L 4 KA 20/11

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 605/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 20/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 64/15 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 23. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen zu 1) zu tragen. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Neufestsetzung des Gesamtpunktzahlvolumens im Rahmen eines so genannten Jobsharing-Verhältnisses für die Leistungsjahre 6 bis 10 (Zeitraum vom 1. Oktober 2004 bis 30. September 2009).

Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. A. ist seit 1995 mit Praxissitz in A-Stadt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Der Zulassungsausschuss ließ mit Beschluss vom 29. September 1999 die Allgemeinärztin Dr. D. zur gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit mit dem Facharzt für Allgemeinmedizin A. gemäß § 101 Abs. 1 Nr. 4 SGB V in Verbindung mit Abschnitt 4 Nr. 23a der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte (im Folgenden: BedarfsplRL-Ä) zu. Beide Ärzte hatten sich mit der Feststellung der Punktzahlobergrenzen (Punktzahlvolumen von 955.676,5 für das Quartal IV/97, Punktzahlvolumen von 971.552,8 Punkten für das Quartal I/98, Punktzahlvolumen von 944.626,6 für das Quartal II/98, Punktzahlvolumen von 953.401,8 Punkten für das Quartal III/98) mit Datum vom 24. Juni 1999 einverstanden erklärt. Mit weiterem Beschluss vom 29. September 1999 genehmigte der Zulassungsausschuss die gemeinsame vertragsärztliche Tätigkeit des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. A. und der Allgemeinärztin Dr. D. und legte das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen entsprechend der Feststellung über die Punktzahlobergrenze mit Datum vom 24. Juni 1999 fest, jeweils zuzüglich 3 % des Fachgruppendurchschnitts des entsprechenden Vorjahresquartals.

Mit Beschluss vom 26. April 2005 gab der Zulassungsausschuss dem Antrag auf Genehmigung zur Beschäftigung der Allgemeinärztin Dr. E. als halbtagsangestellte Ärztin gem. § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V i. V. m. § 32b Ärzte-ZV statt. Er legte zur Beschränkung des Praxisumfangs aufgrund des Fachgruppendurchschnitts in den Quartalen IV/97 bis III/98, von dem er bereits im Beschluss vom 29. September 1999 ausgegangen war, ein quartalsbezogenes Grenzpunktzahlvolumen, welches bei der Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen im Rahmen der Gemeinschaftspraxis für den Facharzt für Allgemeinmedizin A. nach Beschäftigung der angestellten Praxisärztin als Leistungsbeschränkung maßgeblich ist, wie folgt fest:
Jahresquartal Punktzahl der Fachgruppe 3 % der Punktzahl der Fachgruppe Gesamtpunktzahlvolumen für das 1. Leistungsjahr
1 971.552,8 29.146,6 1.000.699,4
2 944.626,6 28.338,8 972.965,4
3 938.892,0 28.166,8 967.058,8
4 955.676,5 28.670,3 984.346,8

Ab dem 2. Leistungsjahr werde das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen entsprechend den Bestimmungen von Nr. 3.4 der Angestellten-Ärzte-Richtlinien durch die Kassenärztliche Vereinigung angepasst.

Die Allgemeinärztin Dr. D. erhielt ab Oktober 2009 eine Vollzulassung, womit das Jobsharing-Verhältnis beendet wurde. Sie ist seitdem mit einem halben Versorgungsauftrag zugelassen. Die Allgemeinärztin Dr. E. ist seitdem als halbtagsangestellte Ärztin ohne Jobsharing-Verhältnis beschäftigt.

Mit Antrag vom 30. Mai 2008, bei dem Beklagten eingegangen am 2. Juni 2008, beantragte die Klägerin eine Erhöhung der Punktzahlobergrenzen unter Hinweis auf das Inkrafttreten des neuen EBM ab 1. Januar 2008, da in die Leistungsbewertung die Mehrwertsteuererhöhung eingearbeitet und der zugrundeliegende "kalkulatorische Arzt" erhöht worden sei. Durch die Erhöhung sei die alte Punktzahlobergrenze nicht mehr zutreffend.

Die zu Ziff. 1) beigeladene Kassenärztliche Vereinigung Hessen führte hierzu aus, der jeweilige Anpassungsfaktor werde ab dem 2. Leistungsjahr mit dem Punktzahlvolumendurchschnitt der Fachgruppe multipliziert und ergebe die quartalsbezogene Obergrenze für die Praxis. Bedingt durch die Multiplikation des Anpassungsfaktors mit dem aktuellen Fachgruppendurchschnitt spiegele sich die Punktzahlanhebung im EBM 2008 ab dem 2. Leistungsjahr bereits im Fachgruppendurchschnitt wider. Zum Zeitpunkt der Neueinführung des EBM 2008 sei damit für die Praxis bereits ein Anpassungsfaktor gebildet worden, so dass eine zusätzliche Veränderung der Punktzahlobergrenzen gemäß den Vorgaben der Bedarfsplanungs-Richtlinie nicht notwendig sei.

Die Klägerin erwiderte, die Beigeladene zu Ziff. 1) lasse unberücksichtigt, dass die Festsetzung auf der Grundlage der Abrechnungen des Facharztes für Allgemeinmedizin A. für die Quartale IV/97 bis III/98 bereits rechtswidrig gewesen sei. Die Praxis sei im November 1995 gegründet worden. Es habe sich zum Zeitpunkt der Quartale ab IV/96 noch um den Status einer jungen Praxis gehandelt. Die von ihr erstellte Übersicht für die Quartale I/06, I/07 und I/08 zeige, dass bei der Berechnung des Regelleistungsvolumens bei gleichgebliebener Fallzahl ein um 325.000 Punkte höheres Regelleistungsvolumen abgerechnet worden sei. Diese Zunahme sei auf die Erhöhung der Leistungswerte im EBM 2008 zurückzuführen. Diese Auswirkungen würden nicht durch die Berechnung des Anpassungsfaktors ausgeglichen.

Der Zulassungsausschuss lehnte den Antrag mit Beschluss vom 27. Januar 2009 ab.

Hiergegen legte die Klägerin am 19. Oktober 2009 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, die Beigeladene zu 1) habe, nachdem ca. 8 Jahre keine Mitteilung der Anpassungsfaktoren an sie ergangen sei, am 13. Januar 2009 Rückforderungsbescheide in Höhe von 34.104,91 EUR für das 6. Leistungsjahr, in Höhe von 60.907,26 EUR für das 7. Leistungsjahr, in Höhe von 73.614,77 EUR für das 8. Leistungsjahr und am 5. Oktober 2009 in Höhe von 38.071,83 EUR für das 9. Leistungsjahr erlassen. Hiergegen habe sie jeweils Widerspruch eingelegt. Soweit der gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien auf das Abrechnungsvolumen der Aufsatzquartale lediglich einen Zuschlag von 3 %, bezogen auf den Fachgruppendurchschnitt des Vorjahres, festgelegt habe, sei dies rechtswidrig. Er verletze damit den vom Gesetzgeber gewollten Gestaltungsspielraum. In der konkreten Ausgestaltung der BedarfsplRL-Ä komme es bei Praxen, die bereits zu Beginn der Tätigkeit über dem Fachgruppendurchschnitt lägen, zu einem Abschmelzen der Gesamtpunktzahlvolumina. Liege das Punktzahlvolumen über dem Fachgruppendurchschnitt, bedeute die 3 %-ige Erhöhung gemessen am eigenen Umsatzvolumen weniger als 3 %. Die Berechnung des Fachgruppendurchschnitts sei nicht nachvollziehbar und werde nicht veröffentlicht. Sie bestreite, dass bereits am 29. Juni 1999 die Aufsatzquartale vollständig abgerechnet gewesen seien. Seit der Beschlussfassung des Zulassungsausschusses im Jahre 1999 sei der EBM mehrfach geändert worden. Damit ergebe sich eine Aneinanderreihung der Anträge auf Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina im Rahmen des Jobsharings bei jeder Änderung des EBM. Sie habe die Änderungen im Einzelnen aufgelistet. Der Antrag sei auch nicht verfristet. Ein Antrag könne erst gestellt werden, wenn die Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlage bekannt seien. Dies sei erst nach Erlass des Honorarbescheids in der Mitteilung des Anpassungsfaktors der Fall. Der Anpassungsfaktor sei jedoch nie mitgeteilt worden. Die Beklagte habe die entscheidenden Werte erstmals im Rahmen der Rückforderungsbescheide bekannt gegeben. Die Änderung des EBM 2009 sei nicht berücksichtigt worden. Die Beigeladene zu Ziff. 1) habe keine individuelle Transcodierung des EBM 1996 in den EBM 2005 durchgeführt. Die ab dem 2. Leistungsjahr berechneten Anpassungsfaktoren seien daher falsch.

Der Beklagte wies mit Beschluss vom 12. Mai 2010 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, er habe keine Prüfungs- und Verwerfungskompetenz bezüglich der BedarfsplRL-Ä. Die beiden Beschlüsse des Zulassungsausschusses bezüglich der Jobsharing-Verhältnisse seien bestandskräftig geworden. Bereits deshalb könne die Klägerin nicht mit dem Vortrag, es habe sich seinerzeit um eine sogenannte junge Praxis gehandelt, gehört werden. Bei der Genehmigung eines Jobsharing-Verhältnisses handele es sich um eine statusrechtliche Entscheidung, deren Nebenbestimmung die Festlegung des Gesamtpunktzahlvolumens für das 1. Leistungsjahr sei. Statusrechtliche Regelungen könnten nicht mit Wirkung für die Vergangenheit, sondern nur für die Zukunft abgeändert werden. Im Hinblick auf den Anpassungsfaktor ab dem 2. Leistungsjahr erfolgten wegen der dynamischen Ankopplung des jeweils zulässigen Leistungsvolumens der Jobsharing-Praxis an den Fachgruppendurchschnitt die notwendigen Anpassungen auf der Grundlage der Vorgaben des § 101 Abs. 1 SGB V. Aufgrund dieser automatischen Anpassungen sei einen zutreffend berechneten Anpassungsfaktor vorausgesetzt - sichergestellt, dass eine Leistungsausweitung nicht stattfinde. Für das 1. Leistungsjahr sei dies dann nicht gewährleistet, wenn aufgrund der Einführung eines neuen EBM für die jeweilige Fachgruppe auch durchschnittliche Steigerungen von mehr als 3 % festzustellen seien. Dies entspreche aber dennoch der BedarfsplRL-Ä. Auch könne ein bestandskräftiger Bescheid nicht rückwirkend abgeändert werden. Die strukturellen Veränderungen des EBM flössen ebenso in die Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts ein wie in die individuelle Punktzahl der Praxis. Eine Praxis nehme daher an den strukturellen Veränderungen des EBM teil. Die jeweilige Zeitversetzung um ein Jahr sei in den genannten Vorschriften ausdrücklich vorgesehen und für die Beteiligten verbindlich. Es könne dahinstehen, ob in den Aufsatzquartalen die Berechnung des Fachgruppendurchschnitts nicht möglich gewesen sei. Der seinerzeitige Beschluss sei auf der Grundlage einer Berechnung vorgenommen worden, die von den Ärzten der Klägerin unterschrieben worden sei. Im Übrigen sei der Beschluss bestandskräftig. Soweit die Klägerin geltend mache, der Anpassungsfaktor sei ihr nicht mitgeteilt worden, habe dies keine Auswirkung auf die Neufestsetzung des Gesamtpunktzahlvolumens. Diese diene nicht dem Zweck, eine möglicherweise fehlerhafte Anwendung des § 23f BedarfsplRL-Ä zu korrigieren. Die BedarfsplRL-Ä sehe auch nicht zwingend vor, dass anstelle der Punktzahlobergrenzen EUR-Beträge genannt würden.

Hiergegen hat die Klägerin am 20. Juli 2010 die Klage erhoben und im Wesentlichen vorgetragen, sie halte eine Vergleichbarkeit der Gebührenordnungen nicht für möglich. EBM-bedingte Steigerungen könnten nicht zu ihren Lasten gehen. Die BedarfsplRL-Ä lasse ausdrücklich die Durchbrechung der Bestandskraft zu. Es sei bereits zweifelhaft, ob die Obergrenzen als Auflage zum Zulassungsbescheid gefasst seien. Die Aufhebung sei an keine Frist gebunden. Die Änderungen des EBM würden nicht hinreichend berücksichtigt werden. Die Beigeladene zu 1) habe fehlerhaft keinen Anpassungsfaktor gebildet. Sie habe erstmals im zweiten Quartal des 10. Leistungsjahres durch die Rückforderungsbescheide vom 13. Januar 2009 den Anpassungsfaktor mitgeteilt. Der Vertragsarzt könne nur die Punktzahlobergrenze einhalten, die ihm auch vorher bekannt sei. Es habe ihr jegliche Steuerungsmöglichkeit gefehlt. Sie bestreite, dass der Fachgruppendurchschnitt zutreffend berechnet worden sei. Sie halte auch die Erhöhung um 3 % weiterhin für rechtswidrig. Im Beschluss des Zulassungsausschusses vom 29. September 1999 werde für das dritte Quartal ein um 14.509,8 Punkte höheres Punktzahlvolumen als im Beschluss vom 26. April 2005 angegeben. Streitbefangen sei der Zeitraum des ersten Quartals des 6. Leistungsjahres (IV/04) bis zur Beendigung des Jobsharings.

Mit Urteil vom 23. Februar 2011 hat das SG die Klage abgewiesen, da diese unbegründet sei. Der angefochtene Beschluss des Beklagten vom 12. Mai 2010 sei rechtmäßig. Die Klägerin begehre mit ihrer Klage die Neufestsetzung des Gesamtpunktzahlvolumens im Rahmen eines sog. Jobsharing-Verhältnisses für den Zeitraum 1. Oktober 2004 bis 30. September 2009. Die maßgeblichen Gesamtpunktzahlvolumina seien für den Zeitraum vom 1. Oktober 2004 bis 30. April 2005 durch den bestandskräftigen Beschluss des Zulassungsausschusses vom 29. September 1999 und für den Zeitraum vom 1. Mai 2005 bis 30. September 2008 (richtig wohl: 30. September 2009) durch den ebenfalls bestandskräftigen Beschluss des Zulassungsausschusses vom 26. April 2005 geregelt. Das Klagebegehren richte sich auf - rückwirkende - Abänderung der in den beiden Beschlüssen des Zulassungsausschusses getroffenen Festsetzungen. Als Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin kämen § 44 Abs. 2 SGB X und § 23e Satz 2 BedarfspIRL-Ä in Betracht. Der Beklagte habe sich nicht ausdrücklich mit dem Umfang des streitbefangenen Zeitraums auseinandergesetzt und § 44 Abs. 2 SGB X nicht ausdrücklich aufgeführt. Dennoch habe er sich sachlich sowohl umfassend mit dem gesamten streitbefangenen Zeitraum als auch mit § 44 Abs. 2 SGB X auseinandergesetzt. Von daher sei es ohne Bedeutung, dass die Antragstellerin in ihrem Antrag mit Datum vom 30. Mai 2008 lediglich die Anpassung an den EBM 2008 beantragt habe.

Es könne dahinstehen, ob nach § 44 Abs. 2 SGB X ein Beschluss des Zulassungsausschusses, der bei Antragstellung - Eingang sei der 2. Juni 2008 gewesen - bereits vor über 7 Jahren und 8 Monaten ergangen war, wegen einer in Anlehnung an § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X geltenden vierjährigen Ausschlussfrist überhaupt noch aufzuheben sei (Hinweis u. a. auf BSG, Urteil vom 17. September 2008 - B 6 KA 28/07 R, juris Rdnr. 52); Die Festsetzung einer Punktzahlobergrenze im Rahmen eines sog. Jobsharing-Verhältnisses könne generell nicht für die Vergangenheit aufgehoben werden. Für § 44 Abs. 2 SGB X folgt dies aus dem Statuscharakter der Zulassungsentscheidung und für § 23 e Satz 2 BedarfspIRL-Ä zudem aus dem Wortlaut der Vorschrift selbst.

Nach den hier noch bis zum Quartal I/07 maßgeblichen Richtlinien über die Beschäftigung von angestellten Praxisärzten in der Vertragsarztpraxis (Angestellte-Ärzte-Richtlinien) sowie nach den hier noch bis zum Quartal I/07 maßgeblichen Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte) lege der Zulassungsausschuss bei Anstellung im Rahmen eines sog. Jobsharings die Leistungsbeschränkung für die Arztpraxis fest. Beide vorgenannten Regelungen seien ab 1. April 2007 in der Neufassung der Bedarfsplanungs-Richtlinie vom 15. Februar 2007 aufgegangen, die für angestellte Ärzte in § 23k Abs. 1 Satz 2 für die Berechnung des abrechenbaren Gesamtpunktzahlvolumens auf die Regelungen nach den §§ 23c bis 23f verweise, die entsprechend mit der Maßgabe gelten würden, dass der Umfang der Leistungsbeschränkung unabhängig vom Beschäftigungsumfang des (der) angestellten Arztes (Ärzte) zu bestimmen sei. Vor der Zulassung des Antragstellers lege der Zulassungsausschuss in einer verbindlichen Feststellung zur Beschränkung des Praxisumfangs auf der Grundlage der gegenüber dem Vertragsarzt (den Vertragsärzten) in den vorausgegangenen mindestens 4 Quartalen ergangenen Abrechnungsbescheiden quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumina fest, welche bei der Abrechnung der ärztlichen Leistungen im Rahmen der Gemeinschaftspraxis von dem Vertragsarzt sowie dem Antragsteller nach seiner Zulassung gemeinsam als Leistungsbeschränkung maßgeblich seien (Obergrenze). Diese seien so festzulegen, dass die in einem entsprechenden Vorjahresquartal gegenüber dem erstzugelassenen Vertragsarzt anerkannten Punktzahlanforderungen um nicht mehr als 3 v. H. überschritten würden. Das Überschreitungsvolumen von 3 v. H. werde jeweils auf den Fachgruppendurchschnitt des Vorjahresquartals bezogen. Das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen (Punktzahlvolumen zuzüglich Überschreitungsvolumen) werde nach § 23f BedarfsplRL-Ä durch die Kassenärztliche Vereinigung angepasst. Im Übrigen gelte für Anpassungen § 23e BedarfsplRL-Ä.

Sowohl für die Berechnung des Ausgangspunktzahlvolumens als auch des Vergleichspunktzahlvolumens nach § 23c BedarfspIRL-Ä sei das im Zeitpunkt der Abrechnung jeweils geltende Berechnungssystem für die vertragsärztlichen Leistungen maßgeblich. Auf Antrag des Vertragsarztes seien die Gesamtpunktzahlvolumina neu zu bestimmen, wenn Änderungen des EBM, die für das Gebiet der Arztgruppe maßgeblich seien, spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlagen hätten (§ 23e Satz 2 BedarfspIRL-Ä). Die Kassenärztlichen Vereinigungen oder die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen könnten eine Neuberechnung beantragen, wenn Änderungen der Berechnung der für die Obergrenzen maßgeblichen Faktoren eine spürbare Veränderung bewirkten und die Beibehaltung der durch den Zulassungsausschuss festgestellten Gesamtpunktzahlvolumina im Verhältnis zu den Ärzten der Fachgruppe eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung/ Benachteiligung darstellen würde (§ 23e Satz 3 BedarfspIRL-Ä).

Die Gesamtpunktzahlvolumina zur Beschränkung des Praxisumfangs folgten der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts durch Festlegung eines quartalsbezogenen Prozentwertes (Anpassungsfaktor). Die Anpassungsfaktoren würden im ersten Leistungsjahr von der Kassenärztlichen Vereinigung errechnet. Die dafür maßgebliche Rechenformel laute: PzVol (Quartalsbezogenes Gesamtpunktzahlvolumen der Praxis)./. PzFg (Quartalsbezogener Punktzahlvolumendurchschnitt der jeweiligen Fachgruppe) = Fakt (Quartalsbezogener Anpassungsfaktor). Sie stellten die Grundlage zur Ermittlung der Gesamtpunktzahlvolumina für die Folgejahre dar. Der jeweilige Anpassungsfaktor werde ab dem 2. Leistungsjahr mit dem Punktzahlvolumendurchschnitt der Fachgruppe multipliziert und ergebe die quartalsbezogene Obergrenze für die Praxis (die Saldierungsregelung nach § 23c Satz 6 bleibe hiervon unberührt). Die Kassenärztliche Vereinigung teile dem Vertragsarzt die für ihn verbindlichen Anpassungsfaktoren mit (§ 23f BedarfspIRL-Ä).

Die genannten Regelungen der BedarfsplRL-Ä seien rechtmäßig.

Die Regelungen seien für die Beteiligten und das Gericht verbindlich (§ 91 Abs. 6 sowie § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8, Abs. 8 in Verbindung mit § 82 Abs. 1 und § 81 Abs. 4 SGB V; Hinweis auf BSG, Urteil vom 17. Oktober 2007 - B 6 KA 45/06 R - SozR 4-2500 § 103 Nr. 4, juris Rdnr. 14 f.; Urteil vom 17. Oktober 2007 - B 6 KA 31/06 R -, juris Rdnr. 15). Sie beruhten auch bzgl. der hier strittigen Punktezahlvolumina bei einem sog. Jobsharing-Verhältnis auf einer hinreichenden Ermächtigungsgrundlage (§ 101 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 4 und 5 SGB V). An ihrer Geltung bestünden keine Zweifel (Hinweis auf LSG Hessen, Urteil vom 12. Dezember 2007 - L 4 KA 62/06, bestätigt durch BSG, Beschluss vom 28. Januar 2009 - B 6 KA 17/08 B).

Voraussetzung für die Zulassung im Rahmen des Jobsharing sei, dass sich die Praxisinhaber zu Leistungsbegrenzungen in Höhe des bisherigen Praxisumfangs verpflichteten. Die Neuzulassung werde deshalb bei den Feststellungen zum Versorgungsgrad nicht mitgerechnet. Die budgetartige Deckelung ermögliche zusätzliche Zulassungen und habe die zuvor bestehende Einbeziehung der angestellten Ärzte in die Bedarfsplanung abgelöst (vgl. BT-Drs. 13/7264, S. 27 f. u. 111 f. (zu Art. 1 Nr. 27 c neu). Daher müsse sich der bereits niedergelassene Vertragsarzt (und bei Niederlassung auch der JobsharingPartner) gegenüber dem Zulassungsausschuss schriftlich bereit erklären, während des Bestands der Gemeinschaftspraxis bzw. des Anstellungsverhältnisses den zum Zeitpunkt der Antragstellung bestehenden Praxisumfang nicht wesentlich zu überschreiten, und die dazu vom Zulassungsausschuss festgelegte Leistungsbeschränkungen anzuerkennen. Die Leistungsbeschränkung entspreche dem gesetzgeberischen Willen. Die vertragsarztrechtliche Erweiterung der beruflichen Gestaltungsmöglichkeiten sei nur unter der Voraussetzung der Einschränkung möglich, ohne zugleich das Bedarfsplanungsrecht auszuhebeln. Daher beruhten die Regelungen der BedarfspIRLÄ auf ausreichender gesetzlicher Grundlage, seien hinreichend bestimmt und griffen als Berufsausübungsregelung nicht unverhältnismäßig in das Grundrecht auf Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG ein.

Dies gelte auch für die Erhöhung des maßgeblichen Punktzahlvolumens um 3 % des Fachgruppendurchschnitts. Das Gesetz räume dem Richtliniengeber mit der Vorgabe, eine "nicht wesentliche" Überschreitung zu ermöglichen, einen weiten Gestaltungsspielraum ein, der insbesondere eine Beschränkung des Überschreitungsvolumens auf 3 % des Fachgruppendurchschnitts zulasse (Hinweis auf LSG Sachsen, Urteil vom 22. September 2010 - L 1 KA 7/09 - Juris Rdnr. 53 m. w. N.). Es gebe keine gesetzliche Vorgabe, die den Richtliniengeber dazu zwingen würde, auf die Größe der Praxis vor Beginn des Jobsharing-Verhältnisses abzustellen. Mit dem Abstellen auf den Fachgruppendurchschnitt als Bemessungsgrundlage werde vielmehr allen Praxen der gleiche Spielraum zugestanden.

Eine rückwirkende Erhöhung des Gesamtpunktzahlvolumens sei nicht möglich. Als Status begründendem Verwaltungsakt komme der Jobsharing-Zulassung einschließlich der Festsetzung der Punktzahlobergrenze keine rückwirkende Bedeutung zu (Hinweis auf BSG, Urteil vom 11. März 2009 - B 6 KA 15/08 - SozR 4-2500 § 96 Nr. 11, Juris Rdnr. 15 f.).

Im Übrigen lägen Gründe für eine Erhöhung des Punktzahlvolumens nicht vor. Allgemeine Änderungen des EBM seien kein Grund für eine Änderung bzw. Erhöhung der Obergrenze. Allgemeine Änderungen würden aufgrund des Mechanismus des sog. Anpassungsfaktors automatisch an eine Jobsharing-Praxis weitergegeben. Für Änderungen nach § 23e Satz 2 BedarfspIRL-Ä - dies gelte im Übrigen auch für Satz 3 der Vorschrift - bleibe daher nur Raum, wenn die Jobsharing-Praxis signifikant von ihrer Fachgruppe abweiche und dadurch von allgemeinen Änderungen des EBM überproportional betroffen wird. Für eine solche Annahme gebe das klägerische Vorbringen keinen Raum.

Relevante Änderungen des EBM lägen nicht vor. Aufgrund des Anpassungsfaktors nehme jede Jobsharing-Praxis an das Abrechnungsvolumen insgesamt erhöhenden EBM-Änderungen teil, soweit hiervon die Fachgruppe betroffen sei. Nur bei einem signifikant von der Fachgruppe abweichenden Leistungsspektrum und/oder einer unterschiedlichen Abrechnungshäufigkeit von Leistungen, die durch eine EBM-Änderung höher bewertet werden, könne eine Erhöhung des Abrechnungsvolumens und könnten Verzerrungen eintreten, ohne dass eine Überschreitung des Grenzvolumens durch eine Ausweitung der Leistungen bedingt wäre, sondern allein durch eine Änderung der EBM-Bewertungen. Der Anpassungsfaktor drücke das Verhältnis der Jobsharing-Praxis zum Durchschnitt der Fachgruppe aus. Dieser Anpassungsfaktor bleibe für die Dauer des Jobsharings unverändert, während der Durchschnitt der Fachgruppe sich verändern bzw. auch wachsen kann. Nach den Vorgaben der BedarfspIRL-Ä sei für die aktuelle Obergrenze das Produkt aus starrem Anpassungsfaktor und dynamischem Durchschnitt der Fachgruppe zu bilden, so dass sich die aktuelle Obergrenze proportional zum Durchschnitt der Fachgruppe entwickele. Diese Entwicklung erfolge, mit Ausnahme des ersten Leistungsjahrs, in dem aber zum Ausgleich ein Aufschlag von 3 % erfolge, zeitgleich, da die aktuelle Obergrenze, jeweils bezogen auf die Quartale eines Leistungsjahrs, im Nachhinein von der Beigeladenen zu 1) zu berechnen sei. Das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen beinhalte daher bereits evtl. Wachstumsgrößen aufgrund von Höherbewertungen einzelner Leistungen. Dies sei, unter der Maßgabe eines mit der Fachgruppe korrelierenden Leistungsverhaltens, kein Grund für eine Neufestsetzung der Gesamtpunktzahlvolumina. Ob diese konkrete Berechnung bzgl. des 6. bis 10. Leistungsjahrs zutreffend erfolgt ist, sei von dem SG in diesem Verfahren nicht nachzuprüfen gewesen, da dies die Rückforderungsbescheide betreffe, nicht aber die Neufestsetzung der von der Jobsharing-Praxis abrechenbaren Gesamtpunktzahl.

Deutlich werde der Mechanismus des Anpassungsfaktors gerade an den der Klägerin tatsächlich zugestandenen Leistungsvolumina, wie sie in den Rückforderungsbescheiden zugrunde gelegt worden seien. Die Steigerungen würden gerade nach Einführung des EBM 2005 zum Quartal II/05 deutlich. Gegenüber dem im 1. Leistungsjahr zugestandenen Leistungsvolumen werde eine um 19,5 % höhere Punktzahlmenge zugestanden. In den Quartalen I und II/08 wird gegenüber dem im 1. Leistungsjahr zugestandenen Leistungsvolumen eine um 35,8 % und 40,2 %, gegenüber den Abrechnungswerten in den Referenzquartalen (ohne die 3 %ige Erhöhung) um 39,8 % und 44,4 % höhere Punktzahlmenge zugestanden. Im Einzelnen ergäben sich für den streitbefangenen Zeitraum, in denen die Beigeladene zu 1) Rückforderungsbescheide erlassen habe, nach den Berechnungen des SG folgende Werte:
Jahresquartal Punktzahl 1. Leistungsjahr IV/99-III/00 6. Leistungsjahr IV/04-III/05 7. Leistungsjahr IV/05-III/06 8. Leistungsjahr IV/06-III/07 9. Leistungsjahr IV/07-II/08
4 955.676,5 100 984.346,8 100 1.081.259,1 109,8 1.221.891,6 124,1 1.250.042,5 127,0 1.280.097,6 1. LJ 130,0 Ref.qu.133,9
1 971.552,8 100 1.000.699,4 100 1.066.670,3 106.6 1.199.640,4 119,9 1.255.193,7 125,4 1.358.691,1 1. LJ 135.8 Ref.qu.139,8
2 944.626,6 100 972.965,4 100 1.162.518,0 119,5 1.187.063,8 122,0 1.249.104,2 128,2 1.364.118,3 1. LJ 140,2 Ref.qu.144,4
3 938.892,0 100 967.058,8 100 1.1142.767,2 118,2 1.163.652,7 120,3 1.208.813,2 1. LJ 125,0 Ref.qu.128,7

Ein Systemfehler im Bereich der Ausgestaltung von sog. Jobsharing-Verhältnissen sei nicht ersichtlich. Eine besondere Transcodierung im Rahmen der Einführung des EBM 2005 sei aufgrund der "dynamischen" Anpassung an den Fachgruppendurchschnitt nicht gesondert erforderlich. Gleiches gelte für die bessere Bewertung insbesondere hausärztlicher Leistungen nach dem EBM 2005 im Vergleich zum EBM 1996.

Soweit die Klägerin der Auffassung sei, nur die Beigeladene zu 1) könne die Auskunft erteilen, ob ihre Abrechnung signifikant von der der Fachgruppe abweiche, sei dem nicht zu folgen. Es sei zunächst Sache der Klägerin darzulegen, worin ihr Versorgungsschwerpunkt besteht. Gerade bei einer hausärztlichen Praxis liege es nicht auf der Hand, dass ein wesentlich anderes Leistungsverhalten im Vergleich zur Fachgruppe bestehe. Zudem betreffe dies ausschließlich das Verhältnis der Klägerin zur Beigeladenen zu 1).

Daher könne dahinstehen, ob die Klägerin sich auf die Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 29. September 1999 und des Beschlusses vom 26. April 2005 berufen könne. Entgegen Nr. 23c Satz 1 BedarfspIRLÄ und den Angaben im Beschluss vom 29. September 1999 habe der Zulassungsausschuss die Punktzahlobergrenze nicht anhand der Abrechnungswerte der Praxis, sondern des Fachgruppendurchschnitts berechnet. Ob hierfür die Voraussetzungen nach Nr. 23d Satz 1 BedarfspIRLÄ vorlagen, wonach dann, wenn wegen der Kürze der bisherigen Tätigkeit des Vertragsarztes ein Vergleich über einen längeren Zeitraum nicht vorgenommen werden könne, der Zulassungsausschuss das Punktzahlvolumen für die einzelnen Quartale nach Maßgabe des Durchschnitts der Fachgruppe des bereits zugelassenen Vertragsarztes als Obergrenze festlege, könne dahinstehen. Jedenfalls sei der Zulassungsausschuss dem Antrag des Facharztes für Allgemeinmedizin A. gefolgt, der unter Datum vom 17. Juni 1999 darum gebeten hatte, da er erst seit Ende 1995 niedergelassen sei und weil seine Abrechnungswerte noch nicht den Durchschnitt der Fachgruppe erreicht hätten. Diese Durchschnittswerte hätten auch erheblich über den Abrechnungswerten der Praxis gelegen. So habe in den Referenzquartalen I bis II/98 und IV/97 das Punktezahlvolumen der Praxis mit 763.993,9 Punkten, 629.698,5 Punkten, 707.162,7 Punkten und 843.815,9 Punkten deutlich unter den Werten der Fachgruppe gelegen. Daher erübrigten sich weitere Ausführungen zu der Frage, ob auch die sog. Jobsharing-Praxis bis zum Durchschnitt der Fachgruppe wachsen könne. Soweit hiervon abweichend im Beschluss vom 26. April 2005 für das Quartal III/98 das Punktezahlvolumen mit 938.892,0 Punkten gegenüber den im Beschluss vom 29. Juni 1999 festgesetzten 953.401,8 Punkten, jeweils zzgl. der 3 %, festgelegt worden sei, habe dies auch die Beigeladene zu 1) nicht aufzuklären vermocht.

Den in der mündlichen Verhandlung zu 1) bis 8) gestellten Beweisanträgen sei nicht zu folgen gewesen, da sie alle Fragen des Anpassungsfaktors bzw. der mit Hilfe des Anpassungsfaktors zu ermittelnden tatsächlichen Leistungsobergrenzen und nicht den Streitgegenstand dieses Verfahrens beträfen. Sie beträfen allenfalls das Verfahren um die Auseinandersetzung mit den Rückforderungsbescheiden. Im Übrigen seien Rechtsfragen keinem Sachverständigenbeweis zugänglich. Um Rechtsfragen handele es sich bei den Anträgen zu 1) und 3). Die übrigen Anträge beträfen die Amtsermittlung des SG, beträfen aber nur die hier nicht streitgegenständlichen Rückforderungsbescheide.

Gegen das ihr am 4. März 2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 1. April 2011 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie unter anderem ausgeführt, sie begehre nicht die rückwirkende Änderung der bestandskräftigen Bescheide, sondern die Anpassung der Leistungsobergrenze an Veränderungen im Vergütungsregelwerk gemäß § 23e BedarfsplRL-Ä. Nicht nachvollziehbar sei die Auffassung des SG, wonach die Anpassung nach § 23f BedarfsplRL-Ä bezogen auf die Vergangenheit erfolgen könne, die Anpassung nach § 23e BedarfsplRL-Ä nicht. Der Vertragsarzt könne spürbare Auswirkungen auf das festgesetzte Gesamtpunktzahlvolumen grundsätzlich erst erkennen, wenn die ersten Honorarbescheide vorlägen. Daneben müssten dem Vertragsarzt auch die mitgeteilten Veränderungen der Punktwertobergrenzen aufgrund der Anwendung der Anpassungsfaktoren durch die KV vorliegen. Erst bei Vorlage dieser Daten, hier erst im Rahmen der Rückforderungsbescheide, sei der Vertragsarzt über mögliche EBM-Auswirkungen informiert. Daher würden alle erstinstanzlichen Beweisantritte aufrechterhalten. Die Jobsharing-Praxis könne entgegen der Auffassung des SG über den Anpassungsfaktor nicht angemessen an erheblichen Veränderungen im EBM oder den entsprechenden Vertragswerken beteiligt werden. Dies zeige sich am Beispiel der neu eingeführten Bereitschaftsdienstpauschale mit dem EBM 2005 (ab dem 2. Quartal 2005), die ein Mehr an Punktzahlvolumen von 350.000 bis 450.000 Punkten für die Kinderarzt- und die Allgemeinarztpraxen erbracht habe. Hinzu komme, dass die Anpassungsfaktoren von der Beigeladenen zu 1) falsch angewendet würden. Sie bilde die Anpassungsfaktoren nicht anhand der Gesamtleistungen der Ärzte der Fachgruppe, sondern nur anhand der Regelleistungsvolumina. Für die Auffassung des SG, die Praxis müsse so genannte Praxisbesonderheiten aufweisen, um in den Genuss des Antrags nach § 23e BedarfsplRL-Ä zu kommen, finde sich im Gesetz keine Grundlage. Spätestens mit der Einführung des EBM 2005 und sodann des EBM 2008 hätten Transcodierungen stattfinden müssen. Bezogen auf den Vergleichszeitraum Quartal I bis IV/2007 habe es gegenüber dem Zeitraum Quartal I bis IV/2008 einen prozentualen Anstieg von 17,1 % gegeben (Tabelle der KBV zum EBM 2008). Auch zwischen dem EBM und dem EBM 2005 habe es erhebliche Veränderungen im Rahmen der Punktzahlvolumina gegeben. Als Anlage werde eine offizielle Umsteigetabelle der hausärztlichen Leistungen (Gegenüberstellung der Leistungsziffern) mit Stand vom 5. September 2004 überreicht. Nach der aktuellen Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 28. August 2013, B 6 KA 43/12 R) habe sie entgegen der Ansicht der Vorinstanz Anspruch auf eine Entscheidung der Zulassungsgremien über eine rückwirkende Anhebung der vom Zulassungsausschuss festgesetzten Abrechnungsobergrenze. Danach habe die Abrechnungsobergrenze hinsichtlich ihrer Höhe keine Statusrelevanz. Sie habe gegen den Rückforderungsbescheid Widerspruch und Klage erhoben und den Neufestsetzungsantrag rechtzeitig gestellt, nämlich vor Bestandskraft des Rückforderungsbescheids. Die sachlichen Voraussetzungen für eine Neufestsetzung lägen vor. Es seien nur solche Änderungen des EBM zu berücksichtigen, die nicht schon bei der Fortschreibung nach dem vorrangigen § 23 f. BedarfsplRL-Ä zu berücksichtigen seien. Zudem müsse es sich um Änderungen des EBM handeln, die sich bei der individuell betroffenen Jobsharing-Praxis stärker auswirkten als der Durchschnitt der Fachgruppe. Dies sei bei der klägerischen Praxis der Fall. Dazu sei unter anderem im Schriftsatz vom 10. Mai 2010 an den Berufungsausschuss S. 11 ff. vorgetragen worden. Die Abweichung der klägerischen Praxis vom Fachgruppendurchschnitt könne unschwer aus der Frequenz-/ Häufigkeitsstatistik als Anlage zum Honorarbescheid ersehen werden. Die in der Darstellung der Abrechnung der ärztlichen Leistungen vom Durchschnitt abweichenden GOP könnten sich im Rahmen des EBM-Ä unterschiedlich auswirken. Der Beigeladenen zu 1) solle aufgegeben werden, die Frequenzstatistik für das 6. bis 10. Leistungsjahr vorzulegen. Die Klägerin habe im Rahmen des Jobsharing sämtliche Änderungen des EBM-Ä der vergangenen Jahre (EBM 1996, EBM 2005, EBM 2008, EBM 2009 und alle zwischenzeitlichen Anpassungen) durchlaufen. Schließlich müsse eine spürbare Veränderung auf die Einzelpraxis festgestellt werden. Eine ausreichend gewichtige Abweichung sei ab ca. 10 % anzunehmen. Auch diese Voraussetzung sei im vorliegenden Fall gegeben, was sich bereits an der Höhe der Rückforderungssumme für die einzelnen Leistungsjahre zeige. Im Einzelnen werde auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 10. Mai 2010 an den Berufungsausschuss sowie vom 1. Juli 2010 an das HLSG verwiesen. Ob sich in der punktemäßigen Bewertung spürbare Änderungen ergeben hätten, hätte durch eine Vergleichsberechnung anhand der ursprünglichen/geänderten EBM-Regelung durch die Beigeladene zu Ziff. 1) ermittelt werden müssen, wobei diese hätte darlegen müssen, welche Leistungen und welche Punktmengen Grundlage der erstmaligen Festsetzung einer Abrechnungsobergrenze bei Beginn des Jobsharings gewesen seien (Hinweis auf BSG, a. a. O, Rn. 44). Sie habe ein von der Fachgruppe gravierend abweichendes Honorarprofil. Insoweit habe sie ihren Substantiierungspflichten nach der BSG-Rechtsprechung genügt. Hinsichtlich des gestellten Beweisantrags sowie des angenommenen Teilanerkenntnisses des Beklagten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 30. Juli 2015 Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 23. Februar 2011 sowie den Beschluss des Beklagten vom 12. Mai 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Der Beklagte und der Beigeladene zu Ziff. 1) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten die angefochtene Entscheidung für rechtmäßig.

Der Beklagte hat ausgeführt, die Klägerin rechne ihm Aufgabenstellungen der Beigeladenen zu 1) zu, obwohl er nach den BedarfsplRL-Ä allein für die erstmalige Festlegung des zulässigen Gesamtpunktzahlvolumens im Rahmen eines Jobsharing-Verhältnisses zuständig sei bzw. bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Neufestsetzung des Gesamtpunktzahlvolumens. Streitgegenstand sei lediglich die Frage, ob eine Verpflichtung des Beklagten bestehe, das Gesamtpunktzahlvolumen der Klägerin auf deren Antrag hin neu festzusetzen. Nach § 23e und f BedarfsplRL-Ä bestehe eine enge Koppelung der Leistungsobergrenze der Jobsharing-Praxis an das von der jeweiligen Fachgruppe jeweils in den folgenden Leistungsjahren erwirtschaftete Gesamtpunktzahlvolumen. Verwerfungen in diesem System entstünden allenfalls dann, wenn die Berechnung der Gesamtpunktzahlvolumina in den Referenzquartalen, d. h. in den für die Bildung des Gesamtpunktzahlvolumens maßgeblichen 4 abgerechneten Quartalen vor Bildung des Jobsharing-Verhältnisses, nach anderen EBM-Maßstäben erfolgte als die Abrechnung des Durchschnitts der fachidentischen Vergleichsgruppe im ersten Leistungsjahr. In diesen Fällen müsse eine Transcodierung der Leistungen der Referenzquartale in die Abrechnungssystematik der Fachgruppe im ersten Leistungsjahr vorgenommen werden. Die Punktzahlobergrenze, welche im jeweiligen Leistungsjahr für die Jobsharing-Praxis Geltung habe, unterliege einer permanenten Veränderung bzw. Dynamik. Der Anpassungsfaktor unterliege keiner Veränderung. Änderungen des EBM während der Laufzeit des Jobsharing hätten keine Auswirkungen auf die Abrechnung der Klägerin haben können, weil über die Verknüpfung des Anpassungsfaktors dafür Sorge getragen werde, dass die Bewertungsänderungen, die für die Vergleichsgruppe relevant seien, sich in gleicher Weise - nach Maßgabe des Anpassungsfaktors - auf die Leistungsobergrenze der Jobsharing-Praxis auswirkten. Richtig sei, dass die neu eingeführte Bereitschaftsdienstpauschale ab dem 2. Quartal 2005 erhöhte Abrechnungsmöglichkeiten für Kinderarzt- und Allgemeinpraxen ergeben habe. Nach Maßgabe des statistischen Anpassungsfaktors könnten hieran alle derartigen Praxen, die den Leistungsbegrenzungen des Jobsharing unterlägen, partizipieren. Ein Anspruch gemäß § 23e BedarfsplRL-Ä sei nicht festzustellen, da alle geltend gemachten Änderungen des EBM und der sonstigen einschlägigen vertraglichen Vereinbarungen während der Laufzeit des hier vorliegenden Jobsharing über den Regelmechanismus des § 23f BedarfsplRL-Ä erfasst worden seien. Die Ausführungen des BSG (Urteil vom 28. August 2013, B 6 KA 43/12) führten nicht zu einem anderen Ergebnis. Er habe sich im Beschluss vom 12. Mai 2010, S. 15 ff ausführlich mit den Argumenten der Klägerin auseinandergesetzt und festgestellt, dass - unbeschadet der Frage der Zulässigkeit einer rückwirkenden Anhebung der Punktzahlobergrenzen - die Voraussetzungen nicht gegeben seien. Dem sei das SG unabhängig von der statusrechtlichen Rückwirkungsproblematik gefolgt (S. 16 ff. des Urteils). Die Behauptung der Klägerin, ihre Praxis habe einen von der Fachgruppe gravierend abweichendes Honorarprofil, weshalb sich Änderungen des EBM stärker auswirkten, sei in dem hier relevanten Verfahren vor dem Beklagten nicht näher belegt worden.

Wegen weiterer Einzelheiten sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Soweit der Beklagte die Klageforderung anerkannt und die Klägerin dieses Anerkenntnis angenommen hat, ist der Rechtsstreit gemäß § 101 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erledigt.

Im Übrigen war die zulässige Berufung unbegründet.

Das Urteil des SG vom 23. Februar 2011 und der Beschluss des Beklagten vom 12. Mai 2010 sind im Übrigen rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat insoweit keinen Anspruch auf Neubescheidung durch den Beklagten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.

Die Voraussetzungen für eine (rückwirkende) Erhöhung der Abrechnungsobergrenzen nach § 23e Satz 2 BedarfsplRL-Ä liegen nicht vor.

Zwar erfolgte die Antragstellung auf (rückwirkende) Neufestsetzung der Abrechnungsobergrenzen rechtzeitig. Sofern wie im vorliegenden Fall erst lange nach Bekanntgabe des Honorarbescheids eine Honorarrückforderung durch einen gesonderten Rückforderungsbescheid der KÄV erfolgt, kann der Arzt die Anfechtung des Rückforderungsbescheides mit einem Antrag an den Zulassungsausschuss auf rückwirkende Anhebung der Abrechnungsobergrenzen verbinden; der Antrag auf Neufestsetzung der Abrechnungsobergrenze kann in einem solchen Fall noch innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Rückforderungsbescheids gestellt werden (vgl. BSG, Urteil vom 28. August 2013, B 6 KA 36/12 R, Juris Rn. 17). Ist die Ausschlussfrist für die kassenärztliche Vereinigung gehemmt, gilt dies entsprechend auch für die dem Arzt zur Verfügung stehende Frist für die Stellung eines an den Zulassungsausschuss zu richtenden Antrag auf rückwirkende Neufestsetzung der Abrechnungsobergrenzen (BSG a. a. O.). Die Antragstellung am 2. Juni 2008 (Eingang des Antrags vom 30. Mai 2008 bei dem Beklagten) noch vor Ergehen der Rückforderungsbescheide vom 13. Januar 2009 für das 6. bis 10. Leistungsjahr erfolgte somit rechtzeitig.

Demgemäß hatte die Klägerin aufgrund der Regelung des § 23e Satz 2 BedarfsplRL in der Sache grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass die Zulassungsgremien prüfen, ob die Voraussetzungen für eine rückwirkende Erhöhung der Abrechnungsobergrenzen im Zeitraum vom 1. Oktober 2004 bis 30. September 2009 vorliegen. Nach der Rechtsprechung des BSG ergibt sich ein Ausschluss einer rückwirkenden Neufestsetzung weder aus den für Statusentscheidungen geltenden Grundsätzen noch aus den für die Neufestsetzung maßgeblichen Bestimmungen; ebenso wenig kollidiert eine rückwirkende Neufestsetzung mit der Funktion der Abrechnungsobergrenzen (vgl. BSG, Urteil vom 28. August 2013 - B 6 KA 36/12 R, Juris Rn. 18 ff. m. w. N.). Danach wird die Höhe der Abrechnungsobergrenzen zwar bei Jobsharing-Zulassungen und Jobsharing-Anstellung Genehmigungen vom Zulassungsausschuss zusammen mit der Statusentscheidung (Zulassung, Anstellungsgenehmigung) festgesetzt, hat aber selbst keine Statusrelevanz. Die für statusbegründende Verwaltungsakte geltenden Grundsätze sind auf die Festsetzung der Abrechnungsobergrenzen daher nicht übertragbar.

Die übrigen Voraussetzungen für eine (rückwirkende) Erhöhung der Abrechnungsobergrenzen nach § 23e Satz 2 BedarfsplRL-Ä sind jedoch im Falle der Klägerin nicht gegeben.

Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin sind vorliegend noch die bis zum Quartal I/07 geltenden Angestellte-Ärzte-Richtlinien i. d. F. vom 1. Oktober 1997 (BAnz Nr. 9 S. 372 vom 15. Januar 1998), zuletzt geändert am 22. Oktober 2001 (BAnz Nr. 20 S. 1618 vom 30. Januar 2002) sowie die bis zum Quartal I/07 geltenden Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte vom 9. März 1993 (BAnz Nr. 110 a vom 18. Juni 1993), zuletzt geändert am 21. Februar 2006 (BAnz 2006 S. 2541) sowie wie ab 1. April 2007 die Neufassung der Bedarfsplanungsrichtlinie vom 15. Februar 2007 (BAnz 2007, S. 3419). Unabhängig davon stimmen die entscheidungserheblichen Regelungen der AÄRL, der BedarfsplRL-Ä in den früheren Fassungen sowie der BedarfsplRL-Ä in der ab 1. Januar 2013 geltenden Neufassung vom 20. Dezember 2012 inhaltlich überein (vgl. BSG, Urteil vom 28. August 2013, a. a. O., Juris Rn. 15).

Auf Antrag des Vertragsarztes sind die Gesamtpunktzahlvolumina neu zu bestimmen, wenn Änderungen des EBM, die für das Gebiet der Arztgruppe maßgeblich seien, spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlagen haben (§ 23e Satz 2 BedarfspIRL-Ä). Unabhängig davon können die Kassenärztlichen Vereinigungen oder die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen eine Neuberechnung beantragen, wenn Änderungen der Berechnung der für die Obergrenzen maßgeblichen Faktoren eine spürbare Veränderung bewirken und die Beibehaltung der durch den Zulassungsausschuss festgestellten Gesamtpunktzahlvolumina im Verhältnis zu den Ärzten der Fachgruppe eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung/ Benachteiligung darstellen würde (§ 23e Satz 3 BedarfspIRL-Ä).

Änderungen im Sinne des § 23e Satz 2 BedarfsplRL-Ä, die spürbare Auswirkungen zur Folge haben, können grundsätzlich nur solche sein, die das Punktzahlvolumen betreffen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2012, B 6 KA 1/12 R, Juris Rn. 28). Dabei kann nur solchen Änderungen des EBM-Ä Relevanz zukommen, die nicht schon bei der Fortschreibung gemäß dem vorrangigen § 23f BedarfsplRL-Ä zu berücksichtigen sind, da diese Regelungen Vorrang gegenüber § 23e Satz 2 BedarfsplRL-Ä hat (vgl. BSG a.a.O., Juris Rn. 29) zu. Grundsätzlich nicht relevant sind Änderungen nur der Honorarverteilungsregelungen, da diese jedenfalls typischerweise nicht die abrechenbare Punktemenge beeinflussen. Ebenso wenig vermögen Veränderungen beim durchschnittlichen Abrechnungsvolumen der Fachgruppe eine Neubestimmung gemäß § 23e Satz 2 BedarfsplRL-Ä zu rechtfertigen (BSG, a. a. O.).

Neubestimmungen gemäß § 23e Satz 2 BedarfsplRL-Ä aufgrund von Punktzahlneubewertungen im EBM-Ä sind nur in eingeschränktem Umfang denkbar. Es muss sich grundsätzlich um Änderungen des EBM-Ä handeln, die sich bei der individuell betroffenen Jobsharing-Praxis stärker auswirken als der Durchschnitt der Fachgruppe. Dies kann etwa aufgrund eines von der Fachgruppe abweichenden Zuschnitts ihrer Patientenschaft und ihres Behandlungsbedarfs der Fall sein oder bei Änderungen der Zuschläge für Berufsausübungsgemeinschaften in Betracht kommen. Im Übrigen erwähnt § 23e BedarfsplRL-Ä noch "vertragliche Vereinbarungen"; auch diesen kann nur insoweit Relevanz zukommen, als sie das abrechenbare Punktezahlvolumen beeinflussen (vgl. BSG, Urteil vom Urteil vom 12. Dezember 2012, B 6 KA 1/12 R, Juris Rn. 30). Das Erfordernis, dass es sich um Änderungen handeln muss, die sich bei der individuell betroffenen Jobsharing-Praxis stärker auswirken müssen als der Durchschnitt der Fachgruppe, impliziert, dass die Auswirkungen stets konkret für die individuelle Jobsharing Praxis, für die eine Neubestimmung gemäß § 23e Satz 2 BedarfsplRL-Ä beantragt wird, festgestellt werden müssen (vgl. BSG, a. a. O., Juris Rn. 31).

Des Weiteren müssen spürbare Auswirkungen auf die Einzelpraxis festgestellt werden müssen, wobei es sich um Veränderungen von erheblichem Ausmaß, d. h. mit real nachhaltiger Auswirkung handeln muss. Dies folgt nach der Rechtsprechung des BSG sowohl aus dem Wortlaut des Erfordernisses "spürbare Auswirkungen" als auch Sinn und Zweck im System der Vorschriften zur Berechnung der Abrechnungsobergrenzen gemäß § 23 e BedarfsplRL, da es sich um eine Regelung handelt, die für den Ausnahmefall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage Anpassungen ermöglicht (vgl. BSG, a. a. O, Juris Rn. 33). Das BSG nimmt insoweit auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zur Auslegung des § 4 Abs. 5 Satz 2 Krankenhausentgeltgesetz Bezug, wonach eine Vertragspartei bei "wesentlichen Änderungen" der dem vereinbarten Erlösbudget zugrunde gelegten Annahmen eine neue Budgetvereinbarung beanspruchen kann. Das BVerwG hatte insoweit abgeleitet, dass es sich um eine schwerwiegende Abweichung mit einem Umfang ab ca. 10 % handeln müsse. In diesem Zusammenhang hat das BSG gefolgert, der Begriff der spürbaren Auswirkungen deute eher auf strengere Anforderungen als bei demjenigen nur "wesentlicher" Änderungen, wie er nicht nur in § 4 Abs. 5 Satz 2 Krankenhausentgeltgesetz, sondern z.B. auch in § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X enthalten ist (vgl. BSG, a. a. O., Rn. 34, 35).

Für ein Verfahren auf Änderungen gemäß § 23e Satz 2 oder Satz 3 BedarfsplRL-Ä muss der Antragsteller entsprechend dem Normzweck und der Normgestalt dieser Regelungen den Sachverhalt dem zur Entscheidung berufenen sachkundigen Gremium (Zulassungsausschuss bzw. Berufungsausschuss) so aufbereiten, dass diesem ersichtlich ist, welcher Änderungstatbestand in Betracht zu ziehen ist (vgl. BSG, a. a. O., Rn. 36). Zu den Darlegungspflichten hat das BSG weiter ausgeführt, die Notwendigkeit einer Substantiierung des Vorbringens im Verwaltungsverfahren sei bereits aus der Senatsrechtsprechung zur Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß § 106 SGB V bekannt. Hierzu habe der Senat vor allem in jüngerer Zeit herausgestellt, dass es dem betroffenen Arzt obliege, den Fachgremien schon in deren Verfahren - spätestens im Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss - die Gesichtspunkte vorzutragen, die für eine sachkundige Würdigung erforderlich sind. Vergleichbare Anforderungen würden auch für Änderungsverfahren gemäß § 23e Satz 2 BedarfsplRL-Ä gelten. Da die Zulassungsgremien nicht über alle erforderlichen Daten verfügten, sind sie darauf angewiesen, ergänzende Informationen von der KÄV zu erhalten, insbesondere wegen der Frage spürbarer Auswirkungen auf die einzelne Praxis; diese den Zulassungsgremien zu geben, sind insbesondere die KÄV und der Vertragsarzt prädestiniert. Dementsprechend sind diese grundsätzlich gehalten, im Antragsverfahren substantiierte, auf die konkrete Jobsharing-Praxis bezogene Berechnungen mitzuteilen (BSG, a. a. O., Juris Rn. 37, 38 f). Der Antragsteller ist daher im Änderungsverfahren gemäß § 23e Satz 2 BedarfsplRL-Ä zudem gehalten, die tatsächlichen Umstände, derentwegen der Tatbestand erfüllt und insbesondere spürbare Auswirkungen auf die einzelne konkrete Praxis gegeben sein können, von sich aus darzulegen (vgl. BSG, a. a. O., Juris Rn. 39). Der Arzt muss genau darstellen, wie sich bei konstanter Fallzahl und konstanter Behandlungsausrichtung eine Änderung des EBM-Ä ausgewirkt hat (vgl. BSG, Urteil vom 28. August 2013, B 6 KA 36/12 R, Juris Rn. 38).

Vorliegend fehlt es an einer hinreichenden Darlegung substantieller Anhaltspunkte - die nach der oben BSG-Rechtsprechung spätestens im Verfahren vor dem Berufungsausschuss hätte erfolgen müssen - dafür, dass sich die Änderungen des EBM Ä bei der konkret betroffenen Jobsharing-Praxis z. B. aufgrund eines von der Fachgruppe abweichenden Zuschnitts der Patientenschaft und ihres Behandlungsbedarfs oder wegen Änderungen der Zuschläge für Berufsausübungsgemeinschaften oder vergleichbarer besonderer Umstände stärker als beim Durchschnitt der Fachgruppe ausgewirkt haben. Ebenso fehlt es an einer hinreichenden Darlegung substantieller Anhaltspunkte im Verfahren bereits vor dem Berufungsausschuss dafür, dass sich gerade bei der konkret betroffenen Jobsharing-Praxis im Unterschied zum Durchschnitt der Fachgruppe Änderungen des EBM spürbar auswirkten.

Insoweit konnte es der Senat offen lassen, ob es bei rechtzeitigem Vorbringen genügen würde, zur Darlegung eines von der Fachgruppe abweichenden Honorarprofils pauschal auf die Häufigkeits- und Frequenzstatistik und die daraus erkennbare Abweichung der klägerischen Praxis vom Fachgruppendurchschnitt zu verweisen, wie im Berufungsverfahren geschehen. Dagegen spricht, dass sich die Abweichung auch aus einer bloßen Leistungsausweitung ergeben könnte. Daher wären nach der BSG-Rechtsprechung - durchaus unter Heranziehung der als Anlage zum Honorarbescheid beigefügten zugänglichen Häufigkeits- und Frequenzstatistik - konkrete Umstände, z. B. ein von der Fachgruppe abweichender Zuschnitt der Patientenschaft und daher abweichender Behandlungsbedarf oder sonstige (Praxis-)Besonderheiten vorzutragen, aufgrund derer sich die Änderungen des EBM-Ä bei der konkret betroffenen Jobsharing-Praxis stärker auswirken als beim Fachgruppendurchschnitt. Soweit die Klägerin jedoch im Rahmen der Klage- und Berufungsbegründung geltend macht, am Beispiel der neu eingeführten Bereitschaftsdienstpauschale mit dem EBM 2005, die ein Mehr an Punktzahlvolumen von 350.000 bis 450.000 Punkten für die Kinderarzt- und die Allgemeinarztpraxen erbracht habe, zeige sich, dass sie über den Anpassungsfaktor nicht angemessen an erheblichen Veränderungen des EBM beteiligt werde, handelt es sich nicht um eine praxisspezifische Auswirkung von Änderungen des EBM-Ä, die von § 23 e BedarfsplRL-Ä erfasst wäre (vgl. BSG, Urteil 28. August 2013, B 6 KA 36/12 R, Juris Rn. 34).

Ebenso konnte es der Senat offen lassen, ob es - bei Unterstellung eines rechtzeitigen Vortrags im Verfahren vor dem Berufungsausschuss - zur Darlegung der spürbaren Auswirkungen ausreichte, auf die Höhe der Rückforderungsbescheide zu verweisen, wie dies durch die Klägerin im Rahmen der Berufungsbegründung erfolgt ist. Dagegen spricht, dass die Klägerin nach der oben dargelegten BSG-Rechtsprechung gehalten gewesen wäre, genau darstellen, wie sich bei konstanter Fallzahl und konstanter Behandlungsausrichtung Änderungen des EBM-Ä ausgewirkt haben (vgl. BSG, Urteil vom 28. August 2013, B 6 KA 36/12 R, Juris Rn. 38). Soweit sich die Klägerin in der Berufungsbegründung unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013, Juris Rn. 44, auf Darlegungspflichten der Beigeladenen zu 1) beruft, wonach diese durch eine Vergleichsberechnung anhand der ursprünglichen/geänderten EBM-Regelung hätte ermitteln müssen, ob sich in der punktemäßigen Bewertung spürbare Änderungen ergeben hätten, würde sie - bei rechtzeitigem Vorbringen - damit nicht durchdringen. Die von ihr beschriebenen Darlegungspflichten der Beigeladenen zu 1) beziehen sich auf die Verpflichtung der KÄV in Verfahren nach § 23 e Satz 3 BedarfsplRL-Ä, nicht auf das hier vorliegende Verfahren nach § 23 e Satz 2 BedarfsplRL-Ä (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013, Juris Rn. 41 ff).

Dem Beweisantrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 30. Juli 2015, der Beigeladenen zu 1) aufzugeben, Grundlagen für die Berechnung des Anpassungsfaktors und die Grundlagen für die Ermittlung der Fachgruppenwerte offen zu legen, die einschlägig sind für die Berechnung der Punktzahlobergrenze bei Anlegung des Anpassungsfaktors, war nicht stattzugeben, da er für den Gegenstand des hiesigen Verfahrens nicht entscheidungserheblich ist. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist lediglich die Frage, ob der Beklagte verpflichtet ist, (rückwirkend) die Gesamtpunktzahlvolumina neu zu bestimmen, nicht aber die Frage, ob die Anpassung des quartalsbezogenen Gesamtpunktzahlvolumens durch die Beigeladene zu 1) gemäß § 23f BedarfsplRL-Ä korrekt durchgeführt wurde.

Ebenso wenig kann sich die Klägerin für eine (rückwirkende) Erhöhung der Abrechnungsobergrenzen, die über das angenommene Anerkenntnis des Beigeladenen zu 1) hinausgeht, auf die Rechtsgrundlage des § 44 Abs. 2 SGB X stützen.

Dem Beklagten oblag gemäß § 44 Abs. 2 SGB X grundsätzlich auch die Überprüfung, ob in den Bescheiden des Zulassungsausschusses vom 29. September 1999 und 25. April 2005 die Abrechnungsobergrenzen zutreffend festgestellt wurden.

Insofern ist davon auszugehen, dass hinsichtlich der von den Klägern begehrten rückwirkenden Abänderung der Abrechnungsobergrenzen die Grundsätze der BSG-Rechtsprechung zur Anwendung des § 44 Abs. 2 SGB X auf die Korrektur von Honorarbescheiden entsprechend heranzuziehen sind, soweit die Korrektur nicht Änderungen gemäß § 23e BedarfsplRL betrifft. Korrekturen für vergangene Zeiträume liegen gemäß § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X im Ermessen der Behörde. Bei der Ausübung von Ermessen und bei dessen Überprüfung ist die Struktur der zu treffenden Ermessensentscheidung zu beachten. Ausgehend von dem Ausnahmecharakter der Möglichkeit, gegenwärtige Gesamtvergütungsanteile für vergangene Honoraransprüche zu verwenden, ist die Ausübung des Ermessens des § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X dahingehend, dass eine Bescheidkorrektur - und also auch die Gewährung von Nachvergütungen - abgelehnt wird, im Regelfall nicht zu beanstanden. Aus der Struktur der gemäß § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X zu treffenden Ermessensentscheidung folgt, dass diese im Falle von Anträgen auf vertragsärztliche Nachvergütungen für Leistungen in früheren Quartalen nur in atypischen Fällen im Sinne einer Bescheidkorrektur und Nachvergütung vorgeprägt sein kann. Ein solcher atypischer Fall kann etwa dann in Betracht kommen, wenn die KÄV "direkten oder indirekten Einfluss" auf ihre Mitglieder genommen hätte, von der Einlegung von Rechtsbehelfen abzusehen (vgl. hierzu ausführlich BSG, Urteil vom 17. September 2008, B 6 KA 28/07 R, Juris Rn. 43, 44 m. w. N.; BSG, Urteil vom 22. Juni 2005, Juris Rn. 20, 21 m. w. N.).

Unter Anwendung dieser Grundsätze kann die Klägerin vorliegend auf der Rechtsgrundlage des § 44 Abs. 2 SGB X keine Korrektur der Abrechnungsgrenzen beanspruchen, da - bezogen auf die Vergangenheit - ein atypischer Fall im o. g. Sinne nicht vorliegt. Dabei geht der Senat davon aus, dass sich die Abgrenzung zwischen Vergangenheit und Zukunft bei der Aufhebung eines rechtwidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes jedenfalls in Fällen, in denen die Verwaltungsbehörde den auf diese Aufhebung gerichteten Verwaltungsakt abgelehnt hat, nach dem Zeitpunkt des Eingangs diese Antrags richtet (ebenso Hess. LSG, Urteil vom 26. November 1990, L 6 Ar 1406/89 Leitsatz; offen gelassen Steinwedel in: Kassler Kommentar, § 44 SGB X Rn. 46; BSG, Urteil vom 16. Februar 2012, B 9 SB 2/11 R, Juris Rn. 28; a. A. wohl Merten in: Hauck/Noftz, SGB X, Stand: 5/15, § 44 SGB X Rn. 84: nach Bekanntgabe des Zugunstenbescheids). Der Senat legt dabei den Antrag der Klägerin auf Änderung der Abrechnungsobergrenzen gemäß § 23e BedarfsplRL-Ä auch als Antrag auf Überprüfung gemäß § 44 Abs. 2 SGB X aus. Ebenso wenig liegen bezogen auf die Vergangenheit die Voraussetzungen für eine Reduzierung des Ermessens auf Null vor, deren Annahme nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt, so etwa dann, wenn die Aufrechterhaltung der bestandskräftigen Entscheidung gegen Treu und Glauben verstieße oder sie sonst wie schlechthin unerträglich wäre (vgl. BSG, Urteil vom 17. September 2008, B 6 KA 28/07 R, Juris Rn. 43, 44 m. w. N.).

Für Beanstandungen der Ermittlung der Abrechnungsobergrenzen für den streitgegenständlichen Zeitraum durch den Zulassungsausschusses gemäß §§ 23c, d BedarfsplRL-Ä ergeben sich - unabhängig von den zeitlich eingeschränkten Änderungsmöglichkeiten nach § 44 Abs. 2 SGB X - keine hinreichenden Anhaltspunkte. Der Senat geht von der Rechtmäßigkeit der Bedarfsplanungsrichtlinien aus, insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden erstinstanzlichen Ausführungen Bezug genommen. Des Weiteren sind auf Antrag des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. A. vom 17. Juni 1999 und zugunsten der Klägerin bei der Festlegung der quartalsbezogenen Gesamtpunktzahlvolumina sowohl im Beschluss vom 29. September 1999 als auch im Beschluss vom 26. April 2005 nicht die Abrechnungswerte der Praxis zugrunde gelegt worden, die in den Referenzquartalen I bis III/98 und IV/97 mit Punktezahlvolumen von 763.993,9 Punkten, 629.698,5 Punkten, 707.162,7 Punkten und 843.815,9 Punkten deutlich unter den Werten der Fachgruppe lagen, sondern die günstigeren Werte des Fachgruppendurchschnitts (Schriftsatz der Beigeladenen zu 1) vom 22. Februar 2011, Bl. 220 ff G-Akte).

Dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag war auch insoweit nicht stattzugeben, da er auch bezogen auf die Anspruchsgrundlage des § 44 Abs. 2 SGB X für den Verfahrensgegenstand nicht entscheidungserheblich ist. Auf die obigen Ausführungen hierzu wird Bezug genommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 155 Abs. 1 Satz 3, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -. Der Klägerin waren die Kosten für das Berufungsverfahren ganz aufzuerlegen, weil der Beklagte nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Die Klägerin hat der Beigeladenen zu Ziff. 1), die erfolgreich einen Antrag gestellt hat, die notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Außergerichtliche Kosten der übrigen Beigeladenen sind nicht zu erstatten. Die Nichtzulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved