L 9 R 531/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 842/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 531/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 12. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Die am 1959 geborene Klägerin hat den Beruf der Friseurin erlernt und war zuletzt als Reinigungskraft versicherungspflichtig beschäftigt.

Am 21.03.2011 beantragte sie die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Die Beklagte zog den Entlassungsbericht über die vom 08.12.2010 bis 05.01.2011 durchgeführte medizinische Rehabilitation in der R.-Klinik O. d. T. in B. M., den Befundbericht des Kreiskrankenhauses S. vom 19.10.2010 sowie weitere Berichte aus den Jahren 1993 bis 2011 bei und lehnte den Antrag mit Bescheid vom 26.04.2011 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die vorliegende Morbus Crohn-Erkrankung, die vorbeschriebene reaktive depressive Episode und die bestehende Hörminderung stünden einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht entgegen. In der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung als Reinigungskraft könne die Klägerin mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein, so dass sie nicht berufsunfähig sei. Zum von der Klägerin erhobenen Widerspruch nahm Dr. L. vom sozialmedizinischen Dienst der Beklagten unter dem 14.10.2011 dahingehend Stellung, in dem Bericht über das stationäre Heilverfahren werde die Haupterkrankung des Morbus Crohn als nicht wesentlich aktiv beschrieben, nach Abschluss des Heilverfahrens habe die Rehaeinrichtung resümiert, dass hinsichtlich leidensgerechter Tätigkeiten des sogenannten allgemeinen Arbeitsmarktes ein vollschichtiges Leistungsvermögen vorliege. Das ebenfalls von der Klinik dokumentierte reaktive depressive Syndrom sei bei dieser sozialmedizinischen Einschätzung als zweite Hauptdiagnose berücksichtigt und entsprechend durch qualitative Einschränkungen des Leistungsbildes in die Gesamtbeurteilung einbezogen worden. Diesbezüglich könne zusätzlich darauf verwiesen werden, dass im Rahmen eines Therapievorschlages eine psychopharmakologische Therapie nicht und eine ambulante Psychotherapie nur für gegebenenfalls notwendig erachtet werde. Aus den weiteren medizinischen Unterlagen ergebe sich kein neuer medizinischer Sachverhalt. Der Widerspruch wurde von der Beklagten durch Widerspruchsbescheid vom 13.02.2012 zurückgewiesen.

Am 09.03.2012 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben mit der Begründung, sie leide unter einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung mit häufigen Durchfällen und Blutverlusten mit konsekutiver Eisenmangelanämie und Thrombozytose. Die Belastbarkeit des Achsenskelettes sei aufgrund von Restbeschwerden nach traumatischer Fraktur des ersten Lendenwirbelkörpers und des Schambeins nach einem Autounfall 1996 stark eingeschränkt. Des Weiteren liege eine Minderung der Funktionstüchtigkeit der linken oberen Extremität aufgrund der röntgenologisch nachgewiesenen Periarthritis vor. Es sei nur noch ein Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden täglich gegeben, und dies nur unter der Voraussetzung, dass sie eine Toilette in der Nähe habe, die sie jederzeit nutzen könne.

Der vom SG befragte Arzt für Innere Medizin Dr. M. hat unter dem 15.06.2012 angegeben. bei der Klägerin lägen eine chronisch entzündliche Darmerkrankung mit häufigen entzündlichen Schüben, eine Funktionsbehinderung der Lendenwirbelsäule, eine mittelgradige Funktionseinschränkung der linken Schulter und eine linksseitige Fazialisparese sowie eine chronisch obstruktive Bronchitis vor. Die Perioden mit abdominellen krampfartigen Beschwerden hätten seit Januar 2011 zugenommen, so dass ein hoher Cortison-Einsatz erforderlich sei. Bei einer leichten beruflichen Tätigkeit müssten Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 7,5 kg ohne Hilfsmittel vermieden werden. Die Klägerin könne keine Tätigkeiten mit häufigem Bücken und Hocken ausüben, Arbeiten in Zwangshaltung, Überkopfarbeiten, mit erhöhtem Stresstriggerfaktor und Akkordarbeiten sowie Tätigkeiten unter Zeitdruck müssten ebenso vermieden werden wie Nässe, Kälte, Zugluft und stark wechselnde Temperaturen. Zudem könne die Klägerin keine Arbeiten mit inhalativen Belastungen verrichten und müsse bei einer beruflichen Tätigkeit die Möglichkeit zur schnellen Nutzung einer Toilette auch außerhalb der betriebsüblichen Pausen haben.

Zu dem Befundbericht hat die Beklagte eine sozialmedizinische Stellungnahme des Obermedizinalrats F. vorgelegt, der ausgeführt hat, Dr. M. beschreibe keine konkreten klinisch-funktionellen Befunde, aus deren Ausmaß sich Belege für eine verminderte Belastbarkeit der Klägerin hätten ableiten ließen. Soweit dieser ausführe, dass die Klägerin die Möglichkeit zur schnellen Nutzung einer Toilette bekommen sollte, um auch außerhalb der betriebsüblichen Pausen eine Toilette aufsuchen zu können, sei davon auszugehen, dass dieser die zu einer normalen Arbeitszeit zählenden individuellen bzw. persönlichen Verteil- bzw. Bedarfszeiten nicht kenne. Diese gestatteten auch außerhalb von an Zeittakt gebundenen Betätigungen das unverzügliche Aufsuchen einer Toilette bei Bedarf. Bemerkt werden solle auch am Rande, dass der Nikotin-Konsum nicht nur die chronisch-obstruktive Bronchitis unterhalte, sondern auch zu einer Beschleunigung der Darmtätigkeit zu führen pflege. Zweifellos würde eine Einstellung der Nikotin-Benutzung einen Beitrag dazu leisten, dass sowohl die Durchfallfrequenz zurückgehe, als auch die Stuhlkonsistenz zunehme.

Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgericht (SGG) hat das SG Beweis erhoben durch die Einholung eines internistischen Sachverständigengutachtens bei Prof. Dr. von T., S. Kliniken Landkreis B ... Dieser hat unter dem 11.04.2013 ausgeführt, an der Diagnose eines Morbus Crohn könne nicht gezweifelt werden, wenngleich das Beschwerdebild nur zu einem geringen Umfang durch die Häufigkeit der Darmentleerung beeinflusst werde. Die Stuhlentleerungssymptomatik sei zwar subjektiv störend, schränke jedoch die Leistungsfähigkeit der Klägerin nur unwesentlich ein. Im Vordergrund der Beschwerden stünden die rezidivierend auftretenden krampfartigen Bauchschmerzen sowie das Völlegefühl. Der Fokus in der Beurteilung der klinischen Beschwerden müsse daher nicht so sehr im Vorliegen eines typischen Morbus Crohn, sondern vielmehr im Vorliegen einer Motilitätsstörung des Dünndarms gesehen werden, wobei auch die Ursache hierfür äußerst ungewöhnlich sei. Es müsse von einem Krankheitsbild ausgegangen werden, das einerseits verursacht werde durch den anamnestisch bekannten Morbus Crohn, andererseits inzwischen längst eine eigene Krankheitsentität aufweise und für die Klägerin von entscheidender Relevanz sei. Die weiter aufgestellten Diagnosen Funktionsbehinderung der Lendenwirbelsäule und mittelgradige Funktionseinschränkung der linken Schulter könnten nicht beurteilt werden, da diese Diagnosen nicht im Fokus der medizinischen Behandlung der letzten Monate gestanden hätten. Die festgestellte Diagnose einer chronisch-obstruktiven Bronchitis bei Nikotinabusus spiele für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit aktuell eine eher untergeordnete Rolle, für das bestehende Krankheitsbild fehle es an einer gesicherten wirksamen Therapie. Aufgrund der klar zu erkennenden Erkrankung sei zu befürchten, dass es in den nächsten Monaten und Jahren wiederholt zu abdominellen Schmerzen sowie möglicherweise auch zu Darmverschlüssen kommen werde, so dass die Prognose auf gastroenterologischem Fachgebiet als äußerst ungünstig anzusehen sei. Neben der abdominellen Beschwerdesymptomatik sei es während der letzten Monate zu weiteren erheblichen Funktionseinschränkungen auf weiteren Fachgebieten gekommen. Eine sitzende Tätigkeit sei maximal mit einem täglichen Umfang von drei Stunden möglich, wenn regelmäßige Pausen und die Möglichkeit zur Benutzung einer Toilette gewährt würden. Mit einer wesentlichen Änderung des Beschwerdebildes sei nicht zu rechnen.

Zu dem Sachverständigengutachten hat die Beklagte eine weitere sozialmedizinische Stellungnahme des Obermedizinalrats F. vom 07.06.2013 vorgelegt, der darauf hingewiesen hat, dass Prof. Dr. von T. ein behandelnder Arzt der Klägerin sei, dessen Gutachten nicht überzeuge.

Weiter hat die Beklagte den Entlassungsbericht über eine vom 26.03.2013 bis 26.04.2013 durchgeführte stationäre Rehabilitation in B. U. vorgelegt. Darin wird ausgeführt, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten vollschichtig ausgeübt werden könnten. Tätigkeiten mit erhöhten Anforderungen an Gang- und Standsicherheit, mit häufigem Treppensteigen, mit erhöhter Unfallgefahr sollten vermieden werden, weiterhin könnten keine Tätigkeiten in wirbelsäulenbelastenden Zwangshaltungen sowie das Heben und Tragen von Lasten über 5 kg geleistet werden. Zur vegetativen Anamnese hat die Reha-Klinik ausgeführt, dass der Appetit gut und das Gewicht konstant gewesen sei, das Stuhlgangsverhalten habe sich mit ein- bis zweimal täglich unauffällig gezeigt, eine Dranginkontinenz habe bestanden. Als kardiovaskulärer Risikofaktor wurde ein chronischer Nikotinabusus beschrieben, weiterhin hätten rezidivierende Schmerzen im LWS-Bereich und im Bereich der rechten Schulter bestanden. Die Funktionseinschränkungen im Beruf seien nicht abschließend beurteilbar, da das Berufsleben noch nicht wieder aufgenommen worden sei. Die Klägerin sei bewusstseinsklar, voll orientiert, ohne inhaltliche oder formale Denkstörungen gewesen, im Anamnesegespräch habe sich kein Anhalt für mnestische Störungen bei etwas gedrückter Stimmungslage gezeigt. Kognitiv könne die Klägerin aus neuropsychologischer Sicht zumindest leichte Tätigkeiten ausüben, aus psychologischer Sicht bestehe durch die Lebensentwicklung, die Krankheitsbiographie und die daraus resultierenden sozialen Folgen eine psychische Belastung. Die letzte berufliche Tätigkeit als Reinigungskraft könne nur noch in begrenztem zeitlichen Umfang verrichtet werden, die Klägerin werde arbeitsunfähig entlassen. Nach einer weiteren häuslichen Rekonvaleszenz zur Stabilisierung sei davon auszugehen, dass sie ihre bislang ausgeübte Tätigkeit als Reinigungskraft in begrenztem zeitlichen Umfang wieder ausüben könne. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten leichte Tätigkeiten vollschichtig verrichtet werden. Unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen seien auf dem Arbeitsmarkt keine Einschränkungen gegeben, eine Sozialberatung sei durchgeführt worden. Eine Pflegebedürftigkeit liege nicht vor, die Selbstversorgung sei vorhanden, im Alltag sei die Klägerin selbstständig.

Mit Schreiben vom 19.09.2013 hat Prof. Dr. von T. ergänzend ausgeführt, das Schmerzempfinden der Klägerin unterliege zahlreichen Einflüssen. Aufgrund der Beschwerdedauer, mangelnder therapeutischer Perspektiven und zahlreicher weiterer Kontextfaktoren sei bereits eine Chronifizierung eingetreten, welche sich zusätzlich negativ auf das Phänomen Schmerz auswirke. Seit mindestens 2010 liege durch Verwachsungen eine Passagestörung des Darmes vor, welche nach fast jeder Nahrungsaufnahme zu erheblichen krampfartigen Bauchschmerzen führe, was dazu führe, dass die Klägerin zu keiner geregelten Tätigkeit in der Lage sei und körperliche Ruhe benötige. Die Schwere dieser Beschwerden werde durch die Tatsache unterstrichen, dass sie sich während der letzten Jahre insgesamt dreimal wegen eines Darmverschlusses in stationäre Behandlung habe begeben müssen. Es bestehe daher kein Zweifel an den beklagten Funktionseinschränkungen, welche keiner kausalen Therapie zugänglich seien.

Mit Urteil vom 12.12.2013 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, zwar sei zweifelhaft, ob der Klägerin ihre letzte Tätigkeit als Reinigungskraft weiterhin zumutbar sei. Jedenfalls sei sie trotz der bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig auszuüben. Auf internistischem Fachgebiet liege bei der Klägerin ein Morbus Crohn vor, hinsichtlich dessen die Entlassungsberichte über die durchgeführten stationären Rehabilitationen allerdings auf eine geringe Entzündungsaktivität verwiesen. Dies werde auch durch den Sachverständigen Prof. Dr. von T. bestätigt, der darüber hinaus darauf hinweise, dass das Stuhlgangverhalten zwar als subjektiv störend empfunden wird, sich daraus jedoch nur eine unwesentliche Einschränkung ergebe. Diese Feststellungen stimmten mit denen der Reha-Klinik B. U. überein, die ein unauffälliges Stuhlgangsverhalten mit ein bis zwei Stuhlgängen täglich beschreibe. Die Darmerkrankung gebiete es somit, dass die Klägerin an ihrem Arbeitsplatz kurzfristig eine Toilette aufsuchen könne, begründe aber weder ein Erfordernis zu betriebsunüblichen Pausen, noch ergebe sich hieraus eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes. Diesbezüglich habe Obermedizinalrat F. schlüssig auf die zu einer normalen Arbeitszeit zählenden persönlichen Verteil- und Bedarfszeiten verwiesen, darüber hinaus könne diesem Umstand durch qualitative Einschränkungen, wie dem Unterlassen von Arbeiten im Freien und Akkordarbeiten, Rechnung getragen werden. Weiterhin habe die Rehaklinik B. U. einen guten Appetit und ein konstantes Gewicht beschrieben, in ähnlichem Sinne habe die Rehaklinik B. M. 2011 eine Ernährung im Sinne einer blähungs- und reizstoffarmen leichten Vollkost empfohlen. Dass die Erkrankung, wie Prof. Dr. von T. ausführe, zu Zeiten der Arbeitsunfähigkeit führen könne und eine zukünftige Verschlechterung nicht auszuschließen sei, rechtfertige keine andere Beurteilung, da Arbeitsunfähigkeitszeiten nicht mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit gleichgesetzt werden könnten. Auf orthopädischem Fachgebiet bestünden Schmerzen im Bereich der rechten Schulter sowie im Bereich der LWS, sodass weder Tätigkeiten in wirbelsäulenbelastenden Zwangshaltungen noch das Heben und Tragen von Lasten über 5 kg mehr möglich sind. Diese qualitativen Einschränkungen wirkten sich aber nicht auf das zeitliche Leistungsvermögen aus. Zum psychischen Befund habe die Rehaklinik eine etwas gedrückte Stimmungslage und moderate Defizite im Bereich der Aufmerksamkeit beschrieben, woraus sich weitere qualitative Einschränkungen dahingehend ergäben, dass keine Akkordtätigkeiten und Tätigkeiten unter besonderem Zeitdruck mehr ausgeübt werden könnten. Auch hieraus ergebe sich jedoch eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens nicht.

Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe ebenfalls nicht. Die Klägerin verfüge zwar über eine abgeschlossene Ausbildung als Friseurin, habe diesen Beruf aber seit der Ausbildung nicht mehr ausgeübt und sei zuletzt versicherungspflichtig als Reinigungskraft beschäftigt gewesen, sodass auf diese Tätigkeit für die Frage des Berufsschutzes abzustellen sei und daher eine Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe, für den vollschichtiges Leistungsvermögen vorhanden sei.

Gegen das ihren Bevollmächtigten am 08.01.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 31.01.2014 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen auf ihr bisheriges Vorbringen verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Ulm vom 12. Dezember 2013 und des Bescheids der Beklagten vom 26. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 2012 die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, gegebenenfalls bei Berufsunfähigkeit ab Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die ergangene Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat Beweis erhoben zunächst durch Befragung des Arztes für Psychotherapie Dr. Z. und der Psychologin Dr. Z ... Dr. Z. hat unter dem 13.03.2014 ausgeführt, mit der Klägerin seien drei Sitzungen im Sinne einer Verhaltenstherapie durchgeführt worden. Die Klägerin habe es schon in der Kindheit schwer gehabt und auch später, als sich ihr erster Mann vor vielen Jahren das Leben genommen habe und auch ihre Kinder sehr betroffen reagiert hätten. Danach sei es ohne Partner um die Erziehung der Kinder gegangen, von denen der Sohn eine Opiatabhängigkeit entwickelt habe, weswegen er jetzt noch eine Substitutionsbehandlung mit Subutex bekomme. Hierdurch sowie durch Probleme mit ihrer Tochter und dem neuen Partner entstünden immer wieder Schwierigkeiten, die für sie so irritierend seien, dass sie auch mehr Schmerzen habe im Zusammenhang mit den feststellbaren organischen Veränderungen. Dr. Z. hat unter dem 01.04.2014 angegeben, sie habe bislang ein psychotherapeutisches Gespräch mit der Klägerin geführt, die unter einer depressiven Symptomatik mit Niedergestimmtheit, Hoffnungslosigkeit, Schlafstörungen und chronischen Schmerzen auf der Basis multipler körperlicher Erkrankungen (u.a. Morbus Crohn) leide; des Weiteren lägen multiple lebensgeschichtlich bedingte psychische Belastungsfaktoren vor. Dadurch sei die psycho-physische Belastbarkeit eingeschränkt.

Der Senat hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines internistisch-gastroenterologischen Fachgutachtens bei Prof. Dr. Z., K. S ... Im Gutachten vom 05.08.2014 werden unter Einbeziehung eines radiologischen Zusatzgutachtens von Prof. Dr. R., K. S., vom 25.07.2014 folgende Diagnosen gestellt: Auf internistischem Gebiet chronische Unterbauchschmerzen bei Morbus Crohn mit chronischer abdomineller Lymphadenitis, Hypothyreose, Herzinsuffizienz NYHA I, Eisenmangelanämie und Lungenemphysem; auf orthopädischem Gebiet ein chronisches Lumbalsydrom, und auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet nichtaneurysmatische spinale SAB mit sensomotorischem L3-Syndrom links 12/2012, Z. n. Adrenalektomie links bei Nebennierenadenom am 07.04.2013, Z. n. Meningitis 1982 mit residueller peripherer Facialisparese links residueller spastischer Parese. Die körperliche Untersuchung der Klägerin habe die geschilderten Bauchschmerzen und eine Kraftminderung der Ex-tremitäten erbracht, jedoch keine neuen oder aggravierten Befunde. Die Laboruntersuchungen hätten Hinweise auf eine chronische Entzündungsaktivität im Rahmen der bekannten Autoimmunerkrankung Morbus Crohn ergeben. Es hätten sich außerdem Hinweise auf eine leichte Mangelernährung und eine leichtgradige Herzinsuffizienz ergeben. In der bildgebenden Diagnostik mit Röntgen-Thorax, CT-Thorax und Abdomensonographie hätten sich keine für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit bedeutenden Befunde, lediglich Zeichen einer abgelaufenen Lungenentzündung und gutartige Zysten in Leber und Niere gezeigt. Die Klägerin habe zu einer schnellen Beendigung der Begutachtung gedrängt und sei nicht zum Bleiben etwa zur echokardiographischen Abklärung der Herzinsuffizienz bereit gewesen. Unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (leichte körperliche Arbeit mit Heben und Tragen bis 5 kg, überwiegend sitzende Tätigkeit oder abwechslungsreiche Tätigkeit, Arbeit an Büromaschinen, langsam laufende Maschinen, Arbeiten bei Publikumsverkehr) bestehe eine Arbeitsfähigkeit von mindestens sechs Stunden. Mit der quantitativen Leistungsbeurteilung durch Prof. Dr. T. bestehe keine Übereinstimmung. Wie dieser auf eine Arbeitsfähigkeit von unter drei Stunden komme, gehe aus dem Gutachten nicht hervor. Die Schmerzsymptomatik und die erhöhte Stuhlfrequenz seien als Folge des Morbus Crohn nicht grundsätzlich heilbar, jedoch könne eine gute Symptomverbesserung durch adäquate medikamentöse Therapie (antientzündliche Medikation, Schmerzmittel, Eisensubstitution) und durch Veränderung der Lebensgewohnheiten (Stressvermeidung, ausreichender Schlaf, Nikotinkarenz, gesunde Ernährung) erzielt werden, wie es die Klägerin durch ihren Rauchstopp schon unter Beweis gestellt habe.

In einer ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme hat Prof. Dr. Z. unter dem 13.06.2015 ausgeführt, die gesetzlichen Arbeitspausen und üblichen Verteilzeiten von 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis neun Stunden bzw. bis zu 36 Minuten bei einer mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit würden für ausreichend lange gehalten bei der durch die Klägerin geschilderten Symptomatik mit drei bis vier Stuhlgängen pro Tag. Mit Blick auf ein vorgelegtes Attest des Internisten Dr. M. vom 09.01.2015 sei zur weiteren Abklärung bei einer Tachykardie im Langzeit-EKG eine Echokardiographie durchgeführt worden. Hierbei sei eine mittelgradig reduzierte linksventrikuläre Pumpfunktion mit diffuser Hypokinesie festgestellt worden.

Der Senat hat ergänzend den Entlassungsbericht der S.-Kliniken B. vom 01.06.2015 über einen dortigen Aufenthalt vom 18.05.2015 bis 01.06.2015 beigezogen. Darin werden die Diagnosen mesenterialer Unterbauchabszess bei Morbus Crohn und aktuellem Hb-Ausfall sowie hochgradig eingeschränkte Pumpfunktion (EF 29 %) gestellt. Weiter hat der schriftlich als Zeuge befragte Dr. B., Facharzt für Kardiologie/Innere Medizin unter dem 10.09.2015 angegeben, die Klägerin einmalig am 18.08.2015 behandelt zu haben. Er habe eine dilative Kardiomyopathie mit deutlich eingeschränkter Pumpfunktion festgestellt. Die Ursache sei noch zu klären, eine weitere Diagnostik sei eingeleitet. Es bestehe aufgrund dieser Erkrankung eine Herzinsuffizienz im NYHA Stadium II-III.

Die Klägerin hat ergänzend einen Befundbericht des U. U. vom 21.09.2015 über eine kardiovaskuläre Magnetresonanztherapie vorgelegt. Wegen der Einzelheiten wird hierauf Bezug genommen.

Unter Würdigung sämtlicher medizinischer Befunde hat die Beklagte anerkannt, dass die Klägerin seit 18.05.2015 (Datum der Aufnahme in den S.-Kliniken) voll erwerbsgemindert ist, zugleich aber unter Vorlage eines aktuellen Versicherungsverlaufs darauf hingewiesen, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmalig im März 2014 erfüllt seien.

Mit den Beteiligten wurde der Sach- und Streitstand am 27.01.2015 sowie am 03.11.2015 erörtert. Die Beteiligten sind darauf hingewiesen worden, dass beabsichtigt ist, gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zu entscheiden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

II.

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Der Senat hat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).

Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

Nicht erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich gemäß § 43 Abs. 4 SGB VI um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind: 1. Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, 2. Berücksichtigungszeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nr. 1 oder 2 liegt, 4. Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung. Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren ist für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gemäß § 43 Abs. 5 SGB VI nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

Anrechnungszeiten sind u. a. Zeiten, in denen Versicherte wegen Krankheit arbeitsunfähig (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) oder arbeitslos (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI) gewesen sind, wenn dadurch u. a. eine versicherte Tätigkeit unterbrochen ist (§ 58 Abs. 2 Satz 1 SGB VI).

Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung sind gemäß § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01. 01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit 1. Beitragszeiten 2. beitragsfreien Zeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb nicht beitragsfreie Zeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag, eine beitragsfreie Zeit oder eine Zeit nach Nr. 4, 5 oder 6 liegt, 4. Berücksichtigungszeiten, 5. Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder 6. Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet vor dem 01. Januar 1992 (Anwartschaftserhaltungszeiten) belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung vor dem 01.01.1984 eingetreten ist. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, ist eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich (§ 241 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Versicherte, deren Leistungsvermögen sich am allgemeinen Arbeitsmarkt orientiert, sind grundsätzlich auf jede erwerbswirtschaftliche Tätigkeitsart verweisbar, die keine formale Ausbildung erfordert. In diesen Fällen besteht daher nach ständiger Rechtsprechung des BSG auch grundsätzlich kein Anlass zur Benennung einer spezifischen Verweisungstätigkeit, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteile vom 18.04.1978, Az.: 4 RJ 55/77; vom 28.08.1991, Az.: 13/5 RJ 47/90).

Die anspruchsbegründenden Tatsachen, also neben den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (insbes. Versicherungszeiten) der Umstand, dass das Leistungsvermögen des Versicherten allein wesentlich bedingt durch Krankheit oder Behinderung ab einem bestimmten Zeitpunkt dauerhaft derart herabgesunken ist, dass er mit seinem Restleistungsvermögen nicht mehr in der Lage ist, mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, müssen im Vollbeweis nachgewiesen sein, d.h. die Tatsachen müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen (vgl. Bayrisches Landessozialgericht [LSG], Urteil v. 26.07.2006, Az.: L 16 R 100/02, in Juris).

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden kann (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 128). Oder in anderen Worten gesagt - das Gericht muss von der zu beweisenden Tatsache mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit ausgehen können (vgl. BSGE 45, 285, 287). Es darf kein vernünftiger, in den Umständen des Einzelfalles begründeter Zweifel mehr bestehen (vgl. z.B. Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 118 Rdnr. 5 ff. m.w.N.).

Kann das Gericht die genannten Tatsachen trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht feststellen, gilt der Grundsatz, dass jeder die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen (vgl. BSGE 27, 40). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht im Vollbeweis nachgewiesen werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleiten möchte, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des Klägers (vgl. BSGE 6, 70, 72). Denn für das Vorliegen der rechtsbegründenden Tatbestandsvoraussetzung der Erwerbsminderung trägt der Versicherte die Darlegungs- sowie die objektive Beweislast (vgl. BSG SozR 3-2600 § 43 Nr.14).

Unter Berücksichtigung dieser Grundlagen stellt der Senat fest, dass eine Erwerbsminderung in rentenberechtigendem Ausmaß bei der Klägerin für die Zeit bis März 2014 nicht nachgewiesen ist. Nach dem in den Akten vorliegenden Versicherungsverlauf vom 30.10.2015 (Bl. 225 ff. d. Senatsakte) sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der sog. 3/5-Belegung (§ 43 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) aber letztmals am 31.03.2014 erfüllt. Denn nur im Zeitraum vom 31.03.2009 bis 30.03.2014 liegen aufgrund der bescheinigten Pflichtbeitragszeiten von März 2009 bis Februar 2012 noch 36 Monate mit gezahlten Pflichtbeiträgen vor. Weitere rentenrechtliche bedeutsame Zeiten sind in dem Versicherungsverlauf über den Februar 2012 hinaus nicht vermerkt. Auch Verlängerungstatbestände im Sinne des § 43 Abs. 4 SGB VI liegen nicht vor. Die Klägerin hat in dieser Zeit zwar eine geringfügige Beschäftigung als Reinigungskraft ausgeübt, aus dieser Tätigkeit wurden aber keine Pflichtbeiträge entrichtet. Die bei der Beklagten unter dem 11.11.2015 beantragte Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen ändert hieran nichts, weil für die Vorversicherungszeit i.S.d. § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung erforderlich sind. Abgesehen davon bedarf es für die Erfüllung der rentenbegründenden Vorversicherungszeit i.S.d. § 43 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI grundsätzlich der tatsächlichen (Nach-) Entrichtung von (Pflicht-) Beiträgen für diesen Zeitraum (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 19.05.2006 - B 13 RJ 25/03 R -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.07.2014 - L 9 R 2952/11 -; LSG Bayern, Beschluss vom 10.05.2000 - L 13 R 253/10 B PKH - (jeweils juris)), an welcher es jedenfalls derzeit fehlt.

Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nach § 43 Abs. 4 und 5 SGB VI liegen ebenfalls nicht vor. Die Klägerin war auch nicht schon vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren voll erwerbsgemindert bzw. erwerbsunfähig (§ 43 Abs. 6 SGB VI) und kann weitere Ansprüche schließlich auch nicht aus der Übergangsvorschrift des § 241 Abs. 2 SGB VI herleiten. Hierzu müsste die Wartezeit von fünf Jahren schon vor 1984 erfüllt gewesen sein, und danach müssten durchgehend Pflichtbeiträge entrichtet worden sein (z.B. wegen selbstständiger Tätigkeit bei nur freiwilliger Beitragszahlung, oder wegen Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit oder wegen Einstellung der Erwerbstätigkeit bei freiwilliger Beitragszahlung) oder die Zeiten müssten durchgängig mit sonstigen Anwartschaftserhaltungszeiten belegt sein. Dies ist aber nicht der Fall, da ausweislich des vorliegenden Versicherungsverlaufs versicherungsrechtliche Lücken bestehen zwischen dem 28.01.2003 und dem 23.04.2003, dem 31.07.2005 und dem 01.01.2006, dem 06.05.2008 und dem 01.07.2008 sowie ab dem 09.02.2012. Eine lückenlose Belegung aller Kalendermonate vom 01.01.1984 bis zum Versicherungsfall der Erwerbsminderung ist damit nicht gegeben. Die Lücken im Versicherungsverlauf können auch nicht mehr vollständig durch Nachzahlung freiwilliger Beiträge geschlossen werden. Denn diese Möglichkeit bestünde nur dann, wenn kraft gesetzlicher Bestimmungen eine Beitragszahlung für entsprechende Lückenzeiträume noch gesetzlich zulässig wäre. Nach § 197 Abs. 2 SGB VI sind freiwillige Beiträge aber nur dann noch wirksam zahlbar, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden. Für eine Härte nach § 197 Abs. 3 SGB VI für diese Zeiträume ist nichts vorgetragen und auch sonst nichts ersichtlich. Zudem ist der Rentenantrag vom 21.03.2011 nicht geeignet, die Nachentrichtungsfrist des § 197 Abs. 2 SGB VII für alle genannten Lücken zu unterbrechen (vgl. § 198 Satz 1 SGB VI).

Ausgehend hiervon ist auch zur Überzeugung des Senats eine Erwerbsminderung in rentenberechtigendem Ausmaß bei der Klägerin für die Zeit bis März 2014 nicht nachgewiesen. Insoweit teilt der Senat die vom SG im angefochtenen Urteil getroffene und ausführlich begründete Einschätzung, dass das quantitative Leistungsvermögen der Klägerin für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts für diese Zeit nicht eingeschränkt ist. Der erkennende Senat schließt sich dem an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend und im Hinblick auf die vom Senat durchgeführte Beweisaufnahme ist (lediglich) festzustellen, dass auch die weiteren Begutachtungen kein Absinken des zeitlichen Leistungsvermögens der Klägerin bis zum Zeitpunkt des letztmaligen Vorliegens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (März 2014) auf unter drei Stunden ergeben haben. Dies ergibt sich insbesondere aus dem ausführlichen und schlüssig begründeten internistischen Gutachten von Prof. Dr. Z. vom 05.08.2014, welches aufgrund einer Untersuchung der Klägerin am 27.05.2014 erstellt wurde und in welchem unter Würdigung sämtlicher relevanter Erkrankungen ein Leistungsvermögen der Klägerin für leichte Arbeiten von noch mindestens sechs Stunden zugrunde gelegt wurde. Diese Einschätzung überzeugt auch unter Berücksichtigung der vom Gutachter gewürdigten kardiologischen Problematik, welche sich (erst) im Jahr 2015 massiv verschlimmert und der Beklagten Veranlassung gegeben hat zur Anerkennung einer vollen Erwerbsminderung ab 18.05.2015 (Zeitpunkt der stationären Aufnahme in den S.-Kliniken). Denn zum Begutachtungszeitpunkt 27.05.2014 war bei der Klägerin - die zu diesem Zeitpunkt (kurzzeitig) mit dem Rauchen aufgehört hatte - lediglich eine leichtgradige Herzinsuffizienz NYHA I messbar, die zu keiner signifikanten Leistungseinschränkung führt. Auch im Übrigen waren zu diesem Zeitpunkt keine körperlichen oder psychischen Leistungseinschränkungen nachgewiesen, die eine zeitliche Leistungsminderung begründen könnten. Solche folgen auch nicht auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet aus den Aussagen der schriftlich befragten Dres. Z. und Z ...

Der Senat vermag für den hier streitigen Zeitraum auch nicht festzustellen, dass eine schwere spezifische Leistungsbehinderung bzw. eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorgelegen hat. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen ist nur in Betracht zu ziehen, wenn die Fähigkeit des Versicherten, zumindest körperlich leichte Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, zusätzlich in erheblichem Umfang eingeschränkt ist. Solche zusätzliche - über das Erfordernis einer körperlich leichten Arbeit hinausgehende - Leistungseinschränkungen bestanden für die Klägerin bis März 2014 nicht.

Auch ein sogenannter Katalogfall (vgl. hierzu BSG in SozR 2200 § 1246 Nrn. 137 und 139) liegt nicht vor:

Die Wegefähigkeit wurde von keinem der gehörten Sachverständigen als so eingeschränkt beschrieben, als dass übliche Wegstrecken (mindestens 500 Metern in bis zu 20 Minuten) nicht mehr bewältigt werden konnten oder die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ausgeschlossen gewesen sein könnte. Auch die Morbus Crohn-Erkrankung vermag im betreffenden Zeitraum weder eine zeitliche Limitierung noch eine spezifische Leistungseinschränkung zu begründen.

Befunde, die belegen könnten, dass wegen dieser Erkrankung bzw. bei einer Gesamtbetrachtung mit den sonstigen Leiden betriebsunübliche Pausen erforderlich waren oder sein könnten, liegen ebenfalls nicht vor. Betriebsunübliche Arbeitsbedingungen aus gesundheitlichen Gründen liegen dann vor, wenn der gesetzliche Arbeitspausenanspruch und die üblichen Verteilzeiten (zusammen genommen) nicht ausreichen. Nach § 4 Satz 1 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) besteht ein gesetzlicher Arbeitspausenanspruch von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden sowie von mindestens 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden. Kurzpausen von weniger als 15 Minuten alle zwei Stunden gelten bspw. im Bereich des öffentlichen Dienstes nicht als Arbeitszeit verkürzende Pausen (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 08.05.2008 - L 3 R 478/04 - (juris), Rdnr. 41; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.03.2007 - L 11 R 684/06 - (juris), Rdnr. 34; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.08.2003 - L 14 RJ 137/01 - (juris), Rdnr. 35 jeweils m.w.N.). In der Personalbedarfsberechnung in Wirtschaft und Verwaltung werden zudem persönliche Verteilzeiten von bis zu zwölf Prozent der tariflichen Arbeitszeit veranschlagt. Unter persönlichen Verteilzeiten versteht man Zeitanteile, die nicht für den Arbeitsprozess selbst verwendet werden, aber dennoch als Arbeitszeit gerechnet werden (z.B. persönliche Verrichtungen, Toilettengänge, Erholungs- und Entspannungszeiten außerhalb der Pausen) und deshalb bei der Ermittlung des Personalbedarfs, der Kapazität und des Auslastungsgrades berücksichtigt werden. Wenn daher erfahrungsgemäß etwa zehn Prozent der Arbeitszeit an persönlicher Verteilzeit kalkuliert werden (vgl. Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung, 6. Auflage 2003, S. 52), steht bei mindestens sechsstündiger Erwerbstätigkeit ein Ruhepausenkontingent von bis zu 36 Minuten im Rahmen der persönlichen Verteilzeit zur Verfügung, das es grundsätzlich ermöglicht - unter betriebsüblichen, in der Arbeitswirklichkeit praktizierten Bedingungen - auch Erholungs-, Entlastungs- und Entspannungsphasen durchzuführen. Hiernach bedurfte die Klägerin aufgrund ihrer Morbus Crohn-Erkrankung bis März 2014 auch keiner betriebsunüblichen Pausen, was der Senat den schlüssigen Ausführungen von Prof. Dr. Z. in dessen Gutachten, welches zeitnah zum letztmaligen Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erstattet wurde, entnimmt.

Ein Anspruch nach § 240 SGB VI liegt schon deshalb nicht vor, weil die Klägerin in ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Reinigungskraft ungelernte Tätigkeiten ausgeübt hat und daher auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verweisbar ist. Eine konkrete Benennung der Verweisungstätigkeit ist daher nicht erforderlich.

Die Berufung war daher zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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