Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KA 2212/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 17/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12.11.2014 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren endgültig auf 23.900,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob der Beklagte dem Kläger zu Recht die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit entzogen hat.
Dem 1953 geborenen Kläger wurde mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 28.06.1988 die Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung als Hals-Nasen-Ohrenarzt in M. erteilt. Seitdem war er dort entsprechend tätig.
Bei Prüfung und Berechnung der an die Vertragsärzte auszuzahlenden Gesamthonorare stellte die Beigeladene zu 1) im April 2010 fest, dass der Kläger für die Quartale I/09 bis I/10 noch keine Honorarabrechnungen vorgelegt hatte, obwohl der Kläger durch verschiedene Schreiben und Androhungen auf die Versäumnisse hingewiesen worden war. Insoweit forderte ihn die Beigeladene zu 1) mit Schreiben vom 27.04.2010 erneut um unverzügliche Einreichung der Quartalsabrechnungen I/09 bis I/10 auf. Weitere Terminverlängerungen könnten nicht gewährt werden.
Mit Schreiben vom 29.04.2010 wies die Beigeladene zu 1) darüber hinaus darauf hin, dass die Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit ein Grund für die Entziehung der Zulassung sei. Da der Kläger seit dem Quartal I/09 keine Abrechnungen eingereicht habe, wurde er um Erläuterung gebeten, ob er weiter eine vertragsärztliche Tätigkeit ausübe. Sofern er vorübergehend an der Ausübung gehindert sei, bestehe die Möglichkeit, einen Antrag auf Ruhen der Zulassung zu stellen.
In der Folge legte der Kläger am 18.06.2010 Abrechnungsdisketten für die Quartale I/09 bis I/10 vor, die jedoch größtenteils nicht verarbeitet werden konnten. Die Verarbeitung des Abrechnungsquartals II/09 war wegen einer Viruswarnung ausgeschlossen. Der Datenträger für das Abrechnungsquartal IV/09 enthielt keine Daten ebenso wie der Datenträger für das Abrechnungsquartal I/10. Hierauf wies die Beigeladene zu 1) den Kläger mit Bescheid vom 26.07.2010 hin. Dennoch legte der Kläger für das Quartal II/09 erst am 28.09.2010, für das Quartal IV/09 am 31.12.2010 und für das Quartal I/10 am 04.04.2011 Abrechnungen vor.
Auch in der Folge wurden Abrechnungen des Klägers nicht oder verspätet eingereicht. Die Abrechnungen für die Quartale III/10 und IV/10 sowie I/11 legte er am 21.09.2011 vor. Die Abrechnung für das Quartal II/11 wurde am 19.09.2011 und die Abrechnungen für die Quartale III/11 und IV/11 am 22.05.2012 vorgelegt. Für die Quartale II/10 und I/12 fehlen weiterhin Abrechnungen.
Aufgrund der verspäteten Einreichung der Abrechnungsunterlagen für die Quartale I/09 bis I/10 stellte der Disziplinarausschuss für den Bereich der Bezirksdirektion R. der Beigeladenen zu 1) in seiner Sitzung am 21.09.2011 eine Verletzung der vertragsärztlichen Pflichten durch den Kläger fest und erlegte ihm eine Geldbuße in Höhe von 3.000,00 EUR auf. Es bedürfe einer spürbaren Disziplinarmaßnahme, um dem Kläger nachhaltig vor Augen zu führen, dass die vertragsärztliche Zulassung auch die Pflicht beinhalte, dafür Sorge zu tragen, dass Abrechnungsunterlagen zu den mit Rundschreiben bekanntgegebenen Einsendeterminen bei der Beigeladenen zu 1) eingereicht würden. Sollten weitere Pflichtwidrigkeiten in diesem Bereich vorkommen, könnten sie durchaus auch zulassungsrechtliche Konsequenzen für den Kläger haben (Bescheid vom 12.10.2011). Rechtsmittel wurden hiergegen nicht eingelegt.
Im Hinblick auf das Abrechnungsverhalten des Klägers beantragte die Beigeladene zu 1) darüber hinaus beim Zulassungsausschuss für Ärzte für den Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg - Regierungsbezirk T. - (ZA), dem Kläger die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit zu entziehen. Aufgrund des Abrechnungsverhaltens sei davon auszugehen, dass er seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr ausübe.
In seiner Sitzung vom 27.03.2012 fasste der ZA den Beschluss, das Entziehungsverfahren ruhend zu stellen. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, zunächst müsse über einen gewissen Zeitraum abgewartet werden, ob der Kläger nicht durch die Disziplinarmaßnahme zur Aufgabe seines Fehlverhaltens veranlasst werden könne. Sollte die Disziplinarmaßnahme keine Auswirkungen haben, liege weiterhin ein Pflichtverstoß vor, der eine Zulassungsentziehung rechtfertigen würde. Sollten in der Zwischenzeit weitere gröbliche Verletzungen der vertragsärztlichen Pflichten durch den Kläger stattfinden, so werde das Verfahren jederzeit von Amts wegen wieder aufgenommen.
Bereits im September 2008 hatten sich darüber hinaus bei einer Begehung der klägerischen Praxis durch das Kreisgesundheitsamt R. in der Praxis erhebliche Mängel hinsichtlich Zustand, Sauberkeit und Hygiene gefunden. Bei weiteren Praxisbegehungen am 08.12.2008, 30.11.2010 und 15.04.2011 war eine wesentliche Besserung nicht feststellbar. Bei einer erneuten Praxisbegehung am 02.04.2012 durch zwei Mitarbeiter des Kreisgesundheitsamtes R. und des Ordnungsamtes der Stadt M. wurde unter anderem festgestellt, dass Behandlungs- und Aufbereitungsraum nicht betreten werden konnten, da sich der Hausrat dort teilweise bis zur Decke stapele. Die hygienischen Anforderungen einer Arztpraxis seien im vorliegenden Fall nicht gegeben. Aufgrund des Ergebnisses der Begehung wurde dem Kläger noch am selben Tag durch die Stadt M. die weitere Nutzung seiner Arztpraxis nach § 16 Infektionsschutzgesetz untersagt. Die Nutzungsuntersagung hat bis heute Bestand.
Aufgrund der bei der Praxisbegehung am 02.04.2012 festgestellten, gravierenden hygienischen Mängel in der Praxis des Klägers wurde er von der Beigeladenen zu 1) mit Bescheid vom 20.04.2012 von der persönlichen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit bis zur Entscheidung über den Zulassungsentziehungsantrag vorläufig suspendiert, der Sofortvollzug der Suspendierung wurde angeordnet.
Da der Kläger nach Kenntnis der Stadt M. trotz der Nutzungsuntersagungsverfügung vom 02.04.2012 weiterhin in seiner Praxis praktizierte, wurde von der Stadt M. zunächst am 15.05.2012 ein Zwangsgeld angedroht, dann wegen Nichtbefolgung der Nutzungsuntersagungsverfügung am 21.08.2012 ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR gegen ihn festgesetzt.
Im Hinblick auf diesen Sachverhalt nahm der ZA das ruhende Entziehungsverfahren wieder auf und fasste in seiner Sitzung am 22.05.2012 den Beschluss, dem Kläger seine Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen. Seine Sammelerklärung für die Quartale III/11 und IV/11 habe der Kläger wieder erst am 22.05.2012 eingereicht. Die Abrechnung für das Quartal I/12 fehle noch komplett. Damit habe sich das Abrechnungsverhalten des Klägers nicht wesentlich geändert. Sein Verhalten lasse keine Besserung erkennen. Er habe durch sein Verhalten die gesetzliche Ordnung der vertragsärztlichen Versorgung schwer gestört, weshalb die Vertrauensgrundlage einer weiteren Zusammenarbeit weggefallen sei. Auch der Zustand seiner Praxisräumlichkeiten und die fehlende Veränderungsbereitschaft belege die grobe Störung des notwendigen Vertrauensverhältnisses gegenüber der Beigeladenen zu 1), so dass eine weitere Zusammenarbeit nicht zugemutet werden könne (Bescheid vom 10.07.2012).
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 09.08.2012 beim ZA Widerspruch ein, ohne diesen zu begründen. Dieser leitete den Widerspruch an den Beklagten weiter. Dort ging er am 09.08.2012 ein.
Nachdem der Beklagte zwei Anträgen des Klägers auf Terminsverlegung (Termine vom 04.12.2012 und 28.02.2013) wegen gesundheitlicher Folgen eines Verkehrsunfalls stattgegeben hatte, wies er ihn mit Schreiben vom 25.02.2013 darauf hin, dass bei einer fortbestehender Verhinderung wegen der Erkrankung ggf. ohne seine Anwesenheit verhandelt werden müsse. Die Ladung des Beklagten zur Sitzung am 30.04.2013 wurde dem Kläger am 13.04.2013 zugestellt. Daraufhin beantragte der Kläger mit Schreiben vom 19.04.2013 und per Mail vom 30.04.2013 erneut die Verlegung des Termins unter Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 22.04.2013 bis voraussichtlich 06.05.2013. Insoweit wies der Kläger erneut auf die Folgen des mitgeteilten Verkehrsunfalls hin. Darüber hinaus teilte er am 30.04.2013 per E-Mail einen akuten Atemwegsinfekt mit. Schließlich teilte er ebenfalls per E-Mail mit, dass er am 30.04.2013 "OP Tag" habe.
Gleichwohl verhandelte der Beklagte am 30.04.2013 über den Widerspruch des Klägers und fasste den Beschluss, dem Kläger unter Zurückweisung seines Widerspruchs die Zulassung zur Teilnahme der vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen (Bescheid vom 02.07.2013). Die Voraussetzungen für eine Entziehung lägen vor. Der Kläger habe seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt und übe im Übrigen die vertragsärztliche Tätigkeit auch nicht mehr aus. Eine gröbliche Pflichtverletzung sei ihm einmal hinsichtlich des von ihm zu verantwortenden Zustands der Räume und Einrichtung seines Vertragsarztsitzes, zum anderen hinsichtlich seines grob pflichtwidrigen Abrechnungsverhaltens über eine lange Zeitdauer vorzuwerfen. Auch sei ihm die Zulassung zu entziehen, da er über längere Zeit vertragsärztliche Leistungen nicht mehr in nennenswertem Umfang erbracht habe und insbesondere der Wille zur kontinuierlichen Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung fehle. Der Umstand des Fehlens vertragsärztlicher Leistungen beruhe allein auf seinem Verhalten aufgrund der Vernachlässigung und Herbeiführung eines unbenutzbaren und den Hygieneregeln nicht entsprechenden Zustandes der Praxisräume, welches zu einem darauf basierenden Nutzungsverbot geführt habe. Hinzu komme, dass offenbar der Wille zur kontinuierlichen Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung fehle, denn ansonsten hätte der Kläger längst die Initiative ergriffen und die Praxisräume in einen funktionalen und hygienisch angemessenen Zustand gebracht. Der Bescheid wurde an den Kläger am 23.07.2013 per Übergabeeinschreiben übersandt.
Hiergegen richtete sich die am 20.08.2013 zum Sozialgericht Reutlingen (SG) eingereichte Klage. Zur Begründung wies der Kläger darauf hin, dass er sich aufgrund seiner krankheitsbedingten Abwesenheit nicht vor dem Berufungsausschuss habe verteidigen können.
Der Beklagte trat der Klage entgegen. Zur Begründung verwies er im Wesentlichen auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid. Das Vorbringen des Klägers, er habe sich "nicht verteidigen" können, sei falsch. Der Kläger habe über mehrere Monate hinweg Gelegenheit gehabt, in dem Verfahren vor dem Beklagten Stellung zu nehmen bzw. sich effektiv vertreten zu lassen. Sein Verhalten habe jedoch lediglich der Verzögerung des Verfahrens gedient.
Mit Beschluss vom 26.09.2013 lud das SG die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg sowie die (Landes-)Verbände der Krankenkassen zum Rechtsstreit bei.
Auf Anfrage des SG teilte die Beigeladene zu 1) ergänzend mit, dass der Kläger zwar für das Quartal I/13 eine Abrechnung eingereicht habe. Diese habe jedoch nicht verarbeitet werden können.
Mit Urteil vom 12.11.2014 wies das SG die Klage ab. Die Entscheidung des Beklagten sei weder in formeller noch in materieller Hinsicht zu beanstanden. Der Beklagte sei nicht daran gehindert gewesen, über den Widerspruch des Klägers in seiner Sitzung vom 30.04.2013 in dessen Abwesenheit zu entscheiden. Der Kläger sei ordnungsgemäß geladen und darauf hingewiesen worden, dass im Falle seiner Abwesenheit verhandelt werden könne. Es bestünden auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen sei, sich in der Sitzung des Beklagten vertreten zu lassen oder im Verfahren vor der Beklagten schriftliche Stellungnahmen abzugeben. Dies sei ausreichend. Die Entscheidung des Beklagten sei auch in inhaltlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Der Kläger habe zum einen seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt und zum anderen seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr ausgeübt. Als gröbliche Pflichtverletzung sei dabei vorliegend die wiederholte erheblich verspätete Einreichung von Honorarabrechnungen zu sehen. Trotz mehrerer Mahnungen, Androhung und Durchführung von Honorarkürzungen und durchgeführten Disziplinarmaßnahmen sei der Kläger nicht dazu zu bewegen gewesen, sein Abrechnungsverhalten zu ändern. Im Hinblick auf die zum Teil erhebliche Verspätung liege auch eine gröbliche Pflichtverletzung vor, da die zeitnahe Einreichung der Abrechnungen von besonderer Bedeutung sei. Darüber hinaus führe der Kläger aber auch seit dem April 2012 keine vertragsärztlichen Tätigkeiten mehr durch, nachdem die Stadt M. im April 2012 die Nutzungsuntersagung seiner Praxisräume ausgesprochen habe. Dies habe der Kläger selbst bestätigt. Damit habe der Kläger über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr eine vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr ausgeübt, ohne dass es hierfür eine Rechtfertigung oder Entschuldigung gebe, weshalb ihm auch aus diesem Grund die Zulassung zu entziehen gewesen sei.
Das Urteil wurde dem Kläger mittels Postzustellungsurkunde am 26.11.2014 zugestellt.
Hiergegen richtet sich seine am 19.12.2014 beim SG eingelegte Berufung, die dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) am 05.01.2015 vorgelegt wurde. Zur Begründung trägt der Kläger im von der früheren Berichterstatterin durchgeführten Erörterungstermin vor, dass er seinen Beruf weiter ausüben wolle. Er habe zwar seit der Praxisschließung durch das Gesundheitsamt keine Kassenpatienten mehr behandelt. Er wolle jedoch versuchen, an einem anderen Ort in M. zu praktizieren.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12.11.2014 sowie den Bescheid des Beklagten vom 02.07.2013 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die übrigen Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Mit Schreiben vom 23.09.2015 hat der Berichterstatter den Beteiligten mitgeteilt, dass der Senat erwäge, die Berufung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückzuweisen, da der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Äußerung bis zum 22.10.2015 gegeben worden. Die Beigeladene zu 1) hat sich mit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG mit Schreiben vom 06.10.2015, der Beklagte mit Schreiben vom 20.10.2015 einverstanden erklärt. Der Kläger hat sich mit Schreiben vom 22.10.2015 gegen diese Vorgehensweise ausgesprochen. Er wolle angehört werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz.
II.
1. Die gem. §§ 143, 144 SGG statthafte, form- und fristgerecht eingereichte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Der Senat weist die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gem. § 153 Abs. 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden. Ein Einverständnis der Beteiligten mit dieser Vorgehensweise ist nicht erforderlich.
Die Berufung ist nicht begründet. Das Urteil des SG ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden. Zu Recht hat der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 02.07.2013 dem Kläger die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung entzogen.
Streitgegenstand ist dabei allein der Bescheid des Beklagten vom 02.07.2013, der die vom Zulassungsausschuss am 10.07.2012 ausgesprochene Zulassungsentziehung bestätigt hat. In vertragsärztlichen Zulassungssachen wird der Berufungsausschuss mit seiner Anrufung gem. § 96 Abs. 4 Sozialgesetzbuch (SGB) V funktionell ausschließlich zuständig. § 95 SGG findet in diesen Verfahren keine Anwendung (ständige Rechtsprechung seit Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 27.01.1993, - RKa 40/91 -, in juris).
2. Der Bescheid vom 02.07.2013 entspricht in formeller Hinsicht den gesetzlichen Anforderungen. § 96 Abs. 4 Satz 1 SGB V sieht vor, dass gegen die Entscheidung der Zulassungsausschüsse unter anderem die im Verfahren beteiligten Ärzte den Berufungsausschuss, also den Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit, anrufen können. Über den Verweis in § 45 Abs. 3 Ärzte-ZV beschließt nach § 37 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV über die Entziehung von Zulassungen der Berufungsausschuss nach mündlicher Verhandlung. Hierbei kann nach § 37 Abs. 2 Satz 2 Ärzte-ZV auch in Abwesenheit Beteiligter verhandelt werden, falls in der Ladung darauf hingewiesen wird. Die dem Kläger durch Postzustellungsurkunde am 13.04.2013 zugegangene Ladung zur Sitzung des Beklagten am 30.04.2013 enthielt einen entsprechenden Hinweis, dass auch im Fall der Abwesenheit des Klägers verhandelt werden kann. Die Ladung ist daher nicht zu beanstanden.
Der Beklagte war auch befugt, in seiner Sitzung vom 30.04.2013 in Abwesenheit des Klägers zu entscheiden. Insoweit hat der Kläger vorliegend schon keinen hinreichenden Entschuldigungsgrund für seine Abwesenheit vorgelegt. Allein die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung genügt hierfür nicht. Diese enthält zum einen keinerlei Diagnose und auch keine sonstigen Hinweise, dass es dem Kläger nicht möglich gewesen wäre, der Sitzung des Berufungsausschusses beizuwohnen. Auch die nachträglich übersandten E-Mails belegen keinen Entschuldigungsgrund, sondern lassen allenfalls den Wunsch erkennen, eine zeitnahe Entscheidung des Berufungsausschusses verhindern zu wollen. Hierfür sprechen die verschiedenen Verlegungsanträge, die vom Kläger vorgetragene - ärztlich jedoch nicht bescheinigte - weitere Erkrankung des Klägers vom 30.04.2013 sowie der zuletzt vorgetragene Entschuldigungsgrund des "OP Tag", wobei der Kläger selbst angibt, seit April 2012 keine Patienten mehr behandelt zu haben.
Im Übrigen wäre aber die Vorschrift des § 37 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV im vorliegenden Fall auch deshalb nicht verletzt, weil der Kläger im vorliegenden Verfahren die Möglichkeit hatte, sich zu den erhobenen Vorwürfen zu äußern. Insoweit hatte der Senat zu beachten, dass § 37 Abs. 1 und 2 Ärzte-ZV Ausdruck des in § 24 SGB X normierten Rechts zur Anhörung darstellt. Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) bezieht sich nur, worauf das SG zutreffend hingewiesen hat, auf Gerichtsverfahren. Maßstab ist damit im vorliegenden Verfahren, ob der Kläger die Möglichkeit hatte, sich mit seinen Anliegen im Zulasssungsentziehungsverfahren Gehör zu verschaffen. Vorliegend wurde der Kläger in der Ladung auf die Möglichkeit zur Entsendung eines Bevollmächtigten und schriftlichen Äußerung hingewiesen. Von diesen Möglichkeiten hat der Kläger ohne ersichtlichen Grund keinen Gebrauch gemacht, weshalb der Senat keine Verletzung des § 37 Ärzte-ZV sieht.
3. Die Rechtsgrundlage für die Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit ist in § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V geregelt. Danach ist die Zulassung unter anderem zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Die Voraussetzungen für die Zulassung sind in der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, Vertragszahnärzte, Medizinische Versorgungszentren und Psychotherapeuten (Ärzte-ZV) ergänzend näher festgelegt.
Treten Verhaltensweisen eines Arztes nach erfolgter Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit auf, die einen Rückschluss auf eine fehlende Eignung zulassen, kann in diesen Verhaltensweisen zugleich eine gröbliche Verletzung vertragsärztlicher Pflichten liegen. Das BSG differenziert dabei nicht zwischen den Voraussetzungen der Nichteignung im Sinne von § 21 Ärzte-ZV und einer gröblichen Pflichtverletzung (vgl. BSG, Urteil vom 02.09.2009, - B 6 KA 14/09 B -; sowie BSG, Urteil vom 31.03.2006, - B 6 KA 69/05 B -, BSG, Urteil vom 27.06.2007, - B 6 KA 20/07 B -, alle in juris). Der Maßstab, anhand dessen die Ungeeignetheit bzw. die gröbliche Verletzung vertragsärztlicher Pflichten zu würdigen ist, ist dabei im Wesentlichen der gleiche: Das Verhalten des Arztes muss das Vertrauen der Kassenärztlichen Vereinigung und der Krankenkassen, insbesondere in die ordnungsgemäße Behandlung der Versicherten und in die Rechtmäßigkeit der Abrechnung so gestört haben, dass diesen eine weitere Zusammenarbeit mit dem betreffenden Arzt nicht zugemutet werden kann. Der Arzt ist dann zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nicht mehr geeignet (BSG, Urteil vom 17.10.2012, - B 6 KA 49/11 R -, in juris). Die Funktionsfähigkeit des von anderen geschaffenen und finanzierten Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung, an dem der Arzt durch seine Zulassung teilnimmt, hängt in wesentlichen Teilen entscheidend davon ab, dass Kassenärztliche Vereinigung und die Krankenkassen auf die ordnungsgemäße Leistungserbringung durch den einzelnen Arzt vertrauen können. Zu beachten ist allerdings, dass unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sowie des Grundrechts der Berufsfreiheit des betroffenen Arztes aus Art. 12 Abs. 1 GG die Zulassungsentziehung nur ausgesprochen werden darf, wenn sie das einzige Mittel zur Sicherung und zum Schutz der vertragsärztlichen Versorgung ist (vgl. BSG, Urteil vom 24.11.1993 - 6 RKa 70/91 - sowie BSG, Urteil vom 19.06.1996, - 6 BKa 25/95 -, beide in juris).
Die Gültigkeit dieser Grundsätze hat das BSG nochmals mit Beschluss vom 09.02.2011 - B 6 KA 49/10 B -, in juris bestätigt. Sonstige Gründe, die einen Arzt ungeeignet im Sinne von § 21 Ärzte-ZV machen, sind alle denkbaren Mängel, sofern dadurch eine reibungslose vertragsärztliche Versorgung gefährdet werden kann. Hiervon ist nach der Rechtsprechung des BSG wie des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) auszugehen, wenn die gesetzliche Ordnung der ärztlichen Versorgung durch den Arzt in erheblichem Maße verletzt wird und das Vertrauensverhältnis zu den vertragsärztlichen Institutionen tiefgreifend und nachhaltig gestört ist, so dass ihnen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt nicht zugemutet werden kann.
Die Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung beurteilt sich dabei nach der geänderten Rechtsprechung des BSG (BSG, Urteil vom 17.10.2012, - B 6 KA 49/11 R -, in juris) nach der Sachlage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung. Später liegende Umstände - wie eine Verhaltensänderung - sind ggf. in einem Verfahren auf Wiederzulassung zu würdigen. Etwas anderes gilt nur für Fälle des Vertrauensschutzes. Dies setzt jedoch voraus, dass die nach der früheren Rechtsprechung angenommene "Wohlverhaltensphase" zum Zeitpunkt der Änderung der Rechtsprechung des BSG bereits abgelaufen war. Dies ist vorliegend nicht der Fall, weshalb die Sachlage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsausschusses maßgeblich ist.
4. Hiervon ausgehend wurde die Zulassung dem Kläger von dem Beklagten zu Recht entzogen. Bereits die wiederholte erhebliche verspätete Einreichung von Honorarabrechnungen stellt eine gröbliche Verletzung vertragsärztlicher Pflichten dar, die vorliegend die Zulassungsentziehung rechtfertigt (BSG, Urteil vom 08.07.1980 - 6 RKa 10/78 -, in juris).
Der Kläger hat im vorliegenden Fall Abrechnungen wie folgt eingereicht:
Quartal Eingangstermin der Abrechnung von Herrn Dr. B. sowie die Verspätung KV-seitig gesetzte Abgabefrist I/2009 18.06.2010 (14 Monate) 14.04.2009 II/2009 28.09.2010 (14 Monate) 13.07.2009 III/2009 18.06.2010 (8 Monate) 12.10.2009 IV/2009 31.12.2010 (11 Monate) 11.01.2010 I/2010 04.04.2011 (12 Monate) 12.04.2010 II/2010 fehlt 12.07.2010 III/2010 21.09.2011 (11 Monate) 11.10.2010 IV/2010 21.09.2011 (8 Monate) 10.01.2011 I/2011 21.09.2011 (5 Monate) 11.04.2011 II/2011 19.09.2011 (2 Monate) 11.07.2011 III/2011 22.05.2012 (7 Monate) 10.10.2011 IV/2011 22.05.2012 (4 Monate) 09.01.2012 I/2012 fehlt
Hiernach hat der Kläger für die Quartale II/10 und I/12 keine Honorarabrechnung bei der Beigeladenen zu 1) eingereicht. Die übrigen Honorarabrechnungen wurden vom Kläger ausnahmslos nach den von der Beigeladenen zu 1) gesetzten, mit Rundschreiben auch dem Kläger gegenüber bekannt gemachten Abgabefristen eingereicht. Die Einreichungsfristen wurden dabei - abgesehen von dem Quartal II/11 - massiv überschritten. Durch dieses über einen Zeitraum von drei Jahren an den Tag gelegte Abrechnungsverhalten hat der Kläger gezeigt, dass er die ihn als Vertragsarzt treffende Pflicht zu ordnungsgemäßen und insbesonderen fristgemäßen Honorarabrechnungen nicht einhalten kann bzw. will.
Insoweit ist vorliegend auch eine gröbliche Verletzung seiner vertragsärztlichen Pflichten gegeben. Zweck der Honorarverteilung ist, dass nach jedem Quartal möglichst schnell und möglichst umfassend die für die Honorarverteilung zur Verfügung stehenden Beträge ausgekehrt werden. Zwar ist ein Zeitpunkt, zu dem die Kassenärztliche Vereinigung nach Abschluss des jeweiligen Quartals die Abrechnung vorzunehmen und den Vertragsärzten einen Honorarbescheid zu erteilen hat, bundesrechtlich nicht vorgegeben. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind jedoch gehalten, die ihnen von der Krankenkasse gezahlte Gesamtvergütung umgehend an die Vertragsärzte zu verteilen. Denn diese sind - insbesondere wegen der zu bestreitenden Praxiskosten - auf eine möglichst kurze Zeitspanne zwischen Leistungserbringung und Leistungshonorierung angewiesen. Dementsprechend legen zahlreiche Bestimmungen sowohl der Bundesmantelverträge als auch des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen fest bzw. setzen voraus, dass die vertragsärztlichen Leistungen in einem Kalendervierteljahr zusammengefasst vom Vertragsarzt abgerechnet und von den Kassenärztlichen Vereinigungen vergütet werden (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2005, - B 6 KA 19/04 R -, in juris). Dementsprechend hat die Beigeladene zu 1) in § 3 Abs. 1 ihrer Abrechnungsrichtlinien, die nach § 5 Abs. 5 der Satzung der Beigeladenen zu 1) von allen Vertragsärzten zu beachten sind, festgelegt, dass Abrechnungen vollständig zu einem bekannt gegebenen Termin einzureichen sind.
Trotz der Bedeutung der Einhaltung der genannten Abrechnungsfristen hat der Kläger diese nicht nur massiv überschritten, sondern sein Verhalten auch trotz Mahnungen, Androhungen von Honorarkürzungen, durchgeführten Honorarkürzungen und der Verhängung einer Geldbuße nicht geändert. Gleichzeitig sind auch keine Entschuldigungsgründe für dieses Fehlverhalten ersichtlich oder vorgetragen.
Als weitere gröbliche Pflichtverletzung sieht der Senat im vorliegenden Fall aber auch, dass sich die Praxis des Klägers 2012 in einem desolaten Zustand befand. Die Zulassung für einen Vertragsarztsitz gem. § 24 Abs. 2 Ärzte-ZV beinhaltet für den Arzt unter anderem die Pflicht, die Praxisräume so zu gestalten und einzurichten sowie aufrecht zu erhalten, dass sie als Grundlage für eine ausreichende ärztliche Versorgung der Patienten dienen können. Hierzu gehören Ordnung, Sauberkeit und vor allem die Gewährleistung hygienischer Verhältnisse in jeder Hinsicht (vgl. LSG NRW, Urteil vom 28.06.2000, - L 11 KA 45/99 -, in juris).
Diese Pflicht hat der Kläger seit 2008 verletzt. Seit 2008 kam es immer wieder zu Beanstandungen und Ermahnungen. Nach dem mit Lichtbildern unterlegten Bericht des Gesundheitsamtes über die Praxisbegehung am 02.04.2012 war kein einziger Raum im Sinne einer Praxis nutzbar und drei Räume konnten nicht betreten werden, da sich dort der Hausrat bis zur Decke stapelte. Die hygienischen Verhältnisse wurden durchweg beanstandet und es gab keinen Raum, der eine ordnungsgemäße ärztliche Behandlung zugelassen hätte. Vor diesem Hintergrund kommt erschwerend hinzu, dass der Kläger trotz der Praxisschließung zumindest am 20.07.2012 einen privatkrankenversicherten Patienten entgegen der auch für solche Patienten geltenden Nutzungsuntersagung behandelt hat.
5. Die Zulassung war im vorliegenden Fall schließlich nach § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V auch deshalb zu entziehen, weil der Kläger über längere Zeit vertragsärztliche Leistungen nicht mehr in nennenswertem Umfang erbracht hat und insbesondere der Wille zu kontinuierlicher Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung fehlt.
Im vorliegenden Verfahren hat der Kläger seit April 2012 bis zur Entscheidung des Berufungsausschusses keinen Praxisbetrieb in nennenswertem Umfang ausgeübt. Der Kläger selbst gibt an seit April 2012 keine Patienten mehr behandelt zu haben. Hiergegen sprechen die vom Gesundheitsamt dokumentierten vereinzelten Verstöße gegen die Nutzungsuntersagung, wobei offen bleibt, ob es sich hierbei um Privat- oder Kassenpatienten gehandelt hat. Selbst bei vereinzelten Behandlungen wäre jedoch kein regulärer Praxisbetrieb mehr feststellbar. Weder die Durchführung von Sprechstunden noch die Behandlung von Patienten in einem nennenswertem Umfang ist dokumentiert. Durch die Nutzungsuntersagung des Gesundheitsamtes verfügte der Kläger im Übrigen auch seit April 2012 nicht mehr über Praxisräume zur Durchführung einer Behandlung, wie dies erforderlich wäre.
Der Kläger kann sich insoweit auch nicht damit entschuldigen, dass die Beigeladene zu 1) ihn mit Bescheid vom 20.04.2012 von der Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit suspendiert hat und er daher nicht praktizieren durfte. Diese Entscheidung der Beigeladenen zu 1) war für die Schließung der Praxis bereits nicht kausal, denn schon durch die Nutzungsuntersagung der Stadt M. vom 02.04.2012 war der Kläger nicht mehr im Besitz von Praxisräumen als notwendige Voraussetzung zur Erbringung vertragsärztlicher Leistungen. Darüber hinaus erfolgte die Suspendierung nur bis zur Entscheidung des Zulassungsausschusses, sodass sich diese Entscheidung mit dem Bescheid vom 10.07.2012 erledigt hatte. Der Sofortvollzug der Zulassungsentziehung wurde gleichzeitig nicht angeordnet. Trotzdem hat der Kläger keinerlei Bemühungen unternommen seinen Praxisbetrieb zumindest ab diesem Zeitpunkt wieder aufzunehmen. Im Übrigen hat die Beigeladene zu 1) den Kläger aber auch in ihrem Suspendierungsbescheid auf die hygienischen Probleme in den Praxisräumen hingewiesen und die Suspendierung hierauf gestützt. Insoweit hat der Kläger die Suspendierung durch sein Verhalten herbeigeführt und die Hygienemängel auch in der Folge nicht beseitigt. Hätte er dies getan, wäre er gegebenenfalls in der Lage gewesen, die Aufhebung der Suspendierung - ebenso der Nutzungsuntersagung der Stadt M. - herbeizuführen und den Praxisbetrieb fortzusetzen. Die Einstellung des Praxisbetriebs ist damit auf das Verhalten des Klägers zurückzuführen, so dass die Nichtausübung der Praxistätigkeit ebenfalls einen hinreichenden Grund für die Entziehung der Zulassung darstellt.
6. Die vom Senat dargestellten Pflichtverletzungen sowie die Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeiten rechtfertigen auch die vom Beklagten mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung im Hinblick auf die betroffenen Grundrechte des Klägers. Denn sie machen deutlich, dass die Kassenärztliche Vereinigung und die Krankenkassen nicht mehr darauf vertrauen können, der Kläger werde eine ordnungsgemäße Leistungserbringung und ordnungsgemäße Abrechnung der zu vergütenden Leistungen vornehmen. Auch unter Berücksichtigung des damit verbundenen Eingriffs in die Berufsfreiheit gem. Art. 12 GG sowie unter Beachtung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit ist die Zulassungsentziehung das einzige Mittel zur Sicherung und zum Schutz der vertragsärztlichen Versorgung. Das Verhalten des Klägers hinsichtlich der Verletzung der Abrechnungspflichten und der Einhaltung der Hygienevorschriften macht deutlich, dass der Kläger nicht gewillt ist, seinen Verpflichtungen als Vertragsarzt nachzukommen. Die hierdurch zum Ausdruck kommende Einstellung des Klägers hinsichtlich der Einhaltung von Hygiene- und Ordnungsvorschriften sind weder der Kassenärztlichen Vereinigung noch den Krankenkassen noch den gesetzlich Krankenversicherten zuzumuten. Vielmehr birgt insbesondere der Praxiszustand akute Gefahren für alle dort behandelten Patienten. Auch der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Abrechnung ist der Kläger trotz Mahnungen, Androhungen von Honorarkürzungen, durchgeführten Honorarkürzungen und Disziplinarmaßnahmen nicht nachgekommen. Schließlich gehört es zu den primären Pflichten eines Vertragsarztes, die gesetzlich krankenversicherten Patienten zu versorgen und ihnen damit all die Leistungen zukommen zu lassen, die zur Behandlung der konkreten Gesundheitsstörungen erforderlich sind.
Unter Berücksichtigung der vom Senat festgestellten Summierung gröblichster Pflichtverletzungen sowie unter Berücksichtigung der Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit steht für den erkennenden Senat fest, dass auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die vom Beklagten getroffene Zulassungsentziehung rechtmäßig ist.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen Ziff. 2-6 aufzuerlegen, da diese (Sachanträge) nicht gestellt und damit ein Prozessrisiko nicht übernommen haben.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor ( 160 Abs. 2 SGG).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. Ihr liegen die vom Kläger in den letzten drei Jahren vor Klageerhebung ermittelten Umsätze zu Grunde.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren endgültig auf 23.900,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob der Beklagte dem Kläger zu Recht die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit entzogen hat.
Dem 1953 geborenen Kläger wurde mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 28.06.1988 die Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung als Hals-Nasen-Ohrenarzt in M. erteilt. Seitdem war er dort entsprechend tätig.
Bei Prüfung und Berechnung der an die Vertragsärzte auszuzahlenden Gesamthonorare stellte die Beigeladene zu 1) im April 2010 fest, dass der Kläger für die Quartale I/09 bis I/10 noch keine Honorarabrechnungen vorgelegt hatte, obwohl der Kläger durch verschiedene Schreiben und Androhungen auf die Versäumnisse hingewiesen worden war. Insoweit forderte ihn die Beigeladene zu 1) mit Schreiben vom 27.04.2010 erneut um unverzügliche Einreichung der Quartalsabrechnungen I/09 bis I/10 auf. Weitere Terminverlängerungen könnten nicht gewährt werden.
Mit Schreiben vom 29.04.2010 wies die Beigeladene zu 1) darüber hinaus darauf hin, dass die Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit ein Grund für die Entziehung der Zulassung sei. Da der Kläger seit dem Quartal I/09 keine Abrechnungen eingereicht habe, wurde er um Erläuterung gebeten, ob er weiter eine vertragsärztliche Tätigkeit ausübe. Sofern er vorübergehend an der Ausübung gehindert sei, bestehe die Möglichkeit, einen Antrag auf Ruhen der Zulassung zu stellen.
In der Folge legte der Kläger am 18.06.2010 Abrechnungsdisketten für die Quartale I/09 bis I/10 vor, die jedoch größtenteils nicht verarbeitet werden konnten. Die Verarbeitung des Abrechnungsquartals II/09 war wegen einer Viruswarnung ausgeschlossen. Der Datenträger für das Abrechnungsquartal IV/09 enthielt keine Daten ebenso wie der Datenträger für das Abrechnungsquartal I/10. Hierauf wies die Beigeladene zu 1) den Kläger mit Bescheid vom 26.07.2010 hin. Dennoch legte der Kläger für das Quartal II/09 erst am 28.09.2010, für das Quartal IV/09 am 31.12.2010 und für das Quartal I/10 am 04.04.2011 Abrechnungen vor.
Auch in der Folge wurden Abrechnungen des Klägers nicht oder verspätet eingereicht. Die Abrechnungen für die Quartale III/10 und IV/10 sowie I/11 legte er am 21.09.2011 vor. Die Abrechnung für das Quartal II/11 wurde am 19.09.2011 und die Abrechnungen für die Quartale III/11 und IV/11 am 22.05.2012 vorgelegt. Für die Quartale II/10 und I/12 fehlen weiterhin Abrechnungen.
Aufgrund der verspäteten Einreichung der Abrechnungsunterlagen für die Quartale I/09 bis I/10 stellte der Disziplinarausschuss für den Bereich der Bezirksdirektion R. der Beigeladenen zu 1) in seiner Sitzung am 21.09.2011 eine Verletzung der vertragsärztlichen Pflichten durch den Kläger fest und erlegte ihm eine Geldbuße in Höhe von 3.000,00 EUR auf. Es bedürfe einer spürbaren Disziplinarmaßnahme, um dem Kläger nachhaltig vor Augen zu führen, dass die vertragsärztliche Zulassung auch die Pflicht beinhalte, dafür Sorge zu tragen, dass Abrechnungsunterlagen zu den mit Rundschreiben bekanntgegebenen Einsendeterminen bei der Beigeladenen zu 1) eingereicht würden. Sollten weitere Pflichtwidrigkeiten in diesem Bereich vorkommen, könnten sie durchaus auch zulassungsrechtliche Konsequenzen für den Kläger haben (Bescheid vom 12.10.2011). Rechtsmittel wurden hiergegen nicht eingelegt.
Im Hinblick auf das Abrechnungsverhalten des Klägers beantragte die Beigeladene zu 1) darüber hinaus beim Zulassungsausschuss für Ärzte für den Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg - Regierungsbezirk T. - (ZA), dem Kläger die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit zu entziehen. Aufgrund des Abrechnungsverhaltens sei davon auszugehen, dass er seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr ausübe.
In seiner Sitzung vom 27.03.2012 fasste der ZA den Beschluss, das Entziehungsverfahren ruhend zu stellen. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, zunächst müsse über einen gewissen Zeitraum abgewartet werden, ob der Kläger nicht durch die Disziplinarmaßnahme zur Aufgabe seines Fehlverhaltens veranlasst werden könne. Sollte die Disziplinarmaßnahme keine Auswirkungen haben, liege weiterhin ein Pflichtverstoß vor, der eine Zulassungsentziehung rechtfertigen würde. Sollten in der Zwischenzeit weitere gröbliche Verletzungen der vertragsärztlichen Pflichten durch den Kläger stattfinden, so werde das Verfahren jederzeit von Amts wegen wieder aufgenommen.
Bereits im September 2008 hatten sich darüber hinaus bei einer Begehung der klägerischen Praxis durch das Kreisgesundheitsamt R. in der Praxis erhebliche Mängel hinsichtlich Zustand, Sauberkeit und Hygiene gefunden. Bei weiteren Praxisbegehungen am 08.12.2008, 30.11.2010 und 15.04.2011 war eine wesentliche Besserung nicht feststellbar. Bei einer erneuten Praxisbegehung am 02.04.2012 durch zwei Mitarbeiter des Kreisgesundheitsamtes R. und des Ordnungsamtes der Stadt M. wurde unter anderem festgestellt, dass Behandlungs- und Aufbereitungsraum nicht betreten werden konnten, da sich der Hausrat dort teilweise bis zur Decke stapele. Die hygienischen Anforderungen einer Arztpraxis seien im vorliegenden Fall nicht gegeben. Aufgrund des Ergebnisses der Begehung wurde dem Kläger noch am selben Tag durch die Stadt M. die weitere Nutzung seiner Arztpraxis nach § 16 Infektionsschutzgesetz untersagt. Die Nutzungsuntersagung hat bis heute Bestand.
Aufgrund der bei der Praxisbegehung am 02.04.2012 festgestellten, gravierenden hygienischen Mängel in der Praxis des Klägers wurde er von der Beigeladenen zu 1) mit Bescheid vom 20.04.2012 von der persönlichen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit bis zur Entscheidung über den Zulassungsentziehungsantrag vorläufig suspendiert, der Sofortvollzug der Suspendierung wurde angeordnet.
Da der Kläger nach Kenntnis der Stadt M. trotz der Nutzungsuntersagungsverfügung vom 02.04.2012 weiterhin in seiner Praxis praktizierte, wurde von der Stadt M. zunächst am 15.05.2012 ein Zwangsgeld angedroht, dann wegen Nichtbefolgung der Nutzungsuntersagungsverfügung am 21.08.2012 ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR gegen ihn festgesetzt.
Im Hinblick auf diesen Sachverhalt nahm der ZA das ruhende Entziehungsverfahren wieder auf und fasste in seiner Sitzung am 22.05.2012 den Beschluss, dem Kläger seine Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen. Seine Sammelerklärung für die Quartale III/11 und IV/11 habe der Kläger wieder erst am 22.05.2012 eingereicht. Die Abrechnung für das Quartal I/12 fehle noch komplett. Damit habe sich das Abrechnungsverhalten des Klägers nicht wesentlich geändert. Sein Verhalten lasse keine Besserung erkennen. Er habe durch sein Verhalten die gesetzliche Ordnung der vertragsärztlichen Versorgung schwer gestört, weshalb die Vertrauensgrundlage einer weiteren Zusammenarbeit weggefallen sei. Auch der Zustand seiner Praxisräumlichkeiten und die fehlende Veränderungsbereitschaft belege die grobe Störung des notwendigen Vertrauensverhältnisses gegenüber der Beigeladenen zu 1), so dass eine weitere Zusammenarbeit nicht zugemutet werden könne (Bescheid vom 10.07.2012).
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 09.08.2012 beim ZA Widerspruch ein, ohne diesen zu begründen. Dieser leitete den Widerspruch an den Beklagten weiter. Dort ging er am 09.08.2012 ein.
Nachdem der Beklagte zwei Anträgen des Klägers auf Terminsverlegung (Termine vom 04.12.2012 und 28.02.2013) wegen gesundheitlicher Folgen eines Verkehrsunfalls stattgegeben hatte, wies er ihn mit Schreiben vom 25.02.2013 darauf hin, dass bei einer fortbestehender Verhinderung wegen der Erkrankung ggf. ohne seine Anwesenheit verhandelt werden müsse. Die Ladung des Beklagten zur Sitzung am 30.04.2013 wurde dem Kläger am 13.04.2013 zugestellt. Daraufhin beantragte der Kläger mit Schreiben vom 19.04.2013 und per Mail vom 30.04.2013 erneut die Verlegung des Termins unter Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 22.04.2013 bis voraussichtlich 06.05.2013. Insoweit wies der Kläger erneut auf die Folgen des mitgeteilten Verkehrsunfalls hin. Darüber hinaus teilte er am 30.04.2013 per E-Mail einen akuten Atemwegsinfekt mit. Schließlich teilte er ebenfalls per E-Mail mit, dass er am 30.04.2013 "OP Tag" habe.
Gleichwohl verhandelte der Beklagte am 30.04.2013 über den Widerspruch des Klägers und fasste den Beschluss, dem Kläger unter Zurückweisung seines Widerspruchs die Zulassung zur Teilnahme der vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen (Bescheid vom 02.07.2013). Die Voraussetzungen für eine Entziehung lägen vor. Der Kläger habe seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt und übe im Übrigen die vertragsärztliche Tätigkeit auch nicht mehr aus. Eine gröbliche Pflichtverletzung sei ihm einmal hinsichtlich des von ihm zu verantwortenden Zustands der Räume und Einrichtung seines Vertragsarztsitzes, zum anderen hinsichtlich seines grob pflichtwidrigen Abrechnungsverhaltens über eine lange Zeitdauer vorzuwerfen. Auch sei ihm die Zulassung zu entziehen, da er über längere Zeit vertragsärztliche Leistungen nicht mehr in nennenswertem Umfang erbracht habe und insbesondere der Wille zur kontinuierlichen Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung fehle. Der Umstand des Fehlens vertragsärztlicher Leistungen beruhe allein auf seinem Verhalten aufgrund der Vernachlässigung und Herbeiführung eines unbenutzbaren und den Hygieneregeln nicht entsprechenden Zustandes der Praxisräume, welches zu einem darauf basierenden Nutzungsverbot geführt habe. Hinzu komme, dass offenbar der Wille zur kontinuierlichen Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung fehle, denn ansonsten hätte der Kläger längst die Initiative ergriffen und die Praxisräume in einen funktionalen und hygienisch angemessenen Zustand gebracht. Der Bescheid wurde an den Kläger am 23.07.2013 per Übergabeeinschreiben übersandt.
Hiergegen richtete sich die am 20.08.2013 zum Sozialgericht Reutlingen (SG) eingereichte Klage. Zur Begründung wies der Kläger darauf hin, dass er sich aufgrund seiner krankheitsbedingten Abwesenheit nicht vor dem Berufungsausschuss habe verteidigen können.
Der Beklagte trat der Klage entgegen. Zur Begründung verwies er im Wesentlichen auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid. Das Vorbringen des Klägers, er habe sich "nicht verteidigen" können, sei falsch. Der Kläger habe über mehrere Monate hinweg Gelegenheit gehabt, in dem Verfahren vor dem Beklagten Stellung zu nehmen bzw. sich effektiv vertreten zu lassen. Sein Verhalten habe jedoch lediglich der Verzögerung des Verfahrens gedient.
Mit Beschluss vom 26.09.2013 lud das SG die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg sowie die (Landes-)Verbände der Krankenkassen zum Rechtsstreit bei.
Auf Anfrage des SG teilte die Beigeladene zu 1) ergänzend mit, dass der Kläger zwar für das Quartal I/13 eine Abrechnung eingereicht habe. Diese habe jedoch nicht verarbeitet werden können.
Mit Urteil vom 12.11.2014 wies das SG die Klage ab. Die Entscheidung des Beklagten sei weder in formeller noch in materieller Hinsicht zu beanstanden. Der Beklagte sei nicht daran gehindert gewesen, über den Widerspruch des Klägers in seiner Sitzung vom 30.04.2013 in dessen Abwesenheit zu entscheiden. Der Kläger sei ordnungsgemäß geladen und darauf hingewiesen worden, dass im Falle seiner Abwesenheit verhandelt werden könne. Es bestünden auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen sei, sich in der Sitzung des Beklagten vertreten zu lassen oder im Verfahren vor der Beklagten schriftliche Stellungnahmen abzugeben. Dies sei ausreichend. Die Entscheidung des Beklagten sei auch in inhaltlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Der Kläger habe zum einen seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt und zum anderen seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr ausgeübt. Als gröbliche Pflichtverletzung sei dabei vorliegend die wiederholte erheblich verspätete Einreichung von Honorarabrechnungen zu sehen. Trotz mehrerer Mahnungen, Androhung und Durchführung von Honorarkürzungen und durchgeführten Disziplinarmaßnahmen sei der Kläger nicht dazu zu bewegen gewesen, sein Abrechnungsverhalten zu ändern. Im Hinblick auf die zum Teil erhebliche Verspätung liege auch eine gröbliche Pflichtverletzung vor, da die zeitnahe Einreichung der Abrechnungen von besonderer Bedeutung sei. Darüber hinaus führe der Kläger aber auch seit dem April 2012 keine vertragsärztlichen Tätigkeiten mehr durch, nachdem die Stadt M. im April 2012 die Nutzungsuntersagung seiner Praxisräume ausgesprochen habe. Dies habe der Kläger selbst bestätigt. Damit habe der Kläger über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr eine vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr ausgeübt, ohne dass es hierfür eine Rechtfertigung oder Entschuldigung gebe, weshalb ihm auch aus diesem Grund die Zulassung zu entziehen gewesen sei.
Das Urteil wurde dem Kläger mittels Postzustellungsurkunde am 26.11.2014 zugestellt.
Hiergegen richtet sich seine am 19.12.2014 beim SG eingelegte Berufung, die dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) am 05.01.2015 vorgelegt wurde. Zur Begründung trägt der Kläger im von der früheren Berichterstatterin durchgeführten Erörterungstermin vor, dass er seinen Beruf weiter ausüben wolle. Er habe zwar seit der Praxisschließung durch das Gesundheitsamt keine Kassenpatienten mehr behandelt. Er wolle jedoch versuchen, an einem anderen Ort in M. zu praktizieren.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12.11.2014 sowie den Bescheid des Beklagten vom 02.07.2013 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die übrigen Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Mit Schreiben vom 23.09.2015 hat der Berichterstatter den Beteiligten mitgeteilt, dass der Senat erwäge, die Berufung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückzuweisen, da der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Äußerung bis zum 22.10.2015 gegeben worden. Die Beigeladene zu 1) hat sich mit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG mit Schreiben vom 06.10.2015, der Beklagte mit Schreiben vom 20.10.2015 einverstanden erklärt. Der Kläger hat sich mit Schreiben vom 22.10.2015 gegen diese Vorgehensweise ausgesprochen. Er wolle angehört werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz.
II.
1. Die gem. §§ 143, 144 SGG statthafte, form- und fristgerecht eingereichte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Der Senat weist die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gem. § 153 Abs. 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden. Ein Einverständnis der Beteiligten mit dieser Vorgehensweise ist nicht erforderlich.
Die Berufung ist nicht begründet. Das Urteil des SG ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden. Zu Recht hat der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 02.07.2013 dem Kläger die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung entzogen.
Streitgegenstand ist dabei allein der Bescheid des Beklagten vom 02.07.2013, der die vom Zulassungsausschuss am 10.07.2012 ausgesprochene Zulassungsentziehung bestätigt hat. In vertragsärztlichen Zulassungssachen wird der Berufungsausschuss mit seiner Anrufung gem. § 96 Abs. 4 Sozialgesetzbuch (SGB) V funktionell ausschließlich zuständig. § 95 SGG findet in diesen Verfahren keine Anwendung (ständige Rechtsprechung seit Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 27.01.1993, - RKa 40/91 -, in juris).
2. Der Bescheid vom 02.07.2013 entspricht in formeller Hinsicht den gesetzlichen Anforderungen. § 96 Abs. 4 Satz 1 SGB V sieht vor, dass gegen die Entscheidung der Zulassungsausschüsse unter anderem die im Verfahren beteiligten Ärzte den Berufungsausschuss, also den Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit, anrufen können. Über den Verweis in § 45 Abs. 3 Ärzte-ZV beschließt nach § 37 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV über die Entziehung von Zulassungen der Berufungsausschuss nach mündlicher Verhandlung. Hierbei kann nach § 37 Abs. 2 Satz 2 Ärzte-ZV auch in Abwesenheit Beteiligter verhandelt werden, falls in der Ladung darauf hingewiesen wird. Die dem Kläger durch Postzustellungsurkunde am 13.04.2013 zugegangene Ladung zur Sitzung des Beklagten am 30.04.2013 enthielt einen entsprechenden Hinweis, dass auch im Fall der Abwesenheit des Klägers verhandelt werden kann. Die Ladung ist daher nicht zu beanstanden.
Der Beklagte war auch befugt, in seiner Sitzung vom 30.04.2013 in Abwesenheit des Klägers zu entscheiden. Insoweit hat der Kläger vorliegend schon keinen hinreichenden Entschuldigungsgrund für seine Abwesenheit vorgelegt. Allein die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung genügt hierfür nicht. Diese enthält zum einen keinerlei Diagnose und auch keine sonstigen Hinweise, dass es dem Kläger nicht möglich gewesen wäre, der Sitzung des Berufungsausschusses beizuwohnen. Auch die nachträglich übersandten E-Mails belegen keinen Entschuldigungsgrund, sondern lassen allenfalls den Wunsch erkennen, eine zeitnahe Entscheidung des Berufungsausschusses verhindern zu wollen. Hierfür sprechen die verschiedenen Verlegungsanträge, die vom Kläger vorgetragene - ärztlich jedoch nicht bescheinigte - weitere Erkrankung des Klägers vom 30.04.2013 sowie der zuletzt vorgetragene Entschuldigungsgrund des "OP Tag", wobei der Kläger selbst angibt, seit April 2012 keine Patienten mehr behandelt zu haben.
Im Übrigen wäre aber die Vorschrift des § 37 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV im vorliegenden Fall auch deshalb nicht verletzt, weil der Kläger im vorliegenden Verfahren die Möglichkeit hatte, sich zu den erhobenen Vorwürfen zu äußern. Insoweit hatte der Senat zu beachten, dass § 37 Abs. 1 und 2 Ärzte-ZV Ausdruck des in § 24 SGB X normierten Rechts zur Anhörung darstellt. Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) bezieht sich nur, worauf das SG zutreffend hingewiesen hat, auf Gerichtsverfahren. Maßstab ist damit im vorliegenden Verfahren, ob der Kläger die Möglichkeit hatte, sich mit seinen Anliegen im Zulasssungsentziehungsverfahren Gehör zu verschaffen. Vorliegend wurde der Kläger in der Ladung auf die Möglichkeit zur Entsendung eines Bevollmächtigten und schriftlichen Äußerung hingewiesen. Von diesen Möglichkeiten hat der Kläger ohne ersichtlichen Grund keinen Gebrauch gemacht, weshalb der Senat keine Verletzung des § 37 Ärzte-ZV sieht.
3. Die Rechtsgrundlage für die Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit ist in § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V geregelt. Danach ist die Zulassung unter anderem zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Die Voraussetzungen für die Zulassung sind in der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, Vertragszahnärzte, Medizinische Versorgungszentren und Psychotherapeuten (Ärzte-ZV) ergänzend näher festgelegt.
Treten Verhaltensweisen eines Arztes nach erfolgter Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit auf, die einen Rückschluss auf eine fehlende Eignung zulassen, kann in diesen Verhaltensweisen zugleich eine gröbliche Verletzung vertragsärztlicher Pflichten liegen. Das BSG differenziert dabei nicht zwischen den Voraussetzungen der Nichteignung im Sinne von § 21 Ärzte-ZV und einer gröblichen Pflichtverletzung (vgl. BSG, Urteil vom 02.09.2009, - B 6 KA 14/09 B -; sowie BSG, Urteil vom 31.03.2006, - B 6 KA 69/05 B -, BSG, Urteil vom 27.06.2007, - B 6 KA 20/07 B -, alle in juris). Der Maßstab, anhand dessen die Ungeeignetheit bzw. die gröbliche Verletzung vertragsärztlicher Pflichten zu würdigen ist, ist dabei im Wesentlichen der gleiche: Das Verhalten des Arztes muss das Vertrauen der Kassenärztlichen Vereinigung und der Krankenkassen, insbesondere in die ordnungsgemäße Behandlung der Versicherten und in die Rechtmäßigkeit der Abrechnung so gestört haben, dass diesen eine weitere Zusammenarbeit mit dem betreffenden Arzt nicht zugemutet werden kann. Der Arzt ist dann zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nicht mehr geeignet (BSG, Urteil vom 17.10.2012, - B 6 KA 49/11 R -, in juris). Die Funktionsfähigkeit des von anderen geschaffenen und finanzierten Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung, an dem der Arzt durch seine Zulassung teilnimmt, hängt in wesentlichen Teilen entscheidend davon ab, dass Kassenärztliche Vereinigung und die Krankenkassen auf die ordnungsgemäße Leistungserbringung durch den einzelnen Arzt vertrauen können. Zu beachten ist allerdings, dass unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sowie des Grundrechts der Berufsfreiheit des betroffenen Arztes aus Art. 12 Abs. 1 GG die Zulassungsentziehung nur ausgesprochen werden darf, wenn sie das einzige Mittel zur Sicherung und zum Schutz der vertragsärztlichen Versorgung ist (vgl. BSG, Urteil vom 24.11.1993 - 6 RKa 70/91 - sowie BSG, Urteil vom 19.06.1996, - 6 BKa 25/95 -, beide in juris).
Die Gültigkeit dieser Grundsätze hat das BSG nochmals mit Beschluss vom 09.02.2011 - B 6 KA 49/10 B -, in juris bestätigt. Sonstige Gründe, die einen Arzt ungeeignet im Sinne von § 21 Ärzte-ZV machen, sind alle denkbaren Mängel, sofern dadurch eine reibungslose vertragsärztliche Versorgung gefährdet werden kann. Hiervon ist nach der Rechtsprechung des BSG wie des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) auszugehen, wenn die gesetzliche Ordnung der ärztlichen Versorgung durch den Arzt in erheblichem Maße verletzt wird und das Vertrauensverhältnis zu den vertragsärztlichen Institutionen tiefgreifend und nachhaltig gestört ist, so dass ihnen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt nicht zugemutet werden kann.
Die Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung beurteilt sich dabei nach der geänderten Rechtsprechung des BSG (BSG, Urteil vom 17.10.2012, - B 6 KA 49/11 R -, in juris) nach der Sachlage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung. Später liegende Umstände - wie eine Verhaltensänderung - sind ggf. in einem Verfahren auf Wiederzulassung zu würdigen. Etwas anderes gilt nur für Fälle des Vertrauensschutzes. Dies setzt jedoch voraus, dass die nach der früheren Rechtsprechung angenommene "Wohlverhaltensphase" zum Zeitpunkt der Änderung der Rechtsprechung des BSG bereits abgelaufen war. Dies ist vorliegend nicht der Fall, weshalb die Sachlage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsausschusses maßgeblich ist.
4. Hiervon ausgehend wurde die Zulassung dem Kläger von dem Beklagten zu Recht entzogen. Bereits die wiederholte erhebliche verspätete Einreichung von Honorarabrechnungen stellt eine gröbliche Verletzung vertragsärztlicher Pflichten dar, die vorliegend die Zulassungsentziehung rechtfertigt (BSG, Urteil vom 08.07.1980 - 6 RKa 10/78 -, in juris).
Der Kläger hat im vorliegenden Fall Abrechnungen wie folgt eingereicht:
Quartal Eingangstermin der Abrechnung von Herrn Dr. B. sowie die Verspätung KV-seitig gesetzte Abgabefrist I/2009 18.06.2010 (14 Monate) 14.04.2009 II/2009 28.09.2010 (14 Monate) 13.07.2009 III/2009 18.06.2010 (8 Monate) 12.10.2009 IV/2009 31.12.2010 (11 Monate) 11.01.2010 I/2010 04.04.2011 (12 Monate) 12.04.2010 II/2010 fehlt 12.07.2010 III/2010 21.09.2011 (11 Monate) 11.10.2010 IV/2010 21.09.2011 (8 Monate) 10.01.2011 I/2011 21.09.2011 (5 Monate) 11.04.2011 II/2011 19.09.2011 (2 Monate) 11.07.2011 III/2011 22.05.2012 (7 Monate) 10.10.2011 IV/2011 22.05.2012 (4 Monate) 09.01.2012 I/2012 fehlt
Hiernach hat der Kläger für die Quartale II/10 und I/12 keine Honorarabrechnung bei der Beigeladenen zu 1) eingereicht. Die übrigen Honorarabrechnungen wurden vom Kläger ausnahmslos nach den von der Beigeladenen zu 1) gesetzten, mit Rundschreiben auch dem Kläger gegenüber bekannt gemachten Abgabefristen eingereicht. Die Einreichungsfristen wurden dabei - abgesehen von dem Quartal II/11 - massiv überschritten. Durch dieses über einen Zeitraum von drei Jahren an den Tag gelegte Abrechnungsverhalten hat der Kläger gezeigt, dass er die ihn als Vertragsarzt treffende Pflicht zu ordnungsgemäßen und insbesonderen fristgemäßen Honorarabrechnungen nicht einhalten kann bzw. will.
Insoweit ist vorliegend auch eine gröbliche Verletzung seiner vertragsärztlichen Pflichten gegeben. Zweck der Honorarverteilung ist, dass nach jedem Quartal möglichst schnell und möglichst umfassend die für die Honorarverteilung zur Verfügung stehenden Beträge ausgekehrt werden. Zwar ist ein Zeitpunkt, zu dem die Kassenärztliche Vereinigung nach Abschluss des jeweiligen Quartals die Abrechnung vorzunehmen und den Vertragsärzten einen Honorarbescheid zu erteilen hat, bundesrechtlich nicht vorgegeben. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind jedoch gehalten, die ihnen von der Krankenkasse gezahlte Gesamtvergütung umgehend an die Vertragsärzte zu verteilen. Denn diese sind - insbesondere wegen der zu bestreitenden Praxiskosten - auf eine möglichst kurze Zeitspanne zwischen Leistungserbringung und Leistungshonorierung angewiesen. Dementsprechend legen zahlreiche Bestimmungen sowohl der Bundesmantelverträge als auch des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen fest bzw. setzen voraus, dass die vertragsärztlichen Leistungen in einem Kalendervierteljahr zusammengefasst vom Vertragsarzt abgerechnet und von den Kassenärztlichen Vereinigungen vergütet werden (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2005, - B 6 KA 19/04 R -, in juris). Dementsprechend hat die Beigeladene zu 1) in § 3 Abs. 1 ihrer Abrechnungsrichtlinien, die nach § 5 Abs. 5 der Satzung der Beigeladenen zu 1) von allen Vertragsärzten zu beachten sind, festgelegt, dass Abrechnungen vollständig zu einem bekannt gegebenen Termin einzureichen sind.
Trotz der Bedeutung der Einhaltung der genannten Abrechnungsfristen hat der Kläger diese nicht nur massiv überschritten, sondern sein Verhalten auch trotz Mahnungen, Androhungen von Honorarkürzungen, durchgeführten Honorarkürzungen und der Verhängung einer Geldbuße nicht geändert. Gleichzeitig sind auch keine Entschuldigungsgründe für dieses Fehlverhalten ersichtlich oder vorgetragen.
Als weitere gröbliche Pflichtverletzung sieht der Senat im vorliegenden Fall aber auch, dass sich die Praxis des Klägers 2012 in einem desolaten Zustand befand. Die Zulassung für einen Vertragsarztsitz gem. § 24 Abs. 2 Ärzte-ZV beinhaltet für den Arzt unter anderem die Pflicht, die Praxisräume so zu gestalten und einzurichten sowie aufrecht zu erhalten, dass sie als Grundlage für eine ausreichende ärztliche Versorgung der Patienten dienen können. Hierzu gehören Ordnung, Sauberkeit und vor allem die Gewährleistung hygienischer Verhältnisse in jeder Hinsicht (vgl. LSG NRW, Urteil vom 28.06.2000, - L 11 KA 45/99 -, in juris).
Diese Pflicht hat der Kläger seit 2008 verletzt. Seit 2008 kam es immer wieder zu Beanstandungen und Ermahnungen. Nach dem mit Lichtbildern unterlegten Bericht des Gesundheitsamtes über die Praxisbegehung am 02.04.2012 war kein einziger Raum im Sinne einer Praxis nutzbar und drei Räume konnten nicht betreten werden, da sich dort der Hausrat bis zur Decke stapelte. Die hygienischen Verhältnisse wurden durchweg beanstandet und es gab keinen Raum, der eine ordnungsgemäße ärztliche Behandlung zugelassen hätte. Vor diesem Hintergrund kommt erschwerend hinzu, dass der Kläger trotz der Praxisschließung zumindest am 20.07.2012 einen privatkrankenversicherten Patienten entgegen der auch für solche Patienten geltenden Nutzungsuntersagung behandelt hat.
5. Die Zulassung war im vorliegenden Fall schließlich nach § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V auch deshalb zu entziehen, weil der Kläger über längere Zeit vertragsärztliche Leistungen nicht mehr in nennenswertem Umfang erbracht hat und insbesondere der Wille zu kontinuierlicher Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung fehlt.
Im vorliegenden Verfahren hat der Kläger seit April 2012 bis zur Entscheidung des Berufungsausschusses keinen Praxisbetrieb in nennenswertem Umfang ausgeübt. Der Kläger selbst gibt an seit April 2012 keine Patienten mehr behandelt zu haben. Hiergegen sprechen die vom Gesundheitsamt dokumentierten vereinzelten Verstöße gegen die Nutzungsuntersagung, wobei offen bleibt, ob es sich hierbei um Privat- oder Kassenpatienten gehandelt hat. Selbst bei vereinzelten Behandlungen wäre jedoch kein regulärer Praxisbetrieb mehr feststellbar. Weder die Durchführung von Sprechstunden noch die Behandlung von Patienten in einem nennenswertem Umfang ist dokumentiert. Durch die Nutzungsuntersagung des Gesundheitsamtes verfügte der Kläger im Übrigen auch seit April 2012 nicht mehr über Praxisräume zur Durchführung einer Behandlung, wie dies erforderlich wäre.
Der Kläger kann sich insoweit auch nicht damit entschuldigen, dass die Beigeladene zu 1) ihn mit Bescheid vom 20.04.2012 von der Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit suspendiert hat und er daher nicht praktizieren durfte. Diese Entscheidung der Beigeladenen zu 1) war für die Schließung der Praxis bereits nicht kausal, denn schon durch die Nutzungsuntersagung der Stadt M. vom 02.04.2012 war der Kläger nicht mehr im Besitz von Praxisräumen als notwendige Voraussetzung zur Erbringung vertragsärztlicher Leistungen. Darüber hinaus erfolgte die Suspendierung nur bis zur Entscheidung des Zulassungsausschusses, sodass sich diese Entscheidung mit dem Bescheid vom 10.07.2012 erledigt hatte. Der Sofortvollzug der Zulassungsentziehung wurde gleichzeitig nicht angeordnet. Trotzdem hat der Kläger keinerlei Bemühungen unternommen seinen Praxisbetrieb zumindest ab diesem Zeitpunkt wieder aufzunehmen. Im Übrigen hat die Beigeladene zu 1) den Kläger aber auch in ihrem Suspendierungsbescheid auf die hygienischen Probleme in den Praxisräumen hingewiesen und die Suspendierung hierauf gestützt. Insoweit hat der Kläger die Suspendierung durch sein Verhalten herbeigeführt und die Hygienemängel auch in der Folge nicht beseitigt. Hätte er dies getan, wäre er gegebenenfalls in der Lage gewesen, die Aufhebung der Suspendierung - ebenso der Nutzungsuntersagung der Stadt M. - herbeizuführen und den Praxisbetrieb fortzusetzen. Die Einstellung des Praxisbetriebs ist damit auf das Verhalten des Klägers zurückzuführen, so dass die Nichtausübung der Praxistätigkeit ebenfalls einen hinreichenden Grund für die Entziehung der Zulassung darstellt.
6. Die vom Senat dargestellten Pflichtverletzungen sowie die Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeiten rechtfertigen auch die vom Beklagten mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung im Hinblick auf die betroffenen Grundrechte des Klägers. Denn sie machen deutlich, dass die Kassenärztliche Vereinigung und die Krankenkassen nicht mehr darauf vertrauen können, der Kläger werde eine ordnungsgemäße Leistungserbringung und ordnungsgemäße Abrechnung der zu vergütenden Leistungen vornehmen. Auch unter Berücksichtigung des damit verbundenen Eingriffs in die Berufsfreiheit gem. Art. 12 GG sowie unter Beachtung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit ist die Zulassungsentziehung das einzige Mittel zur Sicherung und zum Schutz der vertragsärztlichen Versorgung. Das Verhalten des Klägers hinsichtlich der Verletzung der Abrechnungspflichten und der Einhaltung der Hygienevorschriften macht deutlich, dass der Kläger nicht gewillt ist, seinen Verpflichtungen als Vertragsarzt nachzukommen. Die hierdurch zum Ausdruck kommende Einstellung des Klägers hinsichtlich der Einhaltung von Hygiene- und Ordnungsvorschriften sind weder der Kassenärztlichen Vereinigung noch den Krankenkassen noch den gesetzlich Krankenversicherten zuzumuten. Vielmehr birgt insbesondere der Praxiszustand akute Gefahren für alle dort behandelten Patienten. Auch der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Abrechnung ist der Kläger trotz Mahnungen, Androhungen von Honorarkürzungen, durchgeführten Honorarkürzungen und Disziplinarmaßnahmen nicht nachgekommen. Schließlich gehört es zu den primären Pflichten eines Vertragsarztes, die gesetzlich krankenversicherten Patienten zu versorgen und ihnen damit all die Leistungen zukommen zu lassen, die zur Behandlung der konkreten Gesundheitsstörungen erforderlich sind.
Unter Berücksichtigung der vom Senat festgestellten Summierung gröblichster Pflichtverletzungen sowie unter Berücksichtigung der Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit steht für den erkennenden Senat fest, dass auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die vom Beklagten getroffene Zulassungsentziehung rechtmäßig ist.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen Ziff. 2-6 aufzuerlegen, da diese (Sachanträge) nicht gestellt und damit ein Prozessrisiko nicht übernommen haben.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor ( 160 Abs. 2 SGG).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. Ihr liegen die vom Kläger in den letzten drei Jahren vor Klageerhebung ermittelten Umsätze zu Grunde.
Rechtskraft
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