Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 29/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 R 4033/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 24. August 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt eine höhere Erwerbsminderungsrente mit früherem Beginn.
Der Kläger absolvierte von 1987 bis 1990 eine Ausbildung zum Maurer und arbeitete in diesem Beruf bis 1993. Anschließend war der Kläger überwiegend arbeitslos bzw. arbeitsunfähig. Nach Aufnahme einer erneuten Tätigkeit im Juni 2000 als Maurer trat Arbeitsunfähigkeit ein, weshalb er zunächst bis 17. Dezember 2001 und dann erneut ab 9. Januar 2002 bis zur Aussteuerung am 27. März 2002 Krankengeld bezog. Nachfolgend war der Kläger erneut überwiegend arbeitslos.
Seit dem 1. Januar 2012 bezieht der Kläger eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. In dem Klageverfahren vor dem SG Reutlingen (Aktenzeichen: S 12 R 2921/11) anerkannte die Beklagte, dass der Kläger seit 20. Dezember 2011 voll erwerbsgemindert ist und erklärte sich bereit, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Januar 2012 bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze zu gewähren. Mit Gerichtsbescheid vom 27. März 2013 (Aktenzeichen: S 12 R 3642/11) wies das SG die Klage mit dem - u. a. - Begehren, dem Kläger schon ab dem Jahre 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren, ab, da nicht festzustellen gewesen sei, dass der Kläger bereits seit Ende des Krankengeldbezugs quantitativ in seiner beruflichen Leistungsfähigkeit eingeschränkt gewesen sei. Die hiergegen am 2. Mai 2013 beim Landessozialgericht eingelegte Berufung (Aktenzeichen: L 10 R 1992/13) wurde mit Urteil vom 20. November 2014 zurückgewiesen. Dass der Kläger bereits am 28. März 2002 oder jedenfalls vor dem 1. Januar 2012 nicht mehr in der Lage gewesen sei, eine leichte berufliche Tätigkeit im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich auszuüben, sei nicht festzustellen gewesen. Hinsichtlich des Rentenbeginns wurde insbesondere auf das im damaligen Gerichtsverfahren eingeholte psychiatrisch-neurologische Gutachten von Prof. Dr. W. verwiesen.
Mit Ausführungsbescheid vom 21. März 2013 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine volle Erwerbsminderungsrente in Höhe eines Auszahlungsbetrages von monatlich 407,58 EUR. Zudem erfolgte eine Nachzahlung für die Zeit ab 1. Januar 2012 in Höhe von 6.372,29 EUR. Für den Monat August 2012 wurde die Rente auf drei Viertel herabgekürzt, da der Kläger in diesem Monat 467,39 EUR Arbeitsentgelt erzielt hatte.
Mit Widerspruch vom 23. April 2013 ging der Kläger gegen diesen Ausführungsbescheid im Wesentlichen mit der Begründung vor, dass er in die Rentenkasse Beiträge eingezahlt habe und es daher nicht sein könne, dass Hartz IV-Empfänger sowie Asylbewerber mehr bekämen als er. Außerdem stehe ihm die Rente bereits ab dem erlittenen Arbeitsunfall im Jahr 2000 zu. Daher begehre er ab der Aussteuerung im Jahre 2002 eine Erwerbsminderungsrente in Höhe von 80% des zuletzt bezogenen Maurerlohnes.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Hinsichtlich des Rentenbeginns sei der Widerspruch unzulässig und bezüglich der Rentenhöhe unbegründet. Einer neuen Beurteilung des Rentenbeginns stünde bereits das rechtskräftige Urteil des Landessozialgerichts entgegen. Insofern führe der Rentenbescheid vom 21. März 2013 lediglich die im Urteil festgelegte Rentenart und den Rentenbeginn aus. Auch die Rentenhöhe sei nicht zu beanstanden. Diese richte sich vor allem nach der Höhe des während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens. Dieses würde in Entgeltpunkte umgerechnet. Dabei ergäbe die Versicherung eines Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens in Höhe des Durchschnittsentgelts eines Kalenderjahres einen vollen Entgeltpunkt. Der Monatsbetrag der Rente ergäbe sich dann aus der anzuwendenden Rentenformel. Dabei seien der Rentenfaktor und der aktuelle Rentenwert gesetzlich festgelegt. Eine Überprüfung habe ergeben, dass die Rente auch unter Zugrundelegung der individuell festzusetzenden Entgeltpunkte richtig berechnet worden sei. Für den Monat August 2012 habe die Rente entsprechend der Regelung des § 96a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) gekürzt werden müssen, da die Hinzuverdienstgrenze für die Gewährung einer vollen Erwerbsminderungsrente zum damaligen Zeitpunkt 400,00 EUR betragen habe.
Am 5. Januar 2015 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung hat er ergänzend vorgetragen, seine Rente müsse neu berechnet werden und sei weitaus höher anzusetzen. Eine Teilhabe an der Gesellschaft sei ihm mit der aktuellen Rentenhöhe nicht möglich. Zudem sei die Kürzung im August 2012 rechtswidrig, zumal das Gesetz einen Freibetrag von 900,00 EUR ohne Anrechnung auf die Rente vorsehe. Auf der Grundlage einer Rentenauskunft aus dem Jahr 2005 sei ihm eine volle Erwerbsminderungsrente in Höhe von 537,93 EUR zugebilligt worden. Dies beweise, dass die Rentengewährung falsch sei. Dies umso mehr, als die Beklagte bis zum tatsächlichen Rentenbeginn am 1. Januar 2012 noch weitere Beiträge eingenommen habe. Zudem habe es nie gesetzliche Rentenkürzungen gegeben. Hinsichtlich der Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze sei anzumerken, dass dies ihm niemand gesagt habe. Die Rente sei ihm auch nachträglich gewährt worden, womit er keine Möglichkeit gehabt habe, diese Rechtsfolge zu vermeiden.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Mit Urteil vom 24. August 2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, soweit der Kläger einen früheren Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2012 begehre, mangele es bereits an der ordnungsgemäßen Durchführung des Vorverfahrens nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Kläger habe zwar Widerspruch erhoben; dieser sei jedoch hinsichtlich des Rentenbeginns unzulässig gewesen, da er sich insoweit nicht gegen einen Verwaltungsakt richte. Der Bescheid vom 21. März 2013 sei insoweit nicht als Verwaltungsakt zu qualifizieren, als darin ein Rentenbeginn zum 1. Januar 2012 zugrunde gelegt worden sei. Es fehle bereits an einer Regelung. Mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei davon auszugehen, dass sogenannte Ausführungsbescheide grundsätzlich keine Regelung im Sinne des § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) träfen, soweit die Behörde nur der in einem Urteil auferlegten Verpflichtung entspreche. Dieser Grundsatz müsse jedenfalls insoweit gelten, als der Regelungsgehalt des Urteils in Rechtskraft erwachsen könne, da in diesem Fall die Behörde lediglich ausführendes Organ sei und ihr hinsichtlich einer Modifikation des Urteilsausspruchs kein Ermessensspielraum zustehe. Des Weiteren ergäbe sich dieses aus dem Vorrang des Rechtsmittels der Berufung. Könnte ein bloßer Aufhebungsbescheid angefochten werden, würde die Rechtskraft des Urteils gleichsam ausgehöhlt und die Rechtsmittelfrist der Berufung verlöre ihren Sinn und Zweck, der darin bestehe, Rechtssicherheit zu schaffen. Rechtskräftige Urteile würden insoweit binden, als über den Streitgegenstand entschieden worden sei. Die Bindung erfasse grundsätzlich nur die Urteilsform, deren Tragweite allerdings auch in der Heranziehung der Urteilsgründe zu bestimmen sei. Aus dem Tenor des Urteils des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. Februar 2013 ergäbe sich, dass sich die Rechtskraft jedenfalls auf den dort ausdrücklich ausgewiesenen Rentenbeginn zum 1. Januar 2012 erstrecke. Dem angegriffenen Bescheid vom 21. März 2013 komme insoweit ein rein ausführender Charakter zu. Mit rechtskräftigem Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. November 2014 sei die Berufung des Klägers zurückgewiesen worden. In den Urteilsgründen habe sich das Landessozialgericht nochmals ausführlich mit dem Rentenbeginn auseinandergesetzt und insoweit das sozialgerichtliche Urteil vom 12. Februar 2013 bestätigt. Soweit sich der Kläger gegen die Höhe seiner Erwerbsminderungsrente wende, sei seine Klage unbegründet. Insbesondere habe die Beklagte zu Recht bei der Rente wegen voller Erwerbsminderung des Klägers einen Rentenfaktor von 1,0 zugrunde gelegt. In zutreffender Weise habe die Beklagte bei der Ermittlung des Zugangsfaktors die hier einschlägige Regelung in § 77 Abs. 4 SGB VI i.V.m.§ 264d Satz 2 SGB VI beachtet, wonach der Zugangsfaktor für jeden Monat, um den die Rente vor Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen werde, um 0,03 niedriger sei als 1,0. Nachdem der Kläger darüber hinaus nicht vorgetragen habe, dass Rentenzeiten nicht berücksichtigt worden seien und im Wesentlichen im Rahmen der mündlichen Verhandlung die Versicherungszeiten im Versicherungskonto bestätigt habe, sei nicht erkennbar, woraus sich vorliegend für den Kläger eine höhere Rente wegen voller Erwerbsminderung ergeben könne. Insbesondere könne der Vergleich mit Regelleistungen aus dem Bereich des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB II) zu keiner anderen Beurteilung führen. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass die Höhe der Rente für jeden Versicherten unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu ermitteln sei und das Rentenrecht keine Anspruchsgrundlage kenne, wonach eine Rente wegen voller Erwerbsminderung mindestens das im SGB II zugrunde gelegte Existenzminimum abdecken müsse, was im Hinblick auf die Höhe der Erwerbsminderungsrente des Klägers im Übrigen vorliegend der Fall sei. Darüber hinaus kenne das Rentenrecht auch keine Garantie für die Beibehaltung eines einmal erreichten Rentenniveaus. Soweit der Kläger darauf verweise, dass die Beklagte im Rahmen einer Rentenauskunft aus dem Jahre 2005 von einer höheren Erwerbsminderungsrente ausgegangen sei, habe dies keinerlei Aussagekraft über die Höhe der Erwerbsminderungsrente ab dem 1. Januar 2012. Dies umso weniger, als der Kläger zwischen 2005 und 2012 überwiegend im Arbeitslosengeld II-Bezug gestanden habe und die in diesem Zusammenhang abgeführten Beiträge zur Rentenversicherung ihrer Höhe nach nicht dazu geeignet gewesen seien, ein einmal erreichtes Rentenniveau zu halten. Die Klage habe auch insoweit keinen Erfolg, als sich der Kläger gegen die Berücksichtigung seines Hinzuverdienstes in Höhe von 467,39 EUR im August 2012 wende. Gemäß § 96a Abs. 2 Nr. 2 SGB VI alter Fassung (a.F.) habe die Hinzuverdienstgrenze im maßgeblichen Jahr 2012 bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung 400,00 EUR betragen. Die Beklagte sei damit gemäß § 96a Abs. 1a Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3a SGB VI a.F. berechtigt gewesen, die Erwerbsminderungsrente im August 2012 in einer Höhe von lediglich drei Vierteln auszubezahlen. Soweit der Kläger dagegen einwende, dass er die Erwerbsminderungsrente erst im Jahre 2013 rückwirkend zugesprochen bekommen habe und damit im Jahr 2012 noch keine Kenntnis davon gehabt habe, ob und wieviel er hinzuverdienen dürfe, sei dieser Einwand rechtlich unerheblich. Denn ebenso wie die Berücksichtigung der anspruchsbegründenden Voraussetzungen einer Rente nicht von subjektiver Kenntnis des Rentenberechtigten abhänge, könne auch die Berücksichtigung von anspruchsmindernden Tatsachen nicht von dessen Kenntnis abhängig sein. Zwar sehe § 96a Abs. 1 Satz 2 SGB VI vor, dass die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten werde, wenn das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit oder vergleichbares Einkommen im Monat die in Abs. 2 genannten Beträge nicht übersteige, wobei ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze nach Abs. 2 im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibe. Dies bedeute, dass die Hinzuverdienstgrenze grundsätzlich zweimal pro Kalenderjahr bis zum Doppelten überschritten werden dürfe, ohne dass dies Einfluss auf die Höhe der bisher gezahlten Rente habe. Um das vom Gesetz zugelassene zweimalige Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze bis zum Doppelten prüfen zu können, sei von den Rentenversicherungsträgern das sogenannte Vormonatsprinzip entwickelt worden, welches von der Rechtsprechung als verwaltungspraktikabler Maßstab akzeptiert werde. Werde danach die im jeweiligen Vormonat unterschrittene Hinzuverdienstgrenze überschritten und das Doppelte dieser Grenze eingehalten, werde die Rente auch für diesen Monat in derselben Höhe weitergezahlt. Daraus folge, dass beim erstmaligen Zusammentreffen von Rente und Hinzuverdienst die erste Voraussetzung des Vormonatsprinzips - das Einhalten der Hinzuverdienstgrenze des Vormonats - nicht erfüllt sei. Im Vormonat des erstmaligen Zusammentreffens von Rente und Hinzuverdienst existiere zwar eine Hinzuverdienstgrenze; diese sei jedoch im Sinne des Vormonatsprinzips nicht eingehalten, da kein zu berücksichtigender Hinzuverdienst vorhanden sei. Daraus folge, dass im Monat des Rentenbeginns bzw. beim erstmaligen Zusammentreffen von Rente und Hinzuverdienst das doppelte Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze grundsätzlich nicht zulässig sei. Da dem Kläger die Rente wegen voller Erwerbsminderung rückwirkend ab dem 1. Januar 2012 gewährt worden sei, sei die Rente im August 2012 erstmalig mit einem Hinzuverdienst des Klägers zusammengetroffen, weshalb nach oben dargestellten Grundsätzen die Hinzuverdienstgrenze in Höhe von 400,00 EUR bereits beim erstmaligen Überschreiten von der Beklagten zu berücksichtigen gewesen sei.
Der Kläger hat gegen das ihm mit Postzustellungsurkunde am 19. September 2015 zugestellte Urteil am 23. September 2015 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung macht er geltend, das Verfahren sei nicht ordnungsgemäß gewesen. Die festgestellten Gründe, die 2012 zur gewährten Rente geführt hätten, hätten bereits schon weitaus früher vorgelegen. Der schwerwiegende Grund der Rentengewährung sei sein im Jahre 2000 erlittener Arbeitsunfall gewesen. Zum vorgenommenen Rentenabzug wegen Einkommens sei festzustellen, dass er zu diesem Zeitpunkt keine staatliche Hilfe bekommen habe; er sei zum Arbeiten trotz Schmerzen gezwungen gewesen. Zum Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme habe er nicht wissen können, dass ihm von der Rente dann abgezogen werde. Bereits im "Rentenbescheid" von 2005 habe er einen Anspruch über 500,00 EUR Erwerbsminderungsrente gehabt. Nun bekomme er lediglich 400,00 EUR. Dies seien gerade mal 10,00 EUR mehr, als jemand, der noch nie gearbeitet habe, erhalte. Dies sei äußerst unsozial. Außerdem habe die Beklagte seit 2005 Einnahmen erzielt. Die Rentengewährung müsse deshalb weitaus höher sein.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 24. August 2015 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheids vom 21. März 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 2014 die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 2002 eine höhere Erwerbsminderungsrente zu gewähren und ihm für den Monat August 2012 die volle Erwerbsminderungsrente auszubezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich zur Begründung auf das ergangene Urteil.
Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 17. November 2015 wurden die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Zurückweisung der Berufung auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss hingewiesen, sofern der Senat sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Den Beteiligten wurde Gelegenheit gegeben, hierzu Stellung zu nehmen, wobei der Bevollmächtigte der Beklagten dieser "Verfahrensweise" zugestimmt hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 Abs. 1, Abs. 3 SGG statthafte, unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 3 SGG) eingelegte zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten, die für den Senat keinen Anlass zu einem anderen Verfahren ergeben hat, gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen. Das SG hat zutreffend in Darstellung der hier maßgeblichen gesetzlichen Normen schon die Zulässigkeit der Klage insoweit zutreffend verneint, als der Kläger einen Beginn der Erwerbsminderungsrente vor dem 1. Januar 2012 begehrt. Hierauf nimmt der Senat Bezug und sieht von der weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ebenso zutreffend hat das SG die Klage als unbegründet abgewiesen, soweit der Kläger eine höhere Erwerbsminderungsrente begehrt sowie für den Monat August 2012 die Gewährung der vollen Erwerbsminderungsrente erstrebt. Auch insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Begründung im Urteil des SG vom 24. August 2015 und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend wird noch Folgendes ausgeführt: Bezüglich der Berücksichtigung des Arbeitseinkommens des Klägers im Monat August 2012 hat die Beklagte das sogenannte "Vormonatsprinzip" zu Recht angewandt, was zu einer Kürzung der Erwerbsminderungsrente des Klägers für diesen Monat auf drei Viertel der bewilligten Erwerbsminderungsrente geführt hat.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 6. Februar 2007 - SozR 4-2600 § 96a Nr. 9; Urteil vom 26. Juni 2008 -SozR 4-2600 § 34 Nr. 2; Urteil vom 9. Dezember 2010 - SozR 4-2600 § 96a Nr. 13) ist das sogenannte Vormonatsprinzip ein geeigneter (verwaltungs)-praktikabler und dem Gesetzeszweck entsprechender Prüfungsmaßstab zur Feststellung des privilegierten (d.h. "rentenunschädlichen") Überschreitens im Sinne des § 96a Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB VI. Danach ist Ausgangspunkt für die Prüfung, in welcher Höhe die Rente trotz eines Hinzuverdienstes zu zahlen ist, grundsätzlich die zum Zeitpunkt des Rentenbeginns bzw. des ersten Monats des Zusammentreffens von Rente mit zu berücksichtigendem Hinzuverdienst eingehaltene (einfache) Hinzuverdienstgrenze. Die insoweit maßgebliche Hinzuverdienstgrenze darf im Laufe eines jeden Kalenderjahres gemäß § 96a Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB VI rentenunschädlich in zwei Kalendermonaten bis zur Höhe des Betrags, welcher der Hinzuverdienstgrenze entspricht, überschritten werden. Ob ein solches privilegiertes Überschreiten vorliegt, ist ausschließlich chronologisch (linear) zu ermitteln, denn nach § 100 Abs. 1 SGB VI i.V.m. § 48 Abs. 1 SGB X ist die Rente in neuer Höhe zu leisten, sobald sich aus tatsächlichen (oder rechtlichen) Gründen die Voraussetzungen für die Höhe der Rente ändern. Die Prüfung, ob ein privilegiertes Überschreiten vorliegt, richtet sich grundsätzlich nach der im Vormonat eingehaltenen Hinzuverdienstgrenze. Denn ein "Überschreiten" im Sinne des § 96 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB VI setzt bei chronologischer Betrachtungsweise voraus, dass sich der Hinzuverdienst über die im jeweiligen Vormonat eingehaltene Hinzuverdienstgrenze hinaus erhöht (vgl. BSG, Urteil vom 6. Februar 2007 - a.a.O. -). Wird die Hinzuverdienstgrenze des Vormonats eingehalten, ist die bisherige Rente vom Rentenversicherungsträger ohne Weiteres der dieser Hinzuverdienstgrenze zugeordneten Höhe (weiter) zu leisten. Ändert sich der Verdienst und wird hierdurch die im Vormonat noch eingehaltene Hinzuverdienstgrenze überschritten, ist weiter zu prüfen, ob das Überschreiten rentenunschädlich ist. Dies setzt voraus, dass der Hinzuverdienst innerhalb des Doppelten dieser Hinzuverdienstgrenze liegt; ein solches Überschreiten ist im Laufe eines Kalenderjahres in zwei Kalendermonaten zulässig. Hiervon ausgehend ist das SG zutreffend zu der Auffassung gelangt, dass beim erstmaligen Zusammentreffen von Rente und Hinzuverdienst die erste Voraussetzung des Vormonatsprinzips - das Einhalten der Hinzuverdienstgrenze des Vormonats - nicht erfüllt ist. Im Vormonat des erstmaligen Zusammentreffens von Rente und Hinzuverdienst existiert zwar eine Hinzuverdienstgrenze, diese ist jedoch im Sinne des Vormonatsprinzips nicht eingehalten, da kein zu berücksichtigender Hinzuverdienst vorhanden ist. Daraus folgt, dass im Monat des Rentenbeginns bzw. beim erstmaligen Zusammentreffen von Rente und Hinzuverdienst das doppelte Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze grundsätzlich nicht zulässig ist. Da dem Kläger die Rente wegen voller Erwerbsminderung rückwirkend ab dem 1. Januar 2012 gewährt wurde, traf die Rente im August 2012 erstmalig mit einem Hinzuverdienst des Klägers zusammen, weshalb nach oben dargestellten Grundsätzen die Hinzuverdienstgrenze in Höhe von 400,00 EUR bereits beim erstmaligen Überschreiten von der Beklagten zu berücksichtigen war.
Aus diesen Gründen ist die Berufung zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt eine höhere Erwerbsminderungsrente mit früherem Beginn.
Der Kläger absolvierte von 1987 bis 1990 eine Ausbildung zum Maurer und arbeitete in diesem Beruf bis 1993. Anschließend war der Kläger überwiegend arbeitslos bzw. arbeitsunfähig. Nach Aufnahme einer erneuten Tätigkeit im Juni 2000 als Maurer trat Arbeitsunfähigkeit ein, weshalb er zunächst bis 17. Dezember 2001 und dann erneut ab 9. Januar 2002 bis zur Aussteuerung am 27. März 2002 Krankengeld bezog. Nachfolgend war der Kläger erneut überwiegend arbeitslos.
Seit dem 1. Januar 2012 bezieht der Kläger eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. In dem Klageverfahren vor dem SG Reutlingen (Aktenzeichen: S 12 R 2921/11) anerkannte die Beklagte, dass der Kläger seit 20. Dezember 2011 voll erwerbsgemindert ist und erklärte sich bereit, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Januar 2012 bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze zu gewähren. Mit Gerichtsbescheid vom 27. März 2013 (Aktenzeichen: S 12 R 3642/11) wies das SG die Klage mit dem - u. a. - Begehren, dem Kläger schon ab dem Jahre 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren, ab, da nicht festzustellen gewesen sei, dass der Kläger bereits seit Ende des Krankengeldbezugs quantitativ in seiner beruflichen Leistungsfähigkeit eingeschränkt gewesen sei. Die hiergegen am 2. Mai 2013 beim Landessozialgericht eingelegte Berufung (Aktenzeichen: L 10 R 1992/13) wurde mit Urteil vom 20. November 2014 zurückgewiesen. Dass der Kläger bereits am 28. März 2002 oder jedenfalls vor dem 1. Januar 2012 nicht mehr in der Lage gewesen sei, eine leichte berufliche Tätigkeit im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich auszuüben, sei nicht festzustellen gewesen. Hinsichtlich des Rentenbeginns wurde insbesondere auf das im damaligen Gerichtsverfahren eingeholte psychiatrisch-neurologische Gutachten von Prof. Dr. W. verwiesen.
Mit Ausführungsbescheid vom 21. März 2013 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine volle Erwerbsminderungsrente in Höhe eines Auszahlungsbetrages von monatlich 407,58 EUR. Zudem erfolgte eine Nachzahlung für die Zeit ab 1. Januar 2012 in Höhe von 6.372,29 EUR. Für den Monat August 2012 wurde die Rente auf drei Viertel herabgekürzt, da der Kläger in diesem Monat 467,39 EUR Arbeitsentgelt erzielt hatte.
Mit Widerspruch vom 23. April 2013 ging der Kläger gegen diesen Ausführungsbescheid im Wesentlichen mit der Begründung vor, dass er in die Rentenkasse Beiträge eingezahlt habe und es daher nicht sein könne, dass Hartz IV-Empfänger sowie Asylbewerber mehr bekämen als er. Außerdem stehe ihm die Rente bereits ab dem erlittenen Arbeitsunfall im Jahr 2000 zu. Daher begehre er ab der Aussteuerung im Jahre 2002 eine Erwerbsminderungsrente in Höhe von 80% des zuletzt bezogenen Maurerlohnes.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Hinsichtlich des Rentenbeginns sei der Widerspruch unzulässig und bezüglich der Rentenhöhe unbegründet. Einer neuen Beurteilung des Rentenbeginns stünde bereits das rechtskräftige Urteil des Landessozialgerichts entgegen. Insofern führe der Rentenbescheid vom 21. März 2013 lediglich die im Urteil festgelegte Rentenart und den Rentenbeginn aus. Auch die Rentenhöhe sei nicht zu beanstanden. Diese richte sich vor allem nach der Höhe des während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens. Dieses würde in Entgeltpunkte umgerechnet. Dabei ergäbe die Versicherung eines Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens in Höhe des Durchschnittsentgelts eines Kalenderjahres einen vollen Entgeltpunkt. Der Monatsbetrag der Rente ergäbe sich dann aus der anzuwendenden Rentenformel. Dabei seien der Rentenfaktor und der aktuelle Rentenwert gesetzlich festgelegt. Eine Überprüfung habe ergeben, dass die Rente auch unter Zugrundelegung der individuell festzusetzenden Entgeltpunkte richtig berechnet worden sei. Für den Monat August 2012 habe die Rente entsprechend der Regelung des § 96a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) gekürzt werden müssen, da die Hinzuverdienstgrenze für die Gewährung einer vollen Erwerbsminderungsrente zum damaligen Zeitpunkt 400,00 EUR betragen habe.
Am 5. Januar 2015 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung hat er ergänzend vorgetragen, seine Rente müsse neu berechnet werden und sei weitaus höher anzusetzen. Eine Teilhabe an der Gesellschaft sei ihm mit der aktuellen Rentenhöhe nicht möglich. Zudem sei die Kürzung im August 2012 rechtswidrig, zumal das Gesetz einen Freibetrag von 900,00 EUR ohne Anrechnung auf die Rente vorsehe. Auf der Grundlage einer Rentenauskunft aus dem Jahr 2005 sei ihm eine volle Erwerbsminderungsrente in Höhe von 537,93 EUR zugebilligt worden. Dies beweise, dass die Rentengewährung falsch sei. Dies umso mehr, als die Beklagte bis zum tatsächlichen Rentenbeginn am 1. Januar 2012 noch weitere Beiträge eingenommen habe. Zudem habe es nie gesetzliche Rentenkürzungen gegeben. Hinsichtlich der Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze sei anzumerken, dass dies ihm niemand gesagt habe. Die Rente sei ihm auch nachträglich gewährt worden, womit er keine Möglichkeit gehabt habe, diese Rechtsfolge zu vermeiden.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Mit Urteil vom 24. August 2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, soweit der Kläger einen früheren Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2012 begehre, mangele es bereits an der ordnungsgemäßen Durchführung des Vorverfahrens nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Kläger habe zwar Widerspruch erhoben; dieser sei jedoch hinsichtlich des Rentenbeginns unzulässig gewesen, da er sich insoweit nicht gegen einen Verwaltungsakt richte. Der Bescheid vom 21. März 2013 sei insoweit nicht als Verwaltungsakt zu qualifizieren, als darin ein Rentenbeginn zum 1. Januar 2012 zugrunde gelegt worden sei. Es fehle bereits an einer Regelung. Mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei davon auszugehen, dass sogenannte Ausführungsbescheide grundsätzlich keine Regelung im Sinne des § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) träfen, soweit die Behörde nur der in einem Urteil auferlegten Verpflichtung entspreche. Dieser Grundsatz müsse jedenfalls insoweit gelten, als der Regelungsgehalt des Urteils in Rechtskraft erwachsen könne, da in diesem Fall die Behörde lediglich ausführendes Organ sei und ihr hinsichtlich einer Modifikation des Urteilsausspruchs kein Ermessensspielraum zustehe. Des Weiteren ergäbe sich dieses aus dem Vorrang des Rechtsmittels der Berufung. Könnte ein bloßer Aufhebungsbescheid angefochten werden, würde die Rechtskraft des Urteils gleichsam ausgehöhlt und die Rechtsmittelfrist der Berufung verlöre ihren Sinn und Zweck, der darin bestehe, Rechtssicherheit zu schaffen. Rechtskräftige Urteile würden insoweit binden, als über den Streitgegenstand entschieden worden sei. Die Bindung erfasse grundsätzlich nur die Urteilsform, deren Tragweite allerdings auch in der Heranziehung der Urteilsgründe zu bestimmen sei. Aus dem Tenor des Urteils des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. Februar 2013 ergäbe sich, dass sich die Rechtskraft jedenfalls auf den dort ausdrücklich ausgewiesenen Rentenbeginn zum 1. Januar 2012 erstrecke. Dem angegriffenen Bescheid vom 21. März 2013 komme insoweit ein rein ausführender Charakter zu. Mit rechtskräftigem Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. November 2014 sei die Berufung des Klägers zurückgewiesen worden. In den Urteilsgründen habe sich das Landessozialgericht nochmals ausführlich mit dem Rentenbeginn auseinandergesetzt und insoweit das sozialgerichtliche Urteil vom 12. Februar 2013 bestätigt. Soweit sich der Kläger gegen die Höhe seiner Erwerbsminderungsrente wende, sei seine Klage unbegründet. Insbesondere habe die Beklagte zu Recht bei der Rente wegen voller Erwerbsminderung des Klägers einen Rentenfaktor von 1,0 zugrunde gelegt. In zutreffender Weise habe die Beklagte bei der Ermittlung des Zugangsfaktors die hier einschlägige Regelung in § 77 Abs. 4 SGB VI i.V.m.§ 264d Satz 2 SGB VI beachtet, wonach der Zugangsfaktor für jeden Monat, um den die Rente vor Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen werde, um 0,03 niedriger sei als 1,0. Nachdem der Kläger darüber hinaus nicht vorgetragen habe, dass Rentenzeiten nicht berücksichtigt worden seien und im Wesentlichen im Rahmen der mündlichen Verhandlung die Versicherungszeiten im Versicherungskonto bestätigt habe, sei nicht erkennbar, woraus sich vorliegend für den Kläger eine höhere Rente wegen voller Erwerbsminderung ergeben könne. Insbesondere könne der Vergleich mit Regelleistungen aus dem Bereich des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB II) zu keiner anderen Beurteilung führen. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass die Höhe der Rente für jeden Versicherten unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu ermitteln sei und das Rentenrecht keine Anspruchsgrundlage kenne, wonach eine Rente wegen voller Erwerbsminderung mindestens das im SGB II zugrunde gelegte Existenzminimum abdecken müsse, was im Hinblick auf die Höhe der Erwerbsminderungsrente des Klägers im Übrigen vorliegend der Fall sei. Darüber hinaus kenne das Rentenrecht auch keine Garantie für die Beibehaltung eines einmal erreichten Rentenniveaus. Soweit der Kläger darauf verweise, dass die Beklagte im Rahmen einer Rentenauskunft aus dem Jahre 2005 von einer höheren Erwerbsminderungsrente ausgegangen sei, habe dies keinerlei Aussagekraft über die Höhe der Erwerbsminderungsrente ab dem 1. Januar 2012. Dies umso weniger, als der Kläger zwischen 2005 und 2012 überwiegend im Arbeitslosengeld II-Bezug gestanden habe und die in diesem Zusammenhang abgeführten Beiträge zur Rentenversicherung ihrer Höhe nach nicht dazu geeignet gewesen seien, ein einmal erreichtes Rentenniveau zu halten. Die Klage habe auch insoweit keinen Erfolg, als sich der Kläger gegen die Berücksichtigung seines Hinzuverdienstes in Höhe von 467,39 EUR im August 2012 wende. Gemäß § 96a Abs. 2 Nr. 2 SGB VI alter Fassung (a.F.) habe die Hinzuverdienstgrenze im maßgeblichen Jahr 2012 bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung 400,00 EUR betragen. Die Beklagte sei damit gemäß § 96a Abs. 1a Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3a SGB VI a.F. berechtigt gewesen, die Erwerbsminderungsrente im August 2012 in einer Höhe von lediglich drei Vierteln auszubezahlen. Soweit der Kläger dagegen einwende, dass er die Erwerbsminderungsrente erst im Jahre 2013 rückwirkend zugesprochen bekommen habe und damit im Jahr 2012 noch keine Kenntnis davon gehabt habe, ob und wieviel er hinzuverdienen dürfe, sei dieser Einwand rechtlich unerheblich. Denn ebenso wie die Berücksichtigung der anspruchsbegründenden Voraussetzungen einer Rente nicht von subjektiver Kenntnis des Rentenberechtigten abhänge, könne auch die Berücksichtigung von anspruchsmindernden Tatsachen nicht von dessen Kenntnis abhängig sein. Zwar sehe § 96a Abs. 1 Satz 2 SGB VI vor, dass die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten werde, wenn das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit oder vergleichbares Einkommen im Monat die in Abs. 2 genannten Beträge nicht übersteige, wobei ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze nach Abs. 2 im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibe. Dies bedeute, dass die Hinzuverdienstgrenze grundsätzlich zweimal pro Kalenderjahr bis zum Doppelten überschritten werden dürfe, ohne dass dies Einfluss auf die Höhe der bisher gezahlten Rente habe. Um das vom Gesetz zugelassene zweimalige Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze bis zum Doppelten prüfen zu können, sei von den Rentenversicherungsträgern das sogenannte Vormonatsprinzip entwickelt worden, welches von der Rechtsprechung als verwaltungspraktikabler Maßstab akzeptiert werde. Werde danach die im jeweiligen Vormonat unterschrittene Hinzuverdienstgrenze überschritten und das Doppelte dieser Grenze eingehalten, werde die Rente auch für diesen Monat in derselben Höhe weitergezahlt. Daraus folge, dass beim erstmaligen Zusammentreffen von Rente und Hinzuverdienst die erste Voraussetzung des Vormonatsprinzips - das Einhalten der Hinzuverdienstgrenze des Vormonats - nicht erfüllt sei. Im Vormonat des erstmaligen Zusammentreffens von Rente und Hinzuverdienst existiere zwar eine Hinzuverdienstgrenze; diese sei jedoch im Sinne des Vormonatsprinzips nicht eingehalten, da kein zu berücksichtigender Hinzuverdienst vorhanden sei. Daraus folge, dass im Monat des Rentenbeginns bzw. beim erstmaligen Zusammentreffen von Rente und Hinzuverdienst das doppelte Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze grundsätzlich nicht zulässig sei. Da dem Kläger die Rente wegen voller Erwerbsminderung rückwirkend ab dem 1. Januar 2012 gewährt worden sei, sei die Rente im August 2012 erstmalig mit einem Hinzuverdienst des Klägers zusammengetroffen, weshalb nach oben dargestellten Grundsätzen die Hinzuverdienstgrenze in Höhe von 400,00 EUR bereits beim erstmaligen Überschreiten von der Beklagten zu berücksichtigen gewesen sei.
Der Kläger hat gegen das ihm mit Postzustellungsurkunde am 19. September 2015 zugestellte Urteil am 23. September 2015 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung macht er geltend, das Verfahren sei nicht ordnungsgemäß gewesen. Die festgestellten Gründe, die 2012 zur gewährten Rente geführt hätten, hätten bereits schon weitaus früher vorgelegen. Der schwerwiegende Grund der Rentengewährung sei sein im Jahre 2000 erlittener Arbeitsunfall gewesen. Zum vorgenommenen Rentenabzug wegen Einkommens sei festzustellen, dass er zu diesem Zeitpunkt keine staatliche Hilfe bekommen habe; er sei zum Arbeiten trotz Schmerzen gezwungen gewesen. Zum Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme habe er nicht wissen können, dass ihm von der Rente dann abgezogen werde. Bereits im "Rentenbescheid" von 2005 habe er einen Anspruch über 500,00 EUR Erwerbsminderungsrente gehabt. Nun bekomme er lediglich 400,00 EUR. Dies seien gerade mal 10,00 EUR mehr, als jemand, der noch nie gearbeitet habe, erhalte. Dies sei äußerst unsozial. Außerdem habe die Beklagte seit 2005 Einnahmen erzielt. Die Rentengewährung müsse deshalb weitaus höher sein.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 24. August 2015 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheids vom 21. März 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 2014 die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 2002 eine höhere Erwerbsminderungsrente zu gewähren und ihm für den Monat August 2012 die volle Erwerbsminderungsrente auszubezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich zur Begründung auf das ergangene Urteil.
Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 17. November 2015 wurden die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Zurückweisung der Berufung auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss hingewiesen, sofern der Senat sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Den Beteiligten wurde Gelegenheit gegeben, hierzu Stellung zu nehmen, wobei der Bevollmächtigte der Beklagten dieser "Verfahrensweise" zugestimmt hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 Abs. 1, Abs. 3 SGG statthafte, unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 3 SGG) eingelegte zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten, die für den Senat keinen Anlass zu einem anderen Verfahren ergeben hat, gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen. Das SG hat zutreffend in Darstellung der hier maßgeblichen gesetzlichen Normen schon die Zulässigkeit der Klage insoweit zutreffend verneint, als der Kläger einen Beginn der Erwerbsminderungsrente vor dem 1. Januar 2012 begehrt. Hierauf nimmt der Senat Bezug und sieht von der weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ebenso zutreffend hat das SG die Klage als unbegründet abgewiesen, soweit der Kläger eine höhere Erwerbsminderungsrente begehrt sowie für den Monat August 2012 die Gewährung der vollen Erwerbsminderungsrente erstrebt. Auch insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Begründung im Urteil des SG vom 24. August 2015 und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend wird noch Folgendes ausgeführt: Bezüglich der Berücksichtigung des Arbeitseinkommens des Klägers im Monat August 2012 hat die Beklagte das sogenannte "Vormonatsprinzip" zu Recht angewandt, was zu einer Kürzung der Erwerbsminderungsrente des Klägers für diesen Monat auf drei Viertel der bewilligten Erwerbsminderungsrente geführt hat.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 6. Februar 2007 - SozR 4-2600 § 96a Nr. 9; Urteil vom 26. Juni 2008 -SozR 4-2600 § 34 Nr. 2; Urteil vom 9. Dezember 2010 - SozR 4-2600 § 96a Nr. 13) ist das sogenannte Vormonatsprinzip ein geeigneter (verwaltungs)-praktikabler und dem Gesetzeszweck entsprechender Prüfungsmaßstab zur Feststellung des privilegierten (d.h. "rentenunschädlichen") Überschreitens im Sinne des § 96a Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB VI. Danach ist Ausgangspunkt für die Prüfung, in welcher Höhe die Rente trotz eines Hinzuverdienstes zu zahlen ist, grundsätzlich die zum Zeitpunkt des Rentenbeginns bzw. des ersten Monats des Zusammentreffens von Rente mit zu berücksichtigendem Hinzuverdienst eingehaltene (einfache) Hinzuverdienstgrenze. Die insoweit maßgebliche Hinzuverdienstgrenze darf im Laufe eines jeden Kalenderjahres gemäß § 96a Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB VI rentenunschädlich in zwei Kalendermonaten bis zur Höhe des Betrags, welcher der Hinzuverdienstgrenze entspricht, überschritten werden. Ob ein solches privilegiertes Überschreiten vorliegt, ist ausschließlich chronologisch (linear) zu ermitteln, denn nach § 100 Abs. 1 SGB VI i.V.m. § 48 Abs. 1 SGB X ist die Rente in neuer Höhe zu leisten, sobald sich aus tatsächlichen (oder rechtlichen) Gründen die Voraussetzungen für die Höhe der Rente ändern. Die Prüfung, ob ein privilegiertes Überschreiten vorliegt, richtet sich grundsätzlich nach der im Vormonat eingehaltenen Hinzuverdienstgrenze. Denn ein "Überschreiten" im Sinne des § 96 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB VI setzt bei chronologischer Betrachtungsweise voraus, dass sich der Hinzuverdienst über die im jeweiligen Vormonat eingehaltene Hinzuverdienstgrenze hinaus erhöht (vgl. BSG, Urteil vom 6. Februar 2007 - a.a.O. -). Wird die Hinzuverdienstgrenze des Vormonats eingehalten, ist die bisherige Rente vom Rentenversicherungsträger ohne Weiteres der dieser Hinzuverdienstgrenze zugeordneten Höhe (weiter) zu leisten. Ändert sich der Verdienst und wird hierdurch die im Vormonat noch eingehaltene Hinzuverdienstgrenze überschritten, ist weiter zu prüfen, ob das Überschreiten rentenunschädlich ist. Dies setzt voraus, dass der Hinzuverdienst innerhalb des Doppelten dieser Hinzuverdienstgrenze liegt; ein solches Überschreiten ist im Laufe eines Kalenderjahres in zwei Kalendermonaten zulässig. Hiervon ausgehend ist das SG zutreffend zu der Auffassung gelangt, dass beim erstmaligen Zusammentreffen von Rente und Hinzuverdienst die erste Voraussetzung des Vormonatsprinzips - das Einhalten der Hinzuverdienstgrenze des Vormonats - nicht erfüllt ist. Im Vormonat des erstmaligen Zusammentreffens von Rente und Hinzuverdienst existiert zwar eine Hinzuverdienstgrenze, diese ist jedoch im Sinne des Vormonatsprinzips nicht eingehalten, da kein zu berücksichtigender Hinzuverdienst vorhanden ist. Daraus folgt, dass im Monat des Rentenbeginns bzw. beim erstmaligen Zusammentreffen von Rente und Hinzuverdienst das doppelte Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze grundsätzlich nicht zulässig ist. Da dem Kläger die Rente wegen voller Erwerbsminderung rückwirkend ab dem 1. Januar 2012 gewährt wurde, traf die Rente im August 2012 erstmalig mit einem Hinzuverdienst des Klägers zusammen, weshalb nach oben dargestellten Grundsätzen die Hinzuverdienstgrenze in Höhe von 400,00 EUR bereits beim erstmaligen Überschreiten von der Beklagten zu berücksichtigen war.
Aus diesen Gründen ist die Berufung zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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