Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 150/15 KL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 A 3/15 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, welche Aufsichtsbehörde für die klagende Betriebskrankenkasse (BKK) zuständig ist.
Die Klägerin ist durch Fusion der V-BKK und der Z. BKK am 1. Juli 2010 unter dem Namen "Vereinigte BKK" entstanden. Am 1. Januar 2011 folgte eine weitere Fusion mit der BKK Y. Bereits 1999 öffnete sich die V-BKK, wodurch jeder, der die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft erfüllte, Versicherter werden konnte. Nach Insolvenz und Abwicklung der VX. AG im Jahre 2012 bzw. 2013 und entsprechenden Betriebsschließungen im ganzen Bundesgebiet reduzierten sich die sog. Trägerbetriebe der Klägerin - unstreitig - auf Unternehmen mit Sitz in Hessen und Baden-Württemberg. Die Klägerin selbst hat ihren Sitz in Frankfurt.
Die Klägerin legte dem bisher für die Aufsicht zuständigen Bundesversicherungsamt im Mai 2014 eine Satzungsänderung zur Genehmigung vor. Das Bundesversicherungsamt teilte der Klägerin mit Schreiben vom 12. August 2014 mit, dass die Klägerin durch den Wegfall der VX. AG ein landesunmittelbarer Sozialversicherungsträger geworden sei, da sich der Kassenbereich nur noch auf die Länder Hessen und Baden-Württemberg erstrecke. Die Aufsichtsführung werde daher an das zuständige Regierungspräsidium Darmstadt abgegeben. Das Schreiben enthielt keine Rechtsmittelbelehrung. Das Regierungspräsidium wurde mit Schreiben gleichen Datums informiert. Mit Bescheid vom 28. August 2014 bestätigte das Bundesversicherungsamt, dass die Klägerin aufgrund von Veränderungen im Kassenbereich mit Wirkung zum 1. September 2014 ein landesunmittelbarer Sozialversicherungsträger werde. Auch unter Berücksichtigung der in einem neuen Satzungsentwurf genannten weiteren Unternehmen bleibe es bei der Erstreckung auf die Bundesländer Hessen und Baden-Württemberg. Gemäß § 173 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Band V – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) müsse sich aus der Satzung der BKK die Zuständigkeit für die Betriebe ergeben, von denen sie gemäß § 173 Abs. 2 Nr. 4 SGB V – abgestellt auf die Gebiete der Länder – das Satzungswahlrecht ableite. Mithin gelte die unmittelbare Rechtsfolge des § 90 Abs. 3 Sozialgesetzbuch, Band IV, Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV).
Die Klägerin hat am 15. September 2014 unter Beifügung einer Satzung Klage zum Hessischen Landessozialgericht erhoben.
Das Landessozialgericht hat mit Beschluss vom 19. Januar 2015 (berichtigt mit Beschluss vom 29. September 2015) das Land Hessen, vertreten durch das Regierungspräsidium Darmstadt gemäß § 75 Sozialgerichtsgesetz (SGG) notwendig zum Verfahren beigeladen und vor dem Hintergrund eines vor dem Bundessozialgericht (BSG) anhängigen Verfahrens zum aufsichtsrechtlichen Zuständigkeitsbereich von Innungskrankenkassen (B 1 A 10/13 R) mit Beschluss vom 19. Februar 2015 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Das BSG hat mit Urteil vom 10. März 2015 (B 1 A 10/13 R) entschieden, dass nicht ein statischer Zustand aus der Vergangenheit, sondern der sich wandelnde jeweilige Stand der Verteilung der festen Arbeitsstätten der erfassten Innungsbetriebe der Trägerinnungen der Länder für die Aufsichtszuständigkeit maßgeblich sei. Folge der dynamischen Regelung sei, dass ein Land, in dem keine festen Arbeitsstätten der den Trägerinnungen angehörenden Betriebe mehr existieren, nicht mehr zum aufsichtsrechtlichen und mitgliedschaftsrechtlichen Zuständigkeitsbereich der IKK gehörten. Die Regelungen der §§ 161 Satz 4, 162 Satz 4 und 163 Satz 3 SGB V sowie des § 173 Abs. 2 S. 2 Teil 2 SGB V stünden dem nicht entgegen. Eine "statische" Betrachtungsweise, wonach die Erstreckung einer IKK nur den Zuständigkeitsbereich erfasse, der sich bei Inkrafttreten des § 173 Abs. 2 S. 2 SGB V oder im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzungsregelung nach § 173 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 SGB V ergeben habe, habe keinen Niederschlag in der Rechtsnorm gefunden.
Nach Wiederaufruf des Verfahrens durch das beklagte Bundesversicherungsamt mit Schriftsatz vom 8. Mai 2015 ist das Klageverfahren unter dem Aktenzeichen L 1 KR 150/15 KL fortgesetzt worden.
Zur Klagebegründung trägt die Klägerin vor: Die angefochtenen Bescheide seien rechtwidrig; die richtige Auslegung des § 173 Abs. 2 Satz 2 SGB V vermittele der Klägerin weiterhin ihre bundesweite Zuständigkeitserstreckung und damit auch die Zuständigkeit der Beklagten als Aufsichtsbehörde. Maßgeblich sei, dass sich der Zuständigkeitsbereich der Klägerin zum Zeitpunkt der Öffnung im Jahr 1999 auf das ganze Bundesgebiet erstreckt habe. Die Klägerin vertritt die Auffassung, das Urteil des BSG vom 10. März 2015 (B 1 A 10/13 R) sei auf den vorliegenden Rechtsstreit nicht übertragbar. Das Urteil behandle die Erweiterung des Kassenbereichs und die Abgabe der Aufsicht von einem Land an den Bund, während es vorliegend um die "Schrumpfung" des Kassenbereichs gehe. Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes in den Fortbestand des Kassenbereichs sowie die Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Kasse aufgrund des verkleinerten Kassenbereichs und damit des "Austrocknens des Mitgliederbestandes" seien vom BSG gerade nicht zu entscheiden gewesen. Eine dynamische Bestimmung des Zuständigkeitsbereichs in diesem Fall stehe im Widerspruch zum Willen des Gesetzgebers, wie den Materialien zu § 173 Abs. 2 Satz 2 SGB V zu entnehmen sei (BT-Drucks. 12/3608, S. 113). Für eine Auslegung des Gesetzes im statischen Sinne spreche auch die Systematik des SGB V: Durch die Wahrnehmung der Öffnungsmöglichkeit sollten Betriebskrankenkassen und Trägerbetriebe rechtlich entkoppelt werden. Selbst wenn eine BKK alle ihre Trägerunternehmen verliere, bleibe sie weiterhin als sog. virtuelle BKK bestehen (§ 153 Satz 1 Nr. 1 SGB V). Ergänzend macht die Klägerin rechtliche Ausführungen zur Gesamtauslegung der einschlägigen Bestimmungen für das Fortbestehen "virtueller" Betriebskrankenkassen und trägt u.a. vor: Eine geöffnete sog. virtuelle BKK dürfe nicht geschlossen werden. Ein dynamisches Verständnis der Zuständigkeitsregelung würde aber dazu führen, dass dieser virtuellen BKK nach Untergang aller Trägerunternehmen kein Zuständigkeitsbereich mehr zugesprochen werden könne. Aus dem Fehlen eines Auflösungstatbestandes sei jedoch zu folgern, dass der BKK als öffentlich-rechtliche Körperschaft ein Zuständigkeitsbereich verbleiben müsse. Eine solche Regelung mache aber nur Sinn, wenn sie der virtuellen BKK nach der Art eines Bestandschutzes den früheren Zuständigkeitsbereich erhalte. Zudem liege es auf der Hand, dass eine virtuelle BKK, die bundesweit über einen Versicherungsstamm verfüge, nach Wegfall aller Trägerunternehmen nicht von einer einzelnen Landesaufsicht hinreichend wirksam beaufsichtigt werden könne. Bei Beschneidung des Zuständigkeitsbereichs einer bundesweiten virtuellen BKK wäre der Fortbestand der BKK in hohem Maße gefährdet, was der vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollten Wahlfreiheit der Versicherten nach Einführung der Öffnungsklausel und dem Wettbewerb der Kassen untereinander widersprechen würde.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 12. August 2014 und vom 28. August 2014 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Bundesversicherungsamt vertritt die Auffassung, die tragenden Gründe des Urteils des BSG vom 10. März 2015 (B 1 A 10/13 R) seien auf den vorliegenden Rechtsstreit übertragbar. Auch vorliegend sei zu entscheiden, ob bei der Bewertung der aufsichtsrechtlichen Zuständigkeit bezüglich einer geöffneten BKK gemäß § 173 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB V das tatsächliche Vorhandensein von betreuten Betrieben einschließlich unselbstständiger Betriebsteile – in mehr als drei Bundesländern auschlaggebend sei. Zu § 163 Satz 3 SGB V, der dem von der Klägerin ausdrücklich angeführten § 153 Satz 1 Nr. 1 SGB V entsprechenden Regelung, habe das BSG entschieden, dass diese Norm dem dynamischen Verständnis des Zuständigkeitsbereichs im Sinne des § 90a Abs. 2 SGB IV und § 173 Abs. 2 Satz 2 SGB V nicht entgegenstehe. Weder aus § 173 Abs. 2 Satz 2 SGB V noch aus den Entscheidungsgründen des Urteils des BSG vom 10. März 2015 ergebe sich ein Anhaltspunkt dafür, dass der vorliegende Fall einer Beschränkung des Erstreckungsbereichs abweichend von dem einer Erweiterung zu beurteilen sei. Daraus, dass bei Wegfall aller Trägerbetriebe einer geöffneten BKK diese nicht geschlossen werden dürfe (§ 153 Satz 1 Nr. 1 SGB V), könne nicht gefolgert werden, dass der unstreitige Wegfall der VX. AG im Falle der Klägerin ohne Auswirkungen auf den Zuständigkeitsbereich der Klägerin geblieben sei. Ergänzend merkt die Beklagte an, dass die Frage des Zuständigkeitsbereichs einer virtuellen BKK ohne einen verbleibenden Trägerbetrieb in ihrer Aufsichtspraxis keine praktische Bedeutung habe. Bei Auflösung oder Schließung von Trägerbetrieben reagierten die betroffenen Betriebskrankenkassen z.B. mit einer freiwilligen Vereinigung mit einer anderen Kasse.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Er hält sich nicht für zuständig und schließt sich dem Vortrag der Klägerin an.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen sowie wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten und die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig. Das Landessozialgericht ist nach § 29 Abs. 2 Nr. 2 SGG zur Entscheidung berufen. Danach entscheiden die Landessozialgerichte im ersten Rechtszug u.a. über Aufsichtsangelegenheiten gegenüber Trägern der Sozialversicherung und ihrer Verbände, bei denen die Aufsicht von einer Landes- oder Bundesbehörde ausgeübt wird.
Die Klägerin greift zulässig die Erklärung der Beklagten in den Bescheiden vom 12. August 2014 und vom 28. August 2014 an, die Klägerin werde aufgrund der Veränderungen im Kassenbereich mit Wirkung zum 1. September 2014 ein landesunmittelbarer Sozialversicherungsträger und die Beklagte gebe als Folge hieraus die Aufsicht über die Klägerin an den Beigeladenen ab. Der erkennende Senat kann offenlassen, ob es sich um eine Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) oder eine Aufsichtsklage (§ 54 Abs. 3 SGG) handelt. Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann auch mit der Aufsichtsklage die Aufhebung einer "Anordnung der Aufsichtsbehörde" begehren. So liegt es hier. Die Zuständigkeitserklärung der Beklagten ist ein feststellender Verwaltungsakt (§ 31 Satz 1 SGB X) und zugleich eine aufsichtsbehördliche Anordnung. Das folgt aus einer Auslegung aus dem Empfängerhorizont. Die Beklagte stellte ankündigungsgemäß (nach entsprechender Information des Beigeladenen) klar, mit Wirkung ab 1. September 2014 die Aufsicht über die Klägerin abzugeben, obwohl die Klägerin sich hiergegen gewandt hatte. Der Regelungsgehalt entfällt nicht etwa deshalb, weil Versicherungsträger der Aufsichtsbehörde bereits durch das Gesetz zugewiesen werden, ohne dass es eines Umsetzungsaktes bedarf. So hat der Bund, vertreten durch das Bundesversicherungsamt, grundsätzlich die ihm durch Gesetz oder sonstiges Recht übertragenen Aufgaben wahrzunehmen (§ 94 Abs. 2 S. 1 SGB IV). Die Aufsicht über die Versicherungsträger gehört hierzu (§ 90 Abs. 1 bis 3 SGB IV, hierzu insgesamt: BSG, Urteil vom 10. März 2015, B 1 A 10/13 R). Die aufsichtsrechtlichen Zuständigkeitsregelungen des SGB IV stehen einer deklaratorischen Feststellung der Zuständigkeit nicht entgegen. Die Feststellung schafft Klarheit, wenn - wie hier - zwischen dem Versicherungsträger und den überhaupt als zuständig in Betracht kommenden Aufsichtsbehörden Streit über die Zuständigkeit besteht. Die sich für nicht zuständig haltende Aufsichtsbehörde kann durch die Zuständigkeitserklärung eine der Rechtssicherheit dienende Klärung in den Fällen eines streitigen Zuständigkeitswechsels herbeiführen (BSG, a.a.O.).
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Beklagte stellt mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht fest, dass der Beigeladene die für die Klägerin zuständige Aufsichtsbehörde ist. Die Klägerin unterliegt der Aufsicht des Beigeladenen, denn sie ist ein landesunmittelbarer Versicherungsträger, weil sich ihr Zuständigkeitsbereich lediglich auf zwei Länder erstreckt.
Nach § 90 Abs. 1 Satz 1 SGB IV in der für den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides maßgeblichen Fassung führt das Bundesversicherungsamt die Aufsicht über die Versicherungsträger, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt (bundesunmittelbare Versicherungsträger). Die Aufsicht über die Versicherungsträger, deren Zuständigkeitsbereich sich nicht über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt (landesunmittelbare Versicherungsträger), führen die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder oder die von den Landesregierungen durch Rechtsverordnung bestimmten Behörden (§ 90 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Abweichend von Absatz 1 führen die Verwaltungsbehörden im Sinne des Absatzes 2 die Aufsicht über Versicherungsträger, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes, aber nicht über mehr als drei Länder hinaus erstreckt und für die das aufsichtführende Land durch die beteiligten Länder bestimmt ist (§ 90 Abs. 3 SGB IV). Diese Bestimmung trifft der Staatsvertrag über die Bestimmung aufsichtsführender Länder nach Art. 87 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1997 (maßgeblich für die Aufsichtsbehörde des Beigeladenen durch Gesetz zu dem Staatsvertrag vom 30. April 1997, Hess. GVBl. I 1997, 75).
Die Zuständigkeit der Aufsicht über einen sozialen Versicherungsträger bemisst sich dabei nach dessen territorialem Zuständigkeitsbereich (BSG, a.a.O.). Für geöffnete BKKn wie die Klägerin wird der Zuständigkeitsbereich bestimmt durch die Länder (§ 173 Abs. 2 Satz 2 SGB V), für die sie ihrer Satzung nach zuständig sind (§ 90a Abs. 2 SGB IV). Das ist das Territorium, in dem die Satzung nach § 173 Abs. 2 Satz 2 SGB V gilt. Die Satzung gilt danach - falls sie wie bei der Klägerin eine Öffnungsregelung (§ 173 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB V) enthält - für die Gebiete der Länder, in denen Betriebe bestehen, wenn die Zuständigkeit für diese Betriebe sich aus der Satzung der BKK ergibt; soweit eine Satzungsregelung am 31. März 2007 für ein darüber hinausgehendes Gebiet gegolten hat, bleibt dies unberührt; die Satzung darf das Wahlrecht nicht auf bestimmte Personen beschränken oder von Bedingungen abhängig machen (vgl. § 173 Abs. 2 Satz 2 SGB V). Maßgeblich für die Bestimmung des aufsichtsrechtlichen Zuständigkeitsbereichs einer geöffneten BKK ist damit allein die räumliche Verteilung der Trägerbetriebe.
Danach erstreckt sich der aufsichts- und mitgliedschaftsrechtliche Zuständigkeitsbereich der Klägerin jedenfalls ab 1. September 2014 auf lediglich zwei Länder. Denn zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass sich die Trägerbetriebe der Klägerin nach Insolvenz und Abwicklung der VX. AG lediglich auf zwei Bundesländer (Hessen und Baden-Württemberg) beschränkten. Damit ist die Klägerin (mit Wirkung zum 1. September 2014) ein landesunmittelbarer Sozialversicherungsträger, für den der Beigeladene gemäß § 90 Abs. 2 und 3 SGB IV i.V.m. § 1 der Verordnung über die Zuständigkeit nach dem Sozialgesetzbuch vom 6. Juli 2012 (Hess. GVBl. I 2012, 234) und Art. 1 Abs. 1 des Gesetzes über den Staatsvertrag über die Bestimmung aufsichtsführender Länder nach Art. 87 Abs. 2 GG vom 30. April 1997 (Hess. GVBl. I 1997, 75) aufsichtsrechtlich zuständig ist.
Auf die Tatsache, dass die Klägerin seit ihrer Öffnung im Jahr 1997 bis zur Insolvenz und Abwicklung der VX. AG im Jahr 2013 über Trägerbetriebe im ganzen Bundesgebiet verfügte und folglich einen bundesweiten aufsichts- und mitgliedschaftsrechtlichen Zuständigkeitsbereich hatte, kommt es nicht an. Nach Auffassung des Senats ist für die Bestimmung des aufsichtsrechtlichen Zuständigkeitsbereichs einer BKK nicht ein statischer Zustand aus der Vergangenheit, sondern der sich wandelnde jeweilige Stand der Verteilung der Trägerbetriebe auf die Länder maßgeblich. Der Senat folgt damit der Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 10. März 2015 (B 1 A 10/13 R). Das BSG weist zurecht darauf hin, dass schon der Gesetzeswortlaut verdeutlicht, dass es für die Zuständigkeitsbereiche um die Gebiete der Länder geht, in welchen Betriebe "bestehen" und nicht etwa bloß bestanden haben (vgl. § 173 Abs. 2 Satz 2 SGB V, § 90a Abs. 2 SGB IV). Das BSG führt hierzu im Einzelnen aus (BSG, a.a.O., Rn. 25-28, juris):
"Dafür spricht auch die Gesetzesentwicklung. Die Rechtsprechung des BSG vertrat bereits zum früheren Rechtszustand bei unmittelbarer Anwendung des Art 87 Abs 2 GG die Auffassung, dass eine betriebsbezogene räumliche Ausdehnung des Zuständigkeitsbereichs einer KK zu Änderungen der aufsichtsrechtlichen Zuständigkeit führt (vgl für Betriebskrankenkassen BSGE 24, 171, 174 = SozR Nr 3 zu GG Art 87). Von dieser Auffassung rückte der Gesetzgeber in der Folgezeit nicht etwa ab, sondern trug ihr Rechnung: Er fügte als Folge der Änderung des Art 87 GG (Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 3, 20a, 28, 29, 72, 74, 75, 76, 77, 80, 87, 93, 118a und 125a) vom 27.10.1994, BGBl II 3146) rückwirkend zum 15.11.1994 der Zuständigkeitsregelung des § 90 SGB IV den Abs 3 an (Art 1 Nr 7 3. SGBÄndG vom 30.6.1995, BGBl I 890). Die Regelung trägt dem dynamischen Verständnis Rechnung und entspricht Art 87 Abs 2 S 2 GG. Folge der dynamischen Regelung ist, dass ein Land, in dem keine festen Arbeitsstätten der den Trägerinnungen angehörenden Betriebe mehr existieren, nicht mehr zum aufsichts- und mitgliedschaftsrechtlichen Zuständigkeitsbereich der IKK gehört. Die Regelungen der §§ 161 S 4, 162 S 4 und 163 S 3 SGB V sowie des § 173 Abs 2 S 2 Teils 2 SGB V stehen dem nicht entgegen (aA Blöcher in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 173 RdNr 28 - gemischt statisch-dynamische Betrachtungsweise mit der Behauptung eines Bestandsschutzes).
Eine "statische" Betrachtungsweise, wonach die Erstreckung einer IKK nur den Zuständigkeitsbereich erfasst, der sich bei Inkrafttreten des § 173 Abs 2 S 2 SGB V idF des GSG zum 1.1.1996 oder im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzungsregelung nach § 173 Abs 2 S 1 Nr 4 SGB V (dafür Schnapp NZS 2004, 113, 116) ergab, hat keinen Niederschlag in der Rechtsnorm gefunden. Im Gegenteil hätte es, wenn der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Öffnungsklausel den mitgliedschaftsrechtlichen - und damit zugleich den aufsichtsrechtlichen - Zuständigkeitsbereich der damals bestehenden geöffneten IKKn (und der BKKn) ungeachtet einer späteren Ausdehnung der abgegrenzten Region iS des § 143 Abs 1 SGB V "eingefroren" hätte, der Ausnahmeregelung des § 173 Abs 2 S 2 Teils 2 SGB V (idF durch Art 1 Nr 133 Buchst a DBuchst bb GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378, mWv 1.4.2007) nicht bedurft. Sie lautet: "soweit eine Satzungsregelung am 31. März 2007 für ein darüber hinausgehendes Gebiet gegolten hat, bleibt dies unberührt." Die zuvor geltende Fassung (§ 173 Abs 2 S 2 Teils 1 SGB V aF) bestimmte: "Falls die Satzung eine Regelung nach Nummer 4 enthält, gilt diese für abgegrenzte Regionen im Sinne des § 143 Abs. 1, in denen Innungsbetriebe bestehen und die Zuständigkeit für diese Betriebe sich aus der Satzung der Innungskrankenkasse ergibt". Dies ließ bei länderübergreifenden AOK-Fusionen eine akzessorische Erstreckung der IKKn (und der BKKn) zu (vgl Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks 16/4247 S 51). Das GKV-WSG regelt hingegen wie dargelegt, dass die satzungsrechtliche IKK-Öffnung für die Gebiete der Länder gilt, in denen Innungsbetriebe bestehen. Abweichende, zT in den Gesetzesmaterialien geäußerte Vorstellungen (vgl Gesetzentwurf eines GSG der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP, BT Drucks 12/3608 S 113) hat der Gesetzestext nicht übernommen.
Die aufgezeigte gesetzliche Regelungskonzeption des § 173 Abs 2 S 2 SGB V ermächtigt den Satzungsgeber nicht dazu, nach seinem Belieben den räumlichen Zuständigkeitsbereich seiner IKK festzulegen. Er bezeichnet diesen mittelbar, indem er die Trägerinnungen als Grundlage der Zuordnung zugehöriger Innungsbetriebe benennt. Die deklaratorische Umschreibung des räumlichen Zuständigkeitsgebiets der IKK in der Satzung - Liste der Innungsbetriebe und Erstreckung auf die Bundesländer - ist aber dienlich, um den hierzu berechtigten Versicherten die Ausübung ihres Wahlrechts zu ermöglichen. ( )
§ 173 Abs 2 S 2 SGB V regelt abschließend und zwingend den Zuständigkeitsbereich geöffneter IKKn für Versicherungspflichtige und Versicherungsberechtigte (Mitglieder). Eine IKK ist zwar in ihrer Entscheidung frei, sich gegenüber den Versicherten zu öffnen, die vor Inkrafttreten der mit dem GSG eingeführten Vorschriften über die (erweiterten) Wahlrechte der Mitglieder keinen Zugang zur IKK hatten (vgl zum Mitgliederkreis der IKKn vor dem Inkrafttreten des GSG zum 1.1.1996: §§ 175, 180, 181, § 182 Abs 3, § 183 Abs 4, § 184 Abs 1 Nr 2 und 3, Abs 3 bis 5, § 185 Abs 1, Abs 2 Nr 1 und 3 SGB V idF durch Art 1 Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz - GRG) vom 20.12.1988, BGBl I 2477). Eine geöffnete IKK kann aber ungeachtet des Verbots, das Wahlrecht auf bestimmte Personen zu beschränken (§ 173 Abs 2 S 2 Teils 3 SGB V), nicht den Kreis der wahlberechtigten Mitglieder abweichend von § 173 Abs 2 S 2 SGB V durch ihre Satzung festlegen. Der Hinweis des Gesetzes auf die "Satzung" umschreibt verkürzend ihre Geltung für die Gebiete der Länder, in denen von der Handwerksrolle erfasste Innungsbetriebe bestehen, deren Inhaber Mitglieder der sich aus der Satzung der IKK ergebenden Trägerinnungen sind."
Die Ausführungen des BSG im Urteil vom 10. März 2015 (B 1 A 10/13 R) sind auf den vorliegenden Rechtsstreit übertragbar, zumal die maßgeblichen Regelungen in §§ 90, 90a SGB IV und § 173 Abs. 2 Satz 2 SGB V zu IKKn einerseits und BKKn andererseits identisch sind.
Einer dynamischen Beurteilung des aufsichts- und mitgliedschaftsrechtlichen Zuständigkeitsbereichs der Klägerin steht auch nicht entgegen, dass das BSG in dem zitierten Urteil über die Erweiterung des Kassenbereichs und die Abgabe der Aufsicht von einem Land an den Bund zu entscheiden hatte, während vorliegend eine Reduzierung des Kassenbereichs und der Übergang der Aufsicht vom Bund auf ein Land streitgegenständlich sind. Für die - abstrakte - Beurteilung des aufsichts- und mitgliedschaftsrechtlichen Zuständigkeitsbereichs einer geöffneten BKK kann schon vor dem Hintergrund einer gleichmäßigen Rechtsanwendung nicht auf unterschiedliche Zeitpunkte abgestellt werden. Auch die von der Klägerin in diesem Zusammenhang angeführten Vertrauensschutzgesichtspunkte rechtfertigen es nicht, im Falle der "Schrumpfung" des Kassenbereichs ausnahmsweise auf einen früheren - statischen - Zeitpunkt, z.B. die Öffnung der Krankenkasse, abzustellen. Das BSG spricht sich ausdrücklich gegen eine gemischt statisch-dynamische Betrachtungsweise (so: Blöcher in jurisPK-SGB V § 173 Rn. 28) mit der Begründung aus, dass eine statische Betrachtungsweise jedenfalls keinen Niederschlag in der Rechtsnorm gefunden habe; insbesondere die in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 12/3608, 113) vertretene Auffassung habe der Gesetzestext gerade nicht übernommen (BSG, a.a.O., Rn. 26, juris). Das BSG hat in dem zit. Urteil trotz Kenntnis der in der Literatur vertretenen Auffassung zur Beibehaltung der statischen Zuständigkeitsregelung gerade auch im Fall der Schließung einzelner Trägerbetriebe einschließlich der Diskussion eines Bestandschutzes (so: Blöcher, a.a.O.; Schnapp, NZS 2004, 113, 116) die dynamische Betrachtungsweise als maßgeblich erachtet. Ausdrücklich heißt es im Urteil daher auch (B 1 A 10/13 R, Rn. 25, juris):
"Folge der dynamischen Regelung ist, dass ein Land, in dem keine festen Arbeitsstätten der den Trägerinnungen angehörenden Betriebe mehr existieren, nicht mehr zum aufsichtsrechtlichen und mitgliedschaftsrechtlichen Zuständigkeitsbereich der IKK gehört."
Dem schließt sich der Senat an.
Etwas anderes ergibt sich nach Auffassung des Senats auch nicht aus den rechtlichen Ausführungen der Klägerin zum Auflösungsverbot sog. virtueller BKKn und den von ihr diskutierten rechtlichen Folgen für den aufsichts- und mitgliedschaftsrechtlichen Zuständigkeitsbereich einer solchen virtuellen BKK. Die Klägerin ist keine virtuelle BKK ohne Trägerbetriebe, denn nach der hier vertretenen dynamischen Betrachtungsweise bestehen Trägerbetriebe in Hessen und Baden-Württemberg. Aus der - nach dem Vortrag der Beklagten wohl nur theoretischen – Sonderkonstellation einer geöffneten BKK ohne Trägerbetriebe kann die Klägerin jedenfalls nichts ableiten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, welche Aufsichtsbehörde für die klagende Betriebskrankenkasse (BKK) zuständig ist.
Die Klägerin ist durch Fusion der V-BKK und der Z. BKK am 1. Juli 2010 unter dem Namen "Vereinigte BKK" entstanden. Am 1. Januar 2011 folgte eine weitere Fusion mit der BKK Y. Bereits 1999 öffnete sich die V-BKK, wodurch jeder, der die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft erfüllte, Versicherter werden konnte. Nach Insolvenz und Abwicklung der VX. AG im Jahre 2012 bzw. 2013 und entsprechenden Betriebsschließungen im ganzen Bundesgebiet reduzierten sich die sog. Trägerbetriebe der Klägerin - unstreitig - auf Unternehmen mit Sitz in Hessen und Baden-Württemberg. Die Klägerin selbst hat ihren Sitz in Frankfurt.
Die Klägerin legte dem bisher für die Aufsicht zuständigen Bundesversicherungsamt im Mai 2014 eine Satzungsänderung zur Genehmigung vor. Das Bundesversicherungsamt teilte der Klägerin mit Schreiben vom 12. August 2014 mit, dass die Klägerin durch den Wegfall der VX. AG ein landesunmittelbarer Sozialversicherungsträger geworden sei, da sich der Kassenbereich nur noch auf die Länder Hessen und Baden-Württemberg erstrecke. Die Aufsichtsführung werde daher an das zuständige Regierungspräsidium Darmstadt abgegeben. Das Schreiben enthielt keine Rechtsmittelbelehrung. Das Regierungspräsidium wurde mit Schreiben gleichen Datums informiert. Mit Bescheid vom 28. August 2014 bestätigte das Bundesversicherungsamt, dass die Klägerin aufgrund von Veränderungen im Kassenbereich mit Wirkung zum 1. September 2014 ein landesunmittelbarer Sozialversicherungsträger werde. Auch unter Berücksichtigung der in einem neuen Satzungsentwurf genannten weiteren Unternehmen bleibe es bei der Erstreckung auf die Bundesländer Hessen und Baden-Württemberg. Gemäß § 173 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Band V – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) müsse sich aus der Satzung der BKK die Zuständigkeit für die Betriebe ergeben, von denen sie gemäß § 173 Abs. 2 Nr. 4 SGB V – abgestellt auf die Gebiete der Länder – das Satzungswahlrecht ableite. Mithin gelte die unmittelbare Rechtsfolge des § 90 Abs. 3 Sozialgesetzbuch, Band IV, Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV).
Die Klägerin hat am 15. September 2014 unter Beifügung einer Satzung Klage zum Hessischen Landessozialgericht erhoben.
Das Landessozialgericht hat mit Beschluss vom 19. Januar 2015 (berichtigt mit Beschluss vom 29. September 2015) das Land Hessen, vertreten durch das Regierungspräsidium Darmstadt gemäß § 75 Sozialgerichtsgesetz (SGG) notwendig zum Verfahren beigeladen und vor dem Hintergrund eines vor dem Bundessozialgericht (BSG) anhängigen Verfahrens zum aufsichtsrechtlichen Zuständigkeitsbereich von Innungskrankenkassen (B 1 A 10/13 R) mit Beschluss vom 19. Februar 2015 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Das BSG hat mit Urteil vom 10. März 2015 (B 1 A 10/13 R) entschieden, dass nicht ein statischer Zustand aus der Vergangenheit, sondern der sich wandelnde jeweilige Stand der Verteilung der festen Arbeitsstätten der erfassten Innungsbetriebe der Trägerinnungen der Länder für die Aufsichtszuständigkeit maßgeblich sei. Folge der dynamischen Regelung sei, dass ein Land, in dem keine festen Arbeitsstätten der den Trägerinnungen angehörenden Betriebe mehr existieren, nicht mehr zum aufsichtsrechtlichen und mitgliedschaftsrechtlichen Zuständigkeitsbereich der IKK gehörten. Die Regelungen der §§ 161 Satz 4, 162 Satz 4 und 163 Satz 3 SGB V sowie des § 173 Abs. 2 S. 2 Teil 2 SGB V stünden dem nicht entgegen. Eine "statische" Betrachtungsweise, wonach die Erstreckung einer IKK nur den Zuständigkeitsbereich erfasse, der sich bei Inkrafttreten des § 173 Abs. 2 S. 2 SGB V oder im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzungsregelung nach § 173 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 SGB V ergeben habe, habe keinen Niederschlag in der Rechtsnorm gefunden.
Nach Wiederaufruf des Verfahrens durch das beklagte Bundesversicherungsamt mit Schriftsatz vom 8. Mai 2015 ist das Klageverfahren unter dem Aktenzeichen L 1 KR 150/15 KL fortgesetzt worden.
Zur Klagebegründung trägt die Klägerin vor: Die angefochtenen Bescheide seien rechtwidrig; die richtige Auslegung des § 173 Abs. 2 Satz 2 SGB V vermittele der Klägerin weiterhin ihre bundesweite Zuständigkeitserstreckung und damit auch die Zuständigkeit der Beklagten als Aufsichtsbehörde. Maßgeblich sei, dass sich der Zuständigkeitsbereich der Klägerin zum Zeitpunkt der Öffnung im Jahr 1999 auf das ganze Bundesgebiet erstreckt habe. Die Klägerin vertritt die Auffassung, das Urteil des BSG vom 10. März 2015 (B 1 A 10/13 R) sei auf den vorliegenden Rechtsstreit nicht übertragbar. Das Urteil behandle die Erweiterung des Kassenbereichs und die Abgabe der Aufsicht von einem Land an den Bund, während es vorliegend um die "Schrumpfung" des Kassenbereichs gehe. Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes in den Fortbestand des Kassenbereichs sowie die Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Kasse aufgrund des verkleinerten Kassenbereichs und damit des "Austrocknens des Mitgliederbestandes" seien vom BSG gerade nicht zu entscheiden gewesen. Eine dynamische Bestimmung des Zuständigkeitsbereichs in diesem Fall stehe im Widerspruch zum Willen des Gesetzgebers, wie den Materialien zu § 173 Abs. 2 Satz 2 SGB V zu entnehmen sei (BT-Drucks. 12/3608, S. 113). Für eine Auslegung des Gesetzes im statischen Sinne spreche auch die Systematik des SGB V: Durch die Wahrnehmung der Öffnungsmöglichkeit sollten Betriebskrankenkassen und Trägerbetriebe rechtlich entkoppelt werden. Selbst wenn eine BKK alle ihre Trägerunternehmen verliere, bleibe sie weiterhin als sog. virtuelle BKK bestehen (§ 153 Satz 1 Nr. 1 SGB V). Ergänzend macht die Klägerin rechtliche Ausführungen zur Gesamtauslegung der einschlägigen Bestimmungen für das Fortbestehen "virtueller" Betriebskrankenkassen und trägt u.a. vor: Eine geöffnete sog. virtuelle BKK dürfe nicht geschlossen werden. Ein dynamisches Verständnis der Zuständigkeitsregelung würde aber dazu führen, dass dieser virtuellen BKK nach Untergang aller Trägerunternehmen kein Zuständigkeitsbereich mehr zugesprochen werden könne. Aus dem Fehlen eines Auflösungstatbestandes sei jedoch zu folgern, dass der BKK als öffentlich-rechtliche Körperschaft ein Zuständigkeitsbereich verbleiben müsse. Eine solche Regelung mache aber nur Sinn, wenn sie der virtuellen BKK nach der Art eines Bestandschutzes den früheren Zuständigkeitsbereich erhalte. Zudem liege es auf der Hand, dass eine virtuelle BKK, die bundesweit über einen Versicherungsstamm verfüge, nach Wegfall aller Trägerunternehmen nicht von einer einzelnen Landesaufsicht hinreichend wirksam beaufsichtigt werden könne. Bei Beschneidung des Zuständigkeitsbereichs einer bundesweiten virtuellen BKK wäre der Fortbestand der BKK in hohem Maße gefährdet, was der vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollten Wahlfreiheit der Versicherten nach Einführung der Öffnungsklausel und dem Wettbewerb der Kassen untereinander widersprechen würde.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 12. August 2014 und vom 28. August 2014 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Bundesversicherungsamt vertritt die Auffassung, die tragenden Gründe des Urteils des BSG vom 10. März 2015 (B 1 A 10/13 R) seien auf den vorliegenden Rechtsstreit übertragbar. Auch vorliegend sei zu entscheiden, ob bei der Bewertung der aufsichtsrechtlichen Zuständigkeit bezüglich einer geöffneten BKK gemäß § 173 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB V das tatsächliche Vorhandensein von betreuten Betrieben einschließlich unselbstständiger Betriebsteile – in mehr als drei Bundesländern auschlaggebend sei. Zu § 163 Satz 3 SGB V, der dem von der Klägerin ausdrücklich angeführten § 153 Satz 1 Nr. 1 SGB V entsprechenden Regelung, habe das BSG entschieden, dass diese Norm dem dynamischen Verständnis des Zuständigkeitsbereichs im Sinne des § 90a Abs. 2 SGB IV und § 173 Abs. 2 Satz 2 SGB V nicht entgegenstehe. Weder aus § 173 Abs. 2 Satz 2 SGB V noch aus den Entscheidungsgründen des Urteils des BSG vom 10. März 2015 ergebe sich ein Anhaltspunkt dafür, dass der vorliegende Fall einer Beschränkung des Erstreckungsbereichs abweichend von dem einer Erweiterung zu beurteilen sei. Daraus, dass bei Wegfall aller Trägerbetriebe einer geöffneten BKK diese nicht geschlossen werden dürfe (§ 153 Satz 1 Nr. 1 SGB V), könne nicht gefolgert werden, dass der unstreitige Wegfall der VX. AG im Falle der Klägerin ohne Auswirkungen auf den Zuständigkeitsbereich der Klägerin geblieben sei. Ergänzend merkt die Beklagte an, dass die Frage des Zuständigkeitsbereichs einer virtuellen BKK ohne einen verbleibenden Trägerbetrieb in ihrer Aufsichtspraxis keine praktische Bedeutung habe. Bei Auflösung oder Schließung von Trägerbetrieben reagierten die betroffenen Betriebskrankenkassen z.B. mit einer freiwilligen Vereinigung mit einer anderen Kasse.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Er hält sich nicht für zuständig und schließt sich dem Vortrag der Klägerin an.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen sowie wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten und die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig. Das Landessozialgericht ist nach § 29 Abs. 2 Nr. 2 SGG zur Entscheidung berufen. Danach entscheiden die Landessozialgerichte im ersten Rechtszug u.a. über Aufsichtsangelegenheiten gegenüber Trägern der Sozialversicherung und ihrer Verbände, bei denen die Aufsicht von einer Landes- oder Bundesbehörde ausgeübt wird.
Die Klägerin greift zulässig die Erklärung der Beklagten in den Bescheiden vom 12. August 2014 und vom 28. August 2014 an, die Klägerin werde aufgrund der Veränderungen im Kassenbereich mit Wirkung zum 1. September 2014 ein landesunmittelbarer Sozialversicherungsträger und die Beklagte gebe als Folge hieraus die Aufsicht über die Klägerin an den Beigeladenen ab. Der erkennende Senat kann offenlassen, ob es sich um eine Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) oder eine Aufsichtsklage (§ 54 Abs. 3 SGG) handelt. Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann auch mit der Aufsichtsklage die Aufhebung einer "Anordnung der Aufsichtsbehörde" begehren. So liegt es hier. Die Zuständigkeitserklärung der Beklagten ist ein feststellender Verwaltungsakt (§ 31 Satz 1 SGB X) und zugleich eine aufsichtsbehördliche Anordnung. Das folgt aus einer Auslegung aus dem Empfängerhorizont. Die Beklagte stellte ankündigungsgemäß (nach entsprechender Information des Beigeladenen) klar, mit Wirkung ab 1. September 2014 die Aufsicht über die Klägerin abzugeben, obwohl die Klägerin sich hiergegen gewandt hatte. Der Regelungsgehalt entfällt nicht etwa deshalb, weil Versicherungsträger der Aufsichtsbehörde bereits durch das Gesetz zugewiesen werden, ohne dass es eines Umsetzungsaktes bedarf. So hat der Bund, vertreten durch das Bundesversicherungsamt, grundsätzlich die ihm durch Gesetz oder sonstiges Recht übertragenen Aufgaben wahrzunehmen (§ 94 Abs. 2 S. 1 SGB IV). Die Aufsicht über die Versicherungsträger gehört hierzu (§ 90 Abs. 1 bis 3 SGB IV, hierzu insgesamt: BSG, Urteil vom 10. März 2015, B 1 A 10/13 R). Die aufsichtsrechtlichen Zuständigkeitsregelungen des SGB IV stehen einer deklaratorischen Feststellung der Zuständigkeit nicht entgegen. Die Feststellung schafft Klarheit, wenn - wie hier - zwischen dem Versicherungsträger und den überhaupt als zuständig in Betracht kommenden Aufsichtsbehörden Streit über die Zuständigkeit besteht. Die sich für nicht zuständig haltende Aufsichtsbehörde kann durch die Zuständigkeitserklärung eine der Rechtssicherheit dienende Klärung in den Fällen eines streitigen Zuständigkeitswechsels herbeiführen (BSG, a.a.O.).
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Beklagte stellt mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht fest, dass der Beigeladene die für die Klägerin zuständige Aufsichtsbehörde ist. Die Klägerin unterliegt der Aufsicht des Beigeladenen, denn sie ist ein landesunmittelbarer Versicherungsträger, weil sich ihr Zuständigkeitsbereich lediglich auf zwei Länder erstreckt.
Nach § 90 Abs. 1 Satz 1 SGB IV in der für den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides maßgeblichen Fassung führt das Bundesversicherungsamt die Aufsicht über die Versicherungsträger, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt (bundesunmittelbare Versicherungsträger). Die Aufsicht über die Versicherungsträger, deren Zuständigkeitsbereich sich nicht über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt (landesunmittelbare Versicherungsträger), führen die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder oder die von den Landesregierungen durch Rechtsverordnung bestimmten Behörden (§ 90 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Abweichend von Absatz 1 führen die Verwaltungsbehörden im Sinne des Absatzes 2 die Aufsicht über Versicherungsträger, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes, aber nicht über mehr als drei Länder hinaus erstreckt und für die das aufsichtführende Land durch die beteiligten Länder bestimmt ist (§ 90 Abs. 3 SGB IV). Diese Bestimmung trifft der Staatsvertrag über die Bestimmung aufsichtsführender Länder nach Art. 87 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1997 (maßgeblich für die Aufsichtsbehörde des Beigeladenen durch Gesetz zu dem Staatsvertrag vom 30. April 1997, Hess. GVBl. I 1997, 75).
Die Zuständigkeit der Aufsicht über einen sozialen Versicherungsträger bemisst sich dabei nach dessen territorialem Zuständigkeitsbereich (BSG, a.a.O.). Für geöffnete BKKn wie die Klägerin wird der Zuständigkeitsbereich bestimmt durch die Länder (§ 173 Abs. 2 Satz 2 SGB V), für die sie ihrer Satzung nach zuständig sind (§ 90a Abs. 2 SGB IV). Das ist das Territorium, in dem die Satzung nach § 173 Abs. 2 Satz 2 SGB V gilt. Die Satzung gilt danach - falls sie wie bei der Klägerin eine Öffnungsregelung (§ 173 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB V) enthält - für die Gebiete der Länder, in denen Betriebe bestehen, wenn die Zuständigkeit für diese Betriebe sich aus der Satzung der BKK ergibt; soweit eine Satzungsregelung am 31. März 2007 für ein darüber hinausgehendes Gebiet gegolten hat, bleibt dies unberührt; die Satzung darf das Wahlrecht nicht auf bestimmte Personen beschränken oder von Bedingungen abhängig machen (vgl. § 173 Abs. 2 Satz 2 SGB V). Maßgeblich für die Bestimmung des aufsichtsrechtlichen Zuständigkeitsbereichs einer geöffneten BKK ist damit allein die räumliche Verteilung der Trägerbetriebe.
Danach erstreckt sich der aufsichts- und mitgliedschaftsrechtliche Zuständigkeitsbereich der Klägerin jedenfalls ab 1. September 2014 auf lediglich zwei Länder. Denn zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass sich die Trägerbetriebe der Klägerin nach Insolvenz und Abwicklung der VX. AG lediglich auf zwei Bundesländer (Hessen und Baden-Württemberg) beschränkten. Damit ist die Klägerin (mit Wirkung zum 1. September 2014) ein landesunmittelbarer Sozialversicherungsträger, für den der Beigeladene gemäß § 90 Abs. 2 und 3 SGB IV i.V.m. § 1 der Verordnung über die Zuständigkeit nach dem Sozialgesetzbuch vom 6. Juli 2012 (Hess. GVBl. I 2012, 234) und Art. 1 Abs. 1 des Gesetzes über den Staatsvertrag über die Bestimmung aufsichtsführender Länder nach Art. 87 Abs. 2 GG vom 30. April 1997 (Hess. GVBl. I 1997, 75) aufsichtsrechtlich zuständig ist.
Auf die Tatsache, dass die Klägerin seit ihrer Öffnung im Jahr 1997 bis zur Insolvenz und Abwicklung der VX. AG im Jahr 2013 über Trägerbetriebe im ganzen Bundesgebiet verfügte und folglich einen bundesweiten aufsichts- und mitgliedschaftsrechtlichen Zuständigkeitsbereich hatte, kommt es nicht an. Nach Auffassung des Senats ist für die Bestimmung des aufsichtsrechtlichen Zuständigkeitsbereichs einer BKK nicht ein statischer Zustand aus der Vergangenheit, sondern der sich wandelnde jeweilige Stand der Verteilung der Trägerbetriebe auf die Länder maßgeblich. Der Senat folgt damit der Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 10. März 2015 (B 1 A 10/13 R). Das BSG weist zurecht darauf hin, dass schon der Gesetzeswortlaut verdeutlicht, dass es für die Zuständigkeitsbereiche um die Gebiete der Länder geht, in welchen Betriebe "bestehen" und nicht etwa bloß bestanden haben (vgl. § 173 Abs. 2 Satz 2 SGB V, § 90a Abs. 2 SGB IV). Das BSG führt hierzu im Einzelnen aus (BSG, a.a.O., Rn. 25-28, juris):
"Dafür spricht auch die Gesetzesentwicklung. Die Rechtsprechung des BSG vertrat bereits zum früheren Rechtszustand bei unmittelbarer Anwendung des Art 87 Abs 2 GG die Auffassung, dass eine betriebsbezogene räumliche Ausdehnung des Zuständigkeitsbereichs einer KK zu Änderungen der aufsichtsrechtlichen Zuständigkeit führt (vgl für Betriebskrankenkassen BSGE 24, 171, 174 = SozR Nr 3 zu GG Art 87). Von dieser Auffassung rückte der Gesetzgeber in der Folgezeit nicht etwa ab, sondern trug ihr Rechnung: Er fügte als Folge der Änderung des Art 87 GG (Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 3, 20a, 28, 29, 72, 74, 75, 76, 77, 80, 87, 93, 118a und 125a) vom 27.10.1994, BGBl II 3146) rückwirkend zum 15.11.1994 der Zuständigkeitsregelung des § 90 SGB IV den Abs 3 an (Art 1 Nr 7 3. SGBÄndG vom 30.6.1995, BGBl I 890). Die Regelung trägt dem dynamischen Verständnis Rechnung und entspricht Art 87 Abs 2 S 2 GG. Folge der dynamischen Regelung ist, dass ein Land, in dem keine festen Arbeitsstätten der den Trägerinnungen angehörenden Betriebe mehr existieren, nicht mehr zum aufsichts- und mitgliedschaftsrechtlichen Zuständigkeitsbereich der IKK gehört. Die Regelungen der §§ 161 S 4, 162 S 4 und 163 S 3 SGB V sowie des § 173 Abs 2 S 2 Teils 2 SGB V stehen dem nicht entgegen (aA Blöcher in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 173 RdNr 28 - gemischt statisch-dynamische Betrachtungsweise mit der Behauptung eines Bestandsschutzes).
Eine "statische" Betrachtungsweise, wonach die Erstreckung einer IKK nur den Zuständigkeitsbereich erfasst, der sich bei Inkrafttreten des § 173 Abs 2 S 2 SGB V idF des GSG zum 1.1.1996 oder im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzungsregelung nach § 173 Abs 2 S 1 Nr 4 SGB V (dafür Schnapp NZS 2004, 113, 116) ergab, hat keinen Niederschlag in der Rechtsnorm gefunden. Im Gegenteil hätte es, wenn der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Öffnungsklausel den mitgliedschaftsrechtlichen - und damit zugleich den aufsichtsrechtlichen - Zuständigkeitsbereich der damals bestehenden geöffneten IKKn (und der BKKn) ungeachtet einer späteren Ausdehnung der abgegrenzten Region iS des § 143 Abs 1 SGB V "eingefroren" hätte, der Ausnahmeregelung des § 173 Abs 2 S 2 Teils 2 SGB V (idF durch Art 1 Nr 133 Buchst a DBuchst bb GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378, mWv 1.4.2007) nicht bedurft. Sie lautet: "soweit eine Satzungsregelung am 31. März 2007 für ein darüber hinausgehendes Gebiet gegolten hat, bleibt dies unberührt." Die zuvor geltende Fassung (§ 173 Abs 2 S 2 Teils 1 SGB V aF) bestimmte: "Falls die Satzung eine Regelung nach Nummer 4 enthält, gilt diese für abgegrenzte Regionen im Sinne des § 143 Abs. 1, in denen Innungsbetriebe bestehen und die Zuständigkeit für diese Betriebe sich aus der Satzung der Innungskrankenkasse ergibt". Dies ließ bei länderübergreifenden AOK-Fusionen eine akzessorische Erstreckung der IKKn (und der BKKn) zu (vgl Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks 16/4247 S 51). Das GKV-WSG regelt hingegen wie dargelegt, dass die satzungsrechtliche IKK-Öffnung für die Gebiete der Länder gilt, in denen Innungsbetriebe bestehen. Abweichende, zT in den Gesetzesmaterialien geäußerte Vorstellungen (vgl Gesetzentwurf eines GSG der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP, BT Drucks 12/3608 S 113) hat der Gesetzestext nicht übernommen.
Die aufgezeigte gesetzliche Regelungskonzeption des § 173 Abs 2 S 2 SGB V ermächtigt den Satzungsgeber nicht dazu, nach seinem Belieben den räumlichen Zuständigkeitsbereich seiner IKK festzulegen. Er bezeichnet diesen mittelbar, indem er die Trägerinnungen als Grundlage der Zuordnung zugehöriger Innungsbetriebe benennt. Die deklaratorische Umschreibung des räumlichen Zuständigkeitsgebiets der IKK in der Satzung - Liste der Innungsbetriebe und Erstreckung auf die Bundesländer - ist aber dienlich, um den hierzu berechtigten Versicherten die Ausübung ihres Wahlrechts zu ermöglichen. ( )
§ 173 Abs 2 S 2 SGB V regelt abschließend und zwingend den Zuständigkeitsbereich geöffneter IKKn für Versicherungspflichtige und Versicherungsberechtigte (Mitglieder). Eine IKK ist zwar in ihrer Entscheidung frei, sich gegenüber den Versicherten zu öffnen, die vor Inkrafttreten der mit dem GSG eingeführten Vorschriften über die (erweiterten) Wahlrechte der Mitglieder keinen Zugang zur IKK hatten (vgl zum Mitgliederkreis der IKKn vor dem Inkrafttreten des GSG zum 1.1.1996: §§ 175, 180, 181, § 182 Abs 3, § 183 Abs 4, § 184 Abs 1 Nr 2 und 3, Abs 3 bis 5, § 185 Abs 1, Abs 2 Nr 1 und 3 SGB V idF durch Art 1 Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz - GRG) vom 20.12.1988, BGBl I 2477). Eine geöffnete IKK kann aber ungeachtet des Verbots, das Wahlrecht auf bestimmte Personen zu beschränken (§ 173 Abs 2 S 2 Teils 3 SGB V), nicht den Kreis der wahlberechtigten Mitglieder abweichend von § 173 Abs 2 S 2 SGB V durch ihre Satzung festlegen. Der Hinweis des Gesetzes auf die "Satzung" umschreibt verkürzend ihre Geltung für die Gebiete der Länder, in denen von der Handwerksrolle erfasste Innungsbetriebe bestehen, deren Inhaber Mitglieder der sich aus der Satzung der IKK ergebenden Trägerinnungen sind."
Die Ausführungen des BSG im Urteil vom 10. März 2015 (B 1 A 10/13 R) sind auf den vorliegenden Rechtsstreit übertragbar, zumal die maßgeblichen Regelungen in §§ 90, 90a SGB IV und § 173 Abs. 2 Satz 2 SGB V zu IKKn einerseits und BKKn andererseits identisch sind.
Einer dynamischen Beurteilung des aufsichts- und mitgliedschaftsrechtlichen Zuständigkeitsbereichs der Klägerin steht auch nicht entgegen, dass das BSG in dem zitierten Urteil über die Erweiterung des Kassenbereichs und die Abgabe der Aufsicht von einem Land an den Bund zu entscheiden hatte, während vorliegend eine Reduzierung des Kassenbereichs und der Übergang der Aufsicht vom Bund auf ein Land streitgegenständlich sind. Für die - abstrakte - Beurteilung des aufsichts- und mitgliedschaftsrechtlichen Zuständigkeitsbereichs einer geöffneten BKK kann schon vor dem Hintergrund einer gleichmäßigen Rechtsanwendung nicht auf unterschiedliche Zeitpunkte abgestellt werden. Auch die von der Klägerin in diesem Zusammenhang angeführten Vertrauensschutzgesichtspunkte rechtfertigen es nicht, im Falle der "Schrumpfung" des Kassenbereichs ausnahmsweise auf einen früheren - statischen - Zeitpunkt, z.B. die Öffnung der Krankenkasse, abzustellen. Das BSG spricht sich ausdrücklich gegen eine gemischt statisch-dynamische Betrachtungsweise (so: Blöcher in jurisPK-SGB V § 173 Rn. 28) mit der Begründung aus, dass eine statische Betrachtungsweise jedenfalls keinen Niederschlag in der Rechtsnorm gefunden habe; insbesondere die in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 12/3608, 113) vertretene Auffassung habe der Gesetzestext gerade nicht übernommen (BSG, a.a.O., Rn. 26, juris). Das BSG hat in dem zit. Urteil trotz Kenntnis der in der Literatur vertretenen Auffassung zur Beibehaltung der statischen Zuständigkeitsregelung gerade auch im Fall der Schließung einzelner Trägerbetriebe einschließlich der Diskussion eines Bestandschutzes (so: Blöcher, a.a.O.; Schnapp, NZS 2004, 113, 116) die dynamische Betrachtungsweise als maßgeblich erachtet. Ausdrücklich heißt es im Urteil daher auch (B 1 A 10/13 R, Rn. 25, juris):
"Folge der dynamischen Regelung ist, dass ein Land, in dem keine festen Arbeitsstätten der den Trägerinnungen angehörenden Betriebe mehr existieren, nicht mehr zum aufsichtsrechtlichen und mitgliedschaftsrechtlichen Zuständigkeitsbereich der IKK gehört."
Dem schließt sich der Senat an.
Etwas anderes ergibt sich nach Auffassung des Senats auch nicht aus den rechtlichen Ausführungen der Klägerin zum Auflösungsverbot sog. virtueller BKKn und den von ihr diskutierten rechtlichen Folgen für den aufsichts- und mitgliedschaftsrechtlichen Zuständigkeitsbereich einer solchen virtuellen BKK. Die Klägerin ist keine virtuelle BKK ohne Trägerbetriebe, denn nach der hier vertretenen dynamischen Betrachtungsweise bestehen Trägerbetriebe in Hessen und Baden-Württemberg. Aus der - nach dem Vortrag der Beklagten wohl nur theoretischen – Sonderkonstellation einer geöffneten BKK ohne Trägerbetriebe kann die Klägerin jedenfalls nichts ableiten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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