Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 16 AS 1645/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 833/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Januar 2015 aufgehoben und der Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 12. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. April 2014 verurteilt, den Klägern ein Darlehen in Höhe von insgesamt 1.510,00 EUR zu gewähren.
Der Beklagte trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Kläger des Berufungsverfahrens. Im Übrigen verbleibt es bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die darlehensweise Übernahme vom Mietschulden in Höhe von 1.510,00 EUR streitig.
Der 1978 geborene Kläger und die 1980 geborene Klägerin, beide italienische Staatsangehörige, sind verheiratet und beziehen mit ihren am 02.04.2009 und 05.09.2015 geborenen Kindern laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II); u. a. wurden den Klägern und ihrem Sohn R. mit Bescheid vom 24.04.2012 Leistungen für die Zeit vom 01.05.2012 bis 31.10.2012 in Höhe von monatlich 1.183,00 EUR bewilligt, wobei als Unterkunftskosten eine Kaltmiete in Höhe von 354,00 EUR und Heizkosten in Höhe von 474,00 EUR berücksichtigt wurden. Zuletzt wurden mit Änderungsbescheid vom 10.11.2015 Leistungen für die Zeit vom 01.03.2015 bis 30.04.2016 gewährt.
Die Kläger haben gemeinsam ab dem 01.11.2010 eine 70 m² große Wohnung in P. angemietet. Für die Wohnung waren bis zum 28.02.2013 eine monatliche Kaltmiete in Höhe von 354,00 EUR sowie Vorauszahlungen für Heizung, Warmwasser und Betriebskosten in Höhe von 120,00 EUR zu zahlen. Mit Schreiben vom 01.02.2013 teilte die Vermieterin den Klägern mit, die Miete werde, wie persönlich besprochen, ab dem 01.03.2013 um 76,00 EUR pro Monat erhöht. Die neue monatlich angepasste Miete betrage 430,00 EUR; die Nebenkosten würden ebenfalls angepasst und auf 150,00 EUR erhöht. Nach Vorlage dieses Schreibens wies der Beklagte die Kläger unter dem 12.03.2013 darauf hin, dass die ab März 2013 geltend gemachten Kosten für Unterkunft und Heizung unangemessen seien. Angemessen sei eine Kaltmiete in Höhe von 383,25 EUR. Ab November 2013 werde nur noch dieser Betrag als angemessen anerkannt. Die Kläger wurden aufgefordert, sich um eine neue, kostenangemessene Wohnung zu bemühen oder die Kosten auf andere Weise zu senken. Am 02.02.2012 reichten die Kläger die Betriebskostenabrechnung für den Zeitraum 01.10.2010 bis 30.09.2011 ein, aus der sich ein nachzuzahlender Betrag in Höhe von 239,19 EUR ergab. Der Nachzahlungsbetrag wurde von der Beklagten in voller Höhe übernommen. Die Forderung in Höhe von 236,66 EUR, die sich aus der am 10.12.2012 eingereichte Betriebskostenabrechnung vom 07.12.2012 für den Abrechnungszeitraum 01.10.2011 bis 30.09.2012 ergab, wurde mit Bescheid vom 10.12.2012 zunächst abgelehnt, auf den Widerspruch der Kläger aber mit Bescheid vom 12.03.2013 bewilligt. Der sich aus der Betriebskostenabrechnung vom 07.01.2014 für die Zeit vom 01.10.2012 bis 30.09.2013 ergebenden Nachforderung in Höhe von 43,43 EUR entsprach der Beklagte mit Bescheid vom 23.01.2014 in voller Höhe. Mit Schreiben vom 10.03.2014 beantragte der Kläger die darlehensweise Übernahme von Mietschulden. Hierzu legte er ein Schreiben der Vermieterin vor, aus dem sich ergibt, dass sich auf dem Mietzahlungskonto der Familie seit Anfang 2011 Mietschulden in Höhe von 1.760,00 EUR angehäuft hätten. Hierbei handle es sich sowohl um Kosten für die Miete als auch für Nebenkosten. Die Vermieterin forderte den Kläger auf, den Betrag bis zum 15.04.2014 zu begleichen; mit Teilzahlungen sei sie nicht einverstanden. Sollte das Geld nicht fristgerecht eingehen, werde sie das Mietverhältnis kündigen.
Mit Bescheid vom 12.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.04.2014 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, die Miete sei unangemessen, da die Mietobergrenze 403,50 EUR betrage; die Wohnung sei somit nicht erhaltenswert.
Hiergegen haben die Kläger am 13.05.2014 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und zur Begründung vorgetragen, die Vermieterin beabsichtige nach wie vor, das Mietverhältnis zu kündigen. Sie hätten jedoch mit ihr aushandeln können, dass sie den Ausgang des vorliegenden Klageverfahrens abwarte. Die Wohnung sei kostenangemessen, der Mietspiegel des Beklagten aus dem Jahre 2008 unwirksam. Im Übrigen liege nur eine geringfügige Überschreitung des Mietzinses zu dem von dem Beklagten zugrunde gelegten Referenzbetrag vor. Dieser Differenzbetrag werde aus dem Regelbedarf erbracht, wozu die Kläger wirtschaftlich im Stande seien. Außerdem hätten Sie in der Vergangenheit zwei weitere Darlehensverpflichtungen an den Beklagten begleichen können.
Der Beklagte hat vorgetragen, einen Quadratmeterpreis in Höhe von 5,38 EUR für eine Wohnung mit 75 m² Wohnfläche zugrunde zu legen. Bei seiner Berechnung habe er sich auf den qualifizierten Mietspiegel der Stadt P. gestützt.
Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 27.01.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die darlehensweise Übernahme der Mietschulden lägen nicht vor. Die Kosten für die Wohnung lägen nicht innerhalb der Angemessenheitsgrenze. Als angemessene Wohnfläche sei im vorliegenden Fall bei einem 3-Personen-Haushalt unter Heranziehung der Wohnflächengrenzen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau eine Größe von 75 m² anzunehmen. Der Beklagte stütze im vorliegenden Fall seine ermittelte Referenzmiete auf einen qualifizierten Mietspiegel 2013. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) habe in seinem Beschluss vom 19.10.2010 (L 7 AS 3934/10 ER-B) zum Mietspiegel für die Stadt P. aus dem Jahre 2008 die Auffassung vertreten, dass dieser geeignet sei, als Grundlage für die Ermittlung eines schlüssigen Konzepts zu dienen. Diese Ausführungen gelten nach Auffassung des SG auch für den Mietspiegel 2013. Dass für den Mietspiegel 2013 nur 12.500,00 Wohnungen für die Stichprobe ausgesucht worden seien und der auswertbare Rücklauf nur 1.424 Fragebögen umfasst habe, führe zu keiner wesentlichen Änderung. Demzufolge seien vom ab 2013 geltenden Mietspiegel 445 Wohnungen für eine Größe von 60 bis 80 m² erfasst. Unter Einbeziehung der Wohnungen mit einfacher Ausstattung (9) sowie der Wohnungstypen B 2 (57) und B 1 (51) werde die 20%-Grenze von 89 überschritten. Der darauffolgende Wohnungstyp D 3 sei somit als maßgeblicher Wert für die Referenzmiete heranzuziehen. Demnach ergebe sich ein Quadratmeter-Preis von 5,38 EUR, den der Beklagte im Ergebnis zutreffend ermittelt habe. Unter Anwendung der Produkttheorie (75 m² x 5,38 EUR) ergebe sich ein Kaltmietzins in Höhe von 403,50 EUR. Die anfallenden Neben- und Heizkosten würden von dem Beklagten in vollem Umfang anerkannt. Demnach lägen die Kosten für die Unterkunft 26,50 EUR über dem Betrag für eine angemessene Wohnung. Zwar könnten in Ausnahmefällen auch die Schulden für eine kostenunangemessene Wohnung nach § 22 Abs. 8 SGB II übernommen werden, z. B. wenn die Leistungsempfänger über Erwerbseinkommen verfügten und davon auszugehen sei, dass der geringfügige Differenzbetrag aus dem Freibetrag für Erwerbseinkommen "gezahlt" werden könne. Hierfür bestünden jedoch im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte. Die darlehensweise Schuldenübernahme würde dazu führen, dass die Kläger nicht nur den Differenzbetrag in Höhe von 26,50 EUR aus der Regelleistung zu entnehmen hätten, sondern außerdem die Rückzahlungsverpflichtung aus dem Darlehen selbst, die bei zwei Darlehensnehmern und einer Rückzahlungsverpflichtung in Höhe von 10 % des Regelsatzes etwa weitere 70,00 EUR monatlich betragen würde. Wie die Kläger diesen Betrag aufbringen wollten, wenn sie gleichzeitig angeben, kein Geld für die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln von P. zum Gerichtstermin nach K. vorstrecken zu können, erschließe sich nicht. Auch der Hinweis der Kläger, sie hätten in der Vergangenheit bereits zwei Darlehen an den Beklagten zurückgezahlt, führe zu keinem anderen Ergebnis. Laut vorgelegtem Darlehensvertrag habe die Rückzahlungsverpflichtung im November 2010 begonnen. Laut Schreiben der Vermieterin seien die Zahlungsrückstände aus dem Mietverhältnis Anfang des Jahres 2011 entstanden. Somit bestünden gewichtige Anhaltspunkte, dass die Kläger mit der Rückzahlung der Darlehenssumme und der Zahlung der vollen Miete, die damals außerdem noch in vollem Umfang von dem Beklagten übernommen worden sei, überlastet gewesen seien.
Gegen das am 09.02.2015 zugestellte Urteil haben die Kläger am 04.03.2015 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, es werde durch das SG nicht nachvollziehbar dargelegt, ob der streitentscheidende Mietspiegel aus dem Jahr 2013 den vom BSG vorgegebenen Prinzipien entspreche. Die zitierte Entscheidung des LSG betreffe den Mietspiegel des Jahres 2008. Der Mietspiegel sei schlicht nicht geeignet, als Grundlage für die Ermittlung eines schlüssigen Konzepts zu dienen, so dass bereits eine Überschreitung der Unterkunftskosten im hiesigen Fall für eine angemessene Wohnung nicht vorliege. Unterstellt, der Mietspiegel wäre geeignet, so sei die Überschreitung in Höhe von 26,50 EUR minimal und geringfügig. Soweit das SG darauf abstelle, dass die Kläger nicht dazu im Stande seien, den Differenzbetrag in Höhe von 26,50 EUR zuzüglich der 70,00 EUR für die Darlehensrückführung aufzubringen, da insbesondere ein Erwerbseinkommen neben dem Leistungsbezug nicht zur Verfügung stehe, werde verkannt, dass die Kläger in der Vergangenheit zwei Darlehen ordnungsgemäß zurückgeführt hätten. Auch in dieser Zeit seien sie mit monatlichen Belastungen in Höhe von 100,00 EUR hingekommen, was folglich auch mit einer Belastung von 96,00 EUR, wie vom SG errechnet, erfolgen werde. Dem Umstand, dass die Kläger kein Geld für die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Gerichtstermin hätten vorstrecken können, sei kein großes Gewicht beizumessen. Die Vermieterin habe bis dato nur mit Mühe von der Einleitung einer Räumungsklage zurückgehalten werden können, da das Verfahren noch anhängig sei. Mit einer Räumungsklage seien weitere erhebliche Kosten für die Kläger zu befürchten. Letztlich müssten im Rahmen eines Räumungsprozesses gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB innerhalb von zwei Monaten nach Rechtshängigkeit eine Übernahmeverpflichtungserklärung zur Verhinderung von Wohnungslosigkeit wiederum von der Beklagten eingeholt werden, so dass letztlich nur unnötig weitere Rechtsanwalts- und Gerichtskosten entstünden.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Januar 2015 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 12. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. April 2014 zu verurteilen, ihnen ein Darlehen in Höhe von 1.510,00 EUR zu gewähren, hilfsweise, über den Antrag auf darlehensweise Übernahme der Mietschulden vom 10.03.2014 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist im Wesentlichen auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung und trägt ergänzend vor, das LSG habe auch in seinem Urteil vom 26.09.2014 (L 12 AS 1975/13) ausgeführt, dass in den Fällen, in denen ein schlüssiges Konzept fehle, auf einen qualifizierten Mietspiegel zurückgegriffen werden könne. Ein solcher qualifizierter Mietspiegel liege im Falle der Stadt P. vor und werde als Grundlage der Ermittlung für die Mietobergrenze für Wohnungen einfachen Standards herangezogen. Das SG habe zutreffend ausgeführt, dass die Kläger nicht in der Lage seien, ihrer Rückzahlungsverpflichtung nachzukommen. Die Kläger wiesen zu Recht darauf hin, dass ihnen schon Darlehen bewilligt worden seien. Diese Darlehen seien mit monatlichen Raten ab November 2010 getilgt worden, was wohl zur Folge gehabt habe, dass den Klägern die finanziellen Mittel gefehlt hätten, ihre Miete frist- und ordnungsgemäß zu zahlen. Wenn nun vorgetragen werde, die Kläger würden das Darlehen, das sie jetzt begehren, ordnungsgemäß zurückführen, stelle sich die Frage, warum sie nicht längst begonnen hätten, von ihrem Geld einen Betrag an die Vermieterin zur Tilgung der Mietschulden abzuführen. Durch den Beklagten seien die Kosten der Unterkunft und die Nebenkosten, die in den Mietschulden enthalten seien, bereits übernommen worden. Eine erneute Zahlung komme nicht in Betracht.
Der Senat hat die Vermieterin der Kläger A. C. schriftlich als Zeugin vernommen. Diese hat mit Schreiben vom 11.09.2015 mitgeteilt, die Mietrückstände hätten sich ursprünglich auf 1.760,00 EUR belaufen, wobei 57,91 EUR auf eine Nebenkostennachzahlung für das Jahr 2011, 1.422,00 EUR auf Miete und Nebenkosten für Juli, August und September 2012, 236,66 EUR auf die Nebenkostennachzahlung 2012 und 43,43 EUR auf die Nebenkostennachzahlung 2013 entfielen. In diesem Jahr habe der Kläger insgesamt 250,00 EUR zurückbezahlt, sodass sich die Mietrückstände noch auf 1.510,00 EUR beliefen. Nachdem der Kläger auf zahlreiche telefonische und mündliche Aufforderungen nicht reagiert habe, habe sie am 07.03.2014 eine Frist gesetzt, die gesamten Rückstände zu begleichen. Dies mit der Androhung der Kündigung. Auf monatliche Zahlungen sei sie nicht mehr eingegangen, da die Kläger nicht mehr glaubwürdig gewesen seien. Sie habe die Kündigung zurückgenommen, nachdem der Kläger zugesagt habe, dass das Jobcenter die gesamten Mietrückstände an sie überweise.
Im Rahmen eines am 23.07.2015 durch die Berichterstatterin durchgeführten Termins zur Erörterung des Sachverhalts hat der Beklagtenvertreter eine Übersicht über die ab dem 01.03.2015 in der Stadt P. geltenden Mietobergrenzen sowie die Mietspiegel der Stadt P. ab März 2011 vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor. Die Berufung ist auch begründet.
Die Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, 4 SGG) ist zulässig und begründet. Der Bescheid vom 12.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.04.2014, mit dem der Antrag auf darlehensweise Übernahme der Mietschulden vom 11.03.2014 abgelehnt worden ist, ist rechtswidrig.
Die Kläger, die als erwerbsfähige Hilfebedürftige jedenfalls seit Mai 2012 durchgehend Leistungen für Unterkunft und Heizung beziehen - zuletzt sind Leistungen mit Änderungsbescheid vom 10.11.2015 für die Zeit vom 01.03.2015 bis 30.04.2016 bewilligt worden - haben Anspruch auf ein Darlehen für Mietschulden in Höhe von 1510,00 EUR.
Rechtsgrundlage für die begehrte Übernahme der Mietschulden ist § 22 Abs. 8 SGB II. Sofern Arbeitslosengeld II für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.
Den nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 17.06.2010, B 14 AS 58/09 R, Juris) erforderlichen gesonderten Antrag auf Übernahme der Schulden haben die Kläger am 11.03.2014 gestellt.
Bei dem zuletzt geltend gemachten Betrag in Höhe von 1.510,00 EUR handelt es sich um Schulden im Sinne des § 22 Abs. 8 SGB II. Die Abgrenzung von Schulden nach § 22 Abs. 8 SGB II von den übrigen Kosten der Unterkunft und Heizung, die nach § 22 Abs. 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen sind, ist unabhängig von der zivilrechtlichen Einordnung zu treffen. Ausgehend vom Zweck der Leistungen nach dem SGB II ist danach zu unterscheiden, ob es sich um einen tatsächlich eingetretenen und bisher noch nicht von dem SGB II-Träger gedeckten Bedarf handelt oder nicht (BSG, Urteil vom 22.03.2010, B 4 AS 62/09 R, Juris). Soweit die Kläger in den Monaten Juli, August und September 2012 mit den laufenden Miet- und Nebenkostenzahlungen in Rückstand geraten sind und die Nebenkostennachzahlungen für die Jahre 2011, 2012 und 2013 nicht gezahlt haben, handelt es sich bei den aufgelaufenen Beträgen schon deswegen um Schulden im Sinne des § 22 Abs. 8 SGB II, weil der Beklagte den Anspruch auf Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in vollem Umfang, also in Höhe der tatsächlichen Miete erfüllt hat. Im Hinblick auf die Kosten für Unterkunft und Heizung lässt aber die zweckwidrige Verwendung der vom Träger der Grundsicherung bewilligten Mittel durch den Hilfeempfänger einen erneuten Anspruch nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nicht entstehen. Sind insoweit Schulden entstanden, kann nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen des § 22 Abs. 8 SGB II ein Anspruch auf deren Übernahme bestehen (BSG, Urteil vom 17.06.2010, a.a.O.). In den Monaten Juli, August und September 2012 wurde die Miete ausweislich des Bescheids vom 24.04.2012, mit dem Leistungen für die Monate Mai bis Oktober 2012 bewilligt wurden, in tatsächlicher Höhe von 474,00 EUR übernommen. Auch die Nebenkostennachzahlungen für die Jahre 2011, 2012 und 2013 wurden durch den Beklagten in voller Höhe bewilligt und an die Kläger gezahlt, so dass es sich bei den Mietrückständen in Höhe von 1.510,00 EUR um Schulden und nicht um ggf. nach § 22 Abs. 1 SGB II ungedeckten Bedarf handelt.
Die Wohnung ist angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. § 22 Abs. 8 Satz 1 SGB II schützt nach seinem Wortlaut die Wohnung dann, wenn ihr Erhalt durch die Übernahme von Schulden gerechtfertigt ist. Grundsätzlich wird für eine Übernahme der Schulden zu fordern sein, dass die laufenden Kosten für die Unterkunft abstrakt angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind. Der mit der Übernahme der Schulden bezweckte langfristige Erhalt einer Wohnung erscheint nur dann gerechtfertigt, wenn die (künftigen) laufenden Kosten dem entsprechen, was innerhalb des nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Bezug zu nehmenden Vergleichsraumes von dem Träger der Grundsicherung zu übernehmen ist (BSG, Urteil vom 17.06.2010, B 14 AS 58/09 R, Juris). Soweit der Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid die Schuldenübernahme allein mit der Begründung abgelehnt hat, die Wohnung sei nicht angemessen und daher nicht erhaltenswert, folgt der Senat dem nicht. Die laufenden Kosten für die durch die Kläger bewohnte 70 m² große Wohnung in Höhe von 430,00 EUR Kaltmiete und 150,00 EUR für die Nebenkosten sind jedenfalls seit der Geburt des zweiten Kindes im September 2015 angemessen. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Angemessenheit ist der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Auch soweit der Verwaltung - wie hier im Rahmen des § 22 Abs. 8 Satz 1 und Satz 2 SGB II - ein Ermessen oder ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, gilt der Grundsatz, dass der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend ist, weil das Bescheidungsbegehren der Kläger auf die Verurteilung der Verwaltung zu einer künftigen Entscheidung gerichtet ist, wohingegen bei Prognoseentscheidungen grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens abzustellen ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., 2014, § 54 Rdnr. 34 a, m.w.N.).
Die Angemessenheit ergibt sich bereits aus der durch den Beklagten selbst seit dem 01.03.2015 herangezogenen Angemessenheitsgrenze. Demnach ist bei einer Haushaltsgröße von vier Personen eine Mietobergrenze für Bruttokaltmiete von 679,00 EUR angemessen; diese setzt sich aus einer Nettokaltmiete von 499,43 EUR, kalten Nebenkosten in Höhe von 72,89 EUR, Müll in Höhe von 20,15 EUR sowie Wasser und Abwasser in Höhe von 86,14 EUR zusammen. Dass die auf der Grundlage der qualifizierten Mietspiegel 2010 und 2012 ermittelten Mietobergrenzen der Beklagten für die Stadt P. nicht zu beanstanden sind, hat der 12. Senat des LSG in seiner Entscheidung vom 26.09.2014 (L 12 AS 1975/13) ausführlich dargestellt; der Senat schließt sich dieser Einschätzung uneingeschränkt an und hat keine Zweifel an der Angemessenheit der von der Beklagten seit März 2015 herangezogenen Mietobergrenze für die Bruttokaltmiete. Der durch die Beklagte ermittelte Betrag liegt auch über dem sich aus § 12 Abs. 1 WoGG (Wohngeldgesetz) in der ab dem 01.10.2011 bis 31.12.2015 gültigen Fassung vom 09.12.2010 ergebenden Betrag. Für vier Haushaltsmitglieder in der Mietenstufe 3, der P. nach der Anlage zu § 1 Abs. 3 Wohngeldverordnung (WoGV) zuzuordnen ist, ist danach ein Betrag von 556,00 EUR heranzuziehen, zuzüglich des Sicherheitszuschlags von 10 % ein Betrag in Höhe von 611,60 EUR. Auch unter Berücksichtigung der Werte aus der Wohngeldtabelle wäre die Bruttokaltmiete der Kläger von 580,00 EUR damit als angemessen anzusehen. Die laufenden Kosten sind durch den Beklagten zu übernehmen, obwohl sie aus einer Mieterhöhung vom 01.02.2013 zum 01.03.2013 resultieren, bei der die monatliche Kaltmiete von zuvor 354,00 EUR auf 430,00 EUR erhöht wurde. Gemäß § 558 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BSG) in der bis zum 30.04.2013 gültigen Fassung vom 02.01.2002 (a.F.) kann die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete in dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten soll, seit 15 Monaten unverändert ist. Das Mieterhöhungsverlangen kann frühestens ein Jahr nach der letzten Mieterhöhung geltend gemacht werden. Bei Erhöhungen darf sich gemäß § 558 Abs. 3 BGB a.F. die Miete innerhalb von drei Jahren nicht um mehr als 20 v. H. erhöhen (Kappungsgrenze). Gemessen an dieser Kappungsgrenze wäre eine Erhöhung der Miete, die zuvor seit Beginn des Mietverhältnisses am 01.11.2010 nicht erhöht worden war, höchstens auf 424,80 EUR möglich gewesen. Die zivilrechtliche Unwirksamkeit der Mieterhöhung steht aber der Berücksichtigungsfähigkeit der tatsächlichen Aufwendungen nicht entgegen. Die tatsächlichen Aufwendungen sind berücksichtigungsfähig, soweit sie auf der Grundlage einer mit dem Vermieter getroffenen Vereinbarung beruhen und vom erwerbsfähigen Hilfebedürftigen tatsächlich gezahlt werden. Ausreichend ist, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige einer ernsthaften Mietzinsforderung ausgesetzt ist (BSG, Urteil v. 07.05.2009, B 14 AS 31/07 R, Juris). Eine Ausnahme hiervon ist lediglich für Fallgestaltungen zu erwägen, bei denen die Unwirksamkeit der getroffenen Vereinbarung entweder bekannt ist oder bekannt sein müsste; wofür vorliegend keine Anhaltspunkte bestehen. Aufwendungen für Kosten der Unterkunft, die auf einer zivilrechtlich unwirksamen Grundlage beruhen, können und dürfen allerdings nicht dauerhaft aus öffentlichen Mitteln bestritten werden. Der Grundsicherungsträger, der eine Vereinbarung über Unterkunftskosten für unwirksam hält, kann das Kostensenkungsverfahren nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II betreiben, denn eine auf Grund einer unwirksamen Vereinbarung getätigte Zahlung ist grundsätzlich nicht angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Dies gilt unabhängig von einer (allgemeinen) Angemessenheitsprüfung, da sich die Unangemessenheit der getätigten Aufwendungen - auch soweit die Angemessenheitsgrenze des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nach allgemeinen Grundsätzen nicht überschritten wird - allein aus der zivilrechtlichen Unwirksamkeit der angeblichen Forderung ergibt. Die Kostensenkungsaufforderung darf sich - unbeschadet der ansonsten hierzu geltenden Grundsätze - in diesem Fall ausnahmsweise aber nicht darauf beschränken, dem Hilfebedürftigen lediglich den nach Auffassung des Grundsicherungsträgers angemessenen Mietzins und die Folgen mangelnder Kostensenkung vor Augen zu führen. Vielmehr muss dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen der Rechtsstandpunkt des Grundsicherungsträgers und das von diesem befürwortete Vorgehen gegenüber dem Vermieter in einer Weise verdeutlicht werden, die ihn zur Durchsetzung seiner Rechte gegenüber dem Vermieter in die Lage versetzt. Bis zu den erforderlichen Erläuterungen durch das Informationsschreiben sind Maßnahmen der Kostensenkung für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen regelmäßig subjektiv unmöglich im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II, es sei denn, nach den Umständen des konkreten Einzelfalls ist aufgrund des Kenntnisstands des Hilfebedürftigen eine derartige Information entbehrlich (BSG, Urteil vom 22.09.2009, B 4 AS 8/09 R, Juris). Diesen Anforderungen genügt das Schreiben des Beklagten vom 12.03.2013 nicht. Der Beklagte weist die Kläger in diesem Schreiben allein auf die aus seiner Sicht nach der Erhöhung zum 01.03.2013 unangemessene Höhe der Kaltmiete und die geltende Mietobergrenze von 383,25 EUR hin, die ohne Nachweis (näher dargelegter) Kostensenkungsbemühungen ab dem 01.11.2013 übernommen werde. Hinweise auf ein mögliches Vorgehen gegen den Vermieter zur Durchsetzung der Rechte fehlen. Der Beklagte kann sich daher nicht auf eine mögliche zivilrechtliche Unwirksamkeit der Mieterhöhung zum 01.03.2013 berufen.
Das dem Beklagten nach § 22 Abs. 8 Satz 1 SGB II eingeräumte Ermessen ist vorliegend nach Satz 2 im Sinne eines sog. gebundenen Ermessens eingeschränkt, da die Übernahme der Schulden gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht (zur Ermessensentscheidung vgl. Luik in Eicher, SB II, 3. Aufl., 2013, § 22 Rdnr. 246 ff.). Gerechtfertigt und notwendig im Sinne des § 22 Abs. 8 Satz 2 SGB II ist die Schuldenübernahme grundsätzlich dann, wenn anderenfalls die Wohnungslosigkeit nicht mehr abgewendet werden kann (Luik in Eicher, a.a.O., § 22 Rdnr. 248, mw.N.).
Bei den Klägern besteht die Gefahr der Wohnungslosigkeit. Drohende Wohnungslosigkeit, die einen Anspruch auf Übernahme von Schulden nach § 22 Abs. 8 SGB II auslöst, bedeutet nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 17.06.2010, a.a.O.) den drohenden Verlust der bewohnten kostenangemessenen Wohnung bei fehlender Möglichkeit, ebenfalls angemessenen Ersatzwohnraum zu erhalten.
Der Senat ist vom drohenden Verlust der bewohnten und - wie dargelegt - inzwischen kostenangemessenen Wohnung überzeugt. Die Mietrückstände belaufen sich auf 1.510,00 EUR; sie setzen sich aus Kaltmiete und Nebenkosten für die Monate Juli bis September 2012 (insgesamt 1.422,00 EUR) sowie den Nebenkostennachzahlungen für die Jahre 2011 (57,91 EUR), 2012 (236,66 EUR) und 2013 (43,43 EUR) zusammen. Nachdem die Kläger damit mit mehr als zwei Monatsmieten für zwei aufeinander folgende Termine und in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrags in Verzug sind, der die Miete für zwei Monate erreicht, liegt ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 2 Ziff. 3 a) und b) BGB vor, der die Vermieterin berechtigt, außerordentlich fristlos zu kündigen (§ 543 Abs. 1 BGB ). Die fristlose Kündigung ist durch die Vermieterin bereits ausgesprochen worden; der Umstand, dass die Vermieterin im Hinblick auf die durch die Kläger in Aussicht gestellte Zahlung durch den Beklagten, die Kündigung wieder rückgängig gemacht hat, führt nicht dazu, dass die Gefahr der Wohnungslosigkeit nicht mehr bestünde. Drohende Wohnungslosigkeit besteht nicht erst bei drohender Obdachlosigkeit, sondern ab dem Zeitpunkt, in dem der Leistungsberechtigte die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr in der Hand hat, sondern auf die Bereitschaft des Vermieters zur Fortsetzung des Mietverhältnisses angewiesen ist, insbesondere, wenn die angehäuften Mietschulden den Vermieter zu einer Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen. Haben sich derartige Mietschulden angehäuft, die eine fristlose Kündigung im Sinne des § 543 BGB rechtfertigen würdigen, droht die Gefahr der Wohnungslosigkeit ungeachtet der dem Hilfebedürftigen und dem Sozialleistungsträger nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB eröffneten Möglichkeit, das Mietverhältnis zu retten (Luik in Eicher, a.a.O., § 22 Rdnr. 241).
Es fehlt auch an der Möglichkeit, angemessenen Ersatzwohnraum zu erhalten. Diese Voraussetzung ist nur dann erfüllt, wenn eine den Angemessenheitskriterien entsprechende Wohnung konkret für den Hilfebedürftigen anmietbar ist. Ersatzwohnungen stehen beispielsweise dann zur Verfügung, wenn der Träger der Grundsicherung auf ein sog. "geschütztes Marktsegment" zurückgreifen kann und dem Hilfebedürftigen eine Ersatzwohnung anbietet bzw. vermittelt. Dagegen ist bei der Frage der drohenden Wohnungslosigkeit unerheblich, ob der Markt allgemein "entspannt" ist bzw. es anderen Hilfebedürftigen regelmäßig gelingt (etwa im Rahmen von Kostensenkungsbemühungen nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II), eine Ersatzwohnung zu finden (BSG, Urteil vom 17.06.2010, a.a.O.). Anderweitiger Wohnraum wurde den Klägern durch den Beklagten weder angeboten noch vermittelt.
Nachdem drohende Wohnungslosigkeit vorliegt, sind die Schulden nach § 22 Abs. 8 Satz 2 SGB II zu übernehmen. Die Feststellung, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des Satzes 2 gegeben sind, bedeutet zugleich, dass dem Beklagten für die Ausübung seines Ermessens regelmäßig kein Spielraum verbleibt. Ein atypischer Ausnahmefall, bei dem die Übernahme der Schulden abgelehnt werden könnte, liegt nicht vor. Den Interessen der Allgemeinheit an der zweckentsprechenden Verwendung von Steuergeldern ist zum einen dadurch Rechnung getragen, dass die Übernahme von Schulden im Regelfall - wie auch hier - nur darlehensweise erfolgt. Zum anderen wird eine Übernahme der Schulden von dem Träger der Grundsicherung regelmäßig von einer Entscheidung nach § 22 Abs. 7 SGB II im Hinblick auf die künftige Mittelverwendung flankiert und so der zweckentsprechende Einsatz der Steuermittel künftig gesichert. Andere Gesichtspunkte, die im Anwendungsbereich des Satzes 1 in die Ermessensentscheidung mit einfließen können (etwa die Höhe der Schulden im Vergleich zu den im Falle eines Umzugs vom Träger aufzuwendenden Folgekosten), finden im Rahmen des Satzes 2 schon deshalb keine Berücksichtigung mehr, weil bei drohender Wohnungslosigkeit die Alternative einer konkreten Unterkunftsmöglichkeit nicht besteht. Schließlich tritt auch wirtschaftlich unvernünftiges (vorwerfbares) Handeln des Hilfebedürftigen, das die drohende Wohnungslosigkeit (mit-)verursacht haben mag, in Fällen des Satzes 2 ganz regelmäßig zurück. Da in erster Linie solche Verbindlichkeiten überhaupt nur unter den Begriff der Schulden nach Absatz 8 fallen, die auf ein (mehr oder weniger nachvollziehbares) Fehlverhalten des Hilfebedürftigen (sei es während des Leistungsbezuges oder davor) zurückzuführen sind, würde eine Reduzierung der Möglichkeiten der Darlehensgewährung auf die Fälle, in denen den Leistungsbezieher keinerlei Verschulden an der Entstehung von Verbindlichkeiten trifft, den Anwendungsbereich der Vorschrift in nicht gesetzesentsprechender Weise verengen (BSG, Urteil vom 17.06.2010, a.a.O., LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 03.12.2014, L 9 AS 1909/14 B ER, Juris, Luik in Eicher, SGB II, a.a.O., § 22 Rdnr. 249, Berlit in LPK, SGB II, 5. Aufl., § 22 Rdnr. 196, m.w.N.). Ob ausnahmsweise etwas anderes gelten kann, wenn zielgerichtetes Verhalten des Hilfeempfängers (insbesondere im Wiederholungsfall) zu Lasten des Trägers der Grundsicherung nachgewiesen werden kann, kann offen bleiben. Ein entsprechendes zielgerichtetes Verhalten liegt bei den Klägern ebenso wenig vor wie ein Wiederholungsfall. Anhaltspunkte für bereits früher bestehende Mietschulden aufgrund zweckwidriger Verwendung der tatsächlich gezahlten Kosten für Unterkunft und Heizung bestehen nicht; das frühere Darlehen war für die Mietkaution gewährt worden. Auch ist zu berücksichtigen, dass nach der Auskunft der Vermieterin seit der Nebenkostennachzahlung für das Jahr 2013 keine weiteren Mietschulden mehr entstanden sind. Die Ausführungen des SG, eine zweckentsprechende Verwendung der in der Zukunft gewährten Leistungen für Unterkunft und Heizung bei gleichzeitig aufgrund der Rückzahlung des Darlehens reduzierten Leistungen könne zum Entstehen erneuter Mitschulden führen, sind zutreffend, können aber eine Ablehnung der Darlehensgewährung nicht begründen. Der Gefahr erneuter Mietschulden kann durch eine Zahlung der Miete direkt an den Vermieter nach § 22 Abs. 7 SGB II Rechnung getragen werden.
Die Kläger verfügen auch über kein Vermögen, das zur Begleichung der Mietschulden eingesetzt werden könnte. Der Einsatz des Grundfreibetrags nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II kann uneingeschränkt verlangt werden. Insbesondere der Freibetrag für notwendige Anschaffungen nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II, der zwar in § 22 Abs. 8 SGB II nicht erwähnt ist, ist auch und gerade zum Einsatz in unvorhergesehenen Bedarfslagen gedacht, sodass nicht ersichtlich ist, weshalb er in Ansehung von Mietschulden geschützt sein sollte (BSG, Urteil vom 17.06.2010, a.a.O.). Dass die Kläger nicht über entsprechendes Vermögen verfügen, ergibt sich aus ihren Angaben gegenüber dem Beklagten bei Antragstellung auf der Anlage "VM". Anhaltspunkte, an diesen Angaben zu zweifeln, bestehen nicht.
Die Kläger haben damit Anspruch auf Gewährung eines Darlehens in Höhe von 1.510,00 EUR. Das Darlehen zur Deckung von Mietschulden ist unabhängig vom sog. Kopfteilprinzip gleichmäßig auf diejenigen Personen aufzuteilen, die aus dem Mietvertrag verpflichtet sind. Die mit dem Grundsicherungsrecht nach dem SGB II befassten Senate des BSG haben eine Abweichung vom Kopfteilprinzip für diejenigen Fälle bejaht, in denen bei objektiver Betrachtung eine andere Aufteilung angezeigt ist. So liegt es auch bei der Mietschuldenübernahme. Würde das Darlehen gemäß § 22 Abs. 8 SGB II kopfteilig auf die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft verteilt, so folgte hieraus letztlich eine faktische Mithaftung der nicht am Mietvertrag Beteiligten, insbesondere auch der Kinder einer Bedarfsgemeinschaft, für unerfüllte Mietvertragsforderungen. Unter Berücksichtigung der Neuregelung des § 42a Abs. 1 Satz 3 SGB II träfe eine Rückzahlungsverpflichtung unabhängig davon, ob eine Einwirkungsmöglichkeit auf die Zahlungsmoral des mietvertraglich Verpflichteten besteht. Abgesehen davon könnten sich aus der Möglichkeit, die Verpflichtungen aus Mietverträgen auf Dritte zu verlagern, erhebliche Fehlanreize für die Mietvertragspartner ergeben. Daher erscheint es allein sachgerecht, nur die durch den Mietvertrag zivilrechtlich verpflichteten Personen - unter Berücksichtigung des internen Schuldnerausgleichs bei gesamtschuldnerischer Haftung – als Darlehensnehmer anzusehen, soweit sei – wie hier – eine Wohnung gemeinsam nutzen und im Leistungsbezug nach dem SGB II stehen.
Der Bescheid vom 12.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.04.2014 war daher aufzuheben und den Klägern ein Darlehen in beantragter Höhe zu gewähren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens hat der Senat berücksichtigt, dass die Voraussetzungen für die Gewährung eines Darlehens zur Begleichung der Mietschulden erst im Berufungsverfahren eingetreten ist, da erst durch die Geburt des zweiten Kindes der Mietzins angemessen wurde.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Der Beklagte trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Kläger des Berufungsverfahrens. Im Übrigen verbleibt es bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die darlehensweise Übernahme vom Mietschulden in Höhe von 1.510,00 EUR streitig.
Der 1978 geborene Kläger und die 1980 geborene Klägerin, beide italienische Staatsangehörige, sind verheiratet und beziehen mit ihren am 02.04.2009 und 05.09.2015 geborenen Kindern laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II); u. a. wurden den Klägern und ihrem Sohn R. mit Bescheid vom 24.04.2012 Leistungen für die Zeit vom 01.05.2012 bis 31.10.2012 in Höhe von monatlich 1.183,00 EUR bewilligt, wobei als Unterkunftskosten eine Kaltmiete in Höhe von 354,00 EUR und Heizkosten in Höhe von 474,00 EUR berücksichtigt wurden. Zuletzt wurden mit Änderungsbescheid vom 10.11.2015 Leistungen für die Zeit vom 01.03.2015 bis 30.04.2016 gewährt.
Die Kläger haben gemeinsam ab dem 01.11.2010 eine 70 m² große Wohnung in P. angemietet. Für die Wohnung waren bis zum 28.02.2013 eine monatliche Kaltmiete in Höhe von 354,00 EUR sowie Vorauszahlungen für Heizung, Warmwasser und Betriebskosten in Höhe von 120,00 EUR zu zahlen. Mit Schreiben vom 01.02.2013 teilte die Vermieterin den Klägern mit, die Miete werde, wie persönlich besprochen, ab dem 01.03.2013 um 76,00 EUR pro Monat erhöht. Die neue monatlich angepasste Miete betrage 430,00 EUR; die Nebenkosten würden ebenfalls angepasst und auf 150,00 EUR erhöht. Nach Vorlage dieses Schreibens wies der Beklagte die Kläger unter dem 12.03.2013 darauf hin, dass die ab März 2013 geltend gemachten Kosten für Unterkunft und Heizung unangemessen seien. Angemessen sei eine Kaltmiete in Höhe von 383,25 EUR. Ab November 2013 werde nur noch dieser Betrag als angemessen anerkannt. Die Kläger wurden aufgefordert, sich um eine neue, kostenangemessene Wohnung zu bemühen oder die Kosten auf andere Weise zu senken. Am 02.02.2012 reichten die Kläger die Betriebskostenabrechnung für den Zeitraum 01.10.2010 bis 30.09.2011 ein, aus der sich ein nachzuzahlender Betrag in Höhe von 239,19 EUR ergab. Der Nachzahlungsbetrag wurde von der Beklagten in voller Höhe übernommen. Die Forderung in Höhe von 236,66 EUR, die sich aus der am 10.12.2012 eingereichte Betriebskostenabrechnung vom 07.12.2012 für den Abrechnungszeitraum 01.10.2011 bis 30.09.2012 ergab, wurde mit Bescheid vom 10.12.2012 zunächst abgelehnt, auf den Widerspruch der Kläger aber mit Bescheid vom 12.03.2013 bewilligt. Der sich aus der Betriebskostenabrechnung vom 07.01.2014 für die Zeit vom 01.10.2012 bis 30.09.2013 ergebenden Nachforderung in Höhe von 43,43 EUR entsprach der Beklagte mit Bescheid vom 23.01.2014 in voller Höhe. Mit Schreiben vom 10.03.2014 beantragte der Kläger die darlehensweise Übernahme von Mietschulden. Hierzu legte er ein Schreiben der Vermieterin vor, aus dem sich ergibt, dass sich auf dem Mietzahlungskonto der Familie seit Anfang 2011 Mietschulden in Höhe von 1.760,00 EUR angehäuft hätten. Hierbei handle es sich sowohl um Kosten für die Miete als auch für Nebenkosten. Die Vermieterin forderte den Kläger auf, den Betrag bis zum 15.04.2014 zu begleichen; mit Teilzahlungen sei sie nicht einverstanden. Sollte das Geld nicht fristgerecht eingehen, werde sie das Mietverhältnis kündigen.
Mit Bescheid vom 12.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.04.2014 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, die Miete sei unangemessen, da die Mietobergrenze 403,50 EUR betrage; die Wohnung sei somit nicht erhaltenswert.
Hiergegen haben die Kläger am 13.05.2014 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und zur Begründung vorgetragen, die Vermieterin beabsichtige nach wie vor, das Mietverhältnis zu kündigen. Sie hätten jedoch mit ihr aushandeln können, dass sie den Ausgang des vorliegenden Klageverfahrens abwarte. Die Wohnung sei kostenangemessen, der Mietspiegel des Beklagten aus dem Jahre 2008 unwirksam. Im Übrigen liege nur eine geringfügige Überschreitung des Mietzinses zu dem von dem Beklagten zugrunde gelegten Referenzbetrag vor. Dieser Differenzbetrag werde aus dem Regelbedarf erbracht, wozu die Kläger wirtschaftlich im Stande seien. Außerdem hätten Sie in der Vergangenheit zwei weitere Darlehensverpflichtungen an den Beklagten begleichen können.
Der Beklagte hat vorgetragen, einen Quadratmeterpreis in Höhe von 5,38 EUR für eine Wohnung mit 75 m² Wohnfläche zugrunde zu legen. Bei seiner Berechnung habe er sich auf den qualifizierten Mietspiegel der Stadt P. gestützt.
Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 27.01.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die darlehensweise Übernahme der Mietschulden lägen nicht vor. Die Kosten für die Wohnung lägen nicht innerhalb der Angemessenheitsgrenze. Als angemessene Wohnfläche sei im vorliegenden Fall bei einem 3-Personen-Haushalt unter Heranziehung der Wohnflächengrenzen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau eine Größe von 75 m² anzunehmen. Der Beklagte stütze im vorliegenden Fall seine ermittelte Referenzmiete auf einen qualifizierten Mietspiegel 2013. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) habe in seinem Beschluss vom 19.10.2010 (L 7 AS 3934/10 ER-B) zum Mietspiegel für die Stadt P. aus dem Jahre 2008 die Auffassung vertreten, dass dieser geeignet sei, als Grundlage für die Ermittlung eines schlüssigen Konzepts zu dienen. Diese Ausführungen gelten nach Auffassung des SG auch für den Mietspiegel 2013. Dass für den Mietspiegel 2013 nur 12.500,00 Wohnungen für die Stichprobe ausgesucht worden seien und der auswertbare Rücklauf nur 1.424 Fragebögen umfasst habe, führe zu keiner wesentlichen Änderung. Demzufolge seien vom ab 2013 geltenden Mietspiegel 445 Wohnungen für eine Größe von 60 bis 80 m² erfasst. Unter Einbeziehung der Wohnungen mit einfacher Ausstattung (9) sowie der Wohnungstypen B 2 (57) und B 1 (51) werde die 20%-Grenze von 89 überschritten. Der darauffolgende Wohnungstyp D 3 sei somit als maßgeblicher Wert für die Referenzmiete heranzuziehen. Demnach ergebe sich ein Quadratmeter-Preis von 5,38 EUR, den der Beklagte im Ergebnis zutreffend ermittelt habe. Unter Anwendung der Produkttheorie (75 m² x 5,38 EUR) ergebe sich ein Kaltmietzins in Höhe von 403,50 EUR. Die anfallenden Neben- und Heizkosten würden von dem Beklagten in vollem Umfang anerkannt. Demnach lägen die Kosten für die Unterkunft 26,50 EUR über dem Betrag für eine angemessene Wohnung. Zwar könnten in Ausnahmefällen auch die Schulden für eine kostenunangemessene Wohnung nach § 22 Abs. 8 SGB II übernommen werden, z. B. wenn die Leistungsempfänger über Erwerbseinkommen verfügten und davon auszugehen sei, dass der geringfügige Differenzbetrag aus dem Freibetrag für Erwerbseinkommen "gezahlt" werden könne. Hierfür bestünden jedoch im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte. Die darlehensweise Schuldenübernahme würde dazu führen, dass die Kläger nicht nur den Differenzbetrag in Höhe von 26,50 EUR aus der Regelleistung zu entnehmen hätten, sondern außerdem die Rückzahlungsverpflichtung aus dem Darlehen selbst, die bei zwei Darlehensnehmern und einer Rückzahlungsverpflichtung in Höhe von 10 % des Regelsatzes etwa weitere 70,00 EUR monatlich betragen würde. Wie die Kläger diesen Betrag aufbringen wollten, wenn sie gleichzeitig angeben, kein Geld für die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln von P. zum Gerichtstermin nach K. vorstrecken zu können, erschließe sich nicht. Auch der Hinweis der Kläger, sie hätten in der Vergangenheit bereits zwei Darlehen an den Beklagten zurückgezahlt, führe zu keinem anderen Ergebnis. Laut vorgelegtem Darlehensvertrag habe die Rückzahlungsverpflichtung im November 2010 begonnen. Laut Schreiben der Vermieterin seien die Zahlungsrückstände aus dem Mietverhältnis Anfang des Jahres 2011 entstanden. Somit bestünden gewichtige Anhaltspunkte, dass die Kläger mit der Rückzahlung der Darlehenssumme und der Zahlung der vollen Miete, die damals außerdem noch in vollem Umfang von dem Beklagten übernommen worden sei, überlastet gewesen seien.
Gegen das am 09.02.2015 zugestellte Urteil haben die Kläger am 04.03.2015 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, es werde durch das SG nicht nachvollziehbar dargelegt, ob der streitentscheidende Mietspiegel aus dem Jahr 2013 den vom BSG vorgegebenen Prinzipien entspreche. Die zitierte Entscheidung des LSG betreffe den Mietspiegel des Jahres 2008. Der Mietspiegel sei schlicht nicht geeignet, als Grundlage für die Ermittlung eines schlüssigen Konzepts zu dienen, so dass bereits eine Überschreitung der Unterkunftskosten im hiesigen Fall für eine angemessene Wohnung nicht vorliege. Unterstellt, der Mietspiegel wäre geeignet, so sei die Überschreitung in Höhe von 26,50 EUR minimal und geringfügig. Soweit das SG darauf abstelle, dass die Kläger nicht dazu im Stande seien, den Differenzbetrag in Höhe von 26,50 EUR zuzüglich der 70,00 EUR für die Darlehensrückführung aufzubringen, da insbesondere ein Erwerbseinkommen neben dem Leistungsbezug nicht zur Verfügung stehe, werde verkannt, dass die Kläger in der Vergangenheit zwei Darlehen ordnungsgemäß zurückgeführt hätten. Auch in dieser Zeit seien sie mit monatlichen Belastungen in Höhe von 100,00 EUR hingekommen, was folglich auch mit einer Belastung von 96,00 EUR, wie vom SG errechnet, erfolgen werde. Dem Umstand, dass die Kläger kein Geld für die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Gerichtstermin hätten vorstrecken können, sei kein großes Gewicht beizumessen. Die Vermieterin habe bis dato nur mit Mühe von der Einleitung einer Räumungsklage zurückgehalten werden können, da das Verfahren noch anhängig sei. Mit einer Räumungsklage seien weitere erhebliche Kosten für die Kläger zu befürchten. Letztlich müssten im Rahmen eines Räumungsprozesses gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB innerhalb von zwei Monaten nach Rechtshängigkeit eine Übernahmeverpflichtungserklärung zur Verhinderung von Wohnungslosigkeit wiederum von der Beklagten eingeholt werden, so dass letztlich nur unnötig weitere Rechtsanwalts- und Gerichtskosten entstünden.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Januar 2015 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 12. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. April 2014 zu verurteilen, ihnen ein Darlehen in Höhe von 1.510,00 EUR zu gewähren, hilfsweise, über den Antrag auf darlehensweise Übernahme der Mietschulden vom 10.03.2014 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist im Wesentlichen auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung und trägt ergänzend vor, das LSG habe auch in seinem Urteil vom 26.09.2014 (L 12 AS 1975/13) ausgeführt, dass in den Fällen, in denen ein schlüssiges Konzept fehle, auf einen qualifizierten Mietspiegel zurückgegriffen werden könne. Ein solcher qualifizierter Mietspiegel liege im Falle der Stadt P. vor und werde als Grundlage der Ermittlung für die Mietobergrenze für Wohnungen einfachen Standards herangezogen. Das SG habe zutreffend ausgeführt, dass die Kläger nicht in der Lage seien, ihrer Rückzahlungsverpflichtung nachzukommen. Die Kläger wiesen zu Recht darauf hin, dass ihnen schon Darlehen bewilligt worden seien. Diese Darlehen seien mit monatlichen Raten ab November 2010 getilgt worden, was wohl zur Folge gehabt habe, dass den Klägern die finanziellen Mittel gefehlt hätten, ihre Miete frist- und ordnungsgemäß zu zahlen. Wenn nun vorgetragen werde, die Kläger würden das Darlehen, das sie jetzt begehren, ordnungsgemäß zurückführen, stelle sich die Frage, warum sie nicht längst begonnen hätten, von ihrem Geld einen Betrag an die Vermieterin zur Tilgung der Mietschulden abzuführen. Durch den Beklagten seien die Kosten der Unterkunft und die Nebenkosten, die in den Mietschulden enthalten seien, bereits übernommen worden. Eine erneute Zahlung komme nicht in Betracht.
Der Senat hat die Vermieterin der Kläger A. C. schriftlich als Zeugin vernommen. Diese hat mit Schreiben vom 11.09.2015 mitgeteilt, die Mietrückstände hätten sich ursprünglich auf 1.760,00 EUR belaufen, wobei 57,91 EUR auf eine Nebenkostennachzahlung für das Jahr 2011, 1.422,00 EUR auf Miete und Nebenkosten für Juli, August und September 2012, 236,66 EUR auf die Nebenkostennachzahlung 2012 und 43,43 EUR auf die Nebenkostennachzahlung 2013 entfielen. In diesem Jahr habe der Kläger insgesamt 250,00 EUR zurückbezahlt, sodass sich die Mietrückstände noch auf 1.510,00 EUR beliefen. Nachdem der Kläger auf zahlreiche telefonische und mündliche Aufforderungen nicht reagiert habe, habe sie am 07.03.2014 eine Frist gesetzt, die gesamten Rückstände zu begleichen. Dies mit der Androhung der Kündigung. Auf monatliche Zahlungen sei sie nicht mehr eingegangen, da die Kläger nicht mehr glaubwürdig gewesen seien. Sie habe die Kündigung zurückgenommen, nachdem der Kläger zugesagt habe, dass das Jobcenter die gesamten Mietrückstände an sie überweise.
Im Rahmen eines am 23.07.2015 durch die Berichterstatterin durchgeführten Termins zur Erörterung des Sachverhalts hat der Beklagtenvertreter eine Übersicht über die ab dem 01.03.2015 in der Stadt P. geltenden Mietobergrenzen sowie die Mietspiegel der Stadt P. ab März 2011 vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor. Die Berufung ist auch begründet.
Die Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, 4 SGG) ist zulässig und begründet. Der Bescheid vom 12.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.04.2014, mit dem der Antrag auf darlehensweise Übernahme der Mietschulden vom 11.03.2014 abgelehnt worden ist, ist rechtswidrig.
Die Kläger, die als erwerbsfähige Hilfebedürftige jedenfalls seit Mai 2012 durchgehend Leistungen für Unterkunft und Heizung beziehen - zuletzt sind Leistungen mit Änderungsbescheid vom 10.11.2015 für die Zeit vom 01.03.2015 bis 30.04.2016 bewilligt worden - haben Anspruch auf ein Darlehen für Mietschulden in Höhe von 1510,00 EUR.
Rechtsgrundlage für die begehrte Übernahme der Mietschulden ist § 22 Abs. 8 SGB II. Sofern Arbeitslosengeld II für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.
Den nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 17.06.2010, B 14 AS 58/09 R, Juris) erforderlichen gesonderten Antrag auf Übernahme der Schulden haben die Kläger am 11.03.2014 gestellt.
Bei dem zuletzt geltend gemachten Betrag in Höhe von 1.510,00 EUR handelt es sich um Schulden im Sinne des § 22 Abs. 8 SGB II. Die Abgrenzung von Schulden nach § 22 Abs. 8 SGB II von den übrigen Kosten der Unterkunft und Heizung, die nach § 22 Abs. 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen sind, ist unabhängig von der zivilrechtlichen Einordnung zu treffen. Ausgehend vom Zweck der Leistungen nach dem SGB II ist danach zu unterscheiden, ob es sich um einen tatsächlich eingetretenen und bisher noch nicht von dem SGB II-Träger gedeckten Bedarf handelt oder nicht (BSG, Urteil vom 22.03.2010, B 4 AS 62/09 R, Juris). Soweit die Kläger in den Monaten Juli, August und September 2012 mit den laufenden Miet- und Nebenkostenzahlungen in Rückstand geraten sind und die Nebenkostennachzahlungen für die Jahre 2011, 2012 und 2013 nicht gezahlt haben, handelt es sich bei den aufgelaufenen Beträgen schon deswegen um Schulden im Sinne des § 22 Abs. 8 SGB II, weil der Beklagte den Anspruch auf Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in vollem Umfang, also in Höhe der tatsächlichen Miete erfüllt hat. Im Hinblick auf die Kosten für Unterkunft und Heizung lässt aber die zweckwidrige Verwendung der vom Träger der Grundsicherung bewilligten Mittel durch den Hilfeempfänger einen erneuten Anspruch nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nicht entstehen. Sind insoweit Schulden entstanden, kann nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen des § 22 Abs. 8 SGB II ein Anspruch auf deren Übernahme bestehen (BSG, Urteil vom 17.06.2010, a.a.O.). In den Monaten Juli, August und September 2012 wurde die Miete ausweislich des Bescheids vom 24.04.2012, mit dem Leistungen für die Monate Mai bis Oktober 2012 bewilligt wurden, in tatsächlicher Höhe von 474,00 EUR übernommen. Auch die Nebenkostennachzahlungen für die Jahre 2011, 2012 und 2013 wurden durch den Beklagten in voller Höhe bewilligt und an die Kläger gezahlt, so dass es sich bei den Mietrückständen in Höhe von 1.510,00 EUR um Schulden und nicht um ggf. nach § 22 Abs. 1 SGB II ungedeckten Bedarf handelt.
Die Wohnung ist angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. § 22 Abs. 8 Satz 1 SGB II schützt nach seinem Wortlaut die Wohnung dann, wenn ihr Erhalt durch die Übernahme von Schulden gerechtfertigt ist. Grundsätzlich wird für eine Übernahme der Schulden zu fordern sein, dass die laufenden Kosten für die Unterkunft abstrakt angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind. Der mit der Übernahme der Schulden bezweckte langfristige Erhalt einer Wohnung erscheint nur dann gerechtfertigt, wenn die (künftigen) laufenden Kosten dem entsprechen, was innerhalb des nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Bezug zu nehmenden Vergleichsraumes von dem Träger der Grundsicherung zu übernehmen ist (BSG, Urteil vom 17.06.2010, B 14 AS 58/09 R, Juris). Soweit der Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid die Schuldenübernahme allein mit der Begründung abgelehnt hat, die Wohnung sei nicht angemessen und daher nicht erhaltenswert, folgt der Senat dem nicht. Die laufenden Kosten für die durch die Kläger bewohnte 70 m² große Wohnung in Höhe von 430,00 EUR Kaltmiete und 150,00 EUR für die Nebenkosten sind jedenfalls seit der Geburt des zweiten Kindes im September 2015 angemessen. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Angemessenheit ist der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Auch soweit der Verwaltung - wie hier im Rahmen des § 22 Abs. 8 Satz 1 und Satz 2 SGB II - ein Ermessen oder ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, gilt der Grundsatz, dass der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend ist, weil das Bescheidungsbegehren der Kläger auf die Verurteilung der Verwaltung zu einer künftigen Entscheidung gerichtet ist, wohingegen bei Prognoseentscheidungen grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens abzustellen ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., 2014, § 54 Rdnr. 34 a, m.w.N.).
Die Angemessenheit ergibt sich bereits aus der durch den Beklagten selbst seit dem 01.03.2015 herangezogenen Angemessenheitsgrenze. Demnach ist bei einer Haushaltsgröße von vier Personen eine Mietobergrenze für Bruttokaltmiete von 679,00 EUR angemessen; diese setzt sich aus einer Nettokaltmiete von 499,43 EUR, kalten Nebenkosten in Höhe von 72,89 EUR, Müll in Höhe von 20,15 EUR sowie Wasser und Abwasser in Höhe von 86,14 EUR zusammen. Dass die auf der Grundlage der qualifizierten Mietspiegel 2010 und 2012 ermittelten Mietobergrenzen der Beklagten für die Stadt P. nicht zu beanstanden sind, hat der 12. Senat des LSG in seiner Entscheidung vom 26.09.2014 (L 12 AS 1975/13) ausführlich dargestellt; der Senat schließt sich dieser Einschätzung uneingeschränkt an und hat keine Zweifel an der Angemessenheit der von der Beklagten seit März 2015 herangezogenen Mietobergrenze für die Bruttokaltmiete. Der durch die Beklagte ermittelte Betrag liegt auch über dem sich aus § 12 Abs. 1 WoGG (Wohngeldgesetz) in der ab dem 01.10.2011 bis 31.12.2015 gültigen Fassung vom 09.12.2010 ergebenden Betrag. Für vier Haushaltsmitglieder in der Mietenstufe 3, der P. nach der Anlage zu § 1 Abs. 3 Wohngeldverordnung (WoGV) zuzuordnen ist, ist danach ein Betrag von 556,00 EUR heranzuziehen, zuzüglich des Sicherheitszuschlags von 10 % ein Betrag in Höhe von 611,60 EUR. Auch unter Berücksichtigung der Werte aus der Wohngeldtabelle wäre die Bruttokaltmiete der Kläger von 580,00 EUR damit als angemessen anzusehen. Die laufenden Kosten sind durch den Beklagten zu übernehmen, obwohl sie aus einer Mieterhöhung vom 01.02.2013 zum 01.03.2013 resultieren, bei der die monatliche Kaltmiete von zuvor 354,00 EUR auf 430,00 EUR erhöht wurde. Gemäß § 558 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BSG) in der bis zum 30.04.2013 gültigen Fassung vom 02.01.2002 (a.F.) kann die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete in dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten soll, seit 15 Monaten unverändert ist. Das Mieterhöhungsverlangen kann frühestens ein Jahr nach der letzten Mieterhöhung geltend gemacht werden. Bei Erhöhungen darf sich gemäß § 558 Abs. 3 BGB a.F. die Miete innerhalb von drei Jahren nicht um mehr als 20 v. H. erhöhen (Kappungsgrenze). Gemessen an dieser Kappungsgrenze wäre eine Erhöhung der Miete, die zuvor seit Beginn des Mietverhältnisses am 01.11.2010 nicht erhöht worden war, höchstens auf 424,80 EUR möglich gewesen. Die zivilrechtliche Unwirksamkeit der Mieterhöhung steht aber der Berücksichtigungsfähigkeit der tatsächlichen Aufwendungen nicht entgegen. Die tatsächlichen Aufwendungen sind berücksichtigungsfähig, soweit sie auf der Grundlage einer mit dem Vermieter getroffenen Vereinbarung beruhen und vom erwerbsfähigen Hilfebedürftigen tatsächlich gezahlt werden. Ausreichend ist, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige einer ernsthaften Mietzinsforderung ausgesetzt ist (BSG, Urteil v. 07.05.2009, B 14 AS 31/07 R, Juris). Eine Ausnahme hiervon ist lediglich für Fallgestaltungen zu erwägen, bei denen die Unwirksamkeit der getroffenen Vereinbarung entweder bekannt ist oder bekannt sein müsste; wofür vorliegend keine Anhaltspunkte bestehen. Aufwendungen für Kosten der Unterkunft, die auf einer zivilrechtlich unwirksamen Grundlage beruhen, können und dürfen allerdings nicht dauerhaft aus öffentlichen Mitteln bestritten werden. Der Grundsicherungsträger, der eine Vereinbarung über Unterkunftskosten für unwirksam hält, kann das Kostensenkungsverfahren nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II betreiben, denn eine auf Grund einer unwirksamen Vereinbarung getätigte Zahlung ist grundsätzlich nicht angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Dies gilt unabhängig von einer (allgemeinen) Angemessenheitsprüfung, da sich die Unangemessenheit der getätigten Aufwendungen - auch soweit die Angemessenheitsgrenze des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nach allgemeinen Grundsätzen nicht überschritten wird - allein aus der zivilrechtlichen Unwirksamkeit der angeblichen Forderung ergibt. Die Kostensenkungsaufforderung darf sich - unbeschadet der ansonsten hierzu geltenden Grundsätze - in diesem Fall ausnahmsweise aber nicht darauf beschränken, dem Hilfebedürftigen lediglich den nach Auffassung des Grundsicherungsträgers angemessenen Mietzins und die Folgen mangelnder Kostensenkung vor Augen zu führen. Vielmehr muss dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen der Rechtsstandpunkt des Grundsicherungsträgers und das von diesem befürwortete Vorgehen gegenüber dem Vermieter in einer Weise verdeutlicht werden, die ihn zur Durchsetzung seiner Rechte gegenüber dem Vermieter in die Lage versetzt. Bis zu den erforderlichen Erläuterungen durch das Informationsschreiben sind Maßnahmen der Kostensenkung für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen regelmäßig subjektiv unmöglich im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II, es sei denn, nach den Umständen des konkreten Einzelfalls ist aufgrund des Kenntnisstands des Hilfebedürftigen eine derartige Information entbehrlich (BSG, Urteil vom 22.09.2009, B 4 AS 8/09 R, Juris). Diesen Anforderungen genügt das Schreiben des Beklagten vom 12.03.2013 nicht. Der Beklagte weist die Kläger in diesem Schreiben allein auf die aus seiner Sicht nach der Erhöhung zum 01.03.2013 unangemessene Höhe der Kaltmiete und die geltende Mietobergrenze von 383,25 EUR hin, die ohne Nachweis (näher dargelegter) Kostensenkungsbemühungen ab dem 01.11.2013 übernommen werde. Hinweise auf ein mögliches Vorgehen gegen den Vermieter zur Durchsetzung der Rechte fehlen. Der Beklagte kann sich daher nicht auf eine mögliche zivilrechtliche Unwirksamkeit der Mieterhöhung zum 01.03.2013 berufen.
Das dem Beklagten nach § 22 Abs. 8 Satz 1 SGB II eingeräumte Ermessen ist vorliegend nach Satz 2 im Sinne eines sog. gebundenen Ermessens eingeschränkt, da die Übernahme der Schulden gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht (zur Ermessensentscheidung vgl. Luik in Eicher, SB II, 3. Aufl., 2013, § 22 Rdnr. 246 ff.). Gerechtfertigt und notwendig im Sinne des § 22 Abs. 8 Satz 2 SGB II ist die Schuldenübernahme grundsätzlich dann, wenn anderenfalls die Wohnungslosigkeit nicht mehr abgewendet werden kann (Luik in Eicher, a.a.O., § 22 Rdnr. 248, mw.N.).
Bei den Klägern besteht die Gefahr der Wohnungslosigkeit. Drohende Wohnungslosigkeit, die einen Anspruch auf Übernahme von Schulden nach § 22 Abs. 8 SGB II auslöst, bedeutet nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 17.06.2010, a.a.O.) den drohenden Verlust der bewohnten kostenangemessenen Wohnung bei fehlender Möglichkeit, ebenfalls angemessenen Ersatzwohnraum zu erhalten.
Der Senat ist vom drohenden Verlust der bewohnten und - wie dargelegt - inzwischen kostenangemessenen Wohnung überzeugt. Die Mietrückstände belaufen sich auf 1.510,00 EUR; sie setzen sich aus Kaltmiete und Nebenkosten für die Monate Juli bis September 2012 (insgesamt 1.422,00 EUR) sowie den Nebenkostennachzahlungen für die Jahre 2011 (57,91 EUR), 2012 (236,66 EUR) und 2013 (43,43 EUR) zusammen. Nachdem die Kläger damit mit mehr als zwei Monatsmieten für zwei aufeinander folgende Termine und in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrags in Verzug sind, der die Miete für zwei Monate erreicht, liegt ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 2 Ziff. 3 a) und b) BGB vor, der die Vermieterin berechtigt, außerordentlich fristlos zu kündigen (§ 543 Abs. 1 BGB ). Die fristlose Kündigung ist durch die Vermieterin bereits ausgesprochen worden; der Umstand, dass die Vermieterin im Hinblick auf die durch die Kläger in Aussicht gestellte Zahlung durch den Beklagten, die Kündigung wieder rückgängig gemacht hat, führt nicht dazu, dass die Gefahr der Wohnungslosigkeit nicht mehr bestünde. Drohende Wohnungslosigkeit besteht nicht erst bei drohender Obdachlosigkeit, sondern ab dem Zeitpunkt, in dem der Leistungsberechtigte die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr in der Hand hat, sondern auf die Bereitschaft des Vermieters zur Fortsetzung des Mietverhältnisses angewiesen ist, insbesondere, wenn die angehäuften Mietschulden den Vermieter zu einer Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen. Haben sich derartige Mietschulden angehäuft, die eine fristlose Kündigung im Sinne des § 543 BGB rechtfertigen würdigen, droht die Gefahr der Wohnungslosigkeit ungeachtet der dem Hilfebedürftigen und dem Sozialleistungsträger nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB eröffneten Möglichkeit, das Mietverhältnis zu retten (Luik in Eicher, a.a.O., § 22 Rdnr. 241).
Es fehlt auch an der Möglichkeit, angemessenen Ersatzwohnraum zu erhalten. Diese Voraussetzung ist nur dann erfüllt, wenn eine den Angemessenheitskriterien entsprechende Wohnung konkret für den Hilfebedürftigen anmietbar ist. Ersatzwohnungen stehen beispielsweise dann zur Verfügung, wenn der Träger der Grundsicherung auf ein sog. "geschütztes Marktsegment" zurückgreifen kann und dem Hilfebedürftigen eine Ersatzwohnung anbietet bzw. vermittelt. Dagegen ist bei der Frage der drohenden Wohnungslosigkeit unerheblich, ob der Markt allgemein "entspannt" ist bzw. es anderen Hilfebedürftigen regelmäßig gelingt (etwa im Rahmen von Kostensenkungsbemühungen nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II), eine Ersatzwohnung zu finden (BSG, Urteil vom 17.06.2010, a.a.O.). Anderweitiger Wohnraum wurde den Klägern durch den Beklagten weder angeboten noch vermittelt.
Nachdem drohende Wohnungslosigkeit vorliegt, sind die Schulden nach § 22 Abs. 8 Satz 2 SGB II zu übernehmen. Die Feststellung, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des Satzes 2 gegeben sind, bedeutet zugleich, dass dem Beklagten für die Ausübung seines Ermessens regelmäßig kein Spielraum verbleibt. Ein atypischer Ausnahmefall, bei dem die Übernahme der Schulden abgelehnt werden könnte, liegt nicht vor. Den Interessen der Allgemeinheit an der zweckentsprechenden Verwendung von Steuergeldern ist zum einen dadurch Rechnung getragen, dass die Übernahme von Schulden im Regelfall - wie auch hier - nur darlehensweise erfolgt. Zum anderen wird eine Übernahme der Schulden von dem Träger der Grundsicherung regelmäßig von einer Entscheidung nach § 22 Abs. 7 SGB II im Hinblick auf die künftige Mittelverwendung flankiert und so der zweckentsprechende Einsatz der Steuermittel künftig gesichert. Andere Gesichtspunkte, die im Anwendungsbereich des Satzes 1 in die Ermessensentscheidung mit einfließen können (etwa die Höhe der Schulden im Vergleich zu den im Falle eines Umzugs vom Träger aufzuwendenden Folgekosten), finden im Rahmen des Satzes 2 schon deshalb keine Berücksichtigung mehr, weil bei drohender Wohnungslosigkeit die Alternative einer konkreten Unterkunftsmöglichkeit nicht besteht. Schließlich tritt auch wirtschaftlich unvernünftiges (vorwerfbares) Handeln des Hilfebedürftigen, das die drohende Wohnungslosigkeit (mit-)verursacht haben mag, in Fällen des Satzes 2 ganz regelmäßig zurück. Da in erster Linie solche Verbindlichkeiten überhaupt nur unter den Begriff der Schulden nach Absatz 8 fallen, die auf ein (mehr oder weniger nachvollziehbares) Fehlverhalten des Hilfebedürftigen (sei es während des Leistungsbezuges oder davor) zurückzuführen sind, würde eine Reduzierung der Möglichkeiten der Darlehensgewährung auf die Fälle, in denen den Leistungsbezieher keinerlei Verschulden an der Entstehung von Verbindlichkeiten trifft, den Anwendungsbereich der Vorschrift in nicht gesetzesentsprechender Weise verengen (BSG, Urteil vom 17.06.2010, a.a.O., LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 03.12.2014, L 9 AS 1909/14 B ER, Juris, Luik in Eicher, SGB II, a.a.O., § 22 Rdnr. 249, Berlit in LPK, SGB II, 5. Aufl., § 22 Rdnr. 196, m.w.N.). Ob ausnahmsweise etwas anderes gelten kann, wenn zielgerichtetes Verhalten des Hilfeempfängers (insbesondere im Wiederholungsfall) zu Lasten des Trägers der Grundsicherung nachgewiesen werden kann, kann offen bleiben. Ein entsprechendes zielgerichtetes Verhalten liegt bei den Klägern ebenso wenig vor wie ein Wiederholungsfall. Anhaltspunkte für bereits früher bestehende Mietschulden aufgrund zweckwidriger Verwendung der tatsächlich gezahlten Kosten für Unterkunft und Heizung bestehen nicht; das frühere Darlehen war für die Mietkaution gewährt worden. Auch ist zu berücksichtigen, dass nach der Auskunft der Vermieterin seit der Nebenkostennachzahlung für das Jahr 2013 keine weiteren Mietschulden mehr entstanden sind. Die Ausführungen des SG, eine zweckentsprechende Verwendung der in der Zukunft gewährten Leistungen für Unterkunft und Heizung bei gleichzeitig aufgrund der Rückzahlung des Darlehens reduzierten Leistungen könne zum Entstehen erneuter Mitschulden führen, sind zutreffend, können aber eine Ablehnung der Darlehensgewährung nicht begründen. Der Gefahr erneuter Mietschulden kann durch eine Zahlung der Miete direkt an den Vermieter nach § 22 Abs. 7 SGB II Rechnung getragen werden.
Die Kläger verfügen auch über kein Vermögen, das zur Begleichung der Mietschulden eingesetzt werden könnte. Der Einsatz des Grundfreibetrags nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II kann uneingeschränkt verlangt werden. Insbesondere der Freibetrag für notwendige Anschaffungen nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II, der zwar in § 22 Abs. 8 SGB II nicht erwähnt ist, ist auch und gerade zum Einsatz in unvorhergesehenen Bedarfslagen gedacht, sodass nicht ersichtlich ist, weshalb er in Ansehung von Mietschulden geschützt sein sollte (BSG, Urteil vom 17.06.2010, a.a.O.). Dass die Kläger nicht über entsprechendes Vermögen verfügen, ergibt sich aus ihren Angaben gegenüber dem Beklagten bei Antragstellung auf der Anlage "VM". Anhaltspunkte, an diesen Angaben zu zweifeln, bestehen nicht.
Die Kläger haben damit Anspruch auf Gewährung eines Darlehens in Höhe von 1.510,00 EUR. Das Darlehen zur Deckung von Mietschulden ist unabhängig vom sog. Kopfteilprinzip gleichmäßig auf diejenigen Personen aufzuteilen, die aus dem Mietvertrag verpflichtet sind. Die mit dem Grundsicherungsrecht nach dem SGB II befassten Senate des BSG haben eine Abweichung vom Kopfteilprinzip für diejenigen Fälle bejaht, in denen bei objektiver Betrachtung eine andere Aufteilung angezeigt ist. So liegt es auch bei der Mietschuldenübernahme. Würde das Darlehen gemäß § 22 Abs. 8 SGB II kopfteilig auf die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft verteilt, so folgte hieraus letztlich eine faktische Mithaftung der nicht am Mietvertrag Beteiligten, insbesondere auch der Kinder einer Bedarfsgemeinschaft, für unerfüllte Mietvertragsforderungen. Unter Berücksichtigung der Neuregelung des § 42a Abs. 1 Satz 3 SGB II träfe eine Rückzahlungsverpflichtung unabhängig davon, ob eine Einwirkungsmöglichkeit auf die Zahlungsmoral des mietvertraglich Verpflichteten besteht. Abgesehen davon könnten sich aus der Möglichkeit, die Verpflichtungen aus Mietverträgen auf Dritte zu verlagern, erhebliche Fehlanreize für die Mietvertragspartner ergeben. Daher erscheint es allein sachgerecht, nur die durch den Mietvertrag zivilrechtlich verpflichteten Personen - unter Berücksichtigung des internen Schuldnerausgleichs bei gesamtschuldnerischer Haftung – als Darlehensnehmer anzusehen, soweit sei – wie hier – eine Wohnung gemeinsam nutzen und im Leistungsbezug nach dem SGB II stehen.
Der Bescheid vom 12.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.04.2014 war daher aufzuheben und den Klägern ein Darlehen in beantragter Höhe zu gewähren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens hat der Senat berücksichtigt, dass die Voraussetzungen für die Gewährung eines Darlehens zur Begleichung der Mietschulden erst im Berufungsverfahren eingetreten ist, da erst durch die Geburt des zweiten Kindes der Mietzins angemessen wurde.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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