L 2 U 126/12

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 5 U 63/10
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 126/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Einem Erstattungsverlangen hat der angegangene Versicherungsträger zu entsprechen, wenn der zunächste leistende Versicherungsträger gegenüber dem Versicherten seine Leistungspflicht bestandskräftig abgelehnt hat und diese Entscheidung nicht offensichtlich falsch ist.
I. Das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 29. März 2012 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Erstattungsbetrag in Höhe der von der Beklagten nach dem SGB V zu übernehmenden Leistungen zu erstatten.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 10.272,49 EUR festgesetzt.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

I.

Die klagende Unfallkasse begehrt von der beklagten Krankenkasse die Erstattung von Behandlungskosten für die Beigeladene, nachdem sie bestandskräftig gegenüber der Beigeladenen festgestellt hat, dass der operativ behandelte Kreuzbandriss nicht Folge des anerkannten Arbeitsunfalles vom 06.03.2006 gewesen ist.

Die Beigeladene war als angestellte Lehrerin im M -Gymnasium in L tätig. Zu dieser Zeit war sie bei der Beklagten krankenversichert. Als sie am 06.03.2006 kurz vor 9.00 Uhr eine Treppe hinabstieg, um das Klassenbuch zu holen, rutschte sie ab und verdrehte sich das rechte Bein, wobei es nach Darstellung der Klägerin auch zu einer Überstreckung gekommen sei. Nach ihrer Schilderung habe sie zunächst das Knie nicht mehr gespürt. Nach einigen Minuten habe sie starke Schmerzen verspürt. Nach zwei Unterrichtsstunden habe sie wegen der Schmerzen und einer starken Schwellung am rechten Knie die Arbeit beenden müssen. Sie begab sich in Behandlung zu den H-Ärzten T und L in M. Diese stellten einen diskreten Erguss im Kniegelenk rechts fest, leichte mediale Aufklappbarkeit und vordere Schublade rechts. Diagnostiziert wurde zunächst eine Distorsion des rechten Knies. Bei einer Punktion wurden 5 ml Blut entnommen.

Wegen fortbestehenden Instabilitätsgefühls erfolgte Überweisung zum D-Arzt Dr. K , KH St. E , L. Bei der Erstuntersuchung am 24.04.2006 stellte er eine vordere Schublade, freie Beweglichkeit, stabile Bänder und pos. Pivotshift-Phänomen fest. Er erstellte eine Einweisung in stationäre Behandlung zur Kreuzbandersatz-OP und Klärung des Zeitpunktes der vorderen Kreuzbandruptur. Die Schädigung könne auch bei einem Freizeitunfall 2004 geschehen sein. Bei diesem Unfall war eine Meniskusverletzung entstanden, die zu einer Operation am 06.01.2005 führte. Dabei wurde eine ausgedehnte Korbhenkelläsion im Bereich des Innenmeniskushinterhorns festgestellt. Knorpelschäden fanden sich im Kniegelenk nicht. Es wurde eine Resektion durchgeführt. Das vordere Kreuzband wurde untersucht und war inspektorisch und manipulatorisch intakt. Auch in einer MRT-Aufnahme war keine Verletzung feststellbar. Im Operationsbericht vom 12.05.2006 wurde ein Zustand nach Innenmeniskus-Hinterhornresektion beschrieben mit einer Auffaserung der Pars intermedia sowie die radiologisch nachgewiesene Ruptur des vorderen Kreuzbandes. Makroskopisch entsprach diese eher einer veralteten Ruptur. Es fand sich anstelle des vorderen Kreuzbandes nur insuffizientes Narbengewebe. Der tibiale Anteil war auf das hintere Kreuzband aufgewachsen. Spuren einer frischen Verletzung fanden sich bei der Operation am 12.05.2006 nicht. Die Ärzte kamen zu der Feststellung, dass die Kreuzbandruptur nicht mit dem Unfall vom 06.03.2006 in Verbindung stehe.

Die Klägerin beauftragte darauf den Unfallchirurgen Dr. A aus L mit der Erstellung eines Zusammenhangsgutachtens. Er kam in seinem Gutachten vom 23.08.2006 und der Ergänzung vom 24.10.2006 zu dem Ergebnis, dass die Kreuzbandruptur nicht auf den Unfall zurückzuführen sei. Es habe kein adäquates Trauma vorgelegen. Außerdem wachse das beschädigte Kreuzband nicht innerhalb von zwei Monaten auf das hintere Kreuzband auf. Auch der Meniskusriss sei Folge des früheren Unfalls. Im MRT-Befund vom 16.03.2006 finde sich eine Chondromalazie Grad II an der medialen Femur- und Tibiagelenkfläche. Intraoperativ weise die Knorpelsubstanz in der medialen Femurkondyle querverlaufende Usuren sowie oberflächliche Auffaserungen auf. Die Befunde sprächen gegen ein akutes Geschehen. Er komme eher zu dem Ergebnis, dass bei dem früheren Unfall das Band vorgeschädigt worden sei. Dafür spreche auch, dass die Versicherte nicht ausgerutscht oder gestürzt sei, was für ein Instabilitätsgefühl spreche. Man könne aber eine vorübergehende Verschlimmerung annehmen, da nach den Angaben das Instabilitätsgefühl nicht so offensichtlich gewesen sei, dass eine Kreuzbandplastik unmittelbar bevorgestanden habe. Nach näherer Kenntnis des Vorschadens gab er an, dass zwischen den beiden Anlässen sich ein schleichender Prozess abgespielt haben könnte. Die Unfallbeschreibung ergebe kein adäquates Trauma, das zu einer Kreuzbandruptur habe führen können.

Mit Bescheid vom 02.11.2006 erkannte die Klägerin den Vorfall vom 06.03.2006 als Arbeitsunfall mit einer folgenlos ausgeheilten Distorsion des rechten Kniegelenks an. Der Riss des vorderen Kreuzbandes und die notwendige Teilresektion des Meniskushinterhorns seien nicht Folge dieses Unfalls. Behandlungsbedürftigkeit wurde bis 09.03. und Arbeitsunfähigkeit bis 20.03.2006 anerkannt. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Bescheid vom 15.06.2007 zurückgewiesen. In der ausführlichen Begründung stützte sich die Klägerin auf das Gutachten von Dr. A. Dieser Widerspruchsbescheid wurde bestandskräftig.

Bereits mit Schreiben vom 08.01.2007 informierte die Klägerin die Beklagte als Krankenversicherung der Beigeladenen, dass Leistungen erbracht worden seien, für die sie nicht leistungspflichtig gewesen sei. Es werde um Erstattung der Kosten entsprechend der beigefügten Aufstellung gem. § 105 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) gebeten. Die Aufstellung über 10.272,49 EUR erfasst die Kosten für Orthesen und andere Hilfsmittel, verschiedene physiotherapeutische Behandlungen, Krankenhausbehandlung, Verletztengeld einschließlich Sozialversicherungsbeiträgen und Leistungen an andere Sozialversicherungsträger. Diese Positionen sind nicht aufgeschlüsselt. Es sind jeweils nur die Endsummen aufgeführt.

Die Beklagte veranlasste eine Überprüfung durch den MDK. In einem Bericht vom 23.01.2008 führte der Chirurg Dr. K aus, dass innerhalb von neun Wochen ein ruptiertes Kreuzband mit den Faserenden an das hintere Kreuzband anwachsen könne. Da bei der Operation am 06.01.2005 das Kreuzband intakt war, seien alle Spekulationen hinfällig. Das Kreuzband sei sicher bei dem Unfall in der Schule gerissen.

Die Klägerin holte darauf eine Stellungnahme des Beratungsarztes MR Dr. M ein. In seiner Stellungnahme vom 12.03.2008 schließt er sich der Beurteilung des Operateurs Dr. K an, dass es sich um eine alte Kreuzbandverletzung handele. Nach seiner Meinung habe Dr. K eine so umfassende Erfahrung, dass er dies bei einer Operation unschwer erkennen könne. Außerdem sei ein Aufwachsen der Faserenden innerhalb neun bis zehn Wochen nicht möglich.

Der Chirurg Dr. K vom MDK B legte am 09.10.2008 gegenüber der Beklagten nochmals ausführlich dar, dass nach seiner Einschätzung der Kreuzbandriss Unfallfolge vom 06.03.2006 sei. Er führte an, dass nach dem Operationsbericht vom 05.01.2005 das Kreuzband intakt war. Der Unfall vom 06.03.2006 habe noch an diesem Tag eine sofortige Symptomatik und einen blutigen Erguss hervorgerufen. Das nur wenige Tage später veranlasste MRT habe klar die Kreuzbandruptur gezeigt. Auch der blutige Erguss beweise eine frische Gewebszerreißung mit Einblutung. Auf Grund der Strukturen im Knie könne in neun bis zehn Wochen problemlos das gerissene vordere Kreuzband an das hintere Kreuzband anwachsen. Auch der Unfallmechanismus sei geeignet, die Verletzung hervorzurufen. Das werde z.B. auch bei Schönberger/Mehrtens/Valentin und in weiteren Standardwerken beschrieben.

MR Dr. M führte in seiner weiteren Stellungnahme vom 15.01.2009 weiter seine chirurgische Erfahrung und die Kompetenz des Operateurs Dr. K an. Wissenschaftliche Werke benannte er zur Unterstützung seiner Darlegungen nicht.

Am 05.02.2010 hat die Unfallkasse Klage beim Sozialgericht Dresden (SG) eingereicht, mit der sie die Feststellung begehrt hat, dass ihr ein Erstattungsanspruch in Höhe von 10.272,49 EUR gegen die Beklagte zustehe. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass man die Behandlung der Knieverletzung eingeleitet und erst nach der operativen Behandlung festgestellt habe, dass die schwere Verletzung nicht Folge des Arbeitsunfalles war. Damit habe die Kosten für die Behandlung des Kreuzbandrisses die Beklagte nach § 105 SGB X zu tragen. Dies stehe durch den bestandskräftigen Bescheid gegenüber der Verletzten fest. Diesen müsse auch die Beklagte akzeptieren. Sie verweist u.a. auf ein Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 29.10.2009, L 8 KR 311/07. Dieses habe entschieden, dass der in Anspruch genommene Leistungsträger die Einschätzung des leistenden Trägers in dem Bescheid gegenüber dem Versicherten akzeptieren müsse, wenn sie nicht offensichtlich fehlerhaft sei. Ebenso habe auch der 13. Senat des BSG in seinem Urteil vom 08.07.1998, B 13 RJ 49/96 R, entschieden. Die Beklagte hat ihre Zahlungspflicht weiter verneint und auf die Stellungnahmen des MDK B verwiesen.

Das SG Dresden hat die Verletzte zum Rechtsstreit beigeladen und ein Gutachten zur Feststellung der Folgen des Unfalles vom 06.03.2006 bei Prof. Dr. U , Chefarzt der Chirurgie/Unfallchirurgie des Akademischen Lehrkrankenhauses G , eingeholt. Er kommt in seinem Gutachten vom 06.01.2011 zu dem Ergebnis, dass die Kreuzbandruptur auf den Unfall vom 06.03.2006 zurückzuführen sei. Dies sei aus dem zwar allgemein gehaltenen Operationsbericht vom 06.01.2005 zu schließen, der ein intaktes vorderes Kreuzband beschreibe. Im klinischen Alltag gehe man davon aus, dass ligamentäre Strukturen schon nach sechs Wochen vernarbten, deshalb die Feststellung von Dr. K bei der zweiten Operation, dass keine frische Verletzung vorliege, wegen des Ablaufs von über acht Wochen nicht gegen eine Ruptur bei dem zweiten Vorfall spreche. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 29.06.2011 hat der Sachverständige ausgeführt, dass, auch wenn eine eindeutige Zuordnung zu einem Unfallgeschehen nicht definitiv möglich erscheine, nach seiner Ansicht mehr für eine Läsion des Kreuzbandes beim zweiten Unfall spreche.

Die Klägerin hat dazu ausgeführt, dass der Gutachter seine abweichende medizinische Auffassung dargestellt habe, man aber nicht von einer offensichtlichen Fehlerhaftigkeit der ablehnenden Entscheidung gegenüber der Versicherten ausgehen könne. Vielmehr begründe die Darstellung in dem Gutachten im Streit mit dem Versicherten nicht die im Unfallversicherungsrecht notwendige hinreichende Wahrscheinlichkeit. Die Beklagte stützt ihre Meinung auf die Kommentierung von Kater im Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Rdnr. 45 u. 54 zu § 103 SGB X. Danach habe der Bescheid gegenüber dem Versicherten im Erstattungsstreit für die in Anspruch genommene Krankenkasse nur deklaratorische Wirkung.

Mit Urteil vom 29.03.2012 hat das SG Dresden die Klage abgewiesen. Als Anspruchsnorm käme § 105 SGB X in Betracht. Dies scheitere aber schon daran, dass die Beklagte für die von der Klägerin gewährten Leistungen nicht zuständig gewesen sei. Der beigeladenen Verletzten hätten weiterhin Leistungsansprüche gegen die Klägerin zugestanden. Nach den Gutachten sei der Kreuzbandriss Folge des Arbeitsunfalles gewesen. Die von der Klägerin eingeholten Gutachten überzeugten das Gericht nicht. Außerdem sei die Klägerin nach § 11 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) zahlungspflichtig. Die Klägerin habe die Operation zur Untersuchung und Aufklärung des Sachverhalts angeordnet. Zudem sei die Beklagte nicht durch die bestandskräftig gegenüber der Beigeladenen erfolgte Ablehnung von Leistungen gebunden. Die habe der 2. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 28.09.1999, B 2 U 36/98, klargestellt.

Gegen diese am 12.04.2012 zugestellte Entscheidung hat die Klägerin am 03.05.2012 beim Sächsischen Landessozialgericht Berufung eingelegt. Die Klägerin wiederholt ihren Vortrag und weist zur Begründung ihres Anspruchs auf Entscheidungen des Hessischen und des Bayerischen Landessozialgerichts hin.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 29.03.2012 aufzuheben und die Beklagte zur Leistung eines Erstattungsbetrages nach § 105 SGB X in Höhe von 10.272,49 EUR zu verurteilen und die Kosten des Verfahrens der Beklagten aufzuerlegen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen und die Kosten des Verfahrens der Klägerin aufzuer-legen, hilfsweise die Zulassung der Revision.

Die Beklagte ist der Meinung, dass sie durch den Bescheid der Klägerin gegenüber der Beigeladenen nicht gebunden sei. Es komme auf die objektive Beurteilung an. Danach sei der Kreuzbandriss Folge des bei der Klägerin versicherten Arbeitsunfalls. Sie weist auf den Aufsatz von Prof. Dr. Krasney in der Zeitschrift KrV Nr. 01.14 hin. Außerdem hat sie das Gutachten für den Verband der Ersatzkassen zur Frage "Kann der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung gegen einen Erstattungsanspruch einer Krankenkasse nach § 105 SGB X einwenden, er habe gegenüber dem Versicherten das Vorliegen eines Versicherungsfalls der Unfallversicherung verneint?", das Prof. Dr. Krasney am 23.09.2013 erstattet hat, zu den Akten vorgelegt. Er kommt zu dem Ergebnis, dass die Krankenkasse nicht durch die Entscheidung des Unfallversicherungsträgers gegenüber dem Verletzten gebunden sei, weil sie dann im Wesentlichen ohne gerichtlichen Rechtsschutz bliebe. Er weist aber darauf hin, dass in der neueren Rechtsprechung und Literatur zunehmend die Gegenmeinung vertreten werde. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung weiter darauf hingewiesen, dass bei einer Verurteilung nur die nach dem Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) notwendigen Aufwendungen zu zahlen wären, § 105 Abs. 2 SGB X. Die Forderung der Klägerin gehe darüber hinaus, auch wenn man sich mit den Einzelheiten noch nicht befasst habe.

Die Beigeladene hat sich am Verfahren nicht beteiligt.

Dem Senat lagen die gerichtlichen Akten und die Verwaltungsakte der Beklagten vor, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Das angegriffene Urteil des SG Dresden ist aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Erstattungsleistungen im Rahmen ihrer Ersatzpflicht zu leisten, § 105 Abs. 1 und 2 SGB X. Die zulässige Berufung der Unfallkasse Sachsen gegen das Urteil des SG Dresden ist auch begründet. Der Klägerin steht gegenüber der beklagten Krankenversicherung der Verletzten ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Kreuzbandoperation und der Nebenleistungen zu, soweit die Leistungen auch nach den Vorschriften des SGB V zu erbringen wären. Das klageabweisende Urteil des SG Dresden vom 29.03.2012 ist aufzuheben, denn es verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Für eine Anwendung des § 11 SGB VII ist im vorliegenden Fall kein Raum.

I. Die Berufung ist zulässig durch eine EGVP-Nachricht an das Sächsische LSG eingelegt. Die Einlegung ist fristgerecht am 03.05.2012 gegen das am 12.04.2012 an die Klägerin zugestellte Urteil erfolgt. Auch die Form ist eingehalten. Der elektronische Rechtsverkehr beim Sächsischen Landessozialgericht war eröffnet. Der zuständige und vertretungsberechtigte Vertreter der Klägerin hat den ausgedruckten Berufungsschriftsatz im Original unterschrieben. Von der Poststelle wurde dieser Schriftsatz auf Anweisung des Bearbeiters eingescannt und auf dem zulässigen elektronischen Weg signiert (= beglaubigt) durch die Poststelle der Unfallkasse an das EGVP-Postfach des LSG übermittelt (vgl. dazu Urteil des Sächs. LSG vom 14.09.2015, L 2 U 39/12, juris). Sie ist auch zulässig, da eine Forderung von über 10.000.- EUR geltend gemacht wird, § 144 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

II. Der Anspruch ist von der Klägerin auch zutreffend durch eine Zahlungsaufforderung geltend gemacht worden. Im Rahmen der Zusammenarbeit der Träger der Sozialversicherung, §§ 86 ff. SGB X, besteht kein Über-/Unterordnungsverhältnis, so dass die Feststellung des Erstattungsanspruch durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Die Änderung des Klageantrags von dem Feststellungsantrag zum Leistungsantrag ist nicht als Klageänderung anzusehen, § 99 Abs. Nr. 2 SGG.

III. Die Beklagte ist gem. § 105 SGB X verpflichtet, der Klägerin die verauslagten Kosten der chirurgischen und Folgebehandlung des vorderen Kreuzbandrisses rechts und der Nebenleistungen zu erstatten. Die Klägerin hat als unzuständiger Leistungsträger Behandlungsleistungen erbracht, für die die Beklagte als eigentlich zuständig gewesener Leistungsträger (= Krankenversicherer der beigeladenen Versicherten) zahlungspflichtig gewesen wäre, § 105 Abs. 1 SGB X.

1. Die Klägerin war nicht zuständiger Leistungsträger für die Behandlung der Kreuzbandverletzung der beigeladenen Versicherten. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 02.11.2006 hat die Klägerin es abgelehnt, die Kreuzbandverletzung rechts als Folge des Unfalls vom 06.03.2006 anzuerkennen. Die Entscheidung entfaltet auch Wirkung gegenüber der Beklagten. Dies gilt, obwohl § 105 SGB X ein eigenständiges Rechtsverhältnis zwischen den beteiligten Trägern begründet, in dem Ansprüche nicht von der Rechtsposition Dritter abgeleitet sind (BSG, Urteil vom 27.08.1987, 2 RU 49/86, Urteil vom 28.04.1999, B 9 V 8/98 R). In der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, wird insoweit vertreten, dass der in Anspruch genommene Versicherungsträger einwenden kann, das Vorliegen eines Versicherungsfalls gegenüber dem Versicherten verneint zu haben (BSG Urteil vom 12.05.1999, B 7 AL 74/98 R m.w.N.; Urteil vom 01.09.1999, B 13 RJ 49/98 R). Dies ist nach dieser Auffassung nur dann nicht der Fall, wenn die Versagungsentscheidung offensichtlich rechtswidrig ist. Dieser Ansicht haben sich das Hessische Landessozialgericht (Urteil vom 29.10.2009, L 8 KR 311/07) und das Bayerische Landessozialgericht (Urteil vom 25.08.2011, L 18 U 228/08) angeschlossen. Der 13. Senat des BSG hat in der o.g. Entscheidung ausgeführt: "Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß als Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Erstattungsanspruch nur § 103 SGB X in Betracht kommt. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift gilt: Hat ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht und ist der Anspruch auf diese nachträglich ganz oder teilweise entfallen, ist der für die entsprechende Leistung zuständige Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Gemäß § 103 Abs. 2 SGB X richtet sich der Umfang des Erstattungsanspruchs nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift waren, bezogen auf den streitigen Zeitraum, nicht gegeben. Zwar hat die Klägerin dem Versicherten für diese Zeit Krg gewährt. Dessen Krg-Anspruch ist jedoch nicht nachträglich entfallen. Der hier einschlägige § 50 Abs 1 Satz 1 Nr 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) sieht dazu vor: Für Versicherte, die Rente wegen EU beziehen, endet ein Anspruch auf Krg vom Beginn der Leistungen an. Der insoweit maßgebliche Rentenbeginn bestimmt sich grundsätzlich nicht nach dem Vorliegen der materiellen Anspruchsvoraussetzungen, sondern nach dem Regelungsinhalt des entsprechenden Bewilligungsbescheides (vgl BSGE 76, 218, 220 = SozR 3-2500 § 50 Nr 3; BSGE 82, 226, 227 = SozR 3-2600 § 99 Nr 2, jeweils mwN). Da die Beklagte einen Rentenanspruch erst ab 1. Februar 1993 zugesprochen hat, kann der Krg-Anspruch des Versicherten vor dem 1. Februar 1993 im Prinzip nicht entfallen sein. Der grundsätzlichen - auch vom LSG bejahten - Bindung der beteiligten Sozialleistungsträger an einen Bescheid, mit dem der erstattungspflichtige Träger dem Sozialleistungsberechtigten gegenüber über Grund und Höhe des Leistungsanspruchs entschieden hat, steht nicht entgegen, daß ein derartiger Verwaltungsakt nur die Leistung, nicht aber die Erstattung regelt. Ebensowenig fällt insoweit ins Gewicht, daß die durch §§ 102 ff SGB X geregelten Erstattungsansprüche unabhängig von und selbständig neben dem Anspruch des Leistungsberechtigten gegen den zur Erstattung herangezogenen Leistungsträger bestehen. Diese Eigenständigkeit des Erstattungsanspruchs führt nicht dazu, daß über Grund und Höhe der Leistung zum Zwecke der Erstattung noch einmal entschieden werden müßte (vgl BSGE 82, 226, 227 = SozR 3-2600 § 99 Nr 2). Die Entscheidung des vorrangigen oder zuständigen Leistungsträgers hat der nachrangige oder unzuständige Leistungsträger bei der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs grundsätzlich hinzunehmen (BSG SozR 3-2200 § 310 Nr 1; vgl auch BSGE 57, 146, 149 = SozR 1300 § 103 Nr 2; BSGE 58, 119, 126 = SozR 1300 § 104 Nr 7; BSGE 72, 163, 166 = SozR 3-2200 § 183 Nr 6). Anders gewendet: Der auf Erstattung in Anspruch genommene Leistungsträger kann sich in der Regel auf die bindende Entscheidung einschließlich ihrer Tatbestandswirkung berufen, was im Grundsatz auch für den Fall gilt, daß der die Leistung bewilligende oder ablehnende Verwaltungsakt fehlerhaft ist. Eine eventuelle Fehlerhaftigkeit des Bescheides berechtigt somit die KK nicht dazu, diesen anzufechten; hierzu ist nur der Versicherte befugt (BSGE 82, 226, 228 = SozR 3-2600 § 99 Nr 2 mwN). Zutreffend ist von dem LSG allerdings darauf hingewiesen worden, daß es aufgrund der Pflicht zur engen Zusammenarbeit (§ 86 SGB X) dem in Anspruch genommenen Leistungsträger dann versagt ist, auf der getroffenen Entscheidung zu beharren, wenn sich diese als offensichtlich fehlerhaft erweist und sich dies zum Nachteil des anderen Leistungsträgers auswirkt. Hierbei ist zu prüfen, ob die getroffene Entscheidung objektiv unter Berücksichtigung der verfügbaren Entscheidungsgrundlagen dem materiellen Recht deutlich widerspricht (vgl BSGE 72, 281, 283 = SozR 3-1300 § 103 Nr 4). In einem solchen Fall hat der Leistungsträger im Erstattungsstreit die Fehlentscheidung zu korrigieren (vgl BSGE 72, 281, 283 = SozR 3-1300 § 103 Nr 4; BSGE 82, 226, 228 = SozR 3-2600 § 99 Nr 2, jeweils mwN)."

Nach Meinung anderer Senate steht dem Anspruch nicht entgegen, dass der angegangene Träger seine Leistungspflicht gegenüber dem Versicherten abgelehnt hat (z.B. BSG, Urteil vom 28.09.1999, B 2 U 36/98 R). Das BSG hat hier ausgeführt: "Ein Erstattungsanspruch nach § 102 Abs 1 SGB X steht der Klägerin nicht zu. Nach dieser Vorschrift ist, wenn ein Leistungsträger aufgrund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht hat, der (originär) zur Leistung verpflichtete Leistungsträger erstattungspflichtig. Die Klägerin hat der Versicherten die Rehabilitationsleistungen zwar in Kenntnis von der ihrer Ansicht nach gegebenen Zuständigkeit der Beklagten gewährt, dies durch die Mitteilung an die Beklagte auch nach außen erkennbar gemacht und damit vorläufig Sozialleistungen erbracht (vgl BSGE 58, 119, 120 = SozR 1300 § 104 Nr 7). Dies geschah nach § 6 Abs 2 Satz 1 Nr 2 RehaAnglG, also aufgrund einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung (vgl BSGE 58, 119, 121 = SozR aaO). Die Beklagte ist aber nicht zur Leistung verpflichtet. Ihre Leistungspflicht ergibt sich nicht aufgrund einer Bindung an die Bewilligungsentscheidung der Klägerin gegenüber der Versicherten. Der Klägerin kann insoweit nicht gefolgt werden, als sie geltend macht, der Träger der originären Leistung könne gegenüber dem vorleistenden Träger keine Einwendungen hinsichtlich Art und Umfang der gewährten Leistungen geltend machen. Für diese Rechtsansicht bietet die Erstattungsvorschrift des § 102 SGB X keinen Anhalt. Aus Wortlaut, Sinn und Zweck der Norm ergibt sich vielmehr, daß der Erstattungsanspruch nur entsteht, wenn vorläufige Leistungen aufgrund gesetzlicher Vorschriften, also rechtmäßig erbracht werden. Der auf Erstattung in Anspruch genommene Träger kann alle Einwendungen geltend machen, welche die Rechtmäßigkeit der erbrachten Vorleistungen betreffen, ohne insoweit an die Entscheidung des vorleistenden Trägers gebunden zu sein; dazu gehören auch die Einwendungen gegenüber dem Leistungsberechtigten (vgl KassKomm-Kater, § 102 SGB X, RdNrn 14, 28, 31). Andererseits scheitert der Erstattungsanspruch der Klägerin nicht schon daran, daß der Bescheid der Beklagten vom 26. März 1991, mit dem diese der Versicherten gegenüber die Gewährung von Leistungen im Rahmen der beruflichen Rehabilitation für die selbstgewählte Fortbildung zur Altentherapeutin abgelehnt hatte, gemäß § 77 SGG bindend geworden ist. Bei den Erstattungsansprüchen der §§ 102 ff SGB X handelt es sich um eigenständige, originäre Ansprüche, die nicht von der Rechtsposition des Leistungsberechtigten abgeleitet sind (BSGE 62, 118, 123 = SozR 2200 § 562 Nr 7; Schroeder-Printzen, SGB X, 3. Aufl 1996, Vor § 102 RdNr 4 mwN). Nach der Rechtsprechung des Senats steht dementsprechend selbst die bindende Ablehnung des Begehrens des Sozialleistungsberechtigten durch den auf Erstattung in Anspruch genommenen Leistungsträger dem späteren Erstattungsbegehren des vorleistenden Leistungsträgers nicht entgegen (vgl BSGE 62, 118, 123 = SozR aaO; BSG Urteil vom 3. April 1991 - 2 RU 78/90 - = USK 91127 zu § 1504 der Reichsversicherungsordnung (RVO); anders BSGE 58, 119, 126 = SozR 1300 § 104 Nr 7 hinsichtlich sachlich-rechtlicher Einwendungen). Ein Erstattungsanspruch der Klägerin nach § 102 Abs 1 SGB X ist aber deshalb nicht gegeben, weil die Versicherte keinen Anspruch auf Förderung der ihr von der Klägerin bewilligten beruflichen Rehabilitationsmaßnahme gegen die Beklagte hat."

2. In der Literatur werden ebenfalls beide Meinungen vertreten. Prange nimmt an, dass die wohl herrschende Lehre mit der vorherrschenden Rechtsprechung des BSG davon ausgehe, dass einem Erstattungsbegehren ein bestandkräftiger Bescheid entgegengehalten werden könne (Prange in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 105 SGB X, RdNr. 65f.). Er ist am Ende aber der Auffassung, dass im Erstattungsstreit dies nicht geschehen solle, auch wenn das BSG eine Bindung an einen Bescheid gegenüber einem Versicherten nur bei offensichtlicher Unrichtigkeit verneine. Auf die Kommentierung im Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, die ebenfalls eine Bindungswirkung des Bescheides verneint, hat die Beklagte hingewiesen. Krasney führt in seinem Gutachten aus, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des SGB X die bis dahin gehenden Erstattungsregeln nicht habe verändern wollen. In dieser Richtung ergebe sich aus der Gesetzesbegründung kein Hinweis. Die Rechtsprechung zu den § 1509 ff. RVO, später §§ 1504 ff. RVO, sei von einer Selbständigkeit der Erstattungsansprüche ausgegangen. Ein Einfluss der Entscheidungen gegenüber dem Versicherten auf den Erstattungsstreit sei immer abgelehnt worden. Damit werde auch die Funktionstauglichkeit der gegliederten Sozialversicherung geschützt. Im Streit zwischen Unfallversicherung und Krankenkasse würden zugunsten einer rechtmäßigen Entscheidung gegenüber dem Versicherten der Versicherungsfall unter Berücksichtigung der Argumente der Krankenkasse nochmals geprüft.

3. Klattenhoft (in: Hauck/Noftz, SGB, Stand 05/11, SGB X, Vorbemerkung zu §§ 102 – 114, RdNr. 17f.) begründet die Bindung an gegenüber dem Versicherten ergangene Bescheide mit einer Rechtsanwendungsprärogative des für das jeweilige Leistungsrecht zuständigen Leistungsträgers. Die Entscheidung des letztverantwortlichen Leistungsträgers habe der unzuständige Leistungsträger unterhalb der Schwelle der Nichtigkeit im Interesse der Funktionsfähigkeit des gegliederten Systems sozialer Sicherheit grundsätzlich hinzunehmen. Dem in Anspruch genommenen Leistungsträger sei es auf Grund der Pflicht zur engen Zusammenarbeit (§ 86) dann versagt, auf der getroffenen Entscheidung zu beharren, wenn sich diese als offensichtlich fehlerhaft erweise.

4. Der Senat folgt, wie ausgeführt, der Meinung, dass die Unfallkasse zu Recht gegenüber der Beklagten vorträgt, dass sie ihre Leistungspflicht gegenüber der Versicherten bestandskräftig abgelehnt hat und deshalb die Krankenversicherung leistungspflichtig ist. Die von der Beklagten als falsch eingeschätzte Entscheidung gegenüber der Versicherten ist ausführlich begründet und auf keinen Fall offensichtlich falsch.

Diese Überzeugung des Senats gründet sich auf die besonderen Vorschriften für die Feststellung von Arbeitsunfällen und deren medizinische Behandlung. Hierfür steht dem zuständigen Versicherungsträger die vorrangige Entscheidung über die Feststellung seiner Zuständigkeit und Ausgestaltung des Anerkennungs- und Behandlungsverfahrens zu, da bei ihm die speziellen Kenntnisse vorhanden sind. Diese Grundlagen und Entscheidungen sind von den übrigen Trägern in der Regel zu akzeptieren. Die Grundsätze des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung weichen in vielen Punkten von den allgemeinen Regeln vor allem der Krankenversicherung ab. Insbesondere ist festzustellen, ob ein zu behandelnder Gesundheitsschaden mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall zurückzuführen ist. Dagegen ist für die Krankenversicherung nur zu prüfen, ob ein Gesundheitsschaden vorhanden ist und die anstehende Behandlung der aktuellen medizinischen Lehre entspricht und erforderlich ist. Zudem ist die Leistungspflicht grundsätzlich zwischen Versichertem und Versicherungsträger zu klären, nicht zwischen verschiedenen Versicherungsträgern. In den Fällen, in denen der Gesetzgeber andere Handlungsformen für erforderlich hält, hat er dies gesetzlich geregelt wie z.B. beim persönlichen Budget. Auch trifft den Träger der gesetzlichen Unfallversicherung eine gesteigerte Pflicht zur Gewährung von Leistungen. Die Versicherte hatte zweifelsfrei einen Arbeitsunfall erlitten, als sie sich auf der Treppe der Schule, in der sie tätig war, das Knie "verdrehte". Damit war die Klägerin gem. § 26 SGB VII verpflichtet, Heilbehandlung zu gewähren. Die Unfallversicherung ist dabei verpflichtet, sehr schnell effektive Behandlung zu gewährleisten, § 34 SGB VII. Diese Verpflichtung führt dazu, dass erst während der Behandlung geprüft werden kann, ob alle zu behandelnden gesundheitlichen Einschränkungen Folge des angezeigten Arbeitsunfalles sind. Bis zur Klärung dieser Frage hat der Unfallversicherungsträger für die nach § 34 SGB VII notwendige Behandlung zu sorgen. Stellt sich dabei heraus, dass ein behandelter Gesundheitsschaden wohl nicht Folge des angezeigten Arbeitsunfalls ist, ist dies im Verhältnis Versicherter - Träger zu klären. Würde man die Erstattungsansprüche vollkommen losgelöst von diesem Grundverhältnis behandeln, bestünde eine erhebliche Gefahr, dass es zu unterschiedlichen - auch gerichtlichen - Entscheidungen kommt, sodass ein Träger Kosten übernehmen muss, für die die Zuständigkeit im Verhältnis zum Versicherten bestands- oder rechtskräftig verneint ist. Bei totaler Unabhängigkeit der Verfahren könnte der Träger trotz der Entscheidung im Erstattungsstreit weiterhin in einem Verfahren nach § 44 SGB X gegenüber dem Versicherten Leistungen ablehnen. Eine solche Folge sichert nicht das System zugunsten der Versicherten. Es führt weit mehr zur Verunsicherung aller Beteiligten und könnte das Verhältnis zu Versicherten erheblich belasten. Ein Versicherter hat jederzeit die Möglichkeit, nach § 44 SGB X die ihm gegenüber ergangene Entscheidung überprüfen zu lassen. Dies ist im Verhältnis der Versicherungsträger untereinander nicht möglich. Eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung hätte Bestand. Damit wären abweichende Entscheidungen verschiedener Gerichte nur im Verhältnis zum Versicherten überprüfbar, nicht dagegen die Erstattungsentscheidung. Eine mögliche Sicherung gegen Versuche, Zuständigkeiten nur wegen der anstehenden Kosten abzulehnen, ist die in den zitierten Entscheidungen enthaltene Einschränkung, dass die Erstattung nur verweigert werden kann, wenn die Entscheidung gegenüber dem Versicherten offensichtlich falsch ist. Eine nähere Bestimmung dieser Ausnahme ist nach Ansicht des Senats nicht möglich, da dies regelmäßig eine Tatfrage des Einzelfalles ist.

Demgegenüber kann auch nicht eingewendet werden, dass dann Leistungen zu Unrecht von der paritätisch finanzierten Krankenkasse erbracht werden müssten, die an sich in den Rahmen der von den Arbeitgebern finanzierten gesetzlichen Unfallversicherung gehörten. Dieselbe Gefahr besteht auch in der anderen Richtung. Im Endeffekt kann davon ausgegangen werden, dass sich dies zwischen den Versicherungszweigen ausgleicht. Weit problematischer für das System wäre die geschilderte Gefahr, dass der Versicherungsfall mit der Gefahr unterschiedlicher Ergebnisse in zwei verschiedenen Verfahren mit am Ende unterschiedlichem Ergebnis geprüft würde. Dies könnte die Glaubwürdigkeit des Systems der gesetzlichen Sozialversicherung schwer beschädigen. Auch die finanziellen Folgen würden durch 2 Verfahren und drohende Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X in der Folge unterschiedlicher Entscheidungen für die Versicherungsträger belastender sein als wenige vielleicht falsch entschiedene Zuständigkeitsfragen.

5. Die von der Klägerin getroffene Entscheidung, den festgestellten Kreuzbandriss nicht als Folge des angezeigten Arbeitsunfalles anzuerkennen, ist auch nicht offensichtlich falsch. Vielmehr spricht einiges dafür, dass diese Entscheidung nach dem Grundsatz der überwiegenden Wahrscheinlichkeit gut vertretbar ist. Eine Gesundheitsstörung ist Unfallfolge eines Versicherungsfalls i.S. des § 8 SGB VII, wenn sie spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls wesentlich verursacht worden ist. Ob ein Gesundheitsschaden dem Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls als Unfallfolge im engeren Sinn zuzurechnen ist (sog. haftungsausfüllende Kausalität), beurteilt sich nach der Zurechnungslehre der Theorie der wesentlichen Bedingung. Die Zurechnung erfolgt danach in zwei Schritten. Erstens ist die Verursachung der weiteren Schädigung durch den Gesundheitserstschaden im naturwissenschaftlich-naturphilosophischen Sinne festzustellen. Ob die Ursache-Wirkung-Beziehung besteht, beurteilt sich nach der Bedingungstheorie. Nach ihr ist eine Bedingung dann notwendige Ursache einer Wirkung, wenn sie aus dem konkret vorliegenden Geschehensablauf nach dem jeweiligen Stand der einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse (Erfahrungssätze) nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (Conditio sine qua non). Ist der Gesundheitserstschaden in diesem Sinne eine notwendige Bedingung des weiteren Gesundheitsschadens, wird dieser ihm aber nur dann zugerechnet, wenn er ihn wesentlich verursacht hat. "Wesentlich" (zurechnungsbegründend) ist der Gesundheitserstschaden für den weiteren Gesundheitsschaden nach der in der Rechtsprechung gebräuchlichen Formel, wenn er eine besondere Beziehung zum Eintritt dieses Schadens hatte (zum Vorstehenden BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R -, in Juris, m.w.N.). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit (zuletzt BSG, Urteil vom 04.07.2013 - B 2 U 11/12 R -, in Juris), die allerdings auch erforderlich ist. Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R -, in Juris). Die Beklagte stützt ihre Ansicht, dass der Kreuzbandriss Unfallfolge ist, auf die Stellungnahmen von Dr. K vom MdK B und das vom SG Dresden eingeholte Gutachten von Prof. Dr. U , nach dessen Ansicht mehr dafür spricht, dass der Kreuzbandriss Folge des Unfalls vom März 2006 ist. Er führt dabei aus, dass eine eindeutige Zuordnung nicht möglich sei. Die Klägerin stützt sich auf das Gutachten von Dr. A und den Operationsbericht von Dr. K , der keine frischen Verletzungsfolgen festgestellt und nach dem Aussehen eine vordere Kreuzbandruptur in naher Vergangenheit mit Sicherheit ausgeschlossen hat. Strittig ist zwischen den beteiligten Unfallchirurgen, ob die Zeit zwischen Unfall und Operation ausreichend war, dass die Reste des beschädigten vorderen Kreuzbandes an das hintere Kreuzband anwachsen konnten. Hierzu gibt es keine eindeutige medizinische Lehrmeinung, welche Zeit erforderlich ist, sodass beide Ansichten aus medizinischer Sicht vertreten werden können. Die Sachverständigen stützen sich in ihren Äußerungen auf ihre - unterschiedliche - klinische Erfahrung. Ebenso umstritten ist, ob bei dem Unfall eine Kreuzbandruptur Folge sein konnte. Eine genaue Klärung des Unfallhergangs und der dabei wirkenden Kräfte ist ebenfalls nicht möglich, so dass auch hier Zweifel bestehen.

6. Für eine Anwendung des § 11 SGB VII besteht keinerlei Raum. Durch die Kreuzbandoperation ist kein zusätzlicher Schaden entstanden. Ob die Operation als unfallversicherungsrechtliche Heilbehandlung oder zur Feststellung der Schadensursache durchgeführt wurde, ist daher nicht von Bedeutung. Nach dem Ablauf wurde die Operation am Kniegelenk durch den D-Arzt aus beiden Gründen für erforderlich gehalten. Die Operation ist erfolgreich verlaufen, so dass die Instabilität durch die Kreuzbandplastik behoben wurde. Ein nicht durch ein vorheriges Unfallereignis verursachter Schaden ist bei der Klägerin nach der Operation nicht festzustellen. Allein eine durch die Operation oder anderweitige Behandlung verursachte Gesundheitsschädigung kann nach § 11 SGB VII als mittelbare Unfallfolge festgestellt werden (vgl. zuletzt Urteil des LSG Hamburg v.16.04.2013, L 3 U 12/12).

7. Die Beklagte ist die zuständige Leistungsträgerin i.S.d. § 105 Abs. 1 SGB X. Die beigeladene Versicherte war zum Unfallzeitpunkt bei der Beklagten krankenversichert. Es bestand Anspruch auf Leistungen zur Behandlung einer Krankheit, §§ 11 Abs. 1 Nr. 4, 27 SGB V. Die erfolgte Operation mit Folgebehandlung war auch nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten erforderlich und angemessen, so dass unabhängig von der Zuständigkeit die Behandlung durchgeführt werden musste.

8. Die erhobene Forderung ist in der Höhe für den Senat nicht in jedem einzelnen Punkt nachprüfbar, so dass insoweit ein Grundurteil zu ergehen hatte, § 130 SGG. Die Klägerin hat die Zahlung der einzelnen Kostenpunkte nachgewiesen. Zweifel an der Notwendigkeit der Behandlungen und eingereichten Rechnungen wurde nicht geäußert. Die Beklagte ist zur Erstattung aber nur in der Höhe verpflichtet, die sich aus den gegen die Krankenversicherung möglichen Ansprüchen ergibt, § 105 Abs. 2 SGB X. In der Kostenaufstellung ist z.B. die Zahlung von Verletztengeld enthalten, das nach den Berechnungsvorschriften deutlich höher ist als das von der Krankenkasse zu leistende Krankengeld. Eine Berechnung ist dem Senat nicht möglich, da zu den Grundlagen nichts vorgetragen ist, die Beklagte erst in der mündlichen Verhandlung die Forderung auch in der Höhe bestritten hat. Substantiierter Vortrag zu den einzelnen Punkten ist nicht erfolgt.

IV. Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen waren der Beklagten aufzuerlegen, §§ 193, 197a SGG. Dass zur Zahlungsverpflichtung nur ein Grundurteil ergangen ist, ändert hieran nichts. Im Wesentlichen hat die Beklagte zu vertreten, dass eine Bezifferung nicht möglich war. Erst in der mündlichen Verhandlung wurde die Forderung in der Höhe bestritten, eine Berechnung nach den Vorschriften des SGB V aber nicht vorgelegt. Eine Entscheidung über Kostenerstattung an die Beigeladene erübrigt sich, da sie sich am Verfahren nicht beteiligt hat.

V. Der Streitwert war auf die Höhe der eingeklagten Forderung von 10.272,49 EUR festzusetzen.

VI. Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zuzulassen, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Zu der Konstellation, dass der Versicherungsträger Erstattung verlangt, der nach Durchführung der Behandlung seine Unzuständigkeit feststellt, hat sich das BSG noch nicht geäußert.

Die Entscheidung Ziffer III des Entscheidungssatzes ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG). Im Übrigen gilt folgende

Dr. Scholz Korneli Schmidt
Rechtskraft
Aus
Saved