L 8 U 3782/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 5779/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 3782/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 1. August 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob beim Kläger eine Berufskrankheit nach Nr. 2102 (Meniskuserkrankung) der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) vorliegt und ob dem Kläger deswegen ein Anspruch auf Verletztenrente zusteht.

Der 1956 geborene Kläger begann im September 1971 eine Lehre zum Kfz-Mechaniker. Nach Abschluss dieser Ausbildung war er bis 31.12.1975 in diesem Beruf tätig. Nach der Ableistung des Wehrdienstes (01.01.1976 bis 31.03.1977 als Lkw-Fahrer) war der Kläger vom 01.04.1977 bis 28.02.1999 bei der Badischen Winzerkellerei B. in der Werkstatt (Abfüllung) und ab 01.03.1999 bis 28.02.2010 bei der Firma S. GmbH, als Servicetechniker im Außendienst tätig. Kniebeschwerden traten erstmals beim Wehrdienst 1976 (Befunde: Bänderdehnung und Meniskusschaden) auf (Erklärung des Klägers vom 31.05.2011).

Am 25.11.2010 machte der Kläger durch seinen vormaligen Bevollmächtigten bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (künftig Beklagte) "Leistungen nach Ziffer 2102 BKVO" geltend. Die Beklagte leitete ein Feststellungsverfahren ein. Sie nahm medizinische/radiologische Befundunterlagen zu den Akten (insbesondere: Berichte Dr. G. vom 12.01.1977, 03.02.1977 und 07.03.1977, Diagnose: Chondropathia patellae mit Reizzustand im Kniegelenk links; Berichte des R.-Krankenhauses B. am Rhein vom 15.10.1987 und OP-Bericht vom 25.09.1987,- Diagnose: Typische Korbhenkelrissbildung des linken Innenmeniskus, und 28.11.1991 sowie OP-Bericht vom 19.11.1991, Diagnosen: Degenerativer Innenmeniskushinterhornlappenriss und Chondromalazie Grad II des rechten Kniegelenks; Durchgangsarztbericht Dr. T. vom 23.03.2009, Diagnosen: Verdacht auf Innenmeniskusläsion, Synovitis, Verdacht auf kartilaginäre Exostose und initiale Varusgonarthrose jeweils linkes Kniegelenk; Radiologiebericht Dr. H. vom 01.04.2009, Diagnosen: Degenerative Ruptur des Innenmeniskushinterhornes, diffuser femorotibialer Knorpelschaden medial Grad III bis IV und fortgeschrittener trochlearer Knorpelschaden linkes Knie) und zog das Vorerkrankungsverzeichnis der Betriebskrankenkasse Linde (bezüglich der Tätigkeit des Klägers bei der Firma S. GmbH) bei. In der hierzu eingeholten Stellungnahme vom 03.08.2011 bejahte die beratende Ärztin Dr. W. die medizinischen Grundvoraussetzungen für die Anerkennung einer BK Nr. 2102 und empfahl arbeitstechnische Ermittlungen. Die Beklagte holte die Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition (Meniskusschäden BK 2102) vom 05.10.2011 ein und ließ den Kläger durch Prof. Dr. S. begutachten. Prof. Dr. S. gelangte in seinem Gutachten vom 03.04.2012 zu der Bewertung, die medizinischen Voraussetzungen der BK Nr. 2102 BKV seien erfüllt und schätzte die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf 20 v.H. seit dem 01.04.2009 ein. Die Beklagte veranlasste weitere Ermittlungen zu gefährdenden Tätigkeiten in Bezug auf die BK Nr. 2102 durch den Präventionsdienst. Der Präventionsdienst kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger als Schlosser ca. 22 Jahre bei Wartungs- und Reparaturarbeiten einer täglichen Belastung durch meniskusbelastende Haltungen in Höhe von ca. 14 % der Arbeitszeit ausgesetzt gewesen sei (Bericht vom 06.07.2012, Aktennotiz vom 02.07.2012 und Ermittlungsbögen - u.a. - BK 2102 - Blätter 203 bis 233 Beklagten-Akte). In der weiteren beratungsärztlichen Stellungnahme vom 23.01.2013 hielt Dr. W. ohne traumatische Vorerkrankung und bei einer ausreichenden meniskusbelastenden Tätigkeit das Schadensbild einer BK Nr. 2102 für gegeben; eine MdE von 20 v.H. sei nicht plausibel.

Mit Bescheid vom 22.03.2013 lehnte die Beklagte die Feststellung einer BK Nr. 2102 BKV ab und teilte dem Kläger mit, dass kein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung bestehe. Die ermittelnden Belastungszeiten erreichten den erforderlichen Orientierungswert von ca. 30 % nicht. Weiter gebe es für die bestehende Erkrankung aufgrund nachgewiesener außerberuflicher Schädigungen der Menisken in den Jahren 1976, 1987 und 1991 außerberufliche Gründe, die als Ursache in Betracht kämen.

Gegen den Bescheid vom 22.03.2013 legte der Kläger durch seinen vormaligen Bevollmächtigten am 24.04.2013 Widerspruch ein, der nicht begründet wurde. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen sowie das medizinische Bild der BK 2102 BKV lägen nicht vor.

Hiergegen erhob der Kläger durch seinen nunmehrigen Prozessbevollmächtigten am 20.12.2012 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Der Kläger trug zur Begründung vor, eine BK Nr. 2102 BKV sei anzunehmen und ihm Verletztenrente nach einer MdE von wenigstens 20 v.H. zu zahlen. Für die Anerkennung der BK 2102 sei kein Dosiswirkungszusammenhang zu Grunde zu legen. Ein Orientierungswert von 30 % sei erfunden. Auch das Landessozialgericht Baden-Württemberg stelle nicht auf einen Orientierungswert von 30 % ab. Er sei durch seine Berufsausübung unterschiedlichen Dreh-, Scher- und Knickbewegungen ausgesetzt gewesen und habe sehr oft und sehr viel in körperlichen Zwangshaltungen arbeiten müssen. Konkurrierende Ursachen, so sie überhaupt vorhanden seien, bedeuteten nicht automatisch, dass eine Kausalität zu verneinen sei. Der Kläger berief sich auf das Gutachten des Prof. Dr. S. sowie auf sozialgerichtliche Entscheidungen.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Der in der arbeitsmedizinischen Literatur vertretene Orientierungswert von 30 % sei ein gangbarer Weg, entscheiden zu können. Dieser Wert sei durch die Sozialgerichtsbarkeit bisher nicht konkret in Zweifel gezogen oder verneint worden. Das Ergebnis der von ihr durchgeführten Begutachtung überzeuge nicht. Nach der Rückwirkungsklausel zur BK Nr. 2102 müsse der Versicherungsfall nach dem 31.12.1976 eingetreten sein, weshalb der bereits im Jahr 1976 bekannte Innenmeniskusschaden links nicht als BK Nr. 2102 BKV anerkennungsfähig wäre.

Mit Gerichtsbescheid vom 01.08.2014 wies das SG die Klage ab. Die Klage sei hinsichtlich des Leistungsantrages (Zahlung von Verletztenrente) in Ermangelung einer von der Beklagten getroffenen Verwaltungsentscheidung unzulässig. Im Übrigen sei die Klage auf Feststellung einer BK zulässig, jedoch unbegründet. Das SG führte zur Begründung aus, die Anerkennung der BK Nr. 2102 setze arbeitstechnisch meniskusbelastende Arbeitshaltungen während wenigstens eines Drittels je Arbeitsschicht voraus. Diese von der Beklagten vertretene Auffassung werde in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur und von der Rechtsprechung geteilt. Das Vorbringen des Klägers überzeuge nicht.

Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 06.08.2014 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die vom Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 03.09.2014 eingelegte Berufung, die der Kläger trotz Erinnerungen (Schreiben vom 10.12.2014 und richterliche Verfügung vom 06.03.2015) nicht begründet hat.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 1. August 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. November 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihm eine Berufskrankheit nach Nr. 2102 BKV anzuerkennen und ihm Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von wenigstens 20 v.H. zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Der Kläger führt beim Landessozialgericht Baden-Württemberg ein weiteres Berufungsverfahren auf Anerkennung einer BK Nr. 2112 der BKV (L 8 U 4261/14), über die der Senat bislang nicht entschieden hat.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie einen Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat den Berufungsantrag des Klägers nach seinem erkennbaren Begehren gefasst. Ein konkreter Antrag ist im Berufungsverfahren nicht gestellt worden, weshalb der Senat den vor dem SG verfolgten Antrag zugrunde gelegt hat.

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 22.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.11.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.

Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage des Klägers auf Gewährung einer Verletztenrente ist unzulässig, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend entschieden hat. Die Beklagte hat mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 22.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.11.2013 eine anfechtbare Verwaltungsentscheidung über die Gewährung von Verletztenrente nicht getroffen. Einen bestimmten Antrag dahin, Verletztenrente zu gewähren, hat der Kläger im Verwaltungsverfahren nicht gestellt. Insbesondere lässt sich ein solcher Antrag nicht dem Schriftsatz seines früheren Bevollmächtigten vom 25.11.2010 entnehmen, mit dem der Kläger lediglich allgemein und unbestimmt "Leistungen nach Ziffer 2102 BKVO" geltend gemacht hat. Einen bestimmten Antrag auf die Gewährung einer Verletztenrente, über den die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid (inzident) eine Entscheidung getroffen hat, lässt sich dem Schriftsatz vom 25.11.2010 nicht entnehmen. Damit ist eine ablehnende, anfechtbare Verwaltungsentscheidung der Beklagten über einen Anspruch auf eine (bestimmte) Leistung aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht ergangen. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid wurde im Verfügungssatz vielmehr ausschließlich die Anerkennung der geltend gemachten BK Nr. 2102 BKV abgelehnt. Objektiver Sinngehalt des Verfügungssatzes ist allein die Ablehnung der Anerkennung einer BK Nr. 2102 BKV. Soweit die Beklagte den Kläger im Bescheid vom 22.03.2013 mitgeteilt hat, ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung bestehe nicht, liegt hierin nach objektiver Sicht des Empfängerhorizonts eine gerichtlich überprüfbare Entscheidung durch die Beklagte nicht vor, sondern lediglich der klarstellende, allgemeine Hinweis, dass mangels Vorliegens einer BK ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht besteht. Die Berufung war deshalb schon aus diesem Grund hinsichtlich des Antrags auf Gewährung einer Verletztenrente insoweit zurückzuweisen.

Im Übrigen ist die auf die Anerkennung einer BK Nr. 2102 BKV gerichtete Klage zulässig. Richtige Klageart zur Erreichung des angestrebten Ziels ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1, Abs. 4 SGG oder nach Wahl des Versicherten auch mit der Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG mit der Verpflichtungsklage (vgl. BSG 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R, BSGE 108, 274 und BSG 27.04.2010 - B 2 U 23/09 R). Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung von Meniskusschäden der Kniegelenke als BK Nr. 2102 BKV.

Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 SGB VII hat die Bundesregierung die Berufskrankheiten Verordnung (BKV) vom 31.10.1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten anerkannten Krankheiten aufgeführt sind.

Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweis, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen (vgl. BSG Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R -, veröffentlicht in juris). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit. Abweichend von der früheren Verwendung des Begriffs der haftungsbegründenden Kausalität folgt der Senat der überzeugenden neueren Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil 02.04.2009 a.a.O.), dass auch im Berufskrankheiten-Recht der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und den Einwirkungen nicht als haftungsbegründende Kausalität bezeichnet werden kann. Erst die Verursachung einer Erkrankung oder ihre wesentliche Verschlimmerung durch die der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Einwirkungen - in nachgewiesener Dauer und Intensität - begründet eine "Haftung". Ebenso wie die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheits(-erst-)schaden und Unfallfolge beim Arbeitsunfall ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der berufsbedingten Erkrankung und den Berufskrankheitenfolgen, die dann gegebenenfalls zu bestimmten Versicherungsansprüchen führen, bei der Berufskrankheit keine Voraussetzung des Versicherungsfalles.

Der Tatbestand der BK Nr. 2102 BKV lautet: Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten.

In Anwendung dieser Grundsätze hat der Kläger keinen Anspruch auf die Anerkennung der geltend gemachten BK Nr. 2102 BKV. Denn es ist nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die vom Kläger in Ausübung seiner versicherten Tätigkeiten getätigten Verrichtungen und die damit einhergehenden Einwirkungen dessen Kniegelenkserkrankung (Meniskuserkrankung) wesentlich verursacht haben. Dem steht zur Überzeugung des Senats entgegen, dass beim Kläger die arbeitstechnischen Voraussetzungen für das Vorliegen der BK Nr. 2102 BKV nicht gegeben sind, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt hat, worauf der Senat Bezug nimmt. Einwendungen gegen die Erwägungen des SG hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht vorgetragen.

Nach den von der Beklagten im Verwaltungsverfahren am 29.06.2012 im Beisein des Klägers durchgeführten Nachermittlungen des Präventionsdienstes war der Kläger zwar ca. 22 Jahre mit Wartungs- und Reparaturarbeiten an Flurförderfahrzeugen und Abfüllanlagen beruflichen Kniebelastungen ausgesetzt. Nach den Ermittlungen des Präventionsdienstes hat der Kläger dabei in den eigentlichen meniskusbelastenden Haltungen ca. 37 Minuten täglich gearbeitet (ca. 7,7 % der Gesamtarbeitszeit). Zusätzlich zu berücksichtigen sind weitere 29 Minuten mit meniskusbelastenden Haltungen (ca. 6 % der Gesamtarbeitszeit). Es ergibt sich damit eine tägliche Belastung durch meniskusbelastende Haltungen in Höhe von ca. 14 % (Bericht des Präventionsdienstes vom 06.07.2012, Aktennotiz vom 02.06.2012 und Ermittlungsbögen zur BK 2102). Dass der Präventionsdienst bei seiner Bewertung von unzutreffenden Tatsachen ausgegangen ist, ist nicht erkennbar und im Hinblick auf die Sachkunde des Präventionsdienstes auch unwahrscheinlich. Vielmehr ist das vom Präventionsdienst ermittelte Ergebnis einer täglichen Belastung durch meniskusbelastende Haltungen in Höhe von ca. 14 % aufgrund der Aktennotiz vom 02.07.2012 und den in den Ermittlungsbögen BK 2102 gemachten Aussagen für den Senat nachvollziehbar und plausibel. Im Übrigen hat der Kläger gegen das Ergebnis dieser Ermittlungen auch keine substantiierten Einwendungen erhoben. Er hat sich vielmehr - im Klageverfahren - hauptsächlich dagegen gewandt, einen Wert von 30 % als wissenschaftlich definierbaren Dosiswirkungszusammenhang für die Anerkennung der BK Nr. 2102 zu Grunde zu legen.

Auf der Basis dieser Ermittlungsergebnisse des Präventionsdienstes kann zur Überzeugung des Senates nicht festgestellt werden, dass bei dem Kläger eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen Zusammenhang zwischen seinen Meniskusschäden und seiner Berufstätigkeit gegeben ist.

Die Frage, welcher Einwirkungen es mindestens bedarf, um eine BK zu verursachen bzw. unter Einbeziehung weiterer Kriterien die Anerkennung einer BK zu rechtfertigen, ist unter Zuhilfenahme medizinischer, naturwissenschaftlicher und technischer Sachkunde nach dem im Entscheidungszeitpunkt aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu bewerten. Als aktueller Erkenntnisstand sind solche durch Forschung und praktische Erfahrung gewonnenen Erkenntnisse anzusehen, die von der großen Mehrheit der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Fachwissenschaftler anerkannt werden, über die also Konsens besteht. Nach dem derzeit aktuellen Erkenntnisstand bestehen gesicherte Erfahrungswerte über eine notwendige Gesamteinwirkung auf den Meniskus, d.h. eine Mindestmenge an meniskusbelastenden Tätigkeiten, nicht. Ein wissenschaftlich definierter Dosis-Wirkung-Zusammenhang, welche Einwirkungen meniskusbelastender Berufstätigkeiten das Risiko einer Meniskuserkrankung in einem ausreichenden Maß gegenüber der Allgemeinbevölkerung erhöht, um eine BK Nr. 2102 BKV hervorzurufen, besteht derzeit nicht. Der Versicherte muss aber während eines wesentlichen Teils seiner täglichen Arbeitszeit in Zwangshaltungen gearbeitet haben, wobei davon auszugehen ist, dass ein Zeitanteil von etwa einem Drittel der Arbeitsschicht (neben der mehrjährigen Belastung) als "Orientierungswert" gilt, da die Menisken bei einem geringeren Zeitanteil belastender Tätigkeit Zeit haben, sich zu erholen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Seite 636; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.09.2013 - L 6 U 5526/11 -, m.w.N.). Das Tatbestandsmerkmal "andauernd" sowie der Umstand, dass sich nach der genannten medizinischen Erkenntnis Menisken "erholen" können, erfordern für die Anerkennung einer BK Nr. 2102 daher, dass jedenfalls ein gewisser Zeitanteil mehrjährig kniebelastend gearbeitet wurde. Vorliegend kann dahingestellt bleiben, ob dieser Zeitanteil ca. ein Drittel betragen muss (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.09.2001 - L 17 U 26/01, juris) oder ob auch ein geringerer Zeitanteil (generell oder bei besonderen Fallgestaltungen) ausreicht (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg Urteile vom 05.8.2008 - L 1 U 3824/06 -, 30.07.2014 - L 3 U 608/13 -, 26.09.2013 - L 6 U 5526/11 -, m.w. Rechtsprechungsnachweisen , jeweils nicht veröffentlicht, und 01.07.2011 - L 8 U 2252/09 -, juris und sozialgerichtsbarkeit.de). Denn die tägliche Belastung des Klägers durch meniskusbelastende Haltungen in Höhe von ca. 14 % liegt deutlich unter dem nach der genannten Rechtsprechung noch für ausreichend erachteten Zeitanteil. Ein Zeitanteil von lediglich ca. 14 % lässt darauf schließen, dass eine ausreichende Erholung der Menisken eingetreten ist, weshalb das Vorliegen einer BK Nr. 2102 BKV beim Kläger unwahrscheinlich ist.

Zudem bestehen beim Kläger konkrete Anhaltspunkte dafür, dass es in den Jahren 1976, 1985 und 1991 aufgrund von traumatischen Distorsionen zu Meniskusschäden gekommen ist, die als Konkurrenzursache der Anerkennung einer BK Nr. 2102 BKV entgegenstehen, worauf Dr. W. in ihrer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 23.01.2013 überzeugend hinweist. Insoweit überzeugt das Gutachten von Prof. Dr. S., der diese Vorfälle gar nicht diskutiert hat, nicht.

Die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK Nr. 2102 BKV liegen damit beim Kläger nicht vor. Ein Anspruch auf die Gewährung von Verletztenrente bestünde danach auch materiell rechtlich nicht.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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