Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 14 KA 559/00
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 6 KA 4/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
6 KA 59/03 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 23. Oktober 2002 insoweit aufgehoben, als damit der Klagantrag zu 1. abgewiesen wurde. Der Honorarabrechnungsbescheid der Beklagten vom 1. März 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. November 2000 für das Quartal III/99 wird insoweit aufgehoben, als darin das Honorar des Klägers in Anwendung des § 12 Abs. 4 a HVM gekürzt worden ist. Die Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten für das Berufungsverfahren zu erstatten. Für die 1. Instanz haben sich die Beteiligten jeweils die Hälfte ihrer Kosten zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten ein höheres Honorar für das Quartal III/99; streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Fall-zahlbegrenzung.
Die Abgeordnetenversammlung der Beklagten beschloss am 25. Juni 1997 für den Zeitraum ab 1. Juli 1997 bis 1999 in § 12 des Ho-norarverteilungsmaßstabes (HVM) eine Fallzahlzuwachsbegrenzung mit folgendem Wortlaut:
4a: Überschreitet der prozentuale Zuwachs der Budget relevanten Behandlungsfälle einer Arztgruppe 5 v.H., unterliegen die Ärzte dieser Arztgruppe einer Fallzahl-zuwachsbegrenzung.
Hierzu werden die 5 v.H. der durchschnittlichen Fall-zahl der Fachgruppe im Vorjahresquartal als absolute Zahl ermittelt. Überschreitet die Fallzahlzunahme einer Praxis diese Zahl, wird die anzuerkennende Honorarfor-derung im Maße dieser Überschreitung quotiert.
4b: Ärzte, deren individuelle Gesamtbudgets nach Abs. 4a abgesenkt wurden, haben Anspruch auf anteilige Aufhebung der Quotierung, wenn sie im Verlauf der fol-genden drei Quartale die Grenzwerte ihrer Arztgruppe entsprechend unterschreiten.
4c: Bei Überschreitungen der zulässigen Fallzahltole-ranz, die durch länger andauernde Praxisabwesenheit be-gründet sind, kann der Vorstand eine den Umständen an-gemessene Korrektur der Fallzahlzuwachsbegrenzung vor-nehmen. Der Vorstand erlässt hierzu Durchführungsbe-stimmungen.
4d: Die Fallzahlzuwachsbegrenzung gilt nicht für Ärzte, die weniger als 16 Quartale abgerechnet haben, solange ihre Fallzahl im Vergleich zu ihrer Gruppe unterdurch-schnittlich ist.
Ab 1999 lautete 4d: Die Fallzahlzuwachsbegrenzung gilt nicht für Ärzte, die im aktuellen Quartal nicht die durchschnittliche Fallzahl der Arztgruppe erreichen.
4e: Beim Statuswechsel einer Gemeinschaftspraxis in ei-ne Praxisgemeinschaft oder mehrere Einzelpraxen oder Gemeinschaftspraxen in unmittelbarer räumlicher Nähe zueinander gilt für die ehemaligen Praxispartner die gemeinsame Fallzahl im Vorjahresquartal als Vergleichs-basis. Wird diese überschritten, wird ihr Honoraran-spruch entsprechend quotiert. Absätze 4b und 4c finden Anwendung.
4f: Vergleichswerte für die Fallzuwachsbegrenzung sind die budgetrelevanten Behandlungsfälle der Arztgruppe ... 7. Honorarausgleichsmaßnahmen sind zulässig. 8. Über unbillige Härtefälle infolge der Anwendung die-ses HVM entscheidet auf Antrag der Vorstand. EBM-bedingte Umsatzeinbußen gelten nicht als Härtefälle im Sinne dieses HVM.
Der Kläger ist seit I/96 in K als niedergelassener Chirurg und Unfallchirurg zur vertragsärztlichen Versorgung zu-gelassen. Von Mai 1998 bis Oktober 1999 beschäftigte er mit Ge-nehmigung der Beklagten einen Weiterbildungsassistenten. In der Honorarabrechnung für das Quartal IV/98 kürzte die Beklagte seine Honoraranforderung unter Anwendung der Fallzahlzuwachsbe-grenzungsregelung des § 12 Abs. 4a HVM in Höhe von 6.510,58 DM. Zu Grunde legte sie dabei eine Budget relevante Fallzahl des Klägers für das Quartal IV/98 von 974 bei einer Budget relevan-ten Fallzahl im Vorjahresquartal von 863. Damit sei die Tole-ranzgrenze (5 % = 33 Fälle) um 78 Fälle überschritten worden. Daraus ergebe sich die Kürzung des Honorars von 6.510,58 DM auf die Honorarsumme (vor Abzug des Verwaltungskostenbeitrages) von 104.045,23 DM. Widerspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Der erkennende Senat gab mit Urteil vom 18. Ok¬tober 2001 der Klage statt. Das Urteil ist rechtskräftig.
Im Quartal III/99 nahm die Beklagte (wie in den Quartalen I und II/99 zunächst davor) eine erneute Fallzahlzuwachsbegrenzung vor und kürzte die Honorarabrechnung in Höhe von 5.013,36 DM. Zu Grunde legte sie dabei eine Budget relevante Fallzahl von 1.171 bei Zugrundelegung einer Budget relevanten Fallzahl im entsprechenden Vorjahresquartal von 1.065. Damit sei die Tole-ranzgrenze (37 Fälle) um 69 Fälle überschritten worden. Auch gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein und trug vor: Mit Schreiben vom 2. Dezember 1999 habe die Honorarabtei-lung der Beklagten mitgeteilt, die Fallzahlzuwachsbegrenzungs-regelung sei in seiner Arztgruppe beginnend mit dem Quartal I/99 aufgehoben worden. Eine Mitteilung, dass die Begrenzungs-regelung für die Chirurgen wieder eingeführt worden sei, habe er nicht erhalten. Nachdem die Fallzahlbegrenzungsregelung für die Chirurgen im Dezember 1999 rückwirkend für die Quartale I und II/99 unter Hinweis auf den überdurchschnittlichen Arzt-zahlzuwachs in der Gruppe aufgehoben worden sei, hätten bei Wiedereinführung der Begrenzungsregelung die Grenzwerte unter Berücksichtigung des zwischenzeitlich erfolgten überdurch-schnittlichen Arztzahlzuwachses in der Gruppe neu ermittelt werden müssen, da ein Arztzahlzuwachs das Honorarkontingent ei-ner Gruppe vergrößere. Er habe sich nach Aufhebung der Fall-zahlbegrenzungsregelung darauf verlassen können, dass diese Aufhebung Bestand habe. Danach habe er sein Verhalten auch aus-gerichtet. Die plötzliche unangekündigte Wiedereinführung ver-stoße gegen Bestimmbarkeit, Nachvollziehbarkeit und Berechen-barkeit des Handelns einer öffentlich-rechtlichen Verwaltung. Mit Widerspruchsbescheid vom 1. November 2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und gab zur Begründung an: In der Mit-teilung vom 2. Dezember 1999 sei die Fallzahlzuwachsbegren-zungsregelung nicht als abgeschafft bezeichnet worden. Vielmehr sei darüber informiert worden, dass der Vorstand beschlossen habe, die Fallzahlzuwachsbegrenzung zukünftig auch vom Parame-ter des Arztzahlzuwachses abhängig zu machen. Eine Begrenzung sei danach in den Quartalen ab I/99 nur dann durchgeführt wor-den, wenn neben einer globalen Fallzahlzunahme über 5 % auch ein Zuwachs von über 5 % im Durchschnitt pro Arzt in der Arzt-gruppe zu verzeichnen gewesen sei. Eine völlige Abschaffung der Fallzahlzuwachsbegrenzungsregelung sei nicht Ziel des entspre-chenden Vorstandsbeschlusses gewesen.
Der Kläger hat am 22. November 2000 Klage beim Sozialgericht Kiel erhoben und vorgetragen: Er betreue in K mit den angrenzenden Wohngebieten Ka und Kb ein Einzugsgebiet von ca. 25.000 Patienten. Dazu biete er durchge-hende Öffnungszeiten von montags bis freitags von 8.00 bis 18.00 Uhr und samstags von 9.00 bis 12.00 Uhr. Das habe ihm er-möglicht, seine Fallzahlen der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe anzugleichen und sogar darüber hinauszugehen. Die Einbehaltung in den Quartalen I und II/99 sei rückgängig ge-macht worden. Zur Begründung habe die Beklagte in dem zitierten Schreiben vom 2. Dezember ausgeführt, die Fallzahlzuwachsbe-grenzung künftig auch vom Parameter des Arztzahlzuwachses ab-hängig zu machen. Es heiße dort ausdrücklich: "Unter Anwendung beider Kriterien war die Fallzahlzuwachsbegrenzung in ihrer Arztgruppe aufzuheben.". Aus dieser Formulierung gehe unmiss-verständlich hervor, dass die Fallzahlzuwachsbegrenzung in der Arztgruppe der Chirurgen aufgehoben worden sei. Eine temporäre Aussetzung der Regelung ergebe sich daraus nicht. Unter einer "Aufhebung" einer Regelung verstehe der allgemeine Sprachge-brauch nämlich eindeutig eine endgültige Maßnahme. Andernfalls hätte die Beklagte von einer zeitweiligen oder temporären Aus-setzung gesprochen. Darüber hinaus stehe fest, dass ab Quar-tal I/99 die Toleranz unter Berücksichtigung des überdurch-schnittlichen Arztzahlzuwachses neu zu ermitteln gewesen sei. Für die Berechnung des Jahresausgleiches wäre eine neue Berech-nung zu liefern gewesen. Dies sei hingegen nicht geschehen. Es könne nicht angehen, dass die Berücksichtigung des Arztzahlzu-wachses als zusätzlicher Berechnungsparameter zu einer Rücker-stattung der in den Quartalen I und II/99 einbehaltenen be-trächtlichen Kürzungssummen in vollem Umfange führe, die Fall zahlüberschreitungen aber unverändert in den Jahresausgleich IV/98 übernommen und der Ausgleichsberechnung unverändert und ungeachtet der Berücksichtigung zusätzlicher, die Überschrei-tungsquoten denknotwendig verändernder Parameter übernommen würden. Im Quartal III/99 liege mit 69 Fällen die individuelle Überschreitung der Toleranzgrenze durch ihn, den Kläger, dras-tisch unter der Überschreitung der Toleranzgrenze im Vorquar-tal II/99 mit 213 Fällen und wesentlich unter der Überschrei-tung der Toleranzgrenze im Quartal I/99 mit 96 Fäl¬len. Obwohl die Überschreitung der Toleranzgrenze in III/99 niedriger lie-ge, solle sie Anlass zur Wiedereinstellung der Fallzahlbegren-zungsregelung für Chirurgen geben. Das sei nicht nachvollzieh-bar. Ab Quartal IV/99 habe eine Honorarkürzung trotz ermittel-ter Überschreitung der Fallzahltoleranz in erheblicher Höhe nicht mehr stattgefunden. Es sei zu schließen, dass nunmehr die Regelung generell außer Kraft gesetzt worden sei. Im Übrigen sei er als Chirurg und insbesondere als Unfallchirurg nicht in der Lage, Einfluss auf sein Fallzahlkontingent zu nehmen, da der Zulauf an akut versorgungsbedürftigen Patienten in der Chi-r¬urgie nicht gesteuert werden könne und in erster Linie auf das breite Einzugsgebiet zurückzuführen sei. Er beschäftige seit geraumer Zeit auf eigene Kosten einen Praxisassistenten und werde durch die Fallzahlbegrenzungsregelung in seinem Aktions-radius nicht unwesentlich beeinträchtigt. Hinsichtlich der Rechtsprechung des BSG zur Fallzahlzuwachsbegrenzung sei darauf hinzuweisen, dass es in früheren Entscheidungen bereits heraus-gestellt habe, anerkannter Sinn und Zweck von Fallzahlzuwachs-begrenzungsregelungen sei, als flankierende Maßnahmen zur Fest-schreibung des Praxisbudgets dem Punktwertverfall durch eine Manipulation der Zahl der Behandlungsfälle durch willkürliche und unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht gebotene Wie-dereinbestellung von Patienten entgegenzuwirken. Eine solche Fallzahlvermehrung könne ihm, dem Kläger, nicht unterstellt werden. Wenn in seinem Bereich eine Fallzahlvermehrung zu ver-zeichnen sei, dann deshalb, weil er ein qualitativ erstklassi-ger Chirurg sei und Patienten aus Gebieten zu ihm kämen, die nicht zum Einzugsgebiet zählten. Das BSG habe festgestellt, dass die Zahl der Behandlungsfälle einer Praxis nicht in glei-cher Weise der Steuerung durch den Vertragsarzt zugänglich sei, wie der Umfang der je Fall erbrachten Leistungen. Auch der er-kennende Senat habe in dem Parallelverfahren seine Auffassung geteilt. Sein, des Klägers, Zuwachs an Patienten entspreche der Abwanderung bei anderen Kollegen. Daher werde die Fallzahl ins-gesamt nicht gesteigert.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, den Honorarbescheid III/99 vom 1. März 2001 in Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 1. November 2000 aufzuheben, die in-folge der Anwendung der Fallzahlbegrenzungsregelung des § 12 Abs. 4 HVM erfolgte Honorarkürzung in Höhe von 5.013,65 DM rückgängig zu machen und an ihn den einbehaltenen Honorarbetrag in der vorgezeichneten Höhe auszukehren; 2. die Beklagte zu verurteilen, die zulässige Fall-zahltoleranz in den Quartalen I und II/99 unter Zu-grundelegung des in diesen Quartalen zusätzlich zu berücksichtigenden überdurchschnittlichen Arztzahl-zuwachses in der Fachgruppe neu zu ermitteln und die jeweils erfolgte Berechnung der individuellen Über-schreitung der zulässigen Fallzahltoleranz neu vor-zunehmen und in der Jahresausgleichsrechnung für die Fallzahlzuwachsbegrenzungsregelung des Quartals IV/98 entsprechend zu berücksichtigen, 3. der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuer-legen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen: Das BSG habe in seiner Sitzung vom 13. März 2002 entschieden, dass Fallzahlzuwachsbegrenzungsrege-lungen dem Grunde nach rechtmäßig seien. Dabei habe es sich um ähnliche Regelungen gehandelt wie die hier streitige. Das BSG habe insbesondere die Notwendigkeit einer Begrenzungsregelung im Hinblick auf die Einführung der Praxisbudgets gesehen. Es habe dabei bestätigt, dass eine Erhöhung der Fallzahlen vom Vertragsarzt gesteuert werden könne, etwa durch medizinisch nicht bedingte Wiedereinbestellungen von Patienten im Folge-quartal. Der Kläger trage zu Unrecht vor, die Fallzahlzuwachs-begrenzungsregelung sei für die Fachgruppe der Chirurgen aufge-hoben worden; der Vorstand der Beklagten habe in Wahrnehmung seiner Beobachtungs- und Reaktionspflicht in Abstimmung mit der Abgeordnetenversammlung lediglich einen zusätzlichen Parameter zur Feststellung der Überschreitung einer Fachgruppe beschlos-sen. Nach dem bis zu diesem Zeitpunkt zu Grunde gelegten Para-meter habe die Fallzahlzuwachsbegrenzung für eine Fachgruppe schon dann gegriffen, wenn die Gesamtfallzahl der Gruppe mehr als 5 % im Vergleich zum Vorjahresquartal angestiegen gewesen sei. Mit Wirkung ab Quartal I/99 sei bei der Überprüfung, ob für eine Gruppe die Fallzahlzuwachsbegrenzungsregelung im je-weiligen Quartal greife, zusätzlich festgestellt worden, ob auch ein Zuwachs von über 5 % im Durchschnitt pro Arzt der Fachgruppe zu verzeichnen gewesen sei. Die Einführung der Maß-nahme für die Quartale I und II/99 habe bei einigen Fachgruppen dazu geführt, dass Kürzungen zurückgenommen worden seien. Im Quartal III/99 sei es aber bei Zugrundelegung beider Parameter wieder zu Zuwächsen von über 5 % gekommen, so dass die Gruppe der Chirurgen von der Fallzahlzuwachsbegrenzungsregelung be-troffen gewesen sei. Die jeweilige Toleranzgrenze stehe in kei-nem Zusammenhang mit der Frage, ob die Fallzahlzuwachsbegren-zungsregelung für eine Fachgruppe greife oder nicht. Vielmehr handele es sich hier um 5 % der durchschnittlichen budgetrele-vanten Fallzahl der Fachgruppe. Die Feststellung, ob ein Jah-res¬ausgleich gelinge, hänge ausschließlich von der Frage ab, ob der Arzt im Vergleich zum jeweiligen Vorjahresquartal Fälle eingespart habe, nicht jedoch davon, ob die Fallzahlzuwachsbe-grenzungsregelung als solche gegriffen habe.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 23. Oktober 2002 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die von dem Kläger angegriffene Fallzahlzuwachsbegrenzungsmaßnahme nach § 12 Abs. 4a ff HVM für das Quartal III/99 sei nicht zu beanstanden. Mit dieser Regelung sei die Beklagte ihrer Verpflichtung aus Nr. 5 der "Vereinbarung zur Einführung von Praxisbudgets zum 1. Juli 1997 zwischen der kassenärztlichen Bundesvereinigung und den Spitzenverbänden der Krankenkassen vom 19. November 1996" nachgekommen. Nach dieser Vereinbarung seien die kassen-ärztlichen Vereinigungen verpflichtet, bei einer Überschreitung der Fallzahl um mehr als 5 v. H. gegenüber dem Vergleichsquar-tal des Vorjahres geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen, um ei-ner Punktwertverminderung entgegen zu wirken. Die übergeordne-ten Interessen des Gemeinwohls rechtfertigten Regelungen, die geeignet seien, die wirtschaftliche Entwicklung von Praxen ein-zuengen. Hierbei handele es sich aber nur um eine mäßige Einen-gung, denn eine Weiterentwicklungsmöglichkeit um 5 v. H. pro Jahr werde weiterhin gewährleistet. Der Honorarbegrenzung stehe im Übrigen ein Ausgleich durch einen Anstieg der Punktwerte ge-genüber, der ausschließlich der betroffenen Arztgruppe und da-mit auch dem Kläger zu Gute kommt. Entgegen der Auffassung des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichtes bilde Nr. 5 der Vereinbarung eine eigenständige Rechtsgrundlage für die Fall-zahlzuwachsbegrenzungsmaßnahme. Dies habe das Bundessozialge-richt in seinen Entscheidungen vom 13. März 2002 bestätigt.
Gegen das ihm am 8. Januar 2002 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, eingegangen beim Schleswig-Holsteini-schen Landessozialgericht am 22. Januar 2003. Zur Begründung trägt er ergänzend vor: Ab Quartal IV/99 sei es nicht mehr zu einer Kürzung trotz ermittelter Überschreitung der Fallzahlto-leranz gekommen. Sinn und Zweck der Fallzahlzuwachsbegrenzungs-regelung sei die Sicherung und Stabilisierung des Punktwertes gewesen. Dieser Sinn und Zweck könne jedoch nur erfüllt werden, wenn der Zieladressat der Regelung zum Zeitpunkt seines Han-delns über den Inhalt und die Reichweite informiert sei. Ab Quartal III/99 habe er von der Aufhebung im Schreiben vom 2. De¬zember 1999 ausgehen können. Eine im Wege des Beschlusses aufgehobene Regelung könne nur auf demselben Wege wieder in Kraft gesetzt werden, auf dem sie außer Kraft gesetzt worden sei, nämlich im Wege eines Beschlusses der Abgeordnetenversamm-lung. Die Regelung der Beklagten lasse kein gesundes und für den Wettbewerb in qualitativer Hinsicht förderliches Wachstum der Einzelpraxis zu, da der Zuwachs der einzelnen Praxis nicht individuell ermittelt werde, sondern stets durch die absolut ermittelte Toleranzgrenze in der Arztgruppe blockiert und nach unten gezogen werde. Nicht übersehen werden dürfe, dass nieder-gelassene Chirurgen mit der Erbringung ambulanter Operationen befasst seien, die der Gesetzgeber gefördert habe. Dies bewirke zwangsläufig eine Erhöhung der Fallzahlen der Fachgruppe der Chirurgen mit der Folge, dass sie einer Fallzahlzuwachsbegren-zungsregelung im besonderen Maße ausgesetzt seien. Die Pra-xiskonsolidierung sei etwa um die Jahreswende 2001/2002 abge-schlos¬sen gewesen. Seitdem bewege sich seine Fallzahl auf dem Level von etwa 1.200 Fällen pro Quartal.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 23. Oktober 2002 insoweit aufzuheben, als damit der Klagantrag zu 1. ab-gewiesen wurde, sowie den Bescheid der Beklagten über die Honorarabrechnung III/99 in Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 1. November 2000 insoweit aufzu-heben, als darin das Honorar in Anwendung des § 12 Abs. 4a HVM gekürzt worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt ergänzend vor: In dem Schreiben vom 2. Dezember sei ausgeführt worden, die Fallzahlzuwachsbegrenzung solle zukünf-tig auch vom Parameter des Arztwahlzuwachses abhängig gemacht und die Begrenzung in den Quartalen ab I/99 daran orientiert werden. Der anschließende Satz, unter Anwendung beider Krite-rien sei die Fallzahlzuwachsbegrenzung in ihrer Arztgruppe auf-zuheben gewesen, könne in der Gesamtschau nur so ausgelegt wer-den, dass damit die Rückerstattung für die in den Quartalen I und II/99 zunächst einbehaltenen Beträge erläutert worden sei. Die Fallzahlzuwachsbegrenzungsmaßnahme sei nicht ab Quartal IV/99 eingestellt worden. Vielmehr seien bei der Fachgruppe der Chirurgen in dem Quartal IV/99 die Kriterien nicht mehr erfüllt gewesen. In ihrer Sitzung am 1. April habe die Abgeordnetenver-sammlung eine Neuregelung des § 12 HVM ohne Fallzahlzuwachsbe-grenzungsregelung zum 1. Januar 2000 beschlossen. Unter Berück-sichtigung der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 13. März 2002 (B 6 KA 35/01 R) sei davon auszugehen, dass die Fallzahlzuwachsbegrenzungsregelung rechtmäßig sei. Die dort zu Grunde liegende Regelung sei nämlich strenger als die der Be-klagten gewesen. Dort sei nämlich in jedem Fall der Vertrags-arzt, bei dem es zu einer 5%igen Steigerung der Fallzahl im Vergleich zum Vorjahresquartal gekommen sei, einer Kürzungsmaß-nahme unterzogen worden. Bei ihr, der Beklagten, komme noch hinzu, dass bei der Arztgruppe eine entsprechende Steigerung erfolgt sein müsse. Das beinhalte einen zusätzlichen Schutz für die Ärzte.
Auf Anforderung des Senats hat die Beklagte ein Teilprotokoll der Abgeordnetensitzung vom 10. November 1999 vorgelegt. Auf dessen Inhalt und auf den Inhalt der Verwaltungs- und Gerichts-akten wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet. Die streitgegenständ-liche Honorarkürzung durch die Beklagte und der ihr zugrunde liegende § 12 Abs. 4a HVM sind rechtswidrig.
Nach § 85 Abs. 4 Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V) in der hier maßgebenden Fassung verteilt die Kassenärztliche Vereinigung die Gesamtvergütung unter die Vertragsärzte. Sie wendet dabei den im Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen festgesetz-ten Verteilungsmaßstab an. Bei der Verteilung sind Art und Um-fang der Leistungen des Vertragsarztes zugrunde zu legen. Der Verteilungsmaßstab soll sicherstellen, dass eine übermäßige Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes verhindert wird. Er kann eine nach Arztgruppen und Versorgungsgebieten unterschied-liche Verteilung vorsehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt (vgl. Urteil vom 30. Januar 2001 - 6 KA 4/00 -), ist bei der Anwendung der Honorarverteilung das aus Artikeln 12 Abs. 1 in Verbindung mit 3 Abs. 1 des Grundge-setzes herzuleitende Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit zu beachten. Dieser Grundsatz ist verletzt, wenn vom Prinzip der gleichmäßigen Vergütung abgewichen wird, obwohl zwischen den betroffenen Ärzten bzw. Arztgruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, die eine ungleiche Behandlung rechtfertigen. Die Beklagte hat zwar einen Spielraum für sachlich gerechtfertigte Abweichungen von der grundsätzlich gleichen Honorierung ärztlicher Leistungen. Diesen darf sie je-doch nicht nach freiem Belieben ausgestalten, sondern nur nach sachlich gerechtfertigten Gesichtspunkten; solche muss die Be-klagte bei der Erfüllung ihres Sicherstellungsauftrages und ih-rer sonstigen vertraglichen und gesetzlichen Verpflichtungen beachten (BSG, SozR 3 2500 § 85 Nr. 11).
Der Senat hat in mehreren Entscheidungen (zuletzt Urteil vom 14. Januar 2003 - L 6 KA 48/01) die Fallzahlbegrenzung nach § 12 Abs. 4a HVM für rechtswidrig erachtet, allerdings begrenzt auf die Fassung der Vorschrift bis zum Quartal IV/98. Weder die ab 1999 geltende Änderung des § 12 Abs. 4d HVM noch der "Inter-pretationsbeschluss" des Vorstandes zu § 12 Abs. 4a vom 10. No-vember 1999, ebenfalls rückwirkend geltend ab 1999, führen in-des im vorliegenden Fall zu einer anderen rechtlichen Beurtei-lung.
Wie der Senat bereits in den oben genannten Entscheidungen aus-geführt hat, muss die Fallzahlbegrenzung der vorliegenden Art sich an der Regelung des § 85 Abs. 4 Satz 5 bzw. Satz 4 in der 1998 geltenden Fassung (Verhinderung der übermäßigen Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit) als Eingriffsgrundlage messen lassen. An dieser Auffassung hat der Senat in seiner Entschei-dung vom 10. September 2002 (L 6 KA 73/01) festgehalten, obwohl das BSG in den Urteilen vom 13. März 2002 (SozR 3 2500 § 85 Nrn. 44 und 45) die Eingriffsgrundlage in den Sätzen 1 bis 3 der Vorschrift gesehen hat. Der Senat hält seine Auffassung auch weiterhin aufrecht. Denn die Regelung in § 12 Abs. 4a HVM zielt auf eine Beschränkung der Ausdehnung der Praxistätigkeit ab. Stellt man, wie das BSG, die Eignung einer derartigen Fall-zahlzuwachsbegrenzung zur Verhütung einer übermäßigen Ausdeh-nung der Tätigkeit eines Vertragsarztes im Sinne des § 85 Abs. 4 Satz 5 SGB V vom Ansatz her in Frage, kommt rechtssyste-matisch ein Rückgriff auf die Sätze 1 bis 3 der Vorschrift nicht in Betracht. Satz 5 gibt nämlich dem Ausgestaltungsspiel-raum der Kassenärztlichen Vereinigung im HVM hinsichtlich der Verteilung der Gesamtvergütung im Hinblick auf die Ausdehnung der Praxistätigkeit eine spezialgesetzliche Ausprägung. Der Se-nat hat mit Urteil vom 18. Oktober 2001 (L 6 KA 64/01) bereits erhebliche Bedenken geäußert, ob § 85 Abs. 4 Satz 5 SGB V eine hinreichende Eingriffsgrundlage für Fallzahlzuwachsbegrenzungen der vorliegenden Art ohne Berücksichtigung des Behandlungsum-fanges pro Fall darstellen kann. Demgemäß hat das BSG im Urteil vom 3. Dezember 1997 (SozR 3 2500 § 85 Nr. 23) und ihm folgend das LSG Essen im Urteil vom 6. Dezember 2000 (L 11 KA 42/00 MedR 2001, 427 f.) eine allein auf die Überschreitung bestimm-ter Fallzahlgrenzwerte abstellende und den Leistungsumfang im Übrigen völlig außer Acht lassende Regelung als nicht durch § 85 Abs. 4 Satz 5 SGB V vereinbar erachtet. Bereits danach ist § 12 Abs. 4a HVM rechtswidrig.
Auch wenn der Senat § 85 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 SGB V als Ermäch-tigungsgrundlage bzw. Prüfungsmaßstab zugrunde legt, ist kein anderes Ergebnis zu erzielen. Trotz aller Regelungsspielräume der Kassenärztlichen Vereinigungen bei der Ausgestaltung des HVM stellt § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V den zentralen Ausgangspunkt für eine jede Honorarverteilung dar, nach der bei der Vertei-lung der Honorierung Art und Umfang der Leistung der Vertrags-ärzte zugrunde zu legen sind. Diesem Gebot steht es grundsätz-lich entgegen, dass Behandlungsfälle nicht honoriert werden, weil sie über einer im HVM zugelassene Steigerungsquote liegen. Allerdings sind mengenbegrenzende Regelungen in einem HVM zur Stabilisierung des Punktwertes und damit zur Stützung der ein-zelnen Leistung angesichts einer begrenzt zur Verfügung stehen-den Gesamtvergütung zulässig (vgl. bereits BSG, SozR 2200 § 368f Nr. 9; SozR 3 2500 § 85 Nr. 12). Sie dienen der Sicher-stellung der vertragsärztlichen Versorgung. Jedoch dürfen sie den oben genannten Grundsatz der leistungsproportionalen Hono-rierung und der Honorarverteilungsgerechtigkeit nicht außer Acht lassen; vielmehr müssen sie in einem angemessenen Verhält-nis zu dem Regelungszweck stehen und die allgemeinen Rechtmä-ßigkeitskriterien beachten. Dies ist hier indes nicht der Fall. Allerdings ist bei der Ausgestaltung des vorliegenden HVM zu berücksichtigen, dass insofern der abrechnende Arzt in das Ab-rechnungsverhalten seiner Fachgruppe eingebunden ist, als Kür-zungsmaßnahmen erst dann eingreifen, wenn die gesamte Fachgrup-pe eine Steigerungszahl von über 5 % aufweist. Im Fall des Klä-gers bedeutet dies, dass der Fallzahlzuwachs unter 5 % seiner persönlichen Fallzahl liegt, da diese höher als der Fachgrup-pendurchschnitt ist. Damit wird dem Kläger mit einer überdurch-schnittlichen Fallzahl im Ergebnis ein Fallzahlzuwachs unter 5 % zugebilligt. Hierin liegt eine wesentliche unzulässige Un-gleichbehandlung der kleinen, d. h. eine unterdurchschnittliche Fallzahl abrechnenden Praxen und der großen, eine überdurch-schnittliche Fallzahl abrechnenden Praxen. Eine Praxis mit ei-ner Fallzahl lediglich in Höhe des halben Fachgruppendurch-schnitts kann somit trotz der Fallzahlzuwachsbegrenzung einen Zuwachs von 10 % erreichen, während eine Praxis, die einen dop-pelten Fachgruppenzuschnitt hat, lediglich einen Fallzahlzu-wachs von 2,5 % honoriert erhält.
§ 85 Abs. 4 SGB V kann lediglich darauf zielen, dass ein mit den Grundsätzen des wirtschaftlichen, insbesondere notwendigen Behandlungsverhaltens nicht zu vereinbarender Fallzahlzuwachs ausgeschlossen wird. Diesen Grundsätzen kann ein Fallzahlzu-wachs von 10 % wesentlich eher widersprechen als ein Zuwachs von 2,5 %. Mit dem Gleichheitsgebot und dem Gebot der Honorar-verteilungsgerechtigkeit lässt sich diese Regelung daher nicht vereinbaren.
An dieser Rechtslage ändert auch nichts der "Integrationsbe-schluss" des Vorstandes vom 10. November 1999, da er keinen normativen Niederschlag durch Übernahme seitens des Normgebers im HVM gefunden hat. Aus dem Protokollauszug der Abgeordneten-versammlung vom 10. November 1999 folgt eindeutig, dass eine ähnliche Einschränkung, vorgeschlagen vom HVM Ausschuss (TOP 7 Nr. 1 des Protokolls), als Beschlussvorlage zurückgezogen wurde und die Abgeordnetenversammlung als Normgeber den Interpretati-onsbeschluss des Vorstandes lediglich zustimmend zur Kenntnis genommen hat. Lediglich die Kenntnisnahme, auch die zustimmen-de, beinhaltet jedoch nicht die Umsetzung als Norm. Und als In-terpretation kann der Vorschlag ebenfalls keine Wirkung entfal-ten, da die bisherige Fassung des § 12 Abs. 4 insoweit eindeu-tig ist, die Beklagte bindet und keine Fallzahlzuwachsbegren-zungsmöglichkeit der vorgeschlagenen Art enthält.
Es kommt hinzu, dass einem jeden Vertragsarzt ein gewisser kon-tinuierlicher Fallzahlzuwachs als Ausdruck einer stetigen Pra-xisentwicklung zugebilligt werden muss (BSG, Urteil vom 13. März 2002, a.a.O.). Eine derartige hinreichende Praxisent-wicklung kann zwar auch bei einem zuerkannten Fallzahlzuwachs von 5 %, eventuell auch bei einem geringeren Steigerungssatz, möglich sein. Das BSG hat in der vorgenannten Entscheidung ei-nen solchen niedrigeren prozentualen Zuwachs jedoch nicht in Verbindung mit einer Regelung der vorliegenden Art, die eine absolute Kappungsgrenze enthält, für zulässig erachtet, sondern ausgeführt, ein niedrigerer tolerierter Zuwachs wäre in Verbin-dung mit einer Vergütungsabstaffelungsregelung rechtmäßig. Jene lässt eine Praxisentwicklung, wenn auch mit niedrigeren Hono-raransätzen, auch jenseits der Grenze noch zu. Eine Regelung der vorliegenden Art mit einer starren Grenze erweist sich als eine Berufsausübungsbeschränkung, die gegen Artikel 12 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 3 Abs. 1 GG verstößt. Denn sie greift unverhältnismäßig in die Rechte der Vertragsärzte ein (Urteil des Senats vom 18. Oktober 2001 a.a.O.). Die notwendige beruf-liche Weiterentwicklung von Ärzten in Form der Erweiterung ih-rer Praxis durch Vergrößerung von Patientenzahlen unterbindet sie. Dies widerspricht dem Bild der vom Vertragsarzt ausgeübten selbständigen Tätigkeit und damit der durch Artikel 12 Abs. 1 GG gewährten Berufsfreiheit. Diese gebietet es nicht nur, dass ein Vertragsarzt die Möglichkeit haben muss, die durchschnitt-liche Fallzahl der jeweiligen Fachgruppe zu erreichen - die von dem Kläger nach der Maßnahme überschritten worden ist -, son-dern ein Arzt muss darüber hinaus grundsätzlich auch in der La-ge sein, Patienten über die durchschnittliche Fallzahl seiner Fachgruppe hinaus zu behandeln und dafür auch Honorar zu erhal-ten. Denn er steht wie jeder Selbständige im Wettbewerb zu sei-nen Kollegen, indem sich Güte und Qualität eines Arztes vor al-lem auch durch den Zulauf von Patienten in seiner Praxis nie-derschlagen (so auch LSG Stuttgart, Urteil vom 10. Mai 2000 L 5 KA 275/99 -). Dies gilt um so mehr, als jeder Vertrags-arzt verpflichtet ist, Patienten, die in seine Praxis kommen, zu behandeln; verstärkend gilt dies im Falle von niedergelasse-nen Chirurgen und im besonderen Maße Unfallchirurgen. Bei die-ser Fachgruppe fällt es dem Senat bereits schwer, die Möglich-keit willkürlicher Fallzahlvermehrung in nennenswertem Umfang anzunehmen. Zudem gehören sie zu einer Fachgruppe, die mit der Erbringung ambulanter Operationen und damit Leistungen befasst sind, die der Gesetzgeber, um solche aus dem sehr kostenträch-tigen stationären Bereich zu verlagern, gefördert hat. Auch die Beklagte hat dies durch Verträge mit Krankenkassen in Form von Modellvereinbarungen getan. Eine solche bewusste und gewollte Förderung ambulanter Operationen gegenüber stationären bewirkte aber zwangsläufig eine Erhöhung der Fallzahlen der Fachgruppe der Chirurgen mit der Folge, dass diese Arztgruppe der Fall-zahlzuwachsbegrenzung des § 12 Abs. 4a HVM im Besonderen ausge-setzt war. Dem hätte die Beklagte Rechnung tragen müssen, was sie jedoch nicht getan hat, sondern vielmehr undifferenziert gegenüber anderen Facharztgruppen Chirurgen einer Kürzung un-terworfen.
Bei dem Kläger kommt weiter verstärkend hinzu, dass er sich in dem streitgegenständlichen Quartal noch in der Anfangsphase der Niederlassung befand. Das Quartal III/99 war das 15. Quartal in der Abrechnung des Klägers. Bis zum 16. Quartal geht auch die Beklagte grundsätzlich von der besonders zu berücksichtigenden Anfängerzeit aus, wie sich aus § 12 Abs. 4d HVM in der Fassung bis 1998 ergibt. Auch das BSG hat in mehreren Urteilen ausge-sprochen, dass Praxisanfänger und kleinere Praxen durch eine Regelung der Honorarverteilung nicht ungerechtfertigt benach-teiligt werden dürfen (vgl. Urteil vom 16. Mai 2001 - B 6 KA 47/00 R -). Soweit das BSG in diesen Entscheidungen allerdings eine Grenze darin sieht, zumindest das durchschnittliche Um-satz¬niveau einer Arztgruppe zu erzielen, kann dies nicht in je-dem Fall gelten. Niederlassungen in Gebieten mit großem Ein-zugsgebiet, wie es bei dem Kläger der Fall ist, muss die Mög-lichkeit eingeräumt werden, einen diesem Einzugsgebiet entspre-chenden Praxisumfang zu erreichen. Das ist der Praxis des Klä-gers ab ca. Quartal II/99 mit knapp 1.200 Fällen pro Quartal gelungen. Seit dieser Zeit befindet sich der Praxisumfang des Klägers, wie dieser glaubhaft und unwidersprochen von der Be-klagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, in dieser Größe.
Ferner ist bei der vorliegenden Ausgestaltung der Fallzahlbe-grenzung zu beachten, dass § 12 Abs. 4a HVM einen Bezug zwi-schen der Fallzahl und der Menge der abgerechneten Punkte her-stellt. Der Senat hat erhebliche Bedenken, ob damit ein hinrei-chender sachlicher Zusammenhang mit dem Regelungszweck gewahrt ist. § 12 Abs. 4a HVM beinhaltet keine Fallzahlbegrenzungsrege-lung im herkömmlichen Sinne, sondern eine Regelung, die die Men¬ge der honorierten Leistungen begrenzt. Bei einem Über-schrei¬ten des tolerierten Zuwachses durch den Arzt bleiben die weiteren Fälle zwar zahlenmäßig unberücksichtigt, wertmäßig wird aber das Produkt aus dem durchschnittlichen Punktwert des Arztes und der Zahl der die Grenze überschreitenden Fälle nicht mehr vergütet. Es ist jedoch nicht sicher, ob diese Fälle den durchschnittlichen Fallwert des Arztes auch erreichen. Im Ext-remfall kann es durch die Fallzahlbegrenzung geschehen, dass die Zahl der honorierten Punkte trotz einer gestiegenen Fall-zahl sinkt. Dieser Effekt wäre jedoch mit dem Ziel der Regelung nicht vereinbar. § 12 Abs. 4a HVM ist im Hinblick auf die Ver-einbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Kassen-ärztlichen Bundesvereinigung zur Einführung von Praxisbudgets zum 1. Juli 1997 (DÄ 1997, A 403) eingeführt worden. Darin sind den kassenärztlichen Vereinigungen jedoch - zur Mengensteue-rung - lediglich geeignete Maßnahmen zur Fallzahlbegrenzung aufgegeben worden, nicht aber starr mengenbegrenzende oder so-gar mindernde Regelungen. Über diesen Zweck geht die Regelung hinaus. Gerade im Zusammenhang mit den Praxis- und Zusatzbud-gets führt sie im budgetierten Abrechnungsbereich, der einen Großteil der abgerechneten Leistungen umfasst, zu einem festen Gesamtbudget des einzelnen Arztes. Auch der erkennende Senat sieht die Notwendigkeit von Leistungs- und Honorarbegrenzungen bei Ärzten, insbesondere bei einem festen Gesamtbudget. Eine solche Begrenzung ist im Rahmen von Fallwertbegrenzungen allge-mein anerkannt. Fallzahlzuwachsbegrenzungen können nicht grund-sätzlich als rechtswidrig angesehen werden. Unzulässig ist le-diglich die starre Grenzziehung für eine Praxiserweiterung mit einer Nichtabrechnung der weiteren Behandlungsfälle ohne Be-rücksichtigung der Umstände für die Fallzahlausweitung und der Gesamthonoraranforderung des abrechnenden Arztes. Fallzahlzu-wachsbegrenzungen sind zudem lediglich dann ein angemessenes Verteilungskriterium, wenn dem Vertragsarzt im Zeitpunkt der Leistungserbringung vorhersehbar ist, in welchem Umfang er die-se Leistung vergütet erhält. Gerade im Fall von Fallzahlsteige-rungen muss ihm bekannt sein, ob er noch einen Vergütungsan-spruch hat. Dabei geht es nicht darum, ob es dem Arzt erlaubt ist, sein Behandlungsverhalten in der Aussicht auf ein adäqua-tes Honorar zu steuern; das Kriterium der Vorhersehbarkeit des Eingriffs erfordert vielmehr die vorherige Durchsichtigkeit der zulässigen Fallzahlsteigerung (BSG, Urteil vom 13. März 2002, a.a.O.). Daran fehlt es hier. Ob überhaupt die Fallzahlzuwachs-begrenzung eingreift, ist für den behandelnden Arzt im Behand-lungszeitraum noch nicht erkennbar, denn er weiß zu diesem Zeitpunkt nicht, ob die Fachgruppe die durchschnittliche Tole-ranzgrenze übersteigt. Indem die Wirkungen der Maßnahme bei dem abrechnenden Arzt von dem Abrechnungsverhalten der Fachgruppe abhängig gemacht wird, ist die Vorhersehbarkeit für den Arzt nicht gegeben.
Insgesamt kommt der Senat aus diesen Gründen zu dem Ergebnis, dass die Regelung des § 12 Abs. 4a HVM rechtswidrig ist. Der Senat sieht sich in seiner Entscheidung nicht durch das Urteil des BSG vom 13. März 2002 (B 6 KA 1/01 R) gehindert. Die jener Entscheidung zugrunde liegende Fallzahlbegrenzungsregelung hat-te eine andere Ausgestaltung. Sie setzte lediglich bei einer (überdurchschnittlichen) Fallzahl von 110 % des Fachgruppen-durchschnitts an und gestattete einen Zuwachs von maximal 5 % des Vorjahresquartals. Der Umfang der Maßnahme bezog sich somit allein auf die eigenen Werte des abrechnenden Arztes unabhängig vom Fachgruppendurchschnitt und gestattete also jedem Arzt ei-nen verhältnismäßig gleichen Zuwachs. Das BSG konnte sich in der Entscheidung auf Erhebungen stützen, nach der höhere medi-zinisch begründbare Fallzahlzuwächse außerordentlich selten seien. Jene Ausgestaltung des HVM beachtete folglich das Gleichbehandlungsgebot, gestattete jeder Praxis einen verhält-nismäßig gleichen Fallzahlzuwachs in Höhe von 5 % und war für den abrechnenden Arzt auch vorhersehbar.
Da bereits aus den oben genannten Gründen die Fallzahlzuwachs-begrenzungsregelung der Beklagten rechtswidrig ist, brauchte der Senat nicht zu entscheiden, ob, wie der Kläger meint, die Rechtswidrigkeit der Kürzung daraus folgt, dass die Beklagte mit Schreiben vom 2. Dezember 1999 die Fallzahlzuwachsbegren-zungsregelung aufgehoben hatte.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 197a Abs. 1 Satz 1 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG), 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 Verwaltungs-gerichtsordnung. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass der Kläger in der ersten Instanz teilweise rechtskräftig unterlegen war.
Trotz der genannten Urteile des BSG ist die Frage der zulässi-gen Fallzahlzuwachsbegrenzung nach wie vor nicht in allen Ein-zelheiten geklärt. Angesichts der Vielzahl der möglichen Rege-lungen hat der Senat die Revision auch in diesem Verfahren we-gen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann mit der Revision angefochten werden.
Die Revision ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtig-ten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim
Bundessozialgericht Graf-Bernadotte-Platz 5
34119 Kassel,
einzulegen. Die Revisionsschrift muss bis zum Ablauf der Monatsfrist bei dem Bundessozial-gericht eingegangen sein.
Als Prozessbevollmächtigte sind zugelassen
• die Mitglieder und Angestellten von Gewerkschaften, von selbstständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung, von Vereinigungen von Arbeitgebern, von berufsständischen Vereinigungen der Landwirtschaft und von Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenver-tretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer bisherigen Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Erfüllung dieser Aufgaben bieten.
• Personen, die als Angestellte juristischer Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftli-chen Eigentum einer der vorgenannten Organisationen stehen, handeln, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Vereinigung für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet,
• jeder bei einem deutschen Gericht zugelassene Rechtsanwalt.
Behörden sowie Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts brauchen sich nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten zu lassen.
Die Revisionsschrift muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils schriftlich zu be-gründen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten und die verletzte Rechts-norm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben.
Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verlet-zung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt.
Für die Revision vor dem Bundessozialgericht kann ein Beteiligter, der nicht schon durch einen Bevollmächtigten aus dem Kreis der oben genannten Gewerkschaften oder Vereinigungen vertreten ist, Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen.
Der Beteiligte kann die Prozesskostenhilfe selbst beantragen. Der Antrag ist beim Bundessozialgericht entweder schriftlich oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.
Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck kann von allen Gerichten oder durch den Schreibwarenhandel bezogen werden.
Wird Prozesskostenhilfe bereits für die Einlegung der Revision begehrt, so müssen der Antrag und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - gegebenenfalls nebst entsprechenden Belegen - bis zum Ablauf der Frist für die Einlegung der Revision (ein Monat nach Zustellung des Urteils) beim Bundessozialgericht eingegangen sein.
Mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe kann ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt benannt werden.
Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Anwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.
Der Revisionsschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Be-teiligten beigefügt werden.
Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um je zwei weitere Abschriften.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten ein höheres Honorar für das Quartal III/99; streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Fall-zahlbegrenzung.
Die Abgeordnetenversammlung der Beklagten beschloss am 25. Juni 1997 für den Zeitraum ab 1. Juli 1997 bis 1999 in § 12 des Ho-norarverteilungsmaßstabes (HVM) eine Fallzahlzuwachsbegrenzung mit folgendem Wortlaut:
4a: Überschreitet der prozentuale Zuwachs der Budget relevanten Behandlungsfälle einer Arztgruppe 5 v.H., unterliegen die Ärzte dieser Arztgruppe einer Fallzahl-zuwachsbegrenzung.
Hierzu werden die 5 v.H. der durchschnittlichen Fall-zahl der Fachgruppe im Vorjahresquartal als absolute Zahl ermittelt. Überschreitet die Fallzahlzunahme einer Praxis diese Zahl, wird die anzuerkennende Honorarfor-derung im Maße dieser Überschreitung quotiert.
4b: Ärzte, deren individuelle Gesamtbudgets nach Abs. 4a abgesenkt wurden, haben Anspruch auf anteilige Aufhebung der Quotierung, wenn sie im Verlauf der fol-genden drei Quartale die Grenzwerte ihrer Arztgruppe entsprechend unterschreiten.
4c: Bei Überschreitungen der zulässigen Fallzahltole-ranz, die durch länger andauernde Praxisabwesenheit be-gründet sind, kann der Vorstand eine den Umständen an-gemessene Korrektur der Fallzahlzuwachsbegrenzung vor-nehmen. Der Vorstand erlässt hierzu Durchführungsbe-stimmungen.
4d: Die Fallzahlzuwachsbegrenzung gilt nicht für Ärzte, die weniger als 16 Quartale abgerechnet haben, solange ihre Fallzahl im Vergleich zu ihrer Gruppe unterdurch-schnittlich ist.
Ab 1999 lautete 4d: Die Fallzahlzuwachsbegrenzung gilt nicht für Ärzte, die im aktuellen Quartal nicht die durchschnittliche Fallzahl der Arztgruppe erreichen.
4e: Beim Statuswechsel einer Gemeinschaftspraxis in ei-ne Praxisgemeinschaft oder mehrere Einzelpraxen oder Gemeinschaftspraxen in unmittelbarer räumlicher Nähe zueinander gilt für die ehemaligen Praxispartner die gemeinsame Fallzahl im Vorjahresquartal als Vergleichs-basis. Wird diese überschritten, wird ihr Honoraran-spruch entsprechend quotiert. Absätze 4b und 4c finden Anwendung.
4f: Vergleichswerte für die Fallzuwachsbegrenzung sind die budgetrelevanten Behandlungsfälle der Arztgruppe ... 7. Honorarausgleichsmaßnahmen sind zulässig. 8. Über unbillige Härtefälle infolge der Anwendung die-ses HVM entscheidet auf Antrag der Vorstand. EBM-bedingte Umsatzeinbußen gelten nicht als Härtefälle im Sinne dieses HVM.
Der Kläger ist seit I/96 in K als niedergelassener Chirurg und Unfallchirurg zur vertragsärztlichen Versorgung zu-gelassen. Von Mai 1998 bis Oktober 1999 beschäftigte er mit Ge-nehmigung der Beklagten einen Weiterbildungsassistenten. In der Honorarabrechnung für das Quartal IV/98 kürzte die Beklagte seine Honoraranforderung unter Anwendung der Fallzahlzuwachsbe-grenzungsregelung des § 12 Abs. 4a HVM in Höhe von 6.510,58 DM. Zu Grunde legte sie dabei eine Budget relevante Fallzahl des Klägers für das Quartal IV/98 von 974 bei einer Budget relevan-ten Fallzahl im Vorjahresquartal von 863. Damit sei die Tole-ranzgrenze (5 % = 33 Fälle) um 78 Fälle überschritten worden. Daraus ergebe sich die Kürzung des Honorars von 6.510,58 DM auf die Honorarsumme (vor Abzug des Verwaltungskostenbeitrages) von 104.045,23 DM. Widerspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Der erkennende Senat gab mit Urteil vom 18. Ok¬tober 2001 der Klage statt. Das Urteil ist rechtskräftig.
Im Quartal III/99 nahm die Beklagte (wie in den Quartalen I und II/99 zunächst davor) eine erneute Fallzahlzuwachsbegrenzung vor und kürzte die Honorarabrechnung in Höhe von 5.013,36 DM. Zu Grunde legte sie dabei eine Budget relevante Fallzahl von 1.171 bei Zugrundelegung einer Budget relevanten Fallzahl im entsprechenden Vorjahresquartal von 1.065. Damit sei die Tole-ranzgrenze (37 Fälle) um 69 Fälle überschritten worden. Auch gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein und trug vor: Mit Schreiben vom 2. Dezember 1999 habe die Honorarabtei-lung der Beklagten mitgeteilt, die Fallzahlzuwachsbegrenzungs-regelung sei in seiner Arztgruppe beginnend mit dem Quartal I/99 aufgehoben worden. Eine Mitteilung, dass die Begrenzungs-regelung für die Chirurgen wieder eingeführt worden sei, habe er nicht erhalten. Nachdem die Fallzahlbegrenzungsregelung für die Chirurgen im Dezember 1999 rückwirkend für die Quartale I und II/99 unter Hinweis auf den überdurchschnittlichen Arzt-zahlzuwachs in der Gruppe aufgehoben worden sei, hätten bei Wiedereinführung der Begrenzungsregelung die Grenzwerte unter Berücksichtigung des zwischenzeitlich erfolgten überdurch-schnittlichen Arztzahlzuwachses in der Gruppe neu ermittelt werden müssen, da ein Arztzahlzuwachs das Honorarkontingent ei-ner Gruppe vergrößere. Er habe sich nach Aufhebung der Fall-zahlbegrenzungsregelung darauf verlassen können, dass diese Aufhebung Bestand habe. Danach habe er sein Verhalten auch aus-gerichtet. Die plötzliche unangekündigte Wiedereinführung ver-stoße gegen Bestimmbarkeit, Nachvollziehbarkeit und Berechen-barkeit des Handelns einer öffentlich-rechtlichen Verwaltung. Mit Widerspruchsbescheid vom 1. November 2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und gab zur Begründung an: In der Mit-teilung vom 2. Dezember 1999 sei die Fallzahlzuwachsbegren-zungsregelung nicht als abgeschafft bezeichnet worden. Vielmehr sei darüber informiert worden, dass der Vorstand beschlossen habe, die Fallzahlzuwachsbegrenzung zukünftig auch vom Parame-ter des Arztzahlzuwachses abhängig zu machen. Eine Begrenzung sei danach in den Quartalen ab I/99 nur dann durchgeführt wor-den, wenn neben einer globalen Fallzahlzunahme über 5 % auch ein Zuwachs von über 5 % im Durchschnitt pro Arzt in der Arzt-gruppe zu verzeichnen gewesen sei. Eine völlige Abschaffung der Fallzahlzuwachsbegrenzungsregelung sei nicht Ziel des entspre-chenden Vorstandsbeschlusses gewesen.
Der Kläger hat am 22. November 2000 Klage beim Sozialgericht Kiel erhoben und vorgetragen: Er betreue in K mit den angrenzenden Wohngebieten Ka und Kb ein Einzugsgebiet von ca. 25.000 Patienten. Dazu biete er durchge-hende Öffnungszeiten von montags bis freitags von 8.00 bis 18.00 Uhr und samstags von 9.00 bis 12.00 Uhr. Das habe ihm er-möglicht, seine Fallzahlen der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe anzugleichen und sogar darüber hinauszugehen. Die Einbehaltung in den Quartalen I und II/99 sei rückgängig ge-macht worden. Zur Begründung habe die Beklagte in dem zitierten Schreiben vom 2. Dezember ausgeführt, die Fallzahlzuwachsbe-grenzung künftig auch vom Parameter des Arztzahlzuwachses ab-hängig zu machen. Es heiße dort ausdrücklich: "Unter Anwendung beider Kriterien war die Fallzahlzuwachsbegrenzung in ihrer Arztgruppe aufzuheben.". Aus dieser Formulierung gehe unmiss-verständlich hervor, dass die Fallzahlzuwachsbegrenzung in der Arztgruppe der Chirurgen aufgehoben worden sei. Eine temporäre Aussetzung der Regelung ergebe sich daraus nicht. Unter einer "Aufhebung" einer Regelung verstehe der allgemeine Sprachge-brauch nämlich eindeutig eine endgültige Maßnahme. Andernfalls hätte die Beklagte von einer zeitweiligen oder temporären Aus-setzung gesprochen. Darüber hinaus stehe fest, dass ab Quar-tal I/99 die Toleranz unter Berücksichtigung des überdurch-schnittlichen Arztzahlzuwachses neu zu ermitteln gewesen sei. Für die Berechnung des Jahresausgleiches wäre eine neue Berech-nung zu liefern gewesen. Dies sei hingegen nicht geschehen. Es könne nicht angehen, dass die Berücksichtigung des Arztzahlzu-wachses als zusätzlicher Berechnungsparameter zu einer Rücker-stattung der in den Quartalen I und II/99 einbehaltenen be-trächtlichen Kürzungssummen in vollem Umfange führe, die Fall zahlüberschreitungen aber unverändert in den Jahresausgleich IV/98 übernommen und der Ausgleichsberechnung unverändert und ungeachtet der Berücksichtigung zusätzlicher, die Überschrei-tungsquoten denknotwendig verändernder Parameter übernommen würden. Im Quartal III/99 liege mit 69 Fällen die individuelle Überschreitung der Toleranzgrenze durch ihn, den Kläger, dras-tisch unter der Überschreitung der Toleranzgrenze im Vorquar-tal II/99 mit 213 Fällen und wesentlich unter der Überschrei-tung der Toleranzgrenze im Quartal I/99 mit 96 Fäl¬len. Obwohl die Überschreitung der Toleranzgrenze in III/99 niedriger lie-ge, solle sie Anlass zur Wiedereinstellung der Fallzahlbegren-zungsregelung für Chirurgen geben. Das sei nicht nachvollzieh-bar. Ab Quartal IV/99 habe eine Honorarkürzung trotz ermittel-ter Überschreitung der Fallzahltoleranz in erheblicher Höhe nicht mehr stattgefunden. Es sei zu schließen, dass nunmehr die Regelung generell außer Kraft gesetzt worden sei. Im Übrigen sei er als Chirurg und insbesondere als Unfallchirurg nicht in der Lage, Einfluss auf sein Fallzahlkontingent zu nehmen, da der Zulauf an akut versorgungsbedürftigen Patienten in der Chi-r¬urgie nicht gesteuert werden könne und in erster Linie auf das breite Einzugsgebiet zurückzuführen sei. Er beschäftige seit geraumer Zeit auf eigene Kosten einen Praxisassistenten und werde durch die Fallzahlbegrenzungsregelung in seinem Aktions-radius nicht unwesentlich beeinträchtigt. Hinsichtlich der Rechtsprechung des BSG zur Fallzahlzuwachsbegrenzung sei darauf hinzuweisen, dass es in früheren Entscheidungen bereits heraus-gestellt habe, anerkannter Sinn und Zweck von Fallzahlzuwachs-begrenzungsregelungen sei, als flankierende Maßnahmen zur Fest-schreibung des Praxisbudgets dem Punktwertverfall durch eine Manipulation der Zahl der Behandlungsfälle durch willkürliche und unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht gebotene Wie-dereinbestellung von Patienten entgegenzuwirken. Eine solche Fallzahlvermehrung könne ihm, dem Kläger, nicht unterstellt werden. Wenn in seinem Bereich eine Fallzahlvermehrung zu ver-zeichnen sei, dann deshalb, weil er ein qualitativ erstklassi-ger Chirurg sei und Patienten aus Gebieten zu ihm kämen, die nicht zum Einzugsgebiet zählten. Das BSG habe festgestellt, dass die Zahl der Behandlungsfälle einer Praxis nicht in glei-cher Weise der Steuerung durch den Vertragsarzt zugänglich sei, wie der Umfang der je Fall erbrachten Leistungen. Auch der er-kennende Senat habe in dem Parallelverfahren seine Auffassung geteilt. Sein, des Klägers, Zuwachs an Patienten entspreche der Abwanderung bei anderen Kollegen. Daher werde die Fallzahl ins-gesamt nicht gesteigert.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, den Honorarbescheid III/99 vom 1. März 2001 in Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 1. November 2000 aufzuheben, die in-folge der Anwendung der Fallzahlbegrenzungsregelung des § 12 Abs. 4 HVM erfolgte Honorarkürzung in Höhe von 5.013,65 DM rückgängig zu machen und an ihn den einbehaltenen Honorarbetrag in der vorgezeichneten Höhe auszukehren; 2. die Beklagte zu verurteilen, die zulässige Fall-zahltoleranz in den Quartalen I und II/99 unter Zu-grundelegung des in diesen Quartalen zusätzlich zu berücksichtigenden überdurchschnittlichen Arztzahl-zuwachses in der Fachgruppe neu zu ermitteln und die jeweils erfolgte Berechnung der individuellen Über-schreitung der zulässigen Fallzahltoleranz neu vor-zunehmen und in der Jahresausgleichsrechnung für die Fallzahlzuwachsbegrenzungsregelung des Quartals IV/98 entsprechend zu berücksichtigen, 3. der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuer-legen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen: Das BSG habe in seiner Sitzung vom 13. März 2002 entschieden, dass Fallzahlzuwachsbegrenzungsrege-lungen dem Grunde nach rechtmäßig seien. Dabei habe es sich um ähnliche Regelungen gehandelt wie die hier streitige. Das BSG habe insbesondere die Notwendigkeit einer Begrenzungsregelung im Hinblick auf die Einführung der Praxisbudgets gesehen. Es habe dabei bestätigt, dass eine Erhöhung der Fallzahlen vom Vertragsarzt gesteuert werden könne, etwa durch medizinisch nicht bedingte Wiedereinbestellungen von Patienten im Folge-quartal. Der Kläger trage zu Unrecht vor, die Fallzahlzuwachs-begrenzungsregelung sei für die Fachgruppe der Chirurgen aufge-hoben worden; der Vorstand der Beklagten habe in Wahrnehmung seiner Beobachtungs- und Reaktionspflicht in Abstimmung mit der Abgeordnetenversammlung lediglich einen zusätzlichen Parameter zur Feststellung der Überschreitung einer Fachgruppe beschlos-sen. Nach dem bis zu diesem Zeitpunkt zu Grunde gelegten Para-meter habe die Fallzahlzuwachsbegrenzung für eine Fachgruppe schon dann gegriffen, wenn die Gesamtfallzahl der Gruppe mehr als 5 % im Vergleich zum Vorjahresquartal angestiegen gewesen sei. Mit Wirkung ab Quartal I/99 sei bei der Überprüfung, ob für eine Gruppe die Fallzahlzuwachsbegrenzungsregelung im je-weiligen Quartal greife, zusätzlich festgestellt worden, ob auch ein Zuwachs von über 5 % im Durchschnitt pro Arzt der Fachgruppe zu verzeichnen gewesen sei. Die Einführung der Maß-nahme für die Quartale I und II/99 habe bei einigen Fachgruppen dazu geführt, dass Kürzungen zurückgenommen worden seien. Im Quartal III/99 sei es aber bei Zugrundelegung beider Parameter wieder zu Zuwächsen von über 5 % gekommen, so dass die Gruppe der Chirurgen von der Fallzahlzuwachsbegrenzungsregelung be-troffen gewesen sei. Die jeweilige Toleranzgrenze stehe in kei-nem Zusammenhang mit der Frage, ob die Fallzahlzuwachsbegren-zungsregelung für eine Fachgruppe greife oder nicht. Vielmehr handele es sich hier um 5 % der durchschnittlichen budgetrele-vanten Fallzahl der Fachgruppe. Die Feststellung, ob ein Jah-res¬ausgleich gelinge, hänge ausschließlich von der Frage ab, ob der Arzt im Vergleich zum jeweiligen Vorjahresquartal Fälle eingespart habe, nicht jedoch davon, ob die Fallzahlzuwachsbe-grenzungsregelung als solche gegriffen habe.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 23. Oktober 2002 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die von dem Kläger angegriffene Fallzahlzuwachsbegrenzungsmaßnahme nach § 12 Abs. 4a ff HVM für das Quartal III/99 sei nicht zu beanstanden. Mit dieser Regelung sei die Beklagte ihrer Verpflichtung aus Nr. 5 der "Vereinbarung zur Einführung von Praxisbudgets zum 1. Juli 1997 zwischen der kassenärztlichen Bundesvereinigung und den Spitzenverbänden der Krankenkassen vom 19. November 1996" nachgekommen. Nach dieser Vereinbarung seien die kassen-ärztlichen Vereinigungen verpflichtet, bei einer Überschreitung der Fallzahl um mehr als 5 v. H. gegenüber dem Vergleichsquar-tal des Vorjahres geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen, um ei-ner Punktwertverminderung entgegen zu wirken. Die übergeordne-ten Interessen des Gemeinwohls rechtfertigten Regelungen, die geeignet seien, die wirtschaftliche Entwicklung von Praxen ein-zuengen. Hierbei handele es sich aber nur um eine mäßige Einen-gung, denn eine Weiterentwicklungsmöglichkeit um 5 v. H. pro Jahr werde weiterhin gewährleistet. Der Honorarbegrenzung stehe im Übrigen ein Ausgleich durch einen Anstieg der Punktwerte ge-genüber, der ausschließlich der betroffenen Arztgruppe und da-mit auch dem Kläger zu Gute kommt. Entgegen der Auffassung des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichtes bilde Nr. 5 der Vereinbarung eine eigenständige Rechtsgrundlage für die Fall-zahlzuwachsbegrenzungsmaßnahme. Dies habe das Bundessozialge-richt in seinen Entscheidungen vom 13. März 2002 bestätigt.
Gegen das ihm am 8. Januar 2002 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, eingegangen beim Schleswig-Holsteini-schen Landessozialgericht am 22. Januar 2003. Zur Begründung trägt er ergänzend vor: Ab Quartal IV/99 sei es nicht mehr zu einer Kürzung trotz ermittelter Überschreitung der Fallzahlto-leranz gekommen. Sinn und Zweck der Fallzahlzuwachsbegrenzungs-regelung sei die Sicherung und Stabilisierung des Punktwertes gewesen. Dieser Sinn und Zweck könne jedoch nur erfüllt werden, wenn der Zieladressat der Regelung zum Zeitpunkt seines Han-delns über den Inhalt und die Reichweite informiert sei. Ab Quartal III/99 habe er von der Aufhebung im Schreiben vom 2. De¬zember 1999 ausgehen können. Eine im Wege des Beschlusses aufgehobene Regelung könne nur auf demselben Wege wieder in Kraft gesetzt werden, auf dem sie außer Kraft gesetzt worden sei, nämlich im Wege eines Beschlusses der Abgeordnetenversamm-lung. Die Regelung der Beklagten lasse kein gesundes und für den Wettbewerb in qualitativer Hinsicht förderliches Wachstum der Einzelpraxis zu, da der Zuwachs der einzelnen Praxis nicht individuell ermittelt werde, sondern stets durch die absolut ermittelte Toleranzgrenze in der Arztgruppe blockiert und nach unten gezogen werde. Nicht übersehen werden dürfe, dass nieder-gelassene Chirurgen mit der Erbringung ambulanter Operationen befasst seien, die der Gesetzgeber gefördert habe. Dies bewirke zwangsläufig eine Erhöhung der Fallzahlen der Fachgruppe der Chirurgen mit der Folge, dass sie einer Fallzahlzuwachsbegren-zungsregelung im besonderen Maße ausgesetzt seien. Die Pra-xiskonsolidierung sei etwa um die Jahreswende 2001/2002 abge-schlos¬sen gewesen. Seitdem bewege sich seine Fallzahl auf dem Level von etwa 1.200 Fällen pro Quartal.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 23. Oktober 2002 insoweit aufzuheben, als damit der Klagantrag zu 1. ab-gewiesen wurde, sowie den Bescheid der Beklagten über die Honorarabrechnung III/99 in Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 1. November 2000 insoweit aufzu-heben, als darin das Honorar in Anwendung des § 12 Abs. 4a HVM gekürzt worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt ergänzend vor: In dem Schreiben vom 2. Dezember sei ausgeführt worden, die Fallzahlzuwachsbegrenzung solle zukünf-tig auch vom Parameter des Arztwahlzuwachses abhängig gemacht und die Begrenzung in den Quartalen ab I/99 daran orientiert werden. Der anschließende Satz, unter Anwendung beider Krite-rien sei die Fallzahlzuwachsbegrenzung in ihrer Arztgruppe auf-zuheben gewesen, könne in der Gesamtschau nur so ausgelegt wer-den, dass damit die Rückerstattung für die in den Quartalen I und II/99 zunächst einbehaltenen Beträge erläutert worden sei. Die Fallzahlzuwachsbegrenzungsmaßnahme sei nicht ab Quartal IV/99 eingestellt worden. Vielmehr seien bei der Fachgruppe der Chirurgen in dem Quartal IV/99 die Kriterien nicht mehr erfüllt gewesen. In ihrer Sitzung am 1. April habe die Abgeordnetenver-sammlung eine Neuregelung des § 12 HVM ohne Fallzahlzuwachsbe-grenzungsregelung zum 1. Januar 2000 beschlossen. Unter Berück-sichtigung der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 13. März 2002 (B 6 KA 35/01 R) sei davon auszugehen, dass die Fallzahlzuwachsbegrenzungsregelung rechtmäßig sei. Die dort zu Grunde liegende Regelung sei nämlich strenger als die der Be-klagten gewesen. Dort sei nämlich in jedem Fall der Vertrags-arzt, bei dem es zu einer 5%igen Steigerung der Fallzahl im Vergleich zum Vorjahresquartal gekommen sei, einer Kürzungsmaß-nahme unterzogen worden. Bei ihr, der Beklagten, komme noch hinzu, dass bei der Arztgruppe eine entsprechende Steigerung erfolgt sein müsse. Das beinhalte einen zusätzlichen Schutz für die Ärzte.
Auf Anforderung des Senats hat die Beklagte ein Teilprotokoll der Abgeordnetensitzung vom 10. November 1999 vorgelegt. Auf dessen Inhalt und auf den Inhalt der Verwaltungs- und Gerichts-akten wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet. Die streitgegenständ-liche Honorarkürzung durch die Beklagte und der ihr zugrunde liegende § 12 Abs. 4a HVM sind rechtswidrig.
Nach § 85 Abs. 4 Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V) in der hier maßgebenden Fassung verteilt die Kassenärztliche Vereinigung die Gesamtvergütung unter die Vertragsärzte. Sie wendet dabei den im Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen festgesetz-ten Verteilungsmaßstab an. Bei der Verteilung sind Art und Um-fang der Leistungen des Vertragsarztes zugrunde zu legen. Der Verteilungsmaßstab soll sicherstellen, dass eine übermäßige Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes verhindert wird. Er kann eine nach Arztgruppen und Versorgungsgebieten unterschied-liche Verteilung vorsehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt (vgl. Urteil vom 30. Januar 2001 - 6 KA 4/00 -), ist bei der Anwendung der Honorarverteilung das aus Artikeln 12 Abs. 1 in Verbindung mit 3 Abs. 1 des Grundge-setzes herzuleitende Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit zu beachten. Dieser Grundsatz ist verletzt, wenn vom Prinzip der gleichmäßigen Vergütung abgewichen wird, obwohl zwischen den betroffenen Ärzten bzw. Arztgruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, die eine ungleiche Behandlung rechtfertigen. Die Beklagte hat zwar einen Spielraum für sachlich gerechtfertigte Abweichungen von der grundsätzlich gleichen Honorierung ärztlicher Leistungen. Diesen darf sie je-doch nicht nach freiem Belieben ausgestalten, sondern nur nach sachlich gerechtfertigten Gesichtspunkten; solche muss die Be-klagte bei der Erfüllung ihres Sicherstellungsauftrages und ih-rer sonstigen vertraglichen und gesetzlichen Verpflichtungen beachten (BSG, SozR 3 2500 § 85 Nr. 11).
Der Senat hat in mehreren Entscheidungen (zuletzt Urteil vom 14. Januar 2003 - L 6 KA 48/01) die Fallzahlbegrenzung nach § 12 Abs. 4a HVM für rechtswidrig erachtet, allerdings begrenzt auf die Fassung der Vorschrift bis zum Quartal IV/98. Weder die ab 1999 geltende Änderung des § 12 Abs. 4d HVM noch der "Inter-pretationsbeschluss" des Vorstandes zu § 12 Abs. 4a vom 10. No-vember 1999, ebenfalls rückwirkend geltend ab 1999, führen in-des im vorliegenden Fall zu einer anderen rechtlichen Beurtei-lung.
Wie der Senat bereits in den oben genannten Entscheidungen aus-geführt hat, muss die Fallzahlbegrenzung der vorliegenden Art sich an der Regelung des § 85 Abs. 4 Satz 5 bzw. Satz 4 in der 1998 geltenden Fassung (Verhinderung der übermäßigen Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit) als Eingriffsgrundlage messen lassen. An dieser Auffassung hat der Senat in seiner Entschei-dung vom 10. September 2002 (L 6 KA 73/01) festgehalten, obwohl das BSG in den Urteilen vom 13. März 2002 (SozR 3 2500 § 85 Nrn. 44 und 45) die Eingriffsgrundlage in den Sätzen 1 bis 3 der Vorschrift gesehen hat. Der Senat hält seine Auffassung auch weiterhin aufrecht. Denn die Regelung in § 12 Abs. 4a HVM zielt auf eine Beschränkung der Ausdehnung der Praxistätigkeit ab. Stellt man, wie das BSG, die Eignung einer derartigen Fall-zahlzuwachsbegrenzung zur Verhütung einer übermäßigen Ausdeh-nung der Tätigkeit eines Vertragsarztes im Sinne des § 85 Abs. 4 Satz 5 SGB V vom Ansatz her in Frage, kommt rechtssyste-matisch ein Rückgriff auf die Sätze 1 bis 3 der Vorschrift nicht in Betracht. Satz 5 gibt nämlich dem Ausgestaltungsspiel-raum der Kassenärztlichen Vereinigung im HVM hinsichtlich der Verteilung der Gesamtvergütung im Hinblick auf die Ausdehnung der Praxistätigkeit eine spezialgesetzliche Ausprägung. Der Se-nat hat mit Urteil vom 18. Oktober 2001 (L 6 KA 64/01) bereits erhebliche Bedenken geäußert, ob § 85 Abs. 4 Satz 5 SGB V eine hinreichende Eingriffsgrundlage für Fallzahlzuwachsbegrenzungen der vorliegenden Art ohne Berücksichtigung des Behandlungsum-fanges pro Fall darstellen kann. Demgemäß hat das BSG im Urteil vom 3. Dezember 1997 (SozR 3 2500 § 85 Nr. 23) und ihm folgend das LSG Essen im Urteil vom 6. Dezember 2000 (L 11 KA 42/00 MedR 2001, 427 f.) eine allein auf die Überschreitung bestimm-ter Fallzahlgrenzwerte abstellende und den Leistungsumfang im Übrigen völlig außer Acht lassende Regelung als nicht durch § 85 Abs. 4 Satz 5 SGB V vereinbar erachtet. Bereits danach ist § 12 Abs. 4a HVM rechtswidrig.
Auch wenn der Senat § 85 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 SGB V als Ermäch-tigungsgrundlage bzw. Prüfungsmaßstab zugrunde legt, ist kein anderes Ergebnis zu erzielen. Trotz aller Regelungsspielräume der Kassenärztlichen Vereinigungen bei der Ausgestaltung des HVM stellt § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V den zentralen Ausgangspunkt für eine jede Honorarverteilung dar, nach der bei der Vertei-lung der Honorierung Art und Umfang der Leistung der Vertrags-ärzte zugrunde zu legen sind. Diesem Gebot steht es grundsätz-lich entgegen, dass Behandlungsfälle nicht honoriert werden, weil sie über einer im HVM zugelassene Steigerungsquote liegen. Allerdings sind mengenbegrenzende Regelungen in einem HVM zur Stabilisierung des Punktwertes und damit zur Stützung der ein-zelnen Leistung angesichts einer begrenzt zur Verfügung stehen-den Gesamtvergütung zulässig (vgl. bereits BSG, SozR 2200 § 368f Nr. 9; SozR 3 2500 § 85 Nr. 12). Sie dienen der Sicher-stellung der vertragsärztlichen Versorgung. Jedoch dürfen sie den oben genannten Grundsatz der leistungsproportionalen Hono-rierung und der Honorarverteilungsgerechtigkeit nicht außer Acht lassen; vielmehr müssen sie in einem angemessenen Verhält-nis zu dem Regelungszweck stehen und die allgemeinen Rechtmä-ßigkeitskriterien beachten. Dies ist hier indes nicht der Fall. Allerdings ist bei der Ausgestaltung des vorliegenden HVM zu berücksichtigen, dass insofern der abrechnende Arzt in das Ab-rechnungsverhalten seiner Fachgruppe eingebunden ist, als Kür-zungsmaßnahmen erst dann eingreifen, wenn die gesamte Fachgrup-pe eine Steigerungszahl von über 5 % aufweist. Im Fall des Klä-gers bedeutet dies, dass der Fallzahlzuwachs unter 5 % seiner persönlichen Fallzahl liegt, da diese höher als der Fachgrup-pendurchschnitt ist. Damit wird dem Kläger mit einer überdurch-schnittlichen Fallzahl im Ergebnis ein Fallzahlzuwachs unter 5 % zugebilligt. Hierin liegt eine wesentliche unzulässige Un-gleichbehandlung der kleinen, d. h. eine unterdurchschnittliche Fallzahl abrechnenden Praxen und der großen, eine überdurch-schnittliche Fallzahl abrechnenden Praxen. Eine Praxis mit ei-ner Fallzahl lediglich in Höhe des halben Fachgruppendurch-schnitts kann somit trotz der Fallzahlzuwachsbegrenzung einen Zuwachs von 10 % erreichen, während eine Praxis, die einen dop-pelten Fachgruppenzuschnitt hat, lediglich einen Fallzahlzu-wachs von 2,5 % honoriert erhält.
§ 85 Abs. 4 SGB V kann lediglich darauf zielen, dass ein mit den Grundsätzen des wirtschaftlichen, insbesondere notwendigen Behandlungsverhaltens nicht zu vereinbarender Fallzahlzuwachs ausgeschlossen wird. Diesen Grundsätzen kann ein Fallzahlzu-wachs von 10 % wesentlich eher widersprechen als ein Zuwachs von 2,5 %. Mit dem Gleichheitsgebot und dem Gebot der Honorar-verteilungsgerechtigkeit lässt sich diese Regelung daher nicht vereinbaren.
An dieser Rechtslage ändert auch nichts der "Integrationsbe-schluss" des Vorstandes vom 10. November 1999, da er keinen normativen Niederschlag durch Übernahme seitens des Normgebers im HVM gefunden hat. Aus dem Protokollauszug der Abgeordneten-versammlung vom 10. November 1999 folgt eindeutig, dass eine ähnliche Einschränkung, vorgeschlagen vom HVM Ausschuss (TOP 7 Nr. 1 des Protokolls), als Beschlussvorlage zurückgezogen wurde und die Abgeordnetenversammlung als Normgeber den Interpretati-onsbeschluss des Vorstandes lediglich zustimmend zur Kenntnis genommen hat. Lediglich die Kenntnisnahme, auch die zustimmen-de, beinhaltet jedoch nicht die Umsetzung als Norm. Und als In-terpretation kann der Vorschlag ebenfalls keine Wirkung entfal-ten, da die bisherige Fassung des § 12 Abs. 4 insoweit eindeu-tig ist, die Beklagte bindet und keine Fallzahlzuwachsbegren-zungsmöglichkeit der vorgeschlagenen Art enthält.
Es kommt hinzu, dass einem jeden Vertragsarzt ein gewisser kon-tinuierlicher Fallzahlzuwachs als Ausdruck einer stetigen Pra-xisentwicklung zugebilligt werden muss (BSG, Urteil vom 13. März 2002, a.a.O.). Eine derartige hinreichende Praxisent-wicklung kann zwar auch bei einem zuerkannten Fallzahlzuwachs von 5 %, eventuell auch bei einem geringeren Steigerungssatz, möglich sein. Das BSG hat in der vorgenannten Entscheidung ei-nen solchen niedrigeren prozentualen Zuwachs jedoch nicht in Verbindung mit einer Regelung der vorliegenden Art, die eine absolute Kappungsgrenze enthält, für zulässig erachtet, sondern ausgeführt, ein niedrigerer tolerierter Zuwachs wäre in Verbin-dung mit einer Vergütungsabstaffelungsregelung rechtmäßig. Jene lässt eine Praxisentwicklung, wenn auch mit niedrigeren Hono-raransätzen, auch jenseits der Grenze noch zu. Eine Regelung der vorliegenden Art mit einer starren Grenze erweist sich als eine Berufsausübungsbeschränkung, die gegen Artikel 12 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 3 Abs. 1 GG verstößt. Denn sie greift unverhältnismäßig in die Rechte der Vertragsärzte ein (Urteil des Senats vom 18. Oktober 2001 a.a.O.). Die notwendige beruf-liche Weiterentwicklung von Ärzten in Form der Erweiterung ih-rer Praxis durch Vergrößerung von Patientenzahlen unterbindet sie. Dies widerspricht dem Bild der vom Vertragsarzt ausgeübten selbständigen Tätigkeit und damit der durch Artikel 12 Abs. 1 GG gewährten Berufsfreiheit. Diese gebietet es nicht nur, dass ein Vertragsarzt die Möglichkeit haben muss, die durchschnitt-liche Fallzahl der jeweiligen Fachgruppe zu erreichen - die von dem Kläger nach der Maßnahme überschritten worden ist -, son-dern ein Arzt muss darüber hinaus grundsätzlich auch in der La-ge sein, Patienten über die durchschnittliche Fallzahl seiner Fachgruppe hinaus zu behandeln und dafür auch Honorar zu erhal-ten. Denn er steht wie jeder Selbständige im Wettbewerb zu sei-nen Kollegen, indem sich Güte und Qualität eines Arztes vor al-lem auch durch den Zulauf von Patienten in seiner Praxis nie-derschlagen (so auch LSG Stuttgart, Urteil vom 10. Mai 2000 L 5 KA 275/99 -). Dies gilt um so mehr, als jeder Vertrags-arzt verpflichtet ist, Patienten, die in seine Praxis kommen, zu behandeln; verstärkend gilt dies im Falle von niedergelasse-nen Chirurgen und im besonderen Maße Unfallchirurgen. Bei die-ser Fachgruppe fällt es dem Senat bereits schwer, die Möglich-keit willkürlicher Fallzahlvermehrung in nennenswertem Umfang anzunehmen. Zudem gehören sie zu einer Fachgruppe, die mit der Erbringung ambulanter Operationen und damit Leistungen befasst sind, die der Gesetzgeber, um solche aus dem sehr kostenträch-tigen stationären Bereich zu verlagern, gefördert hat. Auch die Beklagte hat dies durch Verträge mit Krankenkassen in Form von Modellvereinbarungen getan. Eine solche bewusste und gewollte Förderung ambulanter Operationen gegenüber stationären bewirkte aber zwangsläufig eine Erhöhung der Fallzahlen der Fachgruppe der Chirurgen mit der Folge, dass diese Arztgruppe der Fall-zahlzuwachsbegrenzung des § 12 Abs. 4a HVM im Besonderen ausge-setzt war. Dem hätte die Beklagte Rechnung tragen müssen, was sie jedoch nicht getan hat, sondern vielmehr undifferenziert gegenüber anderen Facharztgruppen Chirurgen einer Kürzung un-terworfen.
Bei dem Kläger kommt weiter verstärkend hinzu, dass er sich in dem streitgegenständlichen Quartal noch in der Anfangsphase der Niederlassung befand. Das Quartal III/99 war das 15. Quartal in der Abrechnung des Klägers. Bis zum 16. Quartal geht auch die Beklagte grundsätzlich von der besonders zu berücksichtigenden Anfängerzeit aus, wie sich aus § 12 Abs. 4d HVM in der Fassung bis 1998 ergibt. Auch das BSG hat in mehreren Urteilen ausge-sprochen, dass Praxisanfänger und kleinere Praxen durch eine Regelung der Honorarverteilung nicht ungerechtfertigt benach-teiligt werden dürfen (vgl. Urteil vom 16. Mai 2001 - B 6 KA 47/00 R -). Soweit das BSG in diesen Entscheidungen allerdings eine Grenze darin sieht, zumindest das durchschnittliche Um-satz¬niveau einer Arztgruppe zu erzielen, kann dies nicht in je-dem Fall gelten. Niederlassungen in Gebieten mit großem Ein-zugsgebiet, wie es bei dem Kläger der Fall ist, muss die Mög-lichkeit eingeräumt werden, einen diesem Einzugsgebiet entspre-chenden Praxisumfang zu erreichen. Das ist der Praxis des Klä-gers ab ca. Quartal II/99 mit knapp 1.200 Fällen pro Quartal gelungen. Seit dieser Zeit befindet sich der Praxisumfang des Klägers, wie dieser glaubhaft und unwidersprochen von der Be-klagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, in dieser Größe.
Ferner ist bei der vorliegenden Ausgestaltung der Fallzahlbe-grenzung zu beachten, dass § 12 Abs. 4a HVM einen Bezug zwi-schen der Fallzahl und der Menge der abgerechneten Punkte her-stellt. Der Senat hat erhebliche Bedenken, ob damit ein hinrei-chender sachlicher Zusammenhang mit dem Regelungszweck gewahrt ist. § 12 Abs. 4a HVM beinhaltet keine Fallzahlbegrenzungsrege-lung im herkömmlichen Sinne, sondern eine Regelung, die die Men¬ge der honorierten Leistungen begrenzt. Bei einem Über-schrei¬ten des tolerierten Zuwachses durch den Arzt bleiben die weiteren Fälle zwar zahlenmäßig unberücksichtigt, wertmäßig wird aber das Produkt aus dem durchschnittlichen Punktwert des Arztes und der Zahl der die Grenze überschreitenden Fälle nicht mehr vergütet. Es ist jedoch nicht sicher, ob diese Fälle den durchschnittlichen Fallwert des Arztes auch erreichen. Im Ext-remfall kann es durch die Fallzahlbegrenzung geschehen, dass die Zahl der honorierten Punkte trotz einer gestiegenen Fall-zahl sinkt. Dieser Effekt wäre jedoch mit dem Ziel der Regelung nicht vereinbar. § 12 Abs. 4a HVM ist im Hinblick auf die Ver-einbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Kassen-ärztlichen Bundesvereinigung zur Einführung von Praxisbudgets zum 1. Juli 1997 (DÄ 1997, A 403) eingeführt worden. Darin sind den kassenärztlichen Vereinigungen jedoch - zur Mengensteue-rung - lediglich geeignete Maßnahmen zur Fallzahlbegrenzung aufgegeben worden, nicht aber starr mengenbegrenzende oder so-gar mindernde Regelungen. Über diesen Zweck geht die Regelung hinaus. Gerade im Zusammenhang mit den Praxis- und Zusatzbud-gets führt sie im budgetierten Abrechnungsbereich, der einen Großteil der abgerechneten Leistungen umfasst, zu einem festen Gesamtbudget des einzelnen Arztes. Auch der erkennende Senat sieht die Notwendigkeit von Leistungs- und Honorarbegrenzungen bei Ärzten, insbesondere bei einem festen Gesamtbudget. Eine solche Begrenzung ist im Rahmen von Fallwertbegrenzungen allge-mein anerkannt. Fallzahlzuwachsbegrenzungen können nicht grund-sätzlich als rechtswidrig angesehen werden. Unzulässig ist le-diglich die starre Grenzziehung für eine Praxiserweiterung mit einer Nichtabrechnung der weiteren Behandlungsfälle ohne Be-rücksichtigung der Umstände für die Fallzahlausweitung und der Gesamthonoraranforderung des abrechnenden Arztes. Fallzahlzu-wachsbegrenzungen sind zudem lediglich dann ein angemessenes Verteilungskriterium, wenn dem Vertragsarzt im Zeitpunkt der Leistungserbringung vorhersehbar ist, in welchem Umfang er die-se Leistung vergütet erhält. Gerade im Fall von Fallzahlsteige-rungen muss ihm bekannt sein, ob er noch einen Vergütungsan-spruch hat. Dabei geht es nicht darum, ob es dem Arzt erlaubt ist, sein Behandlungsverhalten in der Aussicht auf ein adäqua-tes Honorar zu steuern; das Kriterium der Vorhersehbarkeit des Eingriffs erfordert vielmehr die vorherige Durchsichtigkeit der zulässigen Fallzahlsteigerung (BSG, Urteil vom 13. März 2002, a.a.O.). Daran fehlt es hier. Ob überhaupt die Fallzahlzuwachs-begrenzung eingreift, ist für den behandelnden Arzt im Behand-lungszeitraum noch nicht erkennbar, denn er weiß zu diesem Zeitpunkt nicht, ob die Fachgruppe die durchschnittliche Tole-ranzgrenze übersteigt. Indem die Wirkungen der Maßnahme bei dem abrechnenden Arzt von dem Abrechnungsverhalten der Fachgruppe abhängig gemacht wird, ist die Vorhersehbarkeit für den Arzt nicht gegeben.
Insgesamt kommt der Senat aus diesen Gründen zu dem Ergebnis, dass die Regelung des § 12 Abs. 4a HVM rechtswidrig ist. Der Senat sieht sich in seiner Entscheidung nicht durch das Urteil des BSG vom 13. März 2002 (B 6 KA 1/01 R) gehindert. Die jener Entscheidung zugrunde liegende Fallzahlbegrenzungsregelung hat-te eine andere Ausgestaltung. Sie setzte lediglich bei einer (überdurchschnittlichen) Fallzahl von 110 % des Fachgruppen-durchschnitts an und gestattete einen Zuwachs von maximal 5 % des Vorjahresquartals. Der Umfang der Maßnahme bezog sich somit allein auf die eigenen Werte des abrechnenden Arztes unabhängig vom Fachgruppendurchschnitt und gestattete also jedem Arzt ei-nen verhältnismäßig gleichen Zuwachs. Das BSG konnte sich in der Entscheidung auf Erhebungen stützen, nach der höhere medi-zinisch begründbare Fallzahlzuwächse außerordentlich selten seien. Jene Ausgestaltung des HVM beachtete folglich das Gleichbehandlungsgebot, gestattete jeder Praxis einen verhält-nismäßig gleichen Fallzahlzuwachs in Höhe von 5 % und war für den abrechnenden Arzt auch vorhersehbar.
Da bereits aus den oben genannten Gründen die Fallzahlzuwachs-begrenzungsregelung der Beklagten rechtswidrig ist, brauchte der Senat nicht zu entscheiden, ob, wie der Kläger meint, die Rechtswidrigkeit der Kürzung daraus folgt, dass die Beklagte mit Schreiben vom 2. Dezember 1999 die Fallzahlzuwachsbegren-zungsregelung aufgehoben hatte.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 197a Abs. 1 Satz 1 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG), 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 Verwaltungs-gerichtsordnung. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass der Kläger in der ersten Instanz teilweise rechtskräftig unterlegen war.
Trotz der genannten Urteile des BSG ist die Frage der zulässi-gen Fallzahlzuwachsbegrenzung nach wie vor nicht in allen Ein-zelheiten geklärt. Angesichts der Vielzahl der möglichen Rege-lungen hat der Senat die Revision auch in diesem Verfahren we-gen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann mit der Revision angefochten werden.
Die Revision ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtig-ten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim
Bundessozialgericht Graf-Bernadotte-Platz 5
34119 Kassel,
einzulegen. Die Revisionsschrift muss bis zum Ablauf der Monatsfrist bei dem Bundessozial-gericht eingegangen sein.
Als Prozessbevollmächtigte sind zugelassen
• die Mitglieder und Angestellten von Gewerkschaften, von selbstständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung, von Vereinigungen von Arbeitgebern, von berufsständischen Vereinigungen der Landwirtschaft und von Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenver-tretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer bisherigen Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Erfüllung dieser Aufgaben bieten.
• Personen, die als Angestellte juristischer Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftli-chen Eigentum einer der vorgenannten Organisationen stehen, handeln, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Vereinigung für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet,
• jeder bei einem deutschen Gericht zugelassene Rechtsanwalt.
Behörden sowie Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts brauchen sich nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten zu lassen.
Die Revisionsschrift muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils schriftlich zu be-gründen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten und die verletzte Rechts-norm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben.
Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verlet-zung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt.
Für die Revision vor dem Bundessozialgericht kann ein Beteiligter, der nicht schon durch einen Bevollmächtigten aus dem Kreis der oben genannten Gewerkschaften oder Vereinigungen vertreten ist, Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen.
Der Beteiligte kann die Prozesskostenhilfe selbst beantragen. Der Antrag ist beim Bundessozialgericht entweder schriftlich oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.
Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck kann von allen Gerichten oder durch den Schreibwarenhandel bezogen werden.
Wird Prozesskostenhilfe bereits für die Einlegung der Revision begehrt, so müssen der Antrag und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - gegebenenfalls nebst entsprechenden Belegen - bis zum Ablauf der Frist für die Einlegung der Revision (ein Monat nach Zustellung des Urteils) beim Bundessozialgericht eingegangen sein.
Mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe kann ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt benannt werden.
Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Anwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.
Der Revisionsschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Be-teiligten beigefügt werden.
Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um je zwei weitere Abschriften.
Rechtskraft
Aus
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SHS
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