Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 4328/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 2322/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zum Anspruch eines Landwirts auf Gewährung von Betriebshilfe
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25.03.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Erstattung von Kosten für den Einsatz einer Betriebshilfe in seinem landwirtschaftlichen Betrieb in der Zeit vom 01.03. bis 29.04.2011 und 02. bis 24.05.2011.
Der 1955 geborene Kläger ist als selbstständiger Landwirt bei der Beklagten krankenversichert. Er ist seit 2009 geschieden und lebt mit seinen zwei erwachsenen Söhnen, die außerhalb der Landwirtschaft berufstätig sind, auf seinem Betrieb. Er bewirtschaftet 26,22 ha Grünland, 4,67 ha Forst, 4,26 ha Mähdrusch, 9,38 ha Futterbau, 1,02 ha Hoffläche und betreibt Milchwirtschaft (50 Milchkühe) und Viehzucht (40 Rinder). 2005 wurde bei dem Kläger eine Hüfttotalendoprothese (Hüft-TEP) rechts eingesetzt. Am 15.03.2010 erfolgte ein TEP-Wechsel rechts. Aus der nachfolgenden Anschlussrehabilitation wurde der Kläger arbeitsunfähig entlassen, es wurde eingeschätzt, dass der Beruf als Landwirt auf Dauer nicht mehr leidensgerecht sei. In der Folgezeit war der Kläger durchgehend weiter arbeitsunfähig. Vom 25.03. bis 15.04.2011 absolvierte er erneut eine von der l. Alterskasse Baden-Württemberg (im Folgenden: Alterskasse) bewilligte stationäre Rehabilitationsmaßnahme, aus welcher er ebenfalls arbeitsunfähig entlassen wurde. Im November 2011 wurde sodann eine Hüft-TEP links eingesetzt mit nachfolgender Anschlussrehabilitation vom 28.11. bis 19.12.2011.
Auf dem Betrieb des Klägers kamen seit 15.03.2010 durchgehend Betriebshelfer über die Trägerorganisation c.-f. zum Einsatz, die für 13 Wochen von der L. Krankenkasse Baden-Württemberg (seit 01.01.2013 als Krankenkasse eingegliedert in die S.-Versicherung für L., F. und G.; im Folgenden: Beklagte) und zeitweise von der Alterskasse finanziert und in den übrigen Zeiträumen mit 80% der Gesamtkosten mit Landesmitteln gefördert worden waren.
Am 26.07.2010 beantragte der Kläger bei der Alterskasse die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Der Antrag blieb ohne Erfolg, da nach den medizinischen Ermittlungen der Kläger zwar nicht mehr als Landwirt arbeiten könne, jedoch leichte Tätigkeiten noch mindestens sechs Stunden täglich möglich seien (Bescheid vom 27.06.2011, Widerspruchsbescheid vom 25.05.2012, Urteil des Sozialgerichts Ulm (SG) vom 03.04.2014, S 6 LW 2062/12). Die gegen das klageabweisende Urteil eingelegte Berufung nahm der Kläger wieder zurück (L 10 LW 2145/14).
Am 01.03.2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Betriebshilfe ab 01.03.2011. Mit Bescheid vom 02.03.2011 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Unter dem Gesichtspunkt, dass seit März 2010 durchgehend eine Ersatzkraft im Einsatz sei und Erwerbsminderungsrente beantragt sei, sei davon auszugehen, dass der Kläger körperlich nahezu nicht mehr in der Lage sei, die anfallenden landwirtschaftlichen Arbeiten auf dem Betrieb zu verrichten. Es werde daher keine Erforderlichkeit mehr gesehen, Betriebshilfe zu gewähren.
Mit seinem Widerspruch vom 16.03.2011 machte der Kläger geltend, seine Notlage möge berücksichtigt werden. Neben der Krankheit müsse er auch eine Scheidung bewerkstelligen. Er wolle die Übergabe seines landwirtschaftlichen Betriebs an seine Kinder in einer Form vollziehen, die ihm ein einigermaßen erträgliches Leben ermögliche, bevor er selbst in Rente gehe.
Einen weiteren Antrag auf Bewilligung eines Betriebshelfereinsatzes vom 24.03.2011 für die Dauer der Rehabilitation (25.03. bis 15.04.2011) lehnte die Alterskasse ab (Bescheid vom 24.03.2011, Widerspruchsbescheid vom 20.04.2011). Die dagegen zum SG erhobene Klage blieb erfolglos (Urteil vom 04.09.2014, S 6 LW 1619/11; nachgehend Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg 12.01.2015, L 10 LW 4134/14 NZB).
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 20.04.2011 zurück. Die Beklagte gewähre Betriebshilfe während stationärer und ambulanter Behandlung zeitlich befristet. Die Regelleistungsdauer betrage 4 Wochen bei Arbeitsunfähigkeit – ohne Zeiten der Krankenhausbehandlung – und nur bei Vorliegen besonderer Verhältnisse im landwirtschaftlichen Unternehmen könne darüber hinaus die Leistung erbracht werden. Im Antrag vom 01.03.2011 werde auf eine Schilddrüsenproblematik Bezug genommen, die vorliegende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nenne aber an erster und zweiter Stelle die seit März 2010 zur Arbeitsunfähigkeit führenden Erkrankungen und erst an dritter Stelle die Schilddrüsenerkrankung. Bereits vor dem Auftreten der Schilddrüsenproblematik habe der Kläger den landwirtschaftlichen Betrieb seit März 2010 durch den Einsatz von Ersatzkräften geführt. Sinn und Zweck der Leistung sei, die Weiterführung des Betriebs mit Hilfe von Ersatzkräften zu Beginn des Ausfalls sicherzustellen und die Anpassung zu begleiten. Zur Anpassung habe der Kläger 13 Wochen Zeit gehabt und somit nicht unerheblich über die Regelleistungsdauer hinaus. Die Anpassung wäre möglich gewesen, zumal der Kläger selbst ausführe, dass die Betriebsübernahme durch die Kinder gesichert sei und letztlich bevorstehe. Betriebshilfe sei keine Dauerlösung und auch nicht als solche zu verstehen.
Hiergegen richtet sich die am 12.05.2011 zum SG erhobene Klage, die zunächst unter dem Az S 6 LW 1619/11 registriert und nach Abtrennung mit Beschluss vom 09.12.2011 unter dem Az S 8 KR 4328/11 fortgeführt worden ist. Der Kläger ist der Auffassung, er könne Betriebshilfe beanspruchen, nachdem sein Antrag auf Erwerbsminderungsrente abgelehnt worden sei. Nachdem er jahrelang Beiträge gezahlt habe, stehe ihm entweder das Eine oder das Andere zu.
Das SG hat die Abrechnungen der c.-f. angefordert und medizinische Unterlagen aus dem Parallelverfahren S 6 LW 2062/12 beigezogen. Für die Zeit vom 01.03. bis 29.04.2011 sind danach Einsatzkosten für 228 Stunden à 27,30 EUR entstanden (insgesamt 6.224,40 EUR), wovon der Kläger einen nicht durch Fördermittel gedeckten Eigenanteil von 1.244,88 EUR zu entrichten hatte. Für die Zeit vom 02. bis 24.05.2011 sind Einsatzkosten für 99 Stunden à 27,30 EUR entstanden (gesamt 2.702,70 EUR), der Eigenanteil des Klägers belief sich auf 540,54 EUR.
Mit Urteil vom 25.03.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch setze voraus, dass die Voraussetzungen des originären Sachleistungsanspruchs vorlägen. Dies sei hier nicht der Fall. Betriebshilfe könne nach § 32 der Satzung der Beklagten in der Regel bis zur Dauer von vier Wochen gewährt werden, wenn ua die Hilfe zur Aufrechterhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs erforderlich sei. Für einen längeren Zeitraum könne Betriebshilfe gewährt werden, wenn besondere Verhältnisse im Unternehmen dies erforderten. Die Beklagte habe hier zu Recht die Erforderlichkeit iSv § 32 Abs 1 Nr 2 der Satzung verneint. Erforderlichkeit bedeute, dass ohne die Hilfe die Aufrechterhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs wegen des Ausfalls des Landwirts gefährdet oder unmöglich sei. Maßgebend seien zwei Beurteilungsvoraussetzungen: In welcher Art und in welchem Umfang der ausgefallene Landwirt seine Arbeitskraft bisher eingesetzt habe und ob die im Unternehmen gegebene Situation den Ausfall des Landwirts ohne Schaden für das Unternehmen ausgleichen könne. Vorliegend sei der Kläger seit März 2010 in Bezug auf die schwere körperliche Tätigkeit arbeitsunfähig. Bei dem Ausfall des Klägers habe es sich daher nicht um einen vorübergehenden, sondern dauerhaften Arbeitsausfall gehandelt. Es liege damit keine Lücke vor im Arbeitseinsatz des Klägers, sondern ein dauerhafter Ausfall. Betriebshilfe solle aber nur vorübergehend den Wegfall der Arbeitskraft absichern. Aus der Ablehnung der Erwerbsminderungsrente folge nichts anderes, denn die Rente setze voraus, dass auch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts nicht mehr mindestens sechs Stunden möglich wären, weshalb insoweit nicht auf die Leistungsfähigkeit als Landwirt abgestellt werde.
Gegen das ihm am 16.04.2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 18.05.2015 (Montag) per Fax beim SG eingelegte Berufung des Klägers. Er verweist weiter auf seine schwierige gesundheitliche Situation. Es falle ihm als selbstständiger Landwirt mit 45 Jahren in Pflicht und Verantwortung schwer, dem Denken einer "Obrigkeit" zu folgen, die für alle möglichen Berufsgruppen Vorruhestandsregelungen erlassen habe, aber einem einfachen Landwirt, der nachweislich gesundheitlich schwer geschädigt sei, den Zugang zu einer Minimalrente verwehre.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25.03.2015 und den Bescheid der Beklagten vom 02.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.04.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Kosten für den Einsatz der Betriebshelferin D. F. für die Zeit vom 01.03. bis 29.04.2011 in Höhe von 1.244,88 EUR und für die Zeit vom 02. bis 24.05.2011 in Höhe von 540,54 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.
Der Senat weist die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.
Der Bescheid der Beklagten vom 02.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.04.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung für den Einsatz der Betriebshelferin in Höhe von insgesamt 1.785,42 EUR.
Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, kommt vorliegend nur ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 1 und 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Betracht. Das in § 42 der Satzung vorgesehene Kostenerstattungsverfahren hatte der Kläger nicht gewählt. Es ist daher auf die allgemeine Vorschrift des § 13 Abs 3 SGB V zurückzugreifen. Nach dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Erstattung von Kosten für eine notwendige, selbstbeschaffte Leistung, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Fall 1) oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind (Fall 2). Ein Anspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V setzt in beiden Regelungsalternativen einen entsprechenden Primärleistungsanspruch voraus, also einen Sach- oder Dienstleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse und geht in der Sache nicht weiter als ein solcher Anspruch.; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl Bundessozialgericht (BSG) 24.09.1996, 1 RK 33/95, BSGE 79, 125 = SozR 3-2500 § 13 Nr 11; BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12; BSG 14.12.2006, B 1 KR 8/06 R, BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12). Der Anspruch ist demgemäß nur gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (BSG 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R, Breithaupt 2010, 914 mwN).
Dies ist hier nicht der Fall, denn der Kläger hatte gegen die Beklagte in dem hier streitigen Zeitraum zwischen dem 01.3. und 24.05.2011 keinen Anspruch auf Gewährung von Betriebshilfe.
Nach § 9 Abs 1 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG 1989 idF des Gesetzes vom 16.02.2001, BGBl I 266) erhalten versicherungspflichtige landwirtschaftliche Unternehmer - wie der Kläger - anstelle von Krankengeld Betriebshilfe nach Maßgabe der folgenden Absätze. (2) Betriebshilfe wird während der Krankenhausbehandlung des landwirtschaftlichen Unternehmers oder während einer medizinischen Kurmaßnahme nach § 23 Abs 2 oder 4, § 24, § 20 Abs 1 oder 2 oder § 41 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gewährt, wenn in dem Unternehmen keine Arbeitnehmer und keine versicherungspflichtigen mitarbeitenden Familienangehörigen ständig beschäftigt werden. Betriebshilfe wird für längstens drei Monate gewährt, soweit die Satzung nicht längere Zeiten vorsieht. (3) Die Satzung kann bestimmen, dass Betriebshilfe während einer Krankheit auch gewährt wird, wenn die Bewirtschaftung des Unternehmens gefährdet ist. (4) Die Satzung kann die Betriebshilfe erstrecken auf 1. den Ehegatten oder den Lebenspartner des versicherten landwirtschaftlichen Unternehmers, 2. die versicherten mitarbeitenden Familienangehörigen, 3. Unternehmen, in denen Arbeitnehmer oder versicherungspflichtige mitarbeitende Familienangehörige ständig beschäftigt werden.
Nach § 31 der Satzung der Beklagten (in der bis 31.12.2012 geltenden Fassung) gewährt die Krankenkasse während der Krankenhausbehandlung oder der stationären Behandlung mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitationseinrichtung dem versicherten landwirtschaftlichen Unternehmer als Mehrleistung Betriebshilfe über die Dauer von drei Monaten hinaus, wenn besondere Verhältnisse im Unternehmen dies erfordern. Nach § 32 Abs 1 der Satzung gewährt die Krankenkasse dem versicherten landwirtschaftlichen Unternehmer Betriebshilfe in der Regel für die Dauer von vier Wochen, sofern (1.) die Arbeitsunfähigkeit ärztlich bescheinigt, (2.) die Hilfe zur Aufrechterhaltung des landwirtschaftlichen Unternehmens erforderlich ist und (3.) keine stationäre Behandlung durchgeführt wird. Dauert die ärztlich bescheinigte Arbeitsunfähigkeit länger an, kann Betriebshilfe für einen längeren Zeitraum gewährt werden, wenn besondere Verhältnisse im Unternehmen dies erfordern (§ 32 Abs 2 der Satzung). Liegt bei wiederholter Erkrankung dieselbe Krankheitsursache zugrunde, wird Betriebshilfe für längstens 16 Wochen innerhalb von drei Jahren, gerechnet vom Tage des ersten Einsatzes an, bewilligt. Von dieser Beschränkung kann nur bei Vorliegen besonderer Härten abgewichen werden. Der Anspruch erneuert sich jeweils mit Beginn eines neuen Drei-Jahres-Zeitraums (§ 32 Abs 3 der Satzung).
Für die Zeit vom 25.03. bis 15.04.2011 steht dem geltend gemachten Anspruch bereits entgegen, dass die Beklagte für die Gewährung von Betriebshilfe nicht zuständig ist. Der Kläger hat in dieser Zeit keine medizinische Kurmaßnahme iSv § 9 Abs 2 KVLG 1989 durchgeführt, sondern eine von der Alterskasse gewährte stationäre Rehabilitationsmaßnahme. Auch nach der Satzung ergibt sich kein weitergehender Anspruch gegen die Beklagte, denn nach § 35 der Satzung wird Betriebshilfe nur gewährt, wenn die Krankenkasse auch die Grundleistung erbringt. Dies war hier nicht der Fall. Insoweit hat der Kläger für den Zeitraum 25.03. bis 15.04.2011 bereits zutreffend einen Antrag auf Betriebshilfe bei der Alterskasse gestellt, der inzwischen rechtskräftig abgelehnt ist (Urteil des SG vom 04.09.2014, S 6 LW 1619/11).
Aber auch für die danach noch verbleibende Zeit vom 01. bis 24.03.2011, 16. bis 29.04.2011 und 02. bis 24.05.2011 besteht kein Anspruch des Klägers auf Betriebshilfe. Maßgebend ist § 32 der Satzung. Der Kläger war durchgehend seit 15.03.2010 – ärztlich bescheinigt – arbeitsunfähig, in den og Zeiträumen fand auch keine stationäre Behandlung statt. Der Senat hat erhebliche Zweifel daran, dass schon das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit iSv § 32 Abs 1 Nr 2 der Satzung soweit einschränkend ausgelegt werden kann, dass ein dauerhafter Ausfall der Arbeitsleistung des Landwirts nicht erfasst wird, wie das SG meint. Denn auch – und gerade - in Fällen, in denen schon bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit klar ist, dass der Versicherte die Arbeitsfähigkeit für den Beruf des Landwirts nicht mehr erlangen kann, kann die Betriebshilfe ihren Zweck erfüllen, in der ersten Not bei der Aufrechterhaltung des Betriebes zu helfen. Die Erforderlichkeit der Hilfe für die Aufrechterhaltung des Betriebs könnte allerdings vorliegend deshalb in Frage gestellt werden, weil der Kläger gegenüber dem nervenärztlichen Gutachter Dr. D. (Gutachten vom 06.06.2013 im Verfahren S 6 LW 2062/12) angegeben hatte, der Betrieb werde schon seit 2009/2010 durch seine beiden Söhne nebenerwerbsmäßig geführt. Letztlich kommt es hierauf jedoch nicht an, denn auch wenn die Hilfe zur Aufrechterhaltung des Betriebs als erforderlich angesehen wird, erweist sich die Entscheidung der Beklagten als rechtmäßig.
Die Regelbewilligungsdauer der Betriebshilfe von vier Wochen bei ambulanter Behandlung war im März 2011 längst abgelaufen; die Beklagte hatte bis zu diesem Zeitpunkt bereits 13 Wochen Betriebshilfe geleistet aufgrund der Beeinträchtigung der Hüftgelenke nach TEP. Die orthopädischen Beschwerden waren auch ab März 2011 weiterhin Grundlage der Arbeitsunfähigkeit. Zwar wurde zu diesem Zeitpunkt auch eine Schilddrüsenerkrankung festgestellt und behandelt, dabei handelte es sich jedoch nicht um eine wesentliche Gesundheitsstörung. Dies ergibt sich ausdrücklich aus der vom SG beigezogenen schriftlichen Aussage des sachverständigen Zeugen Dr. E. vom 10.12.2012 im Verfahren S 6 LW 2062/12. Dieser hat bestätigt, dass die zunächst vorhandene Schilddrüsenüberfunktion durch Radiojodtherapie beseitigt wurde und die danach aufgetretene Tendenz zu einer leichten Unterfunktion der Schilddrüse durch Einnahme eines Schilddrüsenhormonpräparates in niedriger Dosierung behandelt werden kann. Maßgeblich für die Arbeitsunfähigkeit waren daher durchgehend die orthopädischen Beeinträchtigungen. Bei länger dauernder Arbeitsunfähigkeit kann die Beklagte für einen längeren Zeitraum Betriebshilfe gewähren, wenn besondere Verhältnisse im Unternehmen dies erfordern. § 32 Abs 2 der Satzung ist als Ermessensnorm formuliert, es handelt sich um ein echtes Gewährungsermessen (vgl BSG 26.06.2001, B 2 U 23/00 R, juris). Die Beklagte hat ihr Ermessen entsprechend dem Sinn und Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (§ 39 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I); § 54 Abs 2 Satz 2 SGG). Der Kläger hat insoweit einen Anspruch auf pflichtgemäße Ermessensausübung, aber keinen Anspruch auf Gewährung der Betriebshilfe, wenn nicht ein Fall der Ermessensreduzierung auf Null eingetreten ist.
Nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheids vom 02.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.04.2011 hat die Beklagte erkannt, dass ihr bei der konkreten Entscheidung ein Ermessensspielraum zustand. Sie hat dieses Ermessen ausgeübt und in nachvollziehbarer Weise begründet. Ausgehend von Sinn und Zweck der Betriebshilfe, dem arbeitsunfähig gewordenen landwirtschaftlichen Unternehmer (nur) in der ersten Not bei der Aufrechterhaltung des Betriebes zu helfen (vgl BSG 26.06.2001, aaO), hat die Beklagte zutreffend geprüft, ob nach einer Bezugsdauer von 13 Wochen besondere Verhältnisse im Unternehmen die weitere Gewährung von Betriebshilfe erfordern. Dies hat sie verneint und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger zur Anpassung an die veränderte und erkennbar zumindest teilweise nicht mehr reversible Situation ausreichend Zeit gehabt habe, für die dauerhaft nicht mehr mögliche eigenständige Fortführung des Betriebs eine Lösung zu finden, zumal die Betriebsübernahme durch die Kinder nach den eigenen Ausführungen des Klägers gesichert sei. Mit der Bezugnahme auf den Zweck der Betriebshilfe hat die Beklagte ihr Ermessen sachgerecht ausgeübt. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte besondere Umstände im Betrieb übersehen hätte oder gar Umstände vorgelegen hätten, die jede andere Entscheidung als die Weiterbewilligung der Betriebshilfe im Sinne einer Ermessensreduzierung als rechtswidrig erscheinen ließen.
Mangels Anspruch auf Betriebshilfe kommt nach alledem auch eine Erstattung der hierfür in Höhe des Eigenanteils beim Kläger angefallenen Kosten nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Erstattung von Kosten für den Einsatz einer Betriebshilfe in seinem landwirtschaftlichen Betrieb in der Zeit vom 01.03. bis 29.04.2011 und 02. bis 24.05.2011.
Der 1955 geborene Kläger ist als selbstständiger Landwirt bei der Beklagten krankenversichert. Er ist seit 2009 geschieden und lebt mit seinen zwei erwachsenen Söhnen, die außerhalb der Landwirtschaft berufstätig sind, auf seinem Betrieb. Er bewirtschaftet 26,22 ha Grünland, 4,67 ha Forst, 4,26 ha Mähdrusch, 9,38 ha Futterbau, 1,02 ha Hoffläche und betreibt Milchwirtschaft (50 Milchkühe) und Viehzucht (40 Rinder). 2005 wurde bei dem Kläger eine Hüfttotalendoprothese (Hüft-TEP) rechts eingesetzt. Am 15.03.2010 erfolgte ein TEP-Wechsel rechts. Aus der nachfolgenden Anschlussrehabilitation wurde der Kläger arbeitsunfähig entlassen, es wurde eingeschätzt, dass der Beruf als Landwirt auf Dauer nicht mehr leidensgerecht sei. In der Folgezeit war der Kläger durchgehend weiter arbeitsunfähig. Vom 25.03. bis 15.04.2011 absolvierte er erneut eine von der l. Alterskasse Baden-Württemberg (im Folgenden: Alterskasse) bewilligte stationäre Rehabilitationsmaßnahme, aus welcher er ebenfalls arbeitsunfähig entlassen wurde. Im November 2011 wurde sodann eine Hüft-TEP links eingesetzt mit nachfolgender Anschlussrehabilitation vom 28.11. bis 19.12.2011.
Auf dem Betrieb des Klägers kamen seit 15.03.2010 durchgehend Betriebshelfer über die Trägerorganisation c.-f. zum Einsatz, die für 13 Wochen von der L. Krankenkasse Baden-Württemberg (seit 01.01.2013 als Krankenkasse eingegliedert in die S.-Versicherung für L., F. und G.; im Folgenden: Beklagte) und zeitweise von der Alterskasse finanziert und in den übrigen Zeiträumen mit 80% der Gesamtkosten mit Landesmitteln gefördert worden waren.
Am 26.07.2010 beantragte der Kläger bei der Alterskasse die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Der Antrag blieb ohne Erfolg, da nach den medizinischen Ermittlungen der Kläger zwar nicht mehr als Landwirt arbeiten könne, jedoch leichte Tätigkeiten noch mindestens sechs Stunden täglich möglich seien (Bescheid vom 27.06.2011, Widerspruchsbescheid vom 25.05.2012, Urteil des Sozialgerichts Ulm (SG) vom 03.04.2014, S 6 LW 2062/12). Die gegen das klageabweisende Urteil eingelegte Berufung nahm der Kläger wieder zurück (L 10 LW 2145/14).
Am 01.03.2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Betriebshilfe ab 01.03.2011. Mit Bescheid vom 02.03.2011 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Unter dem Gesichtspunkt, dass seit März 2010 durchgehend eine Ersatzkraft im Einsatz sei und Erwerbsminderungsrente beantragt sei, sei davon auszugehen, dass der Kläger körperlich nahezu nicht mehr in der Lage sei, die anfallenden landwirtschaftlichen Arbeiten auf dem Betrieb zu verrichten. Es werde daher keine Erforderlichkeit mehr gesehen, Betriebshilfe zu gewähren.
Mit seinem Widerspruch vom 16.03.2011 machte der Kläger geltend, seine Notlage möge berücksichtigt werden. Neben der Krankheit müsse er auch eine Scheidung bewerkstelligen. Er wolle die Übergabe seines landwirtschaftlichen Betriebs an seine Kinder in einer Form vollziehen, die ihm ein einigermaßen erträgliches Leben ermögliche, bevor er selbst in Rente gehe.
Einen weiteren Antrag auf Bewilligung eines Betriebshelfereinsatzes vom 24.03.2011 für die Dauer der Rehabilitation (25.03. bis 15.04.2011) lehnte die Alterskasse ab (Bescheid vom 24.03.2011, Widerspruchsbescheid vom 20.04.2011). Die dagegen zum SG erhobene Klage blieb erfolglos (Urteil vom 04.09.2014, S 6 LW 1619/11; nachgehend Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg 12.01.2015, L 10 LW 4134/14 NZB).
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 20.04.2011 zurück. Die Beklagte gewähre Betriebshilfe während stationärer und ambulanter Behandlung zeitlich befristet. Die Regelleistungsdauer betrage 4 Wochen bei Arbeitsunfähigkeit – ohne Zeiten der Krankenhausbehandlung – und nur bei Vorliegen besonderer Verhältnisse im landwirtschaftlichen Unternehmen könne darüber hinaus die Leistung erbracht werden. Im Antrag vom 01.03.2011 werde auf eine Schilddrüsenproblematik Bezug genommen, die vorliegende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nenne aber an erster und zweiter Stelle die seit März 2010 zur Arbeitsunfähigkeit führenden Erkrankungen und erst an dritter Stelle die Schilddrüsenerkrankung. Bereits vor dem Auftreten der Schilddrüsenproblematik habe der Kläger den landwirtschaftlichen Betrieb seit März 2010 durch den Einsatz von Ersatzkräften geführt. Sinn und Zweck der Leistung sei, die Weiterführung des Betriebs mit Hilfe von Ersatzkräften zu Beginn des Ausfalls sicherzustellen und die Anpassung zu begleiten. Zur Anpassung habe der Kläger 13 Wochen Zeit gehabt und somit nicht unerheblich über die Regelleistungsdauer hinaus. Die Anpassung wäre möglich gewesen, zumal der Kläger selbst ausführe, dass die Betriebsübernahme durch die Kinder gesichert sei und letztlich bevorstehe. Betriebshilfe sei keine Dauerlösung und auch nicht als solche zu verstehen.
Hiergegen richtet sich die am 12.05.2011 zum SG erhobene Klage, die zunächst unter dem Az S 6 LW 1619/11 registriert und nach Abtrennung mit Beschluss vom 09.12.2011 unter dem Az S 8 KR 4328/11 fortgeführt worden ist. Der Kläger ist der Auffassung, er könne Betriebshilfe beanspruchen, nachdem sein Antrag auf Erwerbsminderungsrente abgelehnt worden sei. Nachdem er jahrelang Beiträge gezahlt habe, stehe ihm entweder das Eine oder das Andere zu.
Das SG hat die Abrechnungen der c.-f. angefordert und medizinische Unterlagen aus dem Parallelverfahren S 6 LW 2062/12 beigezogen. Für die Zeit vom 01.03. bis 29.04.2011 sind danach Einsatzkosten für 228 Stunden à 27,30 EUR entstanden (insgesamt 6.224,40 EUR), wovon der Kläger einen nicht durch Fördermittel gedeckten Eigenanteil von 1.244,88 EUR zu entrichten hatte. Für die Zeit vom 02. bis 24.05.2011 sind Einsatzkosten für 99 Stunden à 27,30 EUR entstanden (gesamt 2.702,70 EUR), der Eigenanteil des Klägers belief sich auf 540,54 EUR.
Mit Urteil vom 25.03.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch setze voraus, dass die Voraussetzungen des originären Sachleistungsanspruchs vorlägen. Dies sei hier nicht der Fall. Betriebshilfe könne nach § 32 der Satzung der Beklagten in der Regel bis zur Dauer von vier Wochen gewährt werden, wenn ua die Hilfe zur Aufrechterhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs erforderlich sei. Für einen längeren Zeitraum könne Betriebshilfe gewährt werden, wenn besondere Verhältnisse im Unternehmen dies erforderten. Die Beklagte habe hier zu Recht die Erforderlichkeit iSv § 32 Abs 1 Nr 2 der Satzung verneint. Erforderlichkeit bedeute, dass ohne die Hilfe die Aufrechterhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs wegen des Ausfalls des Landwirts gefährdet oder unmöglich sei. Maßgebend seien zwei Beurteilungsvoraussetzungen: In welcher Art und in welchem Umfang der ausgefallene Landwirt seine Arbeitskraft bisher eingesetzt habe und ob die im Unternehmen gegebene Situation den Ausfall des Landwirts ohne Schaden für das Unternehmen ausgleichen könne. Vorliegend sei der Kläger seit März 2010 in Bezug auf die schwere körperliche Tätigkeit arbeitsunfähig. Bei dem Ausfall des Klägers habe es sich daher nicht um einen vorübergehenden, sondern dauerhaften Arbeitsausfall gehandelt. Es liege damit keine Lücke vor im Arbeitseinsatz des Klägers, sondern ein dauerhafter Ausfall. Betriebshilfe solle aber nur vorübergehend den Wegfall der Arbeitskraft absichern. Aus der Ablehnung der Erwerbsminderungsrente folge nichts anderes, denn die Rente setze voraus, dass auch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts nicht mehr mindestens sechs Stunden möglich wären, weshalb insoweit nicht auf die Leistungsfähigkeit als Landwirt abgestellt werde.
Gegen das ihm am 16.04.2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 18.05.2015 (Montag) per Fax beim SG eingelegte Berufung des Klägers. Er verweist weiter auf seine schwierige gesundheitliche Situation. Es falle ihm als selbstständiger Landwirt mit 45 Jahren in Pflicht und Verantwortung schwer, dem Denken einer "Obrigkeit" zu folgen, die für alle möglichen Berufsgruppen Vorruhestandsregelungen erlassen habe, aber einem einfachen Landwirt, der nachweislich gesundheitlich schwer geschädigt sei, den Zugang zu einer Minimalrente verwehre.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25.03.2015 und den Bescheid der Beklagten vom 02.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.04.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Kosten für den Einsatz der Betriebshelferin D. F. für die Zeit vom 01.03. bis 29.04.2011 in Höhe von 1.244,88 EUR und für die Zeit vom 02. bis 24.05.2011 in Höhe von 540,54 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.
Der Senat weist die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.
Der Bescheid der Beklagten vom 02.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.04.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung für den Einsatz der Betriebshelferin in Höhe von insgesamt 1.785,42 EUR.
Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, kommt vorliegend nur ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 1 und 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Betracht. Das in § 42 der Satzung vorgesehene Kostenerstattungsverfahren hatte der Kläger nicht gewählt. Es ist daher auf die allgemeine Vorschrift des § 13 Abs 3 SGB V zurückzugreifen. Nach dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Erstattung von Kosten für eine notwendige, selbstbeschaffte Leistung, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Fall 1) oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind (Fall 2). Ein Anspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V setzt in beiden Regelungsalternativen einen entsprechenden Primärleistungsanspruch voraus, also einen Sach- oder Dienstleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse und geht in der Sache nicht weiter als ein solcher Anspruch.; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl Bundessozialgericht (BSG) 24.09.1996, 1 RK 33/95, BSGE 79, 125 = SozR 3-2500 § 13 Nr 11; BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12; BSG 14.12.2006, B 1 KR 8/06 R, BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12). Der Anspruch ist demgemäß nur gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (BSG 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R, Breithaupt 2010, 914 mwN).
Dies ist hier nicht der Fall, denn der Kläger hatte gegen die Beklagte in dem hier streitigen Zeitraum zwischen dem 01.3. und 24.05.2011 keinen Anspruch auf Gewährung von Betriebshilfe.
Nach § 9 Abs 1 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG 1989 idF des Gesetzes vom 16.02.2001, BGBl I 266) erhalten versicherungspflichtige landwirtschaftliche Unternehmer - wie der Kläger - anstelle von Krankengeld Betriebshilfe nach Maßgabe der folgenden Absätze. (2) Betriebshilfe wird während der Krankenhausbehandlung des landwirtschaftlichen Unternehmers oder während einer medizinischen Kurmaßnahme nach § 23 Abs 2 oder 4, § 24, § 20 Abs 1 oder 2 oder § 41 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gewährt, wenn in dem Unternehmen keine Arbeitnehmer und keine versicherungspflichtigen mitarbeitenden Familienangehörigen ständig beschäftigt werden. Betriebshilfe wird für längstens drei Monate gewährt, soweit die Satzung nicht längere Zeiten vorsieht. (3) Die Satzung kann bestimmen, dass Betriebshilfe während einer Krankheit auch gewährt wird, wenn die Bewirtschaftung des Unternehmens gefährdet ist. (4) Die Satzung kann die Betriebshilfe erstrecken auf 1. den Ehegatten oder den Lebenspartner des versicherten landwirtschaftlichen Unternehmers, 2. die versicherten mitarbeitenden Familienangehörigen, 3. Unternehmen, in denen Arbeitnehmer oder versicherungspflichtige mitarbeitende Familienangehörige ständig beschäftigt werden.
Nach § 31 der Satzung der Beklagten (in der bis 31.12.2012 geltenden Fassung) gewährt die Krankenkasse während der Krankenhausbehandlung oder der stationären Behandlung mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitationseinrichtung dem versicherten landwirtschaftlichen Unternehmer als Mehrleistung Betriebshilfe über die Dauer von drei Monaten hinaus, wenn besondere Verhältnisse im Unternehmen dies erfordern. Nach § 32 Abs 1 der Satzung gewährt die Krankenkasse dem versicherten landwirtschaftlichen Unternehmer Betriebshilfe in der Regel für die Dauer von vier Wochen, sofern (1.) die Arbeitsunfähigkeit ärztlich bescheinigt, (2.) die Hilfe zur Aufrechterhaltung des landwirtschaftlichen Unternehmens erforderlich ist und (3.) keine stationäre Behandlung durchgeführt wird. Dauert die ärztlich bescheinigte Arbeitsunfähigkeit länger an, kann Betriebshilfe für einen längeren Zeitraum gewährt werden, wenn besondere Verhältnisse im Unternehmen dies erfordern (§ 32 Abs 2 der Satzung). Liegt bei wiederholter Erkrankung dieselbe Krankheitsursache zugrunde, wird Betriebshilfe für längstens 16 Wochen innerhalb von drei Jahren, gerechnet vom Tage des ersten Einsatzes an, bewilligt. Von dieser Beschränkung kann nur bei Vorliegen besonderer Härten abgewichen werden. Der Anspruch erneuert sich jeweils mit Beginn eines neuen Drei-Jahres-Zeitraums (§ 32 Abs 3 der Satzung).
Für die Zeit vom 25.03. bis 15.04.2011 steht dem geltend gemachten Anspruch bereits entgegen, dass die Beklagte für die Gewährung von Betriebshilfe nicht zuständig ist. Der Kläger hat in dieser Zeit keine medizinische Kurmaßnahme iSv § 9 Abs 2 KVLG 1989 durchgeführt, sondern eine von der Alterskasse gewährte stationäre Rehabilitationsmaßnahme. Auch nach der Satzung ergibt sich kein weitergehender Anspruch gegen die Beklagte, denn nach § 35 der Satzung wird Betriebshilfe nur gewährt, wenn die Krankenkasse auch die Grundleistung erbringt. Dies war hier nicht der Fall. Insoweit hat der Kläger für den Zeitraum 25.03. bis 15.04.2011 bereits zutreffend einen Antrag auf Betriebshilfe bei der Alterskasse gestellt, der inzwischen rechtskräftig abgelehnt ist (Urteil des SG vom 04.09.2014, S 6 LW 1619/11).
Aber auch für die danach noch verbleibende Zeit vom 01. bis 24.03.2011, 16. bis 29.04.2011 und 02. bis 24.05.2011 besteht kein Anspruch des Klägers auf Betriebshilfe. Maßgebend ist § 32 der Satzung. Der Kläger war durchgehend seit 15.03.2010 – ärztlich bescheinigt – arbeitsunfähig, in den og Zeiträumen fand auch keine stationäre Behandlung statt. Der Senat hat erhebliche Zweifel daran, dass schon das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit iSv § 32 Abs 1 Nr 2 der Satzung soweit einschränkend ausgelegt werden kann, dass ein dauerhafter Ausfall der Arbeitsleistung des Landwirts nicht erfasst wird, wie das SG meint. Denn auch – und gerade - in Fällen, in denen schon bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit klar ist, dass der Versicherte die Arbeitsfähigkeit für den Beruf des Landwirts nicht mehr erlangen kann, kann die Betriebshilfe ihren Zweck erfüllen, in der ersten Not bei der Aufrechterhaltung des Betriebes zu helfen. Die Erforderlichkeit der Hilfe für die Aufrechterhaltung des Betriebs könnte allerdings vorliegend deshalb in Frage gestellt werden, weil der Kläger gegenüber dem nervenärztlichen Gutachter Dr. D. (Gutachten vom 06.06.2013 im Verfahren S 6 LW 2062/12) angegeben hatte, der Betrieb werde schon seit 2009/2010 durch seine beiden Söhne nebenerwerbsmäßig geführt. Letztlich kommt es hierauf jedoch nicht an, denn auch wenn die Hilfe zur Aufrechterhaltung des Betriebs als erforderlich angesehen wird, erweist sich die Entscheidung der Beklagten als rechtmäßig.
Die Regelbewilligungsdauer der Betriebshilfe von vier Wochen bei ambulanter Behandlung war im März 2011 längst abgelaufen; die Beklagte hatte bis zu diesem Zeitpunkt bereits 13 Wochen Betriebshilfe geleistet aufgrund der Beeinträchtigung der Hüftgelenke nach TEP. Die orthopädischen Beschwerden waren auch ab März 2011 weiterhin Grundlage der Arbeitsunfähigkeit. Zwar wurde zu diesem Zeitpunkt auch eine Schilddrüsenerkrankung festgestellt und behandelt, dabei handelte es sich jedoch nicht um eine wesentliche Gesundheitsstörung. Dies ergibt sich ausdrücklich aus der vom SG beigezogenen schriftlichen Aussage des sachverständigen Zeugen Dr. E. vom 10.12.2012 im Verfahren S 6 LW 2062/12. Dieser hat bestätigt, dass die zunächst vorhandene Schilddrüsenüberfunktion durch Radiojodtherapie beseitigt wurde und die danach aufgetretene Tendenz zu einer leichten Unterfunktion der Schilddrüse durch Einnahme eines Schilddrüsenhormonpräparates in niedriger Dosierung behandelt werden kann. Maßgeblich für die Arbeitsunfähigkeit waren daher durchgehend die orthopädischen Beeinträchtigungen. Bei länger dauernder Arbeitsunfähigkeit kann die Beklagte für einen längeren Zeitraum Betriebshilfe gewähren, wenn besondere Verhältnisse im Unternehmen dies erfordern. § 32 Abs 2 der Satzung ist als Ermessensnorm formuliert, es handelt sich um ein echtes Gewährungsermessen (vgl BSG 26.06.2001, B 2 U 23/00 R, juris). Die Beklagte hat ihr Ermessen entsprechend dem Sinn und Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (§ 39 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I); § 54 Abs 2 Satz 2 SGG). Der Kläger hat insoweit einen Anspruch auf pflichtgemäße Ermessensausübung, aber keinen Anspruch auf Gewährung der Betriebshilfe, wenn nicht ein Fall der Ermessensreduzierung auf Null eingetreten ist.
Nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheids vom 02.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.04.2011 hat die Beklagte erkannt, dass ihr bei der konkreten Entscheidung ein Ermessensspielraum zustand. Sie hat dieses Ermessen ausgeübt und in nachvollziehbarer Weise begründet. Ausgehend von Sinn und Zweck der Betriebshilfe, dem arbeitsunfähig gewordenen landwirtschaftlichen Unternehmer (nur) in der ersten Not bei der Aufrechterhaltung des Betriebes zu helfen (vgl BSG 26.06.2001, aaO), hat die Beklagte zutreffend geprüft, ob nach einer Bezugsdauer von 13 Wochen besondere Verhältnisse im Unternehmen die weitere Gewährung von Betriebshilfe erfordern. Dies hat sie verneint und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger zur Anpassung an die veränderte und erkennbar zumindest teilweise nicht mehr reversible Situation ausreichend Zeit gehabt habe, für die dauerhaft nicht mehr mögliche eigenständige Fortführung des Betriebs eine Lösung zu finden, zumal die Betriebsübernahme durch die Kinder nach den eigenen Ausführungen des Klägers gesichert sei. Mit der Bezugnahme auf den Zweck der Betriebshilfe hat die Beklagte ihr Ermessen sachgerecht ausgeübt. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte besondere Umstände im Betrieb übersehen hätte oder gar Umstände vorgelegen hätten, die jede andere Entscheidung als die Weiterbewilligung der Betriebshilfe im Sinne einer Ermessensreduzierung als rechtswidrig erscheinen ließen.
Mangels Anspruch auf Betriebshilfe kommt nach alledem auch eine Erstattung der hierfür in Höhe des Eigenanteils beim Kläger angefallenen Kosten nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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