Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 17 U 5778/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 4261/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 2. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob beim Kläger eine Berufskrankheit nach Nr. 2112 (Gonarthrose) der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) vorliegt und ob dem Kläger deswegen ein Anspruch auf Leistungen zusteht.
Der 1956 geborene Kläger begann im September 1971 eine Lehre zum Kfz-Mechaniker. Nach Abschluss dieser Ausbildung war er bis 31.12.1975 in diesem Beruf tätig. Nach der Ableistung des Wehrdienstes (01.01.1976 bis 31.03.1977 als Lkw-Fahrer) war der Kläger vom 01.04.1977 bis 28.02.1999 bei der B. Winzerkellerei B. in der Werkstatt (Abfüllung) und ab 01.03.1999 bis 28.02.2010 bei der Firma S. GmbH als Servicetechniker im Außendienst tätig. Kniebeschwerden traten erstmals beim Wehrdienst 1976 (Befunde: Bänderdehnung und Meniskusschaden) auf (Erklärung des Klägers vom 31.05.2011 - Blätter 60, 61 Beklagten-Akte).
Am 25.11.2010 meldete der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (künftig Beklagte) den Verdacht des Bestehens einer Gonarthrose, hervorgerufen durch kniende Tätigkeit (Ziffer 2112 BKV). Mit weiterem Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 25. November 2010 machte der Kläger außerdem "Leistungen geltend nach Ziffer 2102 BKVO". Hinsichtlich dieses Begehrens führte die Beklagte ein weiteres Feststellungsverfahren durch, das Gegenstand eines beim Senat anhängigen Berufungsverfahrens (L 8 U 3782/14) war; diese Berufung wurde mit Urteil des Senats vom 23.10.2015 zurückgewiesen.
Die Beklagte veranlasste im vorliegenden Feststellungsverfahren zur BK Nr. 2112 Ermittlungen zu gefährdenden Tätigkeiten durch den Präventionsdienst. Der Präventionsdienst kam zu dem Ergebnis, hinsichtlich der Tätigkeit des Klägers als Kfz-Mechaniker bis 1975 und bei der Firma S. GmbH ergebe sich ein Dosiswert von 5390 Stunden kniende Haltungen (Bericht vom 5.10.2011); hinsichtlich seiner Tätigkeit im Betrieb der b. Winzerkellerei sei der Kläger insgesamt einer kumulativen Kniebelastung von 7276 Stunden ausgesetzt gewesen (Bericht vom 06.07.2012, Aktennotiz vom 02.07.2012 und arbeitstechnische Anamnese zur Berufskrankheit Nr. 2112 - Blätter 78 bis 108 Beklagtenakte). Die Beklagte zog außerdem von der Krankenkasse B. L. das Vorerkrankungsverzeichnis des Klägers vom 05.07.2011 für den Zeitraum vom 12.08.2001 bis 23.07.2010 bei. Im Feststellungsverfahren zum Vorliegen einer BK Nr. 2102 BKV nahm die Beklagte medizinische/radiologische Befundunterlagen zu den Akten (insbesondere: Berichte Dr. G. vom 12.01.1977, 03.02.1977 und 07.03.1977, Diagnose: Chondropathia patellae mit Reizzustand im Kniegelenk links; Berichte des R.-Krankenhauses B. R. vom 15.10.1987 und OP-Bericht vom 25.09.1987 - Diagnose: Typische Korbhenkelriss Bildung des linken Innenmeniskus - und vom 28.11.1991 sowie OP-Bericht vom 19.11.1991, Diagnosen: Degenerativer Innenmeniskushinterhornlappenriss und Chondromalazie Grad II des rechten Kniegelenks; Durchgangsarztbericht Dr. T. vom 23.03.2009, Diagnosen: Verdacht auf Innenmeniskusläsion, Synovitis, Verdacht auf Kartilaginäre Exostose und initiale Varusgonarthrose jeweils linkes Kniegelenk; Radiologiebericht Dr. H. vom 01.04.2009, Diagnosen: Degenerative Ruptur des Innenmeniskushinterhornes, diffuser femorotibialer Knorpelschaden medial Grad III bis IV und fortgeschrittener Trochlea Knorpelschaden linkes Knie). Außerdem zog die Beklagte das im Feststellungsverfahren zum Vorliegen einer BK Nr. 2102 eingeholte Gutachten des Prof. Dr. St. vom 3. April 2012 bei. Prof. Dr. St. diagnostizierte in seinem Gutachten (u.a.) Funktionsbeeinträchtigungen der Knie, links stärker als rechts, bei Zustand nach Innenmenisektomien mit nachfolgenden degenerativen Veränderungen. Meniskopathien hätten (linksbetont) zu degenerativen Kniegelenksveränderungen mit daraus resultieren Funktionsbeeinträchtigungen geführt. Röntgenverlaufsserien dokumentierten am linken Knie eine fortschreitende, jetzt mittelgradige Arthrose, rechts eine beginnende.
Mit Bescheid vom 22.03.2013 lehnte die Beklagte das Vorliegen einer BK Nr. 2112 BKV ab und teilte dem Kläger mit, dass er daher keinen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung habe. Nach den Ermittlungen des Präventionsdienstes habe eine beruflich bedingte Gesamtkniebelastung von 12.666 Stunden festgestellt werden können. Die für eine Feststellung einer BK Nr. 2112 erforderliche kumulative Einwirkungsdauer von mindestens 13.000 Stunden sei damit unterschritten. Somit seien die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK Nr. 2112 BKV nicht erfüllt. Zudem liege nach dem Gutachten des Prof. Dr. St. keine primäre Gonarthrose vor.
Gegen den Bescheid vom 22.03.2013 legte der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 24.04.2013 Widerspruch ein, der nicht begründet wurde. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine geeignete schädigende Einwirkung sowie das medizinische Bild der Berufskrankheit lägen nicht vor.
Am 20.12.2013 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG), ohne diese zu begründen.
Mit Gerichtsbescheid vom 02.10.2014 wies das SG die Klage ab. Das SG nahm zur Begründung auf den Bescheid vom 22.03.2013 Bezug und führte ergänzend aus, die Voraussetzungen einer BK Nr. 2112 BKV seien nicht erfüllt. Arthrotische Veränderungen an den Kniegelenken seien bereits 1991 vermerkt, zu einem Zeitpunkt, in welchem die arbeitstechnischen Voraussetzungen auf jeden Fall nicht erfüllt gewesen seien. Auch die Ausführungen der Beklagten hinsichtlich der medizinischen Voraussetzungen seien zutreffend. Erst im Zusammenhang mit den Meniskusschäden sei es zu den (dann sekundären) arthrotischen Veränderungen gekommen. Auch in einem solchen Fall scheide die Anerkennung einer BK Nr. 2112 aus. Falls sich herausstelle, dass die Meniskusschäden Folgen einer BK seien, könnten die arthrotischen Veränderungen in den Kniegelenken möglicherweise als mittelbare Folge dieser BK angesehen werden. Dies sei jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Gegen den dem Kläger am 06.10.2014 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die vom Kläger am 13.10.2014 eingelegte Berufung. Der Kläger hat zur Begründung durch seinen Prozessbevollmächtigten vorgetragen, die Auffassung des SG sei wenig nachvollziehbar. Es sei eine Selbstverständlichkeit, dass eine degenerative Erkrankung bereits vor Ablauf dieser sog. 13.000 Stunden vorgelegen haben müsse. Die Begründung des SG bedeute, jegliches Berufskrankheitenrecht auszuhebeln. Die Beschwerden 1991 seien noch keine Krankheit, sondern lediglich eine entsprechende Folge degenerativer Veränderungen, die berufsbedingt seien. Es sei langsam in weiten Bereichen nicht mehr verständlich, mit welchen Begründungen teilweise Berufskrankheitenentschädigungen abgelehnt würden. Die Betrachtung mit den 12.666 Stunden sei so nicht zutreffend. Es könne unter Umständen unerheblich sein, wenn der Wert etwas unterschritten sei. Niemand könne mit absoluter Sicherheit sagen, dass genau nach 13.000 Stunden erst eine Erkrankung entsprechend auftreten könne. Jede Wirbelsäulenerkrankung, jede andere chronische Erkrankung, die auftrete, könne mit dieser Argumentation zunichte gemacht werden. Konsequenz daraus wäre, dass wir kein Berufskrankheitenrecht mehr hätten, so einfach sei das. Die Argumentation des SG sei auf jeden Fall nicht zutreffend. Sollte dem gefolgt werden, bestünde eine grundsätzliche Bedeutung dieser Rechtsfrage.
Der Kläger beantragt (sinngemäß), den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 2. Oktober 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. November 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine BK Nr. 2112 BKV festzustellen und Rente nach einer MdE von wenigstens 20 v.H., hilfsweise nach einer Stütz-MdE von 10 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Nach den Stellungnahmen des Präventionsdienstes seien bereits ausreichende berufliche Einwirkungen nicht erfüllt. Zu berücksichtigen sei, dass für den Kläger während des Beschäftigungsverhältnisses bei der Firma S. GmbH im Vorerkrankungsverzeichnis im Zeitraum vom Januar 2000 bis Dezember 2009 ca. 780 Krankheitstage dokumentiert seien, die der Präventionsdienst nicht berücksichtigt habe, so dass sich die errechneten 12.666 Stunden noch entsprechend reduzierten.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 22.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.11.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
Soweit der Kläger die Verurteilung der Beklagten beantragt, ihm Leistungen nach einer MdE von wenigstens 20 v.H., hilfsweise nach einer Stütz-MdE von 10 v.H. zu gewähren, macht er ersichtlich einen Anspruch auf Verletztenrente (wegen des Vorliegens einer BK Nr. 2112 BKV) geltend. Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage des Klägers auf Gewährung einer Verletztenrente ist unzulässig. Die Beklagte hat mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 22.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.11.2013 eine anfechtbare Verwaltungsentscheidung über die Gewährung von Verletztenrente nicht getroffen. Einen bestimmten Antrag, hier Verletztenrente zu gewähren, hat der Kläger im Verwaltungsverfahren nicht gestellt. Er hat vielmehr mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 25.11.2010 der Beklagten den Verdacht des Bestehens einer BK Nr. 2112 BKV gemeldet. Einen Antrag auf die Gewährung einer Verletztenrente, über den die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid (inzident) eine Entscheidung getroffen hat, liegt nicht vor. Damit ist eine ablehnende, anfechtbare Verwaltungsentscheidung der Beklagten über einen Anspruch auf eine (bestimmte) Leistung aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht ergangen. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid wurde im Verfügungssatz vielmehr ausschließlich die Anerkennung der geltend gemachten BK Nr. 2112 der BKV abgelehnt. Objektiver Sinngehalt des Verfügungssatzes ist allein die Ablehnung der Anerkennung einer BK Nr. 2112 der BKV. Soweit die Beklagte dem Kläger im Bescheid vom 22.03.2013 mitgeteilt hat, ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung bestehe nicht, liegt hierin nach objektiver Sicht des Empfängerhorizonts keine gerichtlich überprüfbare Entscheidung durch die Beklagte, sondern lediglich der klarstellende, allgemeine Hinweis, dass mangels Vorliegens einer BK ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht besteht. Da der Kläger vor dem SG keinen förmlichen Antrag gestellt hatte, kann dahinstehen, ob der erstmals im Berufungsverfahren gestellte Leistungsantrag auch eine unzulässige Klageänderung ist. Die Berufung war hinsichtlich des Begehrens auf Gewährung einer Verletztenrente deshalb schon aus diesem Grund insoweit zurückzuweisen.
Im Übrigen ist die außerdem auf die Anerkennung einer BK Nr. 2112 BKV gerichtete Klage zulässig. Richtige Klageart zur Erreichung des angestrebten Ziels ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1, Abs. 4 SGG oder nach Wahl des Versicherten die Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG (vgl. BSG 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R, BSGE 108, 274 und BSG 27.04.2010 - B 2 U 23/09 R). Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung einer Gonarthrose der Kniegelenke als BK Nr. 2112 BKV.
Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 SGB VII hat die Bundesregierung die Berufskrankheiten Verordnung (BKV) vom 31.10.1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten anerkannten Krankheiten aufgeführt sind.
Bei einer Listenberufskrankheit lassen sich im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten, die gegebenenfalls bei einzelnen Listenberufskrankheiten einer Modifikation bedürfen (vgl. BSG SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr. 3): Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK. Wie bei einem Arbeitsunfall müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (vgl. u.a. BSG SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr. 4, RdNr. 16 m.w.N.; BSG SozR 4-2700 § 9 Nr. 14, RdNr. 9 m.w.N.; BSG, UV-Recht Aktuell 2012, 412; BSG, NZS 2012, 151; BSG SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 4111 Nr. 3 sowie BSG vom 04.07.2013 - B 2 U 11/12 R - (Juris)).
Berufskrankheiten sind gemäß § 1 BKV die in der dortigen Anlage 1 bezeichneten Krankheiten, die der Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz des Siebten Buches Sozialgesetzbuch begründenden Tätigkeit erleidet. Unter Nummer 2112 dieser Anlage zu § 1 BKV hat der Gesetzgeber die durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht aufgetretene Gonarthrose als BK anerkannt.
Diese Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK Nr. 2112 BKV sind beim Kläger nicht erfüllt. Der Zusammenhang zwischen Gonarthrose und kniebelastender beruflichen Tätigkeit ist bereits deswegen nicht hinreichend wahrscheinlich, weil zum Zeitpunkt der Erstmanifestation des Gesundheitsschadens die kumulative Einwirkungsdauer von 13.000 Stunden nicht erreicht war. Nach den Ermittlungen des Präventionsdienstes der Beklagten bestand hinsichtlich der Tätigkeit des Klägers als Kfz-Mechaniker für die Zeit vom 01.09.1971 bis 31.12.1975 (bei der Firma B. ) sowie als Servicetechniker für die Zeit vom 01.03.1999 bis 28.02.2010 (Firma S. GmbH) eine kumulative Einwirkungsdauer von insgesamt 5.390 Stunden. Hinsichtlich der Tätigkeit des Klägers vom 04.04.1977 bis 08.02.1999 (B. Winzerkeller) bestand eine kumulative Einwirkungsdauer von insgesamt 7.276 Stunden (Berichte des Präventionsdienstes vom 05.10.2011 und 06.07.2012), mithin zum 28.02.2010 eine kumulative Einwirkungsdauer von insgesamt 12.666 Stunden. Dass der Präventionsdienst von unzutreffenden arbeitsmedizinischen Tatsachen ausgegangen ist, ist nicht erkennbar und im Hinblick auf die Sachkunde des Präventionsdienstes auch unwahrscheinlich. Vielmehr ist das vom Präventionsdienst ermittelte Ergebnis aufgrund insbesondere den in der Aktennotiz vom 02.07.2012 und den sonst dargestellten Aussagen für den Senat nachvollziehbar und plausibel. Im Übrigen hat der Kläger gegen das Ergebnis dieser Ermittlungen auch keine substantiierten Einwendungen erhoben. Dabei weist die Beklagte im Berufungsverfahren zutreffend darauf hin, dass im beigezogenen Vorerkrankungsverzeichnis des Klägers der Krankenkasse B. L. vom 05.07.2011 im Zeitraum vom Januar 2000 bis Dezember 2009 vom Präventionsdienst nicht berücksichtigte ca. 780 Krankheitstage des Klägers dokumentiert sind, die die vom Präventionsdienst errechnete kumulative Einwirkungsdauer reduzieren.
Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich bei der Schwelle von 13.000 Stunden kniender Tätigkeit um eine Mindesteinwirkungsdauer im Sinne einer Mindestdosis, unterhalb derer nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 28.02.2014 - L 8 U 5339/12 -, nicht veröffentlicht) eine BK nicht anerkannt werden kann. Es handelt sich - wovon der Kläger auszugehen scheint - gerade nicht um eine bloße Beweiserleichterung. Denn unterhalb der Schwelle von 13.000 Stunden, was schon einen Sicherungsabschlag von 300 Stunden enthält, konnten Studien (Sandmark et al., 2000, Primary osteoarthritis of the knee in men and women as a result of lifelong physical load from work, zitiert nach Wissenschaftliche Begründung zur BK Nr. 2112 - WB -, BArbBl 10/2005, 46 ff) belastungsinduzierte Kniegelenksarthrosen nicht sicher epidemiologisch nachweisen. Dabei sind die 13.000 Stunden aus dem Mittelwert des obersten "Quartils" der Kontrollgruppe entnommen (vgl. Wissenschaftliche Begründung a.a.O., Seite 15), was statistisch in Einzelfällen das Auftreten einer belastungsinduzierten Gonarthrose auch unterhalb der epidemiologisch signifikanten Schwelle von 13.000 Stunden nicht ausschließt. Zur Überzeugung des Senats war der Verordnungsgeber aber nicht gehindert, der Empfehlung des Ärztlichen Sachverständigenbeirats folgend 13.000 Stunden als tatbestandsbegründende Mindestvoraussetzung der Berufskrankheit festzusetzen. Der Verordnungsgeber bewegt sich damit noch innerhalb des in der gesetzlichen Ermächtigung von § 9 Abs. 1 SGB VII eröffneten Beurteilungsspielraums, der nur in begrenztem Rahmen einer gerichtlichen Nachprüfung unterliegt (BSG, Urteil vom 23.03.1999 - B 2 U 12/98 R -, SozR 3-2200 § 551 Nr. 12). Die Regelung ist deshalb auch nicht insoweit unwirksam.
Um epidemiologisch vorliegende Erkenntnisse zu beurteilen, bedient sich der Verordnungsgeber des Rates von Medizinern, die in der Arbeitsmedizin besonders erfahren sind. Seit 1991 obliegt diese Aufgabe dem Ärztlichen Sachverständigenbeirat, Sektion "Berufskrankheiten", beim BMGS, dessen Aufgabe die medizinisch wissenschaftliche Beratung des Verordnungsgebers ist. Dieser hat der Bundesregierung in der wissenschaftlichen Begründung zur Berufskrankheit Nr. 2112 im Oktober 2005 (BArbBl. 10/2005 a.a.O.) empfohlen, die BKV entsprechend um die genannte Berufskrankheit mit Aufnahme der Mindesteinwirkungsdauer von 13.000 Stunden bzw. eine Stunde pro Schicht zu erweitern. Diese auf entsprechende epidemiologische Studien gestützte Empfehlung berücksichtigt die statistisch relevante und aussagekräftige epidemiologisch nachgewiesene Belastungsintensität, weshalb der Verordnungsgeber die Grenze des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums zur Rechtsetzung nicht überschritten hat. Er ist durch die Ermächtigungsnorm des § 9 Abs. 1 SGB VII nicht gezwungen, dem Kreis der Anspruchsberechtigten einer neuen Berufskrankheit jeden Betroffenen einer sonst noch denkbaren Einwirkung zuzuordnen. Es ist daher grundsätzlich unbedenklich, wenn der Verordnungsgeber sich bei der Abgrenzung des anspruchsberechtigten Personenkreises auf die hinreichend epidemiologisch gesicherte Wahrscheinlichkeit stützt, auch wenn für diese sich nicht alle an der Diskussion beteiligten Wissenschaftler ausgesprochen haben sollten (BSG, Urteil vom 23.03.1999, a.a.O.). Dies gilt umso mehr bei Erkrankungen, die in ihrer Entstehung wissenschaftlich nicht unterscheidbar sind nach berufsbedingten Ursachen und sonstigen Ursachen (vgl. dazu Urteil des Senats vom 28.02.2014 a.a.O.). Insoweit muss es dem sachgerecht ausgeübten Gestaltungsermessen des Verordnungsgebers überlassen bleiben, die Voraussetzungen einer BK auch in arbeitstechnischer Hinsicht sowie unter Kausalitätsgesichtspunkten zu definieren.
Soweit der Kläger (durch seinen Prozessbevollmächtigten) im Berufungsverfahren einwendet, es könne unter Umständen unerheblich sein, wenn der Wert etwas unterschritten sei, niemand könne mit absoluter Sicherheit sagen, dass genau nach 13.000 Stunden erst eine Erkrankung entsprechend auftreten könne, kann diesem Vorbringen nach dem Ausgeführten nicht gefolgt werden. Soweit der Kläger (durch seinen Prozessbevollmächtigten) weiter davon ausgeht, Konsequenz wäre, dass es kein Berufskrankheitenrecht mehr gebe, setzt er seine eigenen rechtlichen Erwägungen und Ansichten anstelle des geltenden Rechts.
Außerdem ist beim Kläger das schadenskonforme medizinische Bild einer primären Gonarthrose, wie BK Nr. 2112 BKV voraussetzt, nicht gegeben. Nach dem (von der Beklagten zur Verwaltungsakte genommenen) Gutachten des Prof. Dr. St. vom 03.04.2012 bestehen beim Kläger in beiden Kniegelenken medial und retropatellar betonte, links deutlich stärker als rechts ausgeprägte degenerative Veränderungen mit dadurch bedingtem Druckschmerz und darauf zurückzuführende Funktionsbeeinträchtigung, links stärker als rechts. Diese degenerativen Veränderungen sind nach dem Gutachten des Prof. Dr. St. (sekundär) auf Meniskopathien bei einem Zustand nach Innenmenisektomien zurückzuführen. Eine durch Einwirkungen aufgrund beruflicher Verrichtungen des Klägers hervorgerufene primäre Gonarthrose ist danach nicht belegt. Auch sonst lässt sich den vorliegenden medizinischen Befundunterlagen kein Beleg für das Vorliegen einer (berufsbedingten) primären Gonarthrose entnehmen. Das Vorliegen einer primären Gonarthrose wird im Übrigen vom Kläger auch nicht substantiiert dargetan.
Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung wirft der vorliegende Rechtsstreit nicht auf.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob beim Kläger eine Berufskrankheit nach Nr. 2112 (Gonarthrose) der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) vorliegt und ob dem Kläger deswegen ein Anspruch auf Leistungen zusteht.
Der 1956 geborene Kläger begann im September 1971 eine Lehre zum Kfz-Mechaniker. Nach Abschluss dieser Ausbildung war er bis 31.12.1975 in diesem Beruf tätig. Nach der Ableistung des Wehrdienstes (01.01.1976 bis 31.03.1977 als Lkw-Fahrer) war der Kläger vom 01.04.1977 bis 28.02.1999 bei der B. Winzerkellerei B. in der Werkstatt (Abfüllung) und ab 01.03.1999 bis 28.02.2010 bei der Firma S. GmbH als Servicetechniker im Außendienst tätig. Kniebeschwerden traten erstmals beim Wehrdienst 1976 (Befunde: Bänderdehnung und Meniskusschaden) auf (Erklärung des Klägers vom 31.05.2011 - Blätter 60, 61 Beklagten-Akte).
Am 25.11.2010 meldete der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (künftig Beklagte) den Verdacht des Bestehens einer Gonarthrose, hervorgerufen durch kniende Tätigkeit (Ziffer 2112 BKV). Mit weiterem Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 25. November 2010 machte der Kläger außerdem "Leistungen geltend nach Ziffer 2102 BKVO". Hinsichtlich dieses Begehrens führte die Beklagte ein weiteres Feststellungsverfahren durch, das Gegenstand eines beim Senat anhängigen Berufungsverfahrens (L 8 U 3782/14) war; diese Berufung wurde mit Urteil des Senats vom 23.10.2015 zurückgewiesen.
Die Beklagte veranlasste im vorliegenden Feststellungsverfahren zur BK Nr. 2112 Ermittlungen zu gefährdenden Tätigkeiten durch den Präventionsdienst. Der Präventionsdienst kam zu dem Ergebnis, hinsichtlich der Tätigkeit des Klägers als Kfz-Mechaniker bis 1975 und bei der Firma S. GmbH ergebe sich ein Dosiswert von 5390 Stunden kniende Haltungen (Bericht vom 5.10.2011); hinsichtlich seiner Tätigkeit im Betrieb der b. Winzerkellerei sei der Kläger insgesamt einer kumulativen Kniebelastung von 7276 Stunden ausgesetzt gewesen (Bericht vom 06.07.2012, Aktennotiz vom 02.07.2012 und arbeitstechnische Anamnese zur Berufskrankheit Nr. 2112 - Blätter 78 bis 108 Beklagtenakte). Die Beklagte zog außerdem von der Krankenkasse B. L. das Vorerkrankungsverzeichnis des Klägers vom 05.07.2011 für den Zeitraum vom 12.08.2001 bis 23.07.2010 bei. Im Feststellungsverfahren zum Vorliegen einer BK Nr. 2102 BKV nahm die Beklagte medizinische/radiologische Befundunterlagen zu den Akten (insbesondere: Berichte Dr. G. vom 12.01.1977, 03.02.1977 und 07.03.1977, Diagnose: Chondropathia patellae mit Reizzustand im Kniegelenk links; Berichte des R.-Krankenhauses B. R. vom 15.10.1987 und OP-Bericht vom 25.09.1987 - Diagnose: Typische Korbhenkelriss Bildung des linken Innenmeniskus - und vom 28.11.1991 sowie OP-Bericht vom 19.11.1991, Diagnosen: Degenerativer Innenmeniskushinterhornlappenriss und Chondromalazie Grad II des rechten Kniegelenks; Durchgangsarztbericht Dr. T. vom 23.03.2009, Diagnosen: Verdacht auf Innenmeniskusläsion, Synovitis, Verdacht auf Kartilaginäre Exostose und initiale Varusgonarthrose jeweils linkes Kniegelenk; Radiologiebericht Dr. H. vom 01.04.2009, Diagnosen: Degenerative Ruptur des Innenmeniskushinterhornes, diffuser femorotibialer Knorpelschaden medial Grad III bis IV und fortgeschrittener Trochlea Knorpelschaden linkes Knie). Außerdem zog die Beklagte das im Feststellungsverfahren zum Vorliegen einer BK Nr. 2102 eingeholte Gutachten des Prof. Dr. St. vom 3. April 2012 bei. Prof. Dr. St. diagnostizierte in seinem Gutachten (u.a.) Funktionsbeeinträchtigungen der Knie, links stärker als rechts, bei Zustand nach Innenmenisektomien mit nachfolgenden degenerativen Veränderungen. Meniskopathien hätten (linksbetont) zu degenerativen Kniegelenksveränderungen mit daraus resultieren Funktionsbeeinträchtigungen geführt. Röntgenverlaufsserien dokumentierten am linken Knie eine fortschreitende, jetzt mittelgradige Arthrose, rechts eine beginnende.
Mit Bescheid vom 22.03.2013 lehnte die Beklagte das Vorliegen einer BK Nr. 2112 BKV ab und teilte dem Kläger mit, dass er daher keinen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung habe. Nach den Ermittlungen des Präventionsdienstes habe eine beruflich bedingte Gesamtkniebelastung von 12.666 Stunden festgestellt werden können. Die für eine Feststellung einer BK Nr. 2112 erforderliche kumulative Einwirkungsdauer von mindestens 13.000 Stunden sei damit unterschritten. Somit seien die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK Nr. 2112 BKV nicht erfüllt. Zudem liege nach dem Gutachten des Prof. Dr. St. keine primäre Gonarthrose vor.
Gegen den Bescheid vom 22.03.2013 legte der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 24.04.2013 Widerspruch ein, der nicht begründet wurde. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine geeignete schädigende Einwirkung sowie das medizinische Bild der Berufskrankheit lägen nicht vor.
Am 20.12.2013 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG), ohne diese zu begründen.
Mit Gerichtsbescheid vom 02.10.2014 wies das SG die Klage ab. Das SG nahm zur Begründung auf den Bescheid vom 22.03.2013 Bezug und führte ergänzend aus, die Voraussetzungen einer BK Nr. 2112 BKV seien nicht erfüllt. Arthrotische Veränderungen an den Kniegelenken seien bereits 1991 vermerkt, zu einem Zeitpunkt, in welchem die arbeitstechnischen Voraussetzungen auf jeden Fall nicht erfüllt gewesen seien. Auch die Ausführungen der Beklagten hinsichtlich der medizinischen Voraussetzungen seien zutreffend. Erst im Zusammenhang mit den Meniskusschäden sei es zu den (dann sekundären) arthrotischen Veränderungen gekommen. Auch in einem solchen Fall scheide die Anerkennung einer BK Nr. 2112 aus. Falls sich herausstelle, dass die Meniskusschäden Folgen einer BK seien, könnten die arthrotischen Veränderungen in den Kniegelenken möglicherweise als mittelbare Folge dieser BK angesehen werden. Dies sei jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Gegen den dem Kläger am 06.10.2014 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die vom Kläger am 13.10.2014 eingelegte Berufung. Der Kläger hat zur Begründung durch seinen Prozessbevollmächtigten vorgetragen, die Auffassung des SG sei wenig nachvollziehbar. Es sei eine Selbstverständlichkeit, dass eine degenerative Erkrankung bereits vor Ablauf dieser sog. 13.000 Stunden vorgelegen haben müsse. Die Begründung des SG bedeute, jegliches Berufskrankheitenrecht auszuhebeln. Die Beschwerden 1991 seien noch keine Krankheit, sondern lediglich eine entsprechende Folge degenerativer Veränderungen, die berufsbedingt seien. Es sei langsam in weiten Bereichen nicht mehr verständlich, mit welchen Begründungen teilweise Berufskrankheitenentschädigungen abgelehnt würden. Die Betrachtung mit den 12.666 Stunden sei so nicht zutreffend. Es könne unter Umständen unerheblich sein, wenn der Wert etwas unterschritten sei. Niemand könne mit absoluter Sicherheit sagen, dass genau nach 13.000 Stunden erst eine Erkrankung entsprechend auftreten könne. Jede Wirbelsäulenerkrankung, jede andere chronische Erkrankung, die auftrete, könne mit dieser Argumentation zunichte gemacht werden. Konsequenz daraus wäre, dass wir kein Berufskrankheitenrecht mehr hätten, so einfach sei das. Die Argumentation des SG sei auf jeden Fall nicht zutreffend. Sollte dem gefolgt werden, bestünde eine grundsätzliche Bedeutung dieser Rechtsfrage.
Der Kläger beantragt (sinngemäß), den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 2. Oktober 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. November 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine BK Nr. 2112 BKV festzustellen und Rente nach einer MdE von wenigstens 20 v.H., hilfsweise nach einer Stütz-MdE von 10 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Nach den Stellungnahmen des Präventionsdienstes seien bereits ausreichende berufliche Einwirkungen nicht erfüllt. Zu berücksichtigen sei, dass für den Kläger während des Beschäftigungsverhältnisses bei der Firma S. GmbH im Vorerkrankungsverzeichnis im Zeitraum vom Januar 2000 bis Dezember 2009 ca. 780 Krankheitstage dokumentiert seien, die der Präventionsdienst nicht berücksichtigt habe, so dass sich die errechneten 12.666 Stunden noch entsprechend reduzierten.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 22.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.11.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
Soweit der Kläger die Verurteilung der Beklagten beantragt, ihm Leistungen nach einer MdE von wenigstens 20 v.H., hilfsweise nach einer Stütz-MdE von 10 v.H. zu gewähren, macht er ersichtlich einen Anspruch auf Verletztenrente (wegen des Vorliegens einer BK Nr. 2112 BKV) geltend. Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage des Klägers auf Gewährung einer Verletztenrente ist unzulässig. Die Beklagte hat mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 22.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.11.2013 eine anfechtbare Verwaltungsentscheidung über die Gewährung von Verletztenrente nicht getroffen. Einen bestimmten Antrag, hier Verletztenrente zu gewähren, hat der Kläger im Verwaltungsverfahren nicht gestellt. Er hat vielmehr mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 25.11.2010 der Beklagten den Verdacht des Bestehens einer BK Nr. 2112 BKV gemeldet. Einen Antrag auf die Gewährung einer Verletztenrente, über den die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid (inzident) eine Entscheidung getroffen hat, liegt nicht vor. Damit ist eine ablehnende, anfechtbare Verwaltungsentscheidung der Beklagten über einen Anspruch auf eine (bestimmte) Leistung aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht ergangen. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid wurde im Verfügungssatz vielmehr ausschließlich die Anerkennung der geltend gemachten BK Nr. 2112 der BKV abgelehnt. Objektiver Sinngehalt des Verfügungssatzes ist allein die Ablehnung der Anerkennung einer BK Nr. 2112 der BKV. Soweit die Beklagte dem Kläger im Bescheid vom 22.03.2013 mitgeteilt hat, ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung bestehe nicht, liegt hierin nach objektiver Sicht des Empfängerhorizonts keine gerichtlich überprüfbare Entscheidung durch die Beklagte, sondern lediglich der klarstellende, allgemeine Hinweis, dass mangels Vorliegens einer BK ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht besteht. Da der Kläger vor dem SG keinen förmlichen Antrag gestellt hatte, kann dahinstehen, ob der erstmals im Berufungsverfahren gestellte Leistungsantrag auch eine unzulässige Klageänderung ist. Die Berufung war hinsichtlich des Begehrens auf Gewährung einer Verletztenrente deshalb schon aus diesem Grund insoweit zurückzuweisen.
Im Übrigen ist die außerdem auf die Anerkennung einer BK Nr. 2112 BKV gerichtete Klage zulässig. Richtige Klageart zur Erreichung des angestrebten Ziels ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1, Abs. 4 SGG oder nach Wahl des Versicherten die Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG (vgl. BSG 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R, BSGE 108, 274 und BSG 27.04.2010 - B 2 U 23/09 R). Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung einer Gonarthrose der Kniegelenke als BK Nr. 2112 BKV.
Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 SGB VII hat die Bundesregierung die Berufskrankheiten Verordnung (BKV) vom 31.10.1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten anerkannten Krankheiten aufgeführt sind.
Bei einer Listenberufskrankheit lassen sich im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten, die gegebenenfalls bei einzelnen Listenberufskrankheiten einer Modifikation bedürfen (vgl. BSG SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr. 3): Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK. Wie bei einem Arbeitsunfall müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (vgl. u.a. BSG SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr. 4, RdNr. 16 m.w.N.; BSG SozR 4-2700 § 9 Nr. 14, RdNr. 9 m.w.N.; BSG, UV-Recht Aktuell 2012, 412; BSG, NZS 2012, 151; BSG SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 4111 Nr. 3 sowie BSG vom 04.07.2013 - B 2 U 11/12 R - (Juris)).
Berufskrankheiten sind gemäß § 1 BKV die in der dortigen Anlage 1 bezeichneten Krankheiten, die der Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz des Siebten Buches Sozialgesetzbuch begründenden Tätigkeit erleidet. Unter Nummer 2112 dieser Anlage zu § 1 BKV hat der Gesetzgeber die durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht aufgetretene Gonarthrose als BK anerkannt.
Diese Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK Nr. 2112 BKV sind beim Kläger nicht erfüllt. Der Zusammenhang zwischen Gonarthrose und kniebelastender beruflichen Tätigkeit ist bereits deswegen nicht hinreichend wahrscheinlich, weil zum Zeitpunkt der Erstmanifestation des Gesundheitsschadens die kumulative Einwirkungsdauer von 13.000 Stunden nicht erreicht war. Nach den Ermittlungen des Präventionsdienstes der Beklagten bestand hinsichtlich der Tätigkeit des Klägers als Kfz-Mechaniker für die Zeit vom 01.09.1971 bis 31.12.1975 (bei der Firma B. ) sowie als Servicetechniker für die Zeit vom 01.03.1999 bis 28.02.2010 (Firma S. GmbH) eine kumulative Einwirkungsdauer von insgesamt 5.390 Stunden. Hinsichtlich der Tätigkeit des Klägers vom 04.04.1977 bis 08.02.1999 (B. Winzerkeller) bestand eine kumulative Einwirkungsdauer von insgesamt 7.276 Stunden (Berichte des Präventionsdienstes vom 05.10.2011 und 06.07.2012), mithin zum 28.02.2010 eine kumulative Einwirkungsdauer von insgesamt 12.666 Stunden. Dass der Präventionsdienst von unzutreffenden arbeitsmedizinischen Tatsachen ausgegangen ist, ist nicht erkennbar und im Hinblick auf die Sachkunde des Präventionsdienstes auch unwahrscheinlich. Vielmehr ist das vom Präventionsdienst ermittelte Ergebnis aufgrund insbesondere den in der Aktennotiz vom 02.07.2012 und den sonst dargestellten Aussagen für den Senat nachvollziehbar und plausibel. Im Übrigen hat der Kläger gegen das Ergebnis dieser Ermittlungen auch keine substantiierten Einwendungen erhoben. Dabei weist die Beklagte im Berufungsverfahren zutreffend darauf hin, dass im beigezogenen Vorerkrankungsverzeichnis des Klägers der Krankenkasse B. L. vom 05.07.2011 im Zeitraum vom Januar 2000 bis Dezember 2009 vom Präventionsdienst nicht berücksichtigte ca. 780 Krankheitstage des Klägers dokumentiert sind, die die vom Präventionsdienst errechnete kumulative Einwirkungsdauer reduzieren.
Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich bei der Schwelle von 13.000 Stunden kniender Tätigkeit um eine Mindesteinwirkungsdauer im Sinne einer Mindestdosis, unterhalb derer nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 28.02.2014 - L 8 U 5339/12 -, nicht veröffentlicht) eine BK nicht anerkannt werden kann. Es handelt sich - wovon der Kläger auszugehen scheint - gerade nicht um eine bloße Beweiserleichterung. Denn unterhalb der Schwelle von 13.000 Stunden, was schon einen Sicherungsabschlag von 300 Stunden enthält, konnten Studien (Sandmark et al., 2000, Primary osteoarthritis of the knee in men and women as a result of lifelong physical load from work, zitiert nach Wissenschaftliche Begründung zur BK Nr. 2112 - WB -, BArbBl 10/2005, 46 ff) belastungsinduzierte Kniegelenksarthrosen nicht sicher epidemiologisch nachweisen. Dabei sind die 13.000 Stunden aus dem Mittelwert des obersten "Quartils" der Kontrollgruppe entnommen (vgl. Wissenschaftliche Begründung a.a.O., Seite 15), was statistisch in Einzelfällen das Auftreten einer belastungsinduzierten Gonarthrose auch unterhalb der epidemiologisch signifikanten Schwelle von 13.000 Stunden nicht ausschließt. Zur Überzeugung des Senats war der Verordnungsgeber aber nicht gehindert, der Empfehlung des Ärztlichen Sachverständigenbeirats folgend 13.000 Stunden als tatbestandsbegründende Mindestvoraussetzung der Berufskrankheit festzusetzen. Der Verordnungsgeber bewegt sich damit noch innerhalb des in der gesetzlichen Ermächtigung von § 9 Abs. 1 SGB VII eröffneten Beurteilungsspielraums, der nur in begrenztem Rahmen einer gerichtlichen Nachprüfung unterliegt (BSG, Urteil vom 23.03.1999 - B 2 U 12/98 R -, SozR 3-2200 § 551 Nr. 12). Die Regelung ist deshalb auch nicht insoweit unwirksam.
Um epidemiologisch vorliegende Erkenntnisse zu beurteilen, bedient sich der Verordnungsgeber des Rates von Medizinern, die in der Arbeitsmedizin besonders erfahren sind. Seit 1991 obliegt diese Aufgabe dem Ärztlichen Sachverständigenbeirat, Sektion "Berufskrankheiten", beim BMGS, dessen Aufgabe die medizinisch wissenschaftliche Beratung des Verordnungsgebers ist. Dieser hat der Bundesregierung in der wissenschaftlichen Begründung zur Berufskrankheit Nr. 2112 im Oktober 2005 (BArbBl. 10/2005 a.a.O.) empfohlen, die BKV entsprechend um die genannte Berufskrankheit mit Aufnahme der Mindesteinwirkungsdauer von 13.000 Stunden bzw. eine Stunde pro Schicht zu erweitern. Diese auf entsprechende epidemiologische Studien gestützte Empfehlung berücksichtigt die statistisch relevante und aussagekräftige epidemiologisch nachgewiesene Belastungsintensität, weshalb der Verordnungsgeber die Grenze des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums zur Rechtsetzung nicht überschritten hat. Er ist durch die Ermächtigungsnorm des § 9 Abs. 1 SGB VII nicht gezwungen, dem Kreis der Anspruchsberechtigten einer neuen Berufskrankheit jeden Betroffenen einer sonst noch denkbaren Einwirkung zuzuordnen. Es ist daher grundsätzlich unbedenklich, wenn der Verordnungsgeber sich bei der Abgrenzung des anspruchsberechtigten Personenkreises auf die hinreichend epidemiologisch gesicherte Wahrscheinlichkeit stützt, auch wenn für diese sich nicht alle an der Diskussion beteiligten Wissenschaftler ausgesprochen haben sollten (BSG, Urteil vom 23.03.1999, a.a.O.). Dies gilt umso mehr bei Erkrankungen, die in ihrer Entstehung wissenschaftlich nicht unterscheidbar sind nach berufsbedingten Ursachen und sonstigen Ursachen (vgl. dazu Urteil des Senats vom 28.02.2014 a.a.O.). Insoweit muss es dem sachgerecht ausgeübten Gestaltungsermessen des Verordnungsgebers überlassen bleiben, die Voraussetzungen einer BK auch in arbeitstechnischer Hinsicht sowie unter Kausalitätsgesichtspunkten zu definieren.
Soweit der Kläger (durch seinen Prozessbevollmächtigten) im Berufungsverfahren einwendet, es könne unter Umständen unerheblich sein, wenn der Wert etwas unterschritten sei, niemand könne mit absoluter Sicherheit sagen, dass genau nach 13.000 Stunden erst eine Erkrankung entsprechend auftreten könne, kann diesem Vorbringen nach dem Ausgeführten nicht gefolgt werden. Soweit der Kläger (durch seinen Prozessbevollmächtigten) weiter davon ausgeht, Konsequenz wäre, dass es kein Berufskrankheitenrecht mehr gebe, setzt er seine eigenen rechtlichen Erwägungen und Ansichten anstelle des geltenden Rechts.
Außerdem ist beim Kläger das schadenskonforme medizinische Bild einer primären Gonarthrose, wie BK Nr. 2112 BKV voraussetzt, nicht gegeben. Nach dem (von der Beklagten zur Verwaltungsakte genommenen) Gutachten des Prof. Dr. St. vom 03.04.2012 bestehen beim Kläger in beiden Kniegelenken medial und retropatellar betonte, links deutlich stärker als rechts ausgeprägte degenerative Veränderungen mit dadurch bedingtem Druckschmerz und darauf zurückzuführende Funktionsbeeinträchtigung, links stärker als rechts. Diese degenerativen Veränderungen sind nach dem Gutachten des Prof. Dr. St. (sekundär) auf Meniskopathien bei einem Zustand nach Innenmenisektomien zurückzuführen. Eine durch Einwirkungen aufgrund beruflicher Verrichtungen des Klägers hervorgerufene primäre Gonarthrose ist danach nicht belegt. Auch sonst lässt sich den vorliegenden medizinischen Befundunterlagen kein Beleg für das Vorliegen einer (berufsbedingten) primären Gonarthrose entnehmen. Das Vorliegen einer primären Gonarthrose wird im Übrigen vom Kläger auch nicht substantiiert dargetan.
Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung wirft der vorliegende Rechtsstreit nicht auf.
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