Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 SF 232/15 F
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Vergütung für den stationären Aufenthalt während einer gerichtlich angeordneten Begutachtung beträgt 150,- Euro pro Tag. Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.
Gründe:
Der Antrag ist bereits vor Erbringung der Leistung zulässig, da die Antragstellerin –aus abgetretenem Recht des Sachverständigen - ein berechtigtes Interesse daran hat, schon vor der Begutachtung zu erfahren, welche Vergütung sie für die Teilleistung "stationärer Aufenthalt" aus Anlass der Begutachtung der Klägerin erhalten wird, zumal der konkret abzurechnende Vergütungssatz dem Gesetz nicht zu entnehmen ist (§ 9 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 4 Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz –JVEG; Meyer/Höver/Bach, JVEG, Kommentar, § 9 Rn. 6 und § 4 Rn. 9).
Nach § 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG war in Senatsbesetzung zu entscheiden, da die Sache mangels Vorliegens einer aktuellen Entscheidung zu den Kosten stationärer Begutachtung im Gerichtsbezirk grundsätzliche Bedeutung hat.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs ist § 12 Abs. 1 Nr. 1 JVEG. Danach sind die aufgewendeten notwendigen besonderen Kosten erstattungsfähig. Hierbei handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der im Einzelfall von den Beteiligten (Antragsteller und Landeskasse) auszufüllen und voll gerichtlich überprüfbar ist.
Zur Auslegung des Rechtsbegriffs greift die Antragstellerin – ein von den Unfallversicherungsträgern getragenes Unfallkrankenhaus - auf den "Behandlungskostentarif UkB 2015" zurück, der als Vergütung für stationäre Gutachtenpatienten (neben ärztlichem Honorar, Schreibgebühren, Porto- und Versandkosten) 239,44 Euro pro Berechnungstag festlegt. Der Antragsgegner möchte an seiner bisherigen Praxis festhalten, einen Betrag von 110,- Euro zu erstatten, den er der Empfehlung des Ständigen Ausschusses Berufsgenossenschaften-Nebentarif (BG-NT) von 2004 entnimmt, die gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft erarbeitet wurde. Nach Auskunft der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) vom 26. November 2015 wurde seitens der Krankenhäuser bisher keine Anhebung dieser rechtlich nicht verbindlichen Empfehlung beantragt.
Der Senat hat zunächst festzustellen, dass keines der genannten Abrechnungsregelwerke den Fall der gerichtlich angeordneten Begutachtung regelt, beide Werke aber zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "aufgewendeten notwendigen besonderen Kosten" dem Grundsatz nach herangezogen werden könnten.
Der Senat folgt nicht der vom Hessischen Landessozialgericht (Beschluss vom 30. Juni 2014, L 2 R 106/13 B, zitiert nach juris) bevorzugten Lösung einer Ermittlung dieser Kosten nach einer modifizierten DRG-Pauschale (Diagnosis Related Groups), da diese vom Grundsatz her diagnose- und behandlungsbezogen ist. Die genaue Diagnose soll u.a. erst durch die Begutachtung ermittelt werden. Eine Behandlung kann im Falle der gerichtlich angeordneten Begutachtung ohnehin nicht erbracht werden. So hat das Oberlandesgericht Frankfurt (Beschluss vom 20. August 2008, 20 W 145/08 zitiert nach juris) zu Recht entschieden, dass eine Erstattung der Kosten des stationären Aufenthalts als Aufwendungen des Sachverständigen nur dann in Betracht kommt, wenn der Aufenthalt ausschließlich der Begutachtung dient. Wenn daneben auch medizinische Gründe gegeben sind, die den stationären Aufenthalt erfordern, so ist die Leistungspflicht der Krankenkasse für Behandlungserfordernisse gegeben. Diese Leistungspflicht wird durch die Anordnung gerichtlicher Begutachtung weder verdrängt noch in irgendeiner Weise modifiziert.
Deshalb hält auch der Senat wie auch die Landeskasse an der im Gerichtsbezirk geübten Praxis fest, die Kosten des stationären Aufenthalts in entsprechender Anwendung der o.g. Empfehlung zu ermitteln. Der Senat hat keinen Zweifel, dass die Deutsche Krankenhausgesellschaft zumindest im Rahmen der Erarbeitung der Empfehlung im Jahre 2004 in der Lage war, die Belange der Krankenhäuser wahrzunehmen. Deshalb ist davon auszugehen, dass 110,- Euro pro Tag im Jahre 2004 einen angemessenen Betrag für die hier allein zu vergütende "Hotel"-Leistung dargestellt haben. Nur um Missverständnisse zu vermeiden wird noch einmal darauf hingewiesen, dass die Sachverständigenleistung einschließlich sonstiger medizinischer Leistungen, wie Laboruntersuchungen, MRT, Röntgen, etc., Schreibgebühren, Porto- und Versandkosten zusätzlich zu vergüten ist.
Allerdings hat der Senat zu berücksichtigen, dass die genannte Empfehlung aus dem Jahre 2004 datiert, mithin nicht mehr aktuell ist. Bei entsprechender Anwendung der Empfehlung ist ein heute angemessener Betrag nach § 287 Abs. 2 Zivilprozessordnung i.V.m. § 202 Sozialgerichtsgesetz zu schätzen. Grundlage dieser Schätzung ist zunächst die seit 2004 zu berücksichtigende Inflationsrate. Die historische Inflationsrate beträgt 18,94% (vgl. www.finanz-tools.de/inflationsrechner-preissteigerung.php), so dass 130,83 Euro zu berücksichtigen sind. Da Besonderheiten im Gesundheitswesen allgemein oder in Bezug auf stationäre Aufenthalte vom Senat nicht mit Sicherheit ausgeschlossen, aber auch nicht tragfähig ermittelt werden konnten, war im Rahmen der Schätzung ein Zuschlag zu addieren, so dass 150,- Euro pro Tag abrechnungsfähig erscheinen.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG)
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
Gründe:
Der Antrag ist bereits vor Erbringung der Leistung zulässig, da die Antragstellerin –aus abgetretenem Recht des Sachverständigen - ein berechtigtes Interesse daran hat, schon vor der Begutachtung zu erfahren, welche Vergütung sie für die Teilleistung "stationärer Aufenthalt" aus Anlass der Begutachtung der Klägerin erhalten wird, zumal der konkret abzurechnende Vergütungssatz dem Gesetz nicht zu entnehmen ist (§ 9 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 4 Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz –JVEG; Meyer/Höver/Bach, JVEG, Kommentar, § 9 Rn. 6 und § 4 Rn. 9).
Nach § 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG war in Senatsbesetzung zu entscheiden, da die Sache mangels Vorliegens einer aktuellen Entscheidung zu den Kosten stationärer Begutachtung im Gerichtsbezirk grundsätzliche Bedeutung hat.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs ist § 12 Abs. 1 Nr. 1 JVEG. Danach sind die aufgewendeten notwendigen besonderen Kosten erstattungsfähig. Hierbei handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der im Einzelfall von den Beteiligten (Antragsteller und Landeskasse) auszufüllen und voll gerichtlich überprüfbar ist.
Zur Auslegung des Rechtsbegriffs greift die Antragstellerin – ein von den Unfallversicherungsträgern getragenes Unfallkrankenhaus - auf den "Behandlungskostentarif UkB 2015" zurück, der als Vergütung für stationäre Gutachtenpatienten (neben ärztlichem Honorar, Schreibgebühren, Porto- und Versandkosten) 239,44 Euro pro Berechnungstag festlegt. Der Antragsgegner möchte an seiner bisherigen Praxis festhalten, einen Betrag von 110,- Euro zu erstatten, den er der Empfehlung des Ständigen Ausschusses Berufsgenossenschaften-Nebentarif (BG-NT) von 2004 entnimmt, die gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft erarbeitet wurde. Nach Auskunft der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) vom 26. November 2015 wurde seitens der Krankenhäuser bisher keine Anhebung dieser rechtlich nicht verbindlichen Empfehlung beantragt.
Der Senat hat zunächst festzustellen, dass keines der genannten Abrechnungsregelwerke den Fall der gerichtlich angeordneten Begutachtung regelt, beide Werke aber zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "aufgewendeten notwendigen besonderen Kosten" dem Grundsatz nach herangezogen werden könnten.
Der Senat folgt nicht der vom Hessischen Landessozialgericht (Beschluss vom 30. Juni 2014, L 2 R 106/13 B, zitiert nach juris) bevorzugten Lösung einer Ermittlung dieser Kosten nach einer modifizierten DRG-Pauschale (Diagnosis Related Groups), da diese vom Grundsatz her diagnose- und behandlungsbezogen ist. Die genaue Diagnose soll u.a. erst durch die Begutachtung ermittelt werden. Eine Behandlung kann im Falle der gerichtlich angeordneten Begutachtung ohnehin nicht erbracht werden. So hat das Oberlandesgericht Frankfurt (Beschluss vom 20. August 2008, 20 W 145/08 zitiert nach juris) zu Recht entschieden, dass eine Erstattung der Kosten des stationären Aufenthalts als Aufwendungen des Sachverständigen nur dann in Betracht kommt, wenn der Aufenthalt ausschließlich der Begutachtung dient. Wenn daneben auch medizinische Gründe gegeben sind, die den stationären Aufenthalt erfordern, so ist die Leistungspflicht der Krankenkasse für Behandlungserfordernisse gegeben. Diese Leistungspflicht wird durch die Anordnung gerichtlicher Begutachtung weder verdrängt noch in irgendeiner Weise modifiziert.
Deshalb hält auch der Senat wie auch die Landeskasse an der im Gerichtsbezirk geübten Praxis fest, die Kosten des stationären Aufenthalts in entsprechender Anwendung der o.g. Empfehlung zu ermitteln. Der Senat hat keinen Zweifel, dass die Deutsche Krankenhausgesellschaft zumindest im Rahmen der Erarbeitung der Empfehlung im Jahre 2004 in der Lage war, die Belange der Krankenhäuser wahrzunehmen. Deshalb ist davon auszugehen, dass 110,- Euro pro Tag im Jahre 2004 einen angemessenen Betrag für die hier allein zu vergütende "Hotel"-Leistung dargestellt haben. Nur um Missverständnisse zu vermeiden wird noch einmal darauf hingewiesen, dass die Sachverständigenleistung einschließlich sonstiger medizinischer Leistungen, wie Laboruntersuchungen, MRT, Röntgen, etc., Schreibgebühren, Porto- und Versandkosten zusätzlich zu vergüten ist.
Allerdings hat der Senat zu berücksichtigen, dass die genannte Empfehlung aus dem Jahre 2004 datiert, mithin nicht mehr aktuell ist. Bei entsprechender Anwendung der Empfehlung ist ein heute angemessener Betrag nach § 287 Abs. 2 Zivilprozessordnung i.V.m. § 202 Sozialgerichtsgesetz zu schätzen. Grundlage dieser Schätzung ist zunächst die seit 2004 zu berücksichtigende Inflationsrate. Die historische Inflationsrate beträgt 18,94% (vgl. www.finanz-tools.de/inflationsrechner-preissteigerung.php), so dass 130,83 Euro zu berücksichtigen sind. Da Besonderheiten im Gesundheitswesen allgemein oder in Bezug auf stationäre Aufenthalte vom Senat nicht mit Sicherheit ausgeschlossen, aber auch nicht tragfähig ermittelt werden konnten, war im Rahmen der Schätzung ein Zuschlag zu addieren, so dass 150,- Euro pro Tag abrechnungsfähig erscheinen.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG)
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
Rechtskraft
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