlussfrist. Vorliegend handele es sich um die Feststellung eines sonstigen Schadens. Die verordneten Impfstoffe seien verordnungsfähig und würden nicht gegen die Arzneimittelrichtlinie verstoßen. Gegenstand der Prüfung durch die Beklagte seien nicht Fehler gewesen, die der Verordnung selbst anhafteten, sondern solche, die sich auf Art und Weise der Verordnung bezögen. Die Beigeladenen zu 2) bis 4) hätten entgegen der zwischen der Beigeladenen zu 1) und den Landesverbänden der Krankenkassen abgeschlossenen Vereinbarung über den Sprechstundenbedarf Impfstoffe versichertenbezogen verordnet, statt ihn wie Sprechstundenbedarf zu beziehen. Auf die Einhaltung der in § 20 Abs. 4 Prüfvereinbarung vorgesehenen Antragsfrist komme es nicht an. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG dienten die Fristen bei den Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung und denen der Feststellung eines sonstigen Schadens gleichermaßen nur der Verfahrensbeschleunigung. Ihre Überschreitung stelle deswegen kein Verfahrenshindernis da (Hinweis auf BSG v. 29. Juni 2011 – B 6 KA 16/10 R). Das BSG habe bereits entschieden, dass die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen einen Vertragsarzt innerhalb von vier Jahren verjähre. Es habe aber bisher offen gelassen, wann die Verjährung beginne. Die Kammer sehe es als sachgerecht an, auch im Falle der Prüfung einer Einzelverordnung auf die Verursachung eines sonstigen Schadens hin die Verjährung bereits mit dem Ende des Quartals beginnen zu lassen, in dem die Verordnung erteilt wurde. Das habe das BSG für den Beginn von Ausschlussfristen auch bereits entschieden. Die Verjährung habe daher hier am 1. Juli 2007 bzw. am 1. September 2007 zu laufen begonnen und sei bei der Antragstellung durch die Klägerin am 21. November 2011 bereits vollendet gewesen.
Gegen das ihr am 16. Dezember 2013 zugestellte Urteil richtet sich die am 3. Januar 2014 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene und vom Sozialgericht ausdrücklich zugelassene Berufung der Klägerin. Das BSG habe bisher noch nicht entschieden, dass die Verjährungsfrist bei der Feststellung eines sonstigen Schadens entgegen dem eindeutigen Wortlaut des § 45 SGB I unmittelbar nach Ablauf des Quartals beginne, dem die Verordnung kostenmäßig zugeordnet ist. Auch im Übrigen würden zwischen Verordnungsregressen und Feststellungen eines sonstigen Schadens grundsätzliche Unterschiede bestehen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 6. November 2013 sowie die Bescheide der Beklagten vom 6. Februar 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über die Anträge vom 21. November 2011 zu entscheiden.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 4) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten ebenso wie die Beigeladene zu 3) das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die vom Sozialgericht zugelassene Berufung hat keinen Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts ist im Ergebnis zutreffend. Die Beklagte hat mit Recht die Anträge der Klägerin auf Feststellung eines sonstigen Schadens zurückgewiesen.
Rechtsgrundlage für die Entscheidung der Beklagten über einen Antrag auf Feststellung eines sonstigen Schadens ist § 48 Abs. 1 BMV-Ä iVm § 21 der zwischen der Beigeladenen zu 1) und den Verbänden der Krankenkassen geschlossenen Prüfvereinbarung. Gemäß § 48 Abs. 1 BMV-Ä haben die Prüfeinrichtungen nach § 106 SGB V den durch einen Vertragsarzt verursachten Schaden festzustellen, der einer Krankenkasse aus der unzulässigen Verordnung von Leistungen, die aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind, oder aus der fehlerhaften Ausstellung von Bescheinigungen entsteht. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts begründet der Prüfauftrag aus § 48 Abs. 1 BMV-Ä eine eigene Prüfkompetenz nur für Schäden, die nicht bereits von § 106 SGB V umfasst werden (BSG v. 29. Juni 2011 – B 6 KA 16/10 R - juris Rn 17-19). § 106 Abs. 2 SGB V beinhaltet, dass die Wirtschaftlichkeit der Versorgung unter anderem durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen, entweder nach Durchschnittswerten oder anhand von Richtgrößenvolumina und/oder auf der Grundlage von Strichproben zu prüfen ist. Die originär aus § 106 Abs. 2 SGB V begründete Zuständigkeit der Prüfgremien für Schäden, die aus einer (angeblich) fehlerhaften Verordnung von Arzneimitteln entstehen, grenzt das BSG danach ab, ob die Art und Weise der Verordnung oder die Verordnung selbst fehlerhaft gewesen ist. Im ersteren Fall liegt ein sonstiger Schaden, im zweiten ein § 106 SGB V unterfallender Regress wegen einer unwirtschaftlichen Versorgung vor (BSG v. 29. Juni 2011 - B 6 KA 16/10 R). Die Abgrenzung ist deswegen von Bedeutung, weil für einen Verordnungsregress andere Regeln gelten als für den Ersatz eines sonstigen Schadens. So hängt ein Verordnungsregress im Unterschied zu dem Anspruch auf Ersatz eines sonstigen Schadens nicht von einem Verschulden des Arztes ab und es gilt für ihn nicht eine Verjährungs- sondern eine Ausschlussfrist.
Die von der Klägerin gestellten Anträge auf Feststellung eines sonstigen Schadens sind schon deswegen unbegründet, weil sie sich der Sache nach nicht auf einen sonstigen Schaden beziehen. Zu Unrecht ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass das Prüfbegehren der Klägerin nicht auf eine Wirtschaftlichkeitsprüfung im Sinne des § 106 SGB V gerichtet ist. Ein durch die Verordnung von Arzneimitteln entstandener Schaden ist dann als ein dem Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung zuzuordnender Arzneimittelregress anzusehen, wenn die Krankenkasse Arzneimittel bezahlt hat, die zwar grundsätzlich in ihre Leistungspflicht fallen, unter den konkreten Umständen aber nicht hätten verordnet werden dürfen. Ein sonstiger Schaden ergibt sich dagegen daraus, dass die Art und Weise der Verordnung fehlerhaft war (vgl. zum Ganzen BSG v. 5 Mai 2010 – B 6 KA 5/09 R). Ergänzend differenziert das BSG nach den Kategorien eines Mangel- oder Mangelfolgeschaden (BSG v. 29. Juni 2011 – B 6 KA 16/10 R). Erschöpft sich der geltend gemachte Schaden in den Aufwendungen der Krankenkasse für das Arzneimittel, spricht das für einen Verordnungsregress. Erwachsen der Krankenkassen dagegen durch das fehlerhafte Verordnungsverhalten der Krankenkasse weitere Aufwendungen, ist an die Kategorie eines sonstigen Schadens zu denken. Weiter hat das BSG bei der Verordnung von Arzneimitteln an Versicherte, die sich in stationärer Behandlung befinden, darauf abgestellt, dass die beanstandete Verordnung zu ihrem konkreten Zeitpunkt unzulässig war und dies als fehlerhafte Art und Weise der Verordnung eingestuft (BSG v. 29. Juni 2011 – B 6 KA 16/10 R).
Vorliegend macht die Klägerin geltend, dass die Beigeladenen zu 2) bis 4) entgegen der gültigen Impfvereinbarung und der Vereinbarung über die vertragsärztliche Verordnung von Sprechstundenbedarf Impfstoffe versichertenbezogen verordnet hätten, statt die Verordnung auf einem gesonderten Arzneiverordnungsblatt ohne Nennung des Namens des Versicherten zu Lasten der für den Praxissitz des Arztes zuständigen Umlagekasse vorzunehmen. Der Schaden erschöpft sich danach in den Aufwendungen der Klägerin für die Arzneimittel. Es wird nicht geltend gemacht, dass durch das fehlerhafte Verordnungsverhalten ein weiterer Schaden eingetreten sei. Demnach wird strukturell der Ersatz eines Mangelschadens und nicht der eines Mangelfolgeschadens begehrt Das spricht nach den Vorgaben des BSG für eine Einordnung in die Kategorie des Verordnungsregresses. Die Verordnung zu Lasten der Beklagten war an sich und nicht nur hinsichtlich ihrer Art und Weise fehlerhaft. Nach der Sprechstundenbedarfsvereinbarung durften die Impfstoffe grundsätzlich nicht versichertenbezogen und zu Lasten der Beklagten verordnet werden, das Verbot bestand nicht nur wegen der Umstände gerade zum Zeitpunkt der Verordnung. Einen rechtlich erheblichen Unterschied zu Fällen, in denen die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln aus anderen Gründen ausgeschlossen ist und die unstreitig Gegenstand der Wirtschaftlichkeitsprüfung sind (vgl. Clemens, jurisPK SGB V, 2. Aufl., § 106 Rn 105), vermag der Senat nicht zu erkennen. Eigentlicher Gegenstand der Beanstandung ist, dass mit den Kosten der Verordnung nicht die Klägerin, sondern die Umlagekasse zu belasten gewesen wäre. Insoweit entspricht die gegebene Konstellation aber dem Fall, dass durch die vorgenommene Verordnungsweise die Kosten für Sprechstundenbedarf unzutreffend zwischen den Krankenkassen aufgeteilt worden sind, der vom BSG bereits entschieden und der Kategorie des Verordnungsregresses zugeordnet worden ist (BSG v. 20. Oktober 2004 B 6 KA 65/03 R).
Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob die Anträge der Klägerin und die Bescheide der Beklagten umgedeutet werden könnten und auch unter dem Gesichtspunkt eines möglichen Verordnungsregresses zu prüfen wären. Wenn die Klägerin auch einen Anspruch auf Festsetzung eines Verordnungsregresses verfolgen sollte, wäre die Klage bereits unzulässig, weil es dann entgegen § 106 Abs. 5 Satz 3 SGB V an dem vor Klageerhebung notwendigen Beschwerdeverfahren fehlen würde. Soweit § 6 Abs. 5 Prüfvereinbarung eine Ausnahme von der Notwendigkeit der Durchführung eines Beschwerdeverfahrens vorsieht, kann das nur die Fälle der Feststellung eines sonstigen Schadens außerhalb des Geltungsbereiches des § 106 SGB V betreffen.
Im Übrigen bliebe die Klägerin mit einem Antrag auf Feststellung der Unwirtschaftlichkeit der Verordnungen jedenfalls deswegen ohne Erfolg, weil sie die dafür geltende Ausschlussfrist versäumt hat. Das ergibt sich zwar nicht aus § 20 Abs. 4 Prüfvereinbarung, wonach Anträge auf Prüfung nur innerhalb einer Frist von 12 Monaten nach Abschluss des Quartals gestellt werden können, in dem der Verstoß vermutet wird. Insoweit hat bereits das Sozialgericht zutreffend auf die Rechtsprechung des BSG hingewiesen, wonach Fristen, die in Prüfvereinbarungen für die Einleitung eines Prüfverfahrens vorgesehen sind, nur Ordnungsvorschriften sind, deren Verletzung nicht zum Untergang des Prüfanspruchs führt (BSG, Urt. v. 29. Juni 2011 – B 6 KA 16/10 R; v. 18. August 2010 – B 6 KA 14/09 R).
Nach der Rechtsprechung des BSG gilt für die Durchführung eines Regresses im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V aber eine Ausschlussfrist von vier Jahren. Dazu hat das BSG bereits entschieden, dass die Ausschlussfrist nach dem Ende des letzten Quartals beginnt, in das der Verordnungszeitraum fällt (BSG v. 18. August 2010 – B 6 KA 14/09 R). Für die Verordnungen der Beigeladenen zu 2) bis 4) aus dem Quartal II/2007 begann die Ausschlussfrist danach am 1. Juli 2007, für die Verordnung aus dem Quartal III/2007 am 1. September 2007. Entsprechend durfte nach Ablauf von vier Jahren ab dem 1. Juli 2011 bzw. ab dem 1. September 2011 ein Verfahren wegen eines Verordnungsregresses nicht mehr eingeleitet werden. Die Anträge der Klägerin auf Feststellung eines Schadens gingen aber erst am 21. November 2011 und damit verspätet bei der Beklagten ein.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197a SGG iVm §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich. Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage, wann die Verjährung der Ansprüche auf Ersatz eines sonstigen Schadens beginnt, stellt sich nach dem Sachverhalt nicht.
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