Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 11 R 302/10
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 R 2/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob dem Kläger seine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ohne Anrechnung einer Rente aufgrund eines Arbeitsunfalles zu zahlen ist.
Der 1944 geborene Kläger, der als Kaufmann der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft tätig gewesen war, bezog von der Beklagten zunächst von Oktober 1996 bis Dezember 1996 Rente wegen Berufsunfähigkeit und ab Januar 1997 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Bescheide vom 20. Januar 1997, 15. April 1997 und vom 10. November 1997). Im Jahr 2003 teilte die Unfallkasse Schleswig-Holstein der Beklagten mit, dass der Kläger am 13. November 2001 einen Arbeitsunfall erlitten habe und ab 14. November 2001 eine Rente erhalte. Diese wurde als laufende Leistung ab 1. August 2004 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. in Höhe von 283,73 EUR gewährt (Bescheid der Unfallkasse Schleswig-Holstein vom 21. Juni 2004).
Auf den Antrag des Klägers auf Versichertenrente aus der Angestelltenversicherung vom 2. September 2004 stellte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) fest, dass der Kläger dem Grunde nach Anspruch auf eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen habe. Diese Rente werde jedoch ab Rentenbeginn am 1. Januar 2005 nicht geleistet, sondern es werde statt dessen die bisherigen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit weiter gezahlt, weil die sich hieraus ergebenden besitzgeschützten Entgeltpunkte höher seien als die sich aufgrund der Altersrente ergebenden Entgeltpunkte.
Mit Bescheid vom 27. November 2009 stellte die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der BfA sodann die Altersrente des Klägers ab Januar 2010 neu fest und berücksichtigte dabei erstmalig das Zusammentreffen mit der Unfallrente. Unter Berücksichtigung der Grenzwerte errechnete sie einen Rentenzahlbetrag für den Kläger ab Januar 2010 in Höhe von EUR 1.218,88. Der hiergegen wegen der Berücksichtigung der Unfallrente eingelegte Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 23. März 2010).
Mit seiner am 6. April 2010 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe zutreffend die Rente des Klägers aus der Unfallversicherung ab Vollendung des 65. Lebensjahres auf die Altersrente der Rentenversicherung angerechnet. Für den vorherigen Zeitraum sei eine § 93 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) entsprechende Anrechnung nicht erfolgt, da die seit 1996 an den Kläger gezahlte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit aufgrund der besitzgeschützten Entgeltpunkte weiter gezahlt worden sei. Die Zahlung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit habe jedoch mit Vollendung des 65. Lebensjahres geendet mit der Folge, dass ab diesem Zeitpunkt nunmehr eine Regelaltersrente an den Kläger zu leisten sei. Die Regelaltersrente bei Vollendung des 65. Lebensjahres sei aber aufgrund der in § 89 SGB VI enthaltenen Rangfolge eine neue Rente mit einem neuen Rentenbeginn. Sie werde als eigenständige Rente mit einem eigenen Rentenbeginn geleistet mit der Folge, dass Unfallrenten für im Versichertenleben vor Vollendung des 65. Lebensjahres eingetretene Versicherungsfälle im Bereich der Unfallversicherung ab diesem Zeitpunkt immer anzurechnen seien. Die Beklagte habe daher zutreffend die Rente des Klägers aus der Unfallversicherung mit Beginn der Regelaltersrente auf diese angerechnet.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat gegen das ihm am 15. Dezember 2011 zugestellte Urteil am 4. Januar 2012 Berufung eingelegt, mit welcher er vorträgt, der Auffassung, dass die Regelaltersrente eine neue Rente mit einem neuen Rentenbeginn darstelle, könne nicht gefolgt werden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Unfallrente zum Ausgleich der durch den Arbeitsunfall erlittenen Erwerbsminderung gezahlt werde. Diese bestehe auch nach Bezug der Regelaltersrente fort, so dass der Kläger nur eingeschränkt in der Lage sei, seinen Rentenbezug durch Erwerbstätigkeit aufzustocken. Eine Anrechnung habe daher nicht zu erfolgen. Im Übrigen werde künftig erst mit Vollendung des 67. Lebensjahres eine Regelaltersrente bezogen, die Unfallrente werde daher in vergleichbarer Konstellation länger anrechnungsfrei weiter bezahlt. Dies stelle eine Ungleichbehandlung dar. Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. November 2011 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 27. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. März 2010 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Altersrente ohne Anrechnung seiner Unfallrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 13. Oktober 2015 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, die Grundlage der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts ist nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG), statthaft und zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Sie ist jedoch nicht begründet.
Der Senat sieht nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage nach § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da die Berufung aus den in dem Urteil des Sozialgerichts vom 24. November 2011 dargelegten Gründen als unbegründet zurückgewiesen wird. Nur ergänzend sei auf Folgendes hingewiesen:
Grundsätzlich (§ 300 Abs. 1 SGB VI) regelt seit dem 1. Januar 1992 der zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretene § 93 SGB VI die Voraussetzungen, unter denen der Rentenversicherungsträger im Wege der sogenannten Anrechnung den in der Höhe des Werts des Rentenrechts entstandenen monatlichen Zahlungsansprüchen des Versicherten durch Festsetzung eines monatlichen Anrechnungsbetrages als (Dauer-) Verwaltungsakt den gleichzeitigen und partiell zweckidentischen Anspruch auf Unfallversicherungsrente teilweise rechtsvernichtend entgegenhalten darf (und muss). Die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wird dann insoweit nicht geleistet, als die Summe der zusammentreffenden Renten vor Einkommensanrechnung den Grenzbetrag (i.d.R. 70 v.H. eines Zwölftels des aktualisierten Jahresarbeitsverdienstes - JAV - §§ 89, 95 SGB VII - vervielfältigt mit dem jeweiligen Rentenartfaktor (§ 67 SGB VI), mindestens der Monatsbetrag der Rentenversicherungs-Rente) übersteigt (§ 93 Abs. 1 SGB VI). § 93 SGB VI trägt damit ohne Verstoß gegen das Grundgesetz (GG) der sozialpolitischen Überlegung Rechnung, dass entsprechend seiner Lohnersatzfunktion das Renteneinkommen des Versicherten nicht höher sein soll als das Nettoerwerbseinkommen bei voller Arbeitsleistung. Im Gegensatz zur früheren Rechtslage bleibt bei der Anrechnung der Verletztenrente nunmehr allerdings ein Freibetrag unberücksichtigt, der dem Ausgleich des auf Folgen des Arbeitsunfalls/der Berufskrankheit beruhenden immateriellen Schadens des Verletzten dient (§ 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchst a SGB VI). Das Gesetz trägt damit jedenfalls zukunftsgerichtet dem verfassungsrechtlich zur Vermeidung einer unverhältnismäßigen Schrankenbestimmung des dem Schutz der Eigentumsgarantie (Art 14 Abs. 1 Satz 1 GG) unterfallenden Werts des Rentenrechts der gesetzlichen Rentenversicherung und einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung der Bezieher von Unfallrenten, Gebotenen Rechnung. Hierzu setzt es den Teil der Verletztenrente, der dem Ausgleich "immaterieller Schäden" dient und damit rechnerisch nicht in die Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge einzubeziehen ist, grundsätzlich pauschal demjenigen Betrag gleich, der bei gleichem Grad der MdE als Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz geleistet würde (BSG, Urteil vom 31. März 1998 – B 4 RA 118/95 R –, SozR 3-2600 § 311 Nr. 2, SozR 3-2600 § 93 Nr. 6, SozR 3-2600 § 266 Nr. 1, Rn. 24).
Die Ausnahmeregelung des § 93 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI, nach welcher die Absätze 1 bis 4 nicht angewendet werden, wenn die Rente aus der Unfallversicherung für einen Versicherungsfall geleistet wird, der sich nach Rentenbeginn oder nach Eintritt der für die Rente maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit ereignet hat, gilt nur für die Dauer des Bezugs der jeweiligen Rente, findet also bei einer danach beginnenden weiteren Rente aus eigener Versicherung keine Anwendung mehr (Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drs 13/5108 S. 14). Dass es sich bei der Altersrente für schwerbehinderte Menschen um eine weitere Rente aus eigener Versicherung handelt, ergibt sich – wie das Sozialgericht im Ergebnis zutreffend ausgeführt hat – bereits aus § 89 SGB VI.
Dieses Ergebnis ist auch sachgerecht. Die Leistung aus der Unfallversicherung ist an die Stelle des neben der Erwerbsminderungsrente erzielten Arbeitsentgelts getreten. Während die Erwerbsminderungsrente aber die reduzierte Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung ausgleicht – das daneben erzielte Arbeitsentgelt also dasjenige war, welches trotz der Krankheit oder Behinderung noch erzielbar war – handelt es sich bei der Altersrente für schwerbehinderte Menschen, welche der Kläger bezieht – ebenso wie bei der Regelaltersrente – um eine typisierte Rente, der die Annahme zugrunde liegt, dass es dem Versicherten ab Erreichen der Altersgrenze grundsätzlich wegen des mit dem Alterungsprozess einhergehenden Kräfteabbaus nicht mehr zumutbar ist, seinen Lebensunterhalt durch Erbringung einer Arbeitsleistung zu sichern (Uta Freudenberg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 35 SGB VI, Rn. 10). Nur wenn nach Beginn dieser weiteren Rente dennoch eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, an deren Stelle dann später Leistungen aus der Unfallversicherung treten, ist es gerechtfertigt, die Altersrente ungemindert zu lassen. Der Vortrag, der Kläger sei ja weiterhin nur eingeschränkt in der Lage zu einer Erwerbstätigkeit, ist bei Zugrundelegung dieser typisierenden Betrachtung, die eben davon ausgeht, dass nach Eintritt des Rentenalters eine Erwerbstätigkeit ohnehin nicht mehr zumutbar ist, nicht beachtlich.
Soweit der Kläger eine Ungleichbehandlung geltend macht, liegt eine solche fraglos vor, das Argument trägt aber nichts aus, denn die Ungleichbehandlung ist nicht willkürlich, sondern ergibt sich aus der Erhöhung der Altersgrenze, die dem demografischen Wandel geschuldet ist. Die Erhöhung der Altersgrenzen in der Gesetzlichen Rentenversicherung selbst ist – mit allen entsprechenden Folgen – verfassungsrechtlich unbedenklich. Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist von der Rechtsprechung nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat (BVerfG, Beschluss vom 11. November 2008 – 1 BvL 3/05, 1 BvL 4/05, 1 BvL 5/05, 1 BvL 6/05, 1 BvL 7/05 –, BVerfGE 122, 151-190, juris). Im Bereich des Sozialrechts hat der Gesetzgeber überdies grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum, insbesondere was die Abgrenzung des begünstigten Personenkreises und die Bezugsdauer der einzelnen Sozialleistung anbelangt (BSG, Urteil v. 19. Februar 2009 - B 10 KG 2/07 R - SozR 4-5870 § 1 Nr. 2, juris, mit weiteren Nachweisen insbesondere auch zur verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung). Eine Überschreitung dieser weiten verfassungsrechtlichen Grenzen bei der Wahrnehmung des gesetzgeberischen Regelungsermessens ist auch im vorliegend zu beurteilenden Zusammenhang nicht ersichtlich. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Revision gegen dieses Urteil war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob dem Kläger seine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ohne Anrechnung einer Rente aufgrund eines Arbeitsunfalles zu zahlen ist.
Der 1944 geborene Kläger, der als Kaufmann der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft tätig gewesen war, bezog von der Beklagten zunächst von Oktober 1996 bis Dezember 1996 Rente wegen Berufsunfähigkeit und ab Januar 1997 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Bescheide vom 20. Januar 1997, 15. April 1997 und vom 10. November 1997). Im Jahr 2003 teilte die Unfallkasse Schleswig-Holstein der Beklagten mit, dass der Kläger am 13. November 2001 einen Arbeitsunfall erlitten habe und ab 14. November 2001 eine Rente erhalte. Diese wurde als laufende Leistung ab 1. August 2004 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. in Höhe von 283,73 EUR gewährt (Bescheid der Unfallkasse Schleswig-Holstein vom 21. Juni 2004).
Auf den Antrag des Klägers auf Versichertenrente aus der Angestelltenversicherung vom 2. September 2004 stellte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) fest, dass der Kläger dem Grunde nach Anspruch auf eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen habe. Diese Rente werde jedoch ab Rentenbeginn am 1. Januar 2005 nicht geleistet, sondern es werde statt dessen die bisherigen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit weiter gezahlt, weil die sich hieraus ergebenden besitzgeschützten Entgeltpunkte höher seien als die sich aufgrund der Altersrente ergebenden Entgeltpunkte.
Mit Bescheid vom 27. November 2009 stellte die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der BfA sodann die Altersrente des Klägers ab Januar 2010 neu fest und berücksichtigte dabei erstmalig das Zusammentreffen mit der Unfallrente. Unter Berücksichtigung der Grenzwerte errechnete sie einen Rentenzahlbetrag für den Kläger ab Januar 2010 in Höhe von EUR 1.218,88. Der hiergegen wegen der Berücksichtigung der Unfallrente eingelegte Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 23. März 2010).
Mit seiner am 6. April 2010 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe zutreffend die Rente des Klägers aus der Unfallversicherung ab Vollendung des 65. Lebensjahres auf die Altersrente der Rentenversicherung angerechnet. Für den vorherigen Zeitraum sei eine § 93 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) entsprechende Anrechnung nicht erfolgt, da die seit 1996 an den Kläger gezahlte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit aufgrund der besitzgeschützten Entgeltpunkte weiter gezahlt worden sei. Die Zahlung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit habe jedoch mit Vollendung des 65. Lebensjahres geendet mit der Folge, dass ab diesem Zeitpunkt nunmehr eine Regelaltersrente an den Kläger zu leisten sei. Die Regelaltersrente bei Vollendung des 65. Lebensjahres sei aber aufgrund der in § 89 SGB VI enthaltenen Rangfolge eine neue Rente mit einem neuen Rentenbeginn. Sie werde als eigenständige Rente mit einem eigenen Rentenbeginn geleistet mit der Folge, dass Unfallrenten für im Versichertenleben vor Vollendung des 65. Lebensjahres eingetretene Versicherungsfälle im Bereich der Unfallversicherung ab diesem Zeitpunkt immer anzurechnen seien. Die Beklagte habe daher zutreffend die Rente des Klägers aus der Unfallversicherung mit Beginn der Regelaltersrente auf diese angerechnet.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat gegen das ihm am 15. Dezember 2011 zugestellte Urteil am 4. Januar 2012 Berufung eingelegt, mit welcher er vorträgt, der Auffassung, dass die Regelaltersrente eine neue Rente mit einem neuen Rentenbeginn darstelle, könne nicht gefolgt werden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Unfallrente zum Ausgleich der durch den Arbeitsunfall erlittenen Erwerbsminderung gezahlt werde. Diese bestehe auch nach Bezug der Regelaltersrente fort, so dass der Kläger nur eingeschränkt in der Lage sei, seinen Rentenbezug durch Erwerbstätigkeit aufzustocken. Eine Anrechnung habe daher nicht zu erfolgen. Im Übrigen werde künftig erst mit Vollendung des 67. Lebensjahres eine Regelaltersrente bezogen, die Unfallrente werde daher in vergleichbarer Konstellation länger anrechnungsfrei weiter bezahlt. Dies stelle eine Ungleichbehandlung dar. Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. November 2011 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 27. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. März 2010 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Altersrente ohne Anrechnung seiner Unfallrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 13. Oktober 2015 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, die Grundlage der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts ist nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG), statthaft und zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Sie ist jedoch nicht begründet.
Der Senat sieht nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage nach § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da die Berufung aus den in dem Urteil des Sozialgerichts vom 24. November 2011 dargelegten Gründen als unbegründet zurückgewiesen wird. Nur ergänzend sei auf Folgendes hingewiesen:
Grundsätzlich (§ 300 Abs. 1 SGB VI) regelt seit dem 1. Januar 1992 der zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretene § 93 SGB VI die Voraussetzungen, unter denen der Rentenversicherungsträger im Wege der sogenannten Anrechnung den in der Höhe des Werts des Rentenrechts entstandenen monatlichen Zahlungsansprüchen des Versicherten durch Festsetzung eines monatlichen Anrechnungsbetrages als (Dauer-) Verwaltungsakt den gleichzeitigen und partiell zweckidentischen Anspruch auf Unfallversicherungsrente teilweise rechtsvernichtend entgegenhalten darf (und muss). Die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wird dann insoweit nicht geleistet, als die Summe der zusammentreffenden Renten vor Einkommensanrechnung den Grenzbetrag (i.d.R. 70 v.H. eines Zwölftels des aktualisierten Jahresarbeitsverdienstes - JAV - §§ 89, 95 SGB VII - vervielfältigt mit dem jeweiligen Rentenartfaktor (§ 67 SGB VI), mindestens der Monatsbetrag der Rentenversicherungs-Rente) übersteigt (§ 93 Abs. 1 SGB VI). § 93 SGB VI trägt damit ohne Verstoß gegen das Grundgesetz (GG) der sozialpolitischen Überlegung Rechnung, dass entsprechend seiner Lohnersatzfunktion das Renteneinkommen des Versicherten nicht höher sein soll als das Nettoerwerbseinkommen bei voller Arbeitsleistung. Im Gegensatz zur früheren Rechtslage bleibt bei der Anrechnung der Verletztenrente nunmehr allerdings ein Freibetrag unberücksichtigt, der dem Ausgleich des auf Folgen des Arbeitsunfalls/der Berufskrankheit beruhenden immateriellen Schadens des Verletzten dient (§ 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchst a SGB VI). Das Gesetz trägt damit jedenfalls zukunftsgerichtet dem verfassungsrechtlich zur Vermeidung einer unverhältnismäßigen Schrankenbestimmung des dem Schutz der Eigentumsgarantie (Art 14 Abs. 1 Satz 1 GG) unterfallenden Werts des Rentenrechts der gesetzlichen Rentenversicherung und einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung der Bezieher von Unfallrenten, Gebotenen Rechnung. Hierzu setzt es den Teil der Verletztenrente, der dem Ausgleich "immaterieller Schäden" dient und damit rechnerisch nicht in die Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge einzubeziehen ist, grundsätzlich pauschal demjenigen Betrag gleich, der bei gleichem Grad der MdE als Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz geleistet würde (BSG, Urteil vom 31. März 1998 – B 4 RA 118/95 R –, SozR 3-2600 § 311 Nr. 2, SozR 3-2600 § 93 Nr. 6, SozR 3-2600 § 266 Nr. 1, Rn. 24).
Die Ausnahmeregelung des § 93 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI, nach welcher die Absätze 1 bis 4 nicht angewendet werden, wenn die Rente aus der Unfallversicherung für einen Versicherungsfall geleistet wird, der sich nach Rentenbeginn oder nach Eintritt der für die Rente maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit ereignet hat, gilt nur für die Dauer des Bezugs der jeweiligen Rente, findet also bei einer danach beginnenden weiteren Rente aus eigener Versicherung keine Anwendung mehr (Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drs 13/5108 S. 14). Dass es sich bei der Altersrente für schwerbehinderte Menschen um eine weitere Rente aus eigener Versicherung handelt, ergibt sich – wie das Sozialgericht im Ergebnis zutreffend ausgeführt hat – bereits aus § 89 SGB VI.
Dieses Ergebnis ist auch sachgerecht. Die Leistung aus der Unfallversicherung ist an die Stelle des neben der Erwerbsminderungsrente erzielten Arbeitsentgelts getreten. Während die Erwerbsminderungsrente aber die reduzierte Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung ausgleicht – das daneben erzielte Arbeitsentgelt also dasjenige war, welches trotz der Krankheit oder Behinderung noch erzielbar war – handelt es sich bei der Altersrente für schwerbehinderte Menschen, welche der Kläger bezieht – ebenso wie bei der Regelaltersrente – um eine typisierte Rente, der die Annahme zugrunde liegt, dass es dem Versicherten ab Erreichen der Altersgrenze grundsätzlich wegen des mit dem Alterungsprozess einhergehenden Kräfteabbaus nicht mehr zumutbar ist, seinen Lebensunterhalt durch Erbringung einer Arbeitsleistung zu sichern (Uta Freudenberg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 35 SGB VI, Rn. 10). Nur wenn nach Beginn dieser weiteren Rente dennoch eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, an deren Stelle dann später Leistungen aus der Unfallversicherung treten, ist es gerechtfertigt, die Altersrente ungemindert zu lassen. Der Vortrag, der Kläger sei ja weiterhin nur eingeschränkt in der Lage zu einer Erwerbstätigkeit, ist bei Zugrundelegung dieser typisierenden Betrachtung, die eben davon ausgeht, dass nach Eintritt des Rentenalters eine Erwerbstätigkeit ohnehin nicht mehr zumutbar ist, nicht beachtlich.
Soweit der Kläger eine Ungleichbehandlung geltend macht, liegt eine solche fraglos vor, das Argument trägt aber nichts aus, denn die Ungleichbehandlung ist nicht willkürlich, sondern ergibt sich aus der Erhöhung der Altersgrenze, die dem demografischen Wandel geschuldet ist. Die Erhöhung der Altersgrenzen in der Gesetzlichen Rentenversicherung selbst ist – mit allen entsprechenden Folgen – verfassungsrechtlich unbedenklich. Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist von der Rechtsprechung nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat (BVerfG, Beschluss vom 11. November 2008 – 1 BvL 3/05, 1 BvL 4/05, 1 BvL 5/05, 1 BvL 6/05, 1 BvL 7/05 –, BVerfGE 122, 151-190, juris). Im Bereich des Sozialrechts hat der Gesetzgeber überdies grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum, insbesondere was die Abgrenzung des begünstigten Personenkreises und die Bezugsdauer der einzelnen Sozialleistung anbelangt (BSG, Urteil v. 19. Februar 2009 - B 10 KG 2/07 R - SozR 4-5870 § 1 Nr. 2, juris, mit weiteren Nachweisen insbesondere auch zur verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung). Eine Überschreitung dieser weiten verfassungsrechtlichen Grenzen bei der Wahrnehmung des gesetzgeberischen Regelungsermessens ist auch im vorliegend zu beurteilenden Zusammenhang nicht ersichtlich. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Revision gegen dieses Urteil war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
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