S 14 KA 250/07

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
14
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 14 KA 250/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 21/10
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Streitig sind sachlich-rechnerische Berichtigungen für die Quartale I/06 bis IV/06 hinsicht¬lich der Ziffer 33042 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM).

Die Kläger sind Fachärzte für Urologie und zur vertragsärztlichen Versorgung in L zugelassen.

Die Beklagte teilte den Klägern mit Schreiben vom 13.12.2005 bzw. 13.03.2006 jeweils mit, dass die Leistung der Ziffer 33042 EBM (= Sonographische Untersuchung des Abdo¬mens oder dessen Organe und/oder des Retroperitoneums oder dessen Organe einschl. der Nieren mittels B-Mode-Verfahren) für die Kläger als fachfremd gelten würde und auch entsprechende Qualitätssicherungsgenehmigungen nicht dazu berechtigen, diese Leistung zu erbrin¬gen. Die Abrechnung der Leistung könne nach dem Ablauf des Quartals I/06 nicht mehr erfolgen. Die zu diesem Punkt erteilten Genehmigungen hätten sich insofern erledigt.

Gegen die Honorarabrechnungen für die Quartale I/06 bis IV/06 legten die Kläger jeweils Widerspruch ein. Mit diesen machten sie geltend, dass die Leistung der Ziffer 33042 EBM für sie in dem hier relevanten Zusammenhang der Behandlung von Tumorerkrankungen nicht fachfremd sei. Die Behandlung urologischer Tumorerkrankungen einschließlich der gebietsbezogenen Tumortherapie sei nach der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Nordrhein (WBO) Bestandteil des Fachgebietes Urologie. Im Rahmen der onkologischen Tätigkeit bestehe die Hauptaufgabe des niedergelassenen Urologen in der Erkennung und Nachsorge von Patienten mit urologischen Tumoren. Hierzu zählten neben Hoden- und Nie-rentumoren vor allem Blasen- und Prostatakarzinome. Diese Karzinome würden zu Meta-stasen neigen. Neben Knochenmetastasen fänden sich bei einer Vielzahl der Patienten Lymphkno¬tenabsiedelungen und Lebermetastasen. Eine probate, den Patienten nicht belastende und kostengünstige Untersuchungsmethode sei die Abdomensonographie, die sicherlich mit aus diesem Grund auch Bestandteil der Weiterbildungsordnung zum Facharzt für Urologie sei. Bedingt durch die Teilnahme an der Onkologievereinbarung weise ein Großteil der Patienten ein hohes Risiko für die genannten Metastasen auf und bedürfe einer entsprechenden Untersuchung. Die Nr. 33043 EBM könne diesen komplexen Untersuchungsgang nicht abbilden.

Die Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2007 zurück. Ultraschalluntersuchungen des Abdomens und des Retroperitoneums (einschl. Nieren) könnten nach der Ultraschallvereinbarung vom 10.02.1993 in der Fassung vom 31.01.2003 bei Erwachsenen von Allgemeinmedizinern, Chirurgen, Internisten und Radiologen durchgeführt werden. Die dort genannten Zusatzanforderungen für nicht genannte Ärzte würden von den Klägern nicht erfüllt. Auch die Ärztekammer habe festgestellt, dass die sonographische Untersuchung der Abdominalorgane durch Urologen fachfremd sei. Den Vertrauensschutz, die Leistung nach Nr. 33042 EBM weiterhin erbringen zu können, habe sie mit den Schreiben vom 13.12.2005 bzw. 13.03.2006 unterbrochen. Die erteilten Genehmigungen hätten sich erledigt. Denn diese berechtigten den Vertragsarzt nicht dazu, für ihn als fachfremd einzustufende Leistungen zu erbringen.

Die Kläger haben am 07.12.2007 Klage erhoben. Sie tragen zur Begründung ihrer Klage vor, dass nach dem unstreitigen Inhalt der Weiterbildungsordnung Ultraschalluntersuchungen des Abdomens zum Weiterbildungsinhalt der Weiterbildung zum Erwerb der Facharztbezeichnung Urologie gehören. Diese Leistung soll auch nur dann erbracht und abgerechnet werden, wenn urologische Tumorerkrankungen betroffen seien. Für die Behandlung dieser sei die Abklärung immanent, ob Metastasen vorliegen. Die Frage der Metastasenbildung in angrenzen¬den Bereichen sei von der Behandlung der urologischen Tumorerkrankung gedanklich nicht zu trennen. Die behandelte Leidensursache sei die Tumorerkrankung eines Or¬gans des Urogenitalbereichs. Hier sei die sonographische Untersuchung des Abdomens erforderlich, um auszuschließen respektive zu diagnostizieren, inwieweit angrenzende Or¬gane befallen seien. Da die sonographische Untersuchung des Abdomens unstreitig zum Weiterbildungsinhalt der Weiterbildung zum Facharzt für Urologie gehöre, sei die begriff¬liche Trennung der Ärztekammer Nordrhein nicht nachvollziehbar. Dass die Behandlung der Organe, welche aufgrund einer Metastasenbildung betroffen seien, anderen Fachge¬bieten zuzuordnen sei, sei in diesem Zusammenhang unstreitig.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte unter Abänderung der Honorarbescheide für die Quartale II/06 bis IV/06 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2007 zu verurteilen, die in den Quartalen II/06 bis IV/06 abgesetzten Leistungen der Ziffer 33042 EBM abzurechnen und eine entsprechende Nachvergütung vorzunehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend und verweist hierzu im Wesentli-chen auf die Stellungnahmen der Ärztekammer Nordrhein.

Das Gericht hat Auskünfte der Ärztekammer Nordrhein zur Beurteilung der Fachfremdheit der streitigen Leistungen eingeholt. In den Schreiben vom 05.06.2008, 26.08.2008 und 14.01.2009 vertritt die Ärztekammer Nordrhein die Auffassung, dass die Leistung der Ziffer 33042 EBM für Urologen fachfremd sei. Das gelte auch, soweit diese im Zusammenhang mit der Behandlung urologischer Tumorerkrankungen stehe. Auf Bl. 42, 49 und 58f der Gerichtsakte wird insoweit verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die Kläger sind durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, denn diese Bescheide sind nicht rechtswidrig. Die Leistungen der Nr. 33042 EBM sind in den Quartalen II/06 bis IV/06 von der Beklagten zu Recht von der Honorarabrechnung ausgeschlossen worden. Das Quartal I/06 ist entsprechend dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrag nicht mehr streitgegenständlich. Für dieses war seitens der Beklagten keine Berichtigung hinsichtlich der Ziffer 33042 EBM erfolgt.

Die Beklagte ist berechtigt, die Abrechnungen der Vertragsärzte sachlich und rechnerisch zu berichtigen. Das gilt auch für sog. fachfremde Leistungen, denn für diese können die betroffenen Vertragsärzte keine Vergütung verlangen. Diese Aufgabe ergibt sich für die Beklagte aus § 106a Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V, der durch Art. 1 Nr. 83 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190, 2217) mit Wirkung zum 01.01.2004 (Art. 37 Abs. 1 GMG) eingefügt worden ist. Danach ist die Beklagte gesetzlich berechtigt und verpflichtet, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte festzustellen. Festzustellen ist hierbei, ob die Abrechnungen mit den Abrechnungsvorgaben des Regelwerks, d.h. mit dem Einheitlichem Bewertungsmaßstab (EBM), den Honorarverteilungsverträgen sowie weiteren Abrechnungsbestimmungen übereinstimmen oder ob zu Unrecht Honorare angefordert wurden (vgl. BT-Drucksache 15/1525 S. 117 zu § 106a SGB V). Bei Fehlern in der Abrechnung des Vertragsarztes berichtigt die Beklagte dessen Honoraranforderung. Dies kann auch im Wege nachgehender Richtigstellung erfolgen. Die Ausschlussfrist für die nachgehende Richtigstellung beträgt insoweit vier Jahre seit Erteilung des jeweiligen Quartalsabrechnungsbescheides (vgl. BSG Urteile vom 06.09.2006 - B 6 KA 40/05 R - und vom 28.03.2007 - B 6 KA 22/06 R -). Daneben ergibt sich das Berichtigungsrecht der Beklagten nach wie vor aus den Regelungen der Bundesmantelverträge (§ 45 Abs. 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und § 34 Abs. 4 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä)).

Danach war die Beklagte berechtigt, die Ansätze der Ziffer 33042 EBM von den Abrechnungen der Kläger für die Quartale II/06 bis IV/06 abzusetzen, denn diese Leistung ist für die Kläger als Fachärzte für Urologie fachfremd.

Beschränkungen des Fachgebiets erfassen den Arzt auch in seiner Tätigkeit als Vertragsarzt (vgl. BSG Urteil vom 02.04.2003 – B 6 KA 30/02 R –). Sie sind rechtmäßig, soweit die betroffenen Leistungen für das Fachgebiet nicht wesentlich und nicht prägend sind, die Abgrenzung vom fachlich medizinischen Standpunkt aus sachgerecht ist und der Facharzt in der auf sein Fachgebiet beschränkten Tätigkeit eine ausreichende Lebensgrundlage finden kann (vgl. BSG Urteil vom 08.09.2004 – B 6 KA 32/03 R – m.w.N.; Urteil vom 05.02.2003 - B 6 KA 15/02 R -). Für die Beurteilung, ob Leistungen fachzugehörig oder fachfremd sind, ist darauf abzustellen, welche Inhalte und Ziele der Weiterbildung für das jeweilige Fachgebiet in der WBO genannten werden und in welchen Bereichen eingehende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten erworben werden müssen. Die Inhalte werden in der jeweiligen WBO des Landes festgelegt und können durch Richtlinien (die sog. WB RL) konkretisiert – aber nicht beschränkt – werden (BSG a.a.O.; BSG Beschluss vom 22.03.2006 - B 6 KA 46/05 B -).

Für die Zuordnung bestimmter ärztlicher Leistungen zu den Fachgebieten können Anhaltspunkte daraus entnommen werden, ob sie mehr methodenbezogen oder mehr körperbezogen sind, d.h. auf eine Körperregion bzw. auf ein Organ bezogen, sind. Ist das Fachgebiet im Schwerpunkt oder vollständig methodenbezogen (z.B. Radiologie, Nuklearmedizin, Laboratoriumsmedizin, Pathologie), so ergibt sich die Fachgebietszugehörigkeit im Allgemeinen schon aus der Anwendung einer bestimmten Untersuchungs- oder Behandlungsmethode. Ist ein Fachgebiet indessen im Schwerpunkt körperbezogen umschrieben (z.B. Augenheilkunde, Gynäkologie, Orthopädie), so ist für die Frage der Fachgebietszugehörigkeit vor allem relevant, ob die diagnostische und therapeutische Maßnahme eine dem Fachgebiet zugeordnete Körperregion bzw. ein ihm zugeordnetes Organ betrifft (vgl. BSG a.a.O.).

Das Fachgebiet der Urologie ist nach den obigen Vorgaben als sog. körperbezogenes Fachgebiet einzuordnen. Nach der Definition der aktuellen Weiterbildungsordnung für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte in der Fassung vom 01.10.2005 (siehe www.aekno.de/Weiterbildung), Abschnitt B Nr. 32 umfasst das Gebiet der Urologie die Vorbeugung, Erkennung, Behandlung, Nachsorge und Rehabilitation von Erkrankungen, Funktionsstörungen, Fehlbildungen und Verletzungen des männlichen Urogenitalsystems und der weiblichen Harnorgane.

Nach der Rechtsprechung des BSG ist bei körperbezogenen Fachgebieten maßgebend, ob die Krankheitssymptomatik und die Krankheitsursache in einem dem Fachgebiet zugeordneten Körperbereich liegen. Das ist nach Auffassung der Kammer, auch im Hinblick auf die von den Klägern vorgenommene Eingrenzung auf den Behandlungsbereich der Tumorerkrankung, nicht zu bejahen.

Die Leistungsziffer 33042 EBM beinhaltet die sonographische Untersuchung des Abdomens oder dessen Organe und/oder des Retroperitoneums oder dessen Organe einschließlich der Nieren mittels B-Mode-Verfahren. Das Abdomen ist der Bereich des Rumpfes zwischen Brustkorb und Becken mit Organen wie z.B. die Leber, der Magen oder die Milz. Das Retroperitoneum beinhaltet jene anatomischen Strukturen, die hinter dem Bauchfell liegen und nicht vom Bauchfell umschlossen werden. Zu den sog. primär retroperitonealen Organen gehören unter anderem die Nieren. Zu den sekundär retroperitoneal gelegenen Organen zählen beim Menschen u.a. die Bauchspeicheldrüse oder der Colon ascendens (s. http://de.wikipedia.org/wiki/Abdomen bzw. Retroperitonealraum).

Die Kläger leiten ihre Berechtigung zur Durchführung und Abrechnung dieser Leistungsziffer aus dem Weiterbildungsinhalt der WBO her. Zum Weiterbildungsinhalt gehört danach der Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in der Vorbeugung, (Früh-)Erkennung, Behandlung und Nachsorge von urologischen Tumorerkrankungen und in den Grundlagen der gebietsbezogenen Tumortherapie einschließlich der Indikationsstellung zur urologischen Strahlentherapie. In den maßgeblichen Untersuchungsverfahren seien insoweit auch die Ultraschalluntersuchungen der Urogenitalorgane, des Retroperitoneums und Abdomens einschließlich Doppler-/Duplex-Sonographien der Gefäße des Urogenitaltraktes aufgeführt.

Demgegenüber vertritt die Ärztekammer Nordrhein die Auffassung, dass die Abdominalsonographie für den Urologen fachfremd sei, was auch dann gelte, wenn diese im Zusammenhang mit der Behandlung urologischer Tumorerkrankungen stehe. Den Grund sieht die Ärztekammer Nordrhein vorrangig darin, dass der Urologe über eine Kompetenz verfüge, die sich aus seiner Zuständigkeit für das Urogenital-System ergebe. Das Aufgabenfeld der Diagnostik sei für den Urologen auf die von ihm behandelten Organe begrenzt. Soweit für ihn erkennbar sei, dass eine Erkrankung benachbarte Organe befalle, müsse er dies nicht diagnostisch abklären, sondern könne vielmehr den infrage kommenden Facharzt um Abklärung bitten. Eine eigenständige diagnostische Kompetenz für die Abdominalorgane sei für den Urologen daher weder erforderlich noch aus anderen Gründen geboten.

Die Kammer schließt sich im Ergebnis der Auffassung der Ärztekammer Nordrhein an. Vorrangiger Anknüpfungspunkt ist hierbei die Definition des Gebietes, wie sie sich aus der WBO ergibt. Das männliche Urogenitalsystem besteht aus den harnbildenden und harnableitenden Organen, also Niere, Harnblase, Harnleiter und Harnröhre, sowie den Geschlechtsorganen des Mannes. Ferner gehören zum Gebiet die weiblichen Harnorgane. Das Abdomen einschließlich seiner Organe ist nach der Definition somit eindeutig nicht Teil des Gebiets der Urologie. Eine Erweiterung erfährt das Gebiet auch nicht im Zusammenhang mit der Behandlung von Tumorerkrankungen. Die WBO beschränkt den Weiterbildungsinhalt insoweit auf die Behandlung und Nachsorge von urologischen Tumorerkrankungen sowie die Grundlagen der gebietsbezogenen Tumortherapie. Die Formulierungen "urologisch" und "gebietsbezogen" sind nach Auffassung der Kammer dahin auszulegen, dass die Behandlung von Tumorerkrankungen ebenfalls auf das Fachgebiet der Urologie und dem diesem zugeordneten Körperbereich begrenzt ist (vgl. BSG Urteil vom 08.09.2004 – B 6 KA 32/03 R – für die Frage der gebietsbezogenen Sonographie bei Neurologen). Das gilt auch im Hinblick auf die definierten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, welche in der WBO zum Fachgebiet Urologie aufgelistet sind. Die entsprechenden Richtlinien sehen eine Richtzahl von 500 Ultraschalluntersuchungen der Urogenitalorgane, des Retroperitoneums und Abdomens einschließlich Doppler-/Duplex-Sonographien der Gefäße des Urogenitaltraktes vor. Allein aus dem Umstand, dass der Urologe im Rahmen seiner Weiterbildung eine – nach der aktuellen WBO nicht genau bestimmte – Anzahl von Abdomensonographien durchgeführt hat, lässt sich nach Ansicht der Kammer weder schlussfolgern, dass die Abdomensonographie generell, noch, dass sie im Zusammenhang mit der Nachsorge von Tumorerkrankungen, zum Aufgabenfeld des Urologen gehört. Denn die diagnostische Maßnahme zur Abklärung von Metastasenbildungen in den Lymphknoten oder Organen wie beispielsweise der Leber findet – soweit sie nicht originär dem Urogenitaltrakt zugeordnet werden können – außerhalb des dem Fachgebiet zugeordneten Körperbereichs statt. Soweit die Kläger vortragen, dass sie allein die Diagnostik durchführen und es unstreitig sei, dass die entsprechende Behandlung in die Zuständigkeit des jeweiligen Facharztes gehöre, diese Diagnostik aber Teil der Nachsorge der Tumorerkrankung sei, überzeugt die Kammer das nicht. Denn grundsätzlich ist die Diagnostik, die einer entsprechenden Therapie vorauszugehen hat, dem Fachgebiet zuzurechnen, in das auch die Therapie einzuordnen ist (vgl. BSG Urteil vom 20.03.1996 - 6 RKa 34/95 -). So hat auch das LSG NRW im Zusammenhang mit der Frage der Fachfremdheit von sonografischen Untersuchungen der Leber für einen Gynäkologen ausgeführt, dass die Feststellung von Lebermetastasen, auch wenn diese häufig nach einem Mamma-Karzinom aufträten, keine gynäkologische Erkrankung betreffe. Das ergebe sich bereits daraus, dass nach der Definition der Weiterbildungsordnung die Frauenheilkunde nur die Erkennung, Verhütung, Behandlung und Nachsorge bei Krankheiten der weiblichen Geschlechtsorgane und der Brustdrüsen erfasse. Ein solches spezifisch gynäkologisch zu behandelndes Organ sei bei der Ultraschalldiagnostik der Leber aber nicht betroffen. Auch wenn ein Zusammenhang mit einer gynäkologischen Erkrankung, nämlich dem vorausgegangenen Mamma-Karzinom, bestehen mag, habe dies nicht zur Folge, dass entsprechende diagnostische Leistungen Bestandteil des gynäkologischen Fachgebietes werden (s. LSG NRW Urteil vom 27.01.1999 - L 11 KA 59/98 -). Nichts anderes gilt nach Auffassung der Kammer bei der Nachsorge von urologischen Tumorerkrankungen. Auch wenn in der Nachfolge von urologischen Tumorerkrankungen Metastasen an Lymphknoten und Leber häufig vorkommen, verbleibt eine entsprechende Diagnostik dem Fachgebiet vorbehalten, das für die jeweilige Körperregion nach den Vorgaben der WBO zuständig ist. Nach der bereits zitierten Definition für das Fachgebiet Urologie gehört dieses nicht dazu.

Für die Frage der Fachfremdheit ist ferner nicht von Bedeutung, ob der Facharzt für Urologie grundsätzlich über entsprechende zusätzliche Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten verfügt. Individuelle Qualifikationen sind für die Zuordnung bestimmter Leistungen zu einem Fachgebiet irrelevant. Denn die Fachzugehörigkeit bemisst sich gemäß den Weiterbildungsbestimmungen allein nach den allgemein der Fachgruppe zugeordneten Weiterbildungsinhalten (vgl. BSG Beschluss vom 08.09.2004 - B 6 KA 39/04 B -). Darüber hinaus belegen die in der "Vereinbarung von Qualifikationsvoraussetzungen gem. § 135 Abs. 2 SGB V zur Durchführung von Ultraschalluntersuchungen in der Ultraschalldiagnostik (Ultraschall-Vereinbarung) vom 10.02.1993 in der Fassung vom 31.01.2003 (Anlagen 3 zum BMV/EKV)" niedergelegten Voraussetzungen für die Erteilung einer Genehmigung zur Erbringung und Abrechnung der Abdomensonographie, dass Fachärzte für Urologie diese zwar grundsätzlich – wie andere Ärzte auch – erfüllen können, sofern sie die in der Ultraschall-Vereinbarung im Einzelnen genannten Zusatzqualifikationen vorweisen können. Unter den Anwendungsvoraussetzungen nach § 5 b) Ziffer 9.1 der Ultraschall-Vereinbarung (Abdomen und Retroperitoneum (einschl. Nieren) – Erwachsene) werden jedoch vorrangig Fachärzte für Allgemeinmedizin, Chirurgie, Innere Medizin und Radiologische Diagnostik benannt, die 400 Patienten mit entsprechenden Untersuchungen nachweisen müssen. Auch dies ist nach Auffassung der Kammer ein Indiz dafür, dass die Abdomensonographie nicht dem Fachbereich der Urologie zugeordnet werden kann.

Die Wertung, dass die Abdomensonographie für Urologen fachfremd ist, verstößt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Darin liegt lediglich eine nicht statusrelevante Berufsausübungsregelung. Sie betrifft eine Leistung, die nicht in den Kernbereich des Fachgebiets fällt und auch für das Fachgebiet weder wesentlich noch prägend ist (vgl. BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 16.07.2004 - 1 BvR 1127/01 -).

Schließlich können sich die Kläger nicht auf Vertrauensschutz berufen, nachdem die Beklagte sie mit Schreiben vom 13.12.2005 bzw. 13.03.2006 auf die geänderte Abrechnungspraxis hingewiesen hat. Ein Vertrauen der Kläger darauf, die Abdomensonografie vergütet zu bekommen, konnte nur solange bestehen und schützenswert sein, bis die Beklagte darauf hingewiesen hat, dass sie ihre Verwaltungspraxis ändern werde (LSG NRW Urteil vom 27.01.1999 - L 11 KA 59/98 -). Den Klägern war aufgrund der Schreiben der Beklagten hingegen zu Beginn des Quartals II/06 bekannt, dass sie die Abdomensonografie von der Beklagten nicht mehr vergütet bekommen werden.

Die Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO.
Rechtskraft
Aus
Saved