L 8 SO 58/14 KL

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 8 SO 58/14 KL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
externer Vergleich bei tarifgebundenen Leistungserbringern, Bestimmung des Beginns und des Endes der Laufzeit einer Vergütungsvereinbarung durch die Schiedsstelle
1. Bei der Vergütungsfestsetzung in der Sozialhilfe ist einem ersten Schritt die Plausibilität der voraussichtlichen Gestehungskosten des Leistungserbringers zu prüfen (Plausibilitätskontrolle); diese sind anschließend in einem zweiten Schritt mit den Vergütungen anderer vergleichbarer Leistungserbringer ins Verhältnis zu setzen (externer Vergleich) und müssen dabei in einer angemessenen und nachvollziehbaren Relation zu letzteren stehen.
2. Auch die Vergütungsforderungen tarifgebundener Leistungserbringer sind dem externen Vergleich mit anderen Leistungserbringern zu unterziehen. Der besonderen Bedeutung der Tarifbindung ist aber durch eine nur auf Ausnahmefälle beschränkte Kürzung der Personalaufwendungen Rechnung zu tragen.
3. Externer Vergleich und Tarifbindung stehen nicht in einem Vorrang-Nachrang-Verhältnis. Vielmehr ist die Tarifbindung im Rahmen des externen Vergleichs zu berücksichtigen und genießt dabei einen besonderen Stellenwert.
4. Sind überdurchschnittlich hohe Personalaufwendungen maßgeblich auf die Häufung individueller tarifrechtlicher Entgeltsteigerungstatbestände zurückzuführen und ist die Reduzierung der Personalkosten rechtlich und tatsächlich ausgeschlossen, scheidet eine Kürzung der plausiblen Personalaufwendungen im Wege des externen Vergleiches aus.
5. Die Laufzeit einer durch die Schiedsstelle festgesetzten Vergütungsvereinbarung muss sich im Rahmen der von beiden Vertragsparteien gestellten Anträge bewegen.
6. Eine Vergütungsvereinbarung darf frühestens am Anfang des Verhandlungszeitraums, d.h. des Zeitraums, über den verhandelt werden darf, in Kraft treten. Wird vor Ablauf des Vereinbarungszeitraums der bisherigen Vergütungsvereinbarung zu neuen Vertragsverhandlungen aufgefordert, kann - von den Fällen des § 77 Abs. 3 SGB XII abgesehen - der Verhandlungszeitraum erst im Anschluss an den noch laufenden Vereinbarungszeitraum beginnen. Galt dagegen die Vergütung nach Ablauf des Vereinbarungszeitraums nur noch gemäß § 77 Abs. 2 Satz 4 SGB XII fort, kann der Verhandlungszeitraum mit der Verhandlungsaufforderung einer Vertragspartei beginnen.
7. Eine Verlängerung des Vereinbarungszeitraums, die nicht von beiden Vertragsparteien beantragt worden ist, bedarf einer besonderen Begründung durch die Schiedsstelle.
I. Der Schiedsspruch der beigeladenen Schiedsstelle vom 12. März 2014 – Az.: 44-5011.50/352 – wird aufgehoben.

II. Der Beklagte trägt Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Schiedsspruch zur Vergütung von ambulanten Leistungen der Wohnungslosenhilfe nach §§ 67 ff. Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Der Kläger ist Mitglied des Diakonischen Werks und freier Träger der Wohnungslosenhilfe in der Stadt L. Dort bietet er ausschließlich Dienstleistungen nach §§ 67 ff. SGB XII – in Gestalt von ambulant betreutem Wohnen in zwei Wohnprojekten sowie im eigenen Wohnraum (des Hilfebedürftigen) und in Gewährleistungswohnungen (der Stadt L ) – an und ist mit 6 Fachkräften bei einer Kapazität von 84 Hilfebedürftigen größter Anbieter dieser Hilfeart in Sachsen. Als Mitglied des Diakonischen Werks ist der Kläger verpflichtet, die Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) Diakonie in der für Sachsen jeweils gültigen Fassung anzuwenden. Die Mitarbeiter des Klägers sind langjährig tätige und erfahrene Fachkräfte (Beschäftigungszeiten von 9, 14, 15, 16 bzw. 18 Jahren).

Für den Kläger galt zuletzt eine Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung vom 17.05.2010. Darin war (bei einem Personalschlüssel von 1 Fachkraft für 14 Plätze in Wohngemeinschaften bzw. im Einzel- und Paarwohnen) folgende Vergütung je Hilfebedürftigem im Monat festgelegt: Zeitraum 17.05.2010 bis 31.12.2010 Gesamtvergütung 290,68 EUR davon für personelle Ausstattung 270,45 EUR sächliche Ausstattung 20,23 EUR

Auf Aufforderung des Klägers vom 30.10.2012 verhandelten die Beteiligten die Vergütung neu. Dabei konnte lediglich eine Einigung bei den Sachkosten erzielt werden.

Daraufhin rief der Kläger mit Schreiben vom 27.03.2013 die beigeladene Schiedsstelle an. Er beantragte, die Vergütung (je Hilfebedürftigem im Monat) folgendermaßen festzusetzen: Zeitraum 01.01.2013 bis 31.12.2013 01.01.2014 bis 31.12.2014 Gesamtvergütung 321,38 EUR 327,12 EUR davon für personelle Ausstattung 299,51 EUR 305,25 EUR sächliche Ausstattung 21,87 EUR 21,87 EUR Obwohl er – der Kläger – die gemäß den AVR entstehenden Personalkosten einschließlich der bekannten Änderungen nachgewiesen habe, sei das Angebot des Beklagten deutlich unterhalb der für die Einhaltung der AVR notwendigen Refinanzierungshöhe geblieben. Eine Möglichkeit, die Unterdeckung zu kompensieren, bestehe nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum Pflegeversicherungsrecht sei die Einhaltung der Tarifbindung immer als wirtschaftlich angemessen zu bewerten. Es treffe nicht zu, dass andere – auch tarifgebundene – Träger bei im Wesentlichen gleichen Leistungen deutlich geringeren Aufwand hätten. Miteinander vergleichbar seien nur Träger, die eine ähnliche Personalsituation und -struktur aufwiesen. Dass ein Träger, dessen Personal jünger sei und keine Kinder habe, niedrigere Gehälter zahlen müsse, liege auf der Hand.

Der Beklagte trat dem entgegen und beantragte die Festsetzung folgender Vergütung (wörtlich: je Betreuungstag – gemeint: je Hilfebedürftigem im Monat): Zeitraum 27.03.2013 bis 31.12.2014 Gesamtvergütung 306,99 EUR davon für personelle Ausstattung 285,12 EUR sächliche Ausstattung 21,87 EUR Gegen die Plausibilität der vom Kläger dargestellten Personalkosten bestünden keine Bedenken. Eine vollumfängliche Refinanzierungspflicht bestehe jedoch nicht. Die vergleichbaren – auch tarifgebundenen – Einrichtungen gewährten Vergütungen lägen deutlich unter der Forderung des Klägers. Für ein fiktives "Hochrechnen" auf eine identische Personalausstattung und Beschäftigungsdauer bestehe kein Raum. Die Rechtsprechung des BSG zum Pflegeversicherungsrecht sei nicht ohne Weiteres auf das Sozialhilferecht übertragbar. Zudem habe das BSG auch für das Pflegeversicherungsrecht inzwischen klargestellt, dass die Einhaltung der Tarifbindung nicht stets Wirtschaftlichkeit indiziere.

Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12.03.2014 wies die Beigeladene mit Schiedsspruch vom selben Tag den Antrag des Klägers ab und setzte die Vergütung (je Hilfebedürftigem im Monat) so, wie vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung beantragt, fest (ohne Aufschlüsselung nach personeller und sächlicher Ausstattung): Zeitraum 27.03.2013 bis 31.12.2013 01.01.2014 bis 30.09.2015 Gesamtvergütung 306,99 EUR 309,80 EUR Die vom Kläger geltend gemachten Personalaufwendungen seien plausibel. An die AVR und die aus ihrer Anpassung folgenden Gehaltserhöhungen sei er gebunden. Gegen die Personalausstattung der Einrichtung, die Eingruppierung der Mitarbeiter und ihre Vergütungen habe der Beklagte keine Einwendungen geltend machen können. Die höheren Vergütungen seien damit die Folge der Tarifbindung des Klägers und seiner besonderen Personalstruktur. Nach der neueren Rechtsprechung des BSG seien Vergütungsforderungen tarifgebundener Einrichtungen von der Prüfung im Rahmen des externen Vergleichs nicht ausgenommen. Der Beklagte habe eine Liste aller in ganz Sachsen in Betracht kommenden Einrichtungen vorgelegt. Die dagegen erhobenen Einwände des Klägers könnten nicht in Frage stellen, dass darunter alle Einrichtungen seien, die ähnlich wie dieser Leistungen des ambulant betreuten Wohnens gemäß §§ 67 ff. SGB XII erbrächten. Die Vergütungsforderung des Klägers – aber auch das Angebot des Beklagten – läge deutlich über den Vergütungen der Vergleichseinrichtungen. Zwar habe ein größerer Träger wie der Kläger mehr Möglichkeiten, die Leistungserbringung kostengünstig und wirtschaftlich zu gestalten. Jedoch stelle sich auch bei ihm die Frage, wie er bei seiner Personalstruktur und Tarifbindung die Personalkosten refinanzieren solle. Dennoch sei die Vergütungsforderung am externen Vergleich zu messen; der besonderen Bedeutung der Tarifbindung sei lediglich durch einen auf Ausnahmefälle beschränkte Kürzung der Personalaufwendungen Rechnung zu tragen. Die vom Kläger geltend gemachten Personalaufwendungen lägen deutlich über den Aufwendungen aller anderen Einrichtungen in Sachsen. Bei gleichen Qualifikationsanforderungen und gleichem Personalschlüssel gäben die Spezialisierung des Klägers auf den Leistungstyp des ambulant betreuten Wohnens nach §§ 67 ff. SGB XII, die Differenzierung seines Angebots und seine hohe Kapazität keinen sachlichen Grund für eine uneingeschränkte Berücksichtigung seiner deutlich höheren Vergütungen. Die Größe des Trägers spreche grundsätzlich eher für mehr Flexibilität beim Personaleinsatz. Hinzu komme, dass nicht die tarifliche Lohnerhöhung den wesentlichen Grund für die deutlich höheren Personalaufwendungen bilde, sondern die besondere Personalstruktur. Sie – die beigeladene Schiedsstelle – habe vor der Frage gestanden, ob sie den sich aus Personalgestaltung und -struktur sowie Tarifbindung ergebenden Personalaufwendungen uneingeschränkt Rechnung tragen müsse oder ob unter Beachtung des externen Vergleichs Einschränkungen zu machen seien. Sie habe sich mit Blick auf den Vorrang des externen Vergleichs, die dafür vom BSG aufgeführten Gründe und § 75 Abs. 2 Satz 3 SGB XII mehrheitlich für letzteres entschieden.

Gegen den vorab per E-Mail am 23.05.2014 übersandten und mit einfacher Post am 11.06.2014 dem Kläger zugegangenen Schiedsspruch wendet sich dieser mit seiner am 20.06.2014 beim Sächsischen Landessozialgericht (LSG) erhobenen Klage. Eine Kürzung plausibler tariflicher Personalaufwendungen komme im Wege des externen Vergleichs – von Sondersituationen abgesehen – nicht in Betracht. Eine Sondersituation liege nicht vor, da er – der Kläger – nicht übertariflich zahle und eine signifikante Verjüngung seines Personalstamms nicht zu erwarten sei. Die Schiedsstelle dürfe – unabhängig davon, wie hoch die Vergütungssätze vergleichbarer Einrichtungen seien – dann, wenn es keine sachlichen Einwände gegen den Personalkostenbedarf gebe, keine Vergütung festsetzen, die den Leistungserbringer dazu zwinge, sich entweder rechtswidrig zu verhalten (z.B. weniger als geschuldet an die Arbeitnehmer zu zahlen oder älteren Arbeitnehmern zu kündigen, um jüngere einzustellen) oder eine Unterdeckung zu dulden. Auch seien die Vergleichsgrundlagen zweifelhaft, weil die vom Beklagten spätestens am 14.06.2013 angefertigte Auflistung am 12.03.2014 nicht mehr aktuell gewesen sein dürfte. Der Schiedsspruch sei ferner aufzuheben, weil die Schiedsstelle ihren Auftrag überschritten habe. Er – der Kläger – habe die Schiedsstelle mit dem Antrag angerufen, die Vergütung für die Zeit vom 01.01.2013 bis 31.12.2014 festzusetzen. Die Schiedsstelle habe jedoch die Vergütung für die Zeit bis 30.09.2015 geregelt. Ein Schiedsspruch dürfe nicht über den vom Antragsteller bestimmten Zeitraum hinausgehen. Doch selbst wenn es sich anders verhielte, wäre der Schiedsspruch aufzuheben, weil weder der Schiedsstelle Informationen über die (zu erwartenden) Personalkosten für das Jahr 2015 vorgelegen hätten noch sich im Schiedsspruch Ausführungen zu Folgen und Zumutbarkeit der Laufzeitverlängerung fänden. Schließlich habe der Schiedsspruch zu Unrecht für die Zeit vom 01.01.2013 bis 26.03.2013 eine Vergütungserhöhung ausgeschlossen. Ausgehend von dem BSG-Urteil vom 23.07.2014 – B 8 SO 2/13 R – habe die Schiedsstelle den ihr bei der Festsetzung des Beginns des Zeitraums, für den der Schiedsspruch gelten solle, zustehenden Entscheidungsfreiraum verkannt.

Der Kläger beantragt, den Schiedsspruch der Schiedsstelle für Vergütungen in der Sozialhilfe im Freistaat Sachsen – Az.: 44-5011.50/352 – vom 12. März 2014 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Schiedsstelle habe nicht die Aspekte der Tarifbindung oder besonderer Personalstrukturen ohne Einsparpotentiale "weggewägt". Abgesehen davon, dass er – der Beklagte – sehr wohl Einsparpotentiale aufgezeigt habe (mittels Durchmischung des Personals, Umstrukturierung der Tätigkeiten, flexibler Nutzung der bei der Eingruppierung eröffneten Spielräume), habe die Schiedsstelle rechtskonform die Prüfung und Korrektur der wirtschaftlichen Angemessenheit der klägerischen Vergütungsforderung anhand des externen Vergleichs vorgenommen. Da die Forderung des Klägers die Vergütungen aller anderen vergleichbaren Anbieter erheblich überstiegen habe, ohne dass besondere Gründe hierfür vorgelegen hätten, habe die Schiedsstelle dem klägerischen Antrag nicht stattgegeben können, ohne die gesetzlichen Vorgaben zu verletzen. Die Vergütungsfestsetzung habe nach dem nicht auslegungsfähigen Wortlaut des § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB XII frühestens ab Antragseingang bei der Schiedsstelle erfolgen können. Allerdings sei zuzugeben, dass das BSG dies inzwischen anders entschieden habe. Vor Ablauf der sechs Wochen, die § 77 Abs. 1 Satz 3 SGB XII als Mindestzeit für die Verhandlungen vorsehe, sei eine Festsetzung aber nicht möglich. Vorgaben für das Ende der Laufzeit mache § 77 SGB XII hingegen nicht. Der Schiedsspruch habe sich im Rahmen der gestellten Anträge bewegt. Er – der Beklagte – habe sich bei seinem vor der Schiedsstelle gestellten Antrag hinsichtlich Höhe und Laufzeit an einem ganz frischen Vereinbarungsabschluss mit einem anderen Anbieter orientiert. Die Höhe an die Laufzeit zu koppeln, entspreche sowohl den Vorgaben des § 75 Abs. 2 Satz 3 SGB XII als auch der Spruchpraxis der Schiedsstellen und der ständigen Rechtsprechung der Sozial- und Verwaltungsgerichte.

Dem Senat haben die Verwaltungsakten des Beklagten, die Akten der Beigeladenen sowie die Gerichtsakten vorgelegen. Hierauf und auf die in den Gerichtsakten enthaltenen Schriftsätze der Beteiligten sowie den übrigen Akteninhalt wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig (1.) und begründet (2.).

1. Für die erhobene Klage gegen die Entscheidung der Beigeladenen, einer Schiedsstelle nach § 80 SGB XII (vgl. § 1 der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung über die Schiedsstelle gem. § 81 Abs. 2 SGB XII [SchiedVergSozVO]), ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet (§ 77 Abs. 1 Satz 4 SGB XII). Das LSG ist im ersten Rechtszug zuständig (§ 29 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 57 Abs. 1 Satz 2 SGG, da der klagende Leistungserbringer seinen Sitz im Freistaat Sachsen hat.

Zutreffend richtet sich die Klage nicht gegen die Schiedsstelle, sondern gegen die andere Vertragspartei (§ 77 Abs. 1 Satz 5 SGB XII). Die Schiedsstelle war zwar nicht notwendig beizuladen; der Senat hat jedoch aus Gründen der Praktikabilität eine einfache Beiladung vorgenommen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 23.07.2014 - B 8 SO 3/13 R - juris RdNr. 17; Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 77 RdNr. 84).

Richtige Klageart ist die isolierte Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG. Bei dem Spruch der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII handelt es sich um einen vertragsgestaltenden Verwaltungsakt (BSG, Urteil vom 23.07.2014 - B 8 SO 2/13 R - juris RdNr. 11; Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 77 RdNr. 71 ff.; Neumann in: Hauck/Noftz, § 77 SGB XII RdNr. 17; Flint in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl., § 80 RdNr. 10; Schellhorn in: Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl., § 80 RdNr. 7; ebenso zum Bundessozialhilfegesetz [BSHG]: Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Beschluss vom 28.02.2002 - 5 C 25/01 - juris RdNr. 10 sowie Urteil vom 01.12.1998 - 5 C 17/97 - juris RdNr. 16 und zum Pflegeversicherungsrecht: BSG, Urteil vom 14.12.2000 - B 3 P 19/00 R - juris RdNr. 18). Denn wie auch sonst im Sozialrecht hat der Schiedsspruch eine Doppelnatur: Gegenüber den Parteien des Schiedsverfahrens ist er ein Verwaltungsakt, weil er die fehlende Einigung der Parteien über eine Sachentscheidung (hier Vergütungsfestsetzung) ersetzt und damit in deren Kompetenz eingreift, die Sachentscheidung nur in gegenseitigem Einvernehmen (hier durch vertragliche Vereinbarung) zu treffen; die Sachentscheidung als solche hat dagegen denselben Rechtscharakter, wie wenn sie von den Parteien einvernehmlich getroffen worden wäre (Wahl in: jurisPK-SGB XI, § 76 RdNr. 34). Eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage wäre unzulässig, da sie auf die Verurteilung des Beklagten zum Erlass eines Schiedsspruches zielte, die Schiedsstelle nach § 77 Abs. 1 Satz 5 SGB XII aber nicht beklagt sein kann (BSG, Urteil vom 23.07.2014 - B 8 SO 2/13 R - juris RdNr. 12 – anders dagegen im Pflegeversicherungsrecht: BSG, Urteil vom 12.09.2012 - B 3 P 5/11 R - juris RdNr. 13; Urteil vom 17.12.2009 - B 3 P 3/08 R - juris RdNr. 20; Urteil vom 29.01.2009 - B 3 P 8/07 R - juris RdNr. 11; Urteil vom 14.12.2000 - B 3 P 19/00 R - juris RdNr. 18; generell für die Statthaftigkeit allein der isolierten Anfechtungsklage indessen: BSG, Urteil vom 04.03.2014 - B 1 KR 16/13 R - juris RdNr. 21 ff.; Urteil vom 13.11.2012 - B 1 KR 27/11 R - juris RdNr. 13 ff.). Hat die Anfechtungsklage – wie hier – Erfolg, ist nach Aufhebung des Schiedsspruchs das Schiedsverfahren wiedereröffnet (BSG, Urteil vom 23.07.2014 - B 8 SO 2/13 R - juris RdNr. 12; BVerwG, Beschluss vom 28.02.2002 - 5 C 25.01 - juris RdNr. 21). An die Begründung eines Anfechtungsausspruchs ist die Schiedsstelle kraft ihrer Beiladung gebunden, ohne dass es einer gesonderten Feststellung bedarf. Ob eine hierauf gerichtete Feststellungsklage zulässig wäre (bejahend Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 77 RdNr. 87; verneinend LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.12.2013 - L 23 SO 38/10 KL - juris RdNr. 33), kann offen bleiben, da hier neben dem Anfechtungsantrag kein Feststellungsantrag gestellt wurde.

Einer Nachprüfung der Entscheidung der Schiedsstelle in einem Vorverfahren bedurfte es nicht (§ 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGG i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 6 SGB XII). Der Kläger hat auch die für Anfechtungsklagen geltende einmonatige Klagefrist des § 87 Abs. 1 SGG mit der Erhebung der Klage am 20.06.2014 gewahrt. Zwar ist die in § 12 Abs. 4 SchiedVergSozVO für den Schiedsspruch vorgeschriebene Zustellung nicht formwirksam erfolgt, insbesondere nicht durch die E-Mail vom 23.05.2014, da dieser das nach § 5 Abs. 4 Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG) i.V.m. § 4 Abs. 1 Sächsisches Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungszustellungsgesetz (SächsVwVfZG) und § 65 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) dafür notwendige Empfangsbekenntnis nicht beigefügt war. Mit dem tatsächlichen Zugang beim Kläger, der den Schiedsspruch mit einfacher Post am 11.06.2014 erhalten hat, sind jedoch nach § 8 VwZG i.V.m. § 4 Abs. 1 SächsVwVfZG, § 65 Abs. 2 SGB X die Zustellungsmängel geheilt und gilt der Schiedsspruch zu diesem Zeitpunkt als zugestellt.

2. Die Klage ist auch begründet. Der angefochtene Schiedsspruch ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Schiedsspruchs ist in formeller Hinsicht § 80 SGB XII i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 3 SGB XII. Danach entscheidet die Schiedsstelle mit der Mehrheit ihrer Mitglieder (§ 80 Abs. 3 Satz 4 SGB XII) über die Gegenstände, über die keine Einigung erreicht werden konnte, wenn eine Vereinbarung nach § 76 Abs. 2 SGB XII innerhalb von sechs Wochen nach schriftlicher Aufforderung zur Verhandlung nicht zustande gekommen ist. Materielle Grundlage des angefochtenen Schiedsspruchs sind § 75 Abs. 2 und 3, § 76 Abs. 2, § 77 Abs. 1 SGB XII. Danach müssen auch die von der Schiedsstelle festgesetzten Vereinbarungen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen (§ 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XII). Vereinbarungen sind vorrangig mit Trägern abzuschließen, deren Vergütung bei vergleichbarem Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung nicht höher ist als diejenige anderer Träger (§ 75 Abs. 2 Satz 3 SGB XII). Die Vergütung ist prospektiv zu verhandeln (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB XII) und hat mindestens aus den Pauschalen für Unterkunft und Verpflegung (Grundpauschale) und für die Maßnahmen – die eigentliche Hilfeleistung – (Maßnahmenpauschale) sowie aus einem Betrag für betriebsnotwendige Anlagen einschließlich ihrer Ausstattung (Investitionsbetrag) zu bestehen (§ 76 Abs. 2 SGB XII).

Die Schiedsstelle ist nur zur Entscheidung jener Punkte berufen, die in den vorangegangenen Vergütungsverhandlungen streitig geblieben sind (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 3 letzter Halbsatz SGB XII). Sie muss demgemäß alle Sachverhaltselemente, über welche die Vertragsparteien vorab eine einvernehmliche Regelung getroffen haben oder die aus anderen Gründen nicht mehr umstritten sind, ihrem Schiedsspruch ohne eigene Prüfung zugrunde legen. Gleiches gilt für jene Vergütungsbestimmungen, die von den Vertragsparteien in der Vergangenheit einvernehmlich angewandt und auch für den bevorstehenden Vergütungszeitraum von vornherein außer Streit gestellt worden sind (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 3 P 3/08 R - juris RdNr. 74; Bayerisches LSG, Urteil vom 24.04.2013 - L 8 SO 18/12 KL - juris RdNr. 50; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.07.2013 - L 7 SO 2513/09 KL - juris RdNr. 27; Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 77 RdNr. 54).

Entscheidungen der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII unterliegen nur in eingeschränktem Umfang der gerichtlichen Kontrolle (BSG, Urteil vom 23.07.2014 - B 8 SO 3/13 R - juris RdNr. 20; Urteil vom 23.07.2014 - B 8 SO 2/13 R - juris RdNr. 14; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.12.2013 - L 23 SO 38/10 KL - juris RdNr. 44; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.07.2013 - L 7 SO 2513/09 KL - juris RdNr. 26; Bayerisches LSG, 24.04.2013 - L 8 SO 18/12 KL - juris RdNr. 47; Thüringer LSG, Urteil vom 12.03.2014 - L 8 SO 1034/13 KL - juris RdNr. 43; Flint in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl., § 80 SGB XII RdNr. 31; Jaritz/Eicher in: jurisPK SGB XII, 2. Aufl., § 77 SGB XII RdNr. 92; Schellhorn in: Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl., § 80 SGB XII RdNr. 4; so schon zum BSHG: BVerwG, Urteil vom 01.12.1998 - 5 C 17/97 - juris RdNr. 13 f.). Denn zum einen hat das Gesetz der weisungsfreien, mit Vertretern der betroffenen Gruppen paritätisch besetzten Schiedsstelle als mit der zu regelnden Materie vertrautem und zu einer vermittelnden Zusammenführung von gegenläufigen Interessen der Beteiligten berufenem Gremium eine besondere Beurteilungskompetenz zugemessen. Zum anderen ist die Entscheidung der Schiedsstelle ebenso wie die durch sie ersetzte Vereinbarung der vorrangig dazu berufenen Parteien auf Interessenausgleich angelegt und hat Kompromisscharakter; daher muss sich auch der Entscheidungsspielraum der Schiedsstelle am Vereinbarungsspielraum der Vertragsparteien messen lassen (vgl. BSG, Urteil vom 23.07.2014 - B 8 SO 3/13 R - juris RdNr. 20). Gerichtlich zu überprüfen ist allein, ob die Schiedsstelle die widerstreitenden Interessen der Vertragsparteien ermittelt, alle für die Abwägung erforderlichen tatsächlichen Erkenntnisse gewonnen und ihre Abwägung frei von Einseitigkeiten in einem fairen und willkürfreien Verfahren sowie inhaltlich orientiert an den Vorgaben des Leistungserbringerrechts vorgenommen hat (vgl. BSG, Urteil vom 23.07.2014 - B 8 SO 2/13 R - juris RdNr. 14; BVerwG, Urteil vom 01.12.1998 - 5 C 17/97 - juris RdNr. 20; Flint in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl., § 80 SGB XII RdNr. 31; Münder in: LPK-SGB XII, 9. Aufl., § 77 RdNr. 18 – siehe auch BSG, Urteil vom 04.03.2014 - B 1 KR 16/13 R - juris RdNr. 27; Urteil vom 13.11.2012 - B 1 KR 27/11 R - juris RdNr. 27; Urteil vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - juris RdNr. 42; Urteil vom 14.12.2000 - B 3 P 19/00 R - juris RdNr. 22). Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle sind somit die Richtigkeit und Vollständigkeit der Einschätzungsbasis, die methodische Korrektheit und Stimmigkeit der Wertung, die Einhaltung rechtsstaatlicher Verfahrensgrundsätze und die Beachtung geltenden Rechts (Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 77 RdNr. 94).

Die beigeladene Schiedsstelle hat den angefochtenen Schiedsspruch im Rahmen ihrer Zuständigkeit unter Einhaltung der für sie verbindlichen Verfahrensvorschriften formal fehlerfrei erlassen. Die Beigeladene war zuständig, da der Leistungserbringer, für den die Festsetzung der Vergütung begehrt wurde, im Bereich dieser Schiedsstelle belegen ist. Am Schiedsverfahren war der richtige Sozialhilfeträger beteiligt. Denn der Beklagte war für den Abschluss der Vergütungsvereinbarung mit dem Kläger zuständig. Hierzu stellt § 77 Abs. 1 Satz 2 SGB XII auf den Sitz des für die Einrichtung bzw. für den Dienst (§ 75 Abs. 1 Satz 2 SGB XII) zuständigen Trägers der Sozialhilfe ab, trifft dabei indessen nur eine Regelung über die örtliche, nicht aber über die sachliche Zuständigkeit. Diese ergibt sich hier aus § 97 Abs. 2 SGB XII i.V.m. § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 des Sächsischen Gesetzes zur Ausführung des Sozialgesetzbuches (SächsAGSGB). Denn danach ist der überörtliche Sozialhilfeträger sachlich zuständig für alle Leistungen an die in § 67 Satz 1 SGB XII genannten Personen, die das 18. Lebensjahr, aber noch nicht das 65. Lebensjahr vollendet haben, wenn sie wegen der Art und Schwierigkeit ihrer sozialen Schwierigkeiten im ambulant betreuten Wohnen untergebracht sind. Hierunter fallen die vom Kläger angebotenen ambulanten Leistungen der Wohnungslosenhilfe. Das Schiedsverfahren war auch ordnungsgemäß eingeleitet worden. Der Kläger hat seinen Antrag an die Schiedsstelle zulässigerweise erst nach Ablauf der sechswöchigen Verhandlungsfrist des § 77 Abs. 1 Satz 3 SGB XII gestellt.

Der Schiedsspruch ist jedoch materiell rechtswidrig und daher aufzuheben. Die beigeladene Schiedsstelle hat ihren Gestaltungsspielraum überschritten, indem sie eine Vergütung festgesetzt hat, die einem tarifgebundenen Leistungserbringer eine rechtlich und tatsächlich ausgeschlossene Reduzierung der Personalkosten abverlangt (dazu a). Ebenfalls aufzuheben ist der Schiedsspruch hinsichtlich des Zeitpunkts seines Inkrafttretens (dazu b) und des Endes des darin festgesetzten Vereinbarungszeitraums (dazu c).

a) Materielle Vorgaben für die Festsetzung der Vergütung macht das Gesetz vor allem mit den bei allen Vereinbarungen zu beachtenden Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit (§ 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XII). Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit gebietet eine Optimierung des Verhältnisses zwischen eingesetzten Mitteln und erzieltem Nutzen. Das anzustrebende Optimum kann entweder darin bestehen, mit den gegebenen Mitteln den größtmöglichen Nutzen zu erzielen (Maximalprinzip), oder darin, einen festgelegten Nutzen mit dem geringstmöglichen Aufwand zu erreichen (Minimalprinzip). Dem Grundsatz der Sparsamkeit entspricht letzteres. Daher stimmen die Grund¬sätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit im Sinne des Minimalprinzips überein (Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 75 RdNr. 102; Schellhorn in: Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl., § 75 RdNr. 38; Neumann in: Hauck/Noftz, § 75 SGB XII RdNr. 34). Während diese Grundsätze der Vergütung eine Obergrenze setzen, ergibt sich aus dem Grundsatz der Leistungsfähigkeit eine Untergrenze. Denn Leistungsfähigkeit meint die Fähigkeit des Leistungserbringers, mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln die jeweiligen Hilfeleistungen ordnungsgemäß zu erbringen (Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 75 RdNr. 75 und 103; Schellhorn in: Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl., § 75 RdNr. 43; Neumann in: Hauck/Noftz, § 75 SGB XII RdNr. 17 und 34). Die Leistungsfähigkeit beinhaltet – wie in der Pflegeversicherung (vgl. § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 84 Abs. 2 Satz 1, § 89 Abs. 1 Satz 2 SGB XI) – die Leistungsgerechtigkeit der Vergütung und bedeutet insoweit, dass bei der Vergütungsfestsetzung die Gestehungskosten des Leistungserbringers nicht völlig unberücksichtigt bleiben dürfen, soweit sie plausibel dargelegt sind und dem Vergleich mit anderen Leistungserbringern standhalten (Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 75 RdNr. 103 f.). Dieser Vergleich wird zwar nicht unmittelbar in § 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XII angesprochen; seine Erforderlichkeit ergibt sich aber aus § 75 Abs. 2 Satz 3 SGB XII (Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 75 RdNr. 105).

Hierfür kann auf die zur Pflegeversicherung entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden (Thüringer LSG, Urteil vom 12.03.2014 - L 8 SO 1034/13 KL - juris RdNr. 45; LSG Saarland, Urteil vom 30.01.2014 - L 11 SO 1/12 KL - juris RdNr. 43; Bayerisches LSG, Urteil vom 24.04.2013 - L 8 SO 18/12 KL - juris RdNr. 51; LSG Hamburg, Urteil vom 30.10.2012 - L 4 SO 33/10 KL - juris RdNr. 31; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 30.08.2012 - L 9 SO 5/11 KL - juris RdNr. 29 ff.; Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 75 RdNr. 106 ff.; Flint in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl., § 76 RdNr. 25 f.; Schellhorn in: Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl., § 75 RdNr. 42 – anderer Ansicht Münder in: LPK-SGB XII, 9. Aufl., § 75 RdNr. 28). Denn trotz der unterschiedlichen Regelungsdichte weisen das Vergütungsvereinbarungsrecht im SGB XI und SGB XII ausreichend strukturelle Gemeinsamkeiten auf. So ist auch zuerst im Sozialhilferecht für die Frage, ob Vereinbarungen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen, auf einen externen Vergleich abgestellt worden (BVerwG, Urteil vom 01.12.1998 - 5 C 17/97 - juris RdNr. 25). Dem ist dann das BSG für das Pflegeversicherungsrecht und die dort verlangte Leistungsgerechtigkeit der Vergütung gefolgt (BSG, Urteil vom 14.12.2000 - B 3 P 19/00 R - juris RdNr. 24). Pflegeversicherungs- und Sozialhilferecht stellen beide auf den Grundsatz der Leistungsgerechtigkeit bzw. Leistungsfähigkeit (§ 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 84 Abs. 2 Satz 1, § 89 Abs. 1 Satz 2 SGB XI einerseits, § 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XII andererseits) und auf den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit (§ 4 Abs. 3, § 29 Abs. 1, § 70 Abs. 1 SGB XI einerseits, § 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XII andererseits) ab. Die unterschiedliche Finanzierung der Leistungen steht einem Rückgriff nicht entgegen. Denn es ist kein Grund erkennbar, warum mit den Beitragsmitteln der Versicherten (Pflegeversicherung) großzügiger umgegangen werden dürfte als mit dem Steueraufkommen des Staates (Sozialhilfe) – zumal das Sozialhilferecht keinen Finanzkraftvorbehalt kennt (Schellhorn in: Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl., § 75 RdNr. 41), das Pflegeversicherungsrecht aber den Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 70 SGB XI) als besondere Ausprägung der Wirtschaftlichkeitsgebots. Die stärkere Detailliertheit des Vergütungsvereinbarungsrechts im SGB XI hängt damit zusammen, dass die Pflegeversicherung nach ihrer Grundkonstruktion – anders als die Sozialhilfe – nur einen Teil des Hilfebedarfs decken will (zur bloßen Ergänzungsfunktion der Pflegeversicherung: Udsching in: ders., SGB XI, 4. Aufl., § 4 RdNr. 6). Auch wenn folglich im Sozialhilferecht auf die zum Pflegeversicherungsrecht entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden kann, so dürfen diese doch nicht unbesehen auf das Sozialhilferecht übertragen werden, sondern nur soweit sie mit dessen Vorgaben vereinbar sind (Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 75 RdNr. 108).

Nach den zum Pflegeversicherungsrecht entwickelten Grundsätzen (BSG, Urteil vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - juris RdNr. 22; Urteil vom 17.12.2009 - B 3 P 3/08 R - juris RdNr. 50; Urteil vom 16.05.2013 - B 3 P 2/12 R - juris RdNr. 14) ist kein reiner (externer) Vergleich mit der Vergütung anderer Leistungserbringer anzustellen (anders noch BSG, Urteil vom 14.12.2000 - B 3 P 19/00 R - juris RdNr. 24). Vielmehr ist zunächst in einem ersten Schritt die Plausibilität der voraussichtlichen Gestehungskosten des Leistungserbringers zu prüfen (Plausibilitätskontrolle). Diese sind anschließend in einem zweiten Schritt mit den Vergütungen anderer vergleichbarer Leistungserbringer ins Verhältnis zu setzen (externer Vergleich) und müssen dabei in einer angemessenen und nachvollziehbaren Relation zu letzteren stehen (BSG, Urteil vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - juris RdNr. 22; Urteil vom 17.12.2009 - B 3 P 3/08 R - juris RdNr. 50; Urteil vom 16.05.2013 - B 3 P 2/12 R - juris RdNr. 14). Dieses zweigliedrige Prüfungsschema ist auf das Sozialhilferecht übertragbar (so auch Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 75 RdNr. 111, die allerdings den zweiten Schritt aufspalten und zwischen dem reinen Vergleich und dessen Bewertung unterscheiden). Denn das Sozialhilferecht bietet nicht nur seit jeher – anders als das Pflegeversicherungsrecht bis zur Anfügung eines neuen Satzes 7 an § 84 Abs. 2 SGB XI durch das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz vom 28.05.2008 (BGBl. I S. 874 – vgl. dazu BSG, Urteil vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - juris RdNr. 30) – für einen externen Vergleich in § 75 Abs. 2 Satz 3 SGB XII einen normativen Anhalt, sondern verlangt auch über den Grundsatz der Leistungsfähigkeit in § 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XII die Berücksichtigung der Gestehungskosten des Leistungserbringers.

Diese Vorgaben hat die beigeladene Schiedsstelle nicht hinreichend beachtet. Zwar hat sie im ersten Schritt die voraussichtlichen Gestehungskosten des Dienstes in rechtlich nicht zu beanstandender Weise aufgrund der vom Kläger vorgelegten testierten Kalkulationsunterlagen und der zur Untersetzung der Personalkosten nachgereichten Personalliste auf ausreichender Tatsachengrundlage als nachvollziehbar und plausibel dargelegt angesehen. Hierüber die besteht zwischen den Beteiligten kein Streit. Vielmehr hat auch der Beklagte betont, dass die Plausibilität der geltenden gemachten Vergütungsforderung unstrittig ist. Den Anforderungen an den im zweiten Schritt vorzunehmenden externen Vergleich bei einem tarifgebundenen Leistungserbringer ist die Schiedsstelle jedoch nicht gerecht geworden ist.

Die Einhaltung der Tarifbindung und die Zahlung ortsüblicher Gehälter ist grundsätzlich immer als wirtschaftlich angemessen anzusehen (vgl. BSG, Urteil vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - juris RdNr. 28; Urteil vom 17.12.2009 - B 3 P 3/08 R - juris RdNr. 56; Urteil vom 16.05.2013 - B 3 P 2/12 R - juris RdNr. 21). Allerdings hatte das BSG ursprünglich in seiner Rechtsprechung zum Pflegeversicherungsrecht die Berücksichtigung der Tarifbindung des Leistungserbringers abgelehnt, weil es für die Bestimmung der leistungsgerechten Vergütung im Allgemeinen nicht auf die Gestehungskosten des Anbieters, sondern auf den jeweiligen Marktpreis ankomme und daher – im Anschluss an die Rechtsprechung des BVerwG zum Sozialhilferecht – der externe Vergleich die Methode der Wahl sei (BSG, Urteil vom 14.12.2000 - B 3 P 19/00 R - juris RdNr. 24 und 26). Nachdem sich die Erwartungen an dieses Marktpreismodell nicht erfüllt hatten, insbesondere dieses eher Kosten treibend gewirkt hatte, hat das BSG seine Rechtsprechung modifiziert: Zwar kann weiterhin keine Vergütung nach einem reinen Selbstkostendeckungsprinzip beansprucht werden. Doch sind die Gestehungskosten bei der Vergütungsbemessung in zweifacher Hinsicht von Bedeutung: Zum einen sind die voraussichtlichen Gestehungskosten immer Gegenstand der im ersten Schritt durchzuführenden Plausibilitätskontrolle; zum anderen sind besondere Gestehungskosten infolge der Tarifbindung des Leistungserbringers in der im zweiten Schritt mit dem externen Vergleich vorzunehmenden Angemessenheitsprüfung zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - juris RdNr. 18 ff.; Urteil vom 17.12.2009 - B 3 P 3/08 R - juris RdNr. 49 ff.). Während die Betrachtung der Gestehungskosten beim ersten Schritt kostendämpfend – mithin sozialhilferechtlich im Sinne des Grundsatzes der Sparsamkeit (§ 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XII) – wirkt, hat sie beim zweiten Schritt die gegenteilige Wirkung. Sinn und Zweck ihrer Beachtung bei der Angemessenheitsprüfung ist es, eine Vergütungsspirale nach unten zu Lasten der Qualität der Leistungen und auf Kosten von unter das ortsübliche Maß abgesunkenen Arbeitsentgelten zu vermeiden (BSG, Urteil vom 25.11.2010 - B 3 KR 1/10 R - juris RdNr. 40; Urteil vom 16.05.2013 - B 3 P 2/12 R - juris RdNr. 16 f.) – was sozialhilferechtlich dem Grundsatz der Leistungsfähigkeit (§ 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XII) entspricht.

Allerdings sind auch die Vergütungsforderungen tarifgebundener Leistungserbringer dem externen Vergleich mit den Vergütungen anderer Leistungserbringer zu unterziehen (BSG, Urteil vom 16.05.2013 - B 3 P 2/12 R - juris RdNr. 15). Bereits in einem Urteil vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - juris RdNr. 41) hatte das BSG betont, dass seine Rechtsprechung zur wirtschaftlichen Angemessenheit der Tariflöhne kein "Freibrief" für unbegrenzte tarifbedingte Vergütungserhöhungen sei. Konkretisiert hat das BSG diese Überlegung in seinem Urteil vom 16.05.2013 (B 3 P 2/12 R - juris RdNr. 15 ff.): Danach sind zwar auch Leistungserbringer, die ihre Beschäftigten nach Tarifvertrag entlohnen, dem externen Vergleich unterworfen (a.a.O. RdNr. 15). Der besonderen Bedeutung der Tarifbindung ist jedoch durch eine auf Ausnahmefälle beschränkte Kürzung der Personalaufwendungen Rechnung zu tragen (a.a.O. RdNr. 20). Eine angemessene übertarifliche oder das Ortsübliche übersteigende Bezahlung ist im Grundsatz tolerierbar (a.a.O. RdNr. 21). Eine Grenze ist aber dort zu ziehen, wo im Einzelfall die Höhe der vereinbarten Lohn- und Gehaltssteigerungen die von anderen Leistungserbringern gezahlten Arbeitsentgelte deutlich übersteigt und es hierfür am Markt keine sachlichen Gründe gibt (a.a.O. RdNr. 22). Dies ist allerdings nicht dahin zu verstehen, dass überdurchschnittliche Entgeltzahlungen immer einer besonderen Rechtfertigung bedürfen, damit diese im externen Vergleich in voller Höhe berücksichtigt werden können. Vielmehr ist nur im Fall eines extremen Ausreißers eine Angemessenheitsprüfung durchzuführen, bei der sachliche Gründe für die Lohn-/Gehaltshöhe darzulegen und im Streitfall von der Schiedsstelle zu bewerten sind. Von solchen Sondersituationen abgesehen kommt die Kürzung von plausiblen Personalaufwendungen im externen Vergleich nicht in Betracht (a.a.O. RdNr. 22).

Diesen Vorgaben wird der mit der Klage angefochtene Schiedsspruch nicht gerecht. Zwar betont die beigeladene Schiedsstelle in dem Schiedsspruch, sich an dem Urteil des BSG vom 16.05.2013 (B 3 P 2/12 R - juris) zu orientieren, und gibt dieses Urteil insoweit zutreffend wieder, als danach auch die Vergütungsforderungen von tarifgebundenen Leistungserbringern dem externen Vergleich zu unterziehen sind und der besonderen Bedeutung der Tarifbindung durch eine auf Ausnahmefälle beschränkte Kürzung der Personalaufwendungen Rechnung zu tragen ist. Doch hat die Schiedsstelle eine solche Kürzung gerade nicht vorgenommen. Vielmehr ist sie davon ausgegangen, dass Personalaufwendungen tarifgebundener Leistungserbringer, die über denjenigen vergleichbarer Leistungserbringer liegen, nur dann dem externen Vergleich standhalten und nicht zu kürzen sind, wenn es einen sachlichen Grund für die höheren Personalaufwendungen gibt. In dem Schiedsspruch heißt es denn auch: Bei gleichen Qualifikationsanforderungen und gleichem Personalschlüssel gäben die Spezialisierung des Klägers auf den Leistungstyp des ambulant betreuten Wohnens nach §§ 67 ff. SGB XII, die Differenzierung seines Angebots und seine hohe Kapazität keinen sachlichen Grund. Die Größe des Trägers spreche grundsätzlich eher für mehr Flexibilität beim Personaleinsatz und damit gegen eine Rechtfertigung höherer Personalaufwendungen; andererseits seien beim Kläger in Anbetracht seiner besonderen Personalstruktur keine konkreten Möglichkeiten der Personalkostenreduzierung zu sehen. Die Schiedsstelle habe vor der Frage gestanden, ob sie den sich aus der besonderen Personalstruktur sowie Tarifbindung ergebenden Personalaufwendungen uneingeschränkt Rechnung tragen müsse oder ob unter Beachtung des externen Vergleichs Einschränkungen zu machen seien. Für letzteres hätten der Vorrang des externen Vergleichs und die dafür vom BSG aufgeführten Gründe gesprochen, zumal § 75 Abs. 2 Satz 3 SGB XII den Grundgedanken des externen Vergleichs verstärke. Daher habe sich die Schiedsstelle mehrheitlich für eine Berücksichtigung des externen Vergleichs auch gegenüber der Tarifbindung und der besonderen Personalstruktur des Klägers entschieden.

Unschädlich, wenn auch ungewöhnlich ist der Hinweis darauf, dass die Schiedsstelle eine Mehrheitsentscheidung getroffen hat. Denn Mehrheitsentscheidungen sind im sozialrechtlichen Schiedswesen nichts Systemwidriges. Ganz im Gegenteil: Zu dessen Funktionsprinzipien gehört gerade die Fähigkeit der Schiedsstellen zu Mehrheitsentscheidungen. Wie bei anderen sozialrechtlichen Schiedsstellen ist auch das Verfahren vor der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII nicht als eine mediative Schlichtung angelegt, die auf rein konsensuale Streitbeilegung durch die Beteiligten selbst gerichtet ist. Vielmehr ist auch die Schiedsstelle nach § 80 SGB XII ein Instrument der Zwangsschlichtung: Die Schiedsstelle soll das Zustandekommen von Vergütungsvereinbarungen zwischen Sozialhilfeträgern und Leistungserbringern sicherstellen, indem sie im Konfliktfall durch Schiedsspruch einseitig den Vertragsinhalt festsetzt (§ 77 Abs. 1 Satz 3 SGB XII). In der Schiedsstelle, die zur vermittelnden Zusammenführung der gegenläufigen Interessen mit Vertretern der betroffenen Gruppen besetzt ist (§ 80 Abs. 2 Satz 1 SGB XII), werden dadurch Blockaden verhindert und die Konfliktlösung ermöglicht, dass sie ihre Entscheidungen mit der Mehrheit ihrer Mitglieder trifft (§ 80 Abs. 3 Satz 4 SGB XII), wobei der Stimme ihres unabhängigen Vorsitzenden (§ 80 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) ausschlaggebende Bedeutung zukommt (vgl. § 80 Abs. 3 Satz 5 SGB XII). Dass eine Schiedsstelle eine Mehrheitsentscheidung getroffen hat, bedarf daher keiner besonderen Erwähnung in einem Schiedsspruch. Geschieht dies gleichwohl, mag dies auf tiefgreifende Meinungsunterschiede unter den Mitgliedern der Schiedsstelle hinweisen. Diese sind indessen unbeachtlich, solange sie nicht dazu geführt haben, dass sich die Schiedsstelle für eine Lösung entschieden hat, mit der sie die Grenzen ihres Gestaltungspielraumes überschreitet.

Hier hat die Schiedsstelle ihren Gestaltungsspielraum dadurch überschritten, dass sie das Regel-Ausnahme-Verhältnis umgekehrt hat, das bei tarifgebundenen Leistungserbringern für die Angemessenheitsprüfung im Rahmen des externen Vergleichs gilt. Während nach der Rechtsprechung des BSG der besonderen Bedeutung der Tarifbindung durch eine auf Ausnahmefälle beschränkte Kürzung der Personalaufwendungen Rechnung zu tragen ist und folgerichtig nur in Sondersituationen überdurchschnittliche Entgeltzahlungen tarifgebundener Leistungserbringer einer besonderen Rechtfertigung bedürfen (BSG, Urteil vom 16.05.2013 - B 3 P 2/12 R - juris RdNr. 20 und 22), läuft der mit der Klage angefochtene Schiedsspruch darauf hinaus, dass höhere Personalaufwendungen tarifgebundener Leistungserbringer nur dann dem externen Vergleich standhalten, wenn es für sie einen sachlichen Grund gibt, ihre Kürzung auf die Werte vergleichbarer Leistungserbringer also die Regel und ihre Nichtkürzung die rechtfertigungsbedürftige Ausnahme ist. Anders als die Schiedsstelle in diesem Zusammenhang annimmt, genießt der externe Vergleich keinen Vorrang gegenüber der Tarifbindung. Zwar hat das BSG in dem Urteil vom 16.05.2013 (B 3 P 2/12 R - juris Leitsatz 1 Halbsatz 1) klargestellt, dass die Vergütungsforderung eines Leistungserbringers dem externen Vergleich mit den Vergütungen anderer Leistungserbringer auch dann zu unterziehen ist, wenn er seine Beschäftigten nach Tarifvertrag entlohnt. Klarstellungsbedürfnis bestand, weil der in früheren Entscheidungen aufgestellte Grundsatz, die Einhaltung der Tarifbindung sei immer als wirtschaftlich angemessen zu werten (BSG, Urteil vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - juris RdNr. 28; Urteil vom 17.12.2009 - B 3 P 3/08 R - juris RdNr. 56), den Eindruck entstehen lassen konnte, dass tarifgebundene Leistungserbringer hinsichtlich ihrer Personalaufwendungen vom externen Vergleich mit anderen Leistungserbringern gänzlich freigestellt sind. Dem ist das BSG in dem Urteil vom 16.05.2013 (B 3 P 2/12 R - juris Leitsatz 1 Halbsatz 1) entgegengetreten. Zugleich hat das BSG aber in diesem Urteil (vom 16.05.2013 - B 3 P 2/12 R - juris Leitsatz 1 Halbsatz 2) betont, dass bei dem durchzuführenden externen Vergleich der besonderen Bedeutung der Tarifbindung Rechnung zu tragen ist – und zwar durch eine nur auf Ausnahmefälle beschränkte Kürzung der Personalaufwendungen. Danach kann keine Rede davon sein, dass externer Vergleich und Tarifbindung in einem Vorrang-Nachrang-Verhältnis stehen. Vielmehr ist die Tarifbindung im Rahmen des externen Vergleichs zu berücksichtigen. Denn dieser erschöpft sich nicht in einem reinen Vergleich mit anderen Leistungserbringern und führt nicht zur schematischen Kürzung auf deren Vergütungen, sondern erfordert die Prüfung, ob die Vergütungsforderung des Leistungserbringers in einer angemessenen und nachvollziehbaren Relation zur Vergütung vergleichbarer Leistungserbringer steht. Im Rahmen dieser Angemessenheitsprüfung ist die Tarifbindung zu berücksichtigen und besitzt darin sogar einen besonderen Stellenwert. Aus dem Grundsatz der Sparsamkeit (§ 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XII) folgt nichts anderes. In diesem Grundsatz, nach dem unter vergleichbaren Leistungserbringern nach dem Gesichtspunkt der Kostengünstigkeit auszuwählen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.12.1998 - 5 C 29/97 - juris RdNr. 13), was in § 75 Abs. 2 Satz 3 SGB XII seinen besonderen Niederschlag gefunden hat, wurzelt zwar der externe Vergleich. Dies vermag aber dem reinen Vergleich mit anderen Leistungserbringern keinen Geltungsvorrang zu verschaffen gegenüber dem aus dem Grundsatz der Leistungsfähigkeit (§ 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XII) folgenden Gebot, die besonderen Gestehungskosten tarifgebundener Leistungserbringer zu berücksichtigen.

Eine Sondersituation, in der eine Kürzung von plausiblen Personalaufwendungen tarifgebundener Leistungserbringer im externen Vergleich in Betracht kommt, hat die Schiedsstelle nicht festgestellt und lässt sich auch nicht begründen. Die tarifliche Lohnerhöhung bildet für sich allein nicht den wesentlichen Grund dafür, dass die Personalaufwendungen des Klägers über denjenigen der Leistungserbringer liegen, mit denen ihn die Schiedsstelle verglichen hat. Dass die Lohnerhöhungen in den AVR Diakonie Sachsen für sich allein nicht deutlich überhöht waren, bedarf keiner weiteren Darlegung. In der öffentlichen Debatte werden den Kirchen mit ihren AVR eher Tarifflucht und Dumpinglöhne als die Zahlung überhöhter Entgelte vorgeworfen. Selbst der Beklagte hat denn auch die Auswirkungen der AVR-Lohnerhöhungen auf die Personalkosten anderer Leistungserbringer akzeptiert. Beim Kläger führt die tarifliche Lohnerhöhung erst im Zusammenspiel mit der besonderen Personalstruktur seines Dienstes zu überdurchschnittlich hohen Kosten. Die vergleichsweise hohen Arbeitsentgelte seiner Mitarbeiter rühren vor allem von ihrer langen Beschäftigungsdauer (von 9, 14, 15, 16 bzw. 18 Jahren) her. Dass die Personalkosten beim Kläger höher als bei vergleichbaren Leistungserbringern sind, lässt sich damit erklären, dass sich bei jenen individuelle tarifrechtlich relevante Tatbestände wie Familienstand, Kinderanzahl oder Beschäftigungsdauer nicht in gleicher Weise häufen – etwa weil sie, wie es bei neueren Einrichtungen oder Diensten meist der Fall sein wird, einen jüngeren Personalstamm aufweisen. Einsparpotentiale sind im Schiedsverfahren zwar erörtert, aber von der Schiedsstelle letztlich nicht erkannt worden. Eine Kündigung oder Zurückstufung der Mitarbeiter hat selbst der Beklagte für ausgeschlossen gehalten. Die von ihm verlangte flexible Nutzung der bei der Eingruppierung eröffneten Spielräume scheitert daran, dass die AVR Diakonie Sachsen mit ihrem Eingruppierungsautomatismus dem Kläger solche Spielräume gar nicht eröffnen. Die Forderung des Beklagten nach einer Durchmischung des Personals und Umstrukturierung der Tätigkeiten blieb auch im gerichtlichen Verfahren abstrakt; konkrete Maßnahmen konnte der Beklagte schon im Schiedsverfahren nicht aufzeigen. Die im Schiedsspruch erwähnte allgemeine Erkenntnis, dass große Träger mehr Flexibilität beim Personaleinsatz besitzen, reicht nicht. Vielmehr müssten beim Kläger konkrete Einsparpotentiale durch Änderungen der Personalstruktur bestehen; diese hat weder die Schiedsstelle im Schiedsspruch feststellen noch der Beklagte im gerichtlichen Verfahren aufzeigen können. Rührt aber die überdurchschnittliche Vergütungsforderung des Klägers daher, dass seine Personalkosten aufgrund der Häufung individuell tarifvertraglich relevanter Tatbestände überdurchschnittlich hoch sind, und sind diese Personalkosten plausibel dargelegt und als solche nicht zu beanstanden, dann kann auch kein Ausnahmefall vorliegen, in dem bei einem tarifgebundenen Leistungserbringer eine Kürzung der Personalaufwendungen möglich ist. Zwar sind auch tarifgebundene Leistungserbringer dem externen Vergleich unterworfen und müssen sich ihre Vergütungsforderungen bei deutlichem Übersteigen des Lohnniveaus anderer Leistungserbringer rechtfertigen lassen. Dies bedeutet aber nicht, dass überdurchschnittliche Entgeltzahlungen immer einer besonderen Rechtfertigung bedürften. Vielmehr ist nur im Fall eines extremen Ausreißers eine Angemessenheitsprüfung durchzuführen, bei der sachliche Gründe für das Lohnniveau darzulegen und im Streitfall von der Schiedsstelle zu bewerten sind (BSG, Urteil vom 16.05.2013 - B 3 P 2/12 R - juris RdNr. 22). Von einer solchen Sondersituation kann nicht die Rede sein, wenn – wie hier – überdurchschnittlich hohe Personalaufwendungen maßgeblich auf die Häufung individueller tarifrechtlicher Entgeltsteigerungstatbestände zurückzuführen ist. Ist in einem solchen Falle die Reduzierung der Personalkosten rechtlich und tatsächlich ausgeschlossen, insbesondere weil eine signifikante Verjüngung des Personalstamms nicht zu erwarten ist und kein Spielraum für Umstrukturierungen besteht, scheidet eine Kürzung der plausiblen Personalaufwendungen im Wege des externen Vergleiches aus.

Hat die beigeladene Schiedsstelle mit dem Schiedsspruch schon aus diesen Gründen ihren Gestaltungsspielraum überschritten, kann offenbleiben, ob – was der Kläger bezweifelt – in den von ihr vorgenommenen externen Vergleich tatsächlich nur vergleichbare Leistungserbringer einbezogen wurden (zu den Anforderungen an deren Ermittlung: Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 75 RdNr. 113 ff.).

b) Der Schiedsspruch ist auch hinsichtlich des Zeitpunkts seines Inkrafttretens rechtswidrig.

Ohne dies zu begründen, ist die Schiedsstelle davon ausgegangen, dass sie durch ihren Schiedsspruch die Vergütung erst für die Zeit ab ihrer Anrufung (hier am 27.03.2013) festsetzen darf. Dies trifft indessen nicht zu. In der Rechtsprechung des BSG ist geklärt, dass eine Schiedsstelle rechtlich nicht daran gehindert ist, einen Schiedsspruch über eine Vergütungsvereinbarung zu einem Zeitpunkt in Kraft zu setzten, der vor dem Eingang des Antrags auf Durchführung des Schiedsverfahrens liegt (BSG, Urteil vom 23.07.2014 - B 8 SO 2/13 R - juris RdNr. 14 ff.). Der Wortlaut von § 77 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB XII mag dazu verleiten, das Inkrafttreten eines Schiedsspruchs erst für die Zeit ab Anrufung der Schiedsstelle für zulässig zu erachten. Enthielte § 77 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB XII ein solches Rückwirkungsverbot, dann müssten allerdings auch die Vertragsparteien daran gehindert sein, einen Zeitpunkt des Inkrafttretens zu bestimmen, der vor dem Tag des Abschlusses der Vereinbarung liegt (vgl. § 77 Abs. 2 Satz 2 Variante 1 SGB XII). Dies zwänge sie dazu, schnellstmöglich die Schiedsstelle anzurufen – also nicht erst nach dem Scheitern der Verhandlungen, sondern sogleich nach Ablauf der Wartefrist des § 77 Abs. 1 Satz 3 SGB XII –, um wenigstens für die Dauer des Schiedsverfahrens ein rückwirkendes Inkrafttreten zu erreichen, und führte letztlich dazu, dass die Verhandlungen weitgehend in das Schiedsverfahren verlagert würden. Dieses systemwidrige Ergebnis lässt sich nur vermeiden, wenn man von dem Grundsatz des § 77 Abs. 2 Satz 1 SGB XII ausgeht, dass die Vertragsparteien über den Zeitpunkt des – auch rückwirkenden – Inkrafttretens der Vereinbarung bei prospektivem Verhandeln frei entscheiden können (BSG, Urteil vom 23.07.2014 - B 8 SO 2/13 R - juris RdNr. 17; dahingehend bereits BSG, Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 R - juris RdNr. 30). Dieser Grundsatz muss in gleicher Weise die Befugnisse der Schiedsstelle bestimmen, deren Gestaltungsspielraum daher auch den Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Vergütungsvereinbarung umfassen muss (BSG, Urteil vom 23.07.2014 - B 8 SO 2/13 R - juris RdNr. 14 und 17). Bei näherem Zusehen schließt weder der zweite noch der dritte Satz des § 77 Abs. 2 SGB XII ein Inkrafttreten des Schiedsspruchs für eine Zeit vor Anrufung der Schiedsstelle aus. Denn § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB XII findet nur Anwendung, wenn sich weder die Vertragsparteien auf einen Zeitpunkt für das Inkrafttreten geeinigt haben noch – im Fall fehlender Einigung – die Schiedsstelle einen Zeitpunkt für das Inkrafttreten festgesetzt hat (BSG, Urteil vom 23.07.2014 - B 8 SO 2/13 R - juris RdNr. 18). Und mit § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB XII soll nur verhindert werden, dass Vergütungen nachträglich nach den bereits entstandenen Kosten abgerechnet werden, also ein Gewinn- oder Verlustausgleich ohne Rücksicht auf die im Leistungszeitpunkt gültigen Vereinbarungen durchgeführt wird kann; die Regelung konkretisiert damit lediglich § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB XII, wonach nachträgliche Ausgleiche, d.h. Ausgleiche für Zeiträume vor dem eigentlichen Verhandlungszeitraum, unzulässig sind (BSG, Urteil vom 23.07.2014 - B 8 SO 2/13 R – juris RdNr. 16). Hierin drückt sich der Grundsatz der Prospektivität (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB XII) aus, der dem Abschluss rückwirkender Vergütungsvereinbarungen nicht entgegensteht, soweit als prospektiv begonnene, also künftige Vereinbarungszeiträume betreffende Vertragsverhandlungen beendet werden (so bereits BSG, Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 R - juris RdNr. 30).

Soweit der Beklagte meint, ein rückwirkendes Inkraftsetzen sei für die Zeit vor Ablauf der Wartefrist des § 77 Abs. 1 Satz 3 SGB XII ausgeschlossen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Zwar wird in der Literatur die Auffassung vertreten, auch bei prospektiv begonnenen Verhandlungen könne entsprechend der Wertung des § 77 Abs. 1 Satz 3 SGB XII das Inkrafttreten einer Vergütungsvereinbarung von den Vertragsparteien wie von der Schiedsstelle frühestens auf einen Zeitpunkt bestimmt werden, der sechs Wochen nach dem Beginn der Verhandlungen liegt; eine weitere Rückwirkung sei nur in extremen Ausnahmefällen gestattet und bedürfe einer besonderen Begründung (Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 77 RdNr. 117 f.). Zweck der Wartefrist des § 77 Abs. 1 Satz 3 SGB XII ist aber, die zur eigenen Gestaltung ihrer rechtlichen Beziehungen berufenen Vertragsparteien dazu anzuhalten, zunächst ernsthafte Vertragsverhandlungen zu führen und erst nach deren Scheitern die Schiedsstelle anzurufen. Da sich vielfach nur schwer feststellen lässt, ob Verhandlungen mit der gebotenen Ernsthaftigkeit geführt worden sind, knüpft das Gesetz stattdessen in § 77 Abs. 1 Satz 3 SGB XII mit dem Ablauf einer Mindestverhandlungsdauer an einen leicht feststellbaren Umstand an. Mit dem Inkrafttreten von Vergütungsvereinbarungen hat § 77 Abs. 1 Satz 3 SGB XII nur mittelbar zu tun, indem die Inkrafttretensregelung in § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB XII auf den Tag Bezug nimmt, an dem ein Schiedsverfahren beantragt worden ist, was nach § 77 Abs. 1 Satz 3 SGB XII erst sechs Wochen nach der Aufforderung zu Vertragsverhandlungen zulässig ist. Die Vorschrift des § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB XII, die für den Zeitpunkt des Inkrafttretens einmal auf den Abschluss der Vertragsverhandlungen und ein anderes Mal auf deren Scheitern abstellt, lässt allerdings insoweit einen übergeordneten Regelungsgedanken nicht erkennen und hat ohnehin einen nur sehr eingeschränkten Anwendungsbereich (vgl. BSG, Urteil vom 23.07.2014 - B 8 SO 2/13 R – juris RdNr. 18). Soll § 77 Abs. 1 Satz 3 SGB XII die Vertragsparteien nicht zur vorschnellen Anrufung der Schiedsstelle zwingen (vgl. BSG, Urteil vom 23.07.2014 - B 8 SO 2/13 R – juris RdNr. 19), sondern sie zu ernsthaften Vertragsverhandlungen anhalten, kann ihr keine Wertung entnommen werden, die den Grundsatz des § 77 Abs. 2 Satz 1 SGB XII einschränkt, nach dem die Vertragsparteien über den Zeitpunkt des – auch rückwirkenden – Inkrafttretens der Vereinbarung bei prospektivem Verhandeln frei entscheiden können. Vielmehr können sich Einschränkungen nur aus dem Prospektivitätsmaßstab des § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ergeben, der verhindern soll, dass nachträglich in bereits abgeschlossene Vereinbarungszeiträume eingegriffen und auf diese Weise ein nachträglicher Ausgleich ermöglicht wird (vgl. Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, § 75 RdNr. 134 und § 77 RdNr. 116). Entspricht es diesem Maßstab, dass Vertragsverhandlungen prospektiv begonnen werden, also bei ihrem Beginn künftige Vereinbarungszeiträume betreffen müssen, dann darf eine Vergütungsvereinbarung frühestens am Anfang des Verhandlungszeitraums, d.h. des Zeitraums, über den verhandelt werden darf, in Kraft treten. Wird vor Ablauf des Vereinbarungszeitraums zu neuen Vertragsverhandlungen aufgefordert, kann – von den Fällen des § 77 Abs. 3 SGB XII abgesehen – der Verhandlungszeitraum erst im Anschluss an den noch laufenden Vereinbarungszeitraum beginnen. Galt dagegen die Vergütung nach Ablauf des Vereinbarungszeitraums nur noch gemäß § 77 Abs. 2 Satz 4 SGB XII fort, kann der Verhandlungszeitraum mit der Verhandlungsaufforderung einer Vertragspartei (§ 77 Abs. 1 Satz 3 SGB XII) beginnen.

Da die Schiedsstelle davon ausgegangen ist, dass eine Vergütungsfestsetzung für die Zeit vor ihrer Anrufung ausscheidet, hat sie den ihr hinsichtlich des Zeitpunkts des Inkrafttretens insoweit zustehenden Gestaltungsspielraum nicht erkannt und folglich von ihm auch keinen Gebrauch gemacht. Hätte sie den Gestaltungsspielraum erkannt, hätte der von ihr festgesetzte Zeitpunkt einer Begründung bedurft, die die Schiedsstelle indessen von ihrer Rechtsauffassung her folgerichtig für entbehrlich gehalten hatte.

c) Ebenso rechtswidrig ist die Festsetzung des Endes des Vereinbarungszeitraums (am 30.09.2015).

Dies ergibt sich allerdings nicht daraus, dass der Kläger im Schiedsverfahren nur eine Vergütungsfestsetzung für die Zeit bis 31.12.2014 beantragt hatte. Zwar bestimmen allein die Vertragsparteien durch ihre Anträge den Gegenstand des Schiedsstellenverfahrens wie auch die Reichweite der Schiedsstellenentscheidung (BSG, Urteil vom 23.07.2014 - B 8 SO 2/13 R - juris RdNr. 9). Da aber beide Seiten die Schiedsstelle anrufen können, kann nicht allein die Vertragspartei Gegenstand und Reichweite des Schiedsverfahrens bestimmen, die zuerst die Schiedsstelle angerufen hat. Vielmehr muss sich der Schiedsspruch im Rahmen der von beiden Parteien gestellten Anträge bewegen (Armbrost in: Schnapp, Handbuch des sozialrechtlichen Schiedsverfahrens, RdNr. 546; Münder in: LPK-SGB XII, 9. Aufl., § 77 SGB XII RdNr. 10). Der Schiedsstelle war es daher hier nicht verwehrt, über den vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor ihr eingebrachten weiteren Zeitraum (01.01.2015 bis 30.09.2015) zu befinden.

Das im Schiedsspruch festgesetzte Laufzeitende ist deshalb rechtswidrig, weil die Schiedsstelle hierfür weder eine Begründung gegeben noch den Sachverhalt ausreichend aufgeklärt hat. Eine Verlängerung des Vereinbarungszeitraums über den 31.12.2014 hinaus ist vom Beklagten erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Schiedsstelle in einem Vergleichsangebot (nämlich bis 31.12.2015) ins Spiel gebracht und – nachdem der Kläger dieses Angebot abgelehnt hatte – schließlich auch beantragt worden (allerdings nur bis 30.09.2015). Die Gründe dafür erhellen sich weder aus dem Schiedsspruch noch aus dem Protokoll der Schiedsstelle. Im gerichtlichen Verfahren hat der Beklagte mitgeteilt, er habe sich bei seinem Antrag hinsichtlich Höhe und Laufzeit an einem ganz frischen Vereinbarungsabschluss mit einem anderen Anbieter orientiert. Diese Vereinbarung hatte der Schiedsstelle nicht vorgelegen; auch ihr Ergebnis war in der vom Beklagten für das Schiedsverfahren erstellten Vergleichsübersicht der Vergütung für anerkannte Träger des ambulant betreuten Wohnens für erwachsene Menschen gemäß § 67 SGB XII noch nicht enthalten. Dem Beklagten ist zuzugeben, dass es sinnvoll sein kann, eine höhere Vergütung von einer längeren Laufzeit der Vereinbarung abhängig zu machen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Verlängerung des Vereinbarungszeitraums trotz der Fortgeltungsregelung in § 77 Abs. 2 Satz 4 SGB XII gravierende Folgen hat, da Neuverhandlungen während des Vereinbarungszeitraums nach § 77 Abs. 3 XII nur sehr eingeschränkt möglich sind (vgl. Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, § 77 RdNr. 134 ff.; Flint in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl., § 77 RdNr. 24 ff.). Die Legaldefinition des Vereinbarungszeitraums in § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V besagt, dass die Laufzeit der Vereinbarungen zwar die jeweilige Wirtschaftsperiode (in der Regel das Kalenderjahr, vgl. Schellhorn in: Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl., § 77 RdNr. 3) im Blick haben soll, aber nicht daran geknüpft sein muss. Damit haben es die Vertragsparteien in der Hand, die Laufzeit so zu bemessen, dass sie auf künftige Ereignisse, die Einfluss auf die Höhe der Entgelte haben und keinen Anspruch auf Neuverhandlung (§ 77 Abs. 3 SGB XII) begründen, zeitnah reagieren können (Flint in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl., § 77 RdNr. 4 und 20). Da durch die Verlängerung des Vereinbarungszeitraums Reaktionsmöglichkeiten beschnitten werden und die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien verändert wird, kann eine Vergütungsvereinbarung mit einem anderen Leistungserbringer hinsichtlich der Laufzeit nicht unbesehen übertragen werden. Vielmehr muss dies den beiden Schritten des oben (unter 2a) dargestellten zweigliedrigen Prüfungsschemas entsprechen. Insoweit fehlt es hier – nachdem die entsprechenden Sachverhaltselemente im Schiedsverfahren nicht von den Vertragsparteien außer Streit geworden sind (zu dieser Möglichkeit vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 3 P 3/08 R - juris RdNr. 74; Bayerisches LSG, Urteil vom 24.04.2013 - L 8 SO 18/12 KL - juris RdNr. 50; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.07.2013 - L 7 SO 2513/09 KL - juris RdNr. 27; Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 80 RdNr. 41) – bereits an ausreichenden Ermittlungen der Schiedsstelle zu den (plausiblen) Gestehungskosten des Klägers ab dem 01.01.2015 und zu den Vergütungen vergleichbarer Leistungserbringer ab dem 01.01.2015. An letzterem vermag das Angebot des Beklagten im gerichtlichen Verfahren, die Vereinbarung mit dem anderen Leistungserbringer vorzulegen, an der er sich bei seinem Antrag im Schiedsverfahren orientiert habe, nichts mehr zu ändern. Zudem bedurfte es im Schiedsspruch einer Begründung, warum trotz der damit verbundenen Folgen der Vereinbarungszeitraum über den 31.12.2014 hinaus verlängert wurde. Insoweit hüllt sich der Schiedsspruch aber vollkommen in Schweigen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Kosten der Beigeladenen sind nach § 162 Abs. 3 VwGO nicht erstattungsfähig, da sie keinen Antrag gestellt hat (vgl. BSG, Urteil vom 31.05.2006 - B 6 KA 62/04 R - juris RdNr. 19).

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) bestehen nicht.

Kirchberg Stinshoff Dr. Wahl
Rechtskraft
Aus
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