L 8 U 37/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 294/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 37/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 10.11.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Der Kläger trägt die Kosten des auf Antrag gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachtens von Dr. H. vom 20.04.2015 mit Gutachtensergänzung vom 29.05.2015 sowie seine baren Auslagen selbst.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen die Beklagte wegen seines Arbeitsunfalls am 14.03.1995 ein Anspruch auf Feststellung der Schädigung der Rotatorenmanschette rechts als Unfallfolge und Verletztenrente zusteht.

Der 1951 geborene Kläger ist selbstständiger Schausteller und bei der Beklagten unternehmerversichert.

Er hatte bereits am 13.11.1985 einen Arbeitsunfall mit Verletzung des linken Sprunggelenks und der linken Fußwurzel erlitten, weshalb ihm mit Bescheid der Beklagten vom 18.01.2012 Verletztenrente auf unbestimmte Zeit als Stützrente nach einer MdE um 10 v.H. ab 19.05.2011 gewährt wird. Aufgrund eines Arbeitsunfalls am 19.05.2011 wird ihm wegen der festgestellten Unfallfolge einer Läsion des Musculus subscapularis rechts außerdem eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um 10 v.H. ab 20.08.2011 bezahlt; als unfallunabhängig werden alte komplette Einrisse des Musculus supraspinatus und des Musculus infraspinatus festgestellt (Bescheid der Beklagten vom 18.01.2012). Darüber hinaus hatte der Kläger Arbeitsunfälle am 26.07.2009 mit Prellung der rechten Hand und am 14.10.2013 mit Schulterluxation links bei vorbestehender Rotatorenmanschettenruptur links, wofür aber keine Renten gewährt wurden.

Am 14.03.1995 stürzte der Kläger eigenen Angaben zufolge während der Arbeit von einer Leiter auf die rechte Schulter. Durchgangsarzt Dr. S. diagnostizierte am Unfalltag eine Schulterprellung rechts bei vorbestehender unfallunabhängiger Periarthropathie der rechten Schulter (Durchgangsarztbericht -DAB- vom 22.03.1995). Die Beklagte gewährte Heilbehandlung und zahlte Verletztengeld bis 02.05.1995.

Im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall am 19.05.2011 war jeweils eine Magnetresonanztomographie (MRT) am 20.05.2011 (Befundbericht des Instituts für Radiologische Diagnostik des Spitals W. vom 20.05.2011) und am 31.05.2011 (Befundbericht der Radiologischen Gemeinschaftspraxis Dr. R. und Kollegen, L. , vom 31.05.2011) durchgeführt worden mit dem Befund über eine Läsion der Supra- und In¬fraspinatussehne sowie Subscapularissehne, eine Luxation der langen Bizepssehne und Läsion des Labrum glenoidale.

Mit Schreiben vom 23.01.2012 macht der Kläger die im Mai 2011 diagnostizierten Sehnenrisse als Folgen des Unfalls am 14.03.1995 geltend und bat um Untersuchung des Unfalls von 1995 "zwecks Rentenbescheid". Vorgelegt wurden die ärztliche Bescheinigung des Allgemeinmediziners Dr. U. vom 06.02.2012 mit Behandlungsdaten ab 1998 wegen Schulter-Arm-Syndroms und HWS-Syndrom sowie die ärztlichen Atteste von Dr. S. vom 06.02.2012 und vom 09.02.2012 mit den Behandlungsdaten wegen Schulterbeschwerden im Jahr 1995 und ab Dezember 1996.

In dem von der Beklagten veranlassten Gutachten vom 27.07.2012 beurteilte der Gutachter Dr. K. die Sehnenrisse der Rotatorenmanschette rechts als unfallunabhängig. Ein naturwissenschaftlicher Ursachenzusammenhang zwischen direkter Gewalteinwirkung auf die Schulter, wie bei der Schulterprellung am 14.03.1995, und Rotatorenmanschettenriss lasse sich nicht begründen. Ein spezifisches Schadensbild für eine traumabedingte frische Zerreißung der Rotatorenmanschette habe nicht vorgelegen. Der Röntgenbefund von 1995 weise nicht auf eine traumatische Rotatorenmanschettenläsion hin. Eine messbare MdE sei nicht festzustellen.

Mit Bescheid vom 28.08.2012 lehnte die Beklagte eine Entschädigung des Unfalls vom 14.03.1995 über den 02.05.1995 hinaus ab.

Den hiergegen eingelegten und nicht näher begründeten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.12.2012 zurück.

Der Kläger erhob am 15.01.2013 Klage vor dem Sozialgericht Freiburg (SG) mit dem Begehren, die gesundheitlichen Einschränkungen der rechten Schulter als Folgen des Unfalls anzuerkennen und Leistungen im gesetzlichen Umfang zu gewähren.

Das Sozialgericht holte die sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. U. vom 24.10.2013 und von Dr. S. vom 30.10.2013 ein. Letzterer bejahte einen unfallbedingten Zusammenhang der Sehnenrisse. Dr. U. teilte die Ansicht von Dr. K. in beigefügten Gutachten vom 27.07.2012.

In dem von Amts wegen eingeholten Gutachten vom 27.04.2014 verneinte der Sachverständige Dr. P. den Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis vom 14.03.1995 und der 16 Jahre später diagnostizierten Rotatorenmanschettenruptur der rechten Schulter. Er stimme mit dem Gutachten von Dr. K. überein.

Mit Urteil vom 10.11.2014 wies das SG die Klage ab.

Gegen das dem Kläger am 04.12.2014 zugestellte Urteil hat er am Montag den 05.01.2015 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, er habe bei diesem Unfall nicht nur eine Prellung erlitten, sondern es seien auch Sehnen gerissen. Die sich in der Folge ausbildenden Schmerzen seien auf den Unfall zurückzuführen. Es habe ausweislich der vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen seit dem Unfall ein behandlungsbedürftiges Schulter-Arm-Syndrom bestanden. Vor dem Unfall habe er keinerlei Beeinträchtigung im Schulterbereich gehabt. Die Schmerzen durch den Sehnenschaden seien offenbar in den Nacken-Bereich gewandert und hätten sich dort ausgewirkt, weshalb er sich auch nicht mehr wegen Schulterbeschwerden in ärztliche Behandlung begeben habe. Erst im Jahre 2011 sei nach dem drittens Sehnenabriß der "alte Sehnenschaden" diagnostiziert worden.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 10.11.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.12.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Ruptur der Rotatorenmanschette rechts als Folge des Arbeitsunfalls vom 14.03.1995 festzustellen und ihm Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 10 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist zur Begründung auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil. Bereits vor dem Unfall habe bei dem Kläger ein Impingementzeichen bestanden. Die diagnostizierte Rotatorenmanschettenruptur sei auf degenerative Veränderungen zurückzuführen und erst 16 Jahre nach dem Unfallereignis diagnostiziert worden. Für eine degenerative Entstehung spreche auch, dass an der linken Schulter ebenfalls verschleißbedingte Schäden vorhanden seien.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat von Dr. H. das Gutachten vom 30.04.2015 mit Gutachtensergänzung vom 29.05.2015 eingeholt. Der Sachverständige hat dem Gutachtensergebnis von Dr. K. und Dr. P. zugestimmt. Gegen den unfallbedingten Zusammenhang der diagnostizierten Veränderungen in der rechten Schulter spreche der Unfallmechanismus, der sich aus dem DAB von Dr. S. ergebende Primärbefund, die zum Unfallzeitpunkt vorbestehenden degenerative Veränderungen, die Beidseitigkeit der Rotatorenmanschettenverletzung, das Alter des Klägers zum Unfallzeitpunkt, der Beschwerdeverlauf mit anhaltenden und rezidivierenden Beschwerden sowie die mechanische Belastung der Schultergelenke bei der beruflichen Tätigkeit.

Die Beteiligten haben sich zum Beweisergebnis geäußert. Der Kläger hat vorgetragen, in den vorgelegten Attesten von Dr. S. vom 20.04.2015 und vom 13.07.2015 sei der Hergang der Behandlung und der Diagnosen der Verletzung noch einmal aufgezeigt worden. Damit sei nochmals deutlich gemacht worden, dass die Verletzung der rechten Schulter 1995 für die Ausprägung verantwortlich gewesen sei, weshalb der Abwägungsvorgang von Dr. H. hätte anders aussehen müssen. Es sei zu berücksichtigen, dass Dr. S. seit geraumer Zeit der behandelnde Arzt sei und den Sachverhalt am besten bewerten könne. Zwischen 1995 und 2011 seien keine, die rechte Schulter betreffende neuen Unfälle aufgetreten.

Der Senat hat die Verwaltungsakten der Beklagten und die Akte des SG beigezogen. Auf diese Unterlagen und die vor dem Senat angefallene Berufungsakte wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet.

Die Klage auf Verurteilung der Beklagten zur Feststellung der Sehnenrisse der Supra- und Infraspinatussehne rechts ist als Verpflichtungsklage zulässig, denn im angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 28.08.2012 sind die Läsion des Musculus subscapularis rechts sowie die Defekte der Supra- und Infraspinatussehne rechts in den Entscheidungsgründen ausdrücklich als Unfallfolge verneint worden. Dass der Entscheidungssatz des Bescheides hierüber keinen Ausspruch enthält, ist vorliegend rechtlich unerheblich. Aus dem Zusammenhang mit dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren, in dem der Kläger die Sehnenrisse als Folgen des Unfalls geltend gemacht hat, ergibt sich, dass die Beklagte hierüber eine nach außen wirkende Regelung treffen wollte. Ein anfechtbarer Verwaltungsakt liegt insoweit vor.

Die Klage auf Verurteilung zur Zahlung einer Verletztenrente ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ebenfalls zulässig. Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 23.01.2012 "zwecks Rentenbescheids" die Anerkennung der Sehnenrisse als Folgen des streitigen Unfalls beantragt hatte, beinhaltet die im Entscheidungssatz des Bescheids ausgesprochene Ablehnung der Entschädigung nach dem Empfängerhorizont auch ausdrücklich die Ablehnung einer Rentengewährung nach einer MdE um mindestens 10 v.H. Die Sachurteilsvoraussetzung einer Anfechtungs- und Leistungsklage in Form eines über das Begehren ergangenen Verwaltungsakts mit nachfolgendem Vorverfahren (§ 78 Abs. 1 S. 1 SGG) liegt vor. Der im Berufungsverfahren unter Beibehaltung des Klagegrundes vom Antrag auf ein Grundurteil auf Rentengewährung umgestellte Klageantrag ist gemäß § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG keine Klageänderung.

Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Feststellung der von ihm geltend gemachten Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen und keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente.

Die beim Kläger vorliegenden funktionellen Einschränkungen an der rechten Schulter beruhen nicht auf Folgen des Unfalls vom 14.03.1995 und begründen damit auch keine unfallbedingte MdE. Der Senat geht davon aus, dass der Kläger am 14.03.1995 direkt auf die Schulter gefallen ist. Dies hat der Kläger am Unfalltag gegenüber Dr. S. angegeben. Seine im Laufe des Verfahrens gemachten gegenteiligen Äußerungen, möglicherweise sei er auf den abgespreizten Arm gefallen (Angaben gegenüber Dr. K. ) bzw. er sei auf den ausgestreckten Arm gefallen ohne direkten Anprall der rechten Schulter (Angaben bei Dr. H. ), sind ihrerseits widersprüchlich und unglaubhaft sowie im Hinblick darauf, dass sie 17 bzw. 20 Jahre nach dem Unfall abgegeben worden sind, wenig zuverlässig. Sie können daher keine Grundlage der vom Senat zu treffenden Feststellung sein.

Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die beim Kläger diagnostizierten Rupturen der Rotatorenmanschette rechts nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall vom 14.03.1995 zurückzuführen sind. Dies entnimmt der Senat den überzeugenden Gutachten von Dr. K. , Dr. P. und Dr. H ... Diese Ärzte haben nachvollziehbar gutachterlich ausgeführt, dass der nach den Erstangaben des Klägers erfolgte Sturz mit direktem Anprall der Schulter grundsätzlich nicht geeignet ist, die Sehnen der Rotatorenmanschette zu zerreißen, da es hierbei nicht zu der anatomisch allein möglichen Sehnenzerreißung durch Überdehnung der Sehne in ihrem Verlauf kommen kann. Jedenfalls wäre ein trotzdem erfolgter Riss bei diesem Unfallablauf dann nach der Rechtsprechung des Senats nicht wesentliche Folge der Unfalleinwirkung, sondern allein wesentliche Ursache ist unter diesen Bedingungen das Ausmaß der unfallunabhängig vorbestehenden Vorschädigung der Sehnen (vgl. Urteile des Senats vom 23.10.2015 - L 8 U 1345/14 - und vom 01.07.2011 - L 8 U 197/11 - , beide veröffentlicht in juris und in www.sozialgerichtsbarkeit.de), die aus der geringfügigen Einwirkung auf die Sehne gefolgert werden muss. Zudem haben die Sachverständigen unter Bezugnahme auf die unfallmedizinische Literatur überzeugend dargelegt, dass nach dem aktenkundigen Erstbefund im DAB von Dr. S. vom 22.03.1995 am Unfalltag keine für einen traumatisch bedingten Sehnenabriss typische Beschwerdesymptomatik vorgelegen hat. Eine Pseudoparalyse des rechten Armes (drop-arm-Syndrom) enthält die Befundbeschreibung nicht, es werden lediglich Bewegungs- und Belastungsschmerzen angegeben, was gerade keine solche erhebliche Bewegungseinschränkung erkennen lässt. Dr. P. verweist darauf, dass die als schmerzhafter Bogen umschriebene Bewegungsbehinderung am Schultergelenk ein Einzelfaktor ist, der auf ein vorbestehendes subacromiales Impingement-Syndrom hinweist. Auch der nachfolgende Beschwerdeverlauf nach den von Dr. S. und Dr. U. mitgeteilten Behandlungsdaten wegen Schulterbeschwerden ergibt nach diesen Ausführungen des Sachverständigen keinen eindeutigen Hinweis auf eine Sehnenruptur im März 1995. Der Allgemeinmediziner Dr. U. behandelte den Kläger wegen Schulterbeschwerden erstmals ab September 1998, also deutlich erst dreieinhalb Jahre nach dem Unfall (ärztliche Bescheinigung von Dr. U. vom 06.02.2012, Bl. 21 der Beklagtenakte). Dr. S. behandelte den Kläger wegen Schulterbeschwerden bis Mitte Mai 1995 (ärztliches Attest vom 06.02.2012), was annähernd mit dem bis 02.05.1995 reichenden Zeitraum der von der Beklagten anerkannten unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit übereinstimmt und zwanglos der verlängerten Ausheilung einer Prellung zugeordnet werden kann, wie dies die Sachverständigen offensichtlich bei der anzunehmenden Schmerzanfälligkeit der Rotatorenmanschette durch ihre Vorschädigung unterstellt haben. Jedenfalls sind die nachfolgenden Behandlungsintervalle von vier Tagen im September und von zwei Tagen im Dezember 1995, wie auch dann erst wieder ab Dezember 1996 (ärztliche Atteste von Dr. S. 06.02.2012 und 09.02.2012) auch mit der von Dr. P. beschriebenen Entwicklung der fortschreitenden degenerativen Veränderung der Sehnen der Rotatorenmanschette zu vereinbaren. Ein Rückschluss auf die Entstehung des Sehnenschadens durch das Unfallereignis im März 1995 ist damit nicht zwingend oder überwiegend wahrscheinlich möglich. Im Übrigen verweist der Senat auf die für zutreffend erachteten Ausführungen im angefochtenen Urteil des SG (Seite 6 bis 9 des Urteils; § 153 Abs. 2 SGG).

Eine richtunggebende Verschlimmerung durch das Unfallereignis wird - abgesehen davon, dass diese auch nur durch eine mit einer Alltagsbelastung vergleichbaren Einwirkung verursacht worden und somit nicht wesentlich kausal wäre - zur Überzeugung des Senats hierdurch ebenso wenig belegt. Eine Verschlimmerung kommt nur in Betracht, wenn vor dem Unfallereignis eine Gesundheitsstörung im Sinne eines regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes vorhanden und bereits zuvor klinisch manifest geworden war. Hierzu bedarf es der Feststellung von medizinisch (klinisch) erfassbaren Beschwerden, Funktionsstörungen oder Belastungseinschränkungen (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 8 SGB VII Anm.9.11, G. Wagner in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 8 SGB VII, RdNr. 167). Ebenso muss festgestellt werden, dass sich diese verschlimmert haben. Ein nur symptomatisch verändertes Krankheitsbild ohne Änderung des Grundleidens rechtfertigt noch nicht eine richtunggebende Verschlimmerung im Rechtssinne (vgl. Urteil des Senats vom 23.10.2015 - L 8 U 1345/14 - , juris, www.sozialgerichtsbar-keit.de). Soweit der Kläger behauptet, vor dem Unfall keinerlei Beschwerden an der Schulter gehabt zu haben, widerspricht dies der Dokumentation einer unfallunabhängigen – vorbestehenden – Periarthropathie der rechten Schulter im DAB vom 22.03.1995 durch Dr. S ... Dies mag letztlich aber dahinstehen, denn der Senat entnimmt der übereinstimmenden Beurteilung von Dr. K. und Dr. P. , dass die nach Abklingen der unfallbedingten, durch die Prellung verursachten Beschwerden im Mai 1995 ab September 1995 aufgetretenen Schulterbeschwerden mit der Beschwerdeprogression einer degenerativen Rotatorenmanschettenläsion zu vereinbaren sind. Eine auf Dauer bzw. maßgebend vorzeitig aufgetretene Verschlimmerung der Vorerkrankung durch das Unfallereignis lässt sich nicht feststellen.

Soweit Dr. S. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 30.10.2013 angibt, beim Kläger sei am Unfalltag bei seiner Untersuchung die Beweglichkeit des Schultergelenks schmerzbedingt nahezu aufgehoben gewesen, ist dies mit seinen eigenen Befundangaben im DAB vom 22.03.1995 nicht in Einklang zu bringen. Es ist zu erwarten, dass ein unfallchirurgisch erfahrener Arzt, der durchgangsärztliche Untersuchungen für die Beklagte vornehmen darf, eine erhebliche Bewegungseinschränkung, wie sie eine Pseudoparalyse darstellt, als Erstbefund auch dokumentiert. Auch sprechen die von ihm getroffenen Behandlungsmaßnahmen mit Ultraschall und UHF-Bestrahlung und die hierauf eingetretene Besserung der Bewegungs- und Belastungsschmerzen (vgl. beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. T. vom 11.05.2012) eher für die sich langsam entwickelnde degenerativ bedingte Funktionseinschränkungen der Rotatorenmanschette als für den durch Trauma bedingten plötzlichen Funktionsverlust.

Soweit mit der Berufung geltend gemacht wird, die durchgehenden behandlungsbedürftigen und seit dem Unfall bestehenden Schulterbeschwerden begründeten den Unfallzusammenhang, ist dies angesichts einer sich ebenfalls progredient weiterentwickelnden degenerativen Sehnenschädigung nicht überzeugend. Daher ist auch rechtlich belanglos, ob Schulterbeschwerden vermeintlich von HWS-Beschwerden überdeckt oder solchen unzutreffend zugeordnet worden sind. Der Senat hat im Hinblick auf die überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. K. , Dr. P. und Dr. H. keine Veranlassung gesehen, weitere Ermittlungen aufzunehmen. Die Zusammenhangswürdigung von Dr. S. in den vom Kläger vorgelegten Äußerungen vom 20.04.2015 und 13.07.2015, wonach der Kläger zwischen 1995 und 2011 keine neuen Unfälle erlitten habe und die ambulanten Behandlungen einen bestehenden Schaden infolge des Unfalls vom 14.03.1995 bestätigten, ist im Hinblick auf die dargelegte Unfallmechanik und nachgewiesene Erstsymptomatik für eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Unfallzusammenhangs nicht überzeugend. Dr. H. hat nach Übersendung der Stellungnahme von Dr. S. vom 20.04.2015 an seiner gutachterlichen Wertung festgehalten (Gutachtensergänzung vom 29.05.2015), wodurch der Senat sich in seiner Auffassung bestätigt sieht. Die nachgereichte Stellungnahme von Dr. S. vom 13.07.2015 enthält lediglich eine Vertiefung seiner vorher geäußerten Auffassung, die eine nochmalige Befassung der gerichtlichen Gutachter nicht erforderlich macht.

Ob die jeweiligen kompletten Sehnenrupturen bereits vor dem Unfall am 14.03.1995 vorlagen oder sich eine vorbestehende Partialruptur nach dem Unfallereignis degenerativ allmählich zur Komplettruptur entwickelt hat, kann dahinstehen. Dies ist nicht entscheidungserheblich und daher nicht weiter aufzuklären.

Sonstige auf das Unfallereignis am 14.03.1995 zurückzuführende und fortbestehende funktionelle Einschränkungen sind weder den Akten zu entnehmen noch vom Kläger vorgetragen. Eine unfallbedingte MdE um 10 v.H. ist nicht gegeben. Ein Stützrentenanspruch liegt nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Kosten des Gutachtens von Dr. H. vom 20.04.2015 mit Gutachtensergänzung vom 29.05.2015 sowie die baren Auslagen des Klägers, über die als Gerichtskosten der Senat in Ausübung des ihm nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG zustehenden Ermessens von Amts wegen im Rahmen seiner Kostenentscheidung auch im Urteil entscheiden kann (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.08.2006 - L 1 U 3854/06 KO-B, juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de; Urteil des Senats vom 23.11.2012 - L 8 U 3868/11, unveröffentl.), werden nicht auf die Staatskasse übernommen. Der Kläger hat diese daher endgültig selbst zu tragen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats können die Kosten eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens dann auf die Staatskasse übernommen werden, wenn dieses Gutachten für die gerichtliche Entscheidung von wesentlicher Bedeutung war und zu seiner Erledigung beigetragen bzw. zusätzliche, für die Sachaufklärung bedeutsame Gesichtspunkte erbracht hat. Es muss sich, gemessen an dem Prozessziel des Klägers, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben und dementsprechend die Entscheidung des Rechtsstreits (oder die sonstige Erledigung) maßgeblich gefördert haben. Durch die Anbindung an das Prozessziel wird verdeutlicht, dass es nicht genügt, wenn eine für die Entscheidung unmaßgebliche Abklärung eines medizinischen Sachverhalts durch das Gutachten nach § 109 SGG vorangetrieben worden ist. Vielmehr muss sich die Förderung der Sachaufklärung auf den Streitgegenstand beziehen (Kühl in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage, § 109 RdNr. 11).

Hiervon ausgehend ist es nicht gerechtfertigt, die Kosten des Gutachtens von Dr. H. auf die Staatskasse zu übernehmen. Dr. H. hat die streiterhebliche Zusammenhangsbeurteilung der Vorgutachten von Dr. K. und von Dr. P. bestätigt und wie diese die geltend gemachten Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen verneint. Damit hat das Gutachten von Dr. H. den bekannten medizinischen Sachstand nicht erweitert und gemessen am Prozessziel der Klägers keinen wesentlichen Beitrag erbracht. Das Gutachten hat den Rechtsstreit nicht objektiv gefördert und zu seiner Erledigung beigetragen.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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