Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 U 2797/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 U 1264/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 6. Februar 2014 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Verletztenrente aufgrund eines Arbeitsunfalls vom 30.01.2007.
Der Kläger ist im Jahre 1954 geboren. Im Jahre 2007 war er als Kraftfahrer im Inland abhängig beschäftigt und in dieser Eigenschaft bei einer der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagte) gesetzlich unfallversichert.
Am 30.01.2007 rutschte der Kläger beim Beladen eines Autotransporters in einem Automobilwerk in A. aus und fiel von dem Lkw drei bis vier Meter hinunter auf die rechte Schulter und die rechte Kopfseite. Die entsprechende Unfallanzeige erstattete sein Arbeitgeber am 28.02.2007.
Die Durchgangsärztin und Unfallchirurgin Dr. B. teilte mit Bericht vom Unfalltag mit, der Kläger habe angegeben, nach dem Sturz nicht bewusstlos gewesen zu sein, aber leichte Erinnerungsstörungen bezüglich Details des Vorfalls zu haben. Sie habe u.a. Kopfschmerzen und Sensibilitätsstörungen der rechten Gesichtshälfte festgestellt. Als Diagnosen stellte sie eine oberflächliche Schädelprellung frontal, eine Commotio cerebri, eine Kieferhöhlenfraktur, eine Orbitafraktur ("Augenhöhlenbruch") und einen Jochbeinbruch. Der Kläger wurde in das Gesichts-Kiefer-Mundchirurgie-Klinikum des Städtischen Klinikums C. überstellt, wo die Frakturen operativ versorgt wurden.
In der Folgezeit gingen bei der Beklagten Berichte über die Behandlung der Frakturen im Gesichtsbereich und die Verletzungen der Augen ein.
Der Neurologe und Psychiater Dr. D. teilte unter dem 05.03.2007 mit, dass der Kläger seit dem Unfall über Kopfschmerzen und Schwindelgefühle beim Bücken und Aufrichten sowie ständigen Druck im Kopf berichte. Psychisch sei der Kläger unauffällig. Es beständen ein postkommotionelles Syndrom, das noch längerer Erholungszeit bedürfe, und eine HWS-Distorsion Grad I. Er habe den Kläger daher weiter arbeitsunfähig geschrieben. Mit Bericht vom 21.05.2007 erklärte Dr. D. weiter, dass eine Besserung seit dem Unfall sehr langsam eintrete. Nach Schätzung des Klägers hätten sich Kopfschmerzen und Schwindel bis heute um ca. 50 % gebessert. Neurologisch falle im Rombergtest eine Falltendenz auf bei ansonsten unauffälligem Befund. Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit sei also nicht exakt festzulegen.
Unter dem 19.06.2007 berichtete Dr. D. über weitere Verlaufskontrollen beim Kläger. Dieser habe angegeben, dass die Schwindelanfälle nachgelassen hätten, jedoch immer noch aufträten. Gegen die immer noch auftretenden Kopfschmerzen hülfen zwei Tabletten Ibuprofen 600. Es sei nunmehr erstmals deutlich eine psychische Problematik hervorgetreten, die die persistierenden Schwindelbeschwerden und die Kopfschmerzen erklären könne. Diagnostisch handele es sich um eine Agoraphobie und eine mittelgradige depressive Störung, einhergehend mit Schlafstörungen. Mit Schreiben vom 12.07.2007 führte Dr. D. konkretisierend aus, dass der Kläger seit dem Unfall im Januar 2007 unter einer psychischen Erkrankung leide, der Unfall sei quasi eine auslösende Situation für diese agoraphobische Entwicklung gewesen.
Die Beklagte ließ den Kläger dazu durch den Neurologen und Psychiater Prof. Dr. E. untersuchen. Dieser teilte in dem Befundbericht vom 10.07.2007 nebst psychologischem Zusatzbericht von Dipl.-Psychologin F. vom 27.06.2007 mit, der neurologische Befund des Klägers sei weitgehend unauffällig. Auch der Romberg‘sche Stehversuch sei sicher durchführbar. Der geklagte Schwindel sei in der Untersuchungssituation durch Vorneüberbeugen und rasche Lagewechsel auslösbar. Der Kopfschüttelversuch sei negativ, dabei werde ein Druck im Kopf geklagt. Die Augäpfel seien frei beweglich, es träten keine Doppelbilder und kein Augenzittern auf. Im Versorgungsgebiet des zweiten Astes des Nervus trigeminus rechts werde ein Taubheitsgefühl angegeben, sonst seitengleiche Gefühlswahrnehmungen in den vom Trigeminus innervierten Hautarealen. Prof. Dr. E. führte zu den geklagten Kopfschmerzen und zu der vom Kläger behaupteten Einnahme von 1.200 mg Ibuprofen am Tag aus, er habe dem Kläger eine Verringerung des Schmerzmittelkonsums angeraten. Aus dem Verhalten des Klägers auch nach der Begutachtung - das der Gutachter im Einzelnen wiedergab - ergäben sich Hinweise für eine neurotische Persönlichkeitsstruktur mit querulatorischen Anteilen. Diagnostisch, so Prof. Dr. E. abschließend, sei der psychiatrische Befund abgesehen von der genannten Persönlichkeitsstruktur vollständig regelgerecht, insbesondere hätten sich keine Hinweise für eine depressive Störung oder eine Angststörung ergeben. Auf neurologisch¬-psychiatrischem Fachgebiet beständen an Unfallfolgen Narbenkopfschmerzen, eine folgenlos ausgeheilte Gehirnerschütterung und eine Teilschädigung des zweiten Astes des Nervus trigeminus rechts. Unfallunabhängig sei ein durch Kreislauffehlregulation bedingter orthostatischer Schwindel. Es bestehe Arbeitsfähigkeit und Fahrertauglichkeit beruflich wie privat.
Mit Bescheid vom 14.08.2007 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen über den 10.08.2007 hinaus ab. Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Folgen des Unfalles sei lediglich bis zum 25.06.2007 anzunehmen.
Im Widerspruchsverfahren gegen diesen – hier nicht streitgegenständlichen – Bescheid holte die Beklagte ein Vorerkrankungsverzeichnis von der Krankenkasse des Klägers, der AOK Baden-Württemberg, ein. Darin ist unter anderem verzeichnet, dass der Kläger 1994, 1996 und zuletzt am 22.09.2003 wegen eines peripheren Schwindels in ärztlicher Behandlung gewesen sei. Behandelnde Ärzte des Klägers berichteten über den weiteren Verlauf. Dr. D. teilte mehrfach, darunter unter dem 10.09.2007, mit, der Kläger sei weiterhin arbeitsunfähig bei orthostatischem Schwindel und hochdosierter Schmerzmitteleinnahme. Er schildere deutliche Anzeichen einer Agoraphobie. Die dabei möglichen Momente einer Panik, die Todesängsten gleichkomme, seien ausgesprochen unfallgefährlich. Es habe vor dem Unfall schon eine leichte phobische Neigung (Ängste in engen Räumen, sogenannte Klaustrophobie) bestanden. Durch den angeschuldigten Unfall sowie einen Unfall eines Kollegen kurz zuvor, den der Kläger miterlebt habe, sei die der Klaustrophobie eng verwandte Agoraphobie ausgelöst worden. Die reaktive depressive Verstimmung und die Schlafstörungen seien häufige Begleitsymptome einer solchen Angsterkrankung. Die mittlerweile eingetretenen nächtlichen "Flashbacks" vom Unfall könnten Zeichen einer beginnenden posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) sein. Diese Ängste träten nur in der realen Situation auf und seien durch Testungen nicht zu überprüfen.
Zum Vorbringen Dr. D.s nahm Prof. Dr. E. unter dem 30.11.2007 Stellung. Er meinte, es ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte. Eine Angststörung liege unter Berücksichtigung der üblichen diagnostischen Standards jetzt nicht vor, darüber hinaus seien Angstsymptome als vorbestehend beschrieben und daher unfallunabhängig. Die geschilderten Schwindelanfälle entsprächen auch nicht im weitesten Sinne einer Angststörung, wie aus dem Beschwerdevortrag zwanglos hervorgehe. Selbst wenn der Diagnose eine Agoraphobie gefolgt würde, handele es sich um eine nach medizinischem Kenntnistand unfallunabhängige Gesundheitsstörung, die darüber hinaus im Gewand einer anderen spezifischen Angststörung vorbeschrieben sei.
Mit Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigten vom 28.02.2008 beantragte der Kläger über den laufenden Widerspruch hinaus die - hier streitgegenständliche - Gewährung einer Verletztenrente.
Nach einem Bericht der G.-H.-Klinik vom 03.04.2008, wo der Kläger vom 20.11.2007 bis zum 19.02.2008 in stationärer Behandlung gewesen war, beständen eine PTBS, ein chronisches Kopfschmerzsyndrom nach Schädelprellung und Commotio cerebri im Januar 2007, eine Insertionstendopathie (entzündliche Reizung) der Schulter rechts und ein degeneratives Lendenwirbelsäulensyndrom. Wegen der depressiven Symptomatik, verbunden mit Durchschlafstörungen, sei der Kläger auf Mirtazapin eingestellt worden, was zu einer deutlichen Besserung der Stimmungslage und Schlafqualität geführt habe. Die posttraumatische Symptomatik habe deutlich nachgelassen. Der vermutlich posttraumatische Kopfschmerz habe sich jedoch nur teilweise gebessert und auch bei Entlassung bestanden. Der Kläger wurde arbeitsunfähig bis Ende Februar 2008 entlassen. Im März 2008 wurde eine stufenweise Wiedereingliederung durchgeführt, bei der das Verletztengeld fortgezahlt wurde. Seit April 2008 ist der Kläger wieder vollschichtig auf seiner alten Stelle als Lkw-Fahrer tätig.
Auf Wunsch des Klägers erstattete unter dem 09.08.2010 der Facharzt für Neurologie Dr. K. ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten. Dieser Gutachter stellte unter anderem fest, der Kläger sei stimmungsmäßig leicht depressiv, die affektive Schwingungsfähigkeit sei erhalten. Anamnestisch finde sich kein Hinweis auf ein Antriebsdefizit. Der Kläger nehme morgens eine Tablette Sulpirid, abends 30 mg Mirtazapin und jeden zweiten Tag bei starken Kopfschmerzen 1200 mg Ibuprofen ein. Er gebe an, dass er aktuell weiterhin unter Durchschlafstörungen leide und fast jede Nacht Albträume habe, wobei er auch vom Sturz träume. Es falle ihm schwer, über den Unfall zu reden. Bei der Behandlung im Krankenhaus habe ihn sehr erschreckt, dass ein Arzt gesagt habe, dass er hätte tot oder querschnittsgelähmt sein können. Diese Äußerungen verfolgten ihn heute noch. Vor drei Monaten sei er auf einer Fahrt mit dem Lkw in Frankreich an eine Unfallstelle gekommen und habe geholfen, den Verletzten aus dem Pkw zu bergen. Plötzlich sei er blockiert gewesen, habe daraufhin eine Tablette Sulpirid eingenommen. Er habe nicht mehr weiterfahren können und habe abgeholt werden müssen. Beim Kläger liege ohne Zweifel eine PTBS als wesentliche Unfallfolge vor. Erfüllt seien die – im Einzelnen dargestellten – Kriterien A bis F des DSM IV ("Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders" der American Psychiatric Association [APA], 4. Aufl. Deutsch 1996). Ab Ende der beruflichen Wiedereingliederung bewertete Dr. K. die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) für die PTBS mit 20 v.H. Darüber hinaus bestehe als Unfallfolge eine Schädigung des rechtsseitigen Trigeminusnerven, zu bewerten mit einer MdE von weniger als 10 v.H. Außerdem sei ein posttraumatischer Kopfschmerz als Unfallfolge zu berücksichtigen, zu bewerten mit einer MdE von 10 v.H. Insgesamt sei die MdE auf neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet ab dem 31.03.2008 mit 25 v.H. zu bewerten.
Zu diesem Gutachten nahm der Neurologe und Psychiater Dr. L. als Beratungsarzt für die Beklagte am 29.09.2010 dergestalt Stellung, dass der Kläger das Ereignis amnesiert habe und eine längere Erinnerungslücke angebe. Wenn jetzt seitens des Gutachters näher ausgeführt werde, dass der Kläger über Verkehrsunfallsituationen panisch reagiere, so sei zunächst einmal festzuhalten, dass dies mit dem eigentlichen Ereignis, das ihn betroffen habe, gar nichts zu tun habe. Er habe keinen Verkehrsunfall erlitten, sondern eine Absturzverletzung bei Beladetätigkeiten. Es sei zwar im Gutachten ausgeführt, welche Kriterien nach dem DSM IV erfüllt seien, aber es handele sich hier um weitgehend unspezifische Störungen, die auch durch andere Beeinträchtigungen zu erklären seien. Als Diagnose sei eine vorübergehende phobische Anpassungsstörung mit Angstattacken und phobischem Schwindel zu stellen. Als mögliche Ursache hierfür könne eine Bemerkung des behandelnden Arztes nach dem Unfall, es hätte schlimm ausgehen können, diskutiert werden.
Mit Bescheid vom 25.01.2011 half die Beklagte dem Widerspruch des Klägers ab, indem sie den Bescheid vom 14.08.2007 zurücknahm und nunmehr unfallbedingte Leistungen über den 10.08.2007 hinaus bis zum 19.02.2008 bewilligte sowie die Dauer der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit über den 25.06.2007 bis zum 31.03.2008 anerkannte. In demselben Bescheid lehnte die Beklagte ferner die Gewährung einer Rente ab. Als Folge des Unfalls habe eine vorübergehende depressive Anpassungsstörung mit Angstattacken vorgelegen, die nach der Behandlung in der G.-H.-Klinik am 19.02.2008 als abgeheilt anzusehen sei. Eine rentenberechtigende MdE sei nicht verblieben.
Gegen diese Entscheidung legte der Kläger mit Schreiben vom 28.02.2011 Widerspruch ein. Das Gutachten des Dr. K. habe eine MdE um 20 v.H. festgestellt. Daher sei seinem Rentenantrag in vollem Umfang stattzugeben.
Nach Einholung einer ergänzenden beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. L. vom 18.05.2011 wies die Beklagte den Widerspruch unter dem 12.08.2011 zurück. Sie führte aus, die Schwindelproblematik, die der Kläger schildere, habe nicht objektiviert werden können. Auf neuropsychiatrischem Fachgebiet bestehe wegen der Nervenschädigung eine dauernde MdE von 10 v.H. Die - weiteren - vorgetragenen psychischen Beeinträchtigungen seien nicht rechtlich wesentlich auf den Unfall zurückzuführen.
Am 19.09.2011 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Er hat vorgetragen, es beständen unfallbedingte Angstattacken, die keineswegs abgeheilt seien. Die Unfallfolgen bedingten nach dem Gutachten von Dr. K. insgesamt eine MdE von 25 v.H.
Von Amts wegen hat das SG das nervenärztliche Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Prof. Dr. M. vom 05.04.2012 erhoben. Diese Sachverständige hat bekundet, bei dem Kläger lägen ein Verdacht auf Dauerkopfschmerzen, am wahrscheinlichsten analgetikainduziert, und ein Verdacht auf Angst und Depression gemischt (F41.2 nach der ICD-10) vor. Der neurologische Befund sei weitgehend unauffällig, zwar habe der Kläger ein vermindertes Berührungsempfinden der ganzen rechten Gesichtsseite und einen Druckschmerz am Austrittspunkt des 2. Trigeminusastes angegeben, jedoch seien die Korneal-Reflexe seitengleich auslösbar, was gegen eine schwerere Schädigung des 1. Trigeminusastes spreche, außerdem habe der Kläger im Laufe der Jahre eine Befundausdehnung beschrieben. Auf psychiatrischer Ebene sei ein etwas weitschweifiger formaler Denkablauf zu verzeichnen. Die Angaben des Klägers in den Selbstauskunftsbögen seien – nur – teilweise mit den anamnestischen Angaben und Untersuchungsbefunden vereinbar. Schwere Defizite seien nicht festzustellen gewesen. Die – von der Sachverständigen durchgeführte – Medikamentenspiegel-Bestimmung habe weder die Einnahme von Mirtazapin noch von Ibuprofen ergeben, obwohl der Kläger Einnahmen kurz vor der Untersuchung bekundet habe. Vor diesem Hintergrund hat die Sachverständige auf diagnostischer Ebene ausgeführt, die Merkmale einer PTBS lägen nicht vor. Zum Ursachenzusammenhang hat die Sachverständige bekundet, auf dem Unfall beruhe – nur – die Schädigung des 2. Trigeminusastes mit der anfangs beschriebenen Sensibilitätsstörung, jedoch müsse die später bekundete Ausweitung der Beeinträchtigungen andere Ursachen haben. Die alsbald nach dem Unfall entwickelte psychische Symptomatik sei ausreichend wahrscheinlich auf den Unfall als wesentlicher Ursache zurückzuführen, weil der Kläger mit der Möglichkeit des eigenen Todes und der eigenen Verletzlichkeit konfrontiert gewesen sei. In der Zwischenzeit seien aber, z.B. mit einer Krebserkrankung der Ehefrau und dem Tod beider Eltern, andere belastende Ereignisse hinzugetreten; daher bestehe für einen Zusammenhang der aktuell geklagten Symptomatik mit dem Unfall nur noch eine Möglichkeit, aber keine ausreichende Wahrscheinlichkeit mehr. Die vom Kläger geklagten Kopfschmerzen seien nicht mehr unfallbedingt, sondern beruhten inzwischen wahrscheinlich auf dem Medikamentengebrauch. Kopfschmerzen nach Schädel-Hirn-Trauma hielten normalerweise nicht dauerhaft an und nähmen insbesondere nicht später in ihrem Ausmaß zu. Als Unfallfolgen seien demnach, so Prof. Dr. M., eine inkomplette Schädigung des 2. Trigeminusastes rechts mit Sensibilitätsstörung nach Jochbein- und Orbitafraktur, eine vorübergehende ängstlich-depressive Störung und vorübergehende posttraumatische Kopfschmerzen anzusehen. Die MdE für die Trigeminusschädigung sei mit 10 v.H. auf Dauer zu bewerten. Die MdE für die vorübergehende ängstlich-depressive Störung habe bis zum Ende der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit am 31.03.2008 bei 20 v.H. gelegen und betrage seitdem unter 10 v.H. Die Kopfschmerzsymptomatik habe bis März 2008 eine MdE von 10 v.H. bedingt, danach sei sie nicht mehr auf den Unfall zurückzuführen. Insgesamt sei die MdE mit 20 v.H. bis März 2008 und mit 10 v.H. seitdem zu veranschlagen.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat das SG sodann ein weiteres – psychiatrisch-psychosomatisches – Gutachten bei dem Ärztlichen Direktor der Median-Kliniken in Bad Dürrheim, Prof. Dr. Dr. N., erhoben. Dieser Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 21.12.2012 ausgeführt, bei dem Kläger bestehe ein "basales psychosomatisches Belastungssyndrom (PTBS)" infolge eines unverschuldeten Arbeitsunfalls (F43.1). Zur Abweichung in dieser Diagnose gegenüber dem Vorgutachten von Prof. Dr. M. hat Prof. Dr. Dr. N. ausgeführt, für die Begutachtung einer PTBS beständen bislang keine ausreichend gesicherten evidenzbasierten Leitlinien. Als anerkannte Lehrmeinung seien die Kriterien von G. O. und P. Riedesser ("Lehrbuch der Psychotraumatologie, UTB-Verlag 2003) anzulegen, diese seien – vom Sachverständigen im Einzelnen dargelegt – in der Person des Klägers erfüllt. Bei dem Kläger sei das erlittene Trauma quasi im Körper steckengeblieben. Als Kernsymptom sei eine Intrusion zu sehen, immer wieder werde der Kläger von sich aufdrängenden, beharrenden Erinnerungen an den Unfall erinnert. Auch die vereinzelt diagnostizierte pathologisch-psychologische Persönlichkeitsstruktur sei – G. O. folgend – eher als Ausdruck eines traumatischen Prozesses zu werten. Die MdE für die unfallbedingte PTBS, so Prof. Dr. Dr. N. abschließend, sei wegen der Breite der Symptomatik auf 40 v.H. zu schätzen. Bis heute liege Arbeitsunfähigkeit für eine Tätigkeit als Berufskraftfahrer vor.
Gegen die Feststellungen und Schlussfolgerungen des Wahlgutachters hat die Beklagte eingewandt, es beständen sehr wohl anerkannte evidenzbasierte Leitlinien zur Diagnose einer PTBS, nämlich die AWMF-Leitlinie zur Begutachtung psychischer und psychosomatischer Erkrankungen (AWMF Nr. 051/029). Dort werde im Einklang mit der herrschenden Lehrmeinung ausgeführt, dass die Symptome einer PTBS alsbald nach dem Trauma, jedenfalls nicht später als sechs Monate danach, aufträten. Dies sei bei dem Kläger nicht der Fall gewesen. Unabhängig hiervon sei die MdE-Einschätzung des Gutachtens unzutreffend und widerspreche dem wissenschaftlichen Konsens (bzw. den dort anerkannten Erfahrungswerten).
Zu diesen Einwänden hat Prof. Dr. Dr. N. unter dem 07.03.2013 ergänzend Stellung genommen. Er hat ausgeführt, er habe deswegen nicht auf die von der Beklagten genannte Leitlinie abgestellt, weil sich die Medizin als reine Erfahrungswissenschaft fern jeder rechtsnormbedingten Beeinflussung begreife und die aus vielen Einzelbeobachtungen gewonnenen medizinischen Erfahrungssätze insgesamt den objektiven Bestand des medizinischen Wissens bildeten. Nach einer Veröffentlichung von Prof. K. P., Psychiatrische Klinik der Universität Tübingen ("Die Begutachtung der PTBS"), auf die er – Prof. Dr. Dr. N. – sich gestützt habe, gebe es Formen einer verzögert auftretenden PTBS ohne initiale Symptome zwar selten, aber in ungefähr 15 % der Fälle.
Auch gegen diese Ausführungen hat die Beklagte Einwendungen erhoben. Unter dem 14.03.2013 hat sie unter anderem ausgeführt, Prof. Dr. Dr. N. habe zu wenige Testverfahren zur Validierung der vom Kläger geklagten Beschwerden eingesetzt. Das Bundessozialgericht (BSG) habe schon 2006 (Urt. v. 09.05.2006, B 2 U 1/05 R) entschieden, dass die AWMF-Richtlinien zu beachten seien. Zur MdE hat die Beklagte eingewandt, der – auch von Prof. Dr. Dr. N. zitierte – Prof. K. P. von der Universität Tübingen habe zu den MdE-Rahmenwerten, die er vorschlage, konkrete Funktionsbeeinträchtigungen beschrieben ("Vorschläge zur MdE-Einschätzung bei psychoreaktiven Störungen in der gesetzlichen Unfallversicherung", MedSach 2007, S. 52 ff.), die zu beachten seien.
In seiner abschließenden Stellungnahme vom 27.05.2013 hat Prof. Dr. Dr. N. an seiner Einschätzung festgehalten.
Mit Urteil auf Grund mündlicher Verhandlung vom 06.02.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Sie sei unbegründet. Ein Anspruch auf Verletztenrente bestehe nicht. Die über das Ende der Arbeitsunfähigkeit hinaus verbliebenen Folgen des Unfalls vom 30.01.2007 bedingten keine – rentenberechtigende – MdE von wenigstens 20 v.H. Als dauernde Folge bestehe – nur – die Schädigung des zweiten Astes des Nervus trigeminus rechts mit daraus folgenden Gefühlsstörungen. Diese bedinge eine MdE von höchstens 10 v.H., nachdem Prof. Dr. M. genau 10 v.H. und Dr. K. im Verwaltungsverfahren weniger als 10 v.H. vorgeschlagen hätten und Prof. Dr. Dr. N. diese Funktionsbeeinträchtigung überhaupt nicht berücksichtigt habe. Darüber hinaus beständen keine Unfallfolgen mehr. Die vom Kläger angegebenen Kopfschmerzen seien nicht mehr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit unfallbedingt, nachdem nach den überzeugenden Ausführungen Prof. Dr. M.s solche Kopfschmerzen üblicherweise nach einigen Monaten abklängen und angesichts der hohen eingenommenen Dosis an Ibuprofen von 1200 mg täglich und damit deutlich mehr als der empfohlenen Höchstdosis von 800 mg inzwischen eine Analgetikainduzierung – als Alternativursache – hinzugekommen sei. Dies lasse sich zwar nicht verifizieren, nachdem bei der Laboruntersuchung keine Hinweise auf die Einnahme von Ibuprofen hätten gefunden werden können; wenn jedoch der Kläger die behaupteten Schmerzmittel gar nicht einnehme, spreche dies dagegen, dass überhaupt Kopfschmerzen vorlägen. Auf psychiatrisch-psychologischem Fachgebiet, so das SG weiterhin, lägen ebenfalls keine Beeinträchtigungen vor, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückzuführen seien. Eine PTBS sei nicht schlüssig nachgewiesen. Zwar könne der Verlauf der Erkrankung durch aus mit einer PTBS erklärt werden. Allerdings seien, wie Prof. Dr. M. überzeugend dargelegt habe, die Diagnosekriterien der ICD-10 und des GSM-IV nicht erfüllt. Es sei – schon – fraglich, ob der Unfall ein dramatisches Ereignis gewesen sei, das lebensbedrohend gewesen sei bzw. ein katastrophales Ausmaß angenommen habe. Vor allem habe der Kläger nicht intensive Furcht, Gefühle von Hilflosigkeit oder Entsetzen als unmittelbare Reaktion beschrieben. Im Gegenteil nenne er als Auslöser seiner psychischen Beschwerden die Bemerkung eines behandelnden Arztes im Krankenhaus, er – der Kläger – habe Glück gehabt und sei dem Tod von der Schippe gesprungen. Wie Prof. Dr. M. klarstelle, passe die Schilderung des Klägers eher zu einer unspezifischen neurotischen Reaktion auf die Erkenntnis, dass sein Leben bedroht gewesen sei. Die jetzt noch geklagte Symptomatik sei damit ebenfalls besser vereinbar, wobei in der Zwischenzeit auch andere belastende Ereignisse hinzugekommen seien. Vor diesem Hintergrund, so das SG weiter, lasse sich eine PTBS – auch – nicht unter Berücksichtigung der Gutachten von Dr. K. und Prof. Dr. Dr. N. feststellen. Beide berücksichtigten nicht, dass ein nicht nur taugliches, sondern tatsächlich kausales Trauma nicht erwiesen sei und ließen die Darstellungen des Klägers zu der genannten Ansprache durch Ärzte nach dem Unfall – das nicht dem Unfall zurechenbar sei, sondern ein unabhängiges Dazwischentreten Dritter darstelle – außer Acht. Ihre Diagnosestellung entspreche auch nicht den Kriterien der ICD-10 oder des DSM-IV. Prof. Dr. Dr. N. lasse diese Kriterien fast gänzlich außen vor und verneine sogar das Bestehen relevanter Richtlinien für die Begutachtung, insbesondere der einschlägigen AWMF-Leitlinie. Dr. K. habe sich zwar an die Kriterien des DSM-IV angelehnt, fasse sie aber so allgemein, dass damit verschiedenste psychische Belastungsreaktionen erklärt werden könnten, was bei einem so schweren Störungsbild wie der PTBS unzulässig sei. Entsprechend werde er auch den Vorgaben der DSM-IV nicht gerecht. So sehe er etwa das C-Kriterium bezüglich eines anhaltenden Vermeidungsverhaltens bereits deshalb als erfüllt an, weil – nur – eines von sieben Unterkriterien (Verminderung des Interesses an wichtigen Aktivitäten) erfüllt sei, tatsächlich müssten aber drei Unterkriterien erfüllt sein. Nachdem auch eine Agoraphobie als Unfallfolge nicht vorliege, müsse mit Prof. Dr. M. von einer ängstlich-depressiven Störung ausgegangen werden, die sowohl den psychogenen Schwindel wie auch das Rückzugsverhalten des Klägers erklären könne. Aber auch diese sei nicht hinreichend wahrscheinlich, sondern nur möglicherweise auf den Unfall zurückzuführen. Dagegen sprächen die späteren belastenden Ereignisse im Leben des Klägers. Bezüglich des Schwindels sei – auch – zu beachten, dass der Kläger wegen einer solchen Symptomatik bereits vor dem Unfall in Behandlung gewesen sei. Selbst wenn, so das SG abschließend, ein Zusammenhang zwischen den psychischen Beeinträchtigungen und dem Arbeitsunfall hinreichend wahrscheinlich wäre, wäre nicht von einer rentenberechtigenden MdE auszugehen.
Gegen dieses Urteil, das seinem Prozessbevollmächtigten am 20.02.2014 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 13.03.2014 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg erhoben.
Er trägt vor, sowohl die Kopfschmerzen als auch die bestehende PTBS seien auf den Unfall zurückzuführen. Ein allgemeiner Erfahrungssatz, dass sich Kopfschmerzen nach einem Schädel-Hirn-Trauma normalerweise zurückbildeten, halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand; es handle sich vielmehr um komplexe Verletzungen, die individuell zu betrachten seien. Der Unfall sei als traumatisches Ereignis im Sinne der Diagnosekriterien zu werten.
Auf Nachfrage des Senats vom 15.05.2014 hat der Kläger behauptet, er nehme täglich bzw. alle zwei Tage 1200 mg Ibuprofen ein. Dr. D. habe ihm vom 02.03.2007 bis zum 12.04.2010 regelmäßig Ibuprofen 600 mg verschrieben. Dr. Q. habe vom 27.11.2010 bis zum 18.04.2014 ebenfalls regelmäßig Ibuprofen-Tabletten verschrieben. In den anderen Zeiträumen, so der Kläger, habe er Ibuprofen während seiner Fernverkehrstouren in Spanien auf eigene Kosten gekauft, dort sei Ibuprofen frei erhältlich. Zu diesem Vortrag hat der Kläger Bescheinigungen von Dr. D. vom 07.07.2014 und von Dr. Q. vom 20.06.2014 vorgelegt. Belege für die Einkäufe in Spanien könne er nicht vorlegen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 6. Februar 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25. Januar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. August 2011 zu verurteilen, dem Kläger auf Grund des Unfalls vom 30. Januar 2007 eine Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und ihre Entscheidungen.
Der Berichterstatter des Senats hat den Kläger persönlich angehört. Dieser hat Angaben über den Ablauf des Unfalls, Gespräche mit Ärzten während der Akutbehandlung, zu den Behandlungen wegen peripheren Schwindels vor dem Unfall, zu den Kopfschmerzen und ihrer Behandlung mit Ibuprofen und zu seiner aktuellen Berufstätigkeit gemacht. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung vom 15.09.2014 verwiesen.
Unter dem 06.01.2015 hat Prof. Dr. M. zu dem Gutachten von Prof. Dr. Dr. N. sowie zu konkreten Nachfragen des Senats vom 23.09.2014 ergänzend Stellung genommen. Sie hat bekundet, die Anamneseerhebung durch Prof. Dr. Dr. N. bzw. Prof. Dr. Schlich reiche nicht aus. Es fehlten Angaben zum Therapieverlauf, zum Tagesverlauf und zur Berufstätigkeit. So gehe jenes Gutachten davon aus, der Kläger sei arbeitsunfähig, zumindest bei der Begutachtung durch sie – Prof. Dr. M. – sei er jedoch vollschichtig als Lkw-Fahrer berufstätig gewesen. Die psychischen Tests, die Prof. Dr. Dr. N. durchgeführt habe, sprächen für eine – nur – diskrete, nicht klinisch relevante depressive Symptomatik und enthielten Hinweise auf eine hysterische Neurose bzw. eine histrionische Persönlichkeit. Es erstaune auch, dass die Sensibilitätsstörung am Gesicht nicht erwähnt werde. Auf die Inkonsistenzen in den Angaben des Klägers – unter anderem wegen der Medikamenteneinnahme ihr, der ersten Gutachterin, gegenüber – gehe Prof. Dr. Dr. N. nicht ein. Auch fehle eine Validierung der Angaben, z.B. durch eine Laboruntersuchung. Falsch sei die Aussage des Wahlgutachters, es gebe keine Leitlinie zur Begutachtung posttraumatischer Belastungsstörungen. Insgesamt könne Prof. Dr. Dr. N.s Gutachten nicht überzeugen. Ferner hat Prof. Dr. M. angegeben, die vom Kläger beschriebenen Albträume, die allgemein vom Tod handelten, ließen nicht die Diagnose einer PTBS stellen. Auch unter Berücksichtigung der konkreten Angaben des Klägers zu Äußerungen von Ärzten nach dem Unfall und seiner Reaktion darauf, sei daran festzuhalten, dass ein Zusammenhang der vorhandenen psychischen Reaktion mit dem Unfall möglich sei, dass es aber unwahrscheinlich sei, dass solche Gespräche mit Ärzten eine schwerere psychische Symptomatik hervorrufen könnten. Im Vordergrund stehe dann die Persönlichkeit des Patienten, die bei dem Kläger vermutungsweise leicht suggestibel und histrionisch sei. Es bleibe darauf hinzuweisen, dass sich die Symptomatik verändert habe. In der G.-H.-Klinik habe eine Symptomatik wie eine PTBS imponiert. Diese scheine aber nachgelassen zu haben, denn der Kläger sei in der Folge nur noch leicht ängstlich depressiv gewesen und habe keine Symptome einer Agoraphobie mehr gezeigt. Für eine Besserung spreche auch, dass der Kläger nach dem 31.03.2008 wieder arbeitsfähig gewesen sei. Danach hätten die psychischen Störungen – in jedem Fall – keine unfallbedingte MdE mehr bedingt. Zu den Kopfschmerzen hat Prof. Dr. M. weitere Angaben gemacht, insbesondere zur Frage, ob sie Folge der Nervenschädigung sein könnten.
Hierzu hat Prof. Dr. Dr. N. auf weiteren Antrag des Klägers hin unter dem 05.08.2015 erwidert. Er hat ausgeführt, er habe die Angaben des Klägers während der Anamnese hinterfragt. Die Arbeitsunfähigkeit habe er festgestellt, es sei gutes Recht des Klägers, trotzdem Lkw zu fahren. In der Tat liege als Unfallfolge eine Schädigung des Trigeminus-Nervs vor. Zu den Ergebnissen der Testungen hat er bekundet, es sei nahezu normal, dass sich persönlichkeitsspezifische Verhaltensweisen beim PTBS äußerten und dieses verstärkten bzw. zum Ausbruch brächten. Ohne ein solches Trauma wäre es aber nicht zu einer Erkrankung bzw. Dekompensation gekommen. Tatsächlich beständen Richtlinien zur Begutachtung der PTBS. Die Diagnose sei auch aus den Angaben des Klägers (die im Einzelnen benannt werden) gestellt worden. Ein Ibuprofen-Spiegel sei nicht erstellt worden, weil man davon ausgegangen sei, dass der verordnende Hausarzt solche Kontrollen durchführe, dies sei allerdings nachzuholen.
Der Senat hat die im Verfahren mehrfach erwähnten Leitlinien "S 3: Posttraumatische Belastungsstörung" (gültig bis 28.02.2016, Reg. Nr. 051/010) und "Sk2: Leitlinie zur Begutachtung psychischer und psychosomatischer Erkrankungen" (gültig bis 31.03.2017, Reg. Nr. 051/029) der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.) beigezogen (http://www.awmf.org/leit¬li¬nien.html).
Die Beklagte hat sich unter dem 24.08.2015, der Kläger mit Schriftsatz vom 17.09.2015 mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
1. Der Senat entscheidet über die Berufung im Einvernehmen mit den Beteiligten nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung.
2. Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 151 Abs. 1 SGG).
3. Sie ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 SGG) auf Verurteilung zur Gewährung einer Verletztenrente dem Grunde nach (§ 130 Abs. 1 Satz 1 SGG) abgewiesen. Die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet. Es besteht kein Anspruch auf eine Verletztenrente aus § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) als Folge des Unfalls vom 30.01.2007. Wie das SG zutreffend entschieden hat, bedingen die Folgen des Unfalls über das Ende der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit (hierzu sogleich unter a)) keine MdE von wenigstens 20 v.H. (b)).
a) Der Anspruch auf Verletztenrente dem Grunde nach entsteht nach der Grundregel in § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, wenn über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus die Erwerbsfähigkeit in einem rentenberechtigenden Umfang gemindert ist. Jedoch folgen hieraus Zahlungsansprüche auf Rente nach § 72 Abs. 1 Nr. 1 SGB erst, wenn der Anspruch auf Verletztengeld endet. Dies soll Doppelzahlungen verhindern. Der Anspruch auf Verletztengeld endet nach § 46 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VII unter anderem mit dem Ende der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit. Dies war hier das Ende der stufenweisen Wiedereingliederung im März 2008. Für die Zeit ab dem 01.04.2008 sind Zeiten der Arbeitsunfähigkeit nicht dokumentiert. Zwischen den Parteien war es auch durchgehend unstreitig, dass der Kläger ab der Wiedereingliederung wieder arbeitsfähig war, der Kläger selbst hat Verletztenrente – erst – am 28.02.2008 beantragt. Dass der Wahlgutachter Prof. Dr. Dr. N. Jahre später von einer durchgehenden oder wieder aufgetretenen Arbeitsunfähigkeit ausgegangen ist, ändert an dieser Einschätzung nichts. Eine Arbeitsunfähigkeit, die für das Verletztengeld und damit mittelbar für den Anspruch auf Verletztenrente rechtlich relevant sein soll, muss ein behandelnder Arzt zeitnah feststellen, eine rückwirkende Feststellung ist grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. § 5 Abs. 3 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesauschusses über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung [AU-RiLi] v. 14.11.2013). Außerdem wäre ein Anspruch des Klägers auf Verletztenrente, träfe Prof. Dr. Dr. N.s Ansicht zu, gar nicht oder erheblich später (z.B. nach § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB VII erst nach 78 Wochen) entstanden.
b) Es kann daher offen bleiben, ob die Erwerbsfähigkeit des Klägers vor dem 01.04.2008 um wenigstens 20 v.H. gemindert war. Jedenfalls nach diesem Zeitpunkt, vor allem also nach dem Ende der stationären Behandlung in der G.-H.-Klinik, lag nur eine – unfallbedingte – MdE von 10 v.H. vor.
aa) Die rechtlichen Voraussetzungen für die Feststellung von Gesundheitsschäden auf Grund eines Unfalls, seien es unmittelbare Schäden (Gesundheitserstschäden), seien es im weiteren Verlauf ggfs. mittelbar entstandene Gesundheitsbeeinträchtigungen, und für die Feststellung eines ausreichenden Ursachenzusammenhangs zwischen dem Unfall und den einzelnen Schäden, hat das SG in dem angegriffenen Urteil zutreffend dargelegt. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat nach § 153 Abs. 2 SGG auf jene Ausführungen. Hervorzuheben ist lediglich, dass die (materielle) Beweislast durchgängig bei dem Versicherten liegt und dass das Vorliegen eines Gesundheitsschadens einschließlich der dabei – gerade auch bei psychischen Erkrankungen – notwendigen ärztlichen Diagnose (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urt. v. 09.05.2006, B 2 U 1/05 R, Juris Rn. 22) im Vollbeweis gesichert sein muss (BSG, Urt. v. 15.05.2012, B 2 U 31/11 R, Juris Rn. 18), während die unfallversicherungsrechtlichen Beweiserleichterungen auf den Ursachenzusammenhang beschränkt bleiben (BSG, Urt. v. 02.04.2009, B 2 U 7/08 R, Juris Rn. 15).
bb) Für die Schädigung des zweiten Astes des Nervus trigeminus ergibt sich eine MdE von höchstens 10 v.H. auf Grund der hierdurch bedingten Gefühlsstörungen. Auch der Senat schließt sich bei dieser Bewertung Prof. Dr. M. in ihrem Gutachten vom 05.04.2012 an. Diese Bewertung entspricht den Erfahrungssätzen für die MdE-Bewertung von Schäden dieses Nervs, die für Schädigungen des Gesichtsnervs (dort Nervus facialis) bei einer einseitigen, wenig störenden Auswirkung (z.B. Gesichtslähmung) eine MdE bis 10 v.H. vorsehen (Schönberger/Mehr-tens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 321). Bei dem Kläger besteht aber als Dauerfolge nur eine Gefühlsstörung. Einschießende Schmerzen im Sinne einer Trigeminusneuralgie sind nicht angegeben. Entsprechend hatte auch Dr. K. in seinem Verwaltungsgutachten eine MdE von 10 v.H. angesetzt. Der Wahlgutachter Prof. Dr. Dr. N. hatte diese Schädigung überhaupt nicht berücksichtigt.
cc) Eine PTBS als Unfallfolge liegt nicht vor.
Für die – unfallversicherungsrechtlich notwendige – spezifische Diagnose einer konkreten psychischen Erkrankung fordert das BSG in ständiger Rechtsprechung die Ermittlung des jeweils aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes. Ausgangsbasis müssen die Fachbücher und Standardwerke insbesondere zur Begutachtung im jeweiligen Bereich sein. Außerdem sind, soweit sie vorliegen und einschlägig sind, die jeweiligen Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) zu berücksichtigen. Hinzu kommen ggfs. andere aktuelle Veröffentlichungen (BSG, Urt. v. 09.05.2006, B 2 U 1/05 R, Juris Rn. 26; grundsätzlich ebenso BSG, Urt. v. 24.07.2012, B 2 U 9/11 R, Juris Rn. 61). Zwar sind alle Veröffentlichungen kritisch zu würdigen, sie sind jedoch, soweit sie die Mehrheit der fachlichen Meinungen in einem Fachgebiet wiedergeben, Ausgangspunkt aller Feststellungen.
Die bereits genannte Leitlinie "Posttraumatische Belastungsstörungen" der AWMF stellt keine eigenen Anforderungen an die Qualität des Traumas auf. Insofern nimmt sie es hin, dass die international gebräuchlichen Klassifikationssysteme bei diesem Punkt (A-Kriterium) etwas unterschiedliche Anforderungen stellen: Während das DSM, auch in der aktuellen fünften in Deutsch erschienenen Ausgabe (DSM-V) eine – konkrete – Todesangst bei dem Betroffenen ausreichen lässt, fordert die ICD-10 ein Ereignis, das bei nahezu jedem Menschen eine solche Furcht ausgelöst hätte. Zu den weiteren Kriterien der PTBS fordert die Leitlinie folgendes "syndromales Störungsbild (S. 3): - sich aufdrängende, belastende Gedanken und Erinnerungen an das Trauma (Intrusionen) oder Erinnerungslücken (Bilder, Alpträume, Flashbacks, partielle Amnesie), - Übererregungssymptome (Schlafstörungen, Schreckhaftigkeit, vermehrte Reizbarkeit, Affektintoleranz, Konzentrationsstörungen), - Vermeidungsverhalten (Vermeidung traumaassoziierter Stimuli) und - emotionale Taubheit (allgemeiner Rückzug, Interesseverlust, innere Teilnahmslosigkeit). Zum zeitlichen Rahmen führt die Leitlinie aus, die Symptomatik könne unmittelbar oder auch mit (z.T. mehrjähriger) Verzögerung nach dem traumatischen Geschehen auftreten (verzögerte PTBS).
Es erscheint bereits zweifelhaft, dass hier das A-Kriterium erfüllt ist. Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass ein tatsächlich geeignetes Trauma nachgewiesen sein muss. Nach Aktenlage hat der Kläger aber nicht unmittelbar während des Sturzes Todesangst entwickelt, sondern – dies hat er noch bei seiner persönlichen Anhörung vor dem Berichterstatter des Senats am 15.09.2014 bestätigt – erst später während der Akutbehandlung im Klinikum C. durch die Äußerungen eines Arztes dort, er – der Kläger – sei "nur knapp dem Tod von der Schippe gesprungen". Zumindest nach der ICD-10 wäre eine solche ärztliche Äußerung kein geeignetes Trauma. Der Senat lässt diesen Punkt jedoch offen und weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass eine solche Äußerung während der Behandlung der Unfallfolgen, wenn sie als Trauma anzuerkennen ist, womöglich nach § 11 Abs. 1 SGB VII der Beklagten zugerechnet werden müsste, sodass eine PTBS, wenn sie sich in Folge dieser Äußerung entwickelt hätte, mittelbar auf den Unfall zurückzuführen sein könnte.
Es fehlt in jedem Fall an den aufdrängenden Erinnerungen an das konkret erlittene Trauma. Der Kläger schildert durchgehend, dass er Ängste und ggfs. körperliche Symptome in der Folgezeit bei Verkehrsunfällen erlebt hat. Insbesondere auf einen Pkw-Unfall in Frankreich, an dem er vorbeigekommen sei und nach dem er nicht habe weiterfahren können, hat er mehrfach hingewiesen. Einen Verkehrsunfall hat er jedoch nicht erlitten, sondern einen Sturz aus großer Höhe. Auch die Äußerungen des behandelnden Arztes in der Klinik sind nicht Inhalt der Erinnerungen und Albträume des Klägers.
Ferner ist das Vermeidungsverhalten des Klägers nicht so, dass von einer PTBS gesprochen werden könnte. Insbesondere war der Kläger ab März 2008 wieder als Lkw-Fahrer berufstätig und dabei auch mit dem Beladen und Entladen befasst, gerät also regelmäßig in Situationen, die dem Trauma entsprechen.
Vor diesem Hintergrund kann bei der Diagnose einer PTBS den Gutachten von Dr. K. und Prof. Dr. Dr. N. nicht gefolgt werden. Wie das SG in dem angegriffenen Urteil zutreffend ausgeführt hat, legen beide Ärzte nicht die von den genannten Klassifikationssystemen bzw. von den Leitlinien der Fachgesellschaften geforderten Maßstäbe an die Diagnose einer PTBS an. Prof. Dr. Dr. N. war anscheinend auch nicht bekannt, dass der Kläger seit März 2008 wieder als Lkw-Fahrer tätig war, also kein starkes Vermeidungsverhalten vorlag. Seine Ausführung zu diesem Punkt in der abschließenden Stellungnahme vom 05.08.2015, das sei das gute Recht des Klägers, ändert nichts daran, dass dieser Umstand ein Contra-Indiz gegen eine PTBS darstellt.
dd) Ebenso wie das SG sieht der Senat vielmehr eine andere psychische Erkrankung als Unfallfolge an, die allerdings inzwischen abgeklungen ist bzw. - im Sinne einer Verschiebung der Wesensgrundlage - auf anderen Umständen beruht und daher keine weitergehende MdE bedingt.
Bereits die AWMF-Leitlinien weisen (Empfehlung Nr. 1) darauf hin, dass die PTBS nur eine von mehreren denkbaren Traumafolgeerkrankungen darstellt. Als weitere mögliche Diagnosen werden dort u.a. die akute Belastungsreaktion (F43.0) und die Anpassungsstörung (F43.2) genannt. Beide Syndrome sind zeitlich beschränkt. Von Dauer kann - neben einer chronifizierten PTBS - nur die Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung (F62.0) sein (zu allem S. 2 der Leitlinie).
Wie Prof. Dr. M. überzeugend herausgearbeitet hat, kommt bei dem Kläger allenfalls eines der vorübergehenden Syndrome in Frage, nachdem er mit der Möglichkeit des Todes konfrontiert war. Sie diagnostiziert insoweit eine vorübergehende ängstlich-depressive Störung bzw. Dysthymie (F34.0). Dass diese Störung - die sie inzwischen als Angst und Depression gemischt diagnostiziert - fortbesteht (wobei sie wegen der Möglichkeit von Aggravation und Simulation [S. 22 Gutachten] nur eine Verdachtsdiagnose stellt [S. 14 Gutachten]) führt sie allerdings auf andere Ursachen zurück, nämlich auf weitere Belastungen, denen der Kläger nach dem Unfall ausgesetzt war (Krebserkrankung der Ehefrau, Tod der Eltern) sowie seine vorbestehende Persönlichkeitsstruktur. Dies ist überzeugend. Ein solcher Ablauf könnte unter anderem erklären, warum sich die Symptomatik nach der Behandlung in der G.-H.-Klinik gebessert hatte und der Kläger danach ab März 2008 im Rahmen einer Wiedereingliederung wieder in seinen alten Beruf zurückkehren konnte und erst später erneute Verschlimmerungen auftraten. Auch dass der Kläger bereits vor dem Unfall an peripheren Schwindelanfällen litt, lässt sich so erfassen.
Auch in diesem Bereich kann den Ausführungen Prof. Dr. Dr. N.s nicht gefolgt werden. Dieser hat in seinem Gutachten überhaupt keine Ausführungen zu möglichen Ursachen der von ihm als PTBS eingestuften Symptomatik gemacht. Das Gleiche gilt letztlich für seine Stellungnahme vom 05.08.2015; dort hat er zwar ausgeführt, er habe die weiteren Lebensereignisse "mit aufgenommen", dies besage jedoch nicht, dass keine PTBS vorliege. Damit verändert er in unzulässiger Weise den Beweismaßstab.
ee) Die Kopfschmerzproblematik sieht auch der Senat nicht als dauernde Folge des Unfalls an.
Es ist bereits nicht erwiesen, dass tatsächlich Kopfschmerzen in dem vom Kläger beschriebenen Umfang vorliegen. Schmerzen sind naturgegeben schwerer zu beweisen als andere Symptome (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 216 ff.). Umso mehr kommt es hier auf die Würdigung der relevanten Indizien an. Hierzu gehören zum einen die Angaben des Betroffenen über den Schmerz. Der Kläger schildert inneren Kopfschmerz. Daher kann die Nervenschädigung im Gesicht nicht als Indiz für das Bestehen dieses Schmerzes herangezogen werden. Prof. Dr. M. hat in ihrer Stellungnahme vom 06.01.2015 überzeugend dargelegt, dass eine Nervenschädigung wie beim Kläger vorhanden andere Schmerzen verursachen würde als den geklagten Kopfschmerz. Als weiteres Indiz für ein wirkliches Schmerzsyndrom kann die Einnahme stärkerer Schmerzmittel, insbesondere opioider Mittel oder dgl. darstellen. Das Verhalten und die Äußerungen des Klägers begründen jedoch merkliche Zweifel an der Existenz des geklagten Schmerzsyndroms. Seine Behauptung, er nehme täglich oder nahezu täglich 1200 mg Ibuprofen ein, hatte Prof. Dr. M. nach einer Laboruntersuchung und einem dort erhobenen Medikamentenspiegel angezweifelt, weil keine Spuren dieses Schmerzmittels zu finden waren. Diese Zweifel konnte der Kläger in der Berufungsinstanz nicht ausräumen. Die Bescheinigungen von Dr. D. und Dr. Q., die er vorgelegt hat, belegen Verordnungen von Ibuprofen 600 in der Zeit von März 2007 bis zuletzt April 2014. Nicht ansatzweise haben diese Ärzte jedoch dieses Medikament in einer Menge verordnet, die den angegebenen Konsum belegen könnte. Dr. D. hatte zum Teil nur kleine Packungen (N1, N2) verordnet und auch dies mit z.T. mehrmonatigen Lücken. Dr. Q. hat in der Zeit vom 27.11.2010 bis zu seiner Bescheinigung vom 20.06.2014 (etwa 1350 Tage) insgesamt 700 Tabletten verordnet, zuletzt 100 am 18.04.2014. Hiernach hätte der Kläger eine Tablette alle zwei Tage nehmen können, nicht aber zwei pro Tag oder alle zwei Tage, wie er behauptet. Seine Behauptung, er habe die weiteren Tabletten rezeptfrei in Spanien gekauft, überzeugt den Senat nicht. Belege hierfür konnte er nicht vorlegen.
Selbst wenn der angegebene Kopfschmerz bestände, so wäre nicht mit der notwendigen hinreichenden Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückzuführen. In Übereinstimmung mit Prof. Dr. E. hat Prof. Dr. M. darauf hingewiesen, dass Kopfschmerzen als Folge eines Schädel-Hirn-Traumas, wie es der Kläger erlitten hat, typischerweise nach Monaten abklingen und keinesfalls an Intensität zunehmen. Hiergegen kann der Kläger nicht einwenden, es müsse auf seinen individuellen Fall abgestellt werden. Wie ausgeführt, kann und muss der Beweis eines Schmerzsyndroms auf solche objektiven Indizien gestützt werden. Hinzu kommt, dass hier mit einem möglichen Analgetikamissbrauch eine Alternativursache auf der Hand läge, die auch erklären würde, warum der Schmerz nach den Angaben des Klägers zunimmt.
ff) Weitere Unfallfolgen sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.
4. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
5. Gründe für eine Zulassun5g der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Verletztenrente aufgrund eines Arbeitsunfalls vom 30.01.2007.
Der Kläger ist im Jahre 1954 geboren. Im Jahre 2007 war er als Kraftfahrer im Inland abhängig beschäftigt und in dieser Eigenschaft bei einer der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagte) gesetzlich unfallversichert.
Am 30.01.2007 rutschte der Kläger beim Beladen eines Autotransporters in einem Automobilwerk in A. aus und fiel von dem Lkw drei bis vier Meter hinunter auf die rechte Schulter und die rechte Kopfseite. Die entsprechende Unfallanzeige erstattete sein Arbeitgeber am 28.02.2007.
Die Durchgangsärztin und Unfallchirurgin Dr. B. teilte mit Bericht vom Unfalltag mit, der Kläger habe angegeben, nach dem Sturz nicht bewusstlos gewesen zu sein, aber leichte Erinnerungsstörungen bezüglich Details des Vorfalls zu haben. Sie habe u.a. Kopfschmerzen und Sensibilitätsstörungen der rechten Gesichtshälfte festgestellt. Als Diagnosen stellte sie eine oberflächliche Schädelprellung frontal, eine Commotio cerebri, eine Kieferhöhlenfraktur, eine Orbitafraktur ("Augenhöhlenbruch") und einen Jochbeinbruch. Der Kläger wurde in das Gesichts-Kiefer-Mundchirurgie-Klinikum des Städtischen Klinikums C. überstellt, wo die Frakturen operativ versorgt wurden.
In der Folgezeit gingen bei der Beklagten Berichte über die Behandlung der Frakturen im Gesichtsbereich und die Verletzungen der Augen ein.
Der Neurologe und Psychiater Dr. D. teilte unter dem 05.03.2007 mit, dass der Kläger seit dem Unfall über Kopfschmerzen und Schwindelgefühle beim Bücken und Aufrichten sowie ständigen Druck im Kopf berichte. Psychisch sei der Kläger unauffällig. Es beständen ein postkommotionelles Syndrom, das noch längerer Erholungszeit bedürfe, und eine HWS-Distorsion Grad I. Er habe den Kläger daher weiter arbeitsunfähig geschrieben. Mit Bericht vom 21.05.2007 erklärte Dr. D. weiter, dass eine Besserung seit dem Unfall sehr langsam eintrete. Nach Schätzung des Klägers hätten sich Kopfschmerzen und Schwindel bis heute um ca. 50 % gebessert. Neurologisch falle im Rombergtest eine Falltendenz auf bei ansonsten unauffälligem Befund. Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit sei also nicht exakt festzulegen.
Unter dem 19.06.2007 berichtete Dr. D. über weitere Verlaufskontrollen beim Kläger. Dieser habe angegeben, dass die Schwindelanfälle nachgelassen hätten, jedoch immer noch aufträten. Gegen die immer noch auftretenden Kopfschmerzen hülfen zwei Tabletten Ibuprofen 600. Es sei nunmehr erstmals deutlich eine psychische Problematik hervorgetreten, die die persistierenden Schwindelbeschwerden und die Kopfschmerzen erklären könne. Diagnostisch handele es sich um eine Agoraphobie und eine mittelgradige depressive Störung, einhergehend mit Schlafstörungen. Mit Schreiben vom 12.07.2007 führte Dr. D. konkretisierend aus, dass der Kläger seit dem Unfall im Januar 2007 unter einer psychischen Erkrankung leide, der Unfall sei quasi eine auslösende Situation für diese agoraphobische Entwicklung gewesen.
Die Beklagte ließ den Kläger dazu durch den Neurologen und Psychiater Prof. Dr. E. untersuchen. Dieser teilte in dem Befundbericht vom 10.07.2007 nebst psychologischem Zusatzbericht von Dipl.-Psychologin F. vom 27.06.2007 mit, der neurologische Befund des Klägers sei weitgehend unauffällig. Auch der Romberg‘sche Stehversuch sei sicher durchführbar. Der geklagte Schwindel sei in der Untersuchungssituation durch Vorneüberbeugen und rasche Lagewechsel auslösbar. Der Kopfschüttelversuch sei negativ, dabei werde ein Druck im Kopf geklagt. Die Augäpfel seien frei beweglich, es träten keine Doppelbilder und kein Augenzittern auf. Im Versorgungsgebiet des zweiten Astes des Nervus trigeminus rechts werde ein Taubheitsgefühl angegeben, sonst seitengleiche Gefühlswahrnehmungen in den vom Trigeminus innervierten Hautarealen. Prof. Dr. E. führte zu den geklagten Kopfschmerzen und zu der vom Kläger behaupteten Einnahme von 1.200 mg Ibuprofen am Tag aus, er habe dem Kläger eine Verringerung des Schmerzmittelkonsums angeraten. Aus dem Verhalten des Klägers auch nach der Begutachtung - das der Gutachter im Einzelnen wiedergab - ergäben sich Hinweise für eine neurotische Persönlichkeitsstruktur mit querulatorischen Anteilen. Diagnostisch, so Prof. Dr. E. abschließend, sei der psychiatrische Befund abgesehen von der genannten Persönlichkeitsstruktur vollständig regelgerecht, insbesondere hätten sich keine Hinweise für eine depressive Störung oder eine Angststörung ergeben. Auf neurologisch¬-psychiatrischem Fachgebiet beständen an Unfallfolgen Narbenkopfschmerzen, eine folgenlos ausgeheilte Gehirnerschütterung und eine Teilschädigung des zweiten Astes des Nervus trigeminus rechts. Unfallunabhängig sei ein durch Kreislauffehlregulation bedingter orthostatischer Schwindel. Es bestehe Arbeitsfähigkeit und Fahrertauglichkeit beruflich wie privat.
Mit Bescheid vom 14.08.2007 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen über den 10.08.2007 hinaus ab. Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Folgen des Unfalles sei lediglich bis zum 25.06.2007 anzunehmen.
Im Widerspruchsverfahren gegen diesen – hier nicht streitgegenständlichen – Bescheid holte die Beklagte ein Vorerkrankungsverzeichnis von der Krankenkasse des Klägers, der AOK Baden-Württemberg, ein. Darin ist unter anderem verzeichnet, dass der Kläger 1994, 1996 und zuletzt am 22.09.2003 wegen eines peripheren Schwindels in ärztlicher Behandlung gewesen sei. Behandelnde Ärzte des Klägers berichteten über den weiteren Verlauf. Dr. D. teilte mehrfach, darunter unter dem 10.09.2007, mit, der Kläger sei weiterhin arbeitsunfähig bei orthostatischem Schwindel und hochdosierter Schmerzmitteleinnahme. Er schildere deutliche Anzeichen einer Agoraphobie. Die dabei möglichen Momente einer Panik, die Todesängsten gleichkomme, seien ausgesprochen unfallgefährlich. Es habe vor dem Unfall schon eine leichte phobische Neigung (Ängste in engen Räumen, sogenannte Klaustrophobie) bestanden. Durch den angeschuldigten Unfall sowie einen Unfall eines Kollegen kurz zuvor, den der Kläger miterlebt habe, sei die der Klaustrophobie eng verwandte Agoraphobie ausgelöst worden. Die reaktive depressive Verstimmung und die Schlafstörungen seien häufige Begleitsymptome einer solchen Angsterkrankung. Die mittlerweile eingetretenen nächtlichen "Flashbacks" vom Unfall könnten Zeichen einer beginnenden posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) sein. Diese Ängste träten nur in der realen Situation auf und seien durch Testungen nicht zu überprüfen.
Zum Vorbringen Dr. D.s nahm Prof. Dr. E. unter dem 30.11.2007 Stellung. Er meinte, es ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte. Eine Angststörung liege unter Berücksichtigung der üblichen diagnostischen Standards jetzt nicht vor, darüber hinaus seien Angstsymptome als vorbestehend beschrieben und daher unfallunabhängig. Die geschilderten Schwindelanfälle entsprächen auch nicht im weitesten Sinne einer Angststörung, wie aus dem Beschwerdevortrag zwanglos hervorgehe. Selbst wenn der Diagnose eine Agoraphobie gefolgt würde, handele es sich um eine nach medizinischem Kenntnistand unfallunabhängige Gesundheitsstörung, die darüber hinaus im Gewand einer anderen spezifischen Angststörung vorbeschrieben sei.
Mit Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigten vom 28.02.2008 beantragte der Kläger über den laufenden Widerspruch hinaus die - hier streitgegenständliche - Gewährung einer Verletztenrente.
Nach einem Bericht der G.-H.-Klinik vom 03.04.2008, wo der Kläger vom 20.11.2007 bis zum 19.02.2008 in stationärer Behandlung gewesen war, beständen eine PTBS, ein chronisches Kopfschmerzsyndrom nach Schädelprellung und Commotio cerebri im Januar 2007, eine Insertionstendopathie (entzündliche Reizung) der Schulter rechts und ein degeneratives Lendenwirbelsäulensyndrom. Wegen der depressiven Symptomatik, verbunden mit Durchschlafstörungen, sei der Kläger auf Mirtazapin eingestellt worden, was zu einer deutlichen Besserung der Stimmungslage und Schlafqualität geführt habe. Die posttraumatische Symptomatik habe deutlich nachgelassen. Der vermutlich posttraumatische Kopfschmerz habe sich jedoch nur teilweise gebessert und auch bei Entlassung bestanden. Der Kläger wurde arbeitsunfähig bis Ende Februar 2008 entlassen. Im März 2008 wurde eine stufenweise Wiedereingliederung durchgeführt, bei der das Verletztengeld fortgezahlt wurde. Seit April 2008 ist der Kläger wieder vollschichtig auf seiner alten Stelle als Lkw-Fahrer tätig.
Auf Wunsch des Klägers erstattete unter dem 09.08.2010 der Facharzt für Neurologie Dr. K. ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten. Dieser Gutachter stellte unter anderem fest, der Kläger sei stimmungsmäßig leicht depressiv, die affektive Schwingungsfähigkeit sei erhalten. Anamnestisch finde sich kein Hinweis auf ein Antriebsdefizit. Der Kläger nehme morgens eine Tablette Sulpirid, abends 30 mg Mirtazapin und jeden zweiten Tag bei starken Kopfschmerzen 1200 mg Ibuprofen ein. Er gebe an, dass er aktuell weiterhin unter Durchschlafstörungen leide und fast jede Nacht Albträume habe, wobei er auch vom Sturz träume. Es falle ihm schwer, über den Unfall zu reden. Bei der Behandlung im Krankenhaus habe ihn sehr erschreckt, dass ein Arzt gesagt habe, dass er hätte tot oder querschnittsgelähmt sein können. Diese Äußerungen verfolgten ihn heute noch. Vor drei Monaten sei er auf einer Fahrt mit dem Lkw in Frankreich an eine Unfallstelle gekommen und habe geholfen, den Verletzten aus dem Pkw zu bergen. Plötzlich sei er blockiert gewesen, habe daraufhin eine Tablette Sulpirid eingenommen. Er habe nicht mehr weiterfahren können und habe abgeholt werden müssen. Beim Kläger liege ohne Zweifel eine PTBS als wesentliche Unfallfolge vor. Erfüllt seien die – im Einzelnen dargestellten – Kriterien A bis F des DSM IV ("Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders" der American Psychiatric Association [APA], 4. Aufl. Deutsch 1996). Ab Ende der beruflichen Wiedereingliederung bewertete Dr. K. die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) für die PTBS mit 20 v.H. Darüber hinaus bestehe als Unfallfolge eine Schädigung des rechtsseitigen Trigeminusnerven, zu bewerten mit einer MdE von weniger als 10 v.H. Außerdem sei ein posttraumatischer Kopfschmerz als Unfallfolge zu berücksichtigen, zu bewerten mit einer MdE von 10 v.H. Insgesamt sei die MdE auf neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet ab dem 31.03.2008 mit 25 v.H. zu bewerten.
Zu diesem Gutachten nahm der Neurologe und Psychiater Dr. L. als Beratungsarzt für die Beklagte am 29.09.2010 dergestalt Stellung, dass der Kläger das Ereignis amnesiert habe und eine längere Erinnerungslücke angebe. Wenn jetzt seitens des Gutachters näher ausgeführt werde, dass der Kläger über Verkehrsunfallsituationen panisch reagiere, so sei zunächst einmal festzuhalten, dass dies mit dem eigentlichen Ereignis, das ihn betroffen habe, gar nichts zu tun habe. Er habe keinen Verkehrsunfall erlitten, sondern eine Absturzverletzung bei Beladetätigkeiten. Es sei zwar im Gutachten ausgeführt, welche Kriterien nach dem DSM IV erfüllt seien, aber es handele sich hier um weitgehend unspezifische Störungen, die auch durch andere Beeinträchtigungen zu erklären seien. Als Diagnose sei eine vorübergehende phobische Anpassungsstörung mit Angstattacken und phobischem Schwindel zu stellen. Als mögliche Ursache hierfür könne eine Bemerkung des behandelnden Arztes nach dem Unfall, es hätte schlimm ausgehen können, diskutiert werden.
Mit Bescheid vom 25.01.2011 half die Beklagte dem Widerspruch des Klägers ab, indem sie den Bescheid vom 14.08.2007 zurücknahm und nunmehr unfallbedingte Leistungen über den 10.08.2007 hinaus bis zum 19.02.2008 bewilligte sowie die Dauer der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit über den 25.06.2007 bis zum 31.03.2008 anerkannte. In demselben Bescheid lehnte die Beklagte ferner die Gewährung einer Rente ab. Als Folge des Unfalls habe eine vorübergehende depressive Anpassungsstörung mit Angstattacken vorgelegen, die nach der Behandlung in der G.-H.-Klinik am 19.02.2008 als abgeheilt anzusehen sei. Eine rentenberechtigende MdE sei nicht verblieben.
Gegen diese Entscheidung legte der Kläger mit Schreiben vom 28.02.2011 Widerspruch ein. Das Gutachten des Dr. K. habe eine MdE um 20 v.H. festgestellt. Daher sei seinem Rentenantrag in vollem Umfang stattzugeben.
Nach Einholung einer ergänzenden beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. L. vom 18.05.2011 wies die Beklagte den Widerspruch unter dem 12.08.2011 zurück. Sie führte aus, die Schwindelproblematik, die der Kläger schildere, habe nicht objektiviert werden können. Auf neuropsychiatrischem Fachgebiet bestehe wegen der Nervenschädigung eine dauernde MdE von 10 v.H. Die - weiteren - vorgetragenen psychischen Beeinträchtigungen seien nicht rechtlich wesentlich auf den Unfall zurückzuführen.
Am 19.09.2011 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Er hat vorgetragen, es beständen unfallbedingte Angstattacken, die keineswegs abgeheilt seien. Die Unfallfolgen bedingten nach dem Gutachten von Dr. K. insgesamt eine MdE von 25 v.H.
Von Amts wegen hat das SG das nervenärztliche Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Prof. Dr. M. vom 05.04.2012 erhoben. Diese Sachverständige hat bekundet, bei dem Kläger lägen ein Verdacht auf Dauerkopfschmerzen, am wahrscheinlichsten analgetikainduziert, und ein Verdacht auf Angst und Depression gemischt (F41.2 nach der ICD-10) vor. Der neurologische Befund sei weitgehend unauffällig, zwar habe der Kläger ein vermindertes Berührungsempfinden der ganzen rechten Gesichtsseite und einen Druckschmerz am Austrittspunkt des 2. Trigeminusastes angegeben, jedoch seien die Korneal-Reflexe seitengleich auslösbar, was gegen eine schwerere Schädigung des 1. Trigeminusastes spreche, außerdem habe der Kläger im Laufe der Jahre eine Befundausdehnung beschrieben. Auf psychiatrischer Ebene sei ein etwas weitschweifiger formaler Denkablauf zu verzeichnen. Die Angaben des Klägers in den Selbstauskunftsbögen seien – nur – teilweise mit den anamnestischen Angaben und Untersuchungsbefunden vereinbar. Schwere Defizite seien nicht festzustellen gewesen. Die – von der Sachverständigen durchgeführte – Medikamentenspiegel-Bestimmung habe weder die Einnahme von Mirtazapin noch von Ibuprofen ergeben, obwohl der Kläger Einnahmen kurz vor der Untersuchung bekundet habe. Vor diesem Hintergrund hat die Sachverständige auf diagnostischer Ebene ausgeführt, die Merkmale einer PTBS lägen nicht vor. Zum Ursachenzusammenhang hat die Sachverständige bekundet, auf dem Unfall beruhe – nur – die Schädigung des 2. Trigeminusastes mit der anfangs beschriebenen Sensibilitätsstörung, jedoch müsse die später bekundete Ausweitung der Beeinträchtigungen andere Ursachen haben. Die alsbald nach dem Unfall entwickelte psychische Symptomatik sei ausreichend wahrscheinlich auf den Unfall als wesentlicher Ursache zurückzuführen, weil der Kläger mit der Möglichkeit des eigenen Todes und der eigenen Verletzlichkeit konfrontiert gewesen sei. In der Zwischenzeit seien aber, z.B. mit einer Krebserkrankung der Ehefrau und dem Tod beider Eltern, andere belastende Ereignisse hinzugetreten; daher bestehe für einen Zusammenhang der aktuell geklagten Symptomatik mit dem Unfall nur noch eine Möglichkeit, aber keine ausreichende Wahrscheinlichkeit mehr. Die vom Kläger geklagten Kopfschmerzen seien nicht mehr unfallbedingt, sondern beruhten inzwischen wahrscheinlich auf dem Medikamentengebrauch. Kopfschmerzen nach Schädel-Hirn-Trauma hielten normalerweise nicht dauerhaft an und nähmen insbesondere nicht später in ihrem Ausmaß zu. Als Unfallfolgen seien demnach, so Prof. Dr. M., eine inkomplette Schädigung des 2. Trigeminusastes rechts mit Sensibilitätsstörung nach Jochbein- und Orbitafraktur, eine vorübergehende ängstlich-depressive Störung und vorübergehende posttraumatische Kopfschmerzen anzusehen. Die MdE für die Trigeminusschädigung sei mit 10 v.H. auf Dauer zu bewerten. Die MdE für die vorübergehende ängstlich-depressive Störung habe bis zum Ende der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit am 31.03.2008 bei 20 v.H. gelegen und betrage seitdem unter 10 v.H. Die Kopfschmerzsymptomatik habe bis März 2008 eine MdE von 10 v.H. bedingt, danach sei sie nicht mehr auf den Unfall zurückzuführen. Insgesamt sei die MdE mit 20 v.H. bis März 2008 und mit 10 v.H. seitdem zu veranschlagen.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat das SG sodann ein weiteres – psychiatrisch-psychosomatisches – Gutachten bei dem Ärztlichen Direktor der Median-Kliniken in Bad Dürrheim, Prof. Dr. Dr. N., erhoben. Dieser Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 21.12.2012 ausgeführt, bei dem Kläger bestehe ein "basales psychosomatisches Belastungssyndrom (PTBS)" infolge eines unverschuldeten Arbeitsunfalls (F43.1). Zur Abweichung in dieser Diagnose gegenüber dem Vorgutachten von Prof. Dr. M. hat Prof. Dr. Dr. N. ausgeführt, für die Begutachtung einer PTBS beständen bislang keine ausreichend gesicherten evidenzbasierten Leitlinien. Als anerkannte Lehrmeinung seien die Kriterien von G. O. und P. Riedesser ("Lehrbuch der Psychotraumatologie, UTB-Verlag 2003) anzulegen, diese seien – vom Sachverständigen im Einzelnen dargelegt – in der Person des Klägers erfüllt. Bei dem Kläger sei das erlittene Trauma quasi im Körper steckengeblieben. Als Kernsymptom sei eine Intrusion zu sehen, immer wieder werde der Kläger von sich aufdrängenden, beharrenden Erinnerungen an den Unfall erinnert. Auch die vereinzelt diagnostizierte pathologisch-psychologische Persönlichkeitsstruktur sei – G. O. folgend – eher als Ausdruck eines traumatischen Prozesses zu werten. Die MdE für die unfallbedingte PTBS, so Prof. Dr. Dr. N. abschließend, sei wegen der Breite der Symptomatik auf 40 v.H. zu schätzen. Bis heute liege Arbeitsunfähigkeit für eine Tätigkeit als Berufskraftfahrer vor.
Gegen die Feststellungen und Schlussfolgerungen des Wahlgutachters hat die Beklagte eingewandt, es beständen sehr wohl anerkannte evidenzbasierte Leitlinien zur Diagnose einer PTBS, nämlich die AWMF-Leitlinie zur Begutachtung psychischer und psychosomatischer Erkrankungen (AWMF Nr. 051/029). Dort werde im Einklang mit der herrschenden Lehrmeinung ausgeführt, dass die Symptome einer PTBS alsbald nach dem Trauma, jedenfalls nicht später als sechs Monate danach, aufträten. Dies sei bei dem Kläger nicht der Fall gewesen. Unabhängig hiervon sei die MdE-Einschätzung des Gutachtens unzutreffend und widerspreche dem wissenschaftlichen Konsens (bzw. den dort anerkannten Erfahrungswerten).
Zu diesen Einwänden hat Prof. Dr. Dr. N. unter dem 07.03.2013 ergänzend Stellung genommen. Er hat ausgeführt, er habe deswegen nicht auf die von der Beklagten genannte Leitlinie abgestellt, weil sich die Medizin als reine Erfahrungswissenschaft fern jeder rechtsnormbedingten Beeinflussung begreife und die aus vielen Einzelbeobachtungen gewonnenen medizinischen Erfahrungssätze insgesamt den objektiven Bestand des medizinischen Wissens bildeten. Nach einer Veröffentlichung von Prof. K. P., Psychiatrische Klinik der Universität Tübingen ("Die Begutachtung der PTBS"), auf die er – Prof. Dr. Dr. N. – sich gestützt habe, gebe es Formen einer verzögert auftretenden PTBS ohne initiale Symptome zwar selten, aber in ungefähr 15 % der Fälle.
Auch gegen diese Ausführungen hat die Beklagte Einwendungen erhoben. Unter dem 14.03.2013 hat sie unter anderem ausgeführt, Prof. Dr. Dr. N. habe zu wenige Testverfahren zur Validierung der vom Kläger geklagten Beschwerden eingesetzt. Das Bundessozialgericht (BSG) habe schon 2006 (Urt. v. 09.05.2006, B 2 U 1/05 R) entschieden, dass die AWMF-Richtlinien zu beachten seien. Zur MdE hat die Beklagte eingewandt, der – auch von Prof. Dr. Dr. N. zitierte – Prof. K. P. von der Universität Tübingen habe zu den MdE-Rahmenwerten, die er vorschlage, konkrete Funktionsbeeinträchtigungen beschrieben ("Vorschläge zur MdE-Einschätzung bei psychoreaktiven Störungen in der gesetzlichen Unfallversicherung", MedSach 2007, S. 52 ff.), die zu beachten seien.
In seiner abschließenden Stellungnahme vom 27.05.2013 hat Prof. Dr. Dr. N. an seiner Einschätzung festgehalten.
Mit Urteil auf Grund mündlicher Verhandlung vom 06.02.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Sie sei unbegründet. Ein Anspruch auf Verletztenrente bestehe nicht. Die über das Ende der Arbeitsunfähigkeit hinaus verbliebenen Folgen des Unfalls vom 30.01.2007 bedingten keine – rentenberechtigende – MdE von wenigstens 20 v.H. Als dauernde Folge bestehe – nur – die Schädigung des zweiten Astes des Nervus trigeminus rechts mit daraus folgenden Gefühlsstörungen. Diese bedinge eine MdE von höchstens 10 v.H., nachdem Prof. Dr. M. genau 10 v.H. und Dr. K. im Verwaltungsverfahren weniger als 10 v.H. vorgeschlagen hätten und Prof. Dr. Dr. N. diese Funktionsbeeinträchtigung überhaupt nicht berücksichtigt habe. Darüber hinaus beständen keine Unfallfolgen mehr. Die vom Kläger angegebenen Kopfschmerzen seien nicht mehr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit unfallbedingt, nachdem nach den überzeugenden Ausführungen Prof. Dr. M.s solche Kopfschmerzen üblicherweise nach einigen Monaten abklängen und angesichts der hohen eingenommenen Dosis an Ibuprofen von 1200 mg täglich und damit deutlich mehr als der empfohlenen Höchstdosis von 800 mg inzwischen eine Analgetikainduzierung – als Alternativursache – hinzugekommen sei. Dies lasse sich zwar nicht verifizieren, nachdem bei der Laboruntersuchung keine Hinweise auf die Einnahme von Ibuprofen hätten gefunden werden können; wenn jedoch der Kläger die behaupteten Schmerzmittel gar nicht einnehme, spreche dies dagegen, dass überhaupt Kopfschmerzen vorlägen. Auf psychiatrisch-psychologischem Fachgebiet, so das SG weiterhin, lägen ebenfalls keine Beeinträchtigungen vor, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückzuführen seien. Eine PTBS sei nicht schlüssig nachgewiesen. Zwar könne der Verlauf der Erkrankung durch aus mit einer PTBS erklärt werden. Allerdings seien, wie Prof. Dr. M. überzeugend dargelegt habe, die Diagnosekriterien der ICD-10 und des GSM-IV nicht erfüllt. Es sei – schon – fraglich, ob der Unfall ein dramatisches Ereignis gewesen sei, das lebensbedrohend gewesen sei bzw. ein katastrophales Ausmaß angenommen habe. Vor allem habe der Kläger nicht intensive Furcht, Gefühle von Hilflosigkeit oder Entsetzen als unmittelbare Reaktion beschrieben. Im Gegenteil nenne er als Auslöser seiner psychischen Beschwerden die Bemerkung eines behandelnden Arztes im Krankenhaus, er – der Kläger – habe Glück gehabt und sei dem Tod von der Schippe gesprungen. Wie Prof. Dr. M. klarstelle, passe die Schilderung des Klägers eher zu einer unspezifischen neurotischen Reaktion auf die Erkenntnis, dass sein Leben bedroht gewesen sei. Die jetzt noch geklagte Symptomatik sei damit ebenfalls besser vereinbar, wobei in der Zwischenzeit auch andere belastende Ereignisse hinzugekommen seien. Vor diesem Hintergrund, so das SG weiter, lasse sich eine PTBS – auch – nicht unter Berücksichtigung der Gutachten von Dr. K. und Prof. Dr. Dr. N. feststellen. Beide berücksichtigten nicht, dass ein nicht nur taugliches, sondern tatsächlich kausales Trauma nicht erwiesen sei und ließen die Darstellungen des Klägers zu der genannten Ansprache durch Ärzte nach dem Unfall – das nicht dem Unfall zurechenbar sei, sondern ein unabhängiges Dazwischentreten Dritter darstelle – außer Acht. Ihre Diagnosestellung entspreche auch nicht den Kriterien der ICD-10 oder des DSM-IV. Prof. Dr. Dr. N. lasse diese Kriterien fast gänzlich außen vor und verneine sogar das Bestehen relevanter Richtlinien für die Begutachtung, insbesondere der einschlägigen AWMF-Leitlinie. Dr. K. habe sich zwar an die Kriterien des DSM-IV angelehnt, fasse sie aber so allgemein, dass damit verschiedenste psychische Belastungsreaktionen erklärt werden könnten, was bei einem so schweren Störungsbild wie der PTBS unzulässig sei. Entsprechend werde er auch den Vorgaben der DSM-IV nicht gerecht. So sehe er etwa das C-Kriterium bezüglich eines anhaltenden Vermeidungsverhaltens bereits deshalb als erfüllt an, weil – nur – eines von sieben Unterkriterien (Verminderung des Interesses an wichtigen Aktivitäten) erfüllt sei, tatsächlich müssten aber drei Unterkriterien erfüllt sein. Nachdem auch eine Agoraphobie als Unfallfolge nicht vorliege, müsse mit Prof. Dr. M. von einer ängstlich-depressiven Störung ausgegangen werden, die sowohl den psychogenen Schwindel wie auch das Rückzugsverhalten des Klägers erklären könne. Aber auch diese sei nicht hinreichend wahrscheinlich, sondern nur möglicherweise auf den Unfall zurückzuführen. Dagegen sprächen die späteren belastenden Ereignisse im Leben des Klägers. Bezüglich des Schwindels sei – auch – zu beachten, dass der Kläger wegen einer solchen Symptomatik bereits vor dem Unfall in Behandlung gewesen sei. Selbst wenn, so das SG abschließend, ein Zusammenhang zwischen den psychischen Beeinträchtigungen und dem Arbeitsunfall hinreichend wahrscheinlich wäre, wäre nicht von einer rentenberechtigenden MdE auszugehen.
Gegen dieses Urteil, das seinem Prozessbevollmächtigten am 20.02.2014 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 13.03.2014 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg erhoben.
Er trägt vor, sowohl die Kopfschmerzen als auch die bestehende PTBS seien auf den Unfall zurückzuführen. Ein allgemeiner Erfahrungssatz, dass sich Kopfschmerzen nach einem Schädel-Hirn-Trauma normalerweise zurückbildeten, halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand; es handle sich vielmehr um komplexe Verletzungen, die individuell zu betrachten seien. Der Unfall sei als traumatisches Ereignis im Sinne der Diagnosekriterien zu werten.
Auf Nachfrage des Senats vom 15.05.2014 hat der Kläger behauptet, er nehme täglich bzw. alle zwei Tage 1200 mg Ibuprofen ein. Dr. D. habe ihm vom 02.03.2007 bis zum 12.04.2010 regelmäßig Ibuprofen 600 mg verschrieben. Dr. Q. habe vom 27.11.2010 bis zum 18.04.2014 ebenfalls regelmäßig Ibuprofen-Tabletten verschrieben. In den anderen Zeiträumen, so der Kläger, habe er Ibuprofen während seiner Fernverkehrstouren in Spanien auf eigene Kosten gekauft, dort sei Ibuprofen frei erhältlich. Zu diesem Vortrag hat der Kläger Bescheinigungen von Dr. D. vom 07.07.2014 und von Dr. Q. vom 20.06.2014 vorgelegt. Belege für die Einkäufe in Spanien könne er nicht vorlegen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 6. Februar 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25. Januar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. August 2011 zu verurteilen, dem Kläger auf Grund des Unfalls vom 30. Januar 2007 eine Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und ihre Entscheidungen.
Der Berichterstatter des Senats hat den Kläger persönlich angehört. Dieser hat Angaben über den Ablauf des Unfalls, Gespräche mit Ärzten während der Akutbehandlung, zu den Behandlungen wegen peripheren Schwindels vor dem Unfall, zu den Kopfschmerzen und ihrer Behandlung mit Ibuprofen und zu seiner aktuellen Berufstätigkeit gemacht. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung vom 15.09.2014 verwiesen.
Unter dem 06.01.2015 hat Prof. Dr. M. zu dem Gutachten von Prof. Dr. Dr. N. sowie zu konkreten Nachfragen des Senats vom 23.09.2014 ergänzend Stellung genommen. Sie hat bekundet, die Anamneseerhebung durch Prof. Dr. Dr. N. bzw. Prof. Dr. Schlich reiche nicht aus. Es fehlten Angaben zum Therapieverlauf, zum Tagesverlauf und zur Berufstätigkeit. So gehe jenes Gutachten davon aus, der Kläger sei arbeitsunfähig, zumindest bei der Begutachtung durch sie – Prof. Dr. M. – sei er jedoch vollschichtig als Lkw-Fahrer berufstätig gewesen. Die psychischen Tests, die Prof. Dr. Dr. N. durchgeführt habe, sprächen für eine – nur – diskrete, nicht klinisch relevante depressive Symptomatik und enthielten Hinweise auf eine hysterische Neurose bzw. eine histrionische Persönlichkeit. Es erstaune auch, dass die Sensibilitätsstörung am Gesicht nicht erwähnt werde. Auf die Inkonsistenzen in den Angaben des Klägers – unter anderem wegen der Medikamenteneinnahme ihr, der ersten Gutachterin, gegenüber – gehe Prof. Dr. Dr. N. nicht ein. Auch fehle eine Validierung der Angaben, z.B. durch eine Laboruntersuchung. Falsch sei die Aussage des Wahlgutachters, es gebe keine Leitlinie zur Begutachtung posttraumatischer Belastungsstörungen. Insgesamt könne Prof. Dr. Dr. N.s Gutachten nicht überzeugen. Ferner hat Prof. Dr. M. angegeben, die vom Kläger beschriebenen Albträume, die allgemein vom Tod handelten, ließen nicht die Diagnose einer PTBS stellen. Auch unter Berücksichtigung der konkreten Angaben des Klägers zu Äußerungen von Ärzten nach dem Unfall und seiner Reaktion darauf, sei daran festzuhalten, dass ein Zusammenhang der vorhandenen psychischen Reaktion mit dem Unfall möglich sei, dass es aber unwahrscheinlich sei, dass solche Gespräche mit Ärzten eine schwerere psychische Symptomatik hervorrufen könnten. Im Vordergrund stehe dann die Persönlichkeit des Patienten, die bei dem Kläger vermutungsweise leicht suggestibel und histrionisch sei. Es bleibe darauf hinzuweisen, dass sich die Symptomatik verändert habe. In der G.-H.-Klinik habe eine Symptomatik wie eine PTBS imponiert. Diese scheine aber nachgelassen zu haben, denn der Kläger sei in der Folge nur noch leicht ängstlich depressiv gewesen und habe keine Symptome einer Agoraphobie mehr gezeigt. Für eine Besserung spreche auch, dass der Kläger nach dem 31.03.2008 wieder arbeitsfähig gewesen sei. Danach hätten die psychischen Störungen – in jedem Fall – keine unfallbedingte MdE mehr bedingt. Zu den Kopfschmerzen hat Prof. Dr. M. weitere Angaben gemacht, insbesondere zur Frage, ob sie Folge der Nervenschädigung sein könnten.
Hierzu hat Prof. Dr. Dr. N. auf weiteren Antrag des Klägers hin unter dem 05.08.2015 erwidert. Er hat ausgeführt, er habe die Angaben des Klägers während der Anamnese hinterfragt. Die Arbeitsunfähigkeit habe er festgestellt, es sei gutes Recht des Klägers, trotzdem Lkw zu fahren. In der Tat liege als Unfallfolge eine Schädigung des Trigeminus-Nervs vor. Zu den Ergebnissen der Testungen hat er bekundet, es sei nahezu normal, dass sich persönlichkeitsspezifische Verhaltensweisen beim PTBS äußerten und dieses verstärkten bzw. zum Ausbruch brächten. Ohne ein solches Trauma wäre es aber nicht zu einer Erkrankung bzw. Dekompensation gekommen. Tatsächlich beständen Richtlinien zur Begutachtung der PTBS. Die Diagnose sei auch aus den Angaben des Klägers (die im Einzelnen benannt werden) gestellt worden. Ein Ibuprofen-Spiegel sei nicht erstellt worden, weil man davon ausgegangen sei, dass der verordnende Hausarzt solche Kontrollen durchführe, dies sei allerdings nachzuholen.
Der Senat hat die im Verfahren mehrfach erwähnten Leitlinien "S 3: Posttraumatische Belastungsstörung" (gültig bis 28.02.2016, Reg. Nr. 051/010) und "Sk2: Leitlinie zur Begutachtung psychischer und psychosomatischer Erkrankungen" (gültig bis 31.03.2017, Reg. Nr. 051/029) der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.) beigezogen (http://www.awmf.org/leit¬li¬nien.html).
Die Beklagte hat sich unter dem 24.08.2015, der Kläger mit Schriftsatz vom 17.09.2015 mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
1. Der Senat entscheidet über die Berufung im Einvernehmen mit den Beteiligten nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung.
2. Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 151 Abs. 1 SGG).
3. Sie ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 SGG) auf Verurteilung zur Gewährung einer Verletztenrente dem Grunde nach (§ 130 Abs. 1 Satz 1 SGG) abgewiesen. Die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet. Es besteht kein Anspruch auf eine Verletztenrente aus § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) als Folge des Unfalls vom 30.01.2007. Wie das SG zutreffend entschieden hat, bedingen die Folgen des Unfalls über das Ende der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit (hierzu sogleich unter a)) keine MdE von wenigstens 20 v.H. (b)).
a) Der Anspruch auf Verletztenrente dem Grunde nach entsteht nach der Grundregel in § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, wenn über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus die Erwerbsfähigkeit in einem rentenberechtigenden Umfang gemindert ist. Jedoch folgen hieraus Zahlungsansprüche auf Rente nach § 72 Abs. 1 Nr. 1 SGB erst, wenn der Anspruch auf Verletztengeld endet. Dies soll Doppelzahlungen verhindern. Der Anspruch auf Verletztengeld endet nach § 46 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VII unter anderem mit dem Ende der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit. Dies war hier das Ende der stufenweisen Wiedereingliederung im März 2008. Für die Zeit ab dem 01.04.2008 sind Zeiten der Arbeitsunfähigkeit nicht dokumentiert. Zwischen den Parteien war es auch durchgehend unstreitig, dass der Kläger ab der Wiedereingliederung wieder arbeitsfähig war, der Kläger selbst hat Verletztenrente – erst – am 28.02.2008 beantragt. Dass der Wahlgutachter Prof. Dr. Dr. N. Jahre später von einer durchgehenden oder wieder aufgetretenen Arbeitsunfähigkeit ausgegangen ist, ändert an dieser Einschätzung nichts. Eine Arbeitsunfähigkeit, die für das Verletztengeld und damit mittelbar für den Anspruch auf Verletztenrente rechtlich relevant sein soll, muss ein behandelnder Arzt zeitnah feststellen, eine rückwirkende Feststellung ist grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. § 5 Abs. 3 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesauschusses über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung [AU-RiLi] v. 14.11.2013). Außerdem wäre ein Anspruch des Klägers auf Verletztenrente, träfe Prof. Dr. Dr. N.s Ansicht zu, gar nicht oder erheblich später (z.B. nach § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB VII erst nach 78 Wochen) entstanden.
b) Es kann daher offen bleiben, ob die Erwerbsfähigkeit des Klägers vor dem 01.04.2008 um wenigstens 20 v.H. gemindert war. Jedenfalls nach diesem Zeitpunkt, vor allem also nach dem Ende der stationären Behandlung in der G.-H.-Klinik, lag nur eine – unfallbedingte – MdE von 10 v.H. vor.
aa) Die rechtlichen Voraussetzungen für die Feststellung von Gesundheitsschäden auf Grund eines Unfalls, seien es unmittelbare Schäden (Gesundheitserstschäden), seien es im weiteren Verlauf ggfs. mittelbar entstandene Gesundheitsbeeinträchtigungen, und für die Feststellung eines ausreichenden Ursachenzusammenhangs zwischen dem Unfall und den einzelnen Schäden, hat das SG in dem angegriffenen Urteil zutreffend dargelegt. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat nach § 153 Abs. 2 SGG auf jene Ausführungen. Hervorzuheben ist lediglich, dass die (materielle) Beweislast durchgängig bei dem Versicherten liegt und dass das Vorliegen eines Gesundheitsschadens einschließlich der dabei – gerade auch bei psychischen Erkrankungen – notwendigen ärztlichen Diagnose (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urt. v. 09.05.2006, B 2 U 1/05 R, Juris Rn. 22) im Vollbeweis gesichert sein muss (BSG, Urt. v. 15.05.2012, B 2 U 31/11 R, Juris Rn. 18), während die unfallversicherungsrechtlichen Beweiserleichterungen auf den Ursachenzusammenhang beschränkt bleiben (BSG, Urt. v. 02.04.2009, B 2 U 7/08 R, Juris Rn. 15).
bb) Für die Schädigung des zweiten Astes des Nervus trigeminus ergibt sich eine MdE von höchstens 10 v.H. auf Grund der hierdurch bedingten Gefühlsstörungen. Auch der Senat schließt sich bei dieser Bewertung Prof. Dr. M. in ihrem Gutachten vom 05.04.2012 an. Diese Bewertung entspricht den Erfahrungssätzen für die MdE-Bewertung von Schäden dieses Nervs, die für Schädigungen des Gesichtsnervs (dort Nervus facialis) bei einer einseitigen, wenig störenden Auswirkung (z.B. Gesichtslähmung) eine MdE bis 10 v.H. vorsehen (Schönberger/Mehr-tens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 321). Bei dem Kläger besteht aber als Dauerfolge nur eine Gefühlsstörung. Einschießende Schmerzen im Sinne einer Trigeminusneuralgie sind nicht angegeben. Entsprechend hatte auch Dr. K. in seinem Verwaltungsgutachten eine MdE von 10 v.H. angesetzt. Der Wahlgutachter Prof. Dr. Dr. N. hatte diese Schädigung überhaupt nicht berücksichtigt.
cc) Eine PTBS als Unfallfolge liegt nicht vor.
Für die – unfallversicherungsrechtlich notwendige – spezifische Diagnose einer konkreten psychischen Erkrankung fordert das BSG in ständiger Rechtsprechung die Ermittlung des jeweils aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes. Ausgangsbasis müssen die Fachbücher und Standardwerke insbesondere zur Begutachtung im jeweiligen Bereich sein. Außerdem sind, soweit sie vorliegen und einschlägig sind, die jeweiligen Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) zu berücksichtigen. Hinzu kommen ggfs. andere aktuelle Veröffentlichungen (BSG, Urt. v. 09.05.2006, B 2 U 1/05 R, Juris Rn. 26; grundsätzlich ebenso BSG, Urt. v. 24.07.2012, B 2 U 9/11 R, Juris Rn. 61). Zwar sind alle Veröffentlichungen kritisch zu würdigen, sie sind jedoch, soweit sie die Mehrheit der fachlichen Meinungen in einem Fachgebiet wiedergeben, Ausgangspunkt aller Feststellungen.
Die bereits genannte Leitlinie "Posttraumatische Belastungsstörungen" der AWMF stellt keine eigenen Anforderungen an die Qualität des Traumas auf. Insofern nimmt sie es hin, dass die international gebräuchlichen Klassifikationssysteme bei diesem Punkt (A-Kriterium) etwas unterschiedliche Anforderungen stellen: Während das DSM, auch in der aktuellen fünften in Deutsch erschienenen Ausgabe (DSM-V) eine – konkrete – Todesangst bei dem Betroffenen ausreichen lässt, fordert die ICD-10 ein Ereignis, das bei nahezu jedem Menschen eine solche Furcht ausgelöst hätte. Zu den weiteren Kriterien der PTBS fordert die Leitlinie folgendes "syndromales Störungsbild (S. 3): - sich aufdrängende, belastende Gedanken und Erinnerungen an das Trauma (Intrusionen) oder Erinnerungslücken (Bilder, Alpträume, Flashbacks, partielle Amnesie), - Übererregungssymptome (Schlafstörungen, Schreckhaftigkeit, vermehrte Reizbarkeit, Affektintoleranz, Konzentrationsstörungen), - Vermeidungsverhalten (Vermeidung traumaassoziierter Stimuli) und - emotionale Taubheit (allgemeiner Rückzug, Interesseverlust, innere Teilnahmslosigkeit). Zum zeitlichen Rahmen führt die Leitlinie aus, die Symptomatik könne unmittelbar oder auch mit (z.T. mehrjähriger) Verzögerung nach dem traumatischen Geschehen auftreten (verzögerte PTBS).
Es erscheint bereits zweifelhaft, dass hier das A-Kriterium erfüllt ist. Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass ein tatsächlich geeignetes Trauma nachgewiesen sein muss. Nach Aktenlage hat der Kläger aber nicht unmittelbar während des Sturzes Todesangst entwickelt, sondern – dies hat er noch bei seiner persönlichen Anhörung vor dem Berichterstatter des Senats am 15.09.2014 bestätigt – erst später während der Akutbehandlung im Klinikum C. durch die Äußerungen eines Arztes dort, er – der Kläger – sei "nur knapp dem Tod von der Schippe gesprungen". Zumindest nach der ICD-10 wäre eine solche ärztliche Äußerung kein geeignetes Trauma. Der Senat lässt diesen Punkt jedoch offen und weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass eine solche Äußerung während der Behandlung der Unfallfolgen, wenn sie als Trauma anzuerkennen ist, womöglich nach § 11 Abs. 1 SGB VII der Beklagten zugerechnet werden müsste, sodass eine PTBS, wenn sie sich in Folge dieser Äußerung entwickelt hätte, mittelbar auf den Unfall zurückzuführen sein könnte.
Es fehlt in jedem Fall an den aufdrängenden Erinnerungen an das konkret erlittene Trauma. Der Kläger schildert durchgehend, dass er Ängste und ggfs. körperliche Symptome in der Folgezeit bei Verkehrsunfällen erlebt hat. Insbesondere auf einen Pkw-Unfall in Frankreich, an dem er vorbeigekommen sei und nach dem er nicht habe weiterfahren können, hat er mehrfach hingewiesen. Einen Verkehrsunfall hat er jedoch nicht erlitten, sondern einen Sturz aus großer Höhe. Auch die Äußerungen des behandelnden Arztes in der Klinik sind nicht Inhalt der Erinnerungen und Albträume des Klägers.
Ferner ist das Vermeidungsverhalten des Klägers nicht so, dass von einer PTBS gesprochen werden könnte. Insbesondere war der Kläger ab März 2008 wieder als Lkw-Fahrer berufstätig und dabei auch mit dem Beladen und Entladen befasst, gerät also regelmäßig in Situationen, die dem Trauma entsprechen.
Vor diesem Hintergrund kann bei der Diagnose einer PTBS den Gutachten von Dr. K. und Prof. Dr. Dr. N. nicht gefolgt werden. Wie das SG in dem angegriffenen Urteil zutreffend ausgeführt hat, legen beide Ärzte nicht die von den genannten Klassifikationssystemen bzw. von den Leitlinien der Fachgesellschaften geforderten Maßstäbe an die Diagnose einer PTBS an. Prof. Dr. Dr. N. war anscheinend auch nicht bekannt, dass der Kläger seit März 2008 wieder als Lkw-Fahrer tätig war, also kein starkes Vermeidungsverhalten vorlag. Seine Ausführung zu diesem Punkt in der abschließenden Stellungnahme vom 05.08.2015, das sei das gute Recht des Klägers, ändert nichts daran, dass dieser Umstand ein Contra-Indiz gegen eine PTBS darstellt.
dd) Ebenso wie das SG sieht der Senat vielmehr eine andere psychische Erkrankung als Unfallfolge an, die allerdings inzwischen abgeklungen ist bzw. - im Sinne einer Verschiebung der Wesensgrundlage - auf anderen Umständen beruht und daher keine weitergehende MdE bedingt.
Bereits die AWMF-Leitlinien weisen (Empfehlung Nr. 1) darauf hin, dass die PTBS nur eine von mehreren denkbaren Traumafolgeerkrankungen darstellt. Als weitere mögliche Diagnosen werden dort u.a. die akute Belastungsreaktion (F43.0) und die Anpassungsstörung (F43.2) genannt. Beide Syndrome sind zeitlich beschränkt. Von Dauer kann - neben einer chronifizierten PTBS - nur die Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung (F62.0) sein (zu allem S. 2 der Leitlinie).
Wie Prof. Dr. M. überzeugend herausgearbeitet hat, kommt bei dem Kläger allenfalls eines der vorübergehenden Syndrome in Frage, nachdem er mit der Möglichkeit des Todes konfrontiert war. Sie diagnostiziert insoweit eine vorübergehende ängstlich-depressive Störung bzw. Dysthymie (F34.0). Dass diese Störung - die sie inzwischen als Angst und Depression gemischt diagnostiziert - fortbesteht (wobei sie wegen der Möglichkeit von Aggravation und Simulation [S. 22 Gutachten] nur eine Verdachtsdiagnose stellt [S. 14 Gutachten]) führt sie allerdings auf andere Ursachen zurück, nämlich auf weitere Belastungen, denen der Kläger nach dem Unfall ausgesetzt war (Krebserkrankung der Ehefrau, Tod der Eltern) sowie seine vorbestehende Persönlichkeitsstruktur. Dies ist überzeugend. Ein solcher Ablauf könnte unter anderem erklären, warum sich die Symptomatik nach der Behandlung in der G.-H.-Klinik gebessert hatte und der Kläger danach ab März 2008 im Rahmen einer Wiedereingliederung wieder in seinen alten Beruf zurückkehren konnte und erst später erneute Verschlimmerungen auftraten. Auch dass der Kläger bereits vor dem Unfall an peripheren Schwindelanfällen litt, lässt sich so erfassen.
Auch in diesem Bereich kann den Ausführungen Prof. Dr. Dr. N.s nicht gefolgt werden. Dieser hat in seinem Gutachten überhaupt keine Ausführungen zu möglichen Ursachen der von ihm als PTBS eingestuften Symptomatik gemacht. Das Gleiche gilt letztlich für seine Stellungnahme vom 05.08.2015; dort hat er zwar ausgeführt, er habe die weiteren Lebensereignisse "mit aufgenommen", dies besage jedoch nicht, dass keine PTBS vorliege. Damit verändert er in unzulässiger Weise den Beweismaßstab.
ee) Die Kopfschmerzproblematik sieht auch der Senat nicht als dauernde Folge des Unfalls an.
Es ist bereits nicht erwiesen, dass tatsächlich Kopfschmerzen in dem vom Kläger beschriebenen Umfang vorliegen. Schmerzen sind naturgegeben schwerer zu beweisen als andere Symptome (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 216 ff.). Umso mehr kommt es hier auf die Würdigung der relevanten Indizien an. Hierzu gehören zum einen die Angaben des Betroffenen über den Schmerz. Der Kläger schildert inneren Kopfschmerz. Daher kann die Nervenschädigung im Gesicht nicht als Indiz für das Bestehen dieses Schmerzes herangezogen werden. Prof. Dr. M. hat in ihrer Stellungnahme vom 06.01.2015 überzeugend dargelegt, dass eine Nervenschädigung wie beim Kläger vorhanden andere Schmerzen verursachen würde als den geklagten Kopfschmerz. Als weiteres Indiz für ein wirkliches Schmerzsyndrom kann die Einnahme stärkerer Schmerzmittel, insbesondere opioider Mittel oder dgl. darstellen. Das Verhalten und die Äußerungen des Klägers begründen jedoch merkliche Zweifel an der Existenz des geklagten Schmerzsyndroms. Seine Behauptung, er nehme täglich oder nahezu täglich 1200 mg Ibuprofen ein, hatte Prof. Dr. M. nach einer Laboruntersuchung und einem dort erhobenen Medikamentenspiegel angezweifelt, weil keine Spuren dieses Schmerzmittels zu finden waren. Diese Zweifel konnte der Kläger in der Berufungsinstanz nicht ausräumen. Die Bescheinigungen von Dr. D. und Dr. Q., die er vorgelegt hat, belegen Verordnungen von Ibuprofen 600 in der Zeit von März 2007 bis zuletzt April 2014. Nicht ansatzweise haben diese Ärzte jedoch dieses Medikament in einer Menge verordnet, die den angegebenen Konsum belegen könnte. Dr. D. hatte zum Teil nur kleine Packungen (N1, N2) verordnet und auch dies mit z.T. mehrmonatigen Lücken. Dr. Q. hat in der Zeit vom 27.11.2010 bis zu seiner Bescheinigung vom 20.06.2014 (etwa 1350 Tage) insgesamt 700 Tabletten verordnet, zuletzt 100 am 18.04.2014. Hiernach hätte der Kläger eine Tablette alle zwei Tage nehmen können, nicht aber zwei pro Tag oder alle zwei Tage, wie er behauptet. Seine Behauptung, er habe die weiteren Tabletten rezeptfrei in Spanien gekauft, überzeugt den Senat nicht. Belege hierfür konnte er nicht vorlegen.
Selbst wenn der angegebene Kopfschmerz bestände, so wäre nicht mit der notwendigen hinreichenden Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückzuführen. In Übereinstimmung mit Prof. Dr. E. hat Prof. Dr. M. darauf hingewiesen, dass Kopfschmerzen als Folge eines Schädel-Hirn-Traumas, wie es der Kläger erlitten hat, typischerweise nach Monaten abklingen und keinesfalls an Intensität zunehmen. Hiergegen kann der Kläger nicht einwenden, es müsse auf seinen individuellen Fall abgestellt werden. Wie ausgeführt, kann und muss der Beweis eines Schmerzsyndroms auf solche objektiven Indizien gestützt werden. Hinzu kommt, dass hier mit einem möglichen Analgetikamissbrauch eine Alternativursache auf der Hand läge, die auch erklären würde, warum der Schmerz nach den Angaben des Klägers zunimmt.
ff) Weitere Unfallfolgen sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.
4. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
5. Gründe für eine Zulassun5g der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
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