Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 KR 1565/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1116/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Wird die Krankenkasse im Wege einer einstweiligen Anordnung
zur unbefristeten Gewährung einer Sachleistung verpflichtet, kann
darin eine echte Vorwegnahme der Hauptsache liegen mit der
Folge, dass ein auf Erstattung der Sachleistung in Geld gerichteter Erstattungsanspruch ausscheidet und sich die Hauptsache insoweit
erledigt hat.
2. Die Abgrenzung der ambulanten von der teilstationären
Krankenhausbehandlung richtet sich danach, in welchem Umfang
neben der Behandlung der Patient die Infrastruktur des Krankenhauses
in Anspruch nimmt. Eine intravenöse Immunglobulintherapie, die
zunächst alle vier, später alle fünf Wochen an zwei aufeinanderfolgenden Tagen in den Räumen der Immunologischen Ambulanz einer Hautklinik
durchgeführt wird und pro Tag mindestens vier Stunden dauert, ist
als teilstationäre Behandlung (Pharmakotherapie) zu werten.
3. Eine teilstationär durchgeführte Pharmakotherapie hat als neue
Behandlungsmethode zumindest dann das Potential einer erforderlichen
Behandlungsalternative iSd § 137c Abs. 3 SGB V, wenn sie der
Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die
Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Krankheit dient,
für die eine nach den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin kausal
wirksame Therapie nicht existiert. Außerdem muss im Einzelfall eine
begründete Aussicht bestehen, dass damit ein kurativer oder palliativer
Behandlungserfolg erzielt werden kann, wobei es nicht darauf ankommt,
dass bereits Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass
das eingesetzte Arzneimittel für die Behandlung der Krankheit
zugelassen werden kann.
(Die Revision wurde vom Senat zugelassen)
zur unbefristeten Gewährung einer Sachleistung verpflichtet, kann
darin eine echte Vorwegnahme der Hauptsache liegen mit der
Folge, dass ein auf Erstattung der Sachleistung in Geld gerichteter Erstattungsanspruch ausscheidet und sich die Hauptsache insoweit
erledigt hat.
2. Die Abgrenzung der ambulanten von der teilstationären
Krankenhausbehandlung richtet sich danach, in welchem Umfang
neben der Behandlung der Patient die Infrastruktur des Krankenhauses
in Anspruch nimmt. Eine intravenöse Immunglobulintherapie, die
zunächst alle vier, später alle fünf Wochen an zwei aufeinanderfolgenden Tagen in den Räumen der Immunologischen Ambulanz einer Hautklinik
durchgeführt wird und pro Tag mindestens vier Stunden dauert, ist
als teilstationäre Behandlung (Pharmakotherapie) zu werten.
3. Eine teilstationär durchgeführte Pharmakotherapie hat als neue
Behandlungsmethode zumindest dann das Potential einer erforderlichen
Behandlungsalternative iSd § 137c Abs. 3 SGB V, wenn sie der
Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die
Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Krankheit dient,
für die eine nach den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin kausal
wirksame Therapie nicht existiert. Außerdem muss im Einzelfall eine
begründete Aussicht bestehen, dass damit ein kurativer oder palliativer
Behandlungserfolg erzielt werden kann, wobei es nicht darauf ankommt,
dass bereits Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass
das eingesetzte Arzneimittel für die Behandlung der Krankheit
zugelassen werden kann.
(Die Revision wurde vom Senat zugelassen)
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 03.02.2012 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verurteilt wird, der Klägerin eine intravenöse Immunglobulintherapie als Sachleistung zu gewähren.
Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin macht einen Anspruch auf eine intravenöse Immunglobulin-Therapie (IVIG) zur Behandlung einer Urtikaria-Vasculitis geltend.
Die 1958 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Im Jahr 1993 wurde bei der Klägerin erstmals ein systemischer Lupus erythematodes (SLE) diagnostiziert. Bei dieser Diagnose handelt es sich um eine Sammelbezeichnung für ein Spektrum von Autoimmunerkrankungen der Haut und der inneren Organe. Der systemische Lupus erythematodes erfasst eine Form der Kollagenose (systemische entzündliche Autoimmunerkrankung des Bindegewebes bzw interstitiellen Fasern), welche sich in unterschiedlichen Mustern des Organbefalls manifestiert, bspw Arthritiden, Hauterscheinungen, Blutbildveränderungen, Lupusnephritis, Pleuritis und Perikarditis, Endokarditis und psychische Störungen (vgl Psychrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage 2007, S. 1140f). Des Weiteren leidet die Klägerin an einer Raynaud-Symptomatik, Arthralgien, einer ösophagealen Passagestörung, sowie einem Sicca-Syndrom der Augen und des Mundes.
Ab 1993 wurde die Klägerin mit Hydroxychloroquin und Corticoiden und ab dem Jahr 2001 mit Methotrexat behandelt. Nachdem im Jahr 2009 eine Schluckstörung aufgetreten war, wurde ein sogenannter Overlap mit einer systemischen Sklerose (Sklerodermie) festgestellt. Im Jahr 2008 manifestierte sich eine Urticaria-Vasculitis mit begleitender Zungenschwellung, welche ab September 2009 mit Rituximab therapiert wurde. Unter Urticaria-Vasculitis versteht man eine Variante der Vasculitis (entzündliche Reaktion, die die Wand der Blutgefäße involviert) mit über Tage bestehenden Quaddeln, Fieber, Arthralgien, beschleunigter BSG (Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit) und Leukozytose (vgl Psychrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage 2007, S. 2000). Seit Oktober 2008 ist die Klägerin in Behandlung in der Immunologischen Ambulanz der Hautklinik des Universitätsklinikums H. bei Prof. Dr. E.
Mit Schreiben vom 23.10.2009 beantragte Prof. Dr. E. für die Klägerin bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für die IVIG-Therapie und führte zur Begründung aus, dass seit Juni 2008 urticarielle Hautveränderungen aufgetreten seien, welche u.a. auch zu einem Anschwellen des Gesichtes mit Zungenschwellung und Schluckbeschwerden geführt hätten. Diese Beschwerden bestünden bis heute und seien für die Klägerin aufgrund der häufigen Schwellung auch im Gesichtsbereich sehr belastend. Aufgrund der urticariellen Hautveränderungen mit Zungenschwellung bestehe zudem prinzipiell Erstickungsgefahr. Der Klägerin sei ein Notfallset rezeptiert worden, welches die Klägerin immer bei sich führe. Ein Therapieversuch mit vier Zyklen Rituximab unter Fortführung der Basismedikation mit MTX und Decortin sowie Quensyl habe keinen Erfolg gehabt. Aufgrund der Progredienz der Symptome, der dadurch bedingten Gefährdung sowie der stark eingeschränkten Lebensqualität der Klägerin sei eine Therapie mit hochdosierten intravenösen Immunglobulinen medizinisch dringend indiziert. Zahlreiche Einzelfallberichte belegten die Wirksamkeit der Therapie bei diesem seltenen Erkrankungsbild der Urticariavasculitis im Rahmen eines SLE. Es sei eine ambulante Immunglobulin-Therapie mit 2g Immunglobulin (beispielsweise Intratect) pro Kilogramm Körpergewicht (hier bei 80kg Körpergewicht 160g) über zwei Tage alle vier Wochen geplant.
Dr. B. vom MDK Baden-Württemberg erstellte auf Anforderung der Beklagten ein Gutachten nach Aktenlage am 20.11.2009 und führte darin aus, dass als Therapiemöglichkeiten eine Immunsupression mit Mycophenolaten Mofetil, die bereits bisher erfolglos angewandten B-Zell-Depletion-Therapie mit Rituximab, eine Modulation mit costimulatorischen Molekülen, Antizytokintherapie und unspezifischen Immuntherapien zur Verfügung stünden. Die meisten dieser Therapieoptionen würden im Off-Label-Use durchgeführt. Aktuell sei kein Verweis auf ein etabliertes und zugelassenes Therapieverfahren im vorliegenden Fall möglich. Die Klägerin könne zwar nicht mehr mit den etablierten Therapiemethoden behandelt werden. Die Erkrankung an sich sei jedoch nicht direkt lebensbedrohlich, auch wenn die Lebensqualität ganz sicher massivst beeinträchtigt sei. Die strengen Voraussetzungen der Rechtsprechung zum Off-Label-Use seien bisher nicht erfüllt. Systematische größere zulassungsrelevante Studien fehlten. In Anbetracht der ansonsten therapeutisch problematischen Situation und des sich verschlimmernden Leidens sei der Therapieversuch medizinisch nachvollziehbar. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 15.12.2009 ab und führte zur Begründung aus, dass die Voraussetzungen für einen sogenannten Off-Label-Use im Sinne eines Einsatzes eines Arzneimittels außerhalb seiner Zulassung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erfüllt seien. Systematische größere zulassungsrelevante Studien würden fehlen.
Die Klägerin erhob hiergegen mit Schreiben vom 30.12.2009 Widerspruch und legte zur Begründung eine Stellungnahme von Prof. Dr. E. vom 04.01.2010 vor. Darin führte der Behandler aus, dass aufgrund der Seltenheit des Krankheitsbildes randomisierte kontrollierte Studien mit großen Fallzahlen nicht erfolgt und somit eine Zulassung bzw Empfehlung auf ein Evidenzniveau Grad I bis jetzt nicht möglich sei, obwohl die Fallberichte alle eindeutig ein Ansprechen dokumentierten. Auch in den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Dermatologie würden intravenöse Immunglobuline als Therapie für schwere Verlaufsformen des SLE als indiziert empfohlen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2010 zurück.
Die Klägerin hat hiergegen am 28.04.2010 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und zugleich im Rahmen eines Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz die vorläufige Kostenübernahme für die IVIG-Therapie begehrt (Aktenzeichen S 4 KR 1566/10 ER). Mit Beschluss vom 20.05.2010 ist die Beklagte im Verfahren S 4 KR 15466/10 ER im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet worden, die Kosten einer IVIG-Therapie zu tragen.
Seit 01.06.2010 erhält die Klägerin intravenöse Immunglobuline in Form von Intratect. Eine Off-Label-Indikation für Intratect liegt ua für systemische Vasculitiden wie systemischer Lupus erythemathodes, primäre Vasculitiden und Mischkollagenosen/Overlap-Syndrome vor (vgl Arzneimitteldatenblatt auf Bl 27 bis 31 der Verwaltungsakte).
Die Beklagte hat ein Gutachten des MDK von Dr. Bö. vom 19.10.2010 eingereicht, wonach die Voraussetzungen für einen Off-Label-Use nach der Rechtsprechung nicht erfüllt seien.
Prof. Dr. E. hat in einer vom SG angeforderten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage am 01.01.2011 mitgeteilt, dass durch die regelmäßig auftretenden potentiell lebensbedrohlichen Gesichts- und Zungenschwellungen eine vitale Bedrohung der Klägerin gegeben sei. Mehrere Berichte aus der Literatur über die erfolgreiche Behandlung einer Urticaria-Vasculitis im Rahmen eines SLE mittels Immunglobulin sowie die eigene klinische Erfahrung hätten den Ausschlag für die Wahl einer IVIG-Therapie gegeben. Es hätten keine Behandlungsalternativen zur Verfügung gestanden. Die als sinnvoll erachtete therapeutische Alternative mit vier Zyklen Rituximab sei im September 2009 bereits durchgeführt worden und ohne jedweden Therapieerfolg geblieben. Seit Beginn der Immunglobulin-Therapie seien die zuvor rezidivierend auftretenden Gesichts- und Zungenschwellungen nicht mehr aufgetreten. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 21.02.2011 hat Prof. Dr. E. darauf verwiesen, dass die im Zeitraum von Mitte 2008 bis Mitte 2010 schubweise aufgetretenen Schwellungszustände der Zunge und des Gesichtes nie von der Hautklinik direkt behandelt worden seien, da diese immer außerhalb der ambulanten Vorstellungen aufgetreten seien. Die Klägerin führe ihr von der Hautklinik rezeptiertes Notfallset immer bei sich und habe es laut ihrer eigenen Angaben mindestens zweimal angewandt. Nach Anwendung sei es nach Aussage der Klägerin zum Abklingen der Beschwerden gekommen, so dass keine intensiv-medizinische Behandlung notwendig geworden sei.
Das SG hat Prof. Dr. Sch., Direktor der Medizinischen Klinik III, Immunologie und Rheumatologie, des Universitätsklinikums E., mit der Erstellung eines rheumatologischen Gutachtens von Amts wegen beauftragt. In seinem am 14.07.2011 erstellten Gutachten kommt Prof. Dr. Sch. aufgrund einer Untersuchung der Klägerin am 04.07.2011 zu dem Ergebnis, dass die Zungenschwellung bzw das Larynx-Ödem, welches bei der Klägerin im Rahmen der Urticaria-Vasculitis bereits zweimalig aufgetreten war, eine potentiell lebensbedrohliche Komplikation darstelle. Die aktuelle Behandlung mit Prednisolon Hydroxychlorquin, Methotrexat (MTX) und Intratect könne ein Auftreten der dermalen und laryngealen Manifestation der Urticaria-Vasculitis verhindern und die weitere Manifestation des SLE gut kontrollieren. Bei der Behandlung der schweren Urticaria-Vasculitis sowohl im Rahmen eines SLE als auch als eigenständige Erkrankung könne prinzipiell nicht von etablierten Behandlungsverfahren gesprochen werden. Die zur Verfügung stehenden Behandlungsverfahren und deren Alternativen basierten überwiegend auf kleinen Fallserien und Fallstudien. Es gebe keine randomisierten kontrollierten Behandlungsstudien zur Behandlung dieser Manifestation bzw Erkrankung. Azathioprin, Mycophenolat-Mofetil, Cyclosporin oder Cyclophosphamid seien mögliche Behandlungsalternativen zur Behandlung des SLE mit Urticaria-Vasculitis. Bei fehlenden randomisiert kontrollierten klinischen Studien könne jedoch keine Empfehlung mit hohem Evidenzgrad ausgesprochen werden. Die Behandlungsalternativen, insbesondere die Therapie mit Cyclophosphamid, zeigten zum Teil eine deutlich höhere Toxizität als das aktuell verabreichte Regime. Der Evidenzgrad für diese Alternativtherapien sei vergleichbar mit dem für die Applikation von MTX oder Immunglobulinen. Die Wahrscheinlichkeit auf ein Ansprechen liege aber bei bereits erfolgtem Wirknachweis durch die bisherige Behandlung für Immunglobuline sicherlich höher als für die genannten anderen Therapien. Die aktuelle Therapie mit intravenösen Immunglobulinen erscheine medizinisch notwendig, um die Aktivität der bekannten Urticaria-Vasculitis ausreichend zu kontrollieren. Ob die vorgeschlagenen Alternativverfahren eine ausreichende Kontrolle der Krankheitsaktivität bewirkten und damit auch das Wiederauftreten eines Larynx-Ödems verhindern könnten, sei nicht vorherzusagen. Es bestehe daher Zustimmung zur Einschätzung von Prof. Dr. E., wonach die Immunglobulinbehandlung notwendig sei. Ein ausgeprägtes Larynx-Ödem könne zum Tod der Klägerin führen. Eine effektive immunmodulierende Therapie zur Kontrolle der Urticaria-Vasculitis und des erneuten Auftretens des Larynx-Ödems sei daher zu empfehlen.
Die Beklagte hat ein Gutachten des MDK vom 11.11.2011 vorgelegt, in dem Dr. Bö. ausführt, dass es zugelassene Behandlungsalternativen gebe, die bei der Klägerin noch nicht eingesetzt worden seien. Insbesondere handle es sich hierbei um Azathioprin und Cyclophosphamid sowie das vom Gutachter Prof. Dr. Sch. nicht diskutierte Dapsone.
Mit Urteil vom 03.02.2012 hat das SG die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Kosten für eine IVIG-Therapie zu übernehmen. Das SG hat zur Begründung ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine zulassungsüberschreitende Anwendung eines Fertigarzneimittels zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherungen im vorliegenden Fall gegeben seien. Nach den Feststellungen von Prof. Dr. Sch. und der sachverständigen Zeugenaussage von Prof. Dr. E. bestehe bei der Klägerin ein SLE iVm einer Urticaria-Vasculitis. Als Komplikation sei mehrfach ein akutes Larynx-Ödem mit anschwellender Zunge aufgetreten, welches einen lebensbedrohlichen Zustand mit der Gefahr des Erstickungstodes darstelle. Es fehle an einer kausalen Therapie. Etablierte Behandlungsverfahren lägen nicht vor. Verschiedene medikamentöse Therapieversuche seien seit Oktober 2008 ohne Erfolg geblieben. Vor diesem Hintergrund biete die seit dem 01.06.2010 praktizierte IVIG-Therapie zumindest eine gewisse Aussicht auf Heilung und habe sich bisher auch spürbar positiv auf den Krankheitsverlauf ausgewirkt. Die aktuelle vierwöchentlich durchgeführte Behandlung sei deshalb notwendig, um die Aktivität der Urticaria-Vasculitis ausreichend zu kontrollieren und das Wiederauftreten eines Anschwellens der Zunge bzw. eines Larynx-Ödems zu verhindern. Die Beklagte sei deshalb verpflichtet, diese Therapie (weiter) zu finanzieren. Das SG habe nicht zu klären, für welchen Zeitraum in der Zukunft dies erfolgen müsse. Prof. Dr. Sch. habe darauf hingewiesen, dass bei stabilem Zustand versucht werden könne, die Immunglobulindosis zu reduzieren und eine Umstellung der Basistherapie anzustreben. Es bleibe der Beklagten unbenommen, in Zukunft zu prüfen, ob unter den Voraussetzungen des § 48 SGB X eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten sei und sich die Fortsetzung der jetzigen Therapie nicht mehr als notwendig erweise.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 14.02.2012 zugestellte Urteil am 07.03.2012 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt.
Der Senat hat Prof. Dr. Sch. ergänzend befragt und Prof. Dr. E. als sachverständigen Zeugen schriftlich vernommen sowie die Patientenakte der Hautklinik des Universitätsklinikums H. beigezogen. Prof. Dr. Sch. hat ausgeführt, bei der Behandlung schwerer systemischer oder lebensbedrohlicher Urtikaria-Vaskulitiden, wie bei der Erkrankung der Klägerin, liege kein allgemein anerkannten Therapiestandard vor. Azathioprin, Cyclophosphamid und Dapsone seien für die Behandlung des SLE zugelassen. Cyclophosphamid und Dapsone seien im weiteren Sinn auch für die Urticaria-Vasculitis zugelassen. Im Gegensatz zu neueren Zulassungsverfahren, in denen Medikamente häufig für eine spezifische Erkrankung zugelassen seien, seien die Zulassungen für die drei genannten Medikamente vor etlichen Jahren relativ unspezifisch erfolgt. Dies zeige sich insbesondere an der allgemeinen Zulassung von Cyclophosphamid und Dapsone für Vasculitis-Erkrankungen, obwohl beide Präparate nur bei bestimmten Vasculitiden eine Wirksamkeit zeigten und bei weitem nicht alle Vasculitiden suffizient therapierten. Während der SLE systematisch erforscht sei, beruhe die Literatur zur Urticariavasculitis auf Fallberichten, Fallserien und kleineren epidemiologischen Untersuchungen und Übersichtsarbeiten. Seltenheit und unzureichende Definitionen und Klassifizierungen der Urticariavasculitis erschwerten die systematische Erforschung der Erkrankung deutlich. Die geschätzte Inzidenz des SLE betrage 1 bis 25 pro 100000 Einwohner in Nordamerika, Südamerika, Europa und Asien. Die Urticaria-Vasculitis könne in 10 bis 15% der Patienten mit SLE auftreten.
Der Senat hat zudem die behandelnden Ärzte Dr. Richter, Dr. Siefert (Neurologin/Psychiaterin) und Dr. Sch.-F. (HNO) zu Behandlungen zwischen Januar 2008 und Juli 2010 befragt. Diese Ärzte haben das Vorliegen von lebensbedrohlichen Zungenschwellungen verneint. Dr. Sch.-F. hat die Klägerin in diesem Zeitraum sechs Mal gesehen. Zungenschwellungen haben sich nicht gezeigt.
Die Beklagte hat ein sozialmedizinisches Gutachten des MDK, Dr. Bö., vom 01.06.2015 vorgelegt. Dr. Bö. hat das Vorliegen einer schweren, die Lebensqualität nachhaltig beeinträchtigenden Erkrankung bestätigt. Das Vorliegen einer tödlich verlaufenden oder gleichzustellenden Erkrankung könne aufgrund differierender Angaben zur Häufigkeit von aufgetretenen Zungenschwellungen mit Erstickungsgefahr nicht eindeutig beurteilt werden. Bezüglich der zur Verfügung stehenden Therapiealternativen sei Cyclophosphamid nicht mehr zugelassen. Jedoch sei das Medikament Benlysta sowie Azathioprin und Dapsone zulassungsgemäß potentiell einsetzbar, wobei deren Wirksamkeit nicht gut belegt sei. Unverändert gegenüber 2011 würden sich in der medizinischen Literatur nur Hinweise aus Fallberichten zur Wirksamkeit von intravenösen Immunglobulinen bei SLE-assoziierter urtikarieller Vaskulitis ergeben. Aus rein medizinischer Sicht spreche für die Weiterführung der begonnenen Therapie in der bisherigen Form, dass die Klägerin offensichtlich beschwerdefrei sei. Unter dem Aspekt des Wirtschaftlichkeitsgebot gemäß § 12 Abs 1 SGB V wäre der Einsatz einer wirtschaftlicheren Therapiealternative wünschenswert.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Übernahme der Kosten für die Immunglobulin-Therapie im Rahmen eines sogenannten Off-Label-Use nicht vorliegen. Weder handle es sich bei der Klägerin um eine lebensbedrohliche Erkrankung, noch sei überzeugend dargelegt, dass keine andere Therapie zur Verfügung stehe. Auch fehle der Nachweis, dass zur Behandlung der vorliegenden Erkrankung die angewandte Therapie in absehbarer Zeit zugelassen werde. Es gebe zugelassene Behandlungsalternativen, die noch nicht eingesetzt worden seien. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 06.12.2005, 1 BvR 347/98) ergebe sich keine andere Beurteilung. Das Mitführen und die Benutzung eines Notfallsets würden als Behandlungsmethode für akute Zungenschwellungen mit Verdacht auf Erstickung ausreichen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 03.02.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass es für den Anspruch auf Kostentragung ausreichend sei, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf durch die Gabe von Immunglobulin bestehe. Prof. Dr. Sch. habe in seinem Gutachten bestätigt, dass seit der intravenösen Gabe der Immunglobuline die früher bei der Klägerin aufgetretenen urticariellen Hautveränderungen zunächst rückläufig und mit zunehmender Therapiedauer völlig verschwunden seien. Auch habe die Gabe der Immunglobuline objektivierbar eine klinische und laborchemische Besserung bewirkt. Bei der von der Beklagten als Behandlungsalternativen angesprochenen Arzneimittel bestehe die Gefahr von schweren und lebensbedrohlichen Nebenwirkungen. Auch habe Prof. Dr. Sch. in seinem Gutachten darauf hingewiesen, dass es für die Wirksamkeit dieser Therapeutika keine randomisierten Studien gebe, sondern ebenfalls nur Fallberichte und kleine Fallserien. Ein Behandlungserfolg unter einer derartigen Therapie könne explizit nicht vorhergesagt werden. In einschlägigen Fachkreisen herrsche Konsens über den Nutzen der Immunglobulin-Therapie bei Autoimmun-Urticaria. Hierzu seien die entsprechenden Veröffentlichungen vorgelegt worden. Es handle sich bei dem SLE mit Urticaria-Vasculitis um eine sehr seltene Erkrankung, deren systematische Erforschung vor diesem Hintergrund überhaupt nicht möglich sei, sodass auch mit der Zulassung eines adäquaten Arzneimittels zeitnah nicht zu rechnen sei. Nach Auskunft der behandelnden Ärzte seien bis 19.11.2012 Gesamtkosten in Höhe von 477.926,40 EUR angefallen. Die Behandlung dauere noch an.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sich die Klägerin ausführlich zu ihrer Erkrankung und der bisherigen Behandlung geäußert und vorgetragen, sie habe zwischen 2008 und 2010 zweimal notfallmäßig wegen Zungenschwellungen mit dem Notfall-Set behandelt werden müssen. In einem Fall habe sie das Notfall-Set selbst verwenden können, im zweiten Fall habe dies ihre Schwester tun müssen, da sie selber hierzu nicht mehr in der Lage gewesen sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalt und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die beigezogenen Akte des SG Mannheim S 4 KR 1566/10 ER sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig, aber im Ergebnis unbegründet.
Gegenstand der Berufung ist der Bescheid der Beklagten vom 15.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2010, mit dem der Antrag der Klägerin auf Kostenübernahme einer IVIG-Therapie abgelehnt worden ist. Das SG hat den Bescheid zu Recht aufgehoben und die Beklagte zur Kostenübernahme verpflichtet. Zur Klarstellung, dass nicht eine Kostenerstattung, sondern der Sachleistungsanspruch Gegenstand der Klage war und ist, hat der Senat die Berufung mit dieser Maßgabe zurückgewiesen.
Statthafte Klageart für das Begehren der Klägerin ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage. Einer (zusätzlichen) Feststellungsklage bedarf es nicht. Die Erhebung einer Feststellungsklage wäre zwar notwendig, wenn die Klägerin, um eine Erstattung der bislang über 500.000 EUR kostenden Behandlung nach § 50 Abs 2 SGB X/§ 86b Abs 2 S 4 SGG iVm § 945 ZPO abzuwenden, den Rechtsgrund für das "Behaltendürfen" feststellen lassen müsste, weil sie die Leistung aufgrund des Beschlusses des SG im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur vorläufig erhalten hat (vgl zu einer solchen Problematik bei der Gewährung von Krankengeld BSG 16.12.2014, B 1 KR 32/13 R). Dies ist hier nicht notwendig. Die Klage hat sich in diesem konkreten Einzelfall durch die Gewährung der Sachleistung aufgrund der einstweiligen Anordnung des SG mit Beschluss vom 20.05.2010 (S 4 KR 1566/10 ER) erledigt. Denn mit diesem Beschluss hat das SG die Hauptsache ausnahmsweise im Rahmen einer Folgenabwägung komplett vorweg genommen. Es ist anerkannt, dass es im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes im Hinblick auf Art 19 Abs 4 GG ausnahmsweise erforderlich sein kann, der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, wenn für den Antragsteller ein Abwarten unzumutbar wäre (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 11. Aufl 2014, § 86b Rn 31). So lag der Fall hier. Die einstweilige Anordnung des SG bleibt bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens wirksam. Dem steht der grundsätzlich vorläufige Charakter der Anordnung nicht entgegen. Über den Zeitraum bis zur rechtskräftigen Hauptsacheentscheidung trifft das Gericht eine endgültige Entscheidung, wenn - wie hier - die Anordnung zeitlich nicht befristet wird (Meßling in Hennig, SGG, § 86b Rdnr 211). Im Übrigen hat die Beklagte keine Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt. Aus der Verfügung ergibt sich eine unbefristete Verpflichtung der Beklagten zur Kostentragung einer IVIG-Therapie. Die Klägerin erhält diese Therapie als Sachleistung. Ein auf die Erstattung der Sachleistung in Geld gerichteter Anspruch (als allgemein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch oder auf der Grundlage von § 50 Nr 2 SGB X) scheidet aus, da im konkreten Fall eine echte Vorwegnahme der Hauptsache (vgl hierzu Keller, aaO, Rn 31) vorliegt. Ein neben dem Erstattungsanspruch bestehender Schadensersatzanspruch nach § 945 ZPO erfasst nach zutreffender Ansicht nur solche Ansprüche, die über die reine Rückgewähr von Leistungen hinausgehen (Meßling, aaO, § 86b Rn 219).
Die Klägerin hat auch für die Zukunft einen Anspruch auf Kostenübernahme für diese Behandlung. Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern (§ 27 Abs 1 Satz 1 SGB V). Die Krankenbehandlung umfasst ua ärztliche Behandlung, Versorgung mit Arzneimitteln und Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nrn 1, 3 und 5 SGB V). Die Krankenhausbehandlung wird nach § 39 Abs 1 Satz 1 SGB V vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär (§ 115a SGB V) sowie ambulant (§115b SGB V) erbracht. Die Krankenhausbehandlung umfasst im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs 1 SGB V), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung (§ 39 Abs 1 Satz 3 SGB V).
Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch einer Versicherten unterliegt allerdings den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Die Krankenkassen sind grundsätzlich nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn eine begehrte Therapie nach eigener Einschätzung der Klägerin oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der GKV umfasst sein. Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs 1 S 1 SGB V nur dann der Fall, wenn zunächst der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat und der Bewertungsausschuss sie zudem zum Gegenstand des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM) gemacht hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V wird nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (st Rspr, BSG 07.05.2013, B 1 KR 44/12 R, SozR-4-2500 § 13 Nr 29).
Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf ambulante vertragsärztliche Versorgung sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Zur Überzeugung des Senats steht unter Berücksichtigung des Ergebnisses der gerichtlichen Ermittlungen, insbesondere sämtlicher ärztlicher Stellungnahmen der Behandler und des MDK, der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Sch. sowie der insoweit glaubhaften Einlassungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Folgendes fest:
Die Klägerin ist mindestens seit 2008 an einer Urticaria-Vasculitis bei SLE erkrankt. Bzgl dieser Erkrankung liegt kein allgemein-anerkannter Therapiestandard vor. Die geschätzte Inzidenz des SLE beträgt 1 bis 25 pro 100.000 Einwohner in Nordamerika, Südamerika, Europa und Asien. Die Urticaria-Vasculitis tritt in 10 bis 15% der Patienten mit SLE auf. Ab dem 01.06.2010 erhielt die Klägerin intravenöse Immunglobuline (Intratect) alle vier Wochen verteilt auf jeweils zwei Tage im Umfang von 2g/kg Körpergewicht. Intratect wird von den Firmen Biotest Pharma GmbH, EMRA-Med Arzneimittel GmbH und CC-Pharma GmbH hergestellt. Es ist ein aus menschlichem Blut gewonnener Extrakt, der Antikörper enthält. Dieser Extrakt steht als Infusionslösung zur Verfügung, die als Infusion in eine Vene eingebracht wird. Intratect ist nach der Fachinformation der Firma Biotest für eine Substitutionstherapie zugelassen bei Erwachsenen sowie Kindern und Jugendlichen (0 – 18 Jahre) mit: &61485; primären Immunmangelsyndromen mit eingeschränkter Antikörperproduktion &61485; Hypogammaglobulinämie und rezidivierenden bakteriellen Infektionen bei Patienten mit chronisch-lymphatischer Leukämie, bei denen prophylaktisch verabreichte Antibiotika nicht angeschlagen haben. &61485; Hypogammaglobulinämie und rezidivierenden bakteriellen Infektionen bei Patienten mit in der Plateauphase befindlichem multiplem Myelom, die auf eine Pneumokokkenimmunisierung nicht angesprochen haben. &61485; Hypogammaglobulinämie bei Patienten nach allogener hämatopoetischer Stammzelltransplantation (HSCT) &61485; angeborenem AIDS mit rezidivierenden bakteriellen Infektionen. Ferner besteht eine Zulassung zur Immunmodulation bei Erwachsenen sowie Kindern und Jugendlichen (0 – 18 Jahre) mit: &61485; primärer Immunthrombozytopenie (ITP) bei Patienten mit einem hohen Blutungsrisiko oder vor chirurgischen Eingriffen zur Korrektur der Thrombozytenzahl &61485; Guillain-Barré-Syndrom &61485; Kawasaki-Syndrom Intratect besitzt keine arzneimittelrechtliche Zulassung für die Behandlung der Erkrankung der Klägerin. Vor der Behandlung mit Intratect hatte die Klägerin zahlreiche Behandlungsalternativen erhalten: Antihistaminika, Glucocorticoide, Hydroxychloroquin, Methotrexat und Rituximab. Seit Juni 2015 erhält sie die Immunglobulin-Infusionen alle fünf Wochen.
Der Anspruch auf Krankenbehandlung umfasst zwar auch die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB V). Die Versorgung der Klägerin mit Intratect über eine vertragsärztliche Verordnung scheidet jedoch von vornherein aus. Das Arzneimittel darf nur ärztlich angewendet werden, denn es ist allein zur intravenösen Verabreichung bestimmt. Solche Infusionen dürfen aufgrund der zu beachtenden qualitativen Anforderungen an Präzision und Sterilität nur von Ärzten vorgenommen werden (vgl BSG 02.09.2014, B 1 KR 11/13 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 2 zu Arzneimitteln, die nur zur intravitrealen Injektion bestimmt sind).
Auch die von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen eines "Off-Label-Use" auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung sind nicht erfüllt. Die Kostenübernahme für einen solchen Off-Label-Use kommt nur in Betracht, wenn es 1. um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, 2. keine andere Therapie verfügbar ist und 3. aufgrund der Datenlage eine begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann (ua BSG 03.07.2012, B 1 KR 25/11 R; BSG 27.03.2007, B 1 KR 17/06 R, juris).
Die letztgenannte Voraussetzung ist nicht erfüllt. Für eine hinreichende Erfolgsaussicht reicht es nicht aus, dass die Behandlung tatsächlich wirksam ist. Dass dies der Fall ist, daran hat der Senat keinen Zweifel. Denn seit Gabe der Immunglobuline ist die Klägerin beschwerdefrei. Allerdings kann von solchen hinreichenden Erfolgsaussichten im Sinne der Rechtsprechung des BSG nur dann ausgegangen werden, wenn Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das Arzneimittel für die betreffende Indikation zugelassen werden kann. Dies kann angenommen werden, wenn entweder die Erweiterung der Zulassung bereits beantragt worden ist und die Ergebnisse einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht worden sind und eine klinisch relevante Wirksamkeit respektive einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen oder außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse veröffentlicht worden sind, die über Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels in den neuen Anwendungsgebieten zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zulassen und aufgrund derer in den einschlägigen Fachkreisen Konsens über einen voraussichtlichen Nutzen in dem vorgenannten Sinne bestehen (BSG 03.07.2012, B 1 KR 25/11 R; BSG 28.02.2008, B 1 KR 15/07 R, juris; BSG 26.09.2006, B 1 KR 14/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 6). Daran fehlt es. Prof. Dr. Sch. und die Gutachter des MDK haben deutlich gemacht, dass keine randomisiert-kontrollierte klinischen Studien bezüglich der Wirksamkeit der IVIG-Therapie bei SLE mit Urtikaria-Vaskulitis vorliegen, sondern ausschließlich Fallberichte, Fallserien, kleinere epidemiologische Untersuchungen und Übersichtsarbeiten. Diese stellen nur einen orientierenden Anhalt dar.
Die Klägerin hat ebenfalls keinen Anspruch auf die streitige Behandlung mit Immunglobulinen unter dem Gesichtspunkt einer ambulanten Pharmakotherapie. Nach der Rspr des BSG kann selbst die Behandlung mit zugelassenen Arzneimitteln nicht allein aufgrund arzneimittelrechtlicher Maßstäbe beurteilt werden, wenn sie sich aus einer neuartigen Kombination verschiedener – für sich jeweils anerkannter oder zugelassener – Maßnahmen zusammensetzt. Insoweit handele es sich dann um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, die einer positiven Empfehlung des GBA bedarf (BSG 19.10.2004, B 1 KR 27/02 R, BSGE 93, 236). Durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V wird nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zulasten der Krankenkasse erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistung verbindlich bestimmt (BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190, SozR 4-2500 § 27 Nr 12). Kennzeichnend für eine ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethode iSd gesetzlichen Krankenversicherung ist eine medizinische Vorgehensweise, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt, das sie von anderen Vorgehensweisen unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Untersuchung oder Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll (BSG 16.12.2008, B 1 KR 11/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr. 19). Dabei kann eine Methode durchaus sich in einer Einzelleistung erschöpfen, aber eben auch aus mehreren Leistungen bestehen. Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sind in einem formellen Sinne neue Methoden, wenn ihre Leistungen zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht als abrechnungsfähige Leistungen im einheitlichen Bewertungsmaßstab für die vertragsärztliche Versorgung (EBM) enthalten sind (Flint in Hauck/Noftz, SGB, § 135 SGB V, Rn 46ff).
Im vorliegenden Fall erfolgt die Behandlung mit Intratect nicht nur in Form einer isolierten Gabe des Fertigarzneimittels, sondern auf der Grundlage eines einheitlichen Behandlungskonzepts. So umfasst die Behandlung eine Blutabnahme, eine ärztliche Beratung, die Infusion der Immunglobuline und die ständige Überwachung der Klägerin durch medizinisches Personal unter ärztlicher Aufsicht. Diese Behandlungsmethode ist neu im Sinne des § 135 SGB V, da die Leistung nicht im EBM enthalten ist. Zudem existiert für die Behandlung der Erkrankung der Klägerin kein etabliertes Behandlungsverfahren und es steht keine allgemein anerkannte, dem medizinischen Stand entsprechende Behandlung zur Verfügung. Das ergibt sich nachvollziehbar aus dem Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. Sch. Die Behandlung der Klägerin mittels Gabe der Immunglobuline stellt deshalb eine neue Behandlungsmethode dar. Jedoch fehlt es an einer positiven Empfehlung des GBA. Anhaltspunkte für einen Systemmangel, der ausnahmsweise einen Leistungsanspruch ohne vorherige positive Empfehlung rechtfertigen könnte, sind nicht ersichtlich (vgl BSG 04.04.2006, B 1 KR 12/05 R). Bzgl der Therapie mit Immunglobulinen wurde bislang kein Antrag beim GBA gestellt.
Die Klägerin hat ferner keinen sich aus dem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit iVm dem grundgesetzlichen Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht auf Leben ergebenden verfassungsunmittelbaren Leistungsanspruch für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung (vgl BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25). Es ist von Verfassungs wegen nicht geboten, die Grundsätze des Beschlusses des BVerfG vom 06.12.2005 (aaO) auf Erkrankungen zu erstrecken, die wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen vergleichbar sind. Dies würde dem Ausnahmecharakter eines solchen verfassungsunmittelbaren Leistungsanspruchs nicht gerecht werden. Vielmehr bleibt der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch auf extreme Situationen einer krankheitsbedingten Lebensgefahr beschränkt (BVerfG 10.11.2015, 1 BvR 2056/12). Eine extreme Situation einer krankheitsbedingten Lebensgefahr ist hier ersichtlich nicht gegeben.
Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs 1a SGB V. Mit dieser Regelung wird der vom BVerfG entwickelte verfassungsunmittelbare Leistungsanspruch gesetzlich normiert und auf wertungsmäßig vergleichbare Erkrankungsfälle erweitert. Auch die Annahme einer wertungsmäßig mit einer regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung vergleichbaren Erkrankung ist jedoch nur gerechtfertigt, wenn eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird (BVerfG 26.03.2014, 1 BvR 2415/13; BSG 28.02.2008, B 1 KR 15/07 R; BSG 17.03.2007, B 1 KR 17/06 R, juris).
Der Senat hält es nicht für erwiesen, dass bei der Klägerin eine lebensbedrohliche bzw regelmäßig tödlich verlaufende oder wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung vorliegt. Zwar steht für den Senat aufgrund der nachvollziehbaren und übereinstimmenden Aussagen der Sachverständigen fest, dass die Erkrankung potentiell lebensgefährlich sein kann aufgrund von auftretenden Zungenschwellungen mit Erstickungsgefahr im Rahmen von Urtikaria-Episoden. Der Senat ist aufgrund der glaubhaften Angaben der Klägerin auch davon überzeugt, dass von Mitte 2008 bis Mitte 2010 schubweise Schwellungszustände der Zunge und des Gesichts aufgetreten sind, die in zwei Fällen mit Gefahr einer Erstickung verbunden waren. Mit Hilfe der Medikamente des Notfallsets kam es jedoch zum Abklingen der Beschwerden, so dass keine intensiv-medizinische Behandlung erforderlich war. Von diesem Sachverhalt geht auch der behandelnde Arzt Prof. Dr. E. aus, der bei der Klägerin die IVIG-Therapie verantwortet und durchführt. Dies entnimmt der Senat dessen Stellungnahme vom 21.02.2011 gegenüber dem SG (Bl 204 der LSG-Akte). Die Klägerin hat auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt, dass die Verwendung des Notfallsets zur Behandlung ausgereicht hat. Ferner hat Prof. Dr. E. in einem frühen Stadium des Klageverfahrens in seinem Schreiben vom 21.02.2011 dem SG mitgeteilt, dass die schubweise auftretenden Schwellungszustände der Zunge und des Gesichtes nie von ihm direkt behandelt worden seien. Die Klägerin führe ihr von ihm rezeptiertes Notfallset immer bei sich und habe es laut ihrer eigenen Angaben mindestens zweimal angewandt. Laut Aussage der Klägerin sei es nach Anwendung der Medikamente des Notfallsets zum Abklingen der Beschwerden gekommen, so dass keine intensiv-medizinische Behandlung notwendig gewesen sei. Es spricht deshalb einiges dafür, dass mittels der Medikamente des Notfallsets gegebenenfalls auftretende Zungenschwellungen behandelt werden könnten. Ist dies der Fall, so kann nicht angenommen werden, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf ohne die gewünschte IVIG-Therapie innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen würde, auch wenn selbstverständlich die Behandlung mit einem Notfallset keine spezifische Therapie darstellt (BSG aaO).
Der Anspruch auf die intravenöse Immunglobulintherapie ergibt sich jedoch für die Zeit ab Rechtskraft des Urteils des SG (bis dahin ist – wie bereits dargelegt - Grundlage der Behandlung der Klägerin die vom SG getroffene einstweilige Anordnung) aus §§ 27 Abs 1, 39 Abs 1 SGB V iVm § 137c Abs 3 SGB V als Anspruch auf teilstationäre Krankenhausbehandlung.
Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfasst im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation (§ 39 Abs 1 SGB V).
Teilstationäre Behandlung ist eine besondere (Übergangs-)Form der stationären Behandlung. Die Erweiterung des Leistungsangebots der gesetzlichen Krankenversicherung um teilstationäre Behandlungen und das Abrücken von der Tradition und Vorstellung, dass Krankenhausbehandlungen nur vollstationär durchführbar seien, beruhte auf der Konzeption, einen Zwischenbereich zwischen vollstationärer und ambulanter Versorgung zu schaffen. Dies wurde vor allem für psychisch Kranke als wichtig angesehen und wurde dementsprechend zunächst im psychiatrischen Bereich eingeführt. Die Beschränkung auf den Sektor der psychiatrischen Versorgung wurde später aufgegeben. Teilstationäre Behandlungen wurden im zum 1.1.1989 in Kraft getretenen § 39 Abs 1 SGB V auch wieder ausdrücklich erwähnt (BSG 28.01.2009, B 6 KA 61/07 R, BSGE 102, 219). Im Gegensatz zur vollstationären Behandlung ist die teilstationäre nicht zeitlich durchgehend und inhaltlich umfassend, also ein "Weniger". Eine teilstationäre Behandlung ist anzunehmen, wenn eine zeitlich nicht durchgehende Krankenhausbehandlung geplant ist, also ein Aufenthalt von weniger als einem Tag und einer Nacht (BSG 19.09.2013, B 3 KR 34/12 R, SozR 4-2500 § 39 Nr 20).
Damit lässt sich zwar eine Abgrenzung der stationären Behandlung vom ambulanten Operieren und anderen stationsersetzenden Eingriffen vornehmen. Diese Definition ist aber weniger geeignet, wenn es um die Abgrenzung einer nicht operativen stationären Behandlung von einer ambulanten Behandlung im Krankenhaus geht. Verbringt der Patient nicht einen Tag und eine Nacht im Krankenhaus, folgt daraus nicht zwingend im Gegenschluss, dass es sich dann nur um eine ambulante Behandlung handelt. Entscheidend kommt es vielmehr darauf an, in welchem Umfang neben der Dauer der Behandlung der Patient die Infrastruktur des Krankenhauses in Anspruch nimmt. Das hängt davon ab, welche konkrete Erkrankung vorliegt und wie diese üblicherweise zu behandeln ist (BSG 28.02.2007, B 3 KR 17/06 R, SozR 4-2500 § 39 Nr 8). Von der ambulanten Behandlung unterscheidet sich die teilstationäre Behandlung dadurch, dass der Patient physisch und organisatorisch in das spezifische Versorgungssystem Krankenhaus eingegliedert wird (Wagner in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, § 39 Rn 8). Formale, organisatorisch-institutionelle (zB besondere Abteilung), funktionale und inhaltliche Kriterien (zB Indikation, Behandlungsintensität) müssen zur Hilfe genommen werden. Dabei erstreckt sich die teilstationäre Krankenhausbehandlung aufgrund der im Vordergrund stehenden Krankheitsbilder regelmäßig über einen längeren Zeitraum, während dessen die medizinisch-organisatorische Infrastruktur eines Krankenhauses benötigt wird, ohne dass eine ununterbrochene Anwesenheit des Patienten im Krankenhaus notwendig ist. Behandlungen, die in der Regel nicht täglich, wohl aber in mehr oder weniger kurzen Intervallen erfolgen, wie etwa bei Dialysepatienten, stellen einen Grenzfall zwischen teilstationärer und ambulanter Krankenhausbehandlung dar. Jedoch sind nicht nur Behandlungen an mehreren aufeinander folgenden Tagen oder Nächten, sondern auch Intervallbehandlungen, dh Behandlungen für eine bestimmte Periode mit tageweisen Unterbrechungen, als teilstationär anzusehen - so zB die langfristige, in kurzen Intervallen durchgeführte Dialysebehandlung bei Niereninsuffizienz (vgl Noftz in Hauck/Noftz, SGB, § 39 SGB V, Rn 48ff mwN; Wahl in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, § 39 SGB V, Rn 33; GKV Spitzenverband https://www.gkv-spitzenverband.de/ krankenversicherung/krankenhaeuser/ambulante kh leistungen/ambulante krankenhaustaetigkeit.jsp; Fallpauschalenvereinbarung 2015, Anlage 3b; aA wohl BSG 04.03.2004, B 3 KR 4/03 R, BSGE 92, 223).
Im vorliegenden Fall ist die Behandlung vergleichbar mit einer Dialysebehandlung. Die Klägerin wird für jeweils zwei Tage wie in eine Tagesklinik aufgenommen und behandelt. Dies geschieht intervallmäßig alle 5 Wochen. Die Behandlung wird in einem extra hierfür bereitgestellten Raum durchgeführt. Der Umstand, dass sich dieser Infusionsraum in der Ambulanz der Hautklinik befindet, ändert nichts an der Einstufung der Leistung als teilstationäre Behandlung. Entscheidend ist hier, dass die medizinisch-organisatorische Infrastruktur der Klinik verwendet wird. Insbesondere befindet sich die Klägerin während der jeweils täglich über vier Stunden andauernden Behandlung unter ständiger Überwachung durch medizinisches Fachpersonal unter ärztlicher Aufsicht. Die Infusionsbehandlung der Klägerin muss aufgrund der bei ihr bestehenden Erkrankung als teilstationäre Behandlung erfolgen und sie wird seit Jahren auch tatsächlich so erbracht. Der Behandlungsablauf stellt sich regelmäßig wiederholend wie folgt dar: Am ersten Tag der jeweiligen Behandlung findet sich die Klägerin gegen 8 Uhr in der Immunologischen Ambulanz der Hautklinik H. ein. Ihr wird ein Platz im dauerhaft hierfür eingerichteten Infusionsraum, der vier Behandlungsplätze hat, zugeteilt. Dort wird zunächst eine Blutuntersuchung mit Blutabnahme und Besprechung des Ergebnisses durchgeführt. Die Startbesprechung erfolgt durch den behandelnden Arzt. Anschließend wird der Zugang für die intravenöse Infusion gelegt. Dann erhält die Klägerin den Inhalt von vier Flaschen der Intratect-Lösung direkt hintereinander. Die Verabreichung des Inhalts einer Flasche dauert 45 Minuten. Die meiste Zeit während der Infusion schläft die Klägerin. Alle paar Minuten wird die Infusion durch medizinisches Fachpersonal überwacht. Die Klägerin befindet sich inkl Ruhezeit an diesem Tag ca vier bis viereinhalb Stunden im Infusionsraum. Am folgenden Tag werden ihr - falls notwendig - ein neuer Zugang gelegt und anschließend wiederum vier Flaschen mit der Lösung verabreicht. Nachfolgend schließt sich ein Abschlussgespräch mit dem behandelnden Arzt und die Terminvereinbarung bzgl des nächsten Intervalls an, wobei bereits von vornherein feststeht, dass die Behandlung in Intervallen von fünf Wochen erfolgt. Der Aufenthalt der Klägerin in den Räumen der Universitätsambulanz dauert am zweiten Tag ebenfalls ca vier bis viereinhalb Stunden. Nach Abschluss der Infusion leidet die Klägerin für einen Tag an Kopfschmerzen. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, die der Senat für glaubhaft erachtet und sie deshalb seiner Entscheidung zugrunde legt.
Der Anspruch der Klägerin auf teilstationäre Krankenhausbehandlung ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die zur Anwendung kommende Behandlungsmethode nach den für den ambulanten Bereich maßgeblichen Kriterien eine neue Behandlungsmethode darstellt, für die ein positives Votum des GBA nicht vorliegt. Zwar ist die Behandlungsmethode auch im stationären Bereich als "neu" anzusehen, das fehlende Votum des GBA steht jedoch hier dem Anspruch nicht entgegen.
Nach § 137c Abs 1 Satz 1 SGB V überprüft der GBA auf Antrag des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Zu § 137c SGB V in der bis zum 22.07.2015 geltenden Fassung vertrat das BSG die Auffassung, dass die Regelung nicht über ihren Wortlaut hinaus im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebigen Methoden für das Krankenhaus bis zum Erlass eines Verbots nach § 137c SGB V ausgelegt werden dürfe. Sie normiere vielmehr einen bloßen Verbotsvorbehalt und setze die Geltung des alle Naturalleistungsbereiche erfassenden Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V) auch im stationären Bereich nicht außer Kraft. Gegenteiliges bedeutete, unter Missachtung des Zwecks der GKV (vgl § 1 S 1 SGB V) die Einheit der Rechtsordnung zu gefährden. Eine Krankenhausbehandlung, die nicht nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolge und deshalb für den Patienten Schadensersatzansprüche sowie für den Krankenhausarzt strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehe, müsse nicht von den Krankenkassen bezahlt werden. § 137c SGB V bewirke vor diesem Hintergrund lediglich, dass - anders als für den Bereich der vertragsärztlichen Leistungen - der GBA nicht in einem generalisierten, zentralisierten und formalisierten Prüfverfahren vor Einführung neuer Behandlungsmethoden im Krankenhaus deren Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit überprüfe. Die Prüfung der eingesetzten Methoden im zugelassenen Krankenhaus erfolge vielmehr bis zu einer Entscheidung des GBA nach § 137c SGB V individuell, grundsätzlich also zunächst präventiv im Rahmen einer Binnenkontrolle durch das Krankenhaus selbst, sodann im Wege der nachgelagerten Außenkontrolle lediglich im Einzelfall anlässlich von Beanstandungen ex post durch die KK und anschließender Prüfung durch die Gerichte. Erst ein generalisiertes, zentralisiertes und formalisiertes Verfahren nach § 137c SGB V schaffe über den Einzelfall hinaus Regelungsklarheit im Interesse der Gleichbehandlung der Versicherten (zum Ganzen BSG 17.12.2013, B 1 KR 70/12, BSGE 115, 95).
Auf diese Grundsätze kommt es im vorliegenden Fall nicht an, weil sich der Anspruch der Klägerin auf die hier streitige Leistung bis zur Rechtskraft des Urteils des SG endgültig und nicht nur vorläufig nach der von diesem erlassenen einstweiligen Anordnung ergibt. Maßgebend ist vielmehr § 137c SGB V in der ab 23.07.2015 geltenden Fassung. Nach § 137c Abs 3 SGB V, der mWv 23.07.2015 durch Gesetz vom 16.07.2015 (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz - GKV-VSG - BGBl I 2015, 1211) eingefügt worden ist, dürfen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der GBA bisher keine Entscheidung nach Absatz 1 getroffen hat, im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden, wenn sie das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig ist. Dies gilt sowohl für Methoden, für die noch kein Antrag nach Absatz 1 Satz 1 gestellt wurde, als auch für Methoden, deren Bewertung nach Absatz 1 noch nicht abgeschlossen ist.
Wie bereits oben ausgeführt, handelt es sich bei der IVIG-Therapie nach der für den ambulanten Bereich maßgebenden Definition um eine neue Behandlungsmethode. Eine neue Methode liegt aber auch im teil- oder vollstationären Bereich vor, obwohl hierfür die Aufnahme der Leistung in den EBM nicht ausschlaggebend sein kann. Es liegt eine Methode vor, weil sich die Behandlung nicht auf die Verordnung eines Arzneimittels beschränkt, welche der Patient auf Anweisung des Arztes einnimmt, und hierauf auch gar nicht beschränken dürfte, weil das Arzneimittel, das allein zur intravenösen Verabreichung bestimmt ist, nur ärztlich angewendet werden darf. Neu ist die Methode, weil das verabreichte Arzneimittel für die konkrete Behandlung nicht zugelassen ist. Ein Antrag gem § 137c Abs 1 SGB V der antragsberechtigten Institutionen auf Zulassung dieser Behandlungsmethode liegt nicht vor. Eine Entscheidung des GBA gem § 137c Abs 1 SGB V fehlt demnach ebenfalls. Neu ist die Methode aber auch deshalb, weil ihr ein bislang noch nicht allgemein anerkanntes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt. Dieses Konzept beruht auf der Erwartung, dass mit Hilfe der IVIG über eine Immunmodulation das Auftreten eines Larynx-Ödems verhindert werden kann. Insoweit bezieht sich der Senat auf die Ausführungen von Prof. Dr. Sch. (Gutachten Seite 18).
Zur Überzeugung des Senats steht ferner fest, dass die neue Behandlungsmethode der intravenösen Immunglobulintherapie das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig ist. Hierbei ist nach dem Willen des Gesetzgebers auf das konkrete Krankheitsbild und die konkrete Situation der Klägerin abzustellen. Die ergibt sich aus der Gesetzesbegründung zu § 137c Abs 3 SGB V, die auszugsweise wie folgt lautet:
Im neuen Absatz 3 wird daher nun ausdrücklich geregelt, dass innovative Methoden, für die der Gemeinsame Bundesausschuss noch keine Entscheidung getroffen hat, im Rahmen einer nach § 39 erforderlichen Krankenhausbehandlung zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen erbracht werden können. Dies betrifft sowohl Methoden, für die noch kein Antrag nach § 137c Absatz 1 Satz 1 gestellt wurde, als auch Methoden, deren Bewertung nach § 137c Absatz 1 noch nicht abgeschlossen ist. Voraussetzung ist, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere im Einzelfall indiziert und erforderlich ist. Das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative kann sich etwa daraus ergeben, dass die Methode aufgrund ihres Wirkprinzips und der bisher vorliegenden Erkenntnisse mit der Erwartung verbunden ist, dass andere aufwändigere, für die Patientin oder den Patienten invasivere oder bei bestimmten Patientinnen oder Patienten nicht erfolgreiche Methoden ersetzt werden können oder die Methode in sonstiger Weise eine effektivere Behandlung ermöglichen kann. Das Erfordernis, wonach eine Leistungserbringung nur im Rahmen einer Studie zu Lasten der Krankenkassen möglich ist, gilt nach § 137c Absatz 2 Satz 2 demgegenüber nur für den Fall, dass der Gemeinsame Bundesausschuss eine Ausschlussentscheidung nach § 137c Absatz 1 Satz 4 (ggf. in Verbindung mit Satz 5) getroffen hat. Methoden, die nicht das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten, insbesondere weil sie schädlich oder unwirksam sind, dürfen weiterhin nicht zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden (BT-Drs 18/4095, S 122).
Eine teilstationär durchgeführte Pharmakotherapie hat als neue Behandlungsmethode zumindest dann das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative, wenn sie (1) der Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Krankheit dient, (2) für die eine nach den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin kausal wirksame Therapie nicht existiert. (3) Außerdem muss im Einzelfall eine begründete Aussicht bestehen, dass damit ein kurativer oder palliativer Behandlungserfolg erzielt werden kann, wobei es nicht darauf ankommt, dass bereits Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das eingesetzte Arzneimittel für die Behandlung der Krankheit zugelassen werden kann.
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
(1) Die Klägerin leidet an einer die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden Erkrankung. Der SLE mit Urticaria-Vasculitis kann jederzeit durch eine Zungenschwellung bzw ein sog Larynx-Ödem zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Prof. Dr. Sch., dem der Senat folgt. Wenngleich deshalb noch nicht von einer regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung gesprochen werden kann, handelt es sich doch um eine die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung. Davon geht im Übrigen auch der MDK aus. Die Erkrankung der Klägerin ist ohne Weiteres mit den Erkrankungen vergleichbar, die von der Rspr des BSG bisher als "schwerwiegend" beurteilt worden sind (vgl hierzu die Zusammenfassung im Urteil des BSG vom 14.05.2014, B 6 KA 21/13 R, BSGE 116, 1).
(2) Eine nach den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin kausal wirksame Therapie für diese Erkrankung existiert nicht. Schon Dr. B. hat in der ersten Stellungnahme des MDK vom 20.11.2009 darauf hingewiesen, dass die Klägerin seiner Einschätzung nach nicht mehr mit etablierten Therapiemethoden behandelt werden könne. Bei der Behandlung der schweren Urticaria-Vasculitis sowohl im Rahmen eines SLE als auch als eigenständige Erkrankung kann nicht von etablierten Behandlungsverfahren gesprochen werden. Die zur Verfügung stehenden Behandlungsverfahren und deren Alternativen basieren überwiegend auf kleinen Fallserien und Fallstudien. Es gibt keine randomisierten kontrollierten Behandlungsstudien zur Behandlung dieser Manifestation bzw Erkrankung. Azathioprin, Mycophenolat-Mofetil, Cyclosporin oder Cyclophosphamid sind mögliche Behandlungsalternativen zur Behandlung des SLE mit Urticaria-Vasculitis. Bei fehlenden randomisiert kontrollierten klinischen Studien ergibt sich jedoch für keine der genannten Methoden ein hoher Evidenzgrad. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Prof. Dr. Sch., das dieser für das SG erstattet hat. Bestätigt wird dies durch die ergänzende Stellungnahme, die der gerichtliche Sachverständige gegenüber dem Senat abgegeben hat. Danach kann zwar der SLE als systematisch erforscht gelten, doch beruht die Literatur zur Urticaria-Vasculitis auf Fallberichten, Fallserien und kleineren epidemiologischen Untersuchungen und Übersichtsarbeiten. Seltenheit und unzureichende Definitionen und Klassifizierungen der Urticaria-Vasculitis erschweren die systematische Erforschung der Erkrankung deutlich.
(3) Im konkreten Fall besteht eine begründete Aussicht, dass mit der IVIG ein kurativer oder palliativer Behandlungserfolg erzielt werden kann. Im Fall der Klägerin erfolgt die Behandlung des SLE nicht kurativ (iSv auf eine Heilung der Erkrankung ausgerichtet), sondern palliativ. Es soll - bei unverändert fortbestehender Grunderkrankung - verhindert werden, dass lebensbedrohliche Krankheitsschübe auftreten. Die Therapie ist auch medizinisch indiziert und notwendig. Dies steht schon aufgrund der überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. Sch. und der letzten Stellungnahme von Dr. Bö. vom MDK fest. Prof. Dr. Sch. hat nachvollziehbar ausgeführt, dass die Erkrankungsaktivität bzgl der Urtikaria-Vaskulitis unter der Immunglobulintherapie sehr gut kontrolliert ist und der Wirknachweis bereits erfolgt ist. Seit Beginn der Therapie sind die potentiell lebensbedrohlichen Zungenschwellungen bzw Larynx-Ödeme nicht mehr aufgetreten. Ein erkrankungstypischer Hautausschlag zeigte sich seither nicht mehr. Es stellte sich nach Beginn der Therapie eine klinische und laborchemische Besserung ein. Demgegenüber waren alle zuvor durchgeführten Behandlungsmethoden samt Verordnungen von Arzneimitteln erfolglos. Dr. Bö. hat zutreffend darauf hingewiesen, dass aus rein medizinischer Sicht die Weiterführung der begonnenen IVIG-Therapie zu befürworten ist, weil die Klägerin offensichtlich dadurch beschwerdefrei ist. Zudem befürwortet er ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen die langsame Umstellung auf andere Arzneimittel und deren Testung bei zunächst gleichzeitiger Beibehaltung der Immunglobulintherapie. Es sollte also nicht die Wirksamkeit der konkreten Behandlung, sondern die Wirksamkeit der wirtschaftlich günstigeren - aber ebenfalls nicht kausal wirksamen - Methode ausprobiert werden. Bei dieser Sachlage steht für den Senat außer Zweifel, dass die IVIG das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative auch für die Zukunft bietet, wenn sie bei der Klägerin jetzt seit Jahren sogar schon tatsächlich besser wirkt und deshalb effektiver ist, als sonstige denkbare Behandlungsmöglichkeiten. Dass die Anwendung der IVIG in der Immunologischen Ambulanz des Uniklinikums H. durch Prof. Enk nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, steht für den Senat ebenfalls fest und wird auch von der Beklagten und dem MDK nicht in Zweifel gezogen.
Nach Auffassung des Senats kommt es für eine teilstationär durchgeführte Pharmakotherapie – anders als für die ambulante – nicht darauf an, dass bereits Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das im Rahmen der Pharmakotherapie zum Einsatz kommende Arzneimittel für die Behandlung der Krankheit zugelassen werden kann. Dies folgt daraus, dass das Gesetz in § 137c SGB V mit dem Begriff "Potential" die Anforderungen an die geforderte Evidenz im Rahmen des Qualitätsgebots iSd § 2 Abs 1 Satz 3 SGBV herabsetzt. Die Regelung schafft zumindest in der seit dem 23.07.2015 geltenden Fassung nicht nur Raum für den GBA, Richtlinien zur Erprobung nach § 137e SGB V zu beschließen, wenn die Überprüfung im Rahmen des § 137c SGB V ergibt, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet. Bei diesem Verständnis hätte Abs 3 der genannten Regelung keinen Anwendungsbereich, denn die Vorschrift betrifft nicht den Erlass von Erprobungsrichtlinien, sondern ausdrücklich und ausschließlich die Anwendung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden. Eine Behandlungsmethode hat in den Fällen, in denen es – wie hier – eine anerkannte Behandlungsmethode nicht gibt, das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative, wenn ihre Wirksamkeit zwar nicht durch randomisiert-kontrollierte klinische Studien belegt ist, es aber Fallberichte, Fallserien, kleinere epidemiologische Untersuchungen und Übersichtsarbeiten gibt, die einen Behandlungserfolg möglich erscheinen lassen. Ein solcher Fall ist hier gegeben, wie sich aus den überzeugenden Ausführungen des Prof. Dr. Sch. ergibt. Nach Auffassung des gerichtlichen Sachverständigen, dem sich der Senat anschließt, ist zudem die Wahrscheinlichkeit, dass die IVIG bei der Erkrankung wirkt ("anschlägt") höher als bei den von der Beklagten ins Feld geführten Behandlungsalternativen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin macht einen Anspruch auf eine intravenöse Immunglobulin-Therapie (IVIG) zur Behandlung einer Urtikaria-Vasculitis geltend.
Die 1958 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Im Jahr 1993 wurde bei der Klägerin erstmals ein systemischer Lupus erythematodes (SLE) diagnostiziert. Bei dieser Diagnose handelt es sich um eine Sammelbezeichnung für ein Spektrum von Autoimmunerkrankungen der Haut und der inneren Organe. Der systemische Lupus erythematodes erfasst eine Form der Kollagenose (systemische entzündliche Autoimmunerkrankung des Bindegewebes bzw interstitiellen Fasern), welche sich in unterschiedlichen Mustern des Organbefalls manifestiert, bspw Arthritiden, Hauterscheinungen, Blutbildveränderungen, Lupusnephritis, Pleuritis und Perikarditis, Endokarditis und psychische Störungen (vgl Psychrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage 2007, S. 1140f). Des Weiteren leidet die Klägerin an einer Raynaud-Symptomatik, Arthralgien, einer ösophagealen Passagestörung, sowie einem Sicca-Syndrom der Augen und des Mundes.
Ab 1993 wurde die Klägerin mit Hydroxychloroquin und Corticoiden und ab dem Jahr 2001 mit Methotrexat behandelt. Nachdem im Jahr 2009 eine Schluckstörung aufgetreten war, wurde ein sogenannter Overlap mit einer systemischen Sklerose (Sklerodermie) festgestellt. Im Jahr 2008 manifestierte sich eine Urticaria-Vasculitis mit begleitender Zungenschwellung, welche ab September 2009 mit Rituximab therapiert wurde. Unter Urticaria-Vasculitis versteht man eine Variante der Vasculitis (entzündliche Reaktion, die die Wand der Blutgefäße involviert) mit über Tage bestehenden Quaddeln, Fieber, Arthralgien, beschleunigter BSG (Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit) und Leukozytose (vgl Psychrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage 2007, S. 2000). Seit Oktober 2008 ist die Klägerin in Behandlung in der Immunologischen Ambulanz der Hautklinik des Universitätsklinikums H. bei Prof. Dr. E.
Mit Schreiben vom 23.10.2009 beantragte Prof. Dr. E. für die Klägerin bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für die IVIG-Therapie und führte zur Begründung aus, dass seit Juni 2008 urticarielle Hautveränderungen aufgetreten seien, welche u.a. auch zu einem Anschwellen des Gesichtes mit Zungenschwellung und Schluckbeschwerden geführt hätten. Diese Beschwerden bestünden bis heute und seien für die Klägerin aufgrund der häufigen Schwellung auch im Gesichtsbereich sehr belastend. Aufgrund der urticariellen Hautveränderungen mit Zungenschwellung bestehe zudem prinzipiell Erstickungsgefahr. Der Klägerin sei ein Notfallset rezeptiert worden, welches die Klägerin immer bei sich führe. Ein Therapieversuch mit vier Zyklen Rituximab unter Fortführung der Basismedikation mit MTX und Decortin sowie Quensyl habe keinen Erfolg gehabt. Aufgrund der Progredienz der Symptome, der dadurch bedingten Gefährdung sowie der stark eingeschränkten Lebensqualität der Klägerin sei eine Therapie mit hochdosierten intravenösen Immunglobulinen medizinisch dringend indiziert. Zahlreiche Einzelfallberichte belegten die Wirksamkeit der Therapie bei diesem seltenen Erkrankungsbild der Urticariavasculitis im Rahmen eines SLE. Es sei eine ambulante Immunglobulin-Therapie mit 2g Immunglobulin (beispielsweise Intratect) pro Kilogramm Körpergewicht (hier bei 80kg Körpergewicht 160g) über zwei Tage alle vier Wochen geplant.
Dr. B. vom MDK Baden-Württemberg erstellte auf Anforderung der Beklagten ein Gutachten nach Aktenlage am 20.11.2009 und führte darin aus, dass als Therapiemöglichkeiten eine Immunsupression mit Mycophenolaten Mofetil, die bereits bisher erfolglos angewandten B-Zell-Depletion-Therapie mit Rituximab, eine Modulation mit costimulatorischen Molekülen, Antizytokintherapie und unspezifischen Immuntherapien zur Verfügung stünden. Die meisten dieser Therapieoptionen würden im Off-Label-Use durchgeführt. Aktuell sei kein Verweis auf ein etabliertes und zugelassenes Therapieverfahren im vorliegenden Fall möglich. Die Klägerin könne zwar nicht mehr mit den etablierten Therapiemethoden behandelt werden. Die Erkrankung an sich sei jedoch nicht direkt lebensbedrohlich, auch wenn die Lebensqualität ganz sicher massivst beeinträchtigt sei. Die strengen Voraussetzungen der Rechtsprechung zum Off-Label-Use seien bisher nicht erfüllt. Systematische größere zulassungsrelevante Studien fehlten. In Anbetracht der ansonsten therapeutisch problematischen Situation und des sich verschlimmernden Leidens sei der Therapieversuch medizinisch nachvollziehbar. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 15.12.2009 ab und führte zur Begründung aus, dass die Voraussetzungen für einen sogenannten Off-Label-Use im Sinne eines Einsatzes eines Arzneimittels außerhalb seiner Zulassung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erfüllt seien. Systematische größere zulassungsrelevante Studien würden fehlen.
Die Klägerin erhob hiergegen mit Schreiben vom 30.12.2009 Widerspruch und legte zur Begründung eine Stellungnahme von Prof. Dr. E. vom 04.01.2010 vor. Darin führte der Behandler aus, dass aufgrund der Seltenheit des Krankheitsbildes randomisierte kontrollierte Studien mit großen Fallzahlen nicht erfolgt und somit eine Zulassung bzw Empfehlung auf ein Evidenzniveau Grad I bis jetzt nicht möglich sei, obwohl die Fallberichte alle eindeutig ein Ansprechen dokumentierten. Auch in den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Dermatologie würden intravenöse Immunglobuline als Therapie für schwere Verlaufsformen des SLE als indiziert empfohlen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2010 zurück.
Die Klägerin hat hiergegen am 28.04.2010 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und zugleich im Rahmen eines Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz die vorläufige Kostenübernahme für die IVIG-Therapie begehrt (Aktenzeichen S 4 KR 1566/10 ER). Mit Beschluss vom 20.05.2010 ist die Beklagte im Verfahren S 4 KR 15466/10 ER im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet worden, die Kosten einer IVIG-Therapie zu tragen.
Seit 01.06.2010 erhält die Klägerin intravenöse Immunglobuline in Form von Intratect. Eine Off-Label-Indikation für Intratect liegt ua für systemische Vasculitiden wie systemischer Lupus erythemathodes, primäre Vasculitiden und Mischkollagenosen/Overlap-Syndrome vor (vgl Arzneimitteldatenblatt auf Bl 27 bis 31 der Verwaltungsakte).
Die Beklagte hat ein Gutachten des MDK von Dr. Bö. vom 19.10.2010 eingereicht, wonach die Voraussetzungen für einen Off-Label-Use nach der Rechtsprechung nicht erfüllt seien.
Prof. Dr. E. hat in einer vom SG angeforderten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage am 01.01.2011 mitgeteilt, dass durch die regelmäßig auftretenden potentiell lebensbedrohlichen Gesichts- und Zungenschwellungen eine vitale Bedrohung der Klägerin gegeben sei. Mehrere Berichte aus der Literatur über die erfolgreiche Behandlung einer Urticaria-Vasculitis im Rahmen eines SLE mittels Immunglobulin sowie die eigene klinische Erfahrung hätten den Ausschlag für die Wahl einer IVIG-Therapie gegeben. Es hätten keine Behandlungsalternativen zur Verfügung gestanden. Die als sinnvoll erachtete therapeutische Alternative mit vier Zyklen Rituximab sei im September 2009 bereits durchgeführt worden und ohne jedweden Therapieerfolg geblieben. Seit Beginn der Immunglobulin-Therapie seien die zuvor rezidivierend auftretenden Gesichts- und Zungenschwellungen nicht mehr aufgetreten. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 21.02.2011 hat Prof. Dr. E. darauf verwiesen, dass die im Zeitraum von Mitte 2008 bis Mitte 2010 schubweise aufgetretenen Schwellungszustände der Zunge und des Gesichtes nie von der Hautklinik direkt behandelt worden seien, da diese immer außerhalb der ambulanten Vorstellungen aufgetreten seien. Die Klägerin führe ihr von der Hautklinik rezeptiertes Notfallset immer bei sich und habe es laut ihrer eigenen Angaben mindestens zweimal angewandt. Nach Anwendung sei es nach Aussage der Klägerin zum Abklingen der Beschwerden gekommen, so dass keine intensiv-medizinische Behandlung notwendig geworden sei.
Das SG hat Prof. Dr. Sch., Direktor der Medizinischen Klinik III, Immunologie und Rheumatologie, des Universitätsklinikums E., mit der Erstellung eines rheumatologischen Gutachtens von Amts wegen beauftragt. In seinem am 14.07.2011 erstellten Gutachten kommt Prof. Dr. Sch. aufgrund einer Untersuchung der Klägerin am 04.07.2011 zu dem Ergebnis, dass die Zungenschwellung bzw das Larynx-Ödem, welches bei der Klägerin im Rahmen der Urticaria-Vasculitis bereits zweimalig aufgetreten war, eine potentiell lebensbedrohliche Komplikation darstelle. Die aktuelle Behandlung mit Prednisolon Hydroxychlorquin, Methotrexat (MTX) und Intratect könne ein Auftreten der dermalen und laryngealen Manifestation der Urticaria-Vasculitis verhindern und die weitere Manifestation des SLE gut kontrollieren. Bei der Behandlung der schweren Urticaria-Vasculitis sowohl im Rahmen eines SLE als auch als eigenständige Erkrankung könne prinzipiell nicht von etablierten Behandlungsverfahren gesprochen werden. Die zur Verfügung stehenden Behandlungsverfahren und deren Alternativen basierten überwiegend auf kleinen Fallserien und Fallstudien. Es gebe keine randomisierten kontrollierten Behandlungsstudien zur Behandlung dieser Manifestation bzw Erkrankung. Azathioprin, Mycophenolat-Mofetil, Cyclosporin oder Cyclophosphamid seien mögliche Behandlungsalternativen zur Behandlung des SLE mit Urticaria-Vasculitis. Bei fehlenden randomisiert kontrollierten klinischen Studien könne jedoch keine Empfehlung mit hohem Evidenzgrad ausgesprochen werden. Die Behandlungsalternativen, insbesondere die Therapie mit Cyclophosphamid, zeigten zum Teil eine deutlich höhere Toxizität als das aktuell verabreichte Regime. Der Evidenzgrad für diese Alternativtherapien sei vergleichbar mit dem für die Applikation von MTX oder Immunglobulinen. Die Wahrscheinlichkeit auf ein Ansprechen liege aber bei bereits erfolgtem Wirknachweis durch die bisherige Behandlung für Immunglobuline sicherlich höher als für die genannten anderen Therapien. Die aktuelle Therapie mit intravenösen Immunglobulinen erscheine medizinisch notwendig, um die Aktivität der bekannten Urticaria-Vasculitis ausreichend zu kontrollieren. Ob die vorgeschlagenen Alternativverfahren eine ausreichende Kontrolle der Krankheitsaktivität bewirkten und damit auch das Wiederauftreten eines Larynx-Ödems verhindern könnten, sei nicht vorherzusagen. Es bestehe daher Zustimmung zur Einschätzung von Prof. Dr. E., wonach die Immunglobulinbehandlung notwendig sei. Ein ausgeprägtes Larynx-Ödem könne zum Tod der Klägerin führen. Eine effektive immunmodulierende Therapie zur Kontrolle der Urticaria-Vasculitis und des erneuten Auftretens des Larynx-Ödems sei daher zu empfehlen.
Die Beklagte hat ein Gutachten des MDK vom 11.11.2011 vorgelegt, in dem Dr. Bö. ausführt, dass es zugelassene Behandlungsalternativen gebe, die bei der Klägerin noch nicht eingesetzt worden seien. Insbesondere handle es sich hierbei um Azathioprin und Cyclophosphamid sowie das vom Gutachter Prof. Dr. Sch. nicht diskutierte Dapsone.
Mit Urteil vom 03.02.2012 hat das SG die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Kosten für eine IVIG-Therapie zu übernehmen. Das SG hat zur Begründung ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine zulassungsüberschreitende Anwendung eines Fertigarzneimittels zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherungen im vorliegenden Fall gegeben seien. Nach den Feststellungen von Prof. Dr. Sch. und der sachverständigen Zeugenaussage von Prof. Dr. E. bestehe bei der Klägerin ein SLE iVm einer Urticaria-Vasculitis. Als Komplikation sei mehrfach ein akutes Larynx-Ödem mit anschwellender Zunge aufgetreten, welches einen lebensbedrohlichen Zustand mit der Gefahr des Erstickungstodes darstelle. Es fehle an einer kausalen Therapie. Etablierte Behandlungsverfahren lägen nicht vor. Verschiedene medikamentöse Therapieversuche seien seit Oktober 2008 ohne Erfolg geblieben. Vor diesem Hintergrund biete die seit dem 01.06.2010 praktizierte IVIG-Therapie zumindest eine gewisse Aussicht auf Heilung und habe sich bisher auch spürbar positiv auf den Krankheitsverlauf ausgewirkt. Die aktuelle vierwöchentlich durchgeführte Behandlung sei deshalb notwendig, um die Aktivität der Urticaria-Vasculitis ausreichend zu kontrollieren und das Wiederauftreten eines Anschwellens der Zunge bzw. eines Larynx-Ödems zu verhindern. Die Beklagte sei deshalb verpflichtet, diese Therapie (weiter) zu finanzieren. Das SG habe nicht zu klären, für welchen Zeitraum in der Zukunft dies erfolgen müsse. Prof. Dr. Sch. habe darauf hingewiesen, dass bei stabilem Zustand versucht werden könne, die Immunglobulindosis zu reduzieren und eine Umstellung der Basistherapie anzustreben. Es bleibe der Beklagten unbenommen, in Zukunft zu prüfen, ob unter den Voraussetzungen des § 48 SGB X eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten sei und sich die Fortsetzung der jetzigen Therapie nicht mehr als notwendig erweise.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 14.02.2012 zugestellte Urteil am 07.03.2012 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt.
Der Senat hat Prof. Dr. Sch. ergänzend befragt und Prof. Dr. E. als sachverständigen Zeugen schriftlich vernommen sowie die Patientenakte der Hautklinik des Universitätsklinikums H. beigezogen. Prof. Dr. Sch. hat ausgeführt, bei der Behandlung schwerer systemischer oder lebensbedrohlicher Urtikaria-Vaskulitiden, wie bei der Erkrankung der Klägerin, liege kein allgemein anerkannten Therapiestandard vor. Azathioprin, Cyclophosphamid und Dapsone seien für die Behandlung des SLE zugelassen. Cyclophosphamid und Dapsone seien im weiteren Sinn auch für die Urticaria-Vasculitis zugelassen. Im Gegensatz zu neueren Zulassungsverfahren, in denen Medikamente häufig für eine spezifische Erkrankung zugelassen seien, seien die Zulassungen für die drei genannten Medikamente vor etlichen Jahren relativ unspezifisch erfolgt. Dies zeige sich insbesondere an der allgemeinen Zulassung von Cyclophosphamid und Dapsone für Vasculitis-Erkrankungen, obwohl beide Präparate nur bei bestimmten Vasculitiden eine Wirksamkeit zeigten und bei weitem nicht alle Vasculitiden suffizient therapierten. Während der SLE systematisch erforscht sei, beruhe die Literatur zur Urticariavasculitis auf Fallberichten, Fallserien und kleineren epidemiologischen Untersuchungen und Übersichtsarbeiten. Seltenheit und unzureichende Definitionen und Klassifizierungen der Urticariavasculitis erschwerten die systematische Erforschung der Erkrankung deutlich. Die geschätzte Inzidenz des SLE betrage 1 bis 25 pro 100000 Einwohner in Nordamerika, Südamerika, Europa und Asien. Die Urticaria-Vasculitis könne in 10 bis 15% der Patienten mit SLE auftreten.
Der Senat hat zudem die behandelnden Ärzte Dr. Richter, Dr. Siefert (Neurologin/Psychiaterin) und Dr. Sch.-F. (HNO) zu Behandlungen zwischen Januar 2008 und Juli 2010 befragt. Diese Ärzte haben das Vorliegen von lebensbedrohlichen Zungenschwellungen verneint. Dr. Sch.-F. hat die Klägerin in diesem Zeitraum sechs Mal gesehen. Zungenschwellungen haben sich nicht gezeigt.
Die Beklagte hat ein sozialmedizinisches Gutachten des MDK, Dr. Bö., vom 01.06.2015 vorgelegt. Dr. Bö. hat das Vorliegen einer schweren, die Lebensqualität nachhaltig beeinträchtigenden Erkrankung bestätigt. Das Vorliegen einer tödlich verlaufenden oder gleichzustellenden Erkrankung könne aufgrund differierender Angaben zur Häufigkeit von aufgetretenen Zungenschwellungen mit Erstickungsgefahr nicht eindeutig beurteilt werden. Bezüglich der zur Verfügung stehenden Therapiealternativen sei Cyclophosphamid nicht mehr zugelassen. Jedoch sei das Medikament Benlysta sowie Azathioprin und Dapsone zulassungsgemäß potentiell einsetzbar, wobei deren Wirksamkeit nicht gut belegt sei. Unverändert gegenüber 2011 würden sich in der medizinischen Literatur nur Hinweise aus Fallberichten zur Wirksamkeit von intravenösen Immunglobulinen bei SLE-assoziierter urtikarieller Vaskulitis ergeben. Aus rein medizinischer Sicht spreche für die Weiterführung der begonnenen Therapie in der bisherigen Form, dass die Klägerin offensichtlich beschwerdefrei sei. Unter dem Aspekt des Wirtschaftlichkeitsgebot gemäß § 12 Abs 1 SGB V wäre der Einsatz einer wirtschaftlicheren Therapiealternative wünschenswert.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Übernahme der Kosten für die Immunglobulin-Therapie im Rahmen eines sogenannten Off-Label-Use nicht vorliegen. Weder handle es sich bei der Klägerin um eine lebensbedrohliche Erkrankung, noch sei überzeugend dargelegt, dass keine andere Therapie zur Verfügung stehe. Auch fehle der Nachweis, dass zur Behandlung der vorliegenden Erkrankung die angewandte Therapie in absehbarer Zeit zugelassen werde. Es gebe zugelassene Behandlungsalternativen, die noch nicht eingesetzt worden seien. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 06.12.2005, 1 BvR 347/98) ergebe sich keine andere Beurteilung. Das Mitführen und die Benutzung eines Notfallsets würden als Behandlungsmethode für akute Zungenschwellungen mit Verdacht auf Erstickung ausreichen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 03.02.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass es für den Anspruch auf Kostentragung ausreichend sei, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf durch die Gabe von Immunglobulin bestehe. Prof. Dr. Sch. habe in seinem Gutachten bestätigt, dass seit der intravenösen Gabe der Immunglobuline die früher bei der Klägerin aufgetretenen urticariellen Hautveränderungen zunächst rückläufig und mit zunehmender Therapiedauer völlig verschwunden seien. Auch habe die Gabe der Immunglobuline objektivierbar eine klinische und laborchemische Besserung bewirkt. Bei der von der Beklagten als Behandlungsalternativen angesprochenen Arzneimittel bestehe die Gefahr von schweren und lebensbedrohlichen Nebenwirkungen. Auch habe Prof. Dr. Sch. in seinem Gutachten darauf hingewiesen, dass es für die Wirksamkeit dieser Therapeutika keine randomisierten Studien gebe, sondern ebenfalls nur Fallberichte und kleine Fallserien. Ein Behandlungserfolg unter einer derartigen Therapie könne explizit nicht vorhergesagt werden. In einschlägigen Fachkreisen herrsche Konsens über den Nutzen der Immunglobulin-Therapie bei Autoimmun-Urticaria. Hierzu seien die entsprechenden Veröffentlichungen vorgelegt worden. Es handle sich bei dem SLE mit Urticaria-Vasculitis um eine sehr seltene Erkrankung, deren systematische Erforschung vor diesem Hintergrund überhaupt nicht möglich sei, sodass auch mit der Zulassung eines adäquaten Arzneimittels zeitnah nicht zu rechnen sei. Nach Auskunft der behandelnden Ärzte seien bis 19.11.2012 Gesamtkosten in Höhe von 477.926,40 EUR angefallen. Die Behandlung dauere noch an.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sich die Klägerin ausführlich zu ihrer Erkrankung und der bisherigen Behandlung geäußert und vorgetragen, sie habe zwischen 2008 und 2010 zweimal notfallmäßig wegen Zungenschwellungen mit dem Notfall-Set behandelt werden müssen. In einem Fall habe sie das Notfall-Set selbst verwenden können, im zweiten Fall habe dies ihre Schwester tun müssen, da sie selber hierzu nicht mehr in der Lage gewesen sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalt und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die beigezogenen Akte des SG Mannheim S 4 KR 1566/10 ER sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig, aber im Ergebnis unbegründet.
Gegenstand der Berufung ist der Bescheid der Beklagten vom 15.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2010, mit dem der Antrag der Klägerin auf Kostenübernahme einer IVIG-Therapie abgelehnt worden ist. Das SG hat den Bescheid zu Recht aufgehoben und die Beklagte zur Kostenübernahme verpflichtet. Zur Klarstellung, dass nicht eine Kostenerstattung, sondern der Sachleistungsanspruch Gegenstand der Klage war und ist, hat der Senat die Berufung mit dieser Maßgabe zurückgewiesen.
Statthafte Klageart für das Begehren der Klägerin ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage. Einer (zusätzlichen) Feststellungsklage bedarf es nicht. Die Erhebung einer Feststellungsklage wäre zwar notwendig, wenn die Klägerin, um eine Erstattung der bislang über 500.000 EUR kostenden Behandlung nach § 50 Abs 2 SGB X/§ 86b Abs 2 S 4 SGG iVm § 945 ZPO abzuwenden, den Rechtsgrund für das "Behaltendürfen" feststellen lassen müsste, weil sie die Leistung aufgrund des Beschlusses des SG im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur vorläufig erhalten hat (vgl zu einer solchen Problematik bei der Gewährung von Krankengeld BSG 16.12.2014, B 1 KR 32/13 R). Dies ist hier nicht notwendig. Die Klage hat sich in diesem konkreten Einzelfall durch die Gewährung der Sachleistung aufgrund der einstweiligen Anordnung des SG mit Beschluss vom 20.05.2010 (S 4 KR 1566/10 ER) erledigt. Denn mit diesem Beschluss hat das SG die Hauptsache ausnahmsweise im Rahmen einer Folgenabwägung komplett vorweg genommen. Es ist anerkannt, dass es im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes im Hinblick auf Art 19 Abs 4 GG ausnahmsweise erforderlich sein kann, der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, wenn für den Antragsteller ein Abwarten unzumutbar wäre (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 11. Aufl 2014, § 86b Rn 31). So lag der Fall hier. Die einstweilige Anordnung des SG bleibt bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens wirksam. Dem steht der grundsätzlich vorläufige Charakter der Anordnung nicht entgegen. Über den Zeitraum bis zur rechtskräftigen Hauptsacheentscheidung trifft das Gericht eine endgültige Entscheidung, wenn - wie hier - die Anordnung zeitlich nicht befristet wird (Meßling in Hennig, SGG, § 86b Rdnr 211). Im Übrigen hat die Beklagte keine Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt. Aus der Verfügung ergibt sich eine unbefristete Verpflichtung der Beklagten zur Kostentragung einer IVIG-Therapie. Die Klägerin erhält diese Therapie als Sachleistung. Ein auf die Erstattung der Sachleistung in Geld gerichteter Anspruch (als allgemein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch oder auf der Grundlage von § 50 Nr 2 SGB X) scheidet aus, da im konkreten Fall eine echte Vorwegnahme der Hauptsache (vgl hierzu Keller, aaO, Rn 31) vorliegt. Ein neben dem Erstattungsanspruch bestehender Schadensersatzanspruch nach § 945 ZPO erfasst nach zutreffender Ansicht nur solche Ansprüche, die über die reine Rückgewähr von Leistungen hinausgehen (Meßling, aaO, § 86b Rn 219).
Die Klägerin hat auch für die Zukunft einen Anspruch auf Kostenübernahme für diese Behandlung. Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern (§ 27 Abs 1 Satz 1 SGB V). Die Krankenbehandlung umfasst ua ärztliche Behandlung, Versorgung mit Arzneimitteln und Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nrn 1, 3 und 5 SGB V). Die Krankenhausbehandlung wird nach § 39 Abs 1 Satz 1 SGB V vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär (§ 115a SGB V) sowie ambulant (§115b SGB V) erbracht. Die Krankenhausbehandlung umfasst im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs 1 SGB V), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung (§ 39 Abs 1 Satz 3 SGB V).
Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch einer Versicherten unterliegt allerdings den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Die Krankenkassen sind grundsätzlich nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn eine begehrte Therapie nach eigener Einschätzung der Klägerin oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der GKV umfasst sein. Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs 1 S 1 SGB V nur dann der Fall, wenn zunächst der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat und der Bewertungsausschuss sie zudem zum Gegenstand des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM) gemacht hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V wird nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (st Rspr, BSG 07.05.2013, B 1 KR 44/12 R, SozR-4-2500 § 13 Nr 29).
Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf ambulante vertragsärztliche Versorgung sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Zur Überzeugung des Senats steht unter Berücksichtigung des Ergebnisses der gerichtlichen Ermittlungen, insbesondere sämtlicher ärztlicher Stellungnahmen der Behandler und des MDK, der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Sch. sowie der insoweit glaubhaften Einlassungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Folgendes fest:
Die Klägerin ist mindestens seit 2008 an einer Urticaria-Vasculitis bei SLE erkrankt. Bzgl dieser Erkrankung liegt kein allgemein-anerkannter Therapiestandard vor. Die geschätzte Inzidenz des SLE beträgt 1 bis 25 pro 100.000 Einwohner in Nordamerika, Südamerika, Europa und Asien. Die Urticaria-Vasculitis tritt in 10 bis 15% der Patienten mit SLE auf. Ab dem 01.06.2010 erhielt die Klägerin intravenöse Immunglobuline (Intratect) alle vier Wochen verteilt auf jeweils zwei Tage im Umfang von 2g/kg Körpergewicht. Intratect wird von den Firmen Biotest Pharma GmbH, EMRA-Med Arzneimittel GmbH und CC-Pharma GmbH hergestellt. Es ist ein aus menschlichem Blut gewonnener Extrakt, der Antikörper enthält. Dieser Extrakt steht als Infusionslösung zur Verfügung, die als Infusion in eine Vene eingebracht wird. Intratect ist nach der Fachinformation der Firma Biotest für eine Substitutionstherapie zugelassen bei Erwachsenen sowie Kindern und Jugendlichen (0 – 18 Jahre) mit: &61485; primären Immunmangelsyndromen mit eingeschränkter Antikörperproduktion &61485; Hypogammaglobulinämie und rezidivierenden bakteriellen Infektionen bei Patienten mit chronisch-lymphatischer Leukämie, bei denen prophylaktisch verabreichte Antibiotika nicht angeschlagen haben. &61485; Hypogammaglobulinämie und rezidivierenden bakteriellen Infektionen bei Patienten mit in der Plateauphase befindlichem multiplem Myelom, die auf eine Pneumokokkenimmunisierung nicht angesprochen haben. &61485; Hypogammaglobulinämie bei Patienten nach allogener hämatopoetischer Stammzelltransplantation (HSCT) &61485; angeborenem AIDS mit rezidivierenden bakteriellen Infektionen. Ferner besteht eine Zulassung zur Immunmodulation bei Erwachsenen sowie Kindern und Jugendlichen (0 – 18 Jahre) mit: &61485; primärer Immunthrombozytopenie (ITP) bei Patienten mit einem hohen Blutungsrisiko oder vor chirurgischen Eingriffen zur Korrektur der Thrombozytenzahl &61485; Guillain-Barré-Syndrom &61485; Kawasaki-Syndrom Intratect besitzt keine arzneimittelrechtliche Zulassung für die Behandlung der Erkrankung der Klägerin. Vor der Behandlung mit Intratect hatte die Klägerin zahlreiche Behandlungsalternativen erhalten: Antihistaminika, Glucocorticoide, Hydroxychloroquin, Methotrexat und Rituximab. Seit Juni 2015 erhält sie die Immunglobulin-Infusionen alle fünf Wochen.
Der Anspruch auf Krankenbehandlung umfasst zwar auch die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB V). Die Versorgung der Klägerin mit Intratect über eine vertragsärztliche Verordnung scheidet jedoch von vornherein aus. Das Arzneimittel darf nur ärztlich angewendet werden, denn es ist allein zur intravenösen Verabreichung bestimmt. Solche Infusionen dürfen aufgrund der zu beachtenden qualitativen Anforderungen an Präzision und Sterilität nur von Ärzten vorgenommen werden (vgl BSG 02.09.2014, B 1 KR 11/13 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 2 zu Arzneimitteln, die nur zur intravitrealen Injektion bestimmt sind).
Auch die von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen eines "Off-Label-Use" auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung sind nicht erfüllt. Die Kostenübernahme für einen solchen Off-Label-Use kommt nur in Betracht, wenn es 1. um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, 2. keine andere Therapie verfügbar ist und 3. aufgrund der Datenlage eine begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann (ua BSG 03.07.2012, B 1 KR 25/11 R; BSG 27.03.2007, B 1 KR 17/06 R, juris).
Die letztgenannte Voraussetzung ist nicht erfüllt. Für eine hinreichende Erfolgsaussicht reicht es nicht aus, dass die Behandlung tatsächlich wirksam ist. Dass dies der Fall ist, daran hat der Senat keinen Zweifel. Denn seit Gabe der Immunglobuline ist die Klägerin beschwerdefrei. Allerdings kann von solchen hinreichenden Erfolgsaussichten im Sinne der Rechtsprechung des BSG nur dann ausgegangen werden, wenn Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das Arzneimittel für die betreffende Indikation zugelassen werden kann. Dies kann angenommen werden, wenn entweder die Erweiterung der Zulassung bereits beantragt worden ist und die Ergebnisse einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht worden sind und eine klinisch relevante Wirksamkeit respektive einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen oder außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse veröffentlicht worden sind, die über Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels in den neuen Anwendungsgebieten zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zulassen und aufgrund derer in den einschlägigen Fachkreisen Konsens über einen voraussichtlichen Nutzen in dem vorgenannten Sinne bestehen (BSG 03.07.2012, B 1 KR 25/11 R; BSG 28.02.2008, B 1 KR 15/07 R, juris; BSG 26.09.2006, B 1 KR 14/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 6). Daran fehlt es. Prof. Dr. Sch. und die Gutachter des MDK haben deutlich gemacht, dass keine randomisiert-kontrollierte klinischen Studien bezüglich der Wirksamkeit der IVIG-Therapie bei SLE mit Urtikaria-Vaskulitis vorliegen, sondern ausschließlich Fallberichte, Fallserien, kleinere epidemiologische Untersuchungen und Übersichtsarbeiten. Diese stellen nur einen orientierenden Anhalt dar.
Die Klägerin hat ebenfalls keinen Anspruch auf die streitige Behandlung mit Immunglobulinen unter dem Gesichtspunkt einer ambulanten Pharmakotherapie. Nach der Rspr des BSG kann selbst die Behandlung mit zugelassenen Arzneimitteln nicht allein aufgrund arzneimittelrechtlicher Maßstäbe beurteilt werden, wenn sie sich aus einer neuartigen Kombination verschiedener – für sich jeweils anerkannter oder zugelassener – Maßnahmen zusammensetzt. Insoweit handele es sich dann um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, die einer positiven Empfehlung des GBA bedarf (BSG 19.10.2004, B 1 KR 27/02 R, BSGE 93, 236). Durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V wird nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zulasten der Krankenkasse erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistung verbindlich bestimmt (BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190, SozR 4-2500 § 27 Nr 12). Kennzeichnend für eine ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethode iSd gesetzlichen Krankenversicherung ist eine medizinische Vorgehensweise, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt, das sie von anderen Vorgehensweisen unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Untersuchung oder Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll (BSG 16.12.2008, B 1 KR 11/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr. 19). Dabei kann eine Methode durchaus sich in einer Einzelleistung erschöpfen, aber eben auch aus mehreren Leistungen bestehen. Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sind in einem formellen Sinne neue Methoden, wenn ihre Leistungen zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht als abrechnungsfähige Leistungen im einheitlichen Bewertungsmaßstab für die vertragsärztliche Versorgung (EBM) enthalten sind (Flint in Hauck/Noftz, SGB, § 135 SGB V, Rn 46ff).
Im vorliegenden Fall erfolgt die Behandlung mit Intratect nicht nur in Form einer isolierten Gabe des Fertigarzneimittels, sondern auf der Grundlage eines einheitlichen Behandlungskonzepts. So umfasst die Behandlung eine Blutabnahme, eine ärztliche Beratung, die Infusion der Immunglobuline und die ständige Überwachung der Klägerin durch medizinisches Personal unter ärztlicher Aufsicht. Diese Behandlungsmethode ist neu im Sinne des § 135 SGB V, da die Leistung nicht im EBM enthalten ist. Zudem existiert für die Behandlung der Erkrankung der Klägerin kein etabliertes Behandlungsverfahren und es steht keine allgemein anerkannte, dem medizinischen Stand entsprechende Behandlung zur Verfügung. Das ergibt sich nachvollziehbar aus dem Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. Sch. Die Behandlung der Klägerin mittels Gabe der Immunglobuline stellt deshalb eine neue Behandlungsmethode dar. Jedoch fehlt es an einer positiven Empfehlung des GBA. Anhaltspunkte für einen Systemmangel, der ausnahmsweise einen Leistungsanspruch ohne vorherige positive Empfehlung rechtfertigen könnte, sind nicht ersichtlich (vgl BSG 04.04.2006, B 1 KR 12/05 R). Bzgl der Therapie mit Immunglobulinen wurde bislang kein Antrag beim GBA gestellt.
Die Klägerin hat ferner keinen sich aus dem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit iVm dem grundgesetzlichen Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht auf Leben ergebenden verfassungsunmittelbaren Leistungsanspruch für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung (vgl BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25). Es ist von Verfassungs wegen nicht geboten, die Grundsätze des Beschlusses des BVerfG vom 06.12.2005 (aaO) auf Erkrankungen zu erstrecken, die wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen vergleichbar sind. Dies würde dem Ausnahmecharakter eines solchen verfassungsunmittelbaren Leistungsanspruchs nicht gerecht werden. Vielmehr bleibt der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch auf extreme Situationen einer krankheitsbedingten Lebensgefahr beschränkt (BVerfG 10.11.2015, 1 BvR 2056/12). Eine extreme Situation einer krankheitsbedingten Lebensgefahr ist hier ersichtlich nicht gegeben.
Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs 1a SGB V. Mit dieser Regelung wird der vom BVerfG entwickelte verfassungsunmittelbare Leistungsanspruch gesetzlich normiert und auf wertungsmäßig vergleichbare Erkrankungsfälle erweitert. Auch die Annahme einer wertungsmäßig mit einer regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung vergleichbaren Erkrankung ist jedoch nur gerechtfertigt, wenn eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird (BVerfG 26.03.2014, 1 BvR 2415/13; BSG 28.02.2008, B 1 KR 15/07 R; BSG 17.03.2007, B 1 KR 17/06 R, juris).
Der Senat hält es nicht für erwiesen, dass bei der Klägerin eine lebensbedrohliche bzw regelmäßig tödlich verlaufende oder wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung vorliegt. Zwar steht für den Senat aufgrund der nachvollziehbaren und übereinstimmenden Aussagen der Sachverständigen fest, dass die Erkrankung potentiell lebensgefährlich sein kann aufgrund von auftretenden Zungenschwellungen mit Erstickungsgefahr im Rahmen von Urtikaria-Episoden. Der Senat ist aufgrund der glaubhaften Angaben der Klägerin auch davon überzeugt, dass von Mitte 2008 bis Mitte 2010 schubweise Schwellungszustände der Zunge und des Gesichts aufgetreten sind, die in zwei Fällen mit Gefahr einer Erstickung verbunden waren. Mit Hilfe der Medikamente des Notfallsets kam es jedoch zum Abklingen der Beschwerden, so dass keine intensiv-medizinische Behandlung erforderlich war. Von diesem Sachverhalt geht auch der behandelnde Arzt Prof. Dr. E. aus, der bei der Klägerin die IVIG-Therapie verantwortet und durchführt. Dies entnimmt der Senat dessen Stellungnahme vom 21.02.2011 gegenüber dem SG (Bl 204 der LSG-Akte). Die Klägerin hat auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt, dass die Verwendung des Notfallsets zur Behandlung ausgereicht hat. Ferner hat Prof. Dr. E. in einem frühen Stadium des Klageverfahrens in seinem Schreiben vom 21.02.2011 dem SG mitgeteilt, dass die schubweise auftretenden Schwellungszustände der Zunge und des Gesichtes nie von ihm direkt behandelt worden seien. Die Klägerin führe ihr von ihm rezeptiertes Notfallset immer bei sich und habe es laut ihrer eigenen Angaben mindestens zweimal angewandt. Laut Aussage der Klägerin sei es nach Anwendung der Medikamente des Notfallsets zum Abklingen der Beschwerden gekommen, so dass keine intensiv-medizinische Behandlung notwendig gewesen sei. Es spricht deshalb einiges dafür, dass mittels der Medikamente des Notfallsets gegebenenfalls auftretende Zungenschwellungen behandelt werden könnten. Ist dies der Fall, so kann nicht angenommen werden, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf ohne die gewünschte IVIG-Therapie innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen würde, auch wenn selbstverständlich die Behandlung mit einem Notfallset keine spezifische Therapie darstellt (BSG aaO).
Der Anspruch auf die intravenöse Immunglobulintherapie ergibt sich jedoch für die Zeit ab Rechtskraft des Urteils des SG (bis dahin ist – wie bereits dargelegt - Grundlage der Behandlung der Klägerin die vom SG getroffene einstweilige Anordnung) aus §§ 27 Abs 1, 39 Abs 1 SGB V iVm § 137c Abs 3 SGB V als Anspruch auf teilstationäre Krankenhausbehandlung.
Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfasst im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation (§ 39 Abs 1 SGB V).
Teilstationäre Behandlung ist eine besondere (Übergangs-)Form der stationären Behandlung. Die Erweiterung des Leistungsangebots der gesetzlichen Krankenversicherung um teilstationäre Behandlungen und das Abrücken von der Tradition und Vorstellung, dass Krankenhausbehandlungen nur vollstationär durchführbar seien, beruhte auf der Konzeption, einen Zwischenbereich zwischen vollstationärer und ambulanter Versorgung zu schaffen. Dies wurde vor allem für psychisch Kranke als wichtig angesehen und wurde dementsprechend zunächst im psychiatrischen Bereich eingeführt. Die Beschränkung auf den Sektor der psychiatrischen Versorgung wurde später aufgegeben. Teilstationäre Behandlungen wurden im zum 1.1.1989 in Kraft getretenen § 39 Abs 1 SGB V auch wieder ausdrücklich erwähnt (BSG 28.01.2009, B 6 KA 61/07 R, BSGE 102, 219). Im Gegensatz zur vollstationären Behandlung ist die teilstationäre nicht zeitlich durchgehend und inhaltlich umfassend, also ein "Weniger". Eine teilstationäre Behandlung ist anzunehmen, wenn eine zeitlich nicht durchgehende Krankenhausbehandlung geplant ist, also ein Aufenthalt von weniger als einem Tag und einer Nacht (BSG 19.09.2013, B 3 KR 34/12 R, SozR 4-2500 § 39 Nr 20).
Damit lässt sich zwar eine Abgrenzung der stationären Behandlung vom ambulanten Operieren und anderen stationsersetzenden Eingriffen vornehmen. Diese Definition ist aber weniger geeignet, wenn es um die Abgrenzung einer nicht operativen stationären Behandlung von einer ambulanten Behandlung im Krankenhaus geht. Verbringt der Patient nicht einen Tag und eine Nacht im Krankenhaus, folgt daraus nicht zwingend im Gegenschluss, dass es sich dann nur um eine ambulante Behandlung handelt. Entscheidend kommt es vielmehr darauf an, in welchem Umfang neben der Dauer der Behandlung der Patient die Infrastruktur des Krankenhauses in Anspruch nimmt. Das hängt davon ab, welche konkrete Erkrankung vorliegt und wie diese üblicherweise zu behandeln ist (BSG 28.02.2007, B 3 KR 17/06 R, SozR 4-2500 § 39 Nr 8). Von der ambulanten Behandlung unterscheidet sich die teilstationäre Behandlung dadurch, dass der Patient physisch und organisatorisch in das spezifische Versorgungssystem Krankenhaus eingegliedert wird (Wagner in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, § 39 Rn 8). Formale, organisatorisch-institutionelle (zB besondere Abteilung), funktionale und inhaltliche Kriterien (zB Indikation, Behandlungsintensität) müssen zur Hilfe genommen werden. Dabei erstreckt sich die teilstationäre Krankenhausbehandlung aufgrund der im Vordergrund stehenden Krankheitsbilder regelmäßig über einen längeren Zeitraum, während dessen die medizinisch-organisatorische Infrastruktur eines Krankenhauses benötigt wird, ohne dass eine ununterbrochene Anwesenheit des Patienten im Krankenhaus notwendig ist. Behandlungen, die in der Regel nicht täglich, wohl aber in mehr oder weniger kurzen Intervallen erfolgen, wie etwa bei Dialysepatienten, stellen einen Grenzfall zwischen teilstationärer und ambulanter Krankenhausbehandlung dar. Jedoch sind nicht nur Behandlungen an mehreren aufeinander folgenden Tagen oder Nächten, sondern auch Intervallbehandlungen, dh Behandlungen für eine bestimmte Periode mit tageweisen Unterbrechungen, als teilstationär anzusehen - so zB die langfristige, in kurzen Intervallen durchgeführte Dialysebehandlung bei Niereninsuffizienz (vgl Noftz in Hauck/Noftz, SGB, § 39 SGB V, Rn 48ff mwN; Wahl in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, § 39 SGB V, Rn 33; GKV Spitzenverband https://www.gkv-spitzenverband.de/ krankenversicherung/krankenhaeuser/ambulante kh leistungen/ambulante krankenhaustaetigkeit.jsp; Fallpauschalenvereinbarung 2015, Anlage 3b; aA wohl BSG 04.03.2004, B 3 KR 4/03 R, BSGE 92, 223).
Im vorliegenden Fall ist die Behandlung vergleichbar mit einer Dialysebehandlung. Die Klägerin wird für jeweils zwei Tage wie in eine Tagesklinik aufgenommen und behandelt. Dies geschieht intervallmäßig alle 5 Wochen. Die Behandlung wird in einem extra hierfür bereitgestellten Raum durchgeführt. Der Umstand, dass sich dieser Infusionsraum in der Ambulanz der Hautklinik befindet, ändert nichts an der Einstufung der Leistung als teilstationäre Behandlung. Entscheidend ist hier, dass die medizinisch-organisatorische Infrastruktur der Klinik verwendet wird. Insbesondere befindet sich die Klägerin während der jeweils täglich über vier Stunden andauernden Behandlung unter ständiger Überwachung durch medizinisches Fachpersonal unter ärztlicher Aufsicht. Die Infusionsbehandlung der Klägerin muss aufgrund der bei ihr bestehenden Erkrankung als teilstationäre Behandlung erfolgen und sie wird seit Jahren auch tatsächlich so erbracht. Der Behandlungsablauf stellt sich regelmäßig wiederholend wie folgt dar: Am ersten Tag der jeweiligen Behandlung findet sich die Klägerin gegen 8 Uhr in der Immunologischen Ambulanz der Hautklinik H. ein. Ihr wird ein Platz im dauerhaft hierfür eingerichteten Infusionsraum, der vier Behandlungsplätze hat, zugeteilt. Dort wird zunächst eine Blutuntersuchung mit Blutabnahme und Besprechung des Ergebnisses durchgeführt. Die Startbesprechung erfolgt durch den behandelnden Arzt. Anschließend wird der Zugang für die intravenöse Infusion gelegt. Dann erhält die Klägerin den Inhalt von vier Flaschen der Intratect-Lösung direkt hintereinander. Die Verabreichung des Inhalts einer Flasche dauert 45 Minuten. Die meiste Zeit während der Infusion schläft die Klägerin. Alle paar Minuten wird die Infusion durch medizinisches Fachpersonal überwacht. Die Klägerin befindet sich inkl Ruhezeit an diesem Tag ca vier bis viereinhalb Stunden im Infusionsraum. Am folgenden Tag werden ihr - falls notwendig - ein neuer Zugang gelegt und anschließend wiederum vier Flaschen mit der Lösung verabreicht. Nachfolgend schließt sich ein Abschlussgespräch mit dem behandelnden Arzt und die Terminvereinbarung bzgl des nächsten Intervalls an, wobei bereits von vornherein feststeht, dass die Behandlung in Intervallen von fünf Wochen erfolgt. Der Aufenthalt der Klägerin in den Räumen der Universitätsambulanz dauert am zweiten Tag ebenfalls ca vier bis viereinhalb Stunden. Nach Abschluss der Infusion leidet die Klägerin für einen Tag an Kopfschmerzen. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, die der Senat für glaubhaft erachtet und sie deshalb seiner Entscheidung zugrunde legt.
Der Anspruch der Klägerin auf teilstationäre Krankenhausbehandlung ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die zur Anwendung kommende Behandlungsmethode nach den für den ambulanten Bereich maßgeblichen Kriterien eine neue Behandlungsmethode darstellt, für die ein positives Votum des GBA nicht vorliegt. Zwar ist die Behandlungsmethode auch im stationären Bereich als "neu" anzusehen, das fehlende Votum des GBA steht jedoch hier dem Anspruch nicht entgegen.
Nach § 137c Abs 1 Satz 1 SGB V überprüft der GBA auf Antrag des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Zu § 137c SGB V in der bis zum 22.07.2015 geltenden Fassung vertrat das BSG die Auffassung, dass die Regelung nicht über ihren Wortlaut hinaus im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebigen Methoden für das Krankenhaus bis zum Erlass eines Verbots nach § 137c SGB V ausgelegt werden dürfe. Sie normiere vielmehr einen bloßen Verbotsvorbehalt und setze die Geltung des alle Naturalleistungsbereiche erfassenden Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V) auch im stationären Bereich nicht außer Kraft. Gegenteiliges bedeutete, unter Missachtung des Zwecks der GKV (vgl § 1 S 1 SGB V) die Einheit der Rechtsordnung zu gefährden. Eine Krankenhausbehandlung, die nicht nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolge und deshalb für den Patienten Schadensersatzansprüche sowie für den Krankenhausarzt strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehe, müsse nicht von den Krankenkassen bezahlt werden. § 137c SGB V bewirke vor diesem Hintergrund lediglich, dass - anders als für den Bereich der vertragsärztlichen Leistungen - der GBA nicht in einem generalisierten, zentralisierten und formalisierten Prüfverfahren vor Einführung neuer Behandlungsmethoden im Krankenhaus deren Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit überprüfe. Die Prüfung der eingesetzten Methoden im zugelassenen Krankenhaus erfolge vielmehr bis zu einer Entscheidung des GBA nach § 137c SGB V individuell, grundsätzlich also zunächst präventiv im Rahmen einer Binnenkontrolle durch das Krankenhaus selbst, sodann im Wege der nachgelagerten Außenkontrolle lediglich im Einzelfall anlässlich von Beanstandungen ex post durch die KK und anschließender Prüfung durch die Gerichte. Erst ein generalisiertes, zentralisiertes und formalisiertes Verfahren nach § 137c SGB V schaffe über den Einzelfall hinaus Regelungsklarheit im Interesse der Gleichbehandlung der Versicherten (zum Ganzen BSG 17.12.2013, B 1 KR 70/12, BSGE 115, 95).
Auf diese Grundsätze kommt es im vorliegenden Fall nicht an, weil sich der Anspruch der Klägerin auf die hier streitige Leistung bis zur Rechtskraft des Urteils des SG endgültig und nicht nur vorläufig nach der von diesem erlassenen einstweiligen Anordnung ergibt. Maßgebend ist vielmehr § 137c SGB V in der ab 23.07.2015 geltenden Fassung. Nach § 137c Abs 3 SGB V, der mWv 23.07.2015 durch Gesetz vom 16.07.2015 (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz - GKV-VSG - BGBl I 2015, 1211) eingefügt worden ist, dürfen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der GBA bisher keine Entscheidung nach Absatz 1 getroffen hat, im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden, wenn sie das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig ist. Dies gilt sowohl für Methoden, für die noch kein Antrag nach Absatz 1 Satz 1 gestellt wurde, als auch für Methoden, deren Bewertung nach Absatz 1 noch nicht abgeschlossen ist.
Wie bereits oben ausgeführt, handelt es sich bei der IVIG-Therapie nach der für den ambulanten Bereich maßgebenden Definition um eine neue Behandlungsmethode. Eine neue Methode liegt aber auch im teil- oder vollstationären Bereich vor, obwohl hierfür die Aufnahme der Leistung in den EBM nicht ausschlaggebend sein kann. Es liegt eine Methode vor, weil sich die Behandlung nicht auf die Verordnung eines Arzneimittels beschränkt, welche der Patient auf Anweisung des Arztes einnimmt, und hierauf auch gar nicht beschränken dürfte, weil das Arzneimittel, das allein zur intravenösen Verabreichung bestimmt ist, nur ärztlich angewendet werden darf. Neu ist die Methode, weil das verabreichte Arzneimittel für die konkrete Behandlung nicht zugelassen ist. Ein Antrag gem § 137c Abs 1 SGB V der antragsberechtigten Institutionen auf Zulassung dieser Behandlungsmethode liegt nicht vor. Eine Entscheidung des GBA gem § 137c Abs 1 SGB V fehlt demnach ebenfalls. Neu ist die Methode aber auch deshalb, weil ihr ein bislang noch nicht allgemein anerkanntes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt. Dieses Konzept beruht auf der Erwartung, dass mit Hilfe der IVIG über eine Immunmodulation das Auftreten eines Larynx-Ödems verhindert werden kann. Insoweit bezieht sich der Senat auf die Ausführungen von Prof. Dr. Sch. (Gutachten Seite 18).
Zur Überzeugung des Senats steht ferner fest, dass die neue Behandlungsmethode der intravenösen Immunglobulintherapie das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig ist. Hierbei ist nach dem Willen des Gesetzgebers auf das konkrete Krankheitsbild und die konkrete Situation der Klägerin abzustellen. Die ergibt sich aus der Gesetzesbegründung zu § 137c Abs 3 SGB V, die auszugsweise wie folgt lautet:
Im neuen Absatz 3 wird daher nun ausdrücklich geregelt, dass innovative Methoden, für die der Gemeinsame Bundesausschuss noch keine Entscheidung getroffen hat, im Rahmen einer nach § 39 erforderlichen Krankenhausbehandlung zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen erbracht werden können. Dies betrifft sowohl Methoden, für die noch kein Antrag nach § 137c Absatz 1 Satz 1 gestellt wurde, als auch Methoden, deren Bewertung nach § 137c Absatz 1 noch nicht abgeschlossen ist. Voraussetzung ist, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere im Einzelfall indiziert und erforderlich ist. Das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative kann sich etwa daraus ergeben, dass die Methode aufgrund ihres Wirkprinzips und der bisher vorliegenden Erkenntnisse mit der Erwartung verbunden ist, dass andere aufwändigere, für die Patientin oder den Patienten invasivere oder bei bestimmten Patientinnen oder Patienten nicht erfolgreiche Methoden ersetzt werden können oder die Methode in sonstiger Weise eine effektivere Behandlung ermöglichen kann. Das Erfordernis, wonach eine Leistungserbringung nur im Rahmen einer Studie zu Lasten der Krankenkassen möglich ist, gilt nach § 137c Absatz 2 Satz 2 demgegenüber nur für den Fall, dass der Gemeinsame Bundesausschuss eine Ausschlussentscheidung nach § 137c Absatz 1 Satz 4 (ggf. in Verbindung mit Satz 5) getroffen hat. Methoden, die nicht das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten, insbesondere weil sie schädlich oder unwirksam sind, dürfen weiterhin nicht zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden (BT-Drs 18/4095, S 122).
Eine teilstationär durchgeführte Pharmakotherapie hat als neue Behandlungsmethode zumindest dann das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative, wenn sie (1) der Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Krankheit dient, (2) für die eine nach den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin kausal wirksame Therapie nicht existiert. (3) Außerdem muss im Einzelfall eine begründete Aussicht bestehen, dass damit ein kurativer oder palliativer Behandlungserfolg erzielt werden kann, wobei es nicht darauf ankommt, dass bereits Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das eingesetzte Arzneimittel für die Behandlung der Krankheit zugelassen werden kann.
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
(1) Die Klägerin leidet an einer die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden Erkrankung. Der SLE mit Urticaria-Vasculitis kann jederzeit durch eine Zungenschwellung bzw ein sog Larynx-Ödem zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Prof. Dr. Sch., dem der Senat folgt. Wenngleich deshalb noch nicht von einer regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung gesprochen werden kann, handelt es sich doch um eine die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung. Davon geht im Übrigen auch der MDK aus. Die Erkrankung der Klägerin ist ohne Weiteres mit den Erkrankungen vergleichbar, die von der Rspr des BSG bisher als "schwerwiegend" beurteilt worden sind (vgl hierzu die Zusammenfassung im Urteil des BSG vom 14.05.2014, B 6 KA 21/13 R, BSGE 116, 1).
(2) Eine nach den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin kausal wirksame Therapie für diese Erkrankung existiert nicht. Schon Dr. B. hat in der ersten Stellungnahme des MDK vom 20.11.2009 darauf hingewiesen, dass die Klägerin seiner Einschätzung nach nicht mehr mit etablierten Therapiemethoden behandelt werden könne. Bei der Behandlung der schweren Urticaria-Vasculitis sowohl im Rahmen eines SLE als auch als eigenständige Erkrankung kann nicht von etablierten Behandlungsverfahren gesprochen werden. Die zur Verfügung stehenden Behandlungsverfahren und deren Alternativen basieren überwiegend auf kleinen Fallserien und Fallstudien. Es gibt keine randomisierten kontrollierten Behandlungsstudien zur Behandlung dieser Manifestation bzw Erkrankung. Azathioprin, Mycophenolat-Mofetil, Cyclosporin oder Cyclophosphamid sind mögliche Behandlungsalternativen zur Behandlung des SLE mit Urticaria-Vasculitis. Bei fehlenden randomisiert kontrollierten klinischen Studien ergibt sich jedoch für keine der genannten Methoden ein hoher Evidenzgrad. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Prof. Dr. Sch., das dieser für das SG erstattet hat. Bestätigt wird dies durch die ergänzende Stellungnahme, die der gerichtliche Sachverständige gegenüber dem Senat abgegeben hat. Danach kann zwar der SLE als systematisch erforscht gelten, doch beruht die Literatur zur Urticaria-Vasculitis auf Fallberichten, Fallserien und kleineren epidemiologischen Untersuchungen und Übersichtsarbeiten. Seltenheit und unzureichende Definitionen und Klassifizierungen der Urticaria-Vasculitis erschweren die systematische Erforschung der Erkrankung deutlich.
(3) Im konkreten Fall besteht eine begründete Aussicht, dass mit der IVIG ein kurativer oder palliativer Behandlungserfolg erzielt werden kann. Im Fall der Klägerin erfolgt die Behandlung des SLE nicht kurativ (iSv auf eine Heilung der Erkrankung ausgerichtet), sondern palliativ. Es soll - bei unverändert fortbestehender Grunderkrankung - verhindert werden, dass lebensbedrohliche Krankheitsschübe auftreten. Die Therapie ist auch medizinisch indiziert und notwendig. Dies steht schon aufgrund der überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. Sch. und der letzten Stellungnahme von Dr. Bö. vom MDK fest. Prof. Dr. Sch. hat nachvollziehbar ausgeführt, dass die Erkrankungsaktivität bzgl der Urtikaria-Vaskulitis unter der Immunglobulintherapie sehr gut kontrolliert ist und der Wirknachweis bereits erfolgt ist. Seit Beginn der Therapie sind die potentiell lebensbedrohlichen Zungenschwellungen bzw Larynx-Ödeme nicht mehr aufgetreten. Ein erkrankungstypischer Hautausschlag zeigte sich seither nicht mehr. Es stellte sich nach Beginn der Therapie eine klinische und laborchemische Besserung ein. Demgegenüber waren alle zuvor durchgeführten Behandlungsmethoden samt Verordnungen von Arzneimitteln erfolglos. Dr. Bö. hat zutreffend darauf hingewiesen, dass aus rein medizinischer Sicht die Weiterführung der begonnenen IVIG-Therapie zu befürworten ist, weil die Klägerin offensichtlich dadurch beschwerdefrei ist. Zudem befürwortet er ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen die langsame Umstellung auf andere Arzneimittel und deren Testung bei zunächst gleichzeitiger Beibehaltung der Immunglobulintherapie. Es sollte also nicht die Wirksamkeit der konkreten Behandlung, sondern die Wirksamkeit der wirtschaftlich günstigeren - aber ebenfalls nicht kausal wirksamen - Methode ausprobiert werden. Bei dieser Sachlage steht für den Senat außer Zweifel, dass die IVIG das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative auch für die Zukunft bietet, wenn sie bei der Klägerin jetzt seit Jahren sogar schon tatsächlich besser wirkt und deshalb effektiver ist, als sonstige denkbare Behandlungsmöglichkeiten. Dass die Anwendung der IVIG in der Immunologischen Ambulanz des Uniklinikums H. durch Prof. Enk nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, steht für den Senat ebenfalls fest und wird auch von der Beklagten und dem MDK nicht in Zweifel gezogen.
Nach Auffassung des Senats kommt es für eine teilstationär durchgeführte Pharmakotherapie – anders als für die ambulante – nicht darauf an, dass bereits Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das im Rahmen der Pharmakotherapie zum Einsatz kommende Arzneimittel für die Behandlung der Krankheit zugelassen werden kann. Dies folgt daraus, dass das Gesetz in § 137c SGB V mit dem Begriff "Potential" die Anforderungen an die geforderte Evidenz im Rahmen des Qualitätsgebots iSd § 2 Abs 1 Satz 3 SGBV herabsetzt. Die Regelung schafft zumindest in der seit dem 23.07.2015 geltenden Fassung nicht nur Raum für den GBA, Richtlinien zur Erprobung nach § 137e SGB V zu beschließen, wenn die Überprüfung im Rahmen des § 137c SGB V ergibt, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet. Bei diesem Verständnis hätte Abs 3 der genannten Regelung keinen Anwendungsbereich, denn die Vorschrift betrifft nicht den Erlass von Erprobungsrichtlinien, sondern ausdrücklich und ausschließlich die Anwendung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden. Eine Behandlungsmethode hat in den Fällen, in denen es – wie hier – eine anerkannte Behandlungsmethode nicht gibt, das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative, wenn ihre Wirksamkeit zwar nicht durch randomisiert-kontrollierte klinische Studien belegt ist, es aber Fallberichte, Fallserien, kleinere epidemiologische Untersuchungen und Übersichtsarbeiten gibt, die einen Behandlungserfolg möglich erscheinen lassen. Ein solcher Fall ist hier gegeben, wie sich aus den überzeugenden Ausführungen des Prof. Dr. Sch. ergibt. Nach Auffassung des gerichtlichen Sachverständigen, dem sich der Senat anschließt, ist zudem die Wahrscheinlichkeit, dass die IVIG bei der Erkrankung wirkt ("anschlägt") höher als bei den von der Beklagten ins Feld geführten Behandlungsalternativen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
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