Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AS 5292/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 4794/15 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 2. November 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 01.10.2014 bis 31.12.2015.
Der 1955 geborene Antragsteller zu 1) ist Ehemann der 1958 geborenen Antragstellerin zu 2). Die Antragsteller lebten bis zu ihrem Umzug nach H. am 02.10.2014 in W. In H. bewohnen sie seitdem eine 80 qm große Drei-Zimmer-Wohnung mit einem monatlichen Mietzins von 580,00 EUR für Kaltmiete, 20,00 EUR für einen Stellplatz und 30,00 EUR für Wasser. Die Wohnung wird mit Öl beheizt. Die Kosten für Müllgebühren sind von den Antragstellern außerhalb des Mietverhältnisses zu tragen. Diese betragen monatlich 7,30 EUR.
Der Antragsteller zu 1) bestellte Heizöl am 17.10.2014 (453 l für 345,00 EUR), am 22.10.2014 (1.047 l für 822,31 EUR) sowie am 03.09.2015 (für 560,73 EUR).
Die Antragsteller verfügen nach eigenen Angaben über kein Vermögen. Der Antragsteller zu 1) bezieht seit dem 14.07.2014 von der Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld I in Höhe von monatlich 1.082,40 EUR.
Am 13.10.2014 stellte der Antragsteller zu 1) erstmalig einen Antrag bei dem Antragsgegner für sich und die Antragstellerin zu 2) auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Mit Bewilligungsbescheid vom 01.12.2014 gewährte der Antragsgegner den Antragstellern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.10.2014 bis 31.03.2015 in Höhe von jeweils 131,80 EUR monatlich für die Monate Oktober bis Dezember 2014 sowie 138,80 EUR monatlich für die drei Folgemonate und mit Bescheid vom 19.03.2015 Leistungen für die Zeit vom 01.04.2015 bis 31.05.2015 in Höhe von jeweils 123,80 EUR monatlich. Als anerkannte Bedarfe für Unterkunft und Heizung berücksichtigte er eine Grundmiete in Höhe von 580,00 EUR monatlich sowie Nebenkosten in Höhe von 30,00 EUR monatlich.
Mit Schreiben ebenfalls vom 01.12.2014 wies der Antragsgegner den Antragsteller zu 1) darauf hin, dass die aktuelle Monatsmiete in Höhe von 580,00 EUR nicht angemessen sei. Angemessen sei lediglich eine Kaltmiete in Höhe von 400,00 EUR monatlich. Die aktuelle Kaltmiete könne nur für eine Übergangszeit von etwa sechs Monaten in voller Höhe als Bedarf anerkannt werden, somit bis 31.05.2015. In dieser Zeit solle den Antragstellern Gelegenheit gegeben werden, sich um eine kostengünstigere Wohnung zu bemühen oder andere Möglichkeiten zur Senkung der Kosten, z.B. durch Untervermietung, zu suchen. Zu der Suche nach billigerem Wohnraum erteilte der Antragsgegner weitere Hinweise (vgl. Blatt 46 Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 10.12.2014 gewährte der Antragsgegner den Antragstellern eine Brennstoffbeihilfe in Höhe von 1.673,32 EUR für die Zeit vom 01.10.2014 bis 30.09.2015, und mit Bescheid vom 18.03.2015 übernahm der Antragsgegner die Abfallgebühren für den Monat Dezember 2014 in Höhe von 7,30 EUR.
Für den Zeitraum vom 01.06.2015 bis 30.11.2015 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern durch Bescheid vom 21.05.2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich jeweils 33,80 EUR. Wie den Antragstellern bereits mitgeteilt worden sei, sei die Kaltmiete nicht angemessen hoch, so dass ab dem 01.06.2015 eine Kürzung auf die angemessene Kaltmiete in Höhe von 400,00 EUR erfolge. Bei der Berechnung berücksichtigte der Antragsgegner außerdem nicht eine Nebenkostenpauschale in Höhe von 30,00 EUR monatlich und Aufwendungen für die Kfz-Versicherung in Höhe von 22,69 EUR monatlich.
Auf den hiergegen erhobenen Widerspruch der Antragsteller änderte der Antragsgegner den Bescheid vom 21.05.2015 durch Bescheid vom 21.09.2015 insoweit ab, als er den Antragstellern nunmehr monatliche Leistungen in Höhe von jeweils 60,14 EUR als Bedarfe für Unterkunft und Heizung bewilligte (unter Berücksichtigung der Nebenkosten sowie der Kfz-Versicherung als Absetzbetrag).
Dementsprechend änderte der Antragsgegner auch die Leistungen für den übrigen Bewilligungszeitraum unter demselben Datum erhöhend ab (unter Hinweis auf § 44 SGB X). In die Abänderungsbescheide (Blatt 141ff. Verwaltungsakte) integrierte er auch die Heizölzahlungen.
Mit weiterem Bescheid vom 21.09.2015 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern über den bislang gewährten Betrag in Höhe von 1.673,32 EUR hinaus weitere 54,72 EUR für die Beschaffung von Heizöl.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.09.2015 wies der Antragsgegner den Widerspruch der Antragsteller im Übrigen zurück.
Die Antragsteller haben am 28.09.2015 bei dem Sozialgericht Stuttgart (SG) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 02.11.2015 abgelehnt. Ein Anordnungsgrund liege nicht vor; für den Zeitraum vom 01.10.2014 bis 30.09.2015 bereits deshalb, weil dieser vor dem Datum des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung liege und Hilfe zum Lebensunterhalt nur zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage zu erfolgen habe. Ein Fortwirken einer in jenem Zeitraum entstandenen Notlage bis in die Gegenwart hätten die Antragsteller nicht dargelegt. Die Antragsteller hätten jedoch auch für den Zeitraum nach dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung eine akute, existenzielle Notlage, die ein sofortiges Einschreiten des Gerichts erforderlich mache, nicht glaubhaft gemacht. Die Antragsteller verfügten derzeit offensichtlich über eine ungekündigte Unterkunft und seien infolgedessen in unmittelbarer Zukunft nicht vom Verlust derselben bzw. Obdachlosigkeit bedroht. Sie hätten Mietrückstände weder vorgetragen noch belegt. Für den Anordnungsgrund sei zu fordern, dass jedenfalls das Bestehen einer Kündigungslage glaubhaft gemacht werde. Selbst für den Fall einer drohenden Kündigung wegen Mietrückständen wäre ein Anordnungsgrund nicht gegeben. Sollte das Konzept des Antragsgegners nicht schlüssig sein, kämen als Obergrenze für die zu gewährenden Kosten allenfalls die höheren Werte aus der Tabelle zu § 12 Abs. 1 Wohngeldgesetz (WoGG) in Betracht. Dies wären - angesichts der für H. anzusetzenden Mietstufe III - 402,00 EUR, erhöht um weitere 10% Sicherheitszuschlag, mithin 442,20 EUR. Die Antragsteller hätten nicht dargelegt, dass ihnen eine Senkung ihrer Unterkunftskosten nicht möglich oder zumutbar sei. Nachweise über Anstrengungen, eine kostengünstigere Wohnung zu suchen, seien nicht vorgelegt. Da der Antragsgegner bereits Kosten der Unterkunft in Höhe von 430,00 EUR bewilligt habe, komme ein Anspruch allenfalls von 12,20 EUR monatlich in Betracht. Diese Leistungen würden zur Abwendung eines drohenden Wohnungsverlustes aufgrund der gleichwohl verbleibenden erheblichen Deckungslücke zu den tatsächlichen Kosten absehbar nicht ausreichen und einen Wohnungsverlust allenfalls kurzfristig verzögern.
Gegen den den Antragstellern laut Postzustellungsurkunde vom 04.11.2015 zugestellten Beschluss haben sie am 18.11.2015 beim SG Beschwerde eingelegt und dazu auf Nachfrage des Senat mitgeteilt, streitgegenständlich seien Leistungen für die Zeit vom 01.10.2014 bis 31.12.2015. Es würden nicht die Leistungen ausbezahlt, die ihnen zustünden. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Antragstellerin zu 2) keine Leistungen erhalte. Ihre Hinweise an den Antragsgegner, dass billigerer Wohnraum für 400,00 EUR nicht zu erhalten sei, würden von diesem ignoriert. Der Antragsgegner behaupte einfach, sie würden sich nicht um bezahlbaren Wohnraum bemühen. Es sei jedoch nicht möglich, Wohnraum für 400,00 EUR monatlich zu finden. Die Quadratmeterpreise von H. (7,40 EUR) sowie K. (8,30 EUR) ignoriere der Antragsgegner. Den Nachweis könne er hierfür nicht erbringen. Die Grundversorgung sei mit seinem Einkommen nicht realisierbar.
Die Antragsteller beantragen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgericht Stuttgart vom 2. November 2015 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihnen für die Zeit vom 1. Oktober 2014 bis 31. Dezember 2015 vorläufig höhere Leistungen der Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch für Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Mit Schriftsatz vom 11.12.2015 hat er ein "Teilanerkenntnis" abgegeben mit dem Inhalt, dass die Aufwendungen für die Miete in Höhe von 442,20 EUR (Bruttokaltmiete) als Bedarf für Kosten der Unterkunft und Heizung anerkannt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten der ersten und zweiten Instanz sowie die Verwaltungsakte Bezug genommen.
II.
Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde der Antragsteller ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Antragsteller haben den Streitgegenstand zulässigerweise auf die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH) beschränkt, bei denen es sich um abtrennbare Verfügungen der Bewilligungsbescheide handelt (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 16.06.2015, B 4 AS 44/14 R (juris)).
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis gem. § 86 b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist stets, dass sowohl ein Anordnungsanspruch (d.h. der durch die Anordnung zu sichernde, in der Sache gegebene und im Hauptsacheverfahren geltend gemachte materielle Leistungsanspruch) als auch ein Anordnungsgrund (d. h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile und somit der Grund, weshalb die Anordnung so dringlich ist, dass dieser Anspruch vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache gesichert werden muss) glaubhaft gemacht werden (vgl. § 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Ein Anordnungsanspruch ist dabei glaubhaft gemacht, wenn das Gericht aufgrund einer vorläufigen, summarischen Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass dem Antragsteller ein Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung zusteht und deshalb der Antragsteller in einem Hauptsacheverfahren mit dem gleichen Begehren voraussichtlich Erfolg haben würde. Ein Anordnungsgrund ist glaubhaft gemacht, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile für den Antragsteller ohne die Möglichkeit weiteren Zuwartens erforderlich ist.
Ausgehend von diesen Grundsätzen haben die Antragsteller das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs für die begehrten Leistungen nicht glaubhaft gemacht.
Die Antragsteller begehren höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung ihrer tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 18.11.2014, B 4 AS 9/14 R (juris)) ist die Angemessenheit von Kosten der Unterkunft (KdU) unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren: Zunächst ist zu überprüfen, ob die tatsächlichen Kosten des Leistungsberechtigten für seine Unterkunft abstrakt angemessen sind, d.h. ob die Kosten dem entsprechen, was für eine nach abstrakten Kriterien als angemessen geltende Wohnung auf dem maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzubringen ist (abstrakte Angemessenheitsprüfung). Die abstrakte Angemessenheit von Unterkunftskosten, die sich in der abstrakt angemessenen Referenzmiete ausdrückt, ist in mehreren Schritten zu bestimmen: Zunächst ist die angemessene Wohnungsgröße zu ermitteln. Alsdann ist festzustellen, ob die angemietete Wohnung dem Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard entspricht, der sich in der Wohnungsmiete niederschlägt. Vergleichsmaßstab sind insoweit die räumlichen Gegebenheiten am Wohnort des Leistungsberechtigten, wobei die örtlichen Gegebenheiten auf dem Wohnungsmarkt zu ermitteln und zu berücksichtigen sind. Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle (vgl. BSG, Urteil vom 13.04.2011, B 14 AS 32/09 R (juris)). Übersteigen die tatsächlich aufzubringenden Wohnkosten die abstrakt ermittelte Referenzmiete, ist zu überprüfen, ob eine Wohnung, die den abstrakten Kriterien entspricht, für den Leistungsberechtigten auf dem Mietmarkt tatsächlich verfügbar und konkret anmietbar ist, es ihm also konkret möglich ist, die Kosten für die Unterkunft auf das abstrakt angemessene Maß zu senken (konkrete Angemessenheit).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich für die Antragsteller eine angemessene Bruttokaltmiete von 442,20 EUR, wie von dem Antragsgegner zuletzt mit Schriftsatz vom 11.12.2015 anerkannt.
Bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche in Baden-Württemberg ist auf die Werte der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung (VwV-SozWo) vom 12.02.2002 (Gemeinsames ABl 2002, 240) i.d.F. vom 22.01.2004 (Gemeinsames ABl 2004, 248) zurückzugreifen (vgl. BSG, Urteil vom 16.06.2015, B 4 AS 44/14 R; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.03.2014, L 2 AS 3878/11, beide (juris)). Hiernach ist für einen Zwei-Personen-Haushalt eine Wohnungsgröße von bis zu 60 qm angemessen.
Als maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum hält es der Senat vorliegend für sachgerecht, als örtlichen Vergleichsmaßstab die Gemeinde H. mit den umliegenden Gemeinden O., A., S., H., W. und B. zu wählen. Das BSG hat entschieden, dass es bei der Festlegung des Vergleichsraumes um die Ermittlung einer (angemessenen) Referenzmiete am Wohnort oder im weiteren Wohnumfeld des Hilfebedürftigen geht. Daher sind die Grenzen des Vergleichsraumes insbesondere danach abzustecken, ob es sich um einen ausreichend großen Raum (nicht bloße Orts- oder Stadtteile/-bezirke) der Wohnbebauung aufgrund räumlicher Nähe, mit zusammenhängender Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit handelt. Der Raum muss insgesamt betrachtet einen homogenen Lebens- und Wohnbereich darstellen (BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R; Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 18/06 R; BSG, Urteil vom 16.06.2015, alle (juris)). Die Gemeinde H. mit etwa 2.200 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2008) im Landkreis E. ist mit der angegebenen Einwohnerzahl zu klein, um einen eigenen Mietwohnungsmarkt abbilden zu können. Sachgerecht ist es demnach, auch die kleineren, umliegenden Gemeinden in den Vergleichsraum miteinzubeziehen.
Stehen die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche Vergleichsraum fest, ist in einem dritten Schritt nach der Rechtsprechung des BSG zu ermitteln, wie viel für eine abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung auf dem für den Hilfebedürftigen maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzuwenden ist. Dabei ist nicht nur auf die tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen abzustellen, sondern auch auf vermietete Wohnungen. Das BSG folgt der sog. Produkttheorie, wonach nicht beide Faktoren (Wohnungsgröße und Wohnungsstandard) je für sich betrachtet "angemessen" sein müssen, solange jedenfalls das Produkt aus Wohnfläche (Quadratmeterzahl) und Standard (Mietpreis je Quadratmeter) eine insgesamt angemessene Wohnungsmiete (sog Referenzmiete) ergibt (u.a. BSG, Urteil vom 19.02.2009, a.a.O.). Die Ermittlung der Angemessenheitsgrenzen muss dabei auf Grundlage eines überprüfbaren schlüssigen Konzepts erfolgen. Nach der Rechtsprechung des BSG (grundlegend Urteil vom 22.09.2009, B 4 AS 18/09 R (juris)) ist ein Konzept ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum und nicht nur ein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall. Schlüssig ist das Konzept, wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt:
- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung), - Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z. B. welche Art von Wohnungen, Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße, - Angaben über den Beobachtungszeitraum müssen vorliegen, - Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z. B. Mietspiegel), - Validität der Datenerhebung, - Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten, - Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und - Angaben über die gezogenen Schlüsse (z. B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).
Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass es im Wesentlichen Sache der Grundsicherungsträger ist, für ihren Zuständigkeitsbereich ein schlüssiges Konzept zu entwickeln, auf dessen Grundlage die erforderlichen Daten zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zu erheben und auszuwerten. Die anhand eines solchen Konzeptes erzielbaren Erkenntnisse sind vom Grundsicherungsträger daher grundsätzlich schon für eine sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig und in einem Rechtsstreit vom Grundsicherungsträger vorzulegen.
Hiernach kann vorliegend offen bleiben, ob das Konzept des Antragsgegners diesen Mindestanforderungen entspricht. Der Antragsgegner hat dem erkennenden Gericht bisher keine zuverlässige Entscheidungsgrundlage verschafft, die ggf. unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nicht nachgeholt, und es liegen auch keine Darlegungen dazu vor, ob ein schlüssiges Konzept auf der Grundlage der vorhandenen Erkenntnisse und Daten entwickelt werden kann. Doch bleiben diese Erhebungen gegebenenfalls dem Hauptsacheverfahren vorbehalten und sind jedenfalls nicht im einstweiligen Rechtsschutz vorzunehmen.
Dementsprechend hat auch der Antragsgegner selbst zuletzt nicht mehr auf sein Konzept zurückgegriffen, sondern die Werte der Wohngeldtabelle des § 12 WoGG zuzüglich eines Zuschlags von 10% zugrunde gelegt. Nach der Rechtsprechung des BSG ist ein Grundsicherungsträger, der ohne ein schlüssiges Konzept entscheidet, im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 Satz 1 2. Halbsatz SGG gehalten, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und gegebenenfalls eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen (BSG, Urteil vom 16.06.2015, a.a.O.). Liegen dennoch keine ausreichenden Daten vor, brauchen insbesondere für weit zurückliegende Zeiträume nicht unverhältnismäßig aufwändige Ermittlungen durchgeführt zu werden. Die Amtsermittlungspflicht der Tatsacheninstanzen ist in diesen Fällen begrenzt, sofern nachvollziehbare Darlegungen dazu erfolgen, warum ein schlüssiges Konzept auf der Grundlage der vorhandenen Erkenntnisse und Daten nicht (mehr) entwickelt werden kann.
Im Falle eines Erkenntnisausfalls zur Ermittlung der angemessenen Referenzmiete sind grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen. Diese werden wiederum durch die Tabellenwerte zu § 12 WoGG im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze gedeckelt (st. Rspr. vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013, B 4 AS 87/12 R; BSG, Urteil vom 11.12.2012, B 4 AS 44/12 R, beide (juris)), wobei eine Erhöhung der Werte um einen Sicherheitszuschlag in Höhe von 10% zu erfolgen hat (BSG, Urteil vom 12.12.2013, a.a.O.). Zutreffend hat der Antragsgegner hierbei nach der Anlage zu § 1 Abs. 3 der Wohngeldverordnung die Mietenstufe III (Landkreis E. ohne die Gemeinden D., E., F., K., N., L., N., P., W., W. und O.) zugrunde gelegt.
Unter Berücksichtigung der Mietenstufe III ergibt sich eine Angemessenheitsobergrenze für die Bruttokaltmiete (Kaltmiete und kalte Nebenkosten) im Hinblick auf den Zwei-Personen-Haushalt der Antragsteller für den hier streitgegenständlichen Zeitraum bis Dezember 2015 in Höhe von 402,00 EUR, zuzüglich eines Sicherheitszuschlags in Höhe von 10%, mithin 40,20 EUR, insgesamt somit 442,20 EUR. Diesen Wert hat der Antragsgegner zuletzt zutreffend errechnet.
Tatsächlich beträgt die Bruttokaltmiete der Antragsteller hingegen monatlich 617,30 EUR (580,00 EUR + 30,00 EUR + 7,30 EUR) und ist somit unangemessen hoch. Die Erstattung dieser tatsächlichen Aufwendungen kommt nur in Betracht, wenn der Bedürftige auf dem für ihn maßgeblichen Wohnungsmarkt tatsächlich eine abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung konkret nicht anmieten kann (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R m.w.N. (juris)).
Der Antragsgegner hat bereits mit Schreiben vom 01.12.2014 den Antragsteller zu 1) als Vertreter der Bedarfsgemeinschaft aufgefordert, die KdU zu senken. Unschädlich ist hierbei, dass der Antragsgegner zunächst die nach seinem schlüssigen Konzept errechnete Miete als angemessene Miete angegeben und die Antragsteller aufgefordert hat, eine Wohnung mit einer entsprechend geringeren Miete zu suchen. Bei dem Schreiben des Grundsicherungsträgers über die Unangemessenheit der Unterkunftskosten und Aufforderung zur Kostensenkung handelt es sich um ein Informationsschreiben mit Aufklärungs- und Warnfunktion und nicht um einen Verwaltungsakt (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R (juris)). Hält der Grundsicherungsempfänger die vom Grundsicherungsträger vorgenommene Einschätzung über die Angemessenheit der Kosten für nicht zutreffend bzw. einschlägig, so ist der Streit hierüber bei der Frage auszutragen, welche KdU angemessen sind. Insofern stellt die Kostensenkungsaufforderung seitens der Grundsicherungsträger ein "Angebot" dar, in einen Dialog über die angemessenen KdU einzutreten. Die Antragsteller sind damit durch die Angabe der aus Sicht des Antragsgegners angemessenen Unterkunftskosten und über die aus ihrer Sicht bestehende Rechtslage hinreichend informiert worden (vgl. BSG, Urteil vom 27.2.2008, B 14/7b AS 70/06 R (juris)). Allein die objektive fehlerhafte Angabe zur Höhe der Referenzmiete führt nur dann zur subjektiven Unmöglichkeit der Kostensenkung, wenn dadurch bewirkt wird, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige seine Suche auf Grund der unzutreffenden Angabe in wesentlichem Umfang beschränkt (BSG, Urteil vom 19.02.2009, a.a.O). Hierfür bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte. Die Antragsteller haben lediglich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes pauschal vorgetragen, dass keine Wohnung zu einem Mietzins von 400,00 EUR anmietbar sei. Ob die Antragsteller überhaupt Bemühungen unternommen haben, eine solche Wohnung zu suchen, inwieweit sie ihre Bemühungen ausgedehnt haben und ob sie bei ihrer Suche im Vertrauen auf den Hinweis des Antragsgegners bewusst Wohnungen ausgeklammert haben, die einen Mietzins von 400,00 EUR für die Kaltmiete übersteigen, ist nicht bekannt. In der Akte fehlen Nachweise für eine Wohnungssuche gänzlich.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass die von dem Antragsgegner zuletzt anerkannten 442,20 EUR Aufwendungen für die Kaltmiete und die kalten Nebenkosten enthalten. Hiernach dürfte der Hinweis auf eine Kaltmiete in Höhe von 400,00 EUR nicht unzutreffend sein, da es nahe liegt, dass der Anteil an den kalten Nebenkosten in der zugrunde gelegten Bruttokaltmiete 42,20 EUR monatlich zumindest nicht unterschreitet.
Die Heizungskosten der Antragsteller sind bislang von dem Antragsgegner in tatsächlich anfallender Höhe übernommen worden.
Lediglich klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass der Antragsgegner auch der Antragstellerin zu 2) Leistungen in dem unter I. angegebenem Umfang gewährt hat, auch wenn die Bewilligungsbescheide an den Antragsteller zu 1) adressiert waren.
Zumindest für die Zeit vom 01.10.2014 bis 27.09.2015 ist außerdem ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Wie das SG zutreffend dargelegt hat, scheitert ein Anordnungsgrund für die Zeit vor Eingang des Eilantrags bei Gericht (hier: vor dem 28.09.2015). Eine Verpflichtung zu Leistungen für die Zeit vor dem Eilantrag kommt ausnahmsweise bei einem Nachholbedarf in Betracht, d. h. wenn die Nichtgewährung in der Vergangenheit in die Gegenwart fortwirkt und eine gegenwärtige Notlage bewirkt, beispielsweise wenn Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wegen bestehender Schulden eingeleitet wurden (statt vieler LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.11.2015, L 7 AS 4389/15 ER-B). Für das Vorliegen eines solchen Nachholbedarfs bestehen jedoch im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte.
Aus diesen Gründen war der Antrag abzuweisen und die dagegen erhobene Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren erfolglos geblieben sind.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 01.10.2014 bis 31.12.2015.
Der 1955 geborene Antragsteller zu 1) ist Ehemann der 1958 geborenen Antragstellerin zu 2). Die Antragsteller lebten bis zu ihrem Umzug nach H. am 02.10.2014 in W. In H. bewohnen sie seitdem eine 80 qm große Drei-Zimmer-Wohnung mit einem monatlichen Mietzins von 580,00 EUR für Kaltmiete, 20,00 EUR für einen Stellplatz und 30,00 EUR für Wasser. Die Wohnung wird mit Öl beheizt. Die Kosten für Müllgebühren sind von den Antragstellern außerhalb des Mietverhältnisses zu tragen. Diese betragen monatlich 7,30 EUR.
Der Antragsteller zu 1) bestellte Heizöl am 17.10.2014 (453 l für 345,00 EUR), am 22.10.2014 (1.047 l für 822,31 EUR) sowie am 03.09.2015 (für 560,73 EUR).
Die Antragsteller verfügen nach eigenen Angaben über kein Vermögen. Der Antragsteller zu 1) bezieht seit dem 14.07.2014 von der Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld I in Höhe von monatlich 1.082,40 EUR.
Am 13.10.2014 stellte der Antragsteller zu 1) erstmalig einen Antrag bei dem Antragsgegner für sich und die Antragstellerin zu 2) auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Mit Bewilligungsbescheid vom 01.12.2014 gewährte der Antragsgegner den Antragstellern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.10.2014 bis 31.03.2015 in Höhe von jeweils 131,80 EUR monatlich für die Monate Oktober bis Dezember 2014 sowie 138,80 EUR monatlich für die drei Folgemonate und mit Bescheid vom 19.03.2015 Leistungen für die Zeit vom 01.04.2015 bis 31.05.2015 in Höhe von jeweils 123,80 EUR monatlich. Als anerkannte Bedarfe für Unterkunft und Heizung berücksichtigte er eine Grundmiete in Höhe von 580,00 EUR monatlich sowie Nebenkosten in Höhe von 30,00 EUR monatlich.
Mit Schreiben ebenfalls vom 01.12.2014 wies der Antragsgegner den Antragsteller zu 1) darauf hin, dass die aktuelle Monatsmiete in Höhe von 580,00 EUR nicht angemessen sei. Angemessen sei lediglich eine Kaltmiete in Höhe von 400,00 EUR monatlich. Die aktuelle Kaltmiete könne nur für eine Übergangszeit von etwa sechs Monaten in voller Höhe als Bedarf anerkannt werden, somit bis 31.05.2015. In dieser Zeit solle den Antragstellern Gelegenheit gegeben werden, sich um eine kostengünstigere Wohnung zu bemühen oder andere Möglichkeiten zur Senkung der Kosten, z.B. durch Untervermietung, zu suchen. Zu der Suche nach billigerem Wohnraum erteilte der Antragsgegner weitere Hinweise (vgl. Blatt 46 Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 10.12.2014 gewährte der Antragsgegner den Antragstellern eine Brennstoffbeihilfe in Höhe von 1.673,32 EUR für die Zeit vom 01.10.2014 bis 30.09.2015, und mit Bescheid vom 18.03.2015 übernahm der Antragsgegner die Abfallgebühren für den Monat Dezember 2014 in Höhe von 7,30 EUR.
Für den Zeitraum vom 01.06.2015 bis 30.11.2015 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern durch Bescheid vom 21.05.2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich jeweils 33,80 EUR. Wie den Antragstellern bereits mitgeteilt worden sei, sei die Kaltmiete nicht angemessen hoch, so dass ab dem 01.06.2015 eine Kürzung auf die angemessene Kaltmiete in Höhe von 400,00 EUR erfolge. Bei der Berechnung berücksichtigte der Antragsgegner außerdem nicht eine Nebenkostenpauschale in Höhe von 30,00 EUR monatlich und Aufwendungen für die Kfz-Versicherung in Höhe von 22,69 EUR monatlich.
Auf den hiergegen erhobenen Widerspruch der Antragsteller änderte der Antragsgegner den Bescheid vom 21.05.2015 durch Bescheid vom 21.09.2015 insoweit ab, als er den Antragstellern nunmehr monatliche Leistungen in Höhe von jeweils 60,14 EUR als Bedarfe für Unterkunft und Heizung bewilligte (unter Berücksichtigung der Nebenkosten sowie der Kfz-Versicherung als Absetzbetrag).
Dementsprechend änderte der Antragsgegner auch die Leistungen für den übrigen Bewilligungszeitraum unter demselben Datum erhöhend ab (unter Hinweis auf § 44 SGB X). In die Abänderungsbescheide (Blatt 141ff. Verwaltungsakte) integrierte er auch die Heizölzahlungen.
Mit weiterem Bescheid vom 21.09.2015 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern über den bislang gewährten Betrag in Höhe von 1.673,32 EUR hinaus weitere 54,72 EUR für die Beschaffung von Heizöl.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.09.2015 wies der Antragsgegner den Widerspruch der Antragsteller im Übrigen zurück.
Die Antragsteller haben am 28.09.2015 bei dem Sozialgericht Stuttgart (SG) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 02.11.2015 abgelehnt. Ein Anordnungsgrund liege nicht vor; für den Zeitraum vom 01.10.2014 bis 30.09.2015 bereits deshalb, weil dieser vor dem Datum des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung liege und Hilfe zum Lebensunterhalt nur zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage zu erfolgen habe. Ein Fortwirken einer in jenem Zeitraum entstandenen Notlage bis in die Gegenwart hätten die Antragsteller nicht dargelegt. Die Antragsteller hätten jedoch auch für den Zeitraum nach dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung eine akute, existenzielle Notlage, die ein sofortiges Einschreiten des Gerichts erforderlich mache, nicht glaubhaft gemacht. Die Antragsteller verfügten derzeit offensichtlich über eine ungekündigte Unterkunft und seien infolgedessen in unmittelbarer Zukunft nicht vom Verlust derselben bzw. Obdachlosigkeit bedroht. Sie hätten Mietrückstände weder vorgetragen noch belegt. Für den Anordnungsgrund sei zu fordern, dass jedenfalls das Bestehen einer Kündigungslage glaubhaft gemacht werde. Selbst für den Fall einer drohenden Kündigung wegen Mietrückständen wäre ein Anordnungsgrund nicht gegeben. Sollte das Konzept des Antragsgegners nicht schlüssig sein, kämen als Obergrenze für die zu gewährenden Kosten allenfalls die höheren Werte aus der Tabelle zu § 12 Abs. 1 Wohngeldgesetz (WoGG) in Betracht. Dies wären - angesichts der für H. anzusetzenden Mietstufe III - 402,00 EUR, erhöht um weitere 10% Sicherheitszuschlag, mithin 442,20 EUR. Die Antragsteller hätten nicht dargelegt, dass ihnen eine Senkung ihrer Unterkunftskosten nicht möglich oder zumutbar sei. Nachweise über Anstrengungen, eine kostengünstigere Wohnung zu suchen, seien nicht vorgelegt. Da der Antragsgegner bereits Kosten der Unterkunft in Höhe von 430,00 EUR bewilligt habe, komme ein Anspruch allenfalls von 12,20 EUR monatlich in Betracht. Diese Leistungen würden zur Abwendung eines drohenden Wohnungsverlustes aufgrund der gleichwohl verbleibenden erheblichen Deckungslücke zu den tatsächlichen Kosten absehbar nicht ausreichen und einen Wohnungsverlust allenfalls kurzfristig verzögern.
Gegen den den Antragstellern laut Postzustellungsurkunde vom 04.11.2015 zugestellten Beschluss haben sie am 18.11.2015 beim SG Beschwerde eingelegt und dazu auf Nachfrage des Senat mitgeteilt, streitgegenständlich seien Leistungen für die Zeit vom 01.10.2014 bis 31.12.2015. Es würden nicht die Leistungen ausbezahlt, die ihnen zustünden. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Antragstellerin zu 2) keine Leistungen erhalte. Ihre Hinweise an den Antragsgegner, dass billigerer Wohnraum für 400,00 EUR nicht zu erhalten sei, würden von diesem ignoriert. Der Antragsgegner behaupte einfach, sie würden sich nicht um bezahlbaren Wohnraum bemühen. Es sei jedoch nicht möglich, Wohnraum für 400,00 EUR monatlich zu finden. Die Quadratmeterpreise von H. (7,40 EUR) sowie K. (8,30 EUR) ignoriere der Antragsgegner. Den Nachweis könne er hierfür nicht erbringen. Die Grundversorgung sei mit seinem Einkommen nicht realisierbar.
Die Antragsteller beantragen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgericht Stuttgart vom 2. November 2015 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihnen für die Zeit vom 1. Oktober 2014 bis 31. Dezember 2015 vorläufig höhere Leistungen der Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch für Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Mit Schriftsatz vom 11.12.2015 hat er ein "Teilanerkenntnis" abgegeben mit dem Inhalt, dass die Aufwendungen für die Miete in Höhe von 442,20 EUR (Bruttokaltmiete) als Bedarf für Kosten der Unterkunft und Heizung anerkannt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten der ersten und zweiten Instanz sowie die Verwaltungsakte Bezug genommen.
II.
Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde der Antragsteller ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Antragsteller haben den Streitgegenstand zulässigerweise auf die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH) beschränkt, bei denen es sich um abtrennbare Verfügungen der Bewilligungsbescheide handelt (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 16.06.2015, B 4 AS 44/14 R (juris)).
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis gem. § 86 b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist stets, dass sowohl ein Anordnungsanspruch (d.h. der durch die Anordnung zu sichernde, in der Sache gegebene und im Hauptsacheverfahren geltend gemachte materielle Leistungsanspruch) als auch ein Anordnungsgrund (d. h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile und somit der Grund, weshalb die Anordnung so dringlich ist, dass dieser Anspruch vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache gesichert werden muss) glaubhaft gemacht werden (vgl. § 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Ein Anordnungsanspruch ist dabei glaubhaft gemacht, wenn das Gericht aufgrund einer vorläufigen, summarischen Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass dem Antragsteller ein Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung zusteht und deshalb der Antragsteller in einem Hauptsacheverfahren mit dem gleichen Begehren voraussichtlich Erfolg haben würde. Ein Anordnungsgrund ist glaubhaft gemacht, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile für den Antragsteller ohne die Möglichkeit weiteren Zuwartens erforderlich ist.
Ausgehend von diesen Grundsätzen haben die Antragsteller das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs für die begehrten Leistungen nicht glaubhaft gemacht.
Die Antragsteller begehren höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung ihrer tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 18.11.2014, B 4 AS 9/14 R (juris)) ist die Angemessenheit von Kosten der Unterkunft (KdU) unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren: Zunächst ist zu überprüfen, ob die tatsächlichen Kosten des Leistungsberechtigten für seine Unterkunft abstrakt angemessen sind, d.h. ob die Kosten dem entsprechen, was für eine nach abstrakten Kriterien als angemessen geltende Wohnung auf dem maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzubringen ist (abstrakte Angemessenheitsprüfung). Die abstrakte Angemessenheit von Unterkunftskosten, die sich in der abstrakt angemessenen Referenzmiete ausdrückt, ist in mehreren Schritten zu bestimmen: Zunächst ist die angemessene Wohnungsgröße zu ermitteln. Alsdann ist festzustellen, ob die angemietete Wohnung dem Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard entspricht, der sich in der Wohnungsmiete niederschlägt. Vergleichsmaßstab sind insoweit die räumlichen Gegebenheiten am Wohnort des Leistungsberechtigten, wobei die örtlichen Gegebenheiten auf dem Wohnungsmarkt zu ermitteln und zu berücksichtigen sind. Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle (vgl. BSG, Urteil vom 13.04.2011, B 14 AS 32/09 R (juris)). Übersteigen die tatsächlich aufzubringenden Wohnkosten die abstrakt ermittelte Referenzmiete, ist zu überprüfen, ob eine Wohnung, die den abstrakten Kriterien entspricht, für den Leistungsberechtigten auf dem Mietmarkt tatsächlich verfügbar und konkret anmietbar ist, es ihm also konkret möglich ist, die Kosten für die Unterkunft auf das abstrakt angemessene Maß zu senken (konkrete Angemessenheit).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich für die Antragsteller eine angemessene Bruttokaltmiete von 442,20 EUR, wie von dem Antragsgegner zuletzt mit Schriftsatz vom 11.12.2015 anerkannt.
Bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche in Baden-Württemberg ist auf die Werte der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung (VwV-SozWo) vom 12.02.2002 (Gemeinsames ABl 2002, 240) i.d.F. vom 22.01.2004 (Gemeinsames ABl 2004, 248) zurückzugreifen (vgl. BSG, Urteil vom 16.06.2015, B 4 AS 44/14 R; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.03.2014, L 2 AS 3878/11, beide (juris)). Hiernach ist für einen Zwei-Personen-Haushalt eine Wohnungsgröße von bis zu 60 qm angemessen.
Als maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum hält es der Senat vorliegend für sachgerecht, als örtlichen Vergleichsmaßstab die Gemeinde H. mit den umliegenden Gemeinden O., A., S., H., W. und B. zu wählen. Das BSG hat entschieden, dass es bei der Festlegung des Vergleichsraumes um die Ermittlung einer (angemessenen) Referenzmiete am Wohnort oder im weiteren Wohnumfeld des Hilfebedürftigen geht. Daher sind die Grenzen des Vergleichsraumes insbesondere danach abzustecken, ob es sich um einen ausreichend großen Raum (nicht bloße Orts- oder Stadtteile/-bezirke) der Wohnbebauung aufgrund räumlicher Nähe, mit zusammenhängender Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit handelt. Der Raum muss insgesamt betrachtet einen homogenen Lebens- und Wohnbereich darstellen (BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R; Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 18/06 R; BSG, Urteil vom 16.06.2015, alle (juris)). Die Gemeinde H. mit etwa 2.200 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2008) im Landkreis E. ist mit der angegebenen Einwohnerzahl zu klein, um einen eigenen Mietwohnungsmarkt abbilden zu können. Sachgerecht ist es demnach, auch die kleineren, umliegenden Gemeinden in den Vergleichsraum miteinzubeziehen.
Stehen die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche Vergleichsraum fest, ist in einem dritten Schritt nach der Rechtsprechung des BSG zu ermitteln, wie viel für eine abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung auf dem für den Hilfebedürftigen maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzuwenden ist. Dabei ist nicht nur auf die tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen abzustellen, sondern auch auf vermietete Wohnungen. Das BSG folgt der sog. Produkttheorie, wonach nicht beide Faktoren (Wohnungsgröße und Wohnungsstandard) je für sich betrachtet "angemessen" sein müssen, solange jedenfalls das Produkt aus Wohnfläche (Quadratmeterzahl) und Standard (Mietpreis je Quadratmeter) eine insgesamt angemessene Wohnungsmiete (sog Referenzmiete) ergibt (u.a. BSG, Urteil vom 19.02.2009, a.a.O.). Die Ermittlung der Angemessenheitsgrenzen muss dabei auf Grundlage eines überprüfbaren schlüssigen Konzepts erfolgen. Nach der Rechtsprechung des BSG (grundlegend Urteil vom 22.09.2009, B 4 AS 18/09 R (juris)) ist ein Konzept ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum und nicht nur ein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall. Schlüssig ist das Konzept, wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt:
- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung), - Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z. B. welche Art von Wohnungen, Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße, - Angaben über den Beobachtungszeitraum müssen vorliegen, - Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z. B. Mietspiegel), - Validität der Datenerhebung, - Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten, - Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und - Angaben über die gezogenen Schlüsse (z. B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).
Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass es im Wesentlichen Sache der Grundsicherungsträger ist, für ihren Zuständigkeitsbereich ein schlüssiges Konzept zu entwickeln, auf dessen Grundlage die erforderlichen Daten zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zu erheben und auszuwerten. Die anhand eines solchen Konzeptes erzielbaren Erkenntnisse sind vom Grundsicherungsträger daher grundsätzlich schon für eine sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig und in einem Rechtsstreit vom Grundsicherungsträger vorzulegen.
Hiernach kann vorliegend offen bleiben, ob das Konzept des Antragsgegners diesen Mindestanforderungen entspricht. Der Antragsgegner hat dem erkennenden Gericht bisher keine zuverlässige Entscheidungsgrundlage verschafft, die ggf. unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nicht nachgeholt, und es liegen auch keine Darlegungen dazu vor, ob ein schlüssiges Konzept auf der Grundlage der vorhandenen Erkenntnisse und Daten entwickelt werden kann. Doch bleiben diese Erhebungen gegebenenfalls dem Hauptsacheverfahren vorbehalten und sind jedenfalls nicht im einstweiligen Rechtsschutz vorzunehmen.
Dementsprechend hat auch der Antragsgegner selbst zuletzt nicht mehr auf sein Konzept zurückgegriffen, sondern die Werte der Wohngeldtabelle des § 12 WoGG zuzüglich eines Zuschlags von 10% zugrunde gelegt. Nach der Rechtsprechung des BSG ist ein Grundsicherungsträger, der ohne ein schlüssiges Konzept entscheidet, im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 Satz 1 2. Halbsatz SGG gehalten, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und gegebenenfalls eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen (BSG, Urteil vom 16.06.2015, a.a.O.). Liegen dennoch keine ausreichenden Daten vor, brauchen insbesondere für weit zurückliegende Zeiträume nicht unverhältnismäßig aufwändige Ermittlungen durchgeführt zu werden. Die Amtsermittlungspflicht der Tatsacheninstanzen ist in diesen Fällen begrenzt, sofern nachvollziehbare Darlegungen dazu erfolgen, warum ein schlüssiges Konzept auf der Grundlage der vorhandenen Erkenntnisse und Daten nicht (mehr) entwickelt werden kann.
Im Falle eines Erkenntnisausfalls zur Ermittlung der angemessenen Referenzmiete sind grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen. Diese werden wiederum durch die Tabellenwerte zu § 12 WoGG im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze gedeckelt (st. Rspr. vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013, B 4 AS 87/12 R; BSG, Urteil vom 11.12.2012, B 4 AS 44/12 R, beide (juris)), wobei eine Erhöhung der Werte um einen Sicherheitszuschlag in Höhe von 10% zu erfolgen hat (BSG, Urteil vom 12.12.2013, a.a.O.). Zutreffend hat der Antragsgegner hierbei nach der Anlage zu § 1 Abs. 3 der Wohngeldverordnung die Mietenstufe III (Landkreis E. ohne die Gemeinden D., E., F., K., N., L., N., P., W., W. und O.) zugrunde gelegt.
Unter Berücksichtigung der Mietenstufe III ergibt sich eine Angemessenheitsobergrenze für die Bruttokaltmiete (Kaltmiete und kalte Nebenkosten) im Hinblick auf den Zwei-Personen-Haushalt der Antragsteller für den hier streitgegenständlichen Zeitraum bis Dezember 2015 in Höhe von 402,00 EUR, zuzüglich eines Sicherheitszuschlags in Höhe von 10%, mithin 40,20 EUR, insgesamt somit 442,20 EUR. Diesen Wert hat der Antragsgegner zuletzt zutreffend errechnet.
Tatsächlich beträgt die Bruttokaltmiete der Antragsteller hingegen monatlich 617,30 EUR (580,00 EUR + 30,00 EUR + 7,30 EUR) und ist somit unangemessen hoch. Die Erstattung dieser tatsächlichen Aufwendungen kommt nur in Betracht, wenn der Bedürftige auf dem für ihn maßgeblichen Wohnungsmarkt tatsächlich eine abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung konkret nicht anmieten kann (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R m.w.N. (juris)).
Der Antragsgegner hat bereits mit Schreiben vom 01.12.2014 den Antragsteller zu 1) als Vertreter der Bedarfsgemeinschaft aufgefordert, die KdU zu senken. Unschädlich ist hierbei, dass der Antragsgegner zunächst die nach seinem schlüssigen Konzept errechnete Miete als angemessene Miete angegeben und die Antragsteller aufgefordert hat, eine Wohnung mit einer entsprechend geringeren Miete zu suchen. Bei dem Schreiben des Grundsicherungsträgers über die Unangemessenheit der Unterkunftskosten und Aufforderung zur Kostensenkung handelt es sich um ein Informationsschreiben mit Aufklärungs- und Warnfunktion und nicht um einen Verwaltungsakt (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R (juris)). Hält der Grundsicherungsempfänger die vom Grundsicherungsträger vorgenommene Einschätzung über die Angemessenheit der Kosten für nicht zutreffend bzw. einschlägig, so ist der Streit hierüber bei der Frage auszutragen, welche KdU angemessen sind. Insofern stellt die Kostensenkungsaufforderung seitens der Grundsicherungsträger ein "Angebot" dar, in einen Dialog über die angemessenen KdU einzutreten. Die Antragsteller sind damit durch die Angabe der aus Sicht des Antragsgegners angemessenen Unterkunftskosten und über die aus ihrer Sicht bestehende Rechtslage hinreichend informiert worden (vgl. BSG, Urteil vom 27.2.2008, B 14/7b AS 70/06 R (juris)). Allein die objektive fehlerhafte Angabe zur Höhe der Referenzmiete führt nur dann zur subjektiven Unmöglichkeit der Kostensenkung, wenn dadurch bewirkt wird, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige seine Suche auf Grund der unzutreffenden Angabe in wesentlichem Umfang beschränkt (BSG, Urteil vom 19.02.2009, a.a.O). Hierfür bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte. Die Antragsteller haben lediglich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes pauschal vorgetragen, dass keine Wohnung zu einem Mietzins von 400,00 EUR anmietbar sei. Ob die Antragsteller überhaupt Bemühungen unternommen haben, eine solche Wohnung zu suchen, inwieweit sie ihre Bemühungen ausgedehnt haben und ob sie bei ihrer Suche im Vertrauen auf den Hinweis des Antragsgegners bewusst Wohnungen ausgeklammert haben, die einen Mietzins von 400,00 EUR für die Kaltmiete übersteigen, ist nicht bekannt. In der Akte fehlen Nachweise für eine Wohnungssuche gänzlich.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass die von dem Antragsgegner zuletzt anerkannten 442,20 EUR Aufwendungen für die Kaltmiete und die kalten Nebenkosten enthalten. Hiernach dürfte der Hinweis auf eine Kaltmiete in Höhe von 400,00 EUR nicht unzutreffend sein, da es nahe liegt, dass der Anteil an den kalten Nebenkosten in der zugrunde gelegten Bruttokaltmiete 42,20 EUR monatlich zumindest nicht unterschreitet.
Die Heizungskosten der Antragsteller sind bislang von dem Antragsgegner in tatsächlich anfallender Höhe übernommen worden.
Lediglich klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass der Antragsgegner auch der Antragstellerin zu 2) Leistungen in dem unter I. angegebenem Umfang gewährt hat, auch wenn die Bewilligungsbescheide an den Antragsteller zu 1) adressiert waren.
Zumindest für die Zeit vom 01.10.2014 bis 27.09.2015 ist außerdem ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Wie das SG zutreffend dargelegt hat, scheitert ein Anordnungsgrund für die Zeit vor Eingang des Eilantrags bei Gericht (hier: vor dem 28.09.2015). Eine Verpflichtung zu Leistungen für die Zeit vor dem Eilantrag kommt ausnahmsweise bei einem Nachholbedarf in Betracht, d. h. wenn die Nichtgewährung in der Vergangenheit in die Gegenwart fortwirkt und eine gegenwärtige Notlage bewirkt, beispielsweise wenn Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wegen bestehender Schulden eingeleitet wurden (statt vieler LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.11.2015, L 7 AS 4389/15 ER-B). Für das Vorliegen eines solchen Nachholbedarfs bestehen jedoch im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte.
Aus diesen Gründen war der Antrag abzuweisen und die dagegen erhobene Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren erfolglos geblieben sind.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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