L 11 R 1901/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 313/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 1901/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Arbeitgeber einer als Dozentin tätigen Mitarbeiterin ist gegen
einen an die Mitarbeiterin gerichteten Bescheid, mit dem ein Antrag
der Mitarbeiterin auf Feststellung der Versicherungspflicht in der
gesetzlichen Rentenversicherhung als selbständige Lehrerin gemäß § 2
Satz 1 Nr. 1 SGB VI mit der Begründung abgelehnt worden ist, die
Mitarbeiterin sei als Arbeitnehmerin beschäftigt, nicht klagebefugt.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 25.03.2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert wird für beide Rechtszüge endgültig auf 5.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) als selbstständige Honorardozentin.

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform der GmbH eine berufsbildende Schule. Die 1983 geborene Beigeladene zu 1) war nach Abschluss eines Magisterstudiengangs im Schuljahr 2010/2011 bei der Klägerin als Englischlehrerin mit 11 Wochenstunden tätig. Der Tätigkeit lag ein "Freier Mitarbeiter-Vertrag" vom 15.09.2010 zugrunde, der ua folgende Regelungen enthielt: § 1 Vertragsgegenstand (1) Die Akademie erteilt dem freien Mitarbeiter im Schuljahr 10/11 den Lehrauftrag im folgenden Fach/in folgender Schulart und Klasse – Auflistung siehe Anlage (1) Der freie Mitarbeiter erbringt die Dienstleistung nach Maßgabe des ihm bekannten Rahmenlehr- beziehungsweise Rahmenstoffplanes, wobei die dort enthaltenen Vorgaben nur die vertraglich geschuldete Dienstleistung präzisieren. Der freie Mitarbeiter bestimmt insbesondere Unterrichtsinhalt, die Art und Weise seiner Einteilung sowie Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung selbst. Die Akademie erteilt dem freien Mitarbeiter keine Anweisungen. Der freie Mitarbeiter ist völlig frei in der methodischen, didaktischen, gestalterischen Erbringung seiner Dienstleistung. Dasselbe gilt für die Schwerpunktbildungen, Vertiefungen sowie Problemlösungsentwicklungen, die dem freien Mitarbeiter ebenfalls frei obliegen. (2) Im Rahmen seines Lehrauftrags hat der freie Mitarbeiter auch Leistungsnachweise von den Bildungssuchenden abzufordern, wobei der freie Mitarbeiter die Leistungsnachweise nach Zeit, Art, Quantität und Qualität grundsätzlich selbst gestaltet und abnimmt. Dies gilt sinngemäß für die Wertung der Leistung der Bildungssuchenden im Rahmen der eingeforderten Leistungsnachweise. (3) Auf ausdrücklichen Wunsch und nach Vorgabe des freien Mitarbeiters erbringt dieser seine Dienstleistung laut Stundenplan. (4) Der freie Mitarbeiter ist grundsätzlich verpflichtet, die Dienstleistung selbst zu erbringen. Im Falle der Erkrankung oder sonstigen Dienstverhinderung hat der freie Mitarbeiter die Verhinderung unverzüglich der Akademie anzuzeigen. In diesem Fall ist der freie Mitarbeiter verpflichtet, die ausgefallene Lehrzeit gemäß Absatz (1) nachzuholen. § 2 Vergütung (1) Für jede geleistete Stunde von 45 Minuten erhält der freie Mitarbeiter ein Honorar von 32,50 Euro. (2) Für die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Belange sowie die Gewerbeanmeldung wird der freie Mitarbeiter selbst Sorge tragen. (3) Mit der Vergütung sind sämtliche Aufwendungen des Mitarbeiters abgegolten.

§ 3 Krankheit, Arbeitsverhinderung und Urlaub (1) Dem freien Mitarbeiter steht ein Honoraranspruch nicht zu, wenn er infolge Krankheit oder sonstiger Arbeitsverhinderung an der Leistung der Dienste verhindert ist. Dies gilt nicht, wenn er etwa dadurch ausgefallene Lehrtätigkeit zu einem späteren Zeitpunkt nach Absprache mit dem Bildungssuchenden nachholt oder einen nach Eignung, Befähigung oder fachlicher Qualifikation adäquaten Vertreter entsendet. (2) Der freie Mitarbeiter hat keinen Anspruch auf Urlaub. § 4 Wettbewerbstätigkeit Dem freien Mitarbeiter bleibt es überlassen, auch für andere Auftraggeber tätig zu werden ... Die Beigeladene zu 1) beantragte am 28.10.2010 bei der beklagten Rentenversicherung die Feststellung der Versicherungspflicht als selbstständig Tätige nach § 2 Satz 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Mit Bescheid vom 24.02.2011 lehnte die Beklagte den Antrag auf Pflichtversicherung in der Tätigkeit als Honorardozentin ab. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) seien Lehrkräfte, die an allgemeinbildenden Schulen unterrichteten, in der Regel Arbeitnehmer. Die Klägerin sei eine Bildungsstätte, an der staatlich anerkannte Abschlüsse, die Mittlere Reife, erworben werden könnten. Die Lehrinhalte würden durch das Kultusministerium vorgegeben, für den Unterricht an allgemeinbildenden Schulen gebe es ein dichtes Regelwerk von Verordnungen, Verwaltungsvorschriften und Einzelanweisungen. Außerdem unterlägen die Lehrkräfte einer verstärkten Aufsicht und Kontrolle. Die Erteilung von Unterricht an allgemeinbildenden Schulen bedinge die Eingliederung der Lehrkraft in die vom Schulträger bestimmte Arbeitsorganisation. Es handele sich daher vorliegend nicht um eine selbstständige Tätigkeit.

Nach Mitteilung an die Einzugsstelle (Beigeladene zu 2) stellte diese nach § 28h Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) mit Bescheid vom 28.03.2011 gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) als Arbeitnehmerin fest. Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch; das Widerspruchsverfahren ruht.

Gegen den Bescheid der Beklagten vom 24.02.2011, der der Klägerin zur Kenntnis übersandt wurde mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der Statusfeststellung nach § 7a SGB IV, erhob die Klägerin Widerspruch; die Beigeladene zu 1) akzeptierte den Bescheid. Die Klägerin führte in ihrer Widerspruchsbegründung aus, es bestehe eine Widerspruchsbefugnis, denn sie sei von der Beklagten als Beteiligte im Verwaltungsverfahren nach § 12 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) behandelt worden. Außerdem habe der Bescheid auch für sie belastende Auswirkungen, da die nach § 2 SGB VI getroffenen versicherungsrechtlichen Feststellungen der Träger der Rentenversicherung zugleich Indizien für die Entscheidung der Einzugsstelle seien. Nach § 12 SGB X genüge die Möglichkeit, dass die rechtlichen Interessen des Hinzuziehenden nur berührt sein könnten. Daneben begründete die Klägerin ausführlich, dass die Beigeladene zu 1) selbstständig tätig gewesen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.2011, der Klägerin am 29.12.2011 zugegangen, wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die am 26.01.2012 zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobene Klage. Zur Begründung wird vorgetragen, es habe keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) vorgelegen. Die Dozentin könne frei bestimmen, wie sie ihren Unterricht gestalten wolle, es gebe hierzu keine Vorgaben. Aus dem Vorhandensein eines Lehrplans könne nicht auf eine Weisungsgebundenheit der Lehrer geschlossen werden. Vorliegend existiere zwar ein Rahmenlehrplan, die Dozenten seien jedoch genauso wenig wie die Schule selbst daran gebunden. Sie könnten sich hieran orientieren, müssten dies aber nicht. Bei der Berufsfachschule der Klägerin handele es sich auch nicht um eine allgemeinbildende Schule. Es werde die Fachschulreife angestrebt, nicht die Mittlere Reife. Die Dozentin müsse keiner Pflicht nachkommen, die angestellte Lehrer üblicherweise hätten wie Übernahme von Vertretungsstunden, Pausenaufsicht, Fortbildung sowie Teilnahme an Konferenzen, Elternabenden oder Qualitätszirkeln.

Mit Urteil vom 25.03.2014 hat das SG unter Aufhebung des angefochtenen Bescheids "festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) aufgrund ihrer Tätigkeit als Honorardozentin bei der Klägerin im Schuljahr 2010/2011 nicht in einem abhängigen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stand." Entscheidendes Merkmal für eine selbstständige Tätigkeit sei bei einem Lehrenden, dem die Ziele seiner Tätigkeit durchaus vorgegeben sein könnten, dass die Art und Weise, wie er diese erreiche, seiner eigenen Entscheidung überlassen bleibe. Die Beigeladene zu 1) habe keine weiteren Nebenpflichten gehabt, eine Eingliederung in den Schulbetrieb habe nicht vorgelegen. Der Lehrauftrag sei von vornherein zeitlich und sachlich begrenzt gewesen (Englischunterricht in einem Umfang von 11 Wochenstunden). Die Beigeladene zu 1) habe auch ein Unternehmerrisiko gehabt. Ihr sei kein Mindesteinkommen garantiert worden, sie könne eine Vergütung nur beanspruchen, wenn sie tatsächlich auch Unterricht erteile. Einem Wettbewerbsverbot habe sie nicht unterlegen. Soweit Vorgaben des Kultusministeriums hinsichtlich der Prüfungsaufgaben im Hauptfach Englisch bestanden hätten, könne daraus nicht auf Weisungsgebundenheit geschlossen werden. Auch der Unterrichtsbesuch des Regierungspräsidiums S. spreche nicht gegen eine selbstständige Tätigkeit, denn dieser sei nicht auf Veranlassung der Klägerin erfolgt, sondern durch das Regierungspräsidium, dem alle Dozenten und Lehrenden gemeldet worden seien.

Gegen das ihr am 01.04.2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 29.04.2014 eingelegte Berufung der Beklagten. Sie bleibt bei ihrer Auffassung, dass die Beigeladene zu 1) abhängig beschäftigt gewesen sei. Über die Benotung der Schüler sei sie Teil des Betriebs und müsse sich hierzu dem Anspruch, den Vorgaben und Kriterien der Schule unterwerfen. Gerade durch die Abschlüsse in den Hauptfächern (wie Englisch) spiegele sich die Leistungsfähigkeit einer Schule wider; dies trage maßgebend zur Reputation bei, vor allem bei privaten Schulen. Es müsse deshalb davon ausgegangen werden, dass die existierende Fachbereichsleiterin durchaus überwachend den Unterricht begleitet habe. Eine Eingliederung in den Schulbetrieb liege vor. Für die Schulen in freier Trägerschaft sei erforderlich, in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den staatlichen Schulen zurückzustehen, um anerkannt zu bleiben. Gegen Ende des Schuljahres sei ein Unterrichtsbesuch durch das Regierungspräsidium im Rahmen der Schulaufsicht erfolgt, den die Beigeladene zu 1) nicht bestanden habe. Eine tatsächlich selbstständige Lehrerin müsse sich keiner Qualitätskontrolle unterziehen. Die Überprüfung der Beigeladenen zu 1) als Teil der Schule sei ein sehr starkes Argument für die Eingliederung in den Schulbetrieb.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 25.03.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte behaupte ins Blaue hinein, dass die Beigeladene zu 1) weisungsabhängig gewesen sei und die Fachbereichsleiterin überwachend eingegriffen habe. Dies treffe nicht zu. Die Benotung der Schüler sei der Lehrtätigkeit wesensimmanent. Die Auffassung der Beklagten sei insoweit mit § 2 SGB VI nicht in Einklang zu bringen. Für die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung komme es auch nicht auf die Bedeutsamkeit der Arbeit an. Zudem habe der Englisch-Unterricht an der berufsbildenden Schule auch nicht den gleichen Stellenwert wie an allgemeinbildenden Schulen; vorliegend entfielen von 32 Wochenstunden 17 auf den Unterricht im gewerblich-technischen Bereich, der allgemeinbildende Teil sei nur nachrangig. Der Unterrichtsbesuch beruhe auf öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die Klägerin habe darauf keinen Einfluss gehabt.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Am 04.08.2015 hat die Berichterstatterin einen Erörterungstermin durchgeführt und die Beigeladene zu 1) angehört sowie die Fachbereichsleiterin für Englisch, Frau W., als Zeugin vernommen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge, die Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen zu 2) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.

Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und statthafte (§ 143 SGG) Berufung ist zulässig und in der Sache begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, da die Klägerin hinsichtlich der angefochtenen Ablehnung der Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) in der Rentenversicherung schon nicht klagebefugt und die Klage damit unzulässig ist.

Streitgegenstand des Verfahrens ist entgegen der tenorierten Entscheidung des SG nicht die Feststellung der Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) als abhängig Beschäftigte in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung bzw die Feststellung der Versicherungsfreiheit aufgrund selbstständiger Tätigkeit, wie sie in einem Verfahren nach § 7a oder § 28h SGB IV zu prüfen ist. Streitig ist allein die Frage, ob die Beigeladene zu 1) kraft Gesetzes in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI versicherungspflichtig ist als selbstständig tätige Lehrerin, die im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt. Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs 1, 55 Abs 1 SGG; vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl, § 55 RdNr 3b mwN).

In Bezug auf diesen Streitgegenstand ist die Klägerin nicht klagebefugt, es fehlt auch schon die Widerspruchsbefugnis gegen den an die Beigeladene zu 1) adressierten Bescheid vom 24.02.2011. Die Anfechtungsklage setzt gemäß § 54 Abs 1 Satz 2 SGG voraus, dass eine Verletzung von Rechten der Klägerin durch den angefochtenen Verwaltungsakt als möglich erscheint (Klagebefugnis, dazu BSG 11.05.1999, B 11 AL 45/98 R, BSGE 84, 67 = SozR 3-4300 § 36 Nr 1; Bundesverfassungsgericht (BVerfG) 17.08.2004, 1 BvR 378/00, SozR 4-1500 § 54 Nr 4). Davon ist regelmäßig bei einem Verwaltungsakt auszugehen, der an den Anfechtenden gerichtet ist. Das ist hier nicht der Fall. Die Klägerin ist nicht Adressatin des von ihr angefochtenen Verwaltungsaktes vom 24.02.2011, sondern die Beigeladene zu 1). Auch wird ihr rechtlicher Status und ihre sonstigen Rechtsbeziehungen durch die Ablehnung der Feststellung der Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) in der Rentenversicherung weder umgestaltet noch sonst unmittelbar rechtlich betroffen. Insbesondere besteht hinsichtlich des Begründungselements im Bescheid vom 24.02.2011, die Tätigkeit sei als abhängige Beschäftigung ausgeübt worden, keinerlei Bindungswirkung für nachfolgende Verfahren nach § 7a oder § 28h SGB IV. Insoweit kommt der Entscheidung des Rentenversicherungsträgers nur Indizwirkung zu (Pietrek in Schlegel/Voelzke, juris-PK-SGB VI, § 2 RdNr 55).

Die Klägerin begehrt vielmehr die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der einer anderen - der Beigeladenen zu 1) - erteilt wurde. Sie kann durch jenen Verwaltungsakt allenfalls mittelbar betroffen sein, wenn sich – wie hier – die Einzugsstelle im Verfahren nach § 28h SGB IV der Auffassung des Rentenversicherungsträgers anschließt. Um eine Anfechtungsbefugnis zu bejahen, muss ein Drittbetroffener nach ständiger Rechtsprechung zu § 54 Abs 1 Satz 2 SGG jedoch behaupten können, dass der angefochtene Verwaltungsakt in seine eigenen rechtlichen Interessen eingreift (BSG 06.02.1992, 12 RK 15/90, BSGE 70, 99 = SozR 3-1500 § 54 Nr 15; BSG 10.05.2000, B 6 KA 20/99 R, BSGE 86, 126 = SozR 3-2500 § 85 Nr 37). Wann dies der Fall ist, richtet sich nach dem jeweiligen Rechtsgebiet, wobei im Einzelfall maßgebend ist, ob die Möglichkeit besteht, dass der angefochtene Verwaltungsakt gegen eine Rechtsnorm verstößt, die zumindest auch den Schutz individueller Interessen des Drittbetroffenen bezweckt (BSG 15.05.1991, 6 RKa 22/90, BSGE 68, 291 = SozR 3-1500 § 54 Nr 7). Nicht ausreichend ist eine Reflexwirkung, dass sich aus einer im Interesse der Allgemeinheit oder eines bestimmten Personenkreises erlassenen Norm zugleich auch eine Begünstigung einzelner Dritter ergibt (BSG 29.09.1999, B 6 KA 30/98 R, SozR 3-1500 § 54 Nr 40; BSG 19.12.2001, B 11 AL 57/01 R, BSGE 89, 119 = SozR 3-3870 § 2 Nr 2).

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe kommt einem Auftraggeber oder Arbeitgeber eines Lehrers keine Berechtigung zu, die Entscheidung des Rentenversicherungsträgers über dessen Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI anzufechten. Das Gesetz geht bei der Anordnung der Versicherungspflicht davon aus, bei selbständigen Lehrern bestehe ebenso wie bei anderen rentenversicherungspflichtigen Selbständigen ein den Arbeitnehmern vergleichbares Schutzbedürfnis, das ihre Einbeziehung rechtfertige. Danach sind bei typisierender Betrachtung selbständige Lehrer zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts ebenso wie Arbeitnehmer maßgeblich auf die Verwertung ihrer eigenen Arbeitskraft angewiesen. Darauf, ob der Einzelne bereits anderweitige Vorsorge getroffen hat, zB durch eine private Lebensversicherung oder ob er sonst wegen seiner wirtschaftlichen Verhältnisse des sozialen Schutzes nicht bedarf, kommt es bei der generalisierenden und typisierenden Regelung des § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI nicht an (BSG 12.10.2000, B 12 RA 2/99 R, SozR 3-2600 § 2 Nr 5). Der Schutz von Interessen der Auftraggeber der nach § 2 SGB VI versicherungspflichtigen Selbstständigen ist mit der Vorschrift nicht intendiert, es geht allein darum, selbstständige Lehrer sozial zu sichern.

Nichts anderes folgt daraus, dass der Klägerin der an die Beigeladene zu 1) gerichtete Bescheid bekannt gegeben worden ist. Von einer überflüssigerweise erfolgten Hinzuziehung nach § 12 Abs 1 Nr 4 SGB X gehen keine weitergehenden Rechtswirkungen aus, insbesondere werden keine sonst nicht zustehenden Verfahrensrechte begründet. Hier lagen schon die Voraussetzungen für die Hinzuziehung nach § 12 Abs 2 Satz 1 SGB X nicht vor, denn die rechtlichen Interessen der Klägerin werden durch den Ausgang des Verfahrens nicht berührt. Es besteht auch überhaupt kein Bedarf, die Klägerin in diesem Verfahren zu beteiligen, denn der Bescheid nach § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI entfaltet, wie bereits ausgeführt, keinerlei Bindungswirkung für die im Rahmen der Prüfung nach § 7a oder § 28h SGB IV zu treffende Feststellung, ob die Beigeladene zu 1) bei der Klägerin abhängig beschäftigt war. Nur diese Entscheidung betrifft die Klägerin in eigenen Rechten, da der Versicherungspflicht die Beitragspflicht folgt. Der Klägerin steht die Möglichkeit offen, eine volle gerichtliche Überprüfung des Bestehens der Versicherungspflicht in dem dafür vorgesehenen Verfahren zu erreichen, indem sie das Widerspruchsverfahren gegen den ihr gegenüber erlassenen Bescheid der Einzugsstelle vom 28.03.2011 fortführt.

Im Übrigen könnte die Klage auch dann keinen Erfolg haben, wenn man mit der Klägerin die Klagebefugnis mit der Argumentation bejahen würde, sie sei Adressatin eines an sie gerichteten, belastenden Widerspruchsbescheids. Denn unter keinem Gesichtspunkt kommt eine Verletzung der Klägerin in eigenen Rechten in Betracht, wie oben dargelegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, 52 Abs 2, 47 Gerichtskostengesetz. Die Höhe des Streitwerts entspricht dem Regelstreitwert von 5.000 EUR, da es der Klägerin nicht um eine konkrete Beitragsforderung geht.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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