Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 2149/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 1929/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26.03.2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Rente wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenzen.
Die 1941 geborene Klägerin beantragte unter dem 28.11.2000 Altersrente für Frauen ab Vollendung des 60. Lebensjahrs. Sie (bzw. ihr Ehemann) gab (u.a.) an, sie (die Klägerin) übe im Unternehmen ihres Ehemannes (Firma Foto B.) eine Beschäftigung als kaufmännische Aushilfe aus. Das Beschäftigungsverhältnis werde zum 28.02.2001 geändert; ab 01.03.2001 betrage das Arbeitsentgelt 630 DM monatlich brutto.
Mit Rentenbescheid vom 02.01.2001 bewilligte die Beklagte der Klägerin Altersrente für Frauen ab 01.03.2001 i.H.v. 1.345,57 DM monatlich (Zahlbetrag nach Abzug des Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrags: 1.248,92 DM monatlich). In dem Rentenbescheid ist (u.a.) darauf hingewiesen, dass sich die Altersrente bis zum Ablauf des Monats der Vollendung des 65. Lebensjahres mindern oder dass die Rente wegfallen kann, wenn durch das erzielte Einkommen (Bruttoverdienst aus Beschäftigung bzw. Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit) die Hinzuverdienstgrenze überschritten wird. Diese betrage monatlich 630,00 DM (322,11 EUR). Daher bestehe bis zum Ablauf des Monats der Vollendung des 65. Lebensjahres die gesetzliche Verpflichtung, die Aufnahme oder Ausübung einer über diesen Rahmen hinausgehenden Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit unverzüglich mitzuteilen. Dem Rentenbescheid war außerdem eine (eingehende) Darstellung der Hinzuverdienstgrenzen beigefügt (Anlage 19 des Rentenbescheids). Diese beginnt mit dem (erneuten) Hinweis darauf, dass eine Rente wegen Alters bis zum Ablauf des Monats der Vollendung des 65. Lebensjahres bei gleichzeitiger Ausübung einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit nur geleistet werden kann, wenn das erzielte Einkommen (Bruttoverdienst aus Beschäftigung bzw. Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit) sich im Rahmen - der im Folgenden dargestellten - Hinzuverdienstmöglichkeiten hält und dass die Hinzuverdienstgrenze bei einer Rente wegen Alters als Vollrente monatlich 630,00 DM (322,11 EUR) beträgt.
Mit Bescheid vom 13.05.2004 wurde die Rente der Klägerin wegen einer Änderung des Beitragssatzes zur Krankenversicherung neu berechnet (Zahlbetrag ab 01.07.2004: 662,65 EUR monatlich). In dem Bescheid ist darauf hingewiesen, dass die im früheren Rentenbescheid (vom 02.01.2001) genannte Mitteilungspflicht nach wie vor gilt. Umstände, die den Leistungsanspruch oder die Höhe der Leistung beeinflussen könnten, seien umgehend mitzuteilen. Man behalte sich vor, überzahlte Beträge zurückzufordern.
Im November 2006 führte die D. im Unternehmen des Ehemannes der Klägerin eine Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 01.01.2002 bis 31.12.2005 durch. Mit Bescheid vom 22.12.2006 wurde dem Ehemann der Klägerin aufgegeben, für die Beschäftigung der Klägerin Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 1.044,52 EUR nachzuzahlen. Zur Begründung wurde (u.a.) ausgeführt, die Klägerin erhalte ab 01.03.2004 Altersrente. Zu diesem Zeitpunkt sei nur noch der Arbeitgeberbeitrag zur Arbeitslosenversicherung entrichtet worden; das sei aus den Lohnunterlagen ersichtlich. Die Klägerin habe das 65. Lebensjahr im Februar 2006 vollendet. Bis zu diesem Monat müsse auch sie Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zahlen. Ab dem 01.03.2006 bestehe Versicherungsfreiheit. Die nicht abgeführten Beiträge seien nachzuentrichten.
Im April 2011 überprüfte die Beklagte die Rentenzahlung im Hinblick auf die Hinzuverdienstgrenzen und forderte die Klägerin auf, eine Bescheinigung ihres Arbeitgebers (Ehemannes) über den ab März 2001 erzielten Hinzuverdienst vorzulegen. In der am 30.06.2011 vorgelegten Arbeitgeberbescheinigung sind folgende Hinzuverdienste der Klägerin angegeben:
Monat Betrag/EUR Monat Betrag/EUR 04/2003 325,00 10/2004 659,52 05/2003 325,00 11/2004 1.050,00 06/2003 325,00 12/2004 659,52 07/2003 325,00 01/2005 659,52 08/2003 325,00 02/2005 659,52 09/2003 325,00 03/2005 659,52 10/2003 325,00 04/2005 659,52 11/2003 325,00 05/2005 659,52 12/2003 325,00 06/2005 1.050,00 01/2004 325,00 07/2005 659,52 02/2004 325,00 08/2005 659,52 03/2004 659,52 09/2005 659,52 04/2004 659,52 10/2005 659,52 05/2004 659,52 11/2005 1.050,00 06/2004 1.050,00 12/2005 659,52 07/2004 659,52 01/2006 659,67 08/2004 659,52 02/2006 659,67 09/2004 659,52
Im an die Klägerin gerichteten Anhörungsschreiben vom 04.07.2011 führte die Beklagte aus, man habe festgestellt, dass der Altersrentenanspruch ab 01.03.2004 wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenzen zu kürzen sei. Es sei beabsichtigt, den Rentenbescheid vom 02.01.2001 ab der Änderung der Verhältnisse, also mit Wirkung ab 01.03.2004, gem. § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) aufzuheben und für die Zeit vom 01.03.2004 bis 28.02.2006 überzahlte Rente i.H.v. 7.940,22 EUR zurückzufordern. Die Klägerin habe ihre Mitteilungspflichten, auf die sie hingewiesen worden sei, nicht erfüllt. Sie habe den Wegfall, das Ruhen bzw. die Kürzung des Rentenanspruchs gekannt bzw. hätte dies erkennen müssen (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Außerdem habe sie Einkommen erzielt, das zum Wegfall oder zur Minderung des Rentenanspruchs geführt habe (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Satz 3 SGB X). Für die beabsichtigte Rückforderung der Überzahlung sei (u.a.) von Bedeutung, ob die Klägerin aufgrund der Rentenzahlung Dispositionen getroffen habe, die sie nur unter erheblichen finanziellen Nachteilen rückgängig machen könne. Die Klägerin erhalte Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen. Die Klägerin äußerte sich im Anhörungsverfahren nicht.
Mit Bescheid vom 03.08.2011 berechnete die Beklagte die Rente der Klägerin ab 01.03.2004 neu; die Rente werde 01.01.2005 als Teilrente in Höhe der Hälfte der Vollrente gezahlt. Ab 01.09.2011 betrage die Rente 703,39 EUR monatlich. Für die Zeit vom 01.03.2004 bis 31.08.2011 ergebe sich eine Überzahlung von 6.964,04 EUR. Der überzahlte Betrag sei zu erstatten. Unter Berücksichtigung der individuellen Hinzuverdienstgrenzen stehe der Klägerin die Rente für die Zeit vom 01.03.2004 bis 28.02.2006 nur zur Hälfte und vom 01.03.2006 bis 31.03.2007 sowie ab 01.04.2007 (wieder) in voller Höhe zu. Die Berechnung der Überzahlung wurde in der Anlage 1 des Bescheids im Einzelnen dargestellt; in den Anlagen 19 und 21 wurden die maßgeblichen Hinzuverdienstgrenzen und das Zusammentreffen von Rente und Hinzuverdienst dargestellt. Die Beklagte führte (in Anlage 10 des Bescheids) weiter aus, der Rentenbescheid vom 02.01.2001 werde hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 01.03.2004 nach § 48 SGB X aufgehoben. Die entstandene Überzahlung sei gemäß § 50 SGB X zu erstatten. Im Anhörungsverfahren habe sich die Klägerin nicht geäußert. Bei der Vertrauensschutzprüfung habe man sämtliche bekannten Umstände berücksichtigt, um die Aufhebung des Rentenbescheids zu Ungunsten der Klägerin zu vermeiden; das sei jedoch nicht möglich gewesen. Vertrauen auf den Bestand des Rentenbescheids könne die Klägerin nicht geltend machen, weil sie ihre Mitteilungspflichten verletzt habe (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X). Sie habe Einkommen bezogen, das zur Minderung der Leistung führe (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X). Aufgrund der ihr im Rentenbescheid, insbesondere in dessen Anlage 19, erteilten Hinweise, hätte die Klägerin wissen müssen, dass der Hinzuverdienst die Kürzung der Leistung zur Folge habe (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X).
Am 12.08.2011 legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie trug vor, der Beklagten habe der hier maßgebliche Sachverhalt aus der im Jahr 2006 durchgeführten Betriebsprüfung im Unternehmen ihres Ehemannes (Bescheid vom 22.12.2006) bekannt sein müssen. Deswegen treffe es nicht zu, dass sie ihrer Mitteilungspflicht nicht nachgekommen sei. Außerdem habe man jährlich die gezahlten Entgelte gemeldet. Hätte die Beklagte zeitnah reagiert, hätte sie sich auf die Anrechnung des Hinzuverdienstes einstellen können. Während der Betriebsprüfung habe auch der zuständige Betriebsprüfer das Überschreiten der Hinzuverdienstgrenzen nicht festgestellt. Im Hinblick auf die Betriebsprüfung des Jahres 2006 sei Verjährung eingetreten. Die Rückforderung der Überzahlung bedeute für sie eine unzumutbare Härte. Sie könne den Rückforderungsbetrag nicht zahlen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.06.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus: Seien die Voraussetzungen für die Aufhebung eines Bescheids für die Vergangenheit erfüllt, müsse bei Vorliegen eines Ausnahmefalls nach Ermessen darüber befunden werden, ob und in welchem Umfang von der Aufhebungsmöglichkeit abgesehen werden könne. Hier liege ein atypischer Fall vor, weil die eingeflossenen Entgeltmeldungen nicht in der Sachbearbeitung angezeigt worden seien. Das Verschulden der Klägerin bestehe darin, dass sie ihrer Mitteilungspflicht nicht nachgekommen sei und Einkommen erzielt habe, das zur Minderung der Rente führe. Im Rentenbescheid vom 02.01.2001 habe man die Klägerin auf ihre Mitteilungspflichten beim Bezug von Einkommen über der Hinzuverdienstgrenze hingewiesen. In Anlage 19 des Rentenbescheids seien die Hinzuverdienstgrenzen dargestellt und es sei dargelegt worden, dass Rente nur geleistet werde, wenn das erzielte Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung (Bruttoverdienst) sich im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Hinzuverdienstmöglichkeiten halte. Außerdem sei der Klägerin aus den Hinweisen im Rentenbescheid bekannt gewesen, dass der Hinzuverdienst die Kürzung der Rentenzahlung zur Folge habe; zumindest hätte ihr dies bekannt sein müssen. Ihr (des Rentenversicherungsträgers) Mitverschulden wiege gemessen am Verschulden der Klägerin nicht so schwer, dass auf eine Rückforderung verzichtet werden könne. Besondere Umstände, die eine Ermessensentscheidung zu Gunsten der Klägerin rechtfertigen könnten, seien nicht erkennbar. Das gelte auch für das Vorbringen der Klägerin, die Rückforderung stelle für sie eine unzumutbare Härte dar. Dies könne ggf. bei der Durchsetzung des Erstattungsanspruchs berücksichtigt werden. Sie sei zu wirtschaftlichem Handeln und zur zweckentsprechenden Verwendung der Mittel verpflichtet. Dadurch solle erreicht werden, dass keine Leistungen ohne ausreichende gesetzliche Grundlage erbracht würden. Die einjährige Rücknahmefrist, die mit Anhörung der Klägerin (Anhörungsschreiben vom 04.07.2011) begonnen habe, sei nicht verstrichen. Im Anhörungsverfahren habe sich die Klägerin nicht geäußert. Sie könne ggf. unter Darlegung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse Ratenzahlung beantragen.
Am 02.07.2012 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Außerdem suchte sie um vorläufigen Rechtsschutz nach (Verfahren S 13 R 2420/12 ER). Das vorläufige Rechtsschutzverfahren wurde für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte die Vollziehung der Erstattungsforderung bis zur gerichtlichen Klärung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide ausgesetzt hatte (Schriftsatz vom 27.07.2012).
Zur Begründung der Klage trug die Klägerin vor, im Bescheid vom 03.08.2011 (Widerspruchsbescheid vom 07.06.2012) sei der Rentenbescheid vom 02.01.2001 nicht ausdrücklich aufgehoben worden; die entsprechenden Ausführungen in den dem Bescheid vom 03.08.2011 beigefügten Anlagen genügten hierfür nicht. In dem auf die Betriebsprüfung im Unternehmen ihres Ehemannes ergangenen Bescheid (vom 22.12.2006) habe die Prüfstelle ausdrücklich festgehalten, dass sie ab 01.03.2004 Altersrente beziehe und als Arbeitnehmerin gegen Lohn beschäftigt werde. Sie habe deshalb davon ausgehen dürfen, dass die Beklagte über ihr Beschäftigungsverhältnis informiert sei und sie keine weiteren Mitteilungspflichten zu erfüllen habe. Es liege auch ein atypischer Fall vor, der die Ausübung von Rücknahmeermessen erforderlich mache. Die Beklagte habe seit 2006 gewusst, dass sie neben der Altersrente Arbeitsentgelt beziehe. Auch die Höhe des Arbeitsentgelts sei bekannt gewesen. Die Beklagte treffe daher eine Mitschuld an der Überzahlung. Aus den angefochtenen Bescheiden gehe die Ausübung von Rücknahmeermessen nicht in ausreichendem Maße hervor. Außerdem sei die einjährige Rücknahmefrist verstrichen. Die Frist habe bereits mit der Betriebsprüfung im Unternehmen ihres Ehemannes im November 2006 und nicht erst mit ihrer Anhörung begonnen. Das gelte jedenfalls im Hinblick auf verschuldensunabhängige Rücknahmetatbestände (wie § 45 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 SGB X - vgl. Landessozialgericht (LSG) Saarland, Urteil vom 05.08.2011, - L 6 AL 21/09 -; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 02.01.2012, - L 12 AS 630/11 -, alle in juris). In solchen Fällen sei allein maßgeblich, dass der Behörde alle objektiven Umstände, wie die Erzielung von Einkommen, bekannt gewesen seien.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und trug ergänzend zur Begründung der angefochtenen Bescheide vor, die Betriebsprüfung im Unternehmen des Ehemannes der Klägerin sei nicht von ihr (der Beklagten), sondern von der Rentenversicherung Baden-Württemberg durchgeführt worden. Zum Versicherungsvorgang der Klägerin sei keine Mitteilung erfolgt. Am 31.03.2011 sei im Versicherungskonto der Klägerin angezeigt worden, dass während des Bezugs einer Altersvollrente vor Vollendung des 65. Lebensjahres eine Entgeltmeldung vorliege. Daraufhin habe man die Ermittlungen aufgenommen und die Klägerin nach deren Abschluss mit Schreiben vom 04.07.2011 zur beabsichtigten Rückforderung überzahlter Rente angehört. Auf schutzwürdiges Vertrauen könne sich die Klägerin nicht berufen. Sie habe kein billigenswertes Interesse daran, die schuldhaft zu Unrecht erlangte Rentenzahlung ganz oder teilweise behalten zu dürfen. Andernfalls würden Versicherte, die Hinweise des Rentenversicherungsträgers nicht beachteten, besser gestellt. Besondere Umstände, die eine Ermessensentscheidung zu Gunsten der Klägerin rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich. Für die Klägerin sei offensichtlich gewesen, dass der Hinzuverdienst die in Anlage 19 des Rentenbescheids vom 02.01.2001 ausgewiesene Hinzuverdienstgrenze (630,00 DM bzw. 322,11 EUR) übersteige. Sie hätte sich deshalb bei ihr erkundigen müssen, ob ihr die Rente tatsächlich in voller Höhe zustehe. Die einjährige Rücknahmefrist sei nicht verstrichen. Die Frist beginne erst, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt habe und ihr die für die Rücknahme außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt seien.
Mit Urteil vom 26.03.2015 hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 03.08.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2012 auf. Zur Begründung führte es aus, in den Verhältnisse, die bei Erlass des Rentenbescheids vom 02.01.2001 vorgelegen hätten, sei insoweit eine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten, als die Klägerin in der Folgezeit Einkommen über der einschlägigen Hinzuverdienstgrenze erzielt habe. Dies habe zumindest zur Minderung des Rentenanspruchs geführt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X). Die Beklagte habe den Rentenbescheid deswegen mit Wirkung für die Zukunft aufheben dürfen, ihn aber rechtsfehlerhaft auch mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben. Bei Vorliegen eines atypischen Falles i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X müsse die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen über die rückwirkende Aufhebung des Verwaltungsakts (des Rentenbescheids) befinden. Hier liege (unstreitig) ein atypischer Fall vor. Gegenstand der im Jahr 2006 im Unternehmen des Ehemannes der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung sei insbesondere das Arbeitsverhältnis der Klägerin gewesen. Außerdem seien, wie die Beklagte im Widerspruchsbescheid ausgeführt habe, Entgeltmeldungen des Ehemannes der Klägerin (Arbeitgebermeldungen) in die Rentensachbearbeitung nicht eingeflossen. Daher liege ein mitwirkendes Fehlverhalten der Beklagten vor, das einen atypischen Fall i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X begründe. Die Beklagte habe in der Begründung der angefochtenen Bescheide die Gesichtspunkte, von denen sie bei der Ausübung des Ermessens ausgegangen sei, nicht ausreichend dargelegt (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Der Ausgangsbescheid lasse eine Ermessensbetätigung nicht erkennen. Im Widerspruchsbescheid habe die Beklagte zwar dargelegt, es liege ein atypischer Fall vor und sie müsse deswegen eine Ermessensentscheidung treffen. Es fehle aber eine entsprechende Begründung, d. h. die schriftliche Darlegung der Gesichtspunkte, von denen die Beklagte bei der Ermessensausübung ausgegangen sei. Dazu heiße es im Widerspruchsbescheid nur, besondere Umstände, die eine Ermessensentscheidung zu Gunsten der Klägerin rechtfertigen könnten, seien nicht erkennbar. Damit seien die angefochtenen Bescheide im Hinblick auf die Ermessensausübung aber nicht hinreichend begründet. Die Beklagte habe die Belange, die sie bei der Ermessensausübung gegeneinander abgewogen habe, nicht dargelegt. Offen bleiben könne, ob die einjährige Rücknahmefrist gewahrt worden sei.
Gegen das ihr am 20.04.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 07.05.2015 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X (Erzielen von Einkommen, das zum Wegfall oder zur Minderung des Leistungsanspruchs führt) seien erfüllt; auf Verschulden des Leistungsempfängers komme es insoweit nicht an. Zudem habe die Klägerin im Hinblick auf den erzielten Hinzuverdienst ihre Mitteilungspflichten verletzt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X) und auch gewusst oder zumindest infolge grober Fahrlässigkeit nicht gewusst, dass der Hinzuverdienst zur Minderung des Rentenanspruchs führt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Der Rentenbescheid vom 02.01.2001 enthalte nämlich klare und unmissverständliche Hinweise auf die maßgeblichen Hinzuverdienstgrenzen und deren Auswirkungen und auch auf die entsprechende Mitteilungspflicht der Klägerin. Gleichartige Hinweise enthielten die der Klägerin im Zuge der Rentenanpassung zum 01.07.2003 und zum 01.07.2005 übersandten Mitteilungen sowie der Rentenbescheid vom 13.05.2004. Man habe das Vorliegen eines atypischen Falles angenommen, Ermessen ausgeübt und die hierfür maßgeblichen Erwägungen auch in der Begründung des Widerspruchsbescheids festgehalten. Sie habe des Verschulden der Klägerin und ihr Verschulden am Entstehen der Überzahlung bedacht und gegeneinander abgewogen und im Widerspruchsbescheid dargelegt, besondere Umstände, die eine Ermessensentscheidung zu Gunsten der Klägerin rechtfertigen könnten, seien nicht erkennbar. Außerdem sei sie auf die Härtefrage eingegangen und habe ihre Pflicht zum wirtschaftlichen Handeln sowie zur zweckentsprechenden Mittelverwendung als Ermessenserwägung angeführt. Davon abgesehen, liege ein atypischer Fall in Wahrheit nicht vor. Die maschinellen Entgeltmeldungen für die Zeit vom 01.03.2004 bis 31.12.2005 seien erst am 11.02.2008 und damit nach dem Überzahlungszeitraum (März 2004 bis Februar 2006) erfolgt. Deren Nichtbeachtung in der Rentensachbearbeitung sei daher für das Entstehen der Überzahlung (schon) nicht ursächlich gewesen. Zudem überwiege das Fehlverhalten der Klägerin bei Weitem, was das Vorliegen eines atypischen Falles ebenfalls ausschließe (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.03.2015, - L 4 R 306/14 - nicht veröffentlicht; auch Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 18.11.2014, - B 4 AS 3/14 R -, in juris).
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26.03.2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor, sie habe sich mit den Rentenbescheiden auseinandergesetzt, die einzelnen Hinweise aber wohl schwerlich so verstanden, dass man ihr heute vorwerfen könne, sie habe der Beklagten das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses mit einem die Hinzuverdienstgrenzen überschreitenden Arbeitsentgelt pflichtwidrig nicht von sich aus mitgeteilt. Für das Verschuldensmaß (Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit) komme es auf den jeweiligen Leistungsempfänger und nicht auf den "Durchschnittsbürger" an. Den angefochtenen Bescheiden sei die rechtlich überprüfbare Ausübung von Rücknahmeermessen auch nicht ansatzweise zu entnehmen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ohne Zulassung durch das SG statthaft. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei einem Erstattungsbetrag von 6.964,04 EUR überschritten. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und daher auch im Übrigen gem. § 151 SGG zulässig.
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Sie hat mit dem Bescheid vom 03.08.2011 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.06.2012) den Rentenbescheid vom 02.01.2001 nach Maßgabe des § 48 SGB X ab 01.04.2004 rechtsfehlerfrei teilweise aufgehoben und der Klägerin gem. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu Recht aufgegeben, während der Zeit vom 01.03.2004 bis 31.08.2011 überzahlte Rente i.H.v. 6.964,04 EUR zu erstatten. Das SG hätte der dagegen gerichteten Klage der Klägerin nicht stattgeben dürfen.
Gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist jede tatsächliche oder rechtliche Änderung, die sich - zugunsten oder zu Lasten des Betroffenen - auf Grund oder Höhe der bewilligten Leistung auswirkt. Der Verwaltungsakt soll gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, also rückwirkend, aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr. 2), nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr. 3), oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Nr. 4). Grobe Fahrlässigkeit i. S. d. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X liegt vor, wenn die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt worden ist. Notwendig ist, dass schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt werden und daher nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie den besonderen Umstände des Falles zu beurteilen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 30.10.2013, - B 12 KR 21/11 R -, in juris). Bezieher von Renten (Sozialleistungen nach § 11 Sozialgesetzbuch Erstes Buch, SGB I) sind gem. § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I verpflichtet, dem Rentenversicherungsträger Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung (Rente) erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen. Das gilt insbesondere für die Erzielung von Hinzuverdienst. Darauf wird der Rentenbezieher in den Rentenbescheiden auch eingehend hingewiesen.
Hier ist in den Verhältnissen, die bei Erlass des Rentenbescheids vom 02.01.2001 - einem Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - vorgelegen haben, i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X insoweit für die Zeit ab 01.03.2004 (nachträglich) eine Änderung eingetreten, als der Klägerin die Rente wegen erzielten Hinzuverdienstes über der maßgeblichen Hinzuverdienstgrenze (vgl. § 34 Abs. 2 und 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der während der Zeit vom 01.03.2004 bis zum Wegfall der Hinzuverdienstgrenze wegen Erreichens der Regelaltersgrenze von seinerzeit 65 Jahren am 27.02.2006 geltenden Fassung) nicht mehr in voller Höhe, sondern ab 01.01.2005 nur noch in Höhe der Hälfte der Vollrente, zugestanden hat. Deswegen ist (im Zeitraum bis 31.08.2011) eine Überzahlung von 6.964,04 EUR entstanden. Berechnungsfehler sind weder substantiiert geltend gemacht noch ersichtlich. Ab 01.03.2004 hat die Klägerin (infolge einer Erhöhung des Hinzuverdienstes von zuvor monatlich 325,00 EUR auf 659,52 EUR monatlich) Hinzuverdienst erzielt, der dazu geführt hat, dass ihr die Rente nur noch in Höhe der Hälfte der Vollrente zugestanden hat (vgl. § 34 Abs. 3 Nr. 2b SGB VI in der seinerzeit geltenden Fassung). Ab 01.03.2004 betrug die Hinzuverdienstgrenze für die Altersrente in Höhe von zwei Dritteln der Vollrente 492,46 EUR, für die Altersrente in Höhe der Hälfte der Vollrente 736,58 EUR; mit dem Hinzuverdienst von 659,52 EUR hat der Klägerin daher die Rente zur Hälfte zugestanden. Dabei ist es in der Folgezeit (bis Februar 2006) geblieben. Die entsprechenden Berechnungen der Beklagten lassen Rechts- oder Rechenfehler nicht erkennen (zum Privilegierungstatbestand in § 34 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGB VI und dem so genannten Vormonatsprinzip etwa: Freudenberg, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI § 34 Rdnr. 63 ff.). Das gilt auch für die Berechnung des Überzahlungsbetrags, der sich aus der Summe der jeweils hälftig zuviel gezahlten Rente ergibt.
Die Beklagte hat den Rentenbescheid gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X mit Wirkung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, also rückwirkend zum 01.03.2004, gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X aufheben dürfen. Dahin stehen kann, ob die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X (Erzielung von zur Minderung des Rentenanspruchs führendem Einkommen) erfüllt sind. Die Aufhebung des Verwaltungsakts wegen nachträglich erzielten Einkommens kann nach dieser Vorschrift nur insoweit erfolgen, als sich die zu Unrecht bezogene Sozialleistung und das Einkommen, das zum Wegfall der Sozialleistung führt, decken. Bei Hinzuverdienstgrenzen führt daher nur der diese Grenzen übersteigende Teil des Einkommens zum Wegfall der Sozialleistung und damit zu einer - von § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X vorausgesetzten - Doppelleistung (Merten, in: Hauck/Noftz, SGB § 48 SGB X Rdnr. 52; BSG, Urteil vom 23.03.1995, - 13 RJ 39/94 -, in juris). Der Senat braucht nähere Berechnungen hierzu nicht anzustellen, da jedenfalls die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X erfüllt sind. Die Klägerin hat der Beklagten die Erhöhung ihres Hinzuverdienstes ab März 2004 nicht mitgeteilt. Damit hat sie ihre Mitteilungspflicht aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I verletzt. Sie hat dabei auch grob fahrlässig gehandelt. Die Klägerin hat um die Pflicht zur Mitteilung von Veränderungen des Hinzuverdienstes gewusst. Hierauf ist sie (schon) im Rentenbescheid vom 02.01.2001 hingewiesen und eingehend über die Auswirkungen von Hinzuverdienst auf den Rentenanspruch unterrichtet worden. Im Rentenbescheid vom 13.05.2004 sind die entsprechenden Hinweise erneuert worden. Sollte die Klägerin diese Hinweise nicht zur Kenntnis genommen haben, wäre ihr schon deswegen der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen. Auf mangelnde Urteils- oder Kritikfähigkeit oder mangelndes Einsichtsvermögen kann sich die Klägerin, die den Hinzuverdienst durch Ausübung einer beruflichen Tätigkeit als kaufmännische Angestellte im Unternehmen ihres Ehemannes erzielt hat, nicht berufen. Ob außerdem die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X erfüllt sind, mag dahinstehen; es kommt entscheidungserheblich hierauf nicht mehr an.
§ 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Sollvorschrift. Das bedeutet, dass die Behörde den Verwaltungsakt in der Regel rückwirkend aufheben muss und nur in atypischen Fällen nach pflichtgemäßem Ermessen hiervon abweichen darf (BSG, Urteil vom 05.04.2012, - B 10 EG 10/11 R - in juris; näher zu den Anforderungen an das Vorliegen eines atypischen Falles etwa BSG, Urteil vom 31.01.2008, - B 13 R 23/07 R -, in juris). Bei der Ermessensausübung ist das Interesse des Versicherten am Behaltendürfen der rechtswidrig (weiter-)bezogenen Leistung mit dem öffentlichen Interesse an deren Rückführung abwägen. Letzterem kommt grundsätzlich der Vorrang zu. Das folgt aus dem für alle Versicherungsträger geltenden Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 69 Abs. 2 SGB IV). Für eine von der gesetzlichen Wertung abweichende Ausübung des Aufhebungsermessens müssen erhebliche Gründe vorliegen (dazu näher Senatsurteile v. 23.02.2011, - L 5 KR 3975/09 - und v. 28.09.2011, - L 5 R 3888/10 -, nicht veröffentlicht).
Ob hier ein atypischer Fall vorliegt, der Beklagten im Hinblick auf die (Nicht-)Berücksichtigung von Entgeltmeldungen des Arbeitgebers (Ehemanns) der Klägerin insbesondere ein Mitverschulden am Entstehen der Überzahlung anzulasten ist, kann dahinstehen, weil die Beklagte eine rechtsfehlerfreie Ermessensentscheidung getroffen hat. Sie hat Ermessen ausgeübt und die äußeren und inneren Grenzen des Verwaltungsermessens gewahrt (vgl. § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I, KassKomm/Seewald SGB I § 39 Rn. 9 ff.), namentlich der Klägerin Unverhältnismäßiges nicht auferlegt. Etwaige (nur pauschal behauptete) Zahlungsschwierigkeiten der Klägerin sind nicht im Aufhebungs- und Erstattungsverfahren nach Maßgabe der §§ 48, 50 SGB X, sondern ggf. in einem Verfahren auf Stundung, Niederschlagung oder Erlass des Rückforderungsanspruchs der Beklagten nach Maßgabe des § 76 Abs. 2 SGB IV zu berücksichtigen. Die Beklagte hat auch rechtsfehlerfrei angenommen, dass ein (etwaiges) Mitverschulden an der Überzahlung sie nicht dazu zwingt, von der (Teil-)Aufhebung des Rentenbescheids ganz oder teilweise abzusehen. Sie hat hierfür neben ihrer Verpflichtung zu wirtschaftlichem Handeln und zur zweckentsprechenden Verwendung der Mittel zu Recht auf das erhebliche Verschulden der Klägerin abgestellt, die ihrer gesetzlichen Pflicht zur Mitteilung des Hinzuverdienstes bzw. von Veränderungen des Hinzuverdienstes aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I, auf die sie (u.a.) im Rentenbescheid vom 02.01.2001 eingehend und unmissverständlich hingewiesen worden ist, nicht nachgekommen ist und die deswegen die Hauptverantwortung am Entstehen der Überzahlung trägt. Dass im Jahr 2006 eine Betriebsprüfung im Unternehmen ihres Arbeitgebers (Ehemanns) stattgefunden hat, ist hierfür ohne Belang, befreit die Klägerin insbesondere nicht von ihren Mitteilungspflichten. Davon abgesehen käme es hier ohnehin auf die Zeit vor Vollendung des 65. Lebensjahrs der Klägerin am 27.02.2006 an, da Hinzuverdienstgrenzen nur für die Zeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (seinerzeit noch mit Vollendung des 65. Lebensjahres) gelten (vgl. § 34 Abs. 2 SGB VI).
Die Beklagte hat die formellen Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB X gewahrt und in der Begründung der angefochtenen Bescheide - maßgeblich ist der das Verwaltungsverfahren abschließende Widerspruchsbescheid vom 07.06.2012 - die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe, die sie zu ihrer Entscheidung bewogen haben und außerdem auch die Gesichtspunkte mitgeteilt, von denen sie bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Im Widerspruchsbescheid vom 07.06.2012 hat die Beklagte insbesondere das von ihr angenommene Behördenverschulden am Entstehen der Überzahlung gegen das Verschulden der Klägerin abgewogen und ausreichend dargelegt, weshalb aus ihrer Sicht eine Ermessensbetätigung zu Gunsten der Klägerin nicht in Betracht kommt. Die Beklagte hat hierfür das Gewicht der in Rede stehenden Verschuldensanteile und ihre Pflicht zu wirtschaftlichem Handeln und zur zweckentsprechenden Mittelverwendung angeführt und außerdem dargelegt, dass etwaige - bislang nur unsubstantiiert behauptete - Härten in einem gesonderten Verwaltungsverfahren berücksichtigt werden können. Das genügt.
Die Zehnjahresfrist (§ 48 Abs. 4 i. V. m. § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X) und insbesondere die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist gewahrt. Die Beklagte hat die (teilweise) Aufhebung des Rentenbescheids vom 02.01.2001 mit dem Bescheid vom 03.08.2011 (rechtsfehlerfrei in der dem Bescheid beigefügten Anlage 10) innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen verfügt, welche die Aufhebung des Rentenbescheids für die Vergangenheit rechtfertigen. Die Jahresfrist hat vor April 2011 nicht beginnen können; im April 2011 hat die Beklagte die Überprüfung der Rentenzahlung im Hinblick auf die Hinzuverdienstgrenzen eingeleitet und vom Arbeitgeber (Ehemann) der Klägerin entsprechende Verdienstbescheinigungen angefordert. Die im Jahr 2006 im Betrieb des Arbeitgebers der Klägerin durchgeführte Betriebsprüfung ist für den Beginn der Jahresfrist schon deshalb nicht von Belang, weil es hierfür auf die Kenntnis der die Aufhebung verfügenden Behörde ankommt. Das ist die Beklagte (als kontoführender Rentenversicherungsträger). Die Betriebsprüfung ist seinerzeit aber nicht von ihr, sondern von einer anderen Behörde, nämlich der von der Beklagten als eigenständige Körperschaft des öffentlichen Rechts (vgl. § 125 SGB VI i.V.m. § 29 SGB IV) zu unterscheidenden Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg (als Prüfstelle) durchgeführt worden.
Ist der Rentenbescheid vom 02.01.2001 danach zu Recht teilweise aufgehoben worden, ist die bereits erbrachte Leistung, die überzahlte Rente, gem. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X ohne weitere Voraussetzungen zu erstatten. Ermessen ist nicht mehr auszuüben. Die zu erstattende Leistung ist gem. § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Das ist ebenfalls rechtsfehlerfrei geschehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Rente wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenzen.
Die 1941 geborene Klägerin beantragte unter dem 28.11.2000 Altersrente für Frauen ab Vollendung des 60. Lebensjahrs. Sie (bzw. ihr Ehemann) gab (u.a.) an, sie (die Klägerin) übe im Unternehmen ihres Ehemannes (Firma Foto B.) eine Beschäftigung als kaufmännische Aushilfe aus. Das Beschäftigungsverhältnis werde zum 28.02.2001 geändert; ab 01.03.2001 betrage das Arbeitsentgelt 630 DM monatlich brutto.
Mit Rentenbescheid vom 02.01.2001 bewilligte die Beklagte der Klägerin Altersrente für Frauen ab 01.03.2001 i.H.v. 1.345,57 DM monatlich (Zahlbetrag nach Abzug des Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrags: 1.248,92 DM monatlich). In dem Rentenbescheid ist (u.a.) darauf hingewiesen, dass sich die Altersrente bis zum Ablauf des Monats der Vollendung des 65. Lebensjahres mindern oder dass die Rente wegfallen kann, wenn durch das erzielte Einkommen (Bruttoverdienst aus Beschäftigung bzw. Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit) die Hinzuverdienstgrenze überschritten wird. Diese betrage monatlich 630,00 DM (322,11 EUR). Daher bestehe bis zum Ablauf des Monats der Vollendung des 65. Lebensjahres die gesetzliche Verpflichtung, die Aufnahme oder Ausübung einer über diesen Rahmen hinausgehenden Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit unverzüglich mitzuteilen. Dem Rentenbescheid war außerdem eine (eingehende) Darstellung der Hinzuverdienstgrenzen beigefügt (Anlage 19 des Rentenbescheids). Diese beginnt mit dem (erneuten) Hinweis darauf, dass eine Rente wegen Alters bis zum Ablauf des Monats der Vollendung des 65. Lebensjahres bei gleichzeitiger Ausübung einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit nur geleistet werden kann, wenn das erzielte Einkommen (Bruttoverdienst aus Beschäftigung bzw. Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit) sich im Rahmen - der im Folgenden dargestellten - Hinzuverdienstmöglichkeiten hält und dass die Hinzuverdienstgrenze bei einer Rente wegen Alters als Vollrente monatlich 630,00 DM (322,11 EUR) beträgt.
Mit Bescheid vom 13.05.2004 wurde die Rente der Klägerin wegen einer Änderung des Beitragssatzes zur Krankenversicherung neu berechnet (Zahlbetrag ab 01.07.2004: 662,65 EUR monatlich). In dem Bescheid ist darauf hingewiesen, dass die im früheren Rentenbescheid (vom 02.01.2001) genannte Mitteilungspflicht nach wie vor gilt. Umstände, die den Leistungsanspruch oder die Höhe der Leistung beeinflussen könnten, seien umgehend mitzuteilen. Man behalte sich vor, überzahlte Beträge zurückzufordern.
Im November 2006 führte die D. im Unternehmen des Ehemannes der Klägerin eine Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 01.01.2002 bis 31.12.2005 durch. Mit Bescheid vom 22.12.2006 wurde dem Ehemann der Klägerin aufgegeben, für die Beschäftigung der Klägerin Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 1.044,52 EUR nachzuzahlen. Zur Begründung wurde (u.a.) ausgeführt, die Klägerin erhalte ab 01.03.2004 Altersrente. Zu diesem Zeitpunkt sei nur noch der Arbeitgeberbeitrag zur Arbeitslosenversicherung entrichtet worden; das sei aus den Lohnunterlagen ersichtlich. Die Klägerin habe das 65. Lebensjahr im Februar 2006 vollendet. Bis zu diesem Monat müsse auch sie Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zahlen. Ab dem 01.03.2006 bestehe Versicherungsfreiheit. Die nicht abgeführten Beiträge seien nachzuentrichten.
Im April 2011 überprüfte die Beklagte die Rentenzahlung im Hinblick auf die Hinzuverdienstgrenzen und forderte die Klägerin auf, eine Bescheinigung ihres Arbeitgebers (Ehemannes) über den ab März 2001 erzielten Hinzuverdienst vorzulegen. In der am 30.06.2011 vorgelegten Arbeitgeberbescheinigung sind folgende Hinzuverdienste der Klägerin angegeben:
Monat Betrag/EUR Monat Betrag/EUR 04/2003 325,00 10/2004 659,52 05/2003 325,00 11/2004 1.050,00 06/2003 325,00 12/2004 659,52 07/2003 325,00 01/2005 659,52 08/2003 325,00 02/2005 659,52 09/2003 325,00 03/2005 659,52 10/2003 325,00 04/2005 659,52 11/2003 325,00 05/2005 659,52 12/2003 325,00 06/2005 1.050,00 01/2004 325,00 07/2005 659,52 02/2004 325,00 08/2005 659,52 03/2004 659,52 09/2005 659,52 04/2004 659,52 10/2005 659,52 05/2004 659,52 11/2005 1.050,00 06/2004 1.050,00 12/2005 659,52 07/2004 659,52 01/2006 659,67 08/2004 659,52 02/2006 659,67 09/2004 659,52
Im an die Klägerin gerichteten Anhörungsschreiben vom 04.07.2011 führte die Beklagte aus, man habe festgestellt, dass der Altersrentenanspruch ab 01.03.2004 wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenzen zu kürzen sei. Es sei beabsichtigt, den Rentenbescheid vom 02.01.2001 ab der Änderung der Verhältnisse, also mit Wirkung ab 01.03.2004, gem. § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) aufzuheben und für die Zeit vom 01.03.2004 bis 28.02.2006 überzahlte Rente i.H.v. 7.940,22 EUR zurückzufordern. Die Klägerin habe ihre Mitteilungspflichten, auf die sie hingewiesen worden sei, nicht erfüllt. Sie habe den Wegfall, das Ruhen bzw. die Kürzung des Rentenanspruchs gekannt bzw. hätte dies erkennen müssen (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Außerdem habe sie Einkommen erzielt, das zum Wegfall oder zur Minderung des Rentenanspruchs geführt habe (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Satz 3 SGB X). Für die beabsichtigte Rückforderung der Überzahlung sei (u.a.) von Bedeutung, ob die Klägerin aufgrund der Rentenzahlung Dispositionen getroffen habe, die sie nur unter erheblichen finanziellen Nachteilen rückgängig machen könne. Die Klägerin erhalte Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen. Die Klägerin äußerte sich im Anhörungsverfahren nicht.
Mit Bescheid vom 03.08.2011 berechnete die Beklagte die Rente der Klägerin ab 01.03.2004 neu; die Rente werde 01.01.2005 als Teilrente in Höhe der Hälfte der Vollrente gezahlt. Ab 01.09.2011 betrage die Rente 703,39 EUR monatlich. Für die Zeit vom 01.03.2004 bis 31.08.2011 ergebe sich eine Überzahlung von 6.964,04 EUR. Der überzahlte Betrag sei zu erstatten. Unter Berücksichtigung der individuellen Hinzuverdienstgrenzen stehe der Klägerin die Rente für die Zeit vom 01.03.2004 bis 28.02.2006 nur zur Hälfte und vom 01.03.2006 bis 31.03.2007 sowie ab 01.04.2007 (wieder) in voller Höhe zu. Die Berechnung der Überzahlung wurde in der Anlage 1 des Bescheids im Einzelnen dargestellt; in den Anlagen 19 und 21 wurden die maßgeblichen Hinzuverdienstgrenzen und das Zusammentreffen von Rente und Hinzuverdienst dargestellt. Die Beklagte führte (in Anlage 10 des Bescheids) weiter aus, der Rentenbescheid vom 02.01.2001 werde hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 01.03.2004 nach § 48 SGB X aufgehoben. Die entstandene Überzahlung sei gemäß § 50 SGB X zu erstatten. Im Anhörungsverfahren habe sich die Klägerin nicht geäußert. Bei der Vertrauensschutzprüfung habe man sämtliche bekannten Umstände berücksichtigt, um die Aufhebung des Rentenbescheids zu Ungunsten der Klägerin zu vermeiden; das sei jedoch nicht möglich gewesen. Vertrauen auf den Bestand des Rentenbescheids könne die Klägerin nicht geltend machen, weil sie ihre Mitteilungspflichten verletzt habe (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X). Sie habe Einkommen bezogen, das zur Minderung der Leistung führe (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X). Aufgrund der ihr im Rentenbescheid, insbesondere in dessen Anlage 19, erteilten Hinweise, hätte die Klägerin wissen müssen, dass der Hinzuverdienst die Kürzung der Leistung zur Folge habe (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X).
Am 12.08.2011 legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie trug vor, der Beklagten habe der hier maßgebliche Sachverhalt aus der im Jahr 2006 durchgeführten Betriebsprüfung im Unternehmen ihres Ehemannes (Bescheid vom 22.12.2006) bekannt sein müssen. Deswegen treffe es nicht zu, dass sie ihrer Mitteilungspflicht nicht nachgekommen sei. Außerdem habe man jährlich die gezahlten Entgelte gemeldet. Hätte die Beklagte zeitnah reagiert, hätte sie sich auf die Anrechnung des Hinzuverdienstes einstellen können. Während der Betriebsprüfung habe auch der zuständige Betriebsprüfer das Überschreiten der Hinzuverdienstgrenzen nicht festgestellt. Im Hinblick auf die Betriebsprüfung des Jahres 2006 sei Verjährung eingetreten. Die Rückforderung der Überzahlung bedeute für sie eine unzumutbare Härte. Sie könne den Rückforderungsbetrag nicht zahlen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.06.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus: Seien die Voraussetzungen für die Aufhebung eines Bescheids für die Vergangenheit erfüllt, müsse bei Vorliegen eines Ausnahmefalls nach Ermessen darüber befunden werden, ob und in welchem Umfang von der Aufhebungsmöglichkeit abgesehen werden könne. Hier liege ein atypischer Fall vor, weil die eingeflossenen Entgeltmeldungen nicht in der Sachbearbeitung angezeigt worden seien. Das Verschulden der Klägerin bestehe darin, dass sie ihrer Mitteilungspflicht nicht nachgekommen sei und Einkommen erzielt habe, das zur Minderung der Rente führe. Im Rentenbescheid vom 02.01.2001 habe man die Klägerin auf ihre Mitteilungspflichten beim Bezug von Einkommen über der Hinzuverdienstgrenze hingewiesen. In Anlage 19 des Rentenbescheids seien die Hinzuverdienstgrenzen dargestellt und es sei dargelegt worden, dass Rente nur geleistet werde, wenn das erzielte Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung (Bruttoverdienst) sich im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Hinzuverdienstmöglichkeiten halte. Außerdem sei der Klägerin aus den Hinweisen im Rentenbescheid bekannt gewesen, dass der Hinzuverdienst die Kürzung der Rentenzahlung zur Folge habe; zumindest hätte ihr dies bekannt sein müssen. Ihr (des Rentenversicherungsträgers) Mitverschulden wiege gemessen am Verschulden der Klägerin nicht so schwer, dass auf eine Rückforderung verzichtet werden könne. Besondere Umstände, die eine Ermessensentscheidung zu Gunsten der Klägerin rechtfertigen könnten, seien nicht erkennbar. Das gelte auch für das Vorbringen der Klägerin, die Rückforderung stelle für sie eine unzumutbare Härte dar. Dies könne ggf. bei der Durchsetzung des Erstattungsanspruchs berücksichtigt werden. Sie sei zu wirtschaftlichem Handeln und zur zweckentsprechenden Verwendung der Mittel verpflichtet. Dadurch solle erreicht werden, dass keine Leistungen ohne ausreichende gesetzliche Grundlage erbracht würden. Die einjährige Rücknahmefrist, die mit Anhörung der Klägerin (Anhörungsschreiben vom 04.07.2011) begonnen habe, sei nicht verstrichen. Im Anhörungsverfahren habe sich die Klägerin nicht geäußert. Sie könne ggf. unter Darlegung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse Ratenzahlung beantragen.
Am 02.07.2012 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Außerdem suchte sie um vorläufigen Rechtsschutz nach (Verfahren S 13 R 2420/12 ER). Das vorläufige Rechtsschutzverfahren wurde für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte die Vollziehung der Erstattungsforderung bis zur gerichtlichen Klärung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide ausgesetzt hatte (Schriftsatz vom 27.07.2012).
Zur Begründung der Klage trug die Klägerin vor, im Bescheid vom 03.08.2011 (Widerspruchsbescheid vom 07.06.2012) sei der Rentenbescheid vom 02.01.2001 nicht ausdrücklich aufgehoben worden; die entsprechenden Ausführungen in den dem Bescheid vom 03.08.2011 beigefügten Anlagen genügten hierfür nicht. In dem auf die Betriebsprüfung im Unternehmen ihres Ehemannes ergangenen Bescheid (vom 22.12.2006) habe die Prüfstelle ausdrücklich festgehalten, dass sie ab 01.03.2004 Altersrente beziehe und als Arbeitnehmerin gegen Lohn beschäftigt werde. Sie habe deshalb davon ausgehen dürfen, dass die Beklagte über ihr Beschäftigungsverhältnis informiert sei und sie keine weiteren Mitteilungspflichten zu erfüllen habe. Es liege auch ein atypischer Fall vor, der die Ausübung von Rücknahmeermessen erforderlich mache. Die Beklagte habe seit 2006 gewusst, dass sie neben der Altersrente Arbeitsentgelt beziehe. Auch die Höhe des Arbeitsentgelts sei bekannt gewesen. Die Beklagte treffe daher eine Mitschuld an der Überzahlung. Aus den angefochtenen Bescheiden gehe die Ausübung von Rücknahmeermessen nicht in ausreichendem Maße hervor. Außerdem sei die einjährige Rücknahmefrist verstrichen. Die Frist habe bereits mit der Betriebsprüfung im Unternehmen ihres Ehemannes im November 2006 und nicht erst mit ihrer Anhörung begonnen. Das gelte jedenfalls im Hinblick auf verschuldensunabhängige Rücknahmetatbestände (wie § 45 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 SGB X - vgl. Landessozialgericht (LSG) Saarland, Urteil vom 05.08.2011, - L 6 AL 21/09 -; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 02.01.2012, - L 12 AS 630/11 -, alle in juris). In solchen Fällen sei allein maßgeblich, dass der Behörde alle objektiven Umstände, wie die Erzielung von Einkommen, bekannt gewesen seien.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und trug ergänzend zur Begründung der angefochtenen Bescheide vor, die Betriebsprüfung im Unternehmen des Ehemannes der Klägerin sei nicht von ihr (der Beklagten), sondern von der Rentenversicherung Baden-Württemberg durchgeführt worden. Zum Versicherungsvorgang der Klägerin sei keine Mitteilung erfolgt. Am 31.03.2011 sei im Versicherungskonto der Klägerin angezeigt worden, dass während des Bezugs einer Altersvollrente vor Vollendung des 65. Lebensjahres eine Entgeltmeldung vorliege. Daraufhin habe man die Ermittlungen aufgenommen und die Klägerin nach deren Abschluss mit Schreiben vom 04.07.2011 zur beabsichtigten Rückforderung überzahlter Rente angehört. Auf schutzwürdiges Vertrauen könne sich die Klägerin nicht berufen. Sie habe kein billigenswertes Interesse daran, die schuldhaft zu Unrecht erlangte Rentenzahlung ganz oder teilweise behalten zu dürfen. Andernfalls würden Versicherte, die Hinweise des Rentenversicherungsträgers nicht beachteten, besser gestellt. Besondere Umstände, die eine Ermessensentscheidung zu Gunsten der Klägerin rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich. Für die Klägerin sei offensichtlich gewesen, dass der Hinzuverdienst die in Anlage 19 des Rentenbescheids vom 02.01.2001 ausgewiesene Hinzuverdienstgrenze (630,00 DM bzw. 322,11 EUR) übersteige. Sie hätte sich deshalb bei ihr erkundigen müssen, ob ihr die Rente tatsächlich in voller Höhe zustehe. Die einjährige Rücknahmefrist sei nicht verstrichen. Die Frist beginne erst, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt habe und ihr die für die Rücknahme außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt seien.
Mit Urteil vom 26.03.2015 hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 03.08.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2012 auf. Zur Begründung führte es aus, in den Verhältnisse, die bei Erlass des Rentenbescheids vom 02.01.2001 vorgelegen hätten, sei insoweit eine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten, als die Klägerin in der Folgezeit Einkommen über der einschlägigen Hinzuverdienstgrenze erzielt habe. Dies habe zumindest zur Minderung des Rentenanspruchs geführt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X). Die Beklagte habe den Rentenbescheid deswegen mit Wirkung für die Zukunft aufheben dürfen, ihn aber rechtsfehlerhaft auch mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben. Bei Vorliegen eines atypischen Falles i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X müsse die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen über die rückwirkende Aufhebung des Verwaltungsakts (des Rentenbescheids) befinden. Hier liege (unstreitig) ein atypischer Fall vor. Gegenstand der im Jahr 2006 im Unternehmen des Ehemannes der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung sei insbesondere das Arbeitsverhältnis der Klägerin gewesen. Außerdem seien, wie die Beklagte im Widerspruchsbescheid ausgeführt habe, Entgeltmeldungen des Ehemannes der Klägerin (Arbeitgebermeldungen) in die Rentensachbearbeitung nicht eingeflossen. Daher liege ein mitwirkendes Fehlverhalten der Beklagten vor, das einen atypischen Fall i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X begründe. Die Beklagte habe in der Begründung der angefochtenen Bescheide die Gesichtspunkte, von denen sie bei der Ausübung des Ermessens ausgegangen sei, nicht ausreichend dargelegt (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Der Ausgangsbescheid lasse eine Ermessensbetätigung nicht erkennen. Im Widerspruchsbescheid habe die Beklagte zwar dargelegt, es liege ein atypischer Fall vor und sie müsse deswegen eine Ermessensentscheidung treffen. Es fehle aber eine entsprechende Begründung, d. h. die schriftliche Darlegung der Gesichtspunkte, von denen die Beklagte bei der Ermessensausübung ausgegangen sei. Dazu heiße es im Widerspruchsbescheid nur, besondere Umstände, die eine Ermessensentscheidung zu Gunsten der Klägerin rechtfertigen könnten, seien nicht erkennbar. Damit seien die angefochtenen Bescheide im Hinblick auf die Ermessensausübung aber nicht hinreichend begründet. Die Beklagte habe die Belange, die sie bei der Ermessensausübung gegeneinander abgewogen habe, nicht dargelegt. Offen bleiben könne, ob die einjährige Rücknahmefrist gewahrt worden sei.
Gegen das ihr am 20.04.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 07.05.2015 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X (Erzielen von Einkommen, das zum Wegfall oder zur Minderung des Leistungsanspruchs führt) seien erfüllt; auf Verschulden des Leistungsempfängers komme es insoweit nicht an. Zudem habe die Klägerin im Hinblick auf den erzielten Hinzuverdienst ihre Mitteilungspflichten verletzt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X) und auch gewusst oder zumindest infolge grober Fahrlässigkeit nicht gewusst, dass der Hinzuverdienst zur Minderung des Rentenanspruchs führt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Der Rentenbescheid vom 02.01.2001 enthalte nämlich klare und unmissverständliche Hinweise auf die maßgeblichen Hinzuverdienstgrenzen und deren Auswirkungen und auch auf die entsprechende Mitteilungspflicht der Klägerin. Gleichartige Hinweise enthielten die der Klägerin im Zuge der Rentenanpassung zum 01.07.2003 und zum 01.07.2005 übersandten Mitteilungen sowie der Rentenbescheid vom 13.05.2004. Man habe das Vorliegen eines atypischen Falles angenommen, Ermessen ausgeübt und die hierfür maßgeblichen Erwägungen auch in der Begründung des Widerspruchsbescheids festgehalten. Sie habe des Verschulden der Klägerin und ihr Verschulden am Entstehen der Überzahlung bedacht und gegeneinander abgewogen und im Widerspruchsbescheid dargelegt, besondere Umstände, die eine Ermessensentscheidung zu Gunsten der Klägerin rechtfertigen könnten, seien nicht erkennbar. Außerdem sei sie auf die Härtefrage eingegangen und habe ihre Pflicht zum wirtschaftlichen Handeln sowie zur zweckentsprechenden Mittelverwendung als Ermessenserwägung angeführt. Davon abgesehen, liege ein atypischer Fall in Wahrheit nicht vor. Die maschinellen Entgeltmeldungen für die Zeit vom 01.03.2004 bis 31.12.2005 seien erst am 11.02.2008 und damit nach dem Überzahlungszeitraum (März 2004 bis Februar 2006) erfolgt. Deren Nichtbeachtung in der Rentensachbearbeitung sei daher für das Entstehen der Überzahlung (schon) nicht ursächlich gewesen. Zudem überwiege das Fehlverhalten der Klägerin bei Weitem, was das Vorliegen eines atypischen Falles ebenfalls ausschließe (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.03.2015, - L 4 R 306/14 - nicht veröffentlicht; auch Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 18.11.2014, - B 4 AS 3/14 R -, in juris).
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26.03.2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor, sie habe sich mit den Rentenbescheiden auseinandergesetzt, die einzelnen Hinweise aber wohl schwerlich so verstanden, dass man ihr heute vorwerfen könne, sie habe der Beklagten das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses mit einem die Hinzuverdienstgrenzen überschreitenden Arbeitsentgelt pflichtwidrig nicht von sich aus mitgeteilt. Für das Verschuldensmaß (Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit) komme es auf den jeweiligen Leistungsempfänger und nicht auf den "Durchschnittsbürger" an. Den angefochtenen Bescheiden sei die rechtlich überprüfbare Ausübung von Rücknahmeermessen auch nicht ansatzweise zu entnehmen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ohne Zulassung durch das SG statthaft. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei einem Erstattungsbetrag von 6.964,04 EUR überschritten. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und daher auch im Übrigen gem. § 151 SGG zulässig.
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Sie hat mit dem Bescheid vom 03.08.2011 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.06.2012) den Rentenbescheid vom 02.01.2001 nach Maßgabe des § 48 SGB X ab 01.04.2004 rechtsfehlerfrei teilweise aufgehoben und der Klägerin gem. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu Recht aufgegeben, während der Zeit vom 01.03.2004 bis 31.08.2011 überzahlte Rente i.H.v. 6.964,04 EUR zu erstatten. Das SG hätte der dagegen gerichteten Klage der Klägerin nicht stattgeben dürfen.
Gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist jede tatsächliche oder rechtliche Änderung, die sich - zugunsten oder zu Lasten des Betroffenen - auf Grund oder Höhe der bewilligten Leistung auswirkt. Der Verwaltungsakt soll gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, also rückwirkend, aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr. 2), nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr. 3), oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Nr. 4). Grobe Fahrlässigkeit i. S. d. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X liegt vor, wenn die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt worden ist. Notwendig ist, dass schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt werden und daher nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie den besonderen Umstände des Falles zu beurteilen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 30.10.2013, - B 12 KR 21/11 R -, in juris). Bezieher von Renten (Sozialleistungen nach § 11 Sozialgesetzbuch Erstes Buch, SGB I) sind gem. § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I verpflichtet, dem Rentenversicherungsträger Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung (Rente) erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen. Das gilt insbesondere für die Erzielung von Hinzuverdienst. Darauf wird der Rentenbezieher in den Rentenbescheiden auch eingehend hingewiesen.
Hier ist in den Verhältnissen, die bei Erlass des Rentenbescheids vom 02.01.2001 - einem Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - vorgelegen haben, i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X insoweit für die Zeit ab 01.03.2004 (nachträglich) eine Änderung eingetreten, als der Klägerin die Rente wegen erzielten Hinzuverdienstes über der maßgeblichen Hinzuverdienstgrenze (vgl. § 34 Abs. 2 und 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der während der Zeit vom 01.03.2004 bis zum Wegfall der Hinzuverdienstgrenze wegen Erreichens der Regelaltersgrenze von seinerzeit 65 Jahren am 27.02.2006 geltenden Fassung) nicht mehr in voller Höhe, sondern ab 01.01.2005 nur noch in Höhe der Hälfte der Vollrente, zugestanden hat. Deswegen ist (im Zeitraum bis 31.08.2011) eine Überzahlung von 6.964,04 EUR entstanden. Berechnungsfehler sind weder substantiiert geltend gemacht noch ersichtlich. Ab 01.03.2004 hat die Klägerin (infolge einer Erhöhung des Hinzuverdienstes von zuvor monatlich 325,00 EUR auf 659,52 EUR monatlich) Hinzuverdienst erzielt, der dazu geführt hat, dass ihr die Rente nur noch in Höhe der Hälfte der Vollrente zugestanden hat (vgl. § 34 Abs. 3 Nr. 2b SGB VI in der seinerzeit geltenden Fassung). Ab 01.03.2004 betrug die Hinzuverdienstgrenze für die Altersrente in Höhe von zwei Dritteln der Vollrente 492,46 EUR, für die Altersrente in Höhe der Hälfte der Vollrente 736,58 EUR; mit dem Hinzuverdienst von 659,52 EUR hat der Klägerin daher die Rente zur Hälfte zugestanden. Dabei ist es in der Folgezeit (bis Februar 2006) geblieben. Die entsprechenden Berechnungen der Beklagten lassen Rechts- oder Rechenfehler nicht erkennen (zum Privilegierungstatbestand in § 34 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGB VI und dem so genannten Vormonatsprinzip etwa: Freudenberg, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI § 34 Rdnr. 63 ff.). Das gilt auch für die Berechnung des Überzahlungsbetrags, der sich aus der Summe der jeweils hälftig zuviel gezahlten Rente ergibt.
Die Beklagte hat den Rentenbescheid gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X mit Wirkung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, also rückwirkend zum 01.03.2004, gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X aufheben dürfen. Dahin stehen kann, ob die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X (Erzielung von zur Minderung des Rentenanspruchs führendem Einkommen) erfüllt sind. Die Aufhebung des Verwaltungsakts wegen nachträglich erzielten Einkommens kann nach dieser Vorschrift nur insoweit erfolgen, als sich die zu Unrecht bezogene Sozialleistung und das Einkommen, das zum Wegfall der Sozialleistung führt, decken. Bei Hinzuverdienstgrenzen führt daher nur der diese Grenzen übersteigende Teil des Einkommens zum Wegfall der Sozialleistung und damit zu einer - von § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X vorausgesetzten - Doppelleistung (Merten, in: Hauck/Noftz, SGB § 48 SGB X Rdnr. 52; BSG, Urteil vom 23.03.1995, - 13 RJ 39/94 -, in juris). Der Senat braucht nähere Berechnungen hierzu nicht anzustellen, da jedenfalls die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X erfüllt sind. Die Klägerin hat der Beklagten die Erhöhung ihres Hinzuverdienstes ab März 2004 nicht mitgeteilt. Damit hat sie ihre Mitteilungspflicht aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I verletzt. Sie hat dabei auch grob fahrlässig gehandelt. Die Klägerin hat um die Pflicht zur Mitteilung von Veränderungen des Hinzuverdienstes gewusst. Hierauf ist sie (schon) im Rentenbescheid vom 02.01.2001 hingewiesen und eingehend über die Auswirkungen von Hinzuverdienst auf den Rentenanspruch unterrichtet worden. Im Rentenbescheid vom 13.05.2004 sind die entsprechenden Hinweise erneuert worden. Sollte die Klägerin diese Hinweise nicht zur Kenntnis genommen haben, wäre ihr schon deswegen der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen. Auf mangelnde Urteils- oder Kritikfähigkeit oder mangelndes Einsichtsvermögen kann sich die Klägerin, die den Hinzuverdienst durch Ausübung einer beruflichen Tätigkeit als kaufmännische Angestellte im Unternehmen ihres Ehemannes erzielt hat, nicht berufen. Ob außerdem die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X erfüllt sind, mag dahinstehen; es kommt entscheidungserheblich hierauf nicht mehr an.
§ 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Sollvorschrift. Das bedeutet, dass die Behörde den Verwaltungsakt in der Regel rückwirkend aufheben muss und nur in atypischen Fällen nach pflichtgemäßem Ermessen hiervon abweichen darf (BSG, Urteil vom 05.04.2012, - B 10 EG 10/11 R - in juris; näher zu den Anforderungen an das Vorliegen eines atypischen Falles etwa BSG, Urteil vom 31.01.2008, - B 13 R 23/07 R -, in juris). Bei der Ermessensausübung ist das Interesse des Versicherten am Behaltendürfen der rechtswidrig (weiter-)bezogenen Leistung mit dem öffentlichen Interesse an deren Rückführung abwägen. Letzterem kommt grundsätzlich der Vorrang zu. Das folgt aus dem für alle Versicherungsträger geltenden Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 69 Abs. 2 SGB IV). Für eine von der gesetzlichen Wertung abweichende Ausübung des Aufhebungsermessens müssen erhebliche Gründe vorliegen (dazu näher Senatsurteile v. 23.02.2011, - L 5 KR 3975/09 - und v. 28.09.2011, - L 5 R 3888/10 -, nicht veröffentlicht).
Ob hier ein atypischer Fall vorliegt, der Beklagten im Hinblick auf die (Nicht-)Berücksichtigung von Entgeltmeldungen des Arbeitgebers (Ehemanns) der Klägerin insbesondere ein Mitverschulden am Entstehen der Überzahlung anzulasten ist, kann dahinstehen, weil die Beklagte eine rechtsfehlerfreie Ermessensentscheidung getroffen hat. Sie hat Ermessen ausgeübt und die äußeren und inneren Grenzen des Verwaltungsermessens gewahrt (vgl. § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I, KassKomm/Seewald SGB I § 39 Rn. 9 ff.), namentlich der Klägerin Unverhältnismäßiges nicht auferlegt. Etwaige (nur pauschal behauptete) Zahlungsschwierigkeiten der Klägerin sind nicht im Aufhebungs- und Erstattungsverfahren nach Maßgabe der §§ 48, 50 SGB X, sondern ggf. in einem Verfahren auf Stundung, Niederschlagung oder Erlass des Rückforderungsanspruchs der Beklagten nach Maßgabe des § 76 Abs. 2 SGB IV zu berücksichtigen. Die Beklagte hat auch rechtsfehlerfrei angenommen, dass ein (etwaiges) Mitverschulden an der Überzahlung sie nicht dazu zwingt, von der (Teil-)Aufhebung des Rentenbescheids ganz oder teilweise abzusehen. Sie hat hierfür neben ihrer Verpflichtung zu wirtschaftlichem Handeln und zur zweckentsprechenden Verwendung der Mittel zu Recht auf das erhebliche Verschulden der Klägerin abgestellt, die ihrer gesetzlichen Pflicht zur Mitteilung des Hinzuverdienstes bzw. von Veränderungen des Hinzuverdienstes aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I, auf die sie (u.a.) im Rentenbescheid vom 02.01.2001 eingehend und unmissverständlich hingewiesen worden ist, nicht nachgekommen ist und die deswegen die Hauptverantwortung am Entstehen der Überzahlung trägt. Dass im Jahr 2006 eine Betriebsprüfung im Unternehmen ihres Arbeitgebers (Ehemanns) stattgefunden hat, ist hierfür ohne Belang, befreit die Klägerin insbesondere nicht von ihren Mitteilungspflichten. Davon abgesehen käme es hier ohnehin auf die Zeit vor Vollendung des 65. Lebensjahrs der Klägerin am 27.02.2006 an, da Hinzuverdienstgrenzen nur für die Zeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (seinerzeit noch mit Vollendung des 65. Lebensjahres) gelten (vgl. § 34 Abs. 2 SGB VI).
Die Beklagte hat die formellen Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB X gewahrt und in der Begründung der angefochtenen Bescheide - maßgeblich ist der das Verwaltungsverfahren abschließende Widerspruchsbescheid vom 07.06.2012 - die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe, die sie zu ihrer Entscheidung bewogen haben und außerdem auch die Gesichtspunkte mitgeteilt, von denen sie bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Im Widerspruchsbescheid vom 07.06.2012 hat die Beklagte insbesondere das von ihr angenommene Behördenverschulden am Entstehen der Überzahlung gegen das Verschulden der Klägerin abgewogen und ausreichend dargelegt, weshalb aus ihrer Sicht eine Ermessensbetätigung zu Gunsten der Klägerin nicht in Betracht kommt. Die Beklagte hat hierfür das Gewicht der in Rede stehenden Verschuldensanteile und ihre Pflicht zu wirtschaftlichem Handeln und zur zweckentsprechenden Mittelverwendung angeführt und außerdem dargelegt, dass etwaige - bislang nur unsubstantiiert behauptete - Härten in einem gesonderten Verwaltungsverfahren berücksichtigt werden können. Das genügt.
Die Zehnjahresfrist (§ 48 Abs. 4 i. V. m. § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X) und insbesondere die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist gewahrt. Die Beklagte hat die (teilweise) Aufhebung des Rentenbescheids vom 02.01.2001 mit dem Bescheid vom 03.08.2011 (rechtsfehlerfrei in der dem Bescheid beigefügten Anlage 10) innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen verfügt, welche die Aufhebung des Rentenbescheids für die Vergangenheit rechtfertigen. Die Jahresfrist hat vor April 2011 nicht beginnen können; im April 2011 hat die Beklagte die Überprüfung der Rentenzahlung im Hinblick auf die Hinzuverdienstgrenzen eingeleitet und vom Arbeitgeber (Ehemann) der Klägerin entsprechende Verdienstbescheinigungen angefordert. Die im Jahr 2006 im Betrieb des Arbeitgebers der Klägerin durchgeführte Betriebsprüfung ist für den Beginn der Jahresfrist schon deshalb nicht von Belang, weil es hierfür auf die Kenntnis der die Aufhebung verfügenden Behörde ankommt. Das ist die Beklagte (als kontoführender Rentenversicherungsträger). Die Betriebsprüfung ist seinerzeit aber nicht von ihr, sondern von einer anderen Behörde, nämlich der von der Beklagten als eigenständige Körperschaft des öffentlichen Rechts (vgl. § 125 SGB VI i.V.m. § 29 SGB IV) zu unterscheidenden Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg (als Prüfstelle) durchgeführt worden.
Ist der Rentenbescheid vom 02.01.2001 danach zu Recht teilweise aufgehoben worden, ist die bereits erbrachte Leistung, die überzahlte Rente, gem. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X ohne weitere Voraussetzungen zu erstatten. Ermessen ist nicht mehr auszuüben. Die zu erstattende Leistung ist gem. § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Das ist ebenfalls rechtsfehlerfrei geschehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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BWB
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