Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 27 AS 12152/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 AS 2452/15 B ER RG
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Bemerkung
Auf die Anhörungsrüge der Antragstellerin wird das zum Az.: L 14 AS 1899/15 B ER registrierte Beschwerdeverfahren fortgesetzt.
Der Beschluss des Senats vom 15. September 2015 bleibt aufrecht erhalten.
Die Gegenvorstellung der Antragstellerin gegen den Beschluss des Senats vom 15. September 2015 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Entscheidungsgründe:
Die Anhörungsrüge ist zulässig und begründet (zu 1.), die Beschwerde bleibt auch im fortgesetzten Verfahren unbegründet (zu 2.), die Gegenvorstellung der Antragstellerin ist unzulässig (zu 3.). 1. Nach § 178 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn 1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und 2. das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt (Abs. 1 Satz 2). Nach Absatz 2 der Vorschrift ist die Rüge innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen (Satz 1). Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden (Satz 2). Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben (Satz 3). Die Rüge ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird (Satz 4). Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen (Satz 5).
Die von der Antragstellerin erhobene Anhörungsrüge nach § 178a SGG ist zulässig. Gegen den Beschluss des Senats ist ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf nach § 177 SGG nicht gegeben Die Rüge ist innerhalb der Zweiwochenfrist des 178a Abs. 2 Satz 1 SGG erhoben worden.
Die Rüge ist auch begründet. Eine erfolgreiche Anhörungsrüge setzt nach § 178a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG voraus, dass das Gericht den Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Das ist der Fall. Der Senat hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 27. August 2015 zwar aufgefordert, mitzuteilen, ob Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 29. Juli erhoben worden sei. Diese Frage hat die Antragstellerin unbeantwortet gelassen. Der Antragstellerin ist aber nicht mehr zur Kenntnis gebracht worden, dass Sozialgericht auf Nachfrage mitgeteilt hatte, dass eine Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2015 (W 3615/15) nicht anhängig sei. Der Senat hat auf diese Mitteilung letztlich seine Entscheidung vom 15. September 2015 gestützt, dass dem Erfolg des einstweiligen Anordnungsverfahrens die eingetretene Bestandskraft des Sanktionsbescheides vom 10. Juni 2015 entgegenstünde, was tatsächlich nicht der Fall gewesen ist.
Aufgrund des Unterlassens der Mitteilung der Erkenntnis vom Sozialgericht ist ein Gehörsverstoß eingetreten mit der Folge, dass das Verfahren L 14 AS 1899/15 B ER fortzusetzen ist.
2. Die Beschwerde (Az.: L 14 AS 1899/15 B ER) bleibt dennoch ohne Erfolg; der Beschluss des Senats vom 15. September 2015 ist mit anderer Begründung aufrechtzuerhalten.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache die Aufhebung der Vollziehung eines Verwaltungsakts anordnen, wenn der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden ist. Das Gericht kann somit die erfolgten Vollziehungshandlungen bzw. deren unmittelbare Folgen rückgängig machen (Keller, in: Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl., 2014, § 86b Rn 10a m.wN.). Der Antrag auf Aufhebung der Vollziehung ist begründet, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass dem privaten Interesse des Antragstellers an der Rückgängigmachung der Vollziehung gegenüber dem (durch den Antragsgegner vertretenen) Interesse der Allgemeinheit an der (Beibehaltung der) Vollziehung der Vorrang zu geben ist. Dabei ist die grundsätzliche gesetzgeberische Entscheidung hinsichtlich der Vollziehbarkeit zu beachten (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Juli 2009, L 29 AS 375/09 B ER Rn. 15). Hat der Gesetzgeber die sofortige Vollziehung bestimmter Verwaltungsakte angeordnet, so besteht nur dann Anlass, hiervon abzuweichen, wenn im Einzelfall gewichtige Argumente für eine Umkehr des gesetzgeberisch angenommenen Regelfalls sprechen. Die Aufhebung einer bereits erfolgten Vollziehung ist daher nur möglich, wenn besondere Umstände vorliegen, die ausnahmsweise das Privatinteresse des von der Vollziehung des Verwaltungsakts Belasteten in den Vordergrund treten lassen (vgl. Keller, a.a.O., § 86b Rn 12 c m.w.N.). Dies gilt insbesondere dann, wenn zur Aufhebung der Vollziehung eine Maßnahme angeordnet werden muss, die die Hauptsache bereits vorwegnimmt und bei einem späteren Obsiegen des Leistungsträgers im Hauptsacheverfahren nur schwer rückgängig zu machen ist (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.). Umgekehrt gilt, dass der Rechtsschutzanspruch des Bürgers umso stärker ins Gewicht fällt, je schwerer die ihm auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahme Unabänderliches bewirkt (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rn. 18; BVerfG, Beschluss vom 24. März 2009, 2 BvR 2347/08 Rn. 8 m.w.N.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist eine Aufhebung der Vollziehung der streitigen Bescheide zugunsten der Antragstellerin nicht gerechtfertigt. Nach der gesetzgeberischen Entscheidung des § 39 Nr. 1 SGB II sind Minderungsbescheide grundsätzlich sofort vollziehbar. Ein für die Antragstellerin sprechendes, objektiv dringendes Interesse, für die in der Vergangenheit liegenden Zeiträume Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II unmittelbar zum jetzigen Zeitpunkt anstatt ggf. nach Obsiegen in einer Hauptsache ausgezahlt zu bekommen, ist nicht erkennbar. Eine existentielle Notlage besteht für sie für diese in der Vergangenheit liegenden Zeiträume gegenwärtig nicht. Denn streitgegenständlich ist ausschließlich der Bescheid des Antragsgegners vom 10. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Juli 2015 (W 3650/15) mit einem Sanktionszeitraum vom 1. Juli bis 30. September 2015. Andere Sanktionszeiträume sind in diesem Verfahren nicht im Streit und können von der Antragstellerin auch nicht zum Streit erklärt werden; hierfür müsste sie ein weiteres einstweiliges Anordnungsverfahren betreiben.
Würden die einbehaltenen Leistungen für den vorstehenden Zeitraum jetzt vorläufig an die Antragstellerin ausgezahlt werden, könnte der Antragsgegner bei einem späterem Obsiegen in der Hauptsache seinen Rückforderungsanspruch nur schwerlich realisieren, weil aufgrund der wirtschaftlichen Situation der Antragstellerin Zweifel bestehen, dass diese dann in der Lage sein wird, die nachgezahlten Leistungen zurückzuerstatten. Die vorläufige Zuerkennung der Leistungen würde deshalb im Ergebnis einen Zustand schaffen, der in seinen (wirtschaftlichen) Auswirkungen der Vorwegnahme in der Hauptsache zugunsten der Antragstellerin gleichkäme. Ergibt die Interessenabwägung wie hier, dass jedenfalls für die allesamt bis 14. September 2015 in der Vergangenheit liegenden Zeiträume Gründe fehlen, die eine vorläufige Regelung zugunsten der Antragstellerin erfordern, so kann diesbezüglich im Rahmen des Eilverfahrens dahinstehen, ob die Ausführungen der Antragstellerin zur Rechtswidrigkeit des angegriffenen Sanktionsbescheides vom 10. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2015 zutreffen, weswegen es einer Entscheidung zur Frage der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche nicht bedarf. Hierzu ist die Antragstellerin auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen.
Die Frage, ob noch für den Zeitraum bis Ende September 2015 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 10. Juni 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2015 nach § § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG anzuordnen ist, richtet sich danach, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsentscheidung bestehen und diese im Hauptsacheverfahren keinen Bestand haben wird. In einem solchen Fall fehlt es an dem vom Gesetzgeber beim Ausschluss der aufschiebenden Wirkung unterstellten vorrangigen Vollzugsinteresse der Verwaltung. Derartige offensichtliche Zweifel sind dem Senat ebenfalls nicht ersichtlich. Zur Begründung wird auf die Ausführungen des Sozialgerichts in seinem Beschluss vom 9. Juli 2015 Bezug genommen, § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG.
3. Soweit die Antragstellerin (auch) eine Gegenvorstellung erhoben hat, ist diese unzulässig, weil schon das Beschwerdeverfahren auf die Anhörungsrüge fortzusetzen war (siehe zu 1. und 2.).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 177 bzw. 178a Abs. 4 Satz 3 SGG).
Der Beschluss des Senats vom 15. September 2015 bleibt aufrecht erhalten.
Die Gegenvorstellung der Antragstellerin gegen den Beschluss des Senats vom 15. September 2015 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Entscheidungsgründe:
Die Anhörungsrüge ist zulässig und begründet (zu 1.), die Beschwerde bleibt auch im fortgesetzten Verfahren unbegründet (zu 2.), die Gegenvorstellung der Antragstellerin ist unzulässig (zu 3.). 1. Nach § 178 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn 1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und 2. das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt (Abs. 1 Satz 2). Nach Absatz 2 der Vorschrift ist die Rüge innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen (Satz 1). Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden (Satz 2). Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben (Satz 3). Die Rüge ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird (Satz 4). Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen (Satz 5).
Die von der Antragstellerin erhobene Anhörungsrüge nach § 178a SGG ist zulässig. Gegen den Beschluss des Senats ist ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf nach § 177 SGG nicht gegeben Die Rüge ist innerhalb der Zweiwochenfrist des 178a Abs. 2 Satz 1 SGG erhoben worden.
Die Rüge ist auch begründet. Eine erfolgreiche Anhörungsrüge setzt nach § 178a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG voraus, dass das Gericht den Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Das ist der Fall. Der Senat hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 27. August 2015 zwar aufgefordert, mitzuteilen, ob Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 29. Juli erhoben worden sei. Diese Frage hat die Antragstellerin unbeantwortet gelassen. Der Antragstellerin ist aber nicht mehr zur Kenntnis gebracht worden, dass Sozialgericht auf Nachfrage mitgeteilt hatte, dass eine Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2015 (W 3615/15) nicht anhängig sei. Der Senat hat auf diese Mitteilung letztlich seine Entscheidung vom 15. September 2015 gestützt, dass dem Erfolg des einstweiligen Anordnungsverfahrens die eingetretene Bestandskraft des Sanktionsbescheides vom 10. Juni 2015 entgegenstünde, was tatsächlich nicht der Fall gewesen ist.
Aufgrund des Unterlassens der Mitteilung der Erkenntnis vom Sozialgericht ist ein Gehörsverstoß eingetreten mit der Folge, dass das Verfahren L 14 AS 1899/15 B ER fortzusetzen ist.
2. Die Beschwerde (Az.: L 14 AS 1899/15 B ER) bleibt dennoch ohne Erfolg; der Beschluss des Senats vom 15. September 2015 ist mit anderer Begründung aufrechtzuerhalten.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache die Aufhebung der Vollziehung eines Verwaltungsakts anordnen, wenn der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden ist. Das Gericht kann somit die erfolgten Vollziehungshandlungen bzw. deren unmittelbare Folgen rückgängig machen (Keller, in: Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl., 2014, § 86b Rn 10a m.wN.). Der Antrag auf Aufhebung der Vollziehung ist begründet, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass dem privaten Interesse des Antragstellers an der Rückgängigmachung der Vollziehung gegenüber dem (durch den Antragsgegner vertretenen) Interesse der Allgemeinheit an der (Beibehaltung der) Vollziehung der Vorrang zu geben ist. Dabei ist die grundsätzliche gesetzgeberische Entscheidung hinsichtlich der Vollziehbarkeit zu beachten (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Juli 2009, L 29 AS 375/09 B ER Rn. 15). Hat der Gesetzgeber die sofortige Vollziehung bestimmter Verwaltungsakte angeordnet, so besteht nur dann Anlass, hiervon abzuweichen, wenn im Einzelfall gewichtige Argumente für eine Umkehr des gesetzgeberisch angenommenen Regelfalls sprechen. Die Aufhebung einer bereits erfolgten Vollziehung ist daher nur möglich, wenn besondere Umstände vorliegen, die ausnahmsweise das Privatinteresse des von der Vollziehung des Verwaltungsakts Belasteten in den Vordergrund treten lassen (vgl. Keller, a.a.O., § 86b Rn 12 c m.w.N.). Dies gilt insbesondere dann, wenn zur Aufhebung der Vollziehung eine Maßnahme angeordnet werden muss, die die Hauptsache bereits vorwegnimmt und bei einem späteren Obsiegen des Leistungsträgers im Hauptsacheverfahren nur schwer rückgängig zu machen ist (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.). Umgekehrt gilt, dass der Rechtsschutzanspruch des Bürgers umso stärker ins Gewicht fällt, je schwerer die ihm auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahme Unabänderliches bewirkt (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rn. 18; BVerfG, Beschluss vom 24. März 2009, 2 BvR 2347/08 Rn. 8 m.w.N.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist eine Aufhebung der Vollziehung der streitigen Bescheide zugunsten der Antragstellerin nicht gerechtfertigt. Nach der gesetzgeberischen Entscheidung des § 39 Nr. 1 SGB II sind Minderungsbescheide grundsätzlich sofort vollziehbar. Ein für die Antragstellerin sprechendes, objektiv dringendes Interesse, für die in der Vergangenheit liegenden Zeiträume Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II unmittelbar zum jetzigen Zeitpunkt anstatt ggf. nach Obsiegen in einer Hauptsache ausgezahlt zu bekommen, ist nicht erkennbar. Eine existentielle Notlage besteht für sie für diese in der Vergangenheit liegenden Zeiträume gegenwärtig nicht. Denn streitgegenständlich ist ausschließlich der Bescheid des Antragsgegners vom 10. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Juli 2015 (W 3650/15) mit einem Sanktionszeitraum vom 1. Juli bis 30. September 2015. Andere Sanktionszeiträume sind in diesem Verfahren nicht im Streit und können von der Antragstellerin auch nicht zum Streit erklärt werden; hierfür müsste sie ein weiteres einstweiliges Anordnungsverfahren betreiben.
Würden die einbehaltenen Leistungen für den vorstehenden Zeitraum jetzt vorläufig an die Antragstellerin ausgezahlt werden, könnte der Antragsgegner bei einem späterem Obsiegen in der Hauptsache seinen Rückforderungsanspruch nur schwerlich realisieren, weil aufgrund der wirtschaftlichen Situation der Antragstellerin Zweifel bestehen, dass diese dann in der Lage sein wird, die nachgezahlten Leistungen zurückzuerstatten. Die vorläufige Zuerkennung der Leistungen würde deshalb im Ergebnis einen Zustand schaffen, der in seinen (wirtschaftlichen) Auswirkungen der Vorwegnahme in der Hauptsache zugunsten der Antragstellerin gleichkäme. Ergibt die Interessenabwägung wie hier, dass jedenfalls für die allesamt bis 14. September 2015 in der Vergangenheit liegenden Zeiträume Gründe fehlen, die eine vorläufige Regelung zugunsten der Antragstellerin erfordern, so kann diesbezüglich im Rahmen des Eilverfahrens dahinstehen, ob die Ausführungen der Antragstellerin zur Rechtswidrigkeit des angegriffenen Sanktionsbescheides vom 10. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2015 zutreffen, weswegen es einer Entscheidung zur Frage der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche nicht bedarf. Hierzu ist die Antragstellerin auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen.
Die Frage, ob noch für den Zeitraum bis Ende September 2015 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 10. Juni 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2015 nach § § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG anzuordnen ist, richtet sich danach, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsentscheidung bestehen und diese im Hauptsacheverfahren keinen Bestand haben wird. In einem solchen Fall fehlt es an dem vom Gesetzgeber beim Ausschluss der aufschiebenden Wirkung unterstellten vorrangigen Vollzugsinteresse der Verwaltung. Derartige offensichtliche Zweifel sind dem Senat ebenfalls nicht ersichtlich. Zur Begründung wird auf die Ausführungen des Sozialgerichts in seinem Beschluss vom 9. Juli 2015 Bezug genommen, § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG.
3. Soweit die Antragstellerin (auch) eine Gegenvorstellung erhoben hat, ist diese unzulässig, weil schon das Beschwerdeverfahren auf die Anhörungsrüge fortzusetzen war (siehe zu 1. und 2.).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 177 bzw. 178a Abs. 4 Satz 3 SGG).
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