Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 8 U 3133/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 3101/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 22.06.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren L 8 U 3101/15 wird abgelehnt.
Tatbestand:
Streitig ist das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 1102 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) (Erkrankungen durch Quecksilber oder seine Verbindungen).
Der 1962 geborene Kläger war im März 2008 im Auftrag der Firma R., einem Mitgliedsunternehmen der Beklagten, auf dem Gelände der Firma A. Folientechnik in Müllheim am Abbau einer Luftreinigungsanlage beteiligt.
Nachdem im wegen der Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 1101 der Anlage 1 zur BKV (Erkrankung durch Blei oder seine Verbindungen) geführten Klageverfahren vor dem Sozialgericht Freiburg (SG) (Az.: S 11 U 488/11; diesbezüglich parallel beim Senat anhängiges Berufungsverfahren: L 8 U 303/15) das SG einen gerichtlichen Hinweis erteilt hatte, dass Gegenstand der Klage lediglich eine BK Nr. 1101 ist, beantragte der ehemalige Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 03.04.2013 bei der Beklagten die Feststellung einer BK Nr. 1102 und Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKV (Bl. 554 der Verwaltungsakte Band III).
Die Beklagte holte eine weitere Stellungnahme des Präventionsdienstes zur Arbeitsplatzexposition vom 18.11.2013 zur Quecksilberbelastung ein.
Die staatliche Gewerbeärztin schlug in ihrer Stellungnahme vom 23.01.2014 eine BK Nr. 1102 nicht zur Anerkennung vor. Die vom technischen Aufsichtsdienst der Beklagten ermittelte geringfügige Exposition gegenüber Quecksilber sei nicht geeignet, die vom Kläger geklagten Beschwerden im Bereich der Nase und Nasennebenhöhlen zu verursachen.
Mit Bescheid vom 06.03.2014 lehnte die Beklagte die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 1102 der BKV sowie "Ansprüche auf Leistungen" ab (Bl. 582 der Verwaltungsakte Band III).
Dagegen legte der ehemalige Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 18.03.2014 Widerspruch ein, zu dessen Begründung er sich auf seine Ausführungen im SG-Verfahren zur BK Nr. 1101 (Az.: S 11 U 488/11) bezog.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2014 als unbegründet zurück.
Dagegen erhob der ehemalige Prozessbevollmächtigte am 07.07.2014 Klage zum SG, zu deren Begründung er vortrug, der Kläger sei bei den Abbrucharbeiten im März 2008 stundenlang einer überhöhten Schadstoffbelastung ausgesetzt gewesen. Vor der Belastung seien seine Kieferhöhlen bereits gefenstert gewesen, sodass die Schadstoffe leichter in das "Kopfhöhlensystem" und zu den "Kopfnerven" hätten vordringen können. Die beim Kläger vorliegenden Symptome wie der vollständige Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns, Kopfschmerzen, Schwindel, Gelenkschmerzen, Seh- und Durchschlafstörungen und Ausfall von Zähnen und eine fehlende konkurrierende Ursache ließen auf eine Belastung des Klägers mit chlorierten Kohlenwasserstoffen oder anderen im Ruß enthaltenen Schadstoffen schließen.
Das SG holte von Amts wegen ein Gutachten bei dem Arbeitsmediziner Prof. Dr. Dr. K. - Institut für Medizinische Begutachtung und Prävention in Karlsruhe - ein. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Bl. 26/68 der SG-Akte verwiesen. Im Gutachten vom 13.11.2014, erstellt aufgrund einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 06.11.2014, führte Prof. Dr. Dr. K. aus, es lägen weder die arbeitstechnischen, noch die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen einer BK Nr. 1102 vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 22.06.2015 wies das SG die Klage als unbegründet ab. Zur Begründung führte das SG unter Bezugnahme auf das Gutachten von Prof. Dr. Dr. K. aus, weder die arbeitstechnischen, noch die medizinischen Voraussetzungen einer BK Nr. 1102 lägen vor. Im Zusammenhang mit den Abbrucharbeiten hätte keine konkrete Noxe ermittelt werden können. Es sei auch nicht von einem Überschreiten maßgeblicher Grenzwerte auszugehen. Ferner spreche eine separate Schädigung der Nasennebenhöhlen und -schleimhaut ohne Beteiligung anderer Organe oder Systeme gegen eine akute Intoxikation. Schließlich hätten die Beschwerden des Klägers nach Expositionskarenz unverändert persistiert.
Gegen den dem ehemaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 26.06.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 15.07.2015 Berufung beim SG eingelegt und sodann das Mandat niedergelegt.
Mit Schriftsatz vom 10.08.2015 hat der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt (Bl. 25 der Senatsakte L 8 U 303/15).
Mit weiterem Schreiben vom 12.09.2015 hat der Kläger die Verlegung des mit Terminsverfügung des Vorsitzenden auf den 23.10.2015 bestimmten Termins zur mündlichen Verhandlung beantragt, welche der Vorsitzende mit Schreiben vom 17.09.2015 abgelehnt hat (Bl. 30 der Senatsakte L 8 U 303/15).
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 22.06.2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 06.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.06.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihm eine Berufskrankheit nach Nr. 1102 der Anlage 1 zur BKV festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Prozessakten des SG im vorliegenden Verfahren und im Verfahren S 11 U 488/11 sowie die Prozessakten des Senats im vorliegenden Verfahren und im Verfahren L 8 U 303/15 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat trotz Ausbleibens des Klägers im Termin entscheiden können, denn in der dem Kläger mit Zustellungsurkunde (Blatt 10a der Senatsakte) ordnungsgemäß zugegangenen Ladung zur mündlichen Verhandlung war auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG); dass der Kläger die Ladung erhalten hat, ergibt sich auch aus seinem Schreiben vom 12.09.2015 (Blatt 16 der Senatsakte).
Der Senat war auch nicht gehalten, den Rechtsstreit zu vertagen oder den Termin zu verlegen. Einen Hinderungsgrund für die Terminsteilnahme hat der Kläger nicht wahrscheinlich gemacht. Seinen Verlegungsantrag vom 12.09.2015 hatte der Vorsitzende mit Verfügung vom 17.09.2015 (Blatt 17 der Senatsakte) abgelehnt. Aus Sicht des Senats war dem Vorbringen des Klägers weder zu entnehmen, dass der Hinderungsgrund einer am 14.09.2015 begonnenen stationären Behandlung zum Terminszeitpunkt noch vorliegt, noch war die Behandlung überhaupt belegt. Obwohl dem Kläger vom Vorsitzenden mitgeteilt worden war, dass mangels Beleg einer erforderlichen und andauernden Behandlung der Hinderungsgrund nicht wahrscheinlich gemacht ist, hat der Kläger auch bis zum Termin keinen Beleg für seine Behauptung vorgelegt. Eine Glaubhaftmachung ist aber vorliegend geboten gewesen, weil der Kläger bereits einem Erörterungstermin am 29.07.2015 im Verfahren L 8 U 303/15, das zur gemeinsamen Verhandlung mit diesem Verfahren am 23.10.2015 vorgesehen gewesen ist, unentschuldigt ferngeblieben ist.
Die gemäß § 151 form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber nicht begründet.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 22.06.2015 zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 06.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.06.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung einer Berufskrankheit Nr. 1102 (Erkrankungen durch Quecksilber oder seine Verbindungen) der Berufskrankheitenliste zur Anlage 1 der Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Berufs-krankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 SGB VII hat die Bundesregierung die Berufskrankheitenverordnung (BKV) vom 31.10.1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten anerkannten Krankheiten aufgeführt sind. Im Anhang zur BKV ist die Erkrankung durch Blei oder seine Verbindungen als Berufskrankheit nach Nr. 1101 enthalten.
Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweis, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R - , veröffentlicht in juris). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit. Abweichend von der früheren Verwendung des Begriffs der haftungsbegründenden Kausalität folgt der Senat der überzeugenden neueren Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 02.04.2009, a.a.O.), dass auch im Berufskrankheiten-Recht der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und den Einwirkungen nicht als haftungsbegründende Kausalität bezeichnet werden kann. Erst die Verursachung einer Erkrankung oder ihre wesentliche Verschlimmerung durch die der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Einwirkungen - in nachgewiesener Dauer und Intensität - begründet eine "Haftung". Ebenso wie die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheits(-erst-)schaden und Unfallfolge beim Arbeitsunfall ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der berufsbedingten Erkrankung und den Berufskrankheitenfolgen, die dann gegebenenfalls zu bestimmten Versicherungsansprüchen führen, bei der Berufskrankheit keine Voraussetzung des Versicherungsfalles.
Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSGE 60, 58 m.w.N.; vgl. auch Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, E § 9 RdNr. 26.2). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (BSGE 19,52, 53; 30,121, 123; 43, 110, 112).
Nach diesen Maßstäben ist das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 1102 der Anlage zur BKV beim Kläger nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen.
Vorliegend ist bereits eine ausreichende Einwirkung von Quecksilber auf den Körper des Klägers im Rahmen der im März 2008 vorgenommenen Abbrucharbeiten nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen. Ob der untersuchte Ruß/Staub überhaupt bei der streitigen Verrichtung während der Arbeit im März 2008 angefallen ist, ist bereits nicht hinreichend nachgewiesen. Doch selbst seine behauptete Herkunft unterstellt, ist eine gesundheitsgefährdende Einwirkung damit nicht sicher belegt.
Zwar ergab eine Untersuchung des Rußes von den Kleidungsstücken des Klägers auf Schwermetalle durch das Medizinische Labor Bremen GmbH eine Belastung mit 45,8 mg/kg Quecksilber (Bl. 17 der Verwaltungsakte Band I). Jedoch ist dadurch noch keine entsprechende Belastung mit Quecksilber in der Atemluft oder auf der Haut nachgewiesen. So führt der Arbeitsmediziner Prof. Dr. Dr. K. in seinem Gutachten vom 13.11.2014 schlüssig aus, dass zwar Gefahrstoffe kleidungsgebunden nachgewiesen werden konnten, dass aber daraus keine Einwirkung mit innerer Belastung abgeleitet werden kann. Erst bei Inhalation, oraler Aufnahme oder Resorption von Gefahrstoffen über die Haut liegt eine arbeitsmedizinisch und toxikologisch relevante Belastung vor, welche indes nicht nachgewiesen ist.
Auch nach der von der Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholten nachvollziehbaren Stellungnahme des Präventionsdienstes vom 18.11.2013 lässt sich eine ausreichende Belastung des Klägers mit Quecksilber nicht wahrscheinlich machen. Der Kläger war nach den schlüssigen Ausführungen in der Stellungnahme des Präventionsdienstes vom 18.11.2013 zwar einer hohen Staubexposition ausgesetzt. Daraus ist aber keine gesundheitsgefährdende Quecksilbereinwirkung auf den Kläger ableitbar. Nach Prof. Dr. Dr. K. ist bei Quecksilber zur Beurteilung der Aufnahme zu unterscheiden zwischen metallischem, anorganisch und organisch gebundenem Quecksilber. Metallisches Quecksilber wird nur in geringem Maße im Gastrointestinaltrakt oder über die Haut aufgenommen. Auch die quecksilberinduzierte Symptomatik hängt nach Prof. Dr. Dr. K. von der Bindungsform des Quecksilbers, dem Weg der Inkorporation – inhalativ, oral, dermal – und der Art der Aufnahme – akut, wie vorliegend, oder chronisch – ab. Danach ist orientierend entscheidend die Dosis bzw. die Konzentration von Quecksilber in der Atemluft. So führt der Präventionsdienst aus, der Grenzwert für Quecksilber in der Luft betrage 20 µg/m3. In der Materialprobe der Stäube/Ruß auf Kleidungsstücken fand sich 45,8 µ/kg Quecksilber, also ein Milliardstel zu messender Anteil. Selbst bei einer hohen Staubexposition seien daher keine Grenzwertüberschreitungen im Hinblick auf die Quecksilbergehalte im Staub zu erwarten. Bei angenommen 20 mg/m3 Staub in der Atemluft würden lediglich rund 1 Quecksilber ng/m3 inhaliert werden. Nach den Ausführungen von Prof. Dr. Dr. K. ist dies für alle Erscheinungsformen von Quecksilber (metallisch, anorganisch, organisch) festzustellen. Die nur für Quecksilberverbindungen maßgebende orale oder dermale Körperaufnahme lässt aber bei vergleichender Betrachtung der Inhalationswerte auch keine relevante Dosis erwarten, wovon offensichtlich auch Prof. Dr. Dr. K. ausging. Dies wird letztlich auch dadurch bestätigt, dass beim Kläger keine der von Prof. Dr. Dr. K. aufgezeigten akuten Toxizitätssymptome (siehe unten) bei Durchführung der Abbrucharbeiten aufgetreten sind. Der Kläger hatte während den Abrissarbeiten nur typische Erkältungssymptome beklagt, wie behindernde Nasenatmung durch Nasenschleimhautschwellung mit in der Folge diagnostizierter Sinusitis.
Danach ist bereits die für die Feststellung einer BK Nr. 1102 erforderliche berufliche Exposition gegenüber Quecksilber nicht mit dem hierfür erforderlichen Beweismaßstab des Vollbeweises nachgewiesen.
Weiter entspricht das beim Kläger vorliegende Krankheitsbild nicht dem typischen Krankheitsbild einer Quecksilbervergiftung. So führt Prof. Dr. Dr. K. im Gutachten vom 13.11.2014 aus, akute Toxizitätssymptome von metallischem Quecksilber und anorganischen Quecksilberverbindungen seien Husten, Dyspnoe, ulzerierende Bronchitis und interstitielle Pneumonitis, Übelkeit, metallischer Geschmack im Mund, Gastroenteritis, blutige Durchfälle und dadurch indizierter Elektrolytverlust und Nierenfunktionsstörungen. Der vom Kläger angegebene isolierte Verlust von Geruchs- und Geschmackssinn stellt hingegen kein typisches Zeichen einer akuten Quecksilberintoxikation dar. Weiter führt die staatliche Gewerbeärztin in ihrer Stellungnahme vom 26.02.2010 zur BK Nr. 1101, welche der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet, nachvollziehbar aus, dass bei Einatmung von Noxen Schleimhautreizungen, zunächst in Form von Augenbrennen und Tränen, begleitet von Husten, Atemnot bis zum Asthmaanfall beschrieben seien. Eine separate Schädigung im Bereich der Nasennebenhöhlen und -schleimhaut ohne die Beteiligung der anderen Organe oder Systeme spreche gegen eine akute Intoxikation. Ferner ist in dem unter Ziff. III. des Merkblattes zur BK Nr. 1102 beschriebenen Krankheitsbild (Bekanntmachung des BMA vom 19.05.1964, BArbBl. Fachteil Arbeitsschutz 1964, 129 f.) ausgeführt, eine akute Erkrankung infolge beruflich bedingter Einwirkung von Quecksilber oder seinen anorganischen Verbindungen sei selten. Weiter weisen sowohl Dr. C. im Gutachten vom 13.08.2014 als auch die staatliche Gewerbeärztin in der Stellungnahme vom 26.02.2010, welche im Verfahren wegen der BK Nr. 1101 eingeholt und vom Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet wurden, schlüssig darauf hin, dass sich die Beschwerden nach einer Expositionskarenz zurückbilden. Beim Kläger jedoch haben die Beschwerden weiter persistiert bzw. sich sogar ausgeweitet, was gegen einen Zusammenhang zwischen der angeschuldigten beruflichen Exposition und dem Krankheitsbild spricht. Schließlich weisen Dr. C., die staatliche Gewerbeärztin und Prof. Dr. Dr. K. übereinstimmend und für den Senat nachvollziehbar darauf hin, dass der Kläger bereits vor den angeschuldigten Abbrucharbeiten im März 2008 mehrfach wegen krankhafter Veränderungen im Bereich der Nase und Nasennebenhöhlen operativ behandelt worden ist, was auch eine Anosmie nach sich ziehen kann. Beim Kläger haben schon lange vor dem angeschuldigten Ereignis vom März 2008 chronische Affektionen der Nasennebenhöhlen und der Nasenschleimhäute bestanden. Bereits 1979 und 1983 waren Fensteroperationen der Nasennebenhöhlen erforderlich gewesen. Ferner weist Prof. Dr. Dr. K. darauf hin, dass zum Zeitpunkt der Abbrucharbeiten beim Kläger bereits eine Infektion im Nasenbereich mit einer erhöhten Empfindsamkeit der Nasenschleimhäute vorlag, wodurch die Staubexposition auf der Baustelle zu einer akuten Exazerbation der Beschwerden geführt hat.
Damit entspricht auch das Krankheitsbild des Klägers nicht dem typischen Krankheitsbild einer Quecksilbervergiftung.
Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Mangels Erfolgsaussichten der Berufung war auch der Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren L 8 U 3101/15 wird abgelehnt.
Tatbestand:
Streitig ist das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 1102 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) (Erkrankungen durch Quecksilber oder seine Verbindungen).
Der 1962 geborene Kläger war im März 2008 im Auftrag der Firma R., einem Mitgliedsunternehmen der Beklagten, auf dem Gelände der Firma A. Folientechnik in Müllheim am Abbau einer Luftreinigungsanlage beteiligt.
Nachdem im wegen der Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 1101 der Anlage 1 zur BKV (Erkrankung durch Blei oder seine Verbindungen) geführten Klageverfahren vor dem Sozialgericht Freiburg (SG) (Az.: S 11 U 488/11; diesbezüglich parallel beim Senat anhängiges Berufungsverfahren: L 8 U 303/15) das SG einen gerichtlichen Hinweis erteilt hatte, dass Gegenstand der Klage lediglich eine BK Nr. 1101 ist, beantragte der ehemalige Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 03.04.2013 bei der Beklagten die Feststellung einer BK Nr. 1102 und Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKV (Bl. 554 der Verwaltungsakte Band III).
Die Beklagte holte eine weitere Stellungnahme des Präventionsdienstes zur Arbeitsplatzexposition vom 18.11.2013 zur Quecksilberbelastung ein.
Die staatliche Gewerbeärztin schlug in ihrer Stellungnahme vom 23.01.2014 eine BK Nr. 1102 nicht zur Anerkennung vor. Die vom technischen Aufsichtsdienst der Beklagten ermittelte geringfügige Exposition gegenüber Quecksilber sei nicht geeignet, die vom Kläger geklagten Beschwerden im Bereich der Nase und Nasennebenhöhlen zu verursachen.
Mit Bescheid vom 06.03.2014 lehnte die Beklagte die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 1102 der BKV sowie "Ansprüche auf Leistungen" ab (Bl. 582 der Verwaltungsakte Band III).
Dagegen legte der ehemalige Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 18.03.2014 Widerspruch ein, zu dessen Begründung er sich auf seine Ausführungen im SG-Verfahren zur BK Nr. 1101 (Az.: S 11 U 488/11) bezog.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2014 als unbegründet zurück.
Dagegen erhob der ehemalige Prozessbevollmächtigte am 07.07.2014 Klage zum SG, zu deren Begründung er vortrug, der Kläger sei bei den Abbrucharbeiten im März 2008 stundenlang einer überhöhten Schadstoffbelastung ausgesetzt gewesen. Vor der Belastung seien seine Kieferhöhlen bereits gefenstert gewesen, sodass die Schadstoffe leichter in das "Kopfhöhlensystem" und zu den "Kopfnerven" hätten vordringen können. Die beim Kläger vorliegenden Symptome wie der vollständige Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns, Kopfschmerzen, Schwindel, Gelenkschmerzen, Seh- und Durchschlafstörungen und Ausfall von Zähnen und eine fehlende konkurrierende Ursache ließen auf eine Belastung des Klägers mit chlorierten Kohlenwasserstoffen oder anderen im Ruß enthaltenen Schadstoffen schließen.
Das SG holte von Amts wegen ein Gutachten bei dem Arbeitsmediziner Prof. Dr. Dr. K. - Institut für Medizinische Begutachtung und Prävention in Karlsruhe - ein. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Bl. 26/68 der SG-Akte verwiesen. Im Gutachten vom 13.11.2014, erstellt aufgrund einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 06.11.2014, führte Prof. Dr. Dr. K. aus, es lägen weder die arbeitstechnischen, noch die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen einer BK Nr. 1102 vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 22.06.2015 wies das SG die Klage als unbegründet ab. Zur Begründung führte das SG unter Bezugnahme auf das Gutachten von Prof. Dr. Dr. K. aus, weder die arbeitstechnischen, noch die medizinischen Voraussetzungen einer BK Nr. 1102 lägen vor. Im Zusammenhang mit den Abbrucharbeiten hätte keine konkrete Noxe ermittelt werden können. Es sei auch nicht von einem Überschreiten maßgeblicher Grenzwerte auszugehen. Ferner spreche eine separate Schädigung der Nasennebenhöhlen und -schleimhaut ohne Beteiligung anderer Organe oder Systeme gegen eine akute Intoxikation. Schließlich hätten die Beschwerden des Klägers nach Expositionskarenz unverändert persistiert.
Gegen den dem ehemaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 26.06.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 15.07.2015 Berufung beim SG eingelegt und sodann das Mandat niedergelegt.
Mit Schriftsatz vom 10.08.2015 hat der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt (Bl. 25 der Senatsakte L 8 U 303/15).
Mit weiterem Schreiben vom 12.09.2015 hat der Kläger die Verlegung des mit Terminsverfügung des Vorsitzenden auf den 23.10.2015 bestimmten Termins zur mündlichen Verhandlung beantragt, welche der Vorsitzende mit Schreiben vom 17.09.2015 abgelehnt hat (Bl. 30 der Senatsakte L 8 U 303/15).
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 22.06.2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 06.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.06.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihm eine Berufskrankheit nach Nr. 1102 der Anlage 1 zur BKV festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Prozessakten des SG im vorliegenden Verfahren und im Verfahren S 11 U 488/11 sowie die Prozessakten des Senats im vorliegenden Verfahren und im Verfahren L 8 U 303/15 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat trotz Ausbleibens des Klägers im Termin entscheiden können, denn in der dem Kläger mit Zustellungsurkunde (Blatt 10a der Senatsakte) ordnungsgemäß zugegangenen Ladung zur mündlichen Verhandlung war auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG); dass der Kläger die Ladung erhalten hat, ergibt sich auch aus seinem Schreiben vom 12.09.2015 (Blatt 16 der Senatsakte).
Der Senat war auch nicht gehalten, den Rechtsstreit zu vertagen oder den Termin zu verlegen. Einen Hinderungsgrund für die Terminsteilnahme hat der Kläger nicht wahrscheinlich gemacht. Seinen Verlegungsantrag vom 12.09.2015 hatte der Vorsitzende mit Verfügung vom 17.09.2015 (Blatt 17 der Senatsakte) abgelehnt. Aus Sicht des Senats war dem Vorbringen des Klägers weder zu entnehmen, dass der Hinderungsgrund einer am 14.09.2015 begonnenen stationären Behandlung zum Terminszeitpunkt noch vorliegt, noch war die Behandlung überhaupt belegt. Obwohl dem Kläger vom Vorsitzenden mitgeteilt worden war, dass mangels Beleg einer erforderlichen und andauernden Behandlung der Hinderungsgrund nicht wahrscheinlich gemacht ist, hat der Kläger auch bis zum Termin keinen Beleg für seine Behauptung vorgelegt. Eine Glaubhaftmachung ist aber vorliegend geboten gewesen, weil der Kläger bereits einem Erörterungstermin am 29.07.2015 im Verfahren L 8 U 303/15, das zur gemeinsamen Verhandlung mit diesem Verfahren am 23.10.2015 vorgesehen gewesen ist, unentschuldigt ferngeblieben ist.
Die gemäß § 151 form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber nicht begründet.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 22.06.2015 zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 06.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.06.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung einer Berufskrankheit Nr. 1102 (Erkrankungen durch Quecksilber oder seine Verbindungen) der Berufskrankheitenliste zur Anlage 1 der Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Berufs-krankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 SGB VII hat die Bundesregierung die Berufskrankheitenverordnung (BKV) vom 31.10.1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten anerkannten Krankheiten aufgeführt sind. Im Anhang zur BKV ist die Erkrankung durch Blei oder seine Verbindungen als Berufskrankheit nach Nr. 1101 enthalten.
Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweis, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R - , veröffentlicht in juris). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit. Abweichend von der früheren Verwendung des Begriffs der haftungsbegründenden Kausalität folgt der Senat der überzeugenden neueren Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 02.04.2009, a.a.O.), dass auch im Berufskrankheiten-Recht der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und den Einwirkungen nicht als haftungsbegründende Kausalität bezeichnet werden kann. Erst die Verursachung einer Erkrankung oder ihre wesentliche Verschlimmerung durch die der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Einwirkungen - in nachgewiesener Dauer und Intensität - begründet eine "Haftung". Ebenso wie die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheits(-erst-)schaden und Unfallfolge beim Arbeitsunfall ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der berufsbedingten Erkrankung und den Berufskrankheitenfolgen, die dann gegebenenfalls zu bestimmten Versicherungsansprüchen führen, bei der Berufskrankheit keine Voraussetzung des Versicherungsfalles.
Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSGE 60, 58 m.w.N.; vgl. auch Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, E § 9 RdNr. 26.2). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (BSGE 19,52, 53; 30,121, 123; 43, 110, 112).
Nach diesen Maßstäben ist das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 1102 der Anlage zur BKV beim Kläger nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen.
Vorliegend ist bereits eine ausreichende Einwirkung von Quecksilber auf den Körper des Klägers im Rahmen der im März 2008 vorgenommenen Abbrucharbeiten nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen. Ob der untersuchte Ruß/Staub überhaupt bei der streitigen Verrichtung während der Arbeit im März 2008 angefallen ist, ist bereits nicht hinreichend nachgewiesen. Doch selbst seine behauptete Herkunft unterstellt, ist eine gesundheitsgefährdende Einwirkung damit nicht sicher belegt.
Zwar ergab eine Untersuchung des Rußes von den Kleidungsstücken des Klägers auf Schwermetalle durch das Medizinische Labor Bremen GmbH eine Belastung mit 45,8 mg/kg Quecksilber (Bl. 17 der Verwaltungsakte Band I). Jedoch ist dadurch noch keine entsprechende Belastung mit Quecksilber in der Atemluft oder auf der Haut nachgewiesen. So führt der Arbeitsmediziner Prof. Dr. Dr. K. in seinem Gutachten vom 13.11.2014 schlüssig aus, dass zwar Gefahrstoffe kleidungsgebunden nachgewiesen werden konnten, dass aber daraus keine Einwirkung mit innerer Belastung abgeleitet werden kann. Erst bei Inhalation, oraler Aufnahme oder Resorption von Gefahrstoffen über die Haut liegt eine arbeitsmedizinisch und toxikologisch relevante Belastung vor, welche indes nicht nachgewiesen ist.
Auch nach der von der Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholten nachvollziehbaren Stellungnahme des Präventionsdienstes vom 18.11.2013 lässt sich eine ausreichende Belastung des Klägers mit Quecksilber nicht wahrscheinlich machen. Der Kläger war nach den schlüssigen Ausführungen in der Stellungnahme des Präventionsdienstes vom 18.11.2013 zwar einer hohen Staubexposition ausgesetzt. Daraus ist aber keine gesundheitsgefährdende Quecksilbereinwirkung auf den Kläger ableitbar. Nach Prof. Dr. Dr. K. ist bei Quecksilber zur Beurteilung der Aufnahme zu unterscheiden zwischen metallischem, anorganisch und organisch gebundenem Quecksilber. Metallisches Quecksilber wird nur in geringem Maße im Gastrointestinaltrakt oder über die Haut aufgenommen. Auch die quecksilberinduzierte Symptomatik hängt nach Prof. Dr. Dr. K. von der Bindungsform des Quecksilbers, dem Weg der Inkorporation – inhalativ, oral, dermal – und der Art der Aufnahme – akut, wie vorliegend, oder chronisch – ab. Danach ist orientierend entscheidend die Dosis bzw. die Konzentration von Quecksilber in der Atemluft. So führt der Präventionsdienst aus, der Grenzwert für Quecksilber in der Luft betrage 20 µg/m3. In der Materialprobe der Stäube/Ruß auf Kleidungsstücken fand sich 45,8 µ/kg Quecksilber, also ein Milliardstel zu messender Anteil. Selbst bei einer hohen Staubexposition seien daher keine Grenzwertüberschreitungen im Hinblick auf die Quecksilbergehalte im Staub zu erwarten. Bei angenommen 20 mg/m3 Staub in der Atemluft würden lediglich rund 1 Quecksilber ng/m3 inhaliert werden. Nach den Ausführungen von Prof. Dr. Dr. K. ist dies für alle Erscheinungsformen von Quecksilber (metallisch, anorganisch, organisch) festzustellen. Die nur für Quecksilberverbindungen maßgebende orale oder dermale Körperaufnahme lässt aber bei vergleichender Betrachtung der Inhalationswerte auch keine relevante Dosis erwarten, wovon offensichtlich auch Prof. Dr. Dr. K. ausging. Dies wird letztlich auch dadurch bestätigt, dass beim Kläger keine der von Prof. Dr. Dr. K. aufgezeigten akuten Toxizitätssymptome (siehe unten) bei Durchführung der Abbrucharbeiten aufgetreten sind. Der Kläger hatte während den Abrissarbeiten nur typische Erkältungssymptome beklagt, wie behindernde Nasenatmung durch Nasenschleimhautschwellung mit in der Folge diagnostizierter Sinusitis.
Danach ist bereits die für die Feststellung einer BK Nr. 1102 erforderliche berufliche Exposition gegenüber Quecksilber nicht mit dem hierfür erforderlichen Beweismaßstab des Vollbeweises nachgewiesen.
Weiter entspricht das beim Kläger vorliegende Krankheitsbild nicht dem typischen Krankheitsbild einer Quecksilbervergiftung. So führt Prof. Dr. Dr. K. im Gutachten vom 13.11.2014 aus, akute Toxizitätssymptome von metallischem Quecksilber und anorganischen Quecksilberverbindungen seien Husten, Dyspnoe, ulzerierende Bronchitis und interstitielle Pneumonitis, Übelkeit, metallischer Geschmack im Mund, Gastroenteritis, blutige Durchfälle und dadurch indizierter Elektrolytverlust und Nierenfunktionsstörungen. Der vom Kläger angegebene isolierte Verlust von Geruchs- und Geschmackssinn stellt hingegen kein typisches Zeichen einer akuten Quecksilberintoxikation dar. Weiter führt die staatliche Gewerbeärztin in ihrer Stellungnahme vom 26.02.2010 zur BK Nr. 1101, welche der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet, nachvollziehbar aus, dass bei Einatmung von Noxen Schleimhautreizungen, zunächst in Form von Augenbrennen und Tränen, begleitet von Husten, Atemnot bis zum Asthmaanfall beschrieben seien. Eine separate Schädigung im Bereich der Nasennebenhöhlen und -schleimhaut ohne die Beteiligung der anderen Organe oder Systeme spreche gegen eine akute Intoxikation. Ferner ist in dem unter Ziff. III. des Merkblattes zur BK Nr. 1102 beschriebenen Krankheitsbild (Bekanntmachung des BMA vom 19.05.1964, BArbBl. Fachteil Arbeitsschutz 1964, 129 f.) ausgeführt, eine akute Erkrankung infolge beruflich bedingter Einwirkung von Quecksilber oder seinen anorganischen Verbindungen sei selten. Weiter weisen sowohl Dr. C. im Gutachten vom 13.08.2014 als auch die staatliche Gewerbeärztin in der Stellungnahme vom 26.02.2010, welche im Verfahren wegen der BK Nr. 1101 eingeholt und vom Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet wurden, schlüssig darauf hin, dass sich die Beschwerden nach einer Expositionskarenz zurückbilden. Beim Kläger jedoch haben die Beschwerden weiter persistiert bzw. sich sogar ausgeweitet, was gegen einen Zusammenhang zwischen der angeschuldigten beruflichen Exposition und dem Krankheitsbild spricht. Schließlich weisen Dr. C., die staatliche Gewerbeärztin und Prof. Dr. Dr. K. übereinstimmend und für den Senat nachvollziehbar darauf hin, dass der Kläger bereits vor den angeschuldigten Abbrucharbeiten im März 2008 mehrfach wegen krankhafter Veränderungen im Bereich der Nase und Nasennebenhöhlen operativ behandelt worden ist, was auch eine Anosmie nach sich ziehen kann. Beim Kläger haben schon lange vor dem angeschuldigten Ereignis vom März 2008 chronische Affektionen der Nasennebenhöhlen und der Nasenschleimhäute bestanden. Bereits 1979 und 1983 waren Fensteroperationen der Nasennebenhöhlen erforderlich gewesen. Ferner weist Prof. Dr. Dr. K. darauf hin, dass zum Zeitpunkt der Abbrucharbeiten beim Kläger bereits eine Infektion im Nasenbereich mit einer erhöhten Empfindsamkeit der Nasenschleimhäute vorlag, wodurch die Staubexposition auf der Baustelle zu einer akuten Exazerbation der Beschwerden geführt hat.
Damit entspricht auch das Krankheitsbild des Klägers nicht dem typischen Krankheitsbild einer Quecksilbervergiftung.
Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Mangels Erfolgsaussichten der Berufung war auch der Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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