Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 8 U 4581/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 257/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 20. November 2013 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Veranlagung der Klägerin zu Beiträgen durch die Beklagte streitig.
Die Klägerin ist ein Mitgliedsunternehmen bei der Beklagten (und deren Rechtsvorgängerinnen). Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Herstellung von Präzisions-, Stanz- und Ziehteilen sowie von Sondereinrichtungen auf dem Gebiet der Metallverarbeitung (Gewerbeanmeldung zum 01.07.1981). Das Unternehmen umfasst die Betriebsteile Metallverarbeitung und Werkzeugbau (Fragebogen zur Prüfung der Betriebsverhältnisse vom 15.09.1981 und für die Veranlagung zum Gefahrtarif vom 24.08.1994 und 01.09.2005, Aktenvermerk der Beklagten vom 21.06.1993, Auskunft der Klägerin vom 21.12.1999).
Mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 21.12.2009 veranlagte die Beklagte die Klägerin ab 01.01.2010 für den Unternehmenszweig Herstellung von Werkzeugen, Schneidwaren und Bestecke (Tarifstelle 03) zur Gefahrklasse 1,78 und für den Unternehmenszweig Verarbeitung von leichten Blechen (Tarifstelle 06) zur Gefahrklasse 3,12.
Am 19.08.2010 führte der Beratungs- und Prüfdienst der Beklagten wegen der Veranlagung ein Gespräch mit der Klägerin. Im hierzu gefertigten Aktenvermerk vom 20.09.2010 wurde ausgeführt, die Klägerin stelle mit derzeit über 400 Mitarbeitern Umformteile überwiegend für die Automobilindustrie und in geringerem Umfang für die Geräteindustrie her. Es würden aus leichten Blechen Stanz- und Ziehteile sowie Baugruppen der spanlosen Formung hergestellt. Die Konstruktion, der Prototypenbau, der Werkzeugbau und die Fertigung erfolgten durch die Klägerin. Im Bereich Werkzeugbau würden ausschließlich für die eigene Produktion Werkzeuge entwickelt und hergestellt. Die Werkzeuge würden zwar von den Kunden bezahlt, verließen aber das Werk nicht und würden ausschließlich zur Herstellung der Umformteile in der eigenen Fertigungshalle verwendet. Da im Bereich Werkzeugbau ausschließlich Werkzeuge für die eigene Fertigung hergestellt würden, handele es sich um ein Hilfsunternehmen im Sinne des Gefahrtarifs. Eine gesonderte Veranlagung für diesen Bereich käme daher nicht in Betracht.
Mit Bescheid vom 06.10.2010 änderte die Beklagte die bisherige Veranlagung hinsichtlich der Tarifstelle 03, Herstellung von Werkzeugen, Schneidwaren und Bestecke der Gefahrklasse 1,78, da eine gesonderte Veranlagung für diesen Bereich nicht in Betracht komme. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens hörte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 22.11.2010 dahin an, dass beabsichtigt sei, den Veranlagungsbescheid vom 21.12.2009 hinsichtlich der Gefahrtarifstelle 03 Herstellung von Werkzeugen, Schneidwaren und Bestecke ab 01.01.2011 aufzuheben und hob gleichzeitig den Bescheid vom 06.10.2010 auf. Die Klägerin machte geltend, der Veranlagungsbescheid vom 21.12.2009 habe die bisherige Veranlagungspraxis bei bekannten Betriebsverhältnissen ausdrücklich fortgeführt. Eine Änderung der Rechtslage ab dem 01.01.2010 sei nicht eingetreten. Der Entzug der Tarifstelle 03 für den eigenständigen Unternehmenszweig des Werkzeugbaus sei nicht zutreffend. Der Werkzeugbau sei nicht als Hilfsunternehmen zu veranlagen. Der Widerspruch gegen die Veranlagung des Unternehmensteils Stanzerei (Tarifstelle 06 der Gefahrklasse 3,12) werde zurückgenommen.
Mit Bescheid vom 13.04.2011 hob die Beklagte den Bescheid vom 21.12.2009 zum 30.04.2011 insoweit auf, als das Unternehmen der Klägerin zur Gefahrklasse 1,78 der Tarifstelle 03 "Herstellung von Werkzeugen, Schneidwaren und Bestecke" veranlagt worden ist. Die Beklagte stützt ihre Entscheidung auf § 160 Abs. 3 SGB VII i.V.m. § 45 Abs. 2 SGB X.
Gegen den Bescheid vom 13.04.2011 legte die Klägerin am 12.05.2011 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.07.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Im bis 31.12.2009 gültigen Gefahrtarif sei geregelt, dass Hilfsunternehmen, sofern sie größeren Umfang hätten und mehreren Unternehmensteilen dienten, wie Nebenunternehmen veranlagt werden können. Diese Regelung sei in dem ab 01.01.2010 gültigen Gefahrtarif nicht mehr vorgesehen. Im Unternehmen der Klägerin würden die Werkzeuge weit überwiegend in der eigenen Produktion eingesetzt, so dass es sich nicht um ein Nebenunternehmen, sondern um ein Hilfsunternehmen handele, weshalb eine separate Veranlagung nicht in Betracht kommen könne. Der Veranlagungsbescheid vom 21.12.2009 sei insoweit rechtswidrig gewesen. Vertrauensschutz stehe der Klägerin nicht zu. Im Rahmen der Ermessensausübung könne von der Veranlagungsänderung nicht abgesehen werden, da das Interesse der Klägerin an der Weiterführung der rechtswidrigen Begünstigung durch eine zu niedrige Gefahrklasse gegenüber dem Interesse der Solidargemeinschaft zurückstehe. Die Frist des § 45 SGB X sei eingehalten.
Gegen den Bescheid vom 13.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.07.2011 erhob die Klägerin am 22.08.2011 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Sie machte zur Begründung geltend, sie sei Hersteller von Umformungen. Daneben betreibe sie einen Werkzeugbau, der ausschließlich im Auftrag von Kunden Werkzeuge herstelle. Der Werkzeugbau sei von der Beklagten stets gesondert veranlagt worden. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Aufhebung der bisherigen Veranlagung nach dem Gefahrtarif seien nicht gegeben. Entgegen der Ansicht der Beklagten würden Produkte des Werkzeugbaus nur teilweise in der eigenen Produktion eingesetzt, was der Beklagten nicht neu sei. Die Voraussetzungen für eine Veranlagung des Werkzeugbaus als Nebenunternehmen seien sämtlich erfüllt. Der Werkzeugbau arbeite ausschließlich im Auftrag Dritter und nicht des Hauptunternehmens. Die Vorgaben für die Produktion des Werkzeugbaus kämen ausschließlich vom Besteller. Der Kunde werde Eigentümer des Werkzeugs. Eine Produktion mit dem gelieferten Werkzeug erfolge nur auf gesonderten Auftrag. Die produzierten Werkzeuge könnten dementsprechend auch bei anderen Produzenten eingesetzt werden. Die Unternehmensbereiche Produktion und Werkzeugbau seien weitgehend räumlich und organisatorisch getrennt. Das versicherte Risiko weiche gravierend voneinander ab. Die Produktionsstätte Umformung stelle das Hauptunternehmen dar. Der Werkzeugbau könne als eigenständiges Unternehmen existieren. Nach den gesetzlichen Vorschriften sei unerheblich, wo die Werkzeuge zum Einsatz kämen. Der Einsatz im Hauptunternehmen sei nicht Geschäftsgrundlage für die Fertigung des Werkzeugs. Unerheblich sei, dass es allgemein üblich sei, dass derjenige den Auftrag zur Fertigung eines Werkzeuges erhalte, der es dann auch zur Produktion der jeweiligen Güter einsetze. Selbst wenn dies der Fall wäre, ließe sich kein Argument für das Vorliegen eines Hilfsunternehmens ableiten. Die historische Entwicklung ihres Unternehmens als zunächst reines Werkzeugbauunternehmen (Gründung 1971) zeige, dass der Werkzeugbau seit jeher eine eigenständige Funktion habe. Diese eigenständige Funktion des Werkzeugbaus einerseits und der Umformtechnik andererseits zeige sich auch an der Gestaltung der Verträge zwischen ihr und ihren Kunden. Es würden zwei voneinander unabhängige Verträge geschlossen. Der Umstand, dass ihr Werkzeugbau jederzeit durch vergleichbare externe Unternehmen ersetzt werden könne, ohne dass dies den Bereich der Umformtechnik in irgendeiner Form beeinträchtige, spreche für die Unabhängigkeit dieses Unternehmensteils. Die Beklagte werfe die voneinander unabhängigen Geschäftsbereiche in einen Topf und lasse dabei die Struktur ihrer Tätigkeit und die Ausgestaltung der vertraglichen Beziehungen unberücksichtigt. Dem entspreche auch eine tatsächliche Sichtweise. Die Werkzeuge seien eigenständige Produkte mit häufig sehr hohem Wert. Durch die rechtliche Vertragskonstruktion werde keine künstliche Aufspaltung eines einheitlichen Vorgangs begründet, sondern entspreche den wirtschaftlichen Interessen der Vertragsparteien. Die Wirklichkeit werde durch die tatsächlich bestehenden Vertragsbeziehungen bestimmt. Soweit Kunden des Werkzeugbaus Folgeaufträge für die Umformtechnik erteilten, handele sich lediglich um mittelbare Vorteile des Hauptunternehmens aufgrund des daneben bestehenden Nebenunternehmens. Der Geschäftsbereich Werkzeugbau könne ohne weiteres ohne den Geschäftsbereich der Umformtechnik existieren. Der Geschäftsbereich Werkzeugbau stehe in direkten Wettbewerb zu vielen anderen Werkzeugbauunternehmen. Die geänderte Veranlagung der Beklagten beeinträchtige massiv die Beitragsgerechtigkeit, sei wettbewerbsverzerrend und verstoße gegen das Gebot der Gleichbehandlung (Art. 3 GG). Die Klägerin hat Vertragsunterlagen vorgelegt und zu den Beziehungen einzelner Kunden weiter vorgetragen (Schriftsatz vom 12.09.2012).
Die Beklagte trat der Klage unter Aufrechterhaltung ihrer Ansicht entgegen. Mit dem Werkzeugbau werde kein überwiegend selbstständiger Zweck verfolgt. Die Beklagte hat auf den Internetauftritt der Klägerin Bezug genommen.
Mit Urteil vom 20.11.2013 wies das SG die Klage ab. Es verwies zur Begründung auf die Begründung im Bescheid vom 13.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.07.2011. Ergänzend führte das SG aus, der Gefahrtarif der Beklagten sei rechtmäßig und verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. Zu Recht habe die Beklagte den Werkzeugbau der Klägerin nicht gesondert veranlagt, da es sich bei dem Werkzeugbau nicht um ein Nebenunternehmen der Klägerin handele. Nach Ermittlungen der Beklagten sowie nach Vorlage der Unterlagen im Gerichtsverfahren werde der Werkzeugbau überwiegend für die spätere Umformung tätig. Die Eigenschaft des Werkzeugbaus als Nebenunternehmen könne sich nicht daraus ergeben, dass die Klägerin im Werkzeugbau einen separaten Auftrag schreibe und der Kunde das Eigentum an dem von ihm bestellten Werkzeug erlange und dieses dann mittels Werkzeugleihvertrag der Umformtechnik zur Verfügung stelle.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 23.12.2012 zugestellte Urteil richtet sich die von der Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 20.01.2014 eingelegte Berufung. Die Klägerin hat zur Begründung auf ihr bisheriges Vorbringen Bezug genommen. Ergänzend hat die Klägerin ausgeführt, der Werkzeugbau könne eigenständig am Markt auftreten. Entgegen der Ansicht des SG sei dieser nicht davon abhängig, ob die hergestellten Werkzeuge anschließend ausschließlich, fast ausschließlich, überwiegend oder nur teilweise im Unternehmensteil Umformtechnik eingesetzt würden. Sie trete mit ihrem Werkzeugbau eigenständig am Markt auf und konkurriere insoweit mit anderen Werkzeugbauunternehmen. Dabei handele es sich um einen selbstständigen, von der Umformtechnik klar abgrenzbaren Markt. Die produzierten Werkzeuge würden an die Kunden verkauft und selbstständig in Rechnung gestellt. Eine Verrechnung mit Aufträgen aus der Umformtechnik erfolge nicht. Kunden beauftragten sie, die Klägerin, teilweise mit der Herstellung von Werkzeugen, teilweise mit Aufträgen im Bereich der Umformtechnik, wobei die Vertragsverhältnisse stets eigenständig abgewickelt und abgerechnet würden. Der Werkzeugbau habe nicht nur einen eigenständigen arbeitstechnischen Zweck, er verfolge auch eigene wirtschaftliche Zwecke. Der Werkzeugbau sei nicht nur ein bloßes Instrument, um die Kunden zur Erteilung von Umformaufträgen zu veranlassen. Der Werkzeugbau werde einzig und allein für ihre externen Kunden tätig. Weiter handele sich um eine eigene Wertekette mit einem eigenständigen Prozess. Ein Teil der Betriebsleistung des Werkzeugbaus betreffe die Vorentwicklung sowie die Entwicklung und Fertigung von Prototypen, ohne dass ein Zusammenhang mit der Serienfertigung bestünde. Das SG übersehe, dass eine wirtschaftliche Abhängigkeit von bzw. mit dem Hauptunternehmen auch für Nebenunternehmen typisch sei. Mittelbare dem Hauptunternehmen zukommende Vorteile seien für die Abgrenzung ohne Bedeutung. Es spiele daher keine Rolle, ob die Auslastung des Werkzeugbaus mit derjenigen des Bereichs Umformtechnik in Zusammenhang stehe. Dies ändere nichts daran, dass der Werkzeugbau unmittelbare, eigenständige wirtschaftliche Zwecke verfolge (Verkauf der produzierten Werkzeuge gegen Entgelt an externe Kunden). Den rechtlichen Vorgaben werde das Urteil des SG nicht gerecht. Weiter habe das SG nicht berücksichtigt, dass die Kunden ohne weiteres die Aufträge für den Werkzeugbau und die Umformtechnik getrennt vergeben könnten. Für beide Bereiche gebe es genügend Anbieter auf dem Markt. Hinsichtlich der in der Regel nur hypothetisch zu beantwortenden Frage der Möglichkeit einer eigenen Existenz bestehe in ihrem Fall die Besonderheit, dass der Bereich Werkzeugbau über Jahre hinweg tatsächlich eigenständig bestanden habe, wodurch die Ansicht der Beklagten widerlegt werde, dass der Werkzeugbau nicht allein existieren könne. Dass dies nicht mehr der Fall sei, sei begründungsbedürftig. Im Übrigen gehe das SG in einem wichtigen Punkt von einem unzutreffenden Sachverhalt aus. Richtig sei, dass die im Werkzeugbau hergestellten Werkzeuge überwiegend in der Umformtechnik zum Einsatz kämen. Es käme jedoch häufig vor, dass sie - ohne eigenen Auftrag im Werkzeugbau - isolierte Aufträge der Umformtechnik erhalte. Ferner habe sie im Zeitraum von 2011 bis 2013 ca. 40 % der Werkzeuge für die Serienfertigung von externen Werkzeugbauunternehmen zugekauft, da ausreichende Kapazitäten im eigenen Werkzeugbau nicht vorhanden gewesen seien. Der Gesamtumsatz Werkzeugbau habe in der Zeit von 2011 bis Plan 2014 12.395 TEUR und der Umsatz im Werkzeugzukauf 8.225 TEUR betragen (39,9 %). Deshalb biete sie ihre Leistungen im Werkzeugbau nicht auf dem freien Markt an.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 20. November 2013 sowie den Bescheid der Beklagten über die Änderung der Veranlagung vom 13. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Juli 2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie hat zur Begründung ausgeführt, aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, die eine abweichende Entscheidung begründen könnten. Nach dem Internetauftritt der Klägerin trete sie am Markt nach ihrem Gepräge nur als Hersteller von Stanz- und Ziehteile aus leichten Blechen auf. Unternehmen mit diesem Geschäftszwecke seien sachgerecht in der Tarifstelle 06 zusammengefasst und zu der Gefahrklasse 3,12 veranlagt. Die Rechtsauffassung der Klägerin sei fehlerhaft. Nach den von der Klägerin dargestellten Betriebsverhältnissen verfolge der Werkzeugbau keine, unabhängig vom Hauptunternehmen bestehende, eigene Zwecke. Der Umsatzanteil des eigenen Werkzeugbaus liege, gemessen an dem (von der Klägerin im Internet veröffentlichten) Gesamtumsatz für 2011 (ca. 81 Millionen EUR), bei nur ca. 3, 6 %. Der geringe Anteil des eigenen Werkzeugbaus für Dritte ohne folgenden Umformvertrag dürfte sich im Promillebereich bewegen. Entgegen der Ansicht der Klägerin sei der Werkzeugbau nur dann für einen Nebenunternehmensteil prägend, wenn im Anschluss an die Erstellung das Werkzeug den Verfügungsbereich der Klägerin gegen Berechnung verlässt und vom Kunden zur Herstellung der benötigten Teile an Dritte weiter gegeben wird. Diese Betriebsverhältnisse lägen nicht vor. Nicht entscheidend sei, ob das Werkzeug für die Produktion der Stanz-, Zieh- oder Umformteile vertraglich im Besitz der Klägerin oder im Kundenbesitz sei und von der Klägerin lediglich für die Umformaufträge "geliehen" werde.
Auf die richterliche Verfügung vom 19.09.2014 hat die Klägerin im Hinblick auf den Streitwert vorgetragen, die fiktiven Anteile der Beitragserhöhung durch den streitgegenständlichen Bescheid betrage für die Veranlagungsjahre 2011 bis 2013 insgesamt 99.494,99 EUR (Schriftsatz vom 08.01.2014).
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der allein streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 13.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.07.2011, gegen den sich die Klage und die Berufung der Klägerin ausschließlich richtet, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden. Soweit die Beklagte ab 2011 auf der Grundlage des streitgegenständlichen Bescheides Beitragsbescheide erlassen hat, ergänzen oder ersetzen diese, einen anderen Regelungsgegenstand betreffenden Bescheide den angefochtenen Veranlagungsbescheid nicht und sind daher nicht gemäß § 96 SGG in das Klage- oder Berufungsverfahren einbezogen, weshalb sie nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites sind.
Der streitgegenständliche Bescheid ist nicht formell rechtswidrig. Insbesondere ist die Klägerin vor Ergehen dieses Bescheids mit Anhörungsschreiben vom 22.11.2010 gemäß § 24 SGB X ordnungsgemäß angehört worden.
Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Bescheid ist § 160 SGB VII i.V.m. § 45 SGB X. Ein Anwendungsfall des § 160 Abs. 1 oder 2 SGB VII liegt nicht vor, weshalb Abs. 3 dieser Vorschrift anzuwenden ist, wonach - in allen übrigen Fällen - ein Veranlagungsbescheid mit Beginn des Monats, der der Bekanntgabe des Änderungsbescheides folgt, aufgehoben wird. § 160 Abs. 3 SGB VII betrifft - u.a. - die Feststellung einer zu niedrigen Gefahrklasse ohne ein Vertreten müssen des Unternehmers oder das Bekanntwerden einer Änderung durch eine Betriebsbesichtigung seitens des Unfallversicherungsträgers (vgl. auch BSGE 91, 287 = BeckRS 2004, 41421) Absatz 3 ist - im Gegensatz zu Absatz 2 - keine den §§ 44 ff SGB X vorgehende Regelung, so dass auf die dort niedergelegten allgemeinen Grundsätze zurückgegriffen werden kann (h.M., vgl. z.B. BSG 91, 287 (291 ff.) = BeckRS 2004, 41421; BeckOK SozR/Schlaeger SGB VII § 160 RdNr. 3; a.A. Eichenhofer/Wenner SGB VII § 160 Rdnr. 25, 26). Dabei sind sowohl der Vertrauensschutztatbestand des § 45 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB X und die Fristeinhaltung für den Änderungsbescheid nach seinem Absatz 3 zu prüfen (vgl. BSG, Urteil vom 09.12.2003 - B 2 U 54/02 R -, juris; Becker/Buchardt/Krasney/Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII), § 160 Rn. 13; Ricke in Kasseler Kommentar SGB VII § 160).
Die Voraussetzungen des § 160 Abs. 3 SGB VII i.V.m. § 45 SGB X sind erfüllt. Nach § 45 Abs. 1 SGB X kann ein - von Anfang an - rechtswidriger, unanfechtbarer Verwaltungsakt unter den Einschränkungen der Abs. 2-4 zurückgenommen werden. Der Bescheid vom 21.12.2009 war bereits zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig, denn die ab 01.01.2010 erfolgte Veranlagung widersprach dem zum festgesetzten Regelungsbeginn in Kraft getretenen Gefahrtarif für die nachfolgende Gefahrtarifperiode. Der zum 01.01.2010 anzuwendende Gefahrtarif war von der Vertreterversammlung der Beklagten am 19.11.2009 beschlossen und am 02.12.2009 von der Aufsichtsbehörde genehmigt worden, somit ab 01.01.2010 wirksam gewordenes anzuwendendes Recht. Die Beklagte war danach berechtigt, den Veranlagungsbescheid vom 21.12.2009 zum 30.04.2011 insoweit aufzuheben, als das Unternehmen der Klägerin zur Gefahrklasse 1,78 Tarifstelle 032000 "Herstellung von Werkzeugen, Schneidwaren und Bestecke" veranlagt worden ist. Ein Anspruch auf die die Klägerin begünstigende Veranlagung zur Gefahrklasse 1,78 besteht nicht, weshalb der Veranlagungsbescheid vom 21.12.2009 insoweit rechtswidrig ist.
Das SG hat im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt, dass Rechtsgrundlage für den Veranlagungsbescheid § 159 Absatz 1 S. 1 SGB VII, nach der der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu Gefahrklassen veranlagt, ist, und dass die Vertreterversammlung des Unfallversicherungsträgers hierzu gemäß § 157 Abs. 1 SGB VII als autonomes Recht einen Gefahrtarif festsetzt, in dem zur Abstufung der Beiträge Gefahrklassen festzustellen sind. Weiter hat das SG die hierzu maßgeblichen Rechtsgrundsätze vollständig und zutreffend dargestellt und ausgehend von diesen Grundsätzen zutreffend entschieden, dass der von der Beklagten festgesetzte und herangezogene Gefahrtarif formell rechtmäßig ist und insbesondere auch nicht gegen höherrangige gesetzliche Regelungen und Rechtsgrundsätze verstößt und hinreichend versicherungsrelevante Tatsachengrundlagen und versicherungsmathematische Grundsätze berücksichtigt. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung insbesondere hinsichtlich des von der Vertreterversammlung der Beklagten aufgestellten, beschlossenen und vom Bundesversicherungsamt (BVA) genehmigten Gefahrtarifs zur Berechnung der Beiträge ab 01.01.2010 zu derselben Beurteilung und nimmt hierzu auf die ausführlichen Entscheidungsgründe im angefochtenen Urteil (Seite 5 bis 6) zur Begründung seiner eigenen Entscheidung Bezug, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen verweist (§ 153 Abs. 2 SGG). Einwendungen hiergegen hat die Klägerin im Übrigen nicht erhoben.
Dass die Klägerin in der Vergangenheit (bis 31.12.2009) hinsichtlich der streitigen Veranlagung ihres Unternehmensteils Werkzeugbau wie ein Nebenunternehmen veranlagt worden ist, beruht auf dem bis zum 31.12.2009 geltenden Gefahrtarif der Beklagten, wonach nach Teil II Nr. 4 und 5 Hilfsunternehmen größeren Umfangs mit dienender Funktion für mehrere Unternehmensteile wie Nebenunternehmen veranlagt werden konnten.
Nach Teil II des ab 01.01.2010 geltenden Gefahrtarifs trat eine Änderung ein. Danach bildet das Hauptunternehmen den Schwerpunkt des Unternehmens (Teil II Nr. 3). Besteht ein Gesamtunternehmen aus Haupt- und Nebenunternehmen die verschiedenen im Teil III genannten Unternehmenszweigen angehören, wird jeder Unternehmensteil gesondert veranlagt, wenn ein besonderer Arbeitnehmerstamm, der nicht wechselseitig eingesetzt wird, für ihn tätig ist (Teil II Nr. 3). Demgegenüber werden Unternehmensteile, die einem oder mehreren Teilen eines Unternehmens dienen und nicht überwiegend eigene wirtschaftliche Zwecke verfolgen, als Hilfsunternehmen dem Unternehmensteil zugeordnet, dem sie hauptsächlich dienen (Teil II Nr. 4). Eine vergleichbare Regelung für Hilfsunternehmen, wie sie im Gefahrtarif bis 31.12.2009 in Teil II Nr. 4 vorgesehen war, sieht der neue Gefahrtarif der Beklagten damit nicht mehr vor.
Das Unternehmen der Klägerin ist nach den Feststellungen des Senats ein einheitliches Unternehmen (Gesamtunternehmen), bestehend aus den Unternehmensteilen Umformtechnik und Werkzeugbau, wobei die Umformtechnik das Hauptunternehmen der Klägerin ist. Hierfür spricht insbesondere der Umsatz der Unternehmensteils Umformtechnik im Jahr 2011 mit ca. 81 Millionen EUR, wie die Klägerin im Internet veröffentlicht hat (Homepage/Geschichte), worauf auch die Beklagte im Berufungsverfahren, von der Klägerin nicht widersprochen, hinweist, während demgegenüber der Umsatz des Unternehmensteils Werkzeugbau sich nach dem Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren im Jahr 2011 auf lediglich rund 2,9 Millionen EUR beläuft, und dass der überwiegende Teil der Arbeitnehmer der Klägerin im Unternehmensteil Umformtechnik beschäftigt wird. Dass im vorangegangenen oder den nachfolgenden Geschäftsjahren der Schwerpunkt der unternehmerischen Betätigung im Werkzeugbau lag, ist nicht ersichtlich. Damit bildet die Umformtechnik den Schwerpunkt des Unternehmens der Klägerin. Dass die Umformtechnik das Hauptunternehmen der Klägerin ist, wird von ihr auch nicht in Abrede gestellt, sondern bestätigt. Hiervon geht auch die Beklagte aus.
Nach dem Gefahrtarif zur Berechnung der Beiträge vom 01.01.2010 der Beklagten unterfällt nach Teil III das Hauptunternehmen der Klägerin dem Unternehmenszweck Tarifstelle 06 (Unternehmenszweig Herstellung von Erzeugnissen aus leichten Blechen, Gefahrklasse 3,12), was von der Klägerin nicht angefochten wird und was im Übrigen auch nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist, nachdem insoweit der Veranlagungsbescheid vom 21.12.2009 durch den streitgegenständlichen Bescheid unberührt bleibt. Demgegenüber ist der Unternehmensteil Werkzeugbau der Tarifstelle 03 (Unternehmenszweig Herstellung von Werkzeugen, Gefahrklasse 1,78) zuzuordnen. Nach Teil II Nr. 3 des Gefahrtarifs zur Berechnung der Beiträge ab 01.01.2010 ist die Zuordnung des Unternehmensteils Werkzeugbau zur Tarifstelle 03 des Gefahrtarifs der Beklagten bei der Beitragsveranlagung nur noch gerechtfertigt, wenn es sich bei diesem Unternehmensteil um ein Nebenunternehmen der Klägerin handelt. Dies ist jedoch auch zur Überzeugung des Senates nicht der Fall.
Die Begriffe "Nebenunternehmen" und "Hilfsunternehmen" werden einheitlich für alle Bereiche der gesetzlichen Unfallversicherung in § 131 Abs. 2 definiert (Eichenhofer/Wenner, SGB VII § 131, Rdnr. 4). Nach dieser Vorschrift dienen Hilfsunternehmen überwiegend den Zwecken anderer Unternehmensbestandteile. Nebenunternehmen verfolgen überwiegend eigene Zwecke.
Nebenunternehmen müssen danach vom Hauptunternehmen überwiegend unabhängige eigene wirtschaftliche Zwecke verfolgen. Erforderlich ist, dass ein eigenständiger und abgrenzbarer Unternehmensteil vom Hauptunternehmen getrennt eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt. Dies ist nicht abstrakt zu beurteilen, sondern nach den konkreten Gegebenheiten. Kriterien für das Vorliegen eines Nebenunternehmens sind, dass sie wegen der Verfolgung eigener wirtschaftlicher Zwecke allein ohne das Hauptunternehmen existieren können. Unerheblich ist wenn sie mittelbar dem Hauptunternehmen zugutekommen. Das Nebenunternehmen unterscheidet sich von Hilfsunternehmen dadurch, dass es überwiegend eigene Zwecke verfolgt, und nicht allein oder überwiegend unmittelbar den Zwecken des Hauptunternehmens dient (vgl. zum vorstehenden BSG, Urteil vom 07.11.2000 - B 2 U 42/99 R -, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.09.2007 - L 1 U 2289/06 -, juris; Becker / Buchardt / Krasney / Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) § 131 Rn. 15; Becker / Franke / Molkentin, Sozialgesetzbuch VII, 4. Auflage, Rn. 10; Eichenhofer / Wenner, a.a.O., § 131 Rn. 10; Ricke in Kasseler Kommentar, SGB VII, § 131 Rn. 10ff). Hiervon geht im Übrigen im Wesentlichen auch die Klägerin aus.
Hiervon ausgehend ist der Unternehmensteil Werkzeugbau der Klägerin nicht als Nebenunternehmen einzustufen, da der Werkzeugbau der Klägerin nach den Feststellungen des Senates keine überwiegend unabhängige eigene wirtschaftliche Zwecke verfolgt, wie das SG im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat. Die Verfolgung eigener wirtschaftlicher Zwecke setzt nach den oben dargestellten Abgrenzungskriterien voraus, dass der Unternehmensteil Werkzeugbau nicht nur dem Hauptunternehmen Umformtechnik dienend eigenständig am Markt auftritt. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass dies der Fall ist. Die Klägerin hat im Berufungsverfahren bestätigt, dass in Werkzeugbau hergestellte Werkzeuge überwiegend im Unternehmensteil Umformtechnik zum Einsatz kommen. Dies haben auch die von der Beklagten durchgeführten Ermittlungen ergeben. Nur in einzelnen Fällen erhält die Klägerin einen isolierten Auftrag des Werkzeugbaus ohne Folgeauftrag für die Umformtechnik. Dabei musste die Klägerin im Zeitraum zwischen 2011 bis 2013 sogar ca. 40 % der Werkzeuge für die Serienfertigung zukaufen, da ausreichende Kapazitäten im eigenen Werkzeugbau nicht vorhanden waren. Der Anteil des Werkzeugzukaufs am Gesamtumsatz beträgt nach dem Vorbringen der Klägerin 39,9 %. Deswegen bietet die Klägerin ihre Leistungen im Werkzeugbau nicht auf dem freien Markt an. Damit stellt der Unternehmensteil Werkzeugbau keine Werkzeuge in nennenswerter Zahl her, die "produktionstechnisch" nicht für den Unternehmensteil Umformtechnik vorbestimmt sind, worauf die Beklagte zutreffend hinweist (Schriftsatz vom 16.06.2014). Bereits aufgrund dieser Tatsachen steht fest, dass der Unternehmensteil Werkzeugbau nicht in der Lage ist, nennenswerte vom Hauptunternehmen unabhängige eigene wirtschaftliche Zwecke zu verfolgen, sondern von Ausnahmen abgesehen dem Hauptunternehmen Umformtechnik zuarbeitet und damit diesem dient. Die abstrakte Betrachtungsweise der Klägerin, dass der Bereich Werkzeugbau sowohl organisatorisch als auch technisch völlig eigenständig auf dem Markt agieren könnte, ist dabei unerheblich. Entsprechendes gilt, soweit die Klägerin geltend macht, es sei zu berücksichtigen, dass Kunden ohne weiteres die Aufträge für den Werkzeugbau und die Umformtechnik getrennt vergeben könnten. Entscheidend ist, dass die Klägerin mit ihrem Bereich Werkzeugbau nach den konkreten Gegebenheiten überwiegend keine Produkte auf dem freien Markt anbietet. Der Werkzeugbau der Klägerin hat nach den konkreten Gegebenheiten vielmehr eine "dienende Funktion" für das Hauptunternehmen, die vergleichbar einer Buchhaltung-, Vertriebs- oder Personalabteilung eines Unternehmens ist, die auch die Klägerin als Hilfsunternehmen und nicht als Nebenunternehmen ansieht. Dass der Werkzeugbau jederzeit durch vergleichbare externe Unternehmen ersetzt werden könne, ohne dass dies den Bereich der Umformtechnik in irgendeiner Form beeinträchtige, wie die Klägerin geltend macht, spricht nur für die Selbständigkeit des Unternehmensteil Umformtechnik vom Werkzeugbau, belegt aber nicht die eigene unabhängige wirtschaftlich Zwecke des Unternehmensteils Werkzeugbau, wie die Klägerin meint. Eine andere Beurteilung ist nicht durch die vom Unternehmen der Klägerin praktizierte vertragliche Gestaltung, worauf die Klägerin maßgeblich abstellt, gerechtfertigt. Dass die Kunden des Unternehmens der Klägerin eigenständige Verträge über den Verkauf von Werkzeugen abschließen, wie von der Klägerin im Einzelnen beschrieben wurde, rechtfertigt noch nicht die Annahme, dass der Unternehmensteil Werkzeugbau der Klägerin damit eigene arbeitstechnische und wirtschaftliche Zwecke durch die Herstellung von Werkzeugen für Kunden und den Verkauf dieser Werkzeuge an die Kunden verfolgt, wie die Klägerin meint. Einen eigenständigen, vom Hauptunternehmen Umformtechnik abgegrenzten Kundenstamm hat der Unternehmensteil Werkzeugbau nur in Ausnahmefällen. Zwar mag der Werkzeugbau der Klägerin durch die von der Klägerin beschriebene vertragliche Ausgestaltung Umsätze und Gewinne erwirtschaften. Eigene abgrenzbare Zwecke verfolgt der Werkzeugbau der Klägerin dadurch jedoch nicht. Dies würde voraussetzen, dass die vom Werkzeugbau aufgrund der Verkaufsverträge gefertigten Werkzeuge an die Kunden geliefert werden, worauf die Beklagte zutreffend hinweist, was jedoch weit überwiegend nicht der Fall ist. Nach den von der Klägerin dem SG vorgelegten Verträge (Schriftsatz vom 16.07.2012, Anlagen K3 und 4) gehen die in Auftrag gegebenen Werkzeuge zwar in das Eigentum des Auftraggebers über. Die Erlangung des unmittelbaren Besitzes der Werkzeuge, erfolgt jedoch nicht. Vielmehr werden die in Auftrag gegebenen Werkzeuge dem Hauptunternehmen Umformtechnik der Klägerin durch Leihe zum unmittelbaren Besitz überlassen (belassen). Eine vom Hauptunternehmen unabhängigen Zweck verfolgt der Werkzeugbau der Klägern - bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise - dadurch nicht. Die vom Werkzeugbau erstellten Produkte finden vielmehr weit überwiegend im Hauptunternehmen Umformtechnik ihre weitere bestimmungsgemäße Verwendung. Ein bloß mittelbarer Vorteil liegt dabei nicht vor. Vielmehr ist der Einsatz der Produkte des Werkzeugbaus für die Produktion des Unternehmensteils Umformtechnik notwendige Voraussetzung. Damit tritt der Werkzeugbau, entgegen der Ansicht der Klägerin, nicht überwiegend in Konkurrenz mit anderen Werkzeugbauunternehmen eigenständig am Markt auf. Auch die von der Klägerin geltend gemachte Eigenständigkeit der Zwecke des Werkzeugbaus (Herstellen und Verkauf von Werkzeugen an Kunden) und der Umformtechnik (Herstellung von Stanz- und Ziehteile für Kunden) besteht nicht. Vielmehr besteht eine weit überwiegende Zweckgemeinschaft der Unternehmensteile Werkzeugbau und Umformtechnik dahin, dass der Werkzeugbau die für Produktion der Umformtechnik erforderlichen Werkzeuge herstellt. Der Werkzeugbau trägt damit unmittelbar zur Durchführung der technischen und wirtschaftlichen Zwecke des Hauptunternehmens Umformtechnik bei, wodurch beide Unternehmensteile im engen inneren Zusammenhang stehen. Der Unternehmensteil Werkzeugbau erhält dadurch seine dem Hauptunternehmen dienende Funktion, die diesen Unternehmensteil auch wesentlich prägt. Dass nach dem Vorbringen der Klägerin in einzelnen Fällen (Schriftsatz vom 20.01.2014) nur ein isolierter Auftrag des Werkzeugbaus ohne Folgeauftrag für die Umformtechnik erteilt wird, ändert an der Beurteilung des wesentlich dem Hauptunternehmen dienenden Unternehmensbereichs Werkzeugbau nichts. Nach alledem kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Werkzeugbau ein Nebenunternehmen der Klägerin ist. Vielmehr ist der Werkzeugbau als Hilfsunternehmen einzustufen.
Auch die von der Klägerin beschriebene historische Entwicklung des Unternehmens der Klägerin rechtfertigt keine der Klägerin günstigere Beurteilung. Die historische Entwicklung des Unternehmens der Klägerin kann für die vorliegend streitige Veranlagung nicht herangezogen werden, vielmehr sind die tatsächlich bestehenden Verhältnisse entscheidend. Dies hat auch die Klägerin als zutreffend bestätigt. Dass der Bereich Werkzeugbau in der Vergangenheit über Jahre hinweg, zunächst als alleiniger Unternehmensgegenstand, später als Hauptunternehmen der Klägerin, tatsächlich eigenständig bestanden und existiert hat, ist danach unerheblich. Maßgeblich ist, dass sich das Unternehmen der Klägerin dahin entwickelt hat, dass nach den für die Veranlagung heranzuziehenden tatsächlich bestehenden Verhältnissen die Einstufung des Unternehmensteils Werkzeugbau als Nebenunternehmen der Klägerin - nach dem oben Ausgeführten - nicht (mehr) möglich ist.
Gegen einen Nebenunternehmen spricht auch der von der Beklagte im Berufungsverfahren nach den Feststellungen des Senats zutreffend beschriebene Internetauftritt der Klägerin (Schriftsätze der Beklagten vom 16.06.2014 und 08.01.2015), dem es an einer augenfälligen Einbeziehung des Unternehmensteils Werkzeugbau mangelt, und in dem die Klägerin ihre Kernkompetenz lediglich für den Unternehmensteil Umformtechnik und seine Produkte herausstellt, was nicht verständlich ist, sollte der Unternehmensteil Werkzeugbau der Klägerin daneben unabhängige eigene wirtschaftliche Zwecke am Markt verfolgen. Dass die Klägerin für den Unternehmensteil Werkzeugbau einen eigenen (weiteren) Internetauftritt eingerichtet hat, ist nicht ersichtlich und wird von der Klägerin auch nicht dargetan.
Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG, auf ein Wettbewerbsverzerrung oder eine Beeinträchtigung der Beitragsgerechtigkeit durch die streitige Veranlagung berufen. Soweit die Klägerin geltend macht, sie stehe in direktem Wettbewerb mit anderen Werkzeugbauunternehmen, trifft dies, wie bereits oben ausgeführt, nicht zu. Damit wendet die Beklagte auch nicht gleichheitswidrig für dieselbe Tätigkeit unterschiedliche Tarife an, wie die Klägerin weiter rügt. Vielmehr stellt der Gefahrtarif der Beklagten in Teil II Nr. 3 sicher, dass der Unternehmensteil Werkzeugbau der Klägerin, wenn er als Nebenunternehmen in direktem Wettbewerb mit anderen Werkzeugbauunternehmen stünde, nach der gleichen Gefahrklasse veranlagt würde. Eine solche Fallgestaltung besteht vorliegend jedoch nicht, wie bereits oben ausgeführt wurde. Eine Wettbewerbsverzerrung oder eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung der Klägerin liegt damit nicht vor.
§ 45 Abs. 1 SGB X steht dem streitgegenständlichen Bescheid nicht entgegen. Auf Vertrauensschutz kann sich die Klägerin nicht berufen, wie die Beklagte in der Begründung des Widerspruchsbescheids vom 28.07.2011 zutreffend ausgeführt hat. Hierauf nimmt der Senat Bezug. Einwendungen hiergegen hat die Klägerin nicht erhoben. Sie hat keinen Gesichtspunkt vorgetragen, der die Annahme eines schutzwürdigen Vertrauens gemäß § 45 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB X begründet. Weiter stehen die Fristenregelung des § 45 SGB Abs. 3 Satz 1 X der teilweisen Rücknahme des Veranlagungsbescheides vom 21.12.2009 nicht entgegen, da die Frist von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Bescheides vom 21.12.2009 eingehalten ist. Die Frist des § 45 Abs. 4 SGB X findet vorliegend, da die teilweise Rücknahme des Bescheides vom 21.12.2009 nur für die Zukunft und nicht für die Vergangenheit erfolgt ist, keine Anwendung.
Ein der gerichtlichen Überprüfung zugänglicher Ermessensfehler liegt nicht vor. Die Beklagte hat nach dem angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.07.2011 die für die Ermessensentscheidung maßgebenden Gründe vollständig berücksichtigt und das eröffnet Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. Auch hiergegen hat die Klägerin keine Einwendungen erhoben.
Der streitgegenständliche Bescheid, mit dem die Beklagte zum 30.04.2011, damit ab 01.05.2011, wovon auch die Beklagte in der Begründung des Bescheids ausgeht, die Veranlagung des Werkzeugbaus zur Gefahrklasse 1,78 aufgehoben hat, ist damit rechtmäßig und die Berufung der Klägerin war deshalb zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Veranlagung der Klägerin zu Beiträgen durch die Beklagte streitig.
Die Klägerin ist ein Mitgliedsunternehmen bei der Beklagten (und deren Rechtsvorgängerinnen). Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Herstellung von Präzisions-, Stanz- und Ziehteilen sowie von Sondereinrichtungen auf dem Gebiet der Metallverarbeitung (Gewerbeanmeldung zum 01.07.1981). Das Unternehmen umfasst die Betriebsteile Metallverarbeitung und Werkzeugbau (Fragebogen zur Prüfung der Betriebsverhältnisse vom 15.09.1981 und für die Veranlagung zum Gefahrtarif vom 24.08.1994 und 01.09.2005, Aktenvermerk der Beklagten vom 21.06.1993, Auskunft der Klägerin vom 21.12.1999).
Mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 21.12.2009 veranlagte die Beklagte die Klägerin ab 01.01.2010 für den Unternehmenszweig Herstellung von Werkzeugen, Schneidwaren und Bestecke (Tarifstelle 03) zur Gefahrklasse 1,78 und für den Unternehmenszweig Verarbeitung von leichten Blechen (Tarifstelle 06) zur Gefahrklasse 3,12.
Am 19.08.2010 führte der Beratungs- und Prüfdienst der Beklagten wegen der Veranlagung ein Gespräch mit der Klägerin. Im hierzu gefertigten Aktenvermerk vom 20.09.2010 wurde ausgeführt, die Klägerin stelle mit derzeit über 400 Mitarbeitern Umformteile überwiegend für die Automobilindustrie und in geringerem Umfang für die Geräteindustrie her. Es würden aus leichten Blechen Stanz- und Ziehteile sowie Baugruppen der spanlosen Formung hergestellt. Die Konstruktion, der Prototypenbau, der Werkzeugbau und die Fertigung erfolgten durch die Klägerin. Im Bereich Werkzeugbau würden ausschließlich für die eigene Produktion Werkzeuge entwickelt und hergestellt. Die Werkzeuge würden zwar von den Kunden bezahlt, verließen aber das Werk nicht und würden ausschließlich zur Herstellung der Umformteile in der eigenen Fertigungshalle verwendet. Da im Bereich Werkzeugbau ausschließlich Werkzeuge für die eigene Fertigung hergestellt würden, handele es sich um ein Hilfsunternehmen im Sinne des Gefahrtarifs. Eine gesonderte Veranlagung für diesen Bereich käme daher nicht in Betracht.
Mit Bescheid vom 06.10.2010 änderte die Beklagte die bisherige Veranlagung hinsichtlich der Tarifstelle 03, Herstellung von Werkzeugen, Schneidwaren und Bestecke der Gefahrklasse 1,78, da eine gesonderte Veranlagung für diesen Bereich nicht in Betracht komme. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens hörte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 22.11.2010 dahin an, dass beabsichtigt sei, den Veranlagungsbescheid vom 21.12.2009 hinsichtlich der Gefahrtarifstelle 03 Herstellung von Werkzeugen, Schneidwaren und Bestecke ab 01.01.2011 aufzuheben und hob gleichzeitig den Bescheid vom 06.10.2010 auf. Die Klägerin machte geltend, der Veranlagungsbescheid vom 21.12.2009 habe die bisherige Veranlagungspraxis bei bekannten Betriebsverhältnissen ausdrücklich fortgeführt. Eine Änderung der Rechtslage ab dem 01.01.2010 sei nicht eingetreten. Der Entzug der Tarifstelle 03 für den eigenständigen Unternehmenszweig des Werkzeugbaus sei nicht zutreffend. Der Werkzeugbau sei nicht als Hilfsunternehmen zu veranlagen. Der Widerspruch gegen die Veranlagung des Unternehmensteils Stanzerei (Tarifstelle 06 der Gefahrklasse 3,12) werde zurückgenommen.
Mit Bescheid vom 13.04.2011 hob die Beklagte den Bescheid vom 21.12.2009 zum 30.04.2011 insoweit auf, als das Unternehmen der Klägerin zur Gefahrklasse 1,78 der Tarifstelle 03 "Herstellung von Werkzeugen, Schneidwaren und Bestecke" veranlagt worden ist. Die Beklagte stützt ihre Entscheidung auf § 160 Abs. 3 SGB VII i.V.m. § 45 Abs. 2 SGB X.
Gegen den Bescheid vom 13.04.2011 legte die Klägerin am 12.05.2011 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.07.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Im bis 31.12.2009 gültigen Gefahrtarif sei geregelt, dass Hilfsunternehmen, sofern sie größeren Umfang hätten und mehreren Unternehmensteilen dienten, wie Nebenunternehmen veranlagt werden können. Diese Regelung sei in dem ab 01.01.2010 gültigen Gefahrtarif nicht mehr vorgesehen. Im Unternehmen der Klägerin würden die Werkzeuge weit überwiegend in der eigenen Produktion eingesetzt, so dass es sich nicht um ein Nebenunternehmen, sondern um ein Hilfsunternehmen handele, weshalb eine separate Veranlagung nicht in Betracht kommen könne. Der Veranlagungsbescheid vom 21.12.2009 sei insoweit rechtswidrig gewesen. Vertrauensschutz stehe der Klägerin nicht zu. Im Rahmen der Ermessensausübung könne von der Veranlagungsänderung nicht abgesehen werden, da das Interesse der Klägerin an der Weiterführung der rechtswidrigen Begünstigung durch eine zu niedrige Gefahrklasse gegenüber dem Interesse der Solidargemeinschaft zurückstehe. Die Frist des § 45 SGB X sei eingehalten.
Gegen den Bescheid vom 13.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.07.2011 erhob die Klägerin am 22.08.2011 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Sie machte zur Begründung geltend, sie sei Hersteller von Umformungen. Daneben betreibe sie einen Werkzeugbau, der ausschließlich im Auftrag von Kunden Werkzeuge herstelle. Der Werkzeugbau sei von der Beklagten stets gesondert veranlagt worden. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Aufhebung der bisherigen Veranlagung nach dem Gefahrtarif seien nicht gegeben. Entgegen der Ansicht der Beklagten würden Produkte des Werkzeugbaus nur teilweise in der eigenen Produktion eingesetzt, was der Beklagten nicht neu sei. Die Voraussetzungen für eine Veranlagung des Werkzeugbaus als Nebenunternehmen seien sämtlich erfüllt. Der Werkzeugbau arbeite ausschließlich im Auftrag Dritter und nicht des Hauptunternehmens. Die Vorgaben für die Produktion des Werkzeugbaus kämen ausschließlich vom Besteller. Der Kunde werde Eigentümer des Werkzeugs. Eine Produktion mit dem gelieferten Werkzeug erfolge nur auf gesonderten Auftrag. Die produzierten Werkzeuge könnten dementsprechend auch bei anderen Produzenten eingesetzt werden. Die Unternehmensbereiche Produktion und Werkzeugbau seien weitgehend räumlich und organisatorisch getrennt. Das versicherte Risiko weiche gravierend voneinander ab. Die Produktionsstätte Umformung stelle das Hauptunternehmen dar. Der Werkzeugbau könne als eigenständiges Unternehmen existieren. Nach den gesetzlichen Vorschriften sei unerheblich, wo die Werkzeuge zum Einsatz kämen. Der Einsatz im Hauptunternehmen sei nicht Geschäftsgrundlage für die Fertigung des Werkzeugs. Unerheblich sei, dass es allgemein üblich sei, dass derjenige den Auftrag zur Fertigung eines Werkzeuges erhalte, der es dann auch zur Produktion der jeweiligen Güter einsetze. Selbst wenn dies der Fall wäre, ließe sich kein Argument für das Vorliegen eines Hilfsunternehmens ableiten. Die historische Entwicklung ihres Unternehmens als zunächst reines Werkzeugbauunternehmen (Gründung 1971) zeige, dass der Werkzeugbau seit jeher eine eigenständige Funktion habe. Diese eigenständige Funktion des Werkzeugbaus einerseits und der Umformtechnik andererseits zeige sich auch an der Gestaltung der Verträge zwischen ihr und ihren Kunden. Es würden zwei voneinander unabhängige Verträge geschlossen. Der Umstand, dass ihr Werkzeugbau jederzeit durch vergleichbare externe Unternehmen ersetzt werden könne, ohne dass dies den Bereich der Umformtechnik in irgendeiner Form beeinträchtige, spreche für die Unabhängigkeit dieses Unternehmensteils. Die Beklagte werfe die voneinander unabhängigen Geschäftsbereiche in einen Topf und lasse dabei die Struktur ihrer Tätigkeit und die Ausgestaltung der vertraglichen Beziehungen unberücksichtigt. Dem entspreche auch eine tatsächliche Sichtweise. Die Werkzeuge seien eigenständige Produkte mit häufig sehr hohem Wert. Durch die rechtliche Vertragskonstruktion werde keine künstliche Aufspaltung eines einheitlichen Vorgangs begründet, sondern entspreche den wirtschaftlichen Interessen der Vertragsparteien. Die Wirklichkeit werde durch die tatsächlich bestehenden Vertragsbeziehungen bestimmt. Soweit Kunden des Werkzeugbaus Folgeaufträge für die Umformtechnik erteilten, handele sich lediglich um mittelbare Vorteile des Hauptunternehmens aufgrund des daneben bestehenden Nebenunternehmens. Der Geschäftsbereich Werkzeugbau könne ohne weiteres ohne den Geschäftsbereich der Umformtechnik existieren. Der Geschäftsbereich Werkzeugbau stehe in direkten Wettbewerb zu vielen anderen Werkzeugbauunternehmen. Die geänderte Veranlagung der Beklagten beeinträchtige massiv die Beitragsgerechtigkeit, sei wettbewerbsverzerrend und verstoße gegen das Gebot der Gleichbehandlung (Art. 3 GG). Die Klägerin hat Vertragsunterlagen vorgelegt und zu den Beziehungen einzelner Kunden weiter vorgetragen (Schriftsatz vom 12.09.2012).
Die Beklagte trat der Klage unter Aufrechterhaltung ihrer Ansicht entgegen. Mit dem Werkzeugbau werde kein überwiegend selbstständiger Zweck verfolgt. Die Beklagte hat auf den Internetauftritt der Klägerin Bezug genommen.
Mit Urteil vom 20.11.2013 wies das SG die Klage ab. Es verwies zur Begründung auf die Begründung im Bescheid vom 13.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.07.2011. Ergänzend führte das SG aus, der Gefahrtarif der Beklagten sei rechtmäßig und verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. Zu Recht habe die Beklagte den Werkzeugbau der Klägerin nicht gesondert veranlagt, da es sich bei dem Werkzeugbau nicht um ein Nebenunternehmen der Klägerin handele. Nach Ermittlungen der Beklagten sowie nach Vorlage der Unterlagen im Gerichtsverfahren werde der Werkzeugbau überwiegend für die spätere Umformung tätig. Die Eigenschaft des Werkzeugbaus als Nebenunternehmen könne sich nicht daraus ergeben, dass die Klägerin im Werkzeugbau einen separaten Auftrag schreibe und der Kunde das Eigentum an dem von ihm bestellten Werkzeug erlange und dieses dann mittels Werkzeugleihvertrag der Umformtechnik zur Verfügung stelle.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 23.12.2012 zugestellte Urteil richtet sich die von der Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 20.01.2014 eingelegte Berufung. Die Klägerin hat zur Begründung auf ihr bisheriges Vorbringen Bezug genommen. Ergänzend hat die Klägerin ausgeführt, der Werkzeugbau könne eigenständig am Markt auftreten. Entgegen der Ansicht des SG sei dieser nicht davon abhängig, ob die hergestellten Werkzeuge anschließend ausschließlich, fast ausschließlich, überwiegend oder nur teilweise im Unternehmensteil Umformtechnik eingesetzt würden. Sie trete mit ihrem Werkzeugbau eigenständig am Markt auf und konkurriere insoweit mit anderen Werkzeugbauunternehmen. Dabei handele es sich um einen selbstständigen, von der Umformtechnik klar abgrenzbaren Markt. Die produzierten Werkzeuge würden an die Kunden verkauft und selbstständig in Rechnung gestellt. Eine Verrechnung mit Aufträgen aus der Umformtechnik erfolge nicht. Kunden beauftragten sie, die Klägerin, teilweise mit der Herstellung von Werkzeugen, teilweise mit Aufträgen im Bereich der Umformtechnik, wobei die Vertragsverhältnisse stets eigenständig abgewickelt und abgerechnet würden. Der Werkzeugbau habe nicht nur einen eigenständigen arbeitstechnischen Zweck, er verfolge auch eigene wirtschaftliche Zwecke. Der Werkzeugbau sei nicht nur ein bloßes Instrument, um die Kunden zur Erteilung von Umformaufträgen zu veranlassen. Der Werkzeugbau werde einzig und allein für ihre externen Kunden tätig. Weiter handele sich um eine eigene Wertekette mit einem eigenständigen Prozess. Ein Teil der Betriebsleistung des Werkzeugbaus betreffe die Vorentwicklung sowie die Entwicklung und Fertigung von Prototypen, ohne dass ein Zusammenhang mit der Serienfertigung bestünde. Das SG übersehe, dass eine wirtschaftliche Abhängigkeit von bzw. mit dem Hauptunternehmen auch für Nebenunternehmen typisch sei. Mittelbare dem Hauptunternehmen zukommende Vorteile seien für die Abgrenzung ohne Bedeutung. Es spiele daher keine Rolle, ob die Auslastung des Werkzeugbaus mit derjenigen des Bereichs Umformtechnik in Zusammenhang stehe. Dies ändere nichts daran, dass der Werkzeugbau unmittelbare, eigenständige wirtschaftliche Zwecke verfolge (Verkauf der produzierten Werkzeuge gegen Entgelt an externe Kunden). Den rechtlichen Vorgaben werde das Urteil des SG nicht gerecht. Weiter habe das SG nicht berücksichtigt, dass die Kunden ohne weiteres die Aufträge für den Werkzeugbau und die Umformtechnik getrennt vergeben könnten. Für beide Bereiche gebe es genügend Anbieter auf dem Markt. Hinsichtlich der in der Regel nur hypothetisch zu beantwortenden Frage der Möglichkeit einer eigenen Existenz bestehe in ihrem Fall die Besonderheit, dass der Bereich Werkzeugbau über Jahre hinweg tatsächlich eigenständig bestanden habe, wodurch die Ansicht der Beklagten widerlegt werde, dass der Werkzeugbau nicht allein existieren könne. Dass dies nicht mehr der Fall sei, sei begründungsbedürftig. Im Übrigen gehe das SG in einem wichtigen Punkt von einem unzutreffenden Sachverhalt aus. Richtig sei, dass die im Werkzeugbau hergestellten Werkzeuge überwiegend in der Umformtechnik zum Einsatz kämen. Es käme jedoch häufig vor, dass sie - ohne eigenen Auftrag im Werkzeugbau - isolierte Aufträge der Umformtechnik erhalte. Ferner habe sie im Zeitraum von 2011 bis 2013 ca. 40 % der Werkzeuge für die Serienfertigung von externen Werkzeugbauunternehmen zugekauft, da ausreichende Kapazitäten im eigenen Werkzeugbau nicht vorhanden gewesen seien. Der Gesamtumsatz Werkzeugbau habe in der Zeit von 2011 bis Plan 2014 12.395 TEUR und der Umsatz im Werkzeugzukauf 8.225 TEUR betragen (39,9 %). Deshalb biete sie ihre Leistungen im Werkzeugbau nicht auf dem freien Markt an.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 20. November 2013 sowie den Bescheid der Beklagten über die Änderung der Veranlagung vom 13. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Juli 2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie hat zur Begründung ausgeführt, aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, die eine abweichende Entscheidung begründen könnten. Nach dem Internetauftritt der Klägerin trete sie am Markt nach ihrem Gepräge nur als Hersteller von Stanz- und Ziehteile aus leichten Blechen auf. Unternehmen mit diesem Geschäftszwecke seien sachgerecht in der Tarifstelle 06 zusammengefasst und zu der Gefahrklasse 3,12 veranlagt. Die Rechtsauffassung der Klägerin sei fehlerhaft. Nach den von der Klägerin dargestellten Betriebsverhältnissen verfolge der Werkzeugbau keine, unabhängig vom Hauptunternehmen bestehende, eigene Zwecke. Der Umsatzanteil des eigenen Werkzeugbaus liege, gemessen an dem (von der Klägerin im Internet veröffentlichten) Gesamtumsatz für 2011 (ca. 81 Millionen EUR), bei nur ca. 3, 6 %. Der geringe Anteil des eigenen Werkzeugbaus für Dritte ohne folgenden Umformvertrag dürfte sich im Promillebereich bewegen. Entgegen der Ansicht der Klägerin sei der Werkzeugbau nur dann für einen Nebenunternehmensteil prägend, wenn im Anschluss an die Erstellung das Werkzeug den Verfügungsbereich der Klägerin gegen Berechnung verlässt und vom Kunden zur Herstellung der benötigten Teile an Dritte weiter gegeben wird. Diese Betriebsverhältnisse lägen nicht vor. Nicht entscheidend sei, ob das Werkzeug für die Produktion der Stanz-, Zieh- oder Umformteile vertraglich im Besitz der Klägerin oder im Kundenbesitz sei und von der Klägerin lediglich für die Umformaufträge "geliehen" werde.
Auf die richterliche Verfügung vom 19.09.2014 hat die Klägerin im Hinblick auf den Streitwert vorgetragen, die fiktiven Anteile der Beitragserhöhung durch den streitgegenständlichen Bescheid betrage für die Veranlagungsjahre 2011 bis 2013 insgesamt 99.494,99 EUR (Schriftsatz vom 08.01.2014).
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der allein streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 13.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.07.2011, gegen den sich die Klage und die Berufung der Klägerin ausschließlich richtet, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden. Soweit die Beklagte ab 2011 auf der Grundlage des streitgegenständlichen Bescheides Beitragsbescheide erlassen hat, ergänzen oder ersetzen diese, einen anderen Regelungsgegenstand betreffenden Bescheide den angefochtenen Veranlagungsbescheid nicht und sind daher nicht gemäß § 96 SGG in das Klage- oder Berufungsverfahren einbezogen, weshalb sie nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites sind.
Der streitgegenständliche Bescheid ist nicht formell rechtswidrig. Insbesondere ist die Klägerin vor Ergehen dieses Bescheids mit Anhörungsschreiben vom 22.11.2010 gemäß § 24 SGB X ordnungsgemäß angehört worden.
Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Bescheid ist § 160 SGB VII i.V.m. § 45 SGB X. Ein Anwendungsfall des § 160 Abs. 1 oder 2 SGB VII liegt nicht vor, weshalb Abs. 3 dieser Vorschrift anzuwenden ist, wonach - in allen übrigen Fällen - ein Veranlagungsbescheid mit Beginn des Monats, der der Bekanntgabe des Änderungsbescheides folgt, aufgehoben wird. § 160 Abs. 3 SGB VII betrifft - u.a. - die Feststellung einer zu niedrigen Gefahrklasse ohne ein Vertreten müssen des Unternehmers oder das Bekanntwerden einer Änderung durch eine Betriebsbesichtigung seitens des Unfallversicherungsträgers (vgl. auch BSGE 91, 287 = BeckRS 2004, 41421) Absatz 3 ist - im Gegensatz zu Absatz 2 - keine den §§ 44 ff SGB X vorgehende Regelung, so dass auf die dort niedergelegten allgemeinen Grundsätze zurückgegriffen werden kann (h.M., vgl. z.B. BSG 91, 287 (291 ff.) = BeckRS 2004, 41421; BeckOK SozR/Schlaeger SGB VII § 160 RdNr. 3; a.A. Eichenhofer/Wenner SGB VII § 160 Rdnr. 25, 26). Dabei sind sowohl der Vertrauensschutztatbestand des § 45 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB X und die Fristeinhaltung für den Änderungsbescheid nach seinem Absatz 3 zu prüfen (vgl. BSG, Urteil vom 09.12.2003 - B 2 U 54/02 R -, juris; Becker/Buchardt/Krasney/Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII), § 160 Rn. 13; Ricke in Kasseler Kommentar SGB VII § 160).
Die Voraussetzungen des § 160 Abs. 3 SGB VII i.V.m. § 45 SGB X sind erfüllt. Nach § 45 Abs. 1 SGB X kann ein - von Anfang an - rechtswidriger, unanfechtbarer Verwaltungsakt unter den Einschränkungen der Abs. 2-4 zurückgenommen werden. Der Bescheid vom 21.12.2009 war bereits zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig, denn die ab 01.01.2010 erfolgte Veranlagung widersprach dem zum festgesetzten Regelungsbeginn in Kraft getretenen Gefahrtarif für die nachfolgende Gefahrtarifperiode. Der zum 01.01.2010 anzuwendende Gefahrtarif war von der Vertreterversammlung der Beklagten am 19.11.2009 beschlossen und am 02.12.2009 von der Aufsichtsbehörde genehmigt worden, somit ab 01.01.2010 wirksam gewordenes anzuwendendes Recht. Die Beklagte war danach berechtigt, den Veranlagungsbescheid vom 21.12.2009 zum 30.04.2011 insoweit aufzuheben, als das Unternehmen der Klägerin zur Gefahrklasse 1,78 Tarifstelle 032000 "Herstellung von Werkzeugen, Schneidwaren und Bestecke" veranlagt worden ist. Ein Anspruch auf die die Klägerin begünstigende Veranlagung zur Gefahrklasse 1,78 besteht nicht, weshalb der Veranlagungsbescheid vom 21.12.2009 insoweit rechtswidrig ist.
Das SG hat im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt, dass Rechtsgrundlage für den Veranlagungsbescheid § 159 Absatz 1 S. 1 SGB VII, nach der der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu Gefahrklassen veranlagt, ist, und dass die Vertreterversammlung des Unfallversicherungsträgers hierzu gemäß § 157 Abs. 1 SGB VII als autonomes Recht einen Gefahrtarif festsetzt, in dem zur Abstufung der Beiträge Gefahrklassen festzustellen sind. Weiter hat das SG die hierzu maßgeblichen Rechtsgrundsätze vollständig und zutreffend dargestellt und ausgehend von diesen Grundsätzen zutreffend entschieden, dass der von der Beklagten festgesetzte und herangezogene Gefahrtarif formell rechtmäßig ist und insbesondere auch nicht gegen höherrangige gesetzliche Regelungen und Rechtsgrundsätze verstößt und hinreichend versicherungsrelevante Tatsachengrundlagen und versicherungsmathematische Grundsätze berücksichtigt. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung insbesondere hinsichtlich des von der Vertreterversammlung der Beklagten aufgestellten, beschlossenen und vom Bundesversicherungsamt (BVA) genehmigten Gefahrtarifs zur Berechnung der Beiträge ab 01.01.2010 zu derselben Beurteilung und nimmt hierzu auf die ausführlichen Entscheidungsgründe im angefochtenen Urteil (Seite 5 bis 6) zur Begründung seiner eigenen Entscheidung Bezug, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen verweist (§ 153 Abs. 2 SGG). Einwendungen hiergegen hat die Klägerin im Übrigen nicht erhoben.
Dass die Klägerin in der Vergangenheit (bis 31.12.2009) hinsichtlich der streitigen Veranlagung ihres Unternehmensteils Werkzeugbau wie ein Nebenunternehmen veranlagt worden ist, beruht auf dem bis zum 31.12.2009 geltenden Gefahrtarif der Beklagten, wonach nach Teil II Nr. 4 und 5 Hilfsunternehmen größeren Umfangs mit dienender Funktion für mehrere Unternehmensteile wie Nebenunternehmen veranlagt werden konnten.
Nach Teil II des ab 01.01.2010 geltenden Gefahrtarifs trat eine Änderung ein. Danach bildet das Hauptunternehmen den Schwerpunkt des Unternehmens (Teil II Nr. 3). Besteht ein Gesamtunternehmen aus Haupt- und Nebenunternehmen die verschiedenen im Teil III genannten Unternehmenszweigen angehören, wird jeder Unternehmensteil gesondert veranlagt, wenn ein besonderer Arbeitnehmerstamm, der nicht wechselseitig eingesetzt wird, für ihn tätig ist (Teil II Nr. 3). Demgegenüber werden Unternehmensteile, die einem oder mehreren Teilen eines Unternehmens dienen und nicht überwiegend eigene wirtschaftliche Zwecke verfolgen, als Hilfsunternehmen dem Unternehmensteil zugeordnet, dem sie hauptsächlich dienen (Teil II Nr. 4). Eine vergleichbare Regelung für Hilfsunternehmen, wie sie im Gefahrtarif bis 31.12.2009 in Teil II Nr. 4 vorgesehen war, sieht der neue Gefahrtarif der Beklagten damit nicht mehr vor.
Das Unternehmen der Klägerin ist nach den Feststellungen des Senats ein einheitliches Unternehmen (Gesamtunternehmen), bestehend aus den Unternehmensteilen Umformtechnik und Werkzeugbau, wobei die Umformtechnik das Hauptunternehmen der Klägerin ist. Hierfür spricht insbesondere der Umsatz der Unternehmensteils Umformtechnik im Jahr 2011 mit ca. 81 Millionen EUR, wie die Klägerin im Internet veröffentlicht hat (Homepage/Geschichte), worauf auch die Beklagte im Berufungsverfahren, von der Klägerin nicht widersprochen, hinweist, während demgegenüber der Umsatz des Unternehmensteils Werkzeugbau sich nach dem Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren im Jahr 2011 auf lediglich rund 2,9 Millionen EUR beläuft, und dass der überwiegende Teil der Arbeitnehmer der Klägerin im Unternehmensteil Umformtechnik beschäftigt wird. Dass im vorangegangenen oder den nachfolgenden Geschäftsjahren der Schwerpunkt der unternehmerischen Betätigung im Werkzeugbau lag, ist nicht ersichtlich. Damit bildet die Umformtechnik den Schwerpunkt des Unternehmens der Klägerin. Dass die Umformtechnik das Hauptunternehmen der Klägerin ist, wird von ihr auch nicht in Abrede gestellt, sondern bestätigt. Hiervon geht auch die Beklagte aus.
Nach dem Gefahrtarif zur Berechnung der Beiträge vom 01.01.2010 der Beklagten unterfällt nach Teil III das Hauptunternehmen der Klägerin dem Unternehmenszweck Tarifstelle 06 (Unternehmenszweig Herstellung von Erzeugnissen aus leichten Blechen, Gefahrklasse 3,12), was von der Klägerin nicht angefochten wird und was im Übrigen auch nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist, nachdem insoweit der Veranlagungsbescheid vom 21.12.2009 durch den streitgegenständlichen Bescheid unberührt bleibt. Demgegenüber ist der Unternehmensteil Werkzeugbau der Tarifstelle 03 (Unternehmenszweig Herstellung von Werkzeugen, Gefahrklasse 1,78) zuzuordnen. Nach Teil II Nr. 3 des Gefahrtarifs zur Berechnung der Beiträge ab 01.01.2010 ist die Zuordnung des Unternehmensteils Werkzeugbau zur Tarifstelle 03 des Gefahrtarifs der Beklagten bei der Beitragsveranlagung nur noch gerechtfertigt, wenn es sich bei diesem Unternehmensteil um ein Nebenunternehmen der Klägerin handelt. Dies ist jedoch auch zur Überzeugung des Senates nicht der Fall.
Die Begriffe "Nebenunternehmen" und "Hilfsunternehmen" werden einheitlich für alle Bereiche der gesetzlichen Unfallversicherung in § 131 Abs. 2 definiert (Eichenhofer/Wenner, SGB VII § 131, Rdnr. 4). Nach dieser Vorschrift dienen Hilfsunternehmen überwiegend den Zwecken anderer Unternehmensbestandteile. Nebenunternehmen verfolgen überwiegend eigene Zwecke.
Nebenunternehmen müssen danach vom Hauptunternehmen überwiegend unabhängige eigene wirtschaftliche Zwecke verfolgen. Erforderlich ist, dass ein eigenständiger und abgrenzbarer Unternehmensteil vom Hauptunternehmen getrennt eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt. Dies ist nicht abstrakt zu beurteilen, sondern nach den konkreten Gegebenheiten. Kriterien für das Vorliegen eines Nebenunternehmens sind, dass sie wegen der Verfolgung eigener wirtschaftlicher Zwecke allein ohne das Hauptunternehmen existieren können. Unerheblich ist wenn sie mittelbar dem Hauptunternehmen zugutekommen. Das Nebenunternehmen unterscheidet sich von Hilfsunternehmen dadurch, dass es überwiegend eigene Zwecke verfolgt, und nicht allein oder überwiegend unmittelbar den Zwecken des Hauptunternehmens dient (vgl. zum vorstehenden BSG, Urteil vom 07.11.2000 - B 2 U 42/99 R -, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.09.2007 - L 1 U 2289/06 -, juris; Becker / Buchardt / Krasney / Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) § 131 Rn. 15; Becker / Franke / Molkentin, Sozialgesetzbuch VII, 4. Auflage, Rn. 10; Eichenhofer / Wenner, a.a.O., § 131 Rn. 10; Ricke in Kasseler Kommentar, SGB VII, § 131 Rn. 10ff). Hiervon geht im Übrigen im Wesentlichen auch die Klägerin aus.
Hiervon ausgehend ist der Unternehmensteil Werkzeugbau der Klägerin nicht als Nebenunternehmen einzustufen, da der Werkzeugbau der Klägerin nach den Feststellungen des Senates keine überwiegend unabhängige eigene wirtschaftliche Zwecke verfolgt, wie das SG im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat. Die Verfolgung eigener wirtschaftlicher Zwecke setzt nach den oben dargestellten Abgrenzungskriterien voraus, dass der Unternehmensteil Werkzeugbau nicht nur dem Hauptunternehmen Umformtechnik dienend eigenständig am Markt auftritt. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass dies der Fall ist. Die Klägerin hat im Berufungsverfahren bestätigt, dass in Werkzeugbau hergestellte Werkzeuge überwiegend im Unternehmensteil Umformtechnik zum Einsatz kommen. Dies haben auch die von der Beklagten durchgeführten Ermittlungen ergeben. Nur in einzelnen Fällen erhält die Klägerin einen isolierten Auftrag des Werkzeugbaus ohne Folgeauftrag für die Umformtechnik. Dabei musste die Klägerin im Zeitraum zwischen 2011 bis 2013 sogar ca. 40 % der Werkzeuge für die Serienfertigung zukaufen, da ausreichende Kapazitäten im eigenen Werkzeugbau nicht vorhanden waren. Der Anteil des Werkzeugzukaufs am Gesamtumsatz beträgt nach dem Vorbringen der Klägerin 39,9 %. Deswegen bietet die Klägerin ihre Leistungen im Werkzeugbau nicht auf dem freien Markt an. Damit stellt der Unternehmensteil Werkzeugbau keine Werkzeuge in nennenswerter Zahl her, die "produktionstechnisch" nicht für den Unternehmensteil Umformtechnik vorbestimmt sind, worauf die Beklagte zutreffend hinweist (Schriftsatz vom 16.06.2014). Bereits aufgrund dieser Tatsachen steht fest, dass der Unternehmensteil Werkzeugbau nicht in der Lage ist, nennenswerte vom Hauptunternehmen unabhängige eigene wirtschaftliche Zwecke zu verfolgen, sondern von Ausnahmen abgesehen dem Hauptunternehmen Umformtechnik zuarbeitet und damit diesem dient. Die abstrakte Betrachtungsweise der Klägerin, dass der Bereich Werkzeugbau sowohl organisatorisch als auch technisch völlig eigenständig auf dem Markt agieren könnte, ist dabei unerheblich. Entsprechendes gilt, soweit die Klägerin geltend macht, es sei zu berücksichtigen, dass Kunden ohne weiteres die Aufträge für den Werkzeugbau und die Umformtechnik getrennt vergeben könnten. Entscheidend ist, dass die Klägerin mit ihrem Bereich Werkzeugbau nach den konkreten Gegebenheiten überwiegend keine Produkte auf dem freien Markt anbietet. Der Werkzeugbau der Klägerin hat nach den konkreten Gegebenheiten vielmehr eine "dienende Funktion" für das Hauptunternehmen, die vergleichbar einer Buchhaltung-, Vertriebs- oder Personalabteilung eines Unternehmens ist, die auch die Klägerin als Hilfsunternehmen und nicht als Nebenunternehmen ansieht. Dass der Werkzeugbau jederzeit durch vergleichbare externe Unternehmen ersetzt werden könne, ohne dass dies den Bereich der Umformtechnik in irgendeiner Form beeinträchtige, wie die Klägerin geltend macht, spricht nur für die Selbständigkeit des Unternehmensteil Umformtechnik vom Werkzeugbau, belegt aber nicht die eigene unabhängige wirtschaftlich Zwecke des Unternehmensteils Werkzeugbau, wie die Klägerin meint. Eine andere Beurteilung ist nicht durch die vom Unternehmen der Klägerin praktizierte vertragliche Gestaltung, worauf die Klägerin maßgeblich abstellt, gerechtfertigt. Dass die Kunden des Unternehmens der Klägerin eigenständige Verträge über den Verkauf von Werkzeugen abschließen, wie von der Klägerin im Einzelnen beschrieben wurde, rechtfertigt noch nicht die Annahme, dass der Unternehmensteil Werkzeugbau der Klägerin damit eigene arbeitstechnische und wirtschaftliche Zwecke durch die Herstellung von Werkzeugen für Kunden und den Verkauf dieser Werkzeuge an die Kunden verfolgt, wie die Klägerin meint. Einen eigenständigen, vom Hauptunternehmen Umformtechnik abgegrenzten Kundenstamm hat der Unternehmensteil Werkzeugbau nur in Ausnahmefällen. Zwar mag der Werkzeugbau der Klägerin durch die von der Klägerin beschriebene vertragliche Ausgestaltung Umsätze und Gewinne erwirtschaften. Eigene abgrenzbare Zwecke verfolgt der Werkzeugbau der Klägerin dadurch jedoch nicht. Dies würde voraussetzen, dass die vom Werkzeugbau aufgrund der Verkaufsverträge gefertigten Werkzeuge an die Kunden geliefert werden, worauf die Beklagte zutreffend hinweist, was jedoch weit überwiegend nicht der Fall ist. Nach den von der Klägerin dem SG vorgelegten Verträge (Schriftsatz vom 16.07.2012, Anlagen K3 und 4) gehen die in Auftrag gegebenen Werkzeuge zwar in das Eigentum des Auftraggebers über. Die Erlangung des unmittelbaren Besitzes der Werkzeuge, erfolgt jedoch nicht. Vielmehr werden die in Auftrag gegebenen Werkzeuge dem Hauptunternehmen Umformtechnik der Klägerin durch Leihe zum unmittelbaren Besitz überlassen (belassen). Eine vom Hauptunternehmen unabhängigen Zweck verfolgt der Werkzeugbau der Klägern - bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise - dadurch nicht. Die vom Werkzeugbau erstellten Produkte finden vielmehr weit überwiegend im Hauptunternehmen Umformtechnik ihre weitere bestimmungsgemäße Verwendung. Ein bloß mittelbarer Vorteil liegt dabei nicht vor. Vielmehr ist der Einsatz der Produkte des Werkzeugbaus für die Produktion des Unternehmensteils Umformtechnik notwendige Voraussetzung. Damit tritt der Werkzeugbau, entgegen der Ansicht der Klägerin, nicht überwiegend in Konkurrenz mit anderen Werkzeugbauunternehmen eigenständig am Markt auf. Auch die von der Klägerin geltend gemachte Eigenständigkeit der Zwecke des Werkzeugbaus (Herstellen und Verkauf von Werkzeugen an Kunden) und der Umformtechnik (Herstellung von Stanz- und Ziehteile für Kunden) besteht nicht. Vielmehr besteht eine weit überwiegende Zweckgemeinschaft der Unternehmensteile Werkzeugbau und Umformtechnik dahin, dass der Werkzeugbau die für Produktion der Umformtechnik erforderlichen Werkzeuge herstellt. Der Werkzeugbau trägt damit unmittelbar zur Durchführung der technischen und wirtschaftlichen Zwecke des Hauptunternehmens Umformtechnik bei, wodurch beide Unternehmensteile im engen inneren Zusammenhang stehen. Der Unternehmensteil Werkzeugbau erhält dadurch seine dem Hauptunternehmen dienende Funktion, die diesen Unternehmensteil auch wesentlich prägt. Dass nach dem Vorbringen der Klägerin in einzelnen Fällen (Schriftsatz vom 20.01.2014) nur ein isolierter Auftrag des Werkzeugbaus ohne Folgeauftrag für die Umformtechnik erteilt wird, ändert an der Beurteilung des wesentlich dem Hauptunternehmen dienenden Unternehmensbereichs Werkzeugbau nichts. Nach alledem kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Werkzeugbau ein Nebenunternehmen der Klägerin ist. Vielmehr ist der Werkzeugbau als Hilfsunternehmen einzustufen.
Auch die von der Klägerin beschriebene historische Entwicklung des Unternehmens der Klägerin rechtfertigt keine der Klägerin günstigere Beurteilung. Die historische Entwicklung des Unternehmens der Klägerin kann für die vorliegend streitige Veranlagung nicht herangezogen werden, vielmehr sind die tatsächlich bestehenden Verhältnisse entscheidend. Dies hat auch die Klägerin als zutreffend bestätigt. Dass der Bereich Werkzeugbau in der Vergangenheit über Jahre hinweg, zunächst als alleiniger Unternehmensgegenstand, später als Hauptunternehmen der Klägerin, tatsächlich eigenständig bestanden und existiert hat, ist danach unerheblich. Maßgeblich ist, dass sich das Unternehmen der Klägerin dahin entwickelt hat, dass nach den für die Veranlagung heranzuziehenden tatsächlich bestehenden Verhältnissen die Einstufung des Unternehmensteils Werkzeugbau als Nebenunternehmen der Klägerin - nach dem oben Ausgeführten - nicht (mehr) möglich ist.
Gegen einen Nebenunternehmen spricht auch der von der Beklagte im Berufungsverfahren nach den Feststellungen des Senats zutreffend beschriebene Internetauftritt der Klägerin (Schriftsätze der Beklagten vom 16.06.2014 und 08.01.2015), dem es an einer augenfälligen Einbeziehung des Unternehmensteils Werkzeugbau mangelt, und in dem die Klägerin ihre Kernkompetenz lediglich für den Unternehmensteil Umformtechnik und seine Produkte herausstellt, was nicht verständlich ist, sollte der Unternehmensteil Werkzeugbau der Klägerin daneben unabhängige eigene wirtschaftliche Zwecke am Markt verfolgen. Dass die Klägerin für den Unternehmensteil Werkzeugbau einen eigenen (weiteren) Internetauftritt eingerichtet hat, ist nicht ersichtlich und wird von der Klägerin auch nicht dargetan.
Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG, auf ein Wettbewerbsverzerrung oder eine Beeinträchtigung der Beitragsgerechtigkeit durch die streitige Veranlagung berufen. Soweit die Klägerin geltend macht, sie stehe in direktem Wettbewerb mit anderen Werkzeugbauunternehmen, trifft dies, wie bereits oben ausgeführt, nicht zu. Damit wendet die Beklagte auch nicht gleichheitswidrig für dieselbe Tätigkeit unterschiedliche Tarife an, wie die Klägerin weiter rügt. Vielmehr stellt der Gefahrtarif der Beklagten in Teil II Nr. 3 sicher, dass der Unternehmensteil Werkzeugbau der Klägerin, wenn er als Nebenunternehmen in direktem Wettbewerb mit anderen Werkzeugbauunternehmen stünde, nach der gleichen Gefahrklasse veranlagt würde. Eine solche Fallgestaltung besteht vorliegend jedoch nicht, wie bereits oben ausgeführt wurde. Eine Wettbewerbsverzerrung oder eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung der Klägerin liegt damit nicht vor.
§ 45 Abs. 1 SGB X steht dem streitgegenständlichen Bescheid nicht entgegen. Auf Vertrauensschutz kann sich die Klägerin nicht berufen, wie die Beklagte in der Begründung des Widerspruchsbescheids vom 28.07.2011 zutreffend ausgeführt hat. Hierauf nimmt der Senat Bezug. Einwendungen hiergegen hat die Klägerin nicht erhoben. Sie hat keinen Gesichtspunkt vorgetragen, der die Annahme eines schutzwürdigen Vertrauens gemäß § 45 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB X begründet. Weiter stehen die Fristenregelung des § 45 SGB Abs. 3 Satz 1 X der teilweisen Rücknahme des Veranlagungsbescheides vom 21.12.2009 nicht entgegen, da die Frist von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Bescheides vom 21.12.2009 eingehalten ist. Die Frist des § 45 Abs. 4 SGB X findet vorliegend, da die teilweise Rücknahme des Bescheides vom 21.12.2009 nur für die Zukunft und nicht für die Vergangenheit erfolgt ist, keine Anwendung.
Ein der gerichtlichen Überprüfung zugänglicher Ermessensfehler liegt nicht vor. Die Beklagte hat nach dem angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.07.2011 die für die Ermessensentscheidung maßgebenden Gründe vollständig berücksichtigt und das eröffnet Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. Auch hiergegen hat die Klägerin keine Einwendungen erhoben.
Der streitgegenständliche Bescheid, mit dem die Beklagte zum 30.04.2011, damit ab 01.05.2011, wovon auch die Beklagte in der Begründung des Bescheids ausgeht, die Veranlagung des Werkzeugbaus zur Gefahrklasse 1,78 aufgehoben hat, ist damit rechtmäßig und die Berufung der Klägerin war deshalb zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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