Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 14 R 353/10
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 197/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 308/15 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Für das tatsächliche Vorliegen von seelisch bedingten Störungen trifft den Rentenbewerber die objektive Beweislast
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 18.01.2013 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1957 geborene Klägerin hat von 1975 bis 1978 den Beruf der Krankenschwester erlernt und war nachfolgend bis 1985 als solche tätig. Von 1985 bis 1987 war sie als Kontoristin (Vertrieb-Export) beschäftigt und von 1987 bis 1990 als kaufmännische Angestellte, wobei sie parallel hierzu von 1986 bis 1989 die Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie besuchte und im Jahr 1989 die Prüfung zur Betriebswirtin (VWA) ablegte. Ab 1990 war die Klägerin bei der Sparkasse E-Stadt als Angestellte tätig, besuchte von 1992 bis 1994 den Lehrgang "Sparkassenkaufmann/Sparkassenkauffrau" und legte 1994 die IHK-Prüfung zur Bankkauffrau ab. Seit 1995 war sie Kundenberaterin bei der C., ab 2000 wegen der Pflege der Mutter in Teilzeit. Ab 29.09.2008 war sie wegen eines Bandscheibenleidens arbeitsunfähig und bezog ab 10.11.2008 Krankengeld.
Seit Frühjahr 2008 leidet die Klägerin an Lumbalschmerzen, seit September 2008 mit Ausstrahlungen ins rechte Bein und Gangstörungen. Eine konservative Behandlung erfolgte zunächst in der neurologischen Klinik in A-Stadt. Danach befand sich die Klägerin vom 09.12.2008 bis 13.01.2009 in einer Rehabilitationsbehandlung in Bad K ... Im Entlassungsbericht wurde nach Ende der Arbeitsunfähigkeit wieder ein Leistungsvermögen für die letzte Tätigkeit für mehr als 6 Stunden angenommen. Das Orthopädie Centrum A-Stadt sah am 20.01.2009 keine Indikation zur Bandscheiben-OP. Vom 24.02.2009 bis 17.04.2009 nahm die Klägerin Nachsorgeleistungen in der Klinik H. in Anspruch. Vom 29.04.2009 bis 20.05.2009 befand sie sich wegen eines Asthma bronchiale zur Rehabilitationsbehandlung in W ...
Am 24.07.2009 beantragte die Klägerin die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab sie an, wegen orthopädischer Leiden erwerbsgemindert zu sein.
Die Beklagte veranlasste nach Einholung diverser ärztlicher Unterlagen (u.a. MRT vom 24.06.2009) ein chirurgisches Gutachten von Dr. P. vom 20.11.2009. Dieser diagnostizierte eine geringe Fehlhaltung der Wirbelsäule und degenerative Veränderungen bei zusätzlicher Bandscheibenprotrusion LWK 3/4 mit Schmerzsymptomatik und intermittierendem sensomotorischem Funktionsdefizit rechts. Die Klägerin könne noch leichte Tätigkeiten sechsstündig verrichten, weitgehend auch mittelschwere Arbeiten, jeweils im Wechselrhythmus bzw. in nicht überwiegend einseitiger Körperhaltung, ohne häufiges Bücken und ohne lang anhaltende bzw. häufige Überkopfarbeiten. Als Kundenberaterin könne die Klägerin weiterhin täglich über 6-stündig tätig sein.
Auf dieser Grundlage lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 15.12.2009 ab. Die Klägerin sei noch in der Lage, ihren bisherigen Beruf als Kundenberaterin in einer Sparkasse mindestens 6 Stunden täglich auszuüben.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch bat die Klägerin, ihr zumindest eine auf ein Jahr befristete Rente zu gewähren. Sie könne höchstens eine halbe bzw. eine Stunde sitzen, dann müsse sie sich hinlegen - andernfalls könne sie sich auch nicht mehr konzentrieren und mache Fehler. Kein Kunde oder Arbeitgeber habe dafür Verständnis. Sie brauche Zeit, um die konservative Therapie erfolgreich durchzuführen. Dazu wurde ein Attest des Orthopäden Dr. P. vom 22.01.2010 über eine ausgeprägte, ausschließlich belastungsabhängige Wurzelreizsymptomatik vorgelegt.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17.03.2010 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 31.03.2010 Klage beim Sozialgericht Nürnberg erhoben. Sie sei nur im Liegen schmerzfrei. Die Schmerzen würden vor allem ins rechte, aber auch ins linke Bein ausstrahlen. Sie sei nicht einmal in der Lage, einfache Hausarbeiten zu verrichten. Eine überwiegend im Sitzen durchführbare Tätigkeit sei ihr nicht zumutbar. Daher sei sie zumindest berufsunfähig. Zu ihrem Vortrag hat sie ein weiteres Attest des Dr. P. vom 29.06.2010 und das Ergebnis eines MRT der LWS vom 28.06.2010 vorgelegt.
Das Gericht hat zunächst die behandelnden Ärzte der Klägerin befragt. Aktenkundig wurden Berichte des Orthopäden Dr. P. vom 19.07.2010, der Nervenärztin Dr. O. vom 20.07.2010 und des Internisten Dr. D. vom 26.07.2010.
Das Gericht hat sodann Dr. S. zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt. In seinem chirurgischen Fachgutachten vom 21.10.2010 hat Dr. S. Fehlhaltungen der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen an der Halswirbelsäule bei ausreichender Funktion derselben, Bandscheibenvorwölbung an der Lendenwirbelsäule im Segment L3/4 mit Schmerzsymptomatik und Bedrängung der Nervenwurzel L3 rechts, eine geringgradige Fingergelenkspolyarthrose, Verdacht auf Bluthochdruck und chronische Bronchitis mit normaler Lungenfunktion in der Reha-Klinik W., eine geringe Beinfehlstellung mit Senkspreizfuß beidseits und den Verdacht auf Psychosomatose diagnostiziert. Leichte körperliche Arbeiten sechs Stunden täglich könne die Klägerin noch verrichten, möglichst in Wechselhaltung, ohne schwere und mittelschwere Hebe- und Tragearbeiten, ohne Zwangshaltungen, ohne bückende und kniende Arbeiten, mit Schutz vor Kälte, Nässe und Zugluft und ohne besondere nervliche Belastung und ohne vermehrte Bronchialbelastung. Mit diesen Einschränkungen könne die Klägerin nur noch weniger als 8, jedoch noch 6 Stunden täglich tätig sein. Auch als Kundenberaterin in einer Bank könne die Klägerin weiterhin 6 Stunden täglich tätig sein. Da die Leistungsfähigkeit der Klägerin auch nach Angaben der behandelnden Ärzte überwiegend durch Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Fachgebiet eingeschränkt sei, empfehle er eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung.
Der neu mandatierte Prozessbevollmächtigte hat daraufhin Arztbriefe vorgelegt, aus denen sich die Diagnose eines "Bandscheibenvorfalls" ergibt. Es liege nicht nur eine Bandscheibenvorwölbung (Protrusion) vor.
Das Gericht hat die Nervenärztin Dr. Z. zur gerichtlichen Sachverständigen ernannt. In ihrem nervenärztlichen Gutachten vom 18.02.2011 hat diese eine Schmerzsymptomatik bei Zustand nach Bandscheibenvorfall L3/4 mit Wurzelreiz L3, zum aktuellen Zeitpunkt ohne fassbare neurologische Ausfälle, diagnostiziert. Im aktuellen MRT vom Juni 2010 sei kein weiterer Wurzelreiz erkennbar gewesen. In der Bildgebung habe sich eine deutliche Befundbesserung gegenüber den früheren MRTs manifestiert, weshalb von einem Restzustand nach Bandscheibenvorfall mit deutlicher somatoformer Beschwerdeüberlagerung auszugehen sei. Insgesamt liege eine ganz deutliche somatoforme Überlagerung vor, deren Genese aber unklar sei. Eine psychosomatische Rehabilitationsmaßnahme mit verhaltenstherapeutisch orientiertem Schwerpunkt erscheine aus ihrer Sicht sinnvoll. Dr. Z. hat die Klägerin noch für in der Lage erachtet, aus rein nervenärztlicher Sicht täglich acht Stunden körperlich überwiegend leichte Arbeiten zu verrichten, mit der Möglichkeiten von Positionswechseln zwischen Sitzen, Stehen und Gehen, ohne dauernde Zwangshaltungen und ohne Arbeiten in Nässe, Zugluft oder Kälte. Unter Mitberücksichtigung des orthopädischen Gutachtens von Dr. S. sei nur noch ein unter achtstündiges, jedoch noch mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen gegeben. Auch als Kundenberaterin in einer Bank könne die Klägerin noch sechs Stunden täglich tätig sein. Sie könne sich auch noch auf andere zumutbare Tätigkeiten umstellen, die nicht von einfachster Art seien, sondern Einarbeitung bzw. betriebliche Anlernung erforderten und durchschnittliche Anforderungen an die geistige und psychische Belastbarkeit stellten. Aktuell habe sich die Klägerin gerade für ein Romanistik-Studium eingeschrieben.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat zu dem am 05.05.2011 an ihn versandten Gutachten am 01.06.2011 umfangreiche Einwendungen vorgetragen. Die Sachverständige habe die Klägerin u.a. in liegendem Zustand untersucht, in dem diese gerade keine Schmerzen habe. Untersuchungen im Gehen, Stehen und Sitzen habe sie aber nicht durchgeführt. Die Sachverständige habe bei ihrer Bewertung außer Acht gelassen, dass sich die Klägerin je nach unvorhersehbarem Auftreten der Schmerzen hinlegen müsse. Sie könne daher eine Tätigkeit als Kundenberaterin nicht mehr durchführen. Es solle ein berufskundliches Gutachten eingeholt werden. Am 08.07.2011 hat der Prozessbevollmächtigte ergänzt, dass die Sachverständige von den Aufträgen der Sozialversicherungsträger und der Gerichte wirtschaftlich abhängig sei. Deshalb und aufgrund der Untersuchungssituation sei der dringende Verdacht der Besorgnis der Befangenheit gegeben. Dr. Z. habe unangemessene und unsachliche Fragen gestellt und die Äußerungen der Klägerin in einer Sprache wiedergegeben, die die Klägerin als minderbemittelt darstelle. Dazu hat der Prozessbevollmächtigte umfangreiche Äußerungen der Klägerin wiedergegeben. Es sind außerdem weitere Unterlagen, u.a. ein MRT-Befund vom 03.11.2010, vorgelegt worden.
Auf Antrag der Klägerin ist ein Gutachten bei dem Orthopäden Dr. S. in Auftrag gegeben worden. In seinem Gutachten vom 07.12.2011 hat dieser ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom bei Wurzelvernarbung L3 mit Bandscheibenvorfall L3/4 und eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert. Er hat ausgeführt, dass er eine kinetisch positionale Kernspintomographie veranlasst habe, welche am 01.12.2011 durchgeführt worden sei. Auffällig sei das Segment LWK 3/4, wo sich eine Verklebung des Bandscheibenvorfalls mit der rechten Wurzel L3 gezeigt habe. Dies sorge nachvollziehbar für Schmerzen in das Segment L3, dies bedeute, im rechten Oberschenkel. Eine auffällige Dynamik zwischen Stehen, Sitzen und Liegen habe jedoch in diesem Segment nicht gesehen werden können, die Nachbarschafts-Struktur von Bandscheibe L3 zur Wurzel L3 sei gleich geblieben. Dr. S. habe mit dem Verdacht auf eine Psychosomatose völlig recht. Die Gesundheitsstörungen dominierten eher auf dem neurologisch-psychiatrischen Gebiet, wirkten sich jedoch im orthopädischen Gebiet aus und exakt diese Schnittstellen-Problematik verwische auch die Trennschärfe zwischen orthopädischen Auswirkungen und neurologisch-psychiatrischen Auswirkungen. Unter eigener zumutbarer Willensanstrengung sei auch mit ärztlicher Hilfe mit keiner Überwindung der Beschwerden nach Ablauf von einem Jahr zu rechnen. Allenfalls müsse man zwei Jahre ansetzen, um ein Ergebnis abzuwarten. Die Klägerin sei nur noch unter drei Stunden täglich leistungsfähig, dies wegen des Schmerzsyndroms und der nicht willentlichen Steuerbarkeit des Schmerzsyndroms und der Auswirkungen. Die Klägerin benötige unübliche Arbeitspausen, sie müsse sich alle 30 Minuten für etwa 10 Minuten hinlegen. Als Kundenberaterin könne die Klägerin nur noch unter vier Stunden täglich tätig sein. Die Klägerin könne sich auf andere zumutbare Tätigkeiten umstellen. Ihre geistige Dynamik sei sehr gut. Eine Verbesserung müsste in den nächsten zweieinhalb Jahren möglich sein. Es sei nicht unwahrscheinlich, dass die Erwerbsminderung längerfristig behoben werden könne.
Die Beklagte hat hierzu eine Stellungnahme der Allgemeinärztin Dr. S. vom 12.01.2012 vorgelegt.
Die Klägerseite hat die Einholung eines berufskundlichen Gutachtens angeregt und ein weiteres Gutachten nach § 109 SGG bei Prof. Dr. S. beantragt. Dazu ist auch die Einholung eines klinisch-psychologischen Zusatzgutachtens, erstellt von Dr. S. am 20.09.2012, genehmigt worden.
In ihrem klinisch-psychologischen Zusatzgutachten führt Dr. S. aus, dass die kognitive Leistungsfähigkeit der Klägerin nicht eingeschränkt sei, es ergäben sich auch keine Hinweise auf eine depressive oder Angstsymptomatik. Es seien jedoch Hinweise auf Beschwerden erkennbar geworden, wie sie unter anderem auch im Rahmen einer deutlichen somatoformen Störung zu finden seien.
In seinem psychiatrischen Gutachten vom 04.10.2012 vertritt Prof. Dr. S. die Ansicht, dass bei der Klägerin der Verdacht auf eine Somatisierungsstörung vorliege. Es handle sich um ein chronifiziertes Interaktionsmuster, das gerade unter dem Aspekt der nicht ausreichenden Introspektionsfähigkeit innerhalb der psychodynamischen Bewältigung des gesamten Prozessbildes und einer Monofokussierung auf den organisch realen Anteil kontraproduktiv für die Gesamtprognose sei. Auch unter ärztlicher Hilfe sei dieses in absehbarer Zeit nicht überwindbar. Es sei eine ausführliche tiefenpsychologisch orientierte, initial stationäre, konsekutiv ambulante Maßnahme mit verhaltenstherapeutischer Behandlung notwendig. Die Klägerin sei nur noch für unter dreistündig leistungsfähig unter Positionswechsel, wobei lange Arbeitspausen mit entsprechender Positionsentlastung notwendig seien. Als Kundenberaterin könne die Klägerin nur noch unter vier Stunden täglich tätig sein. Eine Umstellung auf andere zumutbare Tätigkeiten sei hierbei im Kontext zu Ausdauer, Konzentration und Anpassungsfähigkeit nicht möglich.
Zu diesem Gutachten hat die Beklagte eine weitere Stellungnahme von Dr. S. vom 20.11.2012 vorgelegt.
Der Prozessbevollmächtigte hat hierzu eine ergänzende Stellungnahme der nach § 109 SGG benannten Gutachter gefordert.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 18.01.2013 abgewiesen. Auf orthopädischem Fachgebiet lägen keine Gesundheitsstörungen vor, die eine quantitative Erwerbsminderung zur Überzeugung des Gerichts begründen würden. Die von Dr. S. vermutete Psychosomatose sei von Dr. S. bestätigt worden. Auch Dr. Z. habe aus neurologischer Sicht keine organische Erklärung für die von der Klägerin geschilderten Beschwerden finden können. Auf rein psychiatrischem Fachgebiet sei keine Depressions- und/oder Angstsymptomatik feststellbar. Es liege jedoch eine Schmerzkrankheit im Sinne einer somatoformen Schmerzstörung vor. Entscheidend sei, dass dieses Krankheitsbild bislang nicht therapiert worden sei und dass zunächst die Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden müssten, bevor ein Rentenanspruch festgestellt werden könne. Das Gericht halte die Klägerin angesichts ihrer "geistigen Dynamik", auf die auch Dr. S. verwiesen habe, durchaus für fähig, sich mit dem Krankheitsbild auseinanderzusetzen und einen Therapieversuch zu unternehmen. Da die somatoforme Schmerzstörung bislang unbehandelt sei, könne auch nicht festgestellt werden, dass die Klägerin nicht mehr als Kundenberaterin tätig sein könnte. Dem Antrag der Klägerin auf Einholung ergänzender Stellungnahmen folgte das SG nicht.
Gegen das am 24.01.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21.02.2013 Berufung eingelegt. Die Klägerin habe sehr wohl eine Schmerztherapie durchgeführt, die aber nicht erfolgreich gewesen sei. Die Klägerin könne nicht mehr als Kundenberaterin zumutbar tätig sein. Eine Operation sei von den Fachärzten nicht befürwortet worden; die Klägerin müsse solche Eingriffe auch nicht dulden. Die Klägerin habe sämtliche - unter Würdigung der Mitwirkungspflicht zumutbare - Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft. Man habe die Klägerin auf die psychische Schiene verlagert. Im Übrigen werde die Auffassung des SG zur Ablehnung der Erwerbsminderungsrente bei bestehenden Behandlungsmöglichkeiten nicht geteilt, ggf. werde Antrag auf Zulassung der Revision gestellt. Ob die Erwerbsminderung beseitigt werden könne, sei nicht eine Frage des Tatbestands der Erwerbsminderung; dem trage das Gesetz vielmehr durch die Rechtsfolge der befristeten Rente Rechnung. Es komme auf den aktuellen Zustand an. Im Übrigen komme es theoretisch auch darauf an, ob die Klägerin die Behandlungsbedürftigkeit erkennen könne, was ggf. krankheitsbedingt nicht der Fall sei.
Die Beklagte hat klargestellt, dass es nicht um die Durchführung einer Operation gehe. Ein solcher Eingriff werde der Klägerin nicht zugemutet. Die Klägerin habe im Übrigen selbst ein psychiatrisches Gutachten nach § 109 SGG begehrt. Die Tatsache, dass die Klägerin keine adäquate Schmerztherapie in Anspruch nehme, dennoch aber sportlich aktiv sei und geistig anspruchsvolle Lehrgänge und Studien betreibe, stehe im Widerspruch zu der erheblich demonstrierten Schmerzsymptomatik.
In einem aktuellen Befundbericht des Internisten D. vom 10.02.2014 mit weiteren Arztbriefen (u.a. MRT-Befund vom 15.03.2013) wird auf einen seit 2010 stagnierenden Befund hingewiesen.
Es ist eine Arbeitgeberauskunft eingeholt worden, wonach die Klägerin eine Facharbeitertätigkeit als Privatkundenberaterin ohne Weisungsfunktion (seit 01.08.2011 zu 50%) ausgeübt hat. Es habe sich um eine überwiegend sitzende Tätigkeit in geschlossenen Räumen mit Stress je nach Termintaktung gehandelt.
Die Beklagte hat erklärt, dass die Klägerin noch als Bankkauffrau tätig sein könne und ihr mit der abgeschlossenen Ausbildung als Betriebswirtin auch Tätigkeiten als Sachbearbeiterin in öffentlichen Verwaltungen zur Verfügung stünden. Eine Tätigkeit solle in Wechselhaltung ausgeübt werden, wobei die Beklagte ggf. verschiedene ergonomische Hilfsmittel (zB höhenverstellbarer Schreibtisch) bewilligen könnte.
Der Prozessbevollmächtigte hat erneut ein berufskundliches Gutachten angeregt. Als Kundenberaterin könne die Klägerin gerade keine Tätigkeit in Wechselhaltung mit Liegen ausüben. Außerdem ist ein Arztbrief des Neurochirurgen Dr. M. vom 29.03.2013 vorgelegt worden und ein Antrag nach § 109 SGG auf Einholung eines Gutachtens bei Dr. M. gestellt worden. Zur weiteren Sachaufklärung solle das Gericht selbst eine Begutachtung durch einen Neurochirurgen veranlassen.
Das Gericht hat den Nervenarzt Dr. E. mit der Begutachtung beauftragt. Er hat nach Untersuchung der Klägerin am 09.02.2015 folgende Diagnosen gestellt: V.a. chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren bei gesichertem Zustand nach akutem Bandscheibenprolaps L3/4 mit rezidivierender Lumboischialgie rechts. Es bestehe eine erhebliche Diskrepanz zwischen den von der Klägerin benannten Beschwerden und dem neurologischen Befund. Insofern sei eine Somatisierungsstörung naheliegend. Für den psychischen Anteil hätten sich allerdings keine verwertbaren Angaben erheben lassen. Der objektivierbare psychische Befund sei bis auf einen eigenwilligen Kommunikationsstil der Klägerin geringfügig. Insofern könne er nur den Verdacht einer Schmerzstörung stellen. Der Sachverständige geht davon aus, dass die Funktionsstörungen willentlich überwindbar sind. Auch wenn es unwahrscheinlich sei, dass die Klägerin ihre berufliche Tätigkeit wieder aufnehmen könne, bevor sie ambulante oder stationäre Maßnahmen in Anspruch genommen habe, würde dennoch gegen eine Berentung sprechen, dass dadurch der weiteren Chronifizierung Vorschub geleistet werde. Erst wenn sich herausstellen sollte, dass die Klägerin dadurch nicht profitiere, müsse eine andere Einschätzung vorgenommen werden. Im Ergebnis hält der Sachverständige noch leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel von Stehen, Sitzen und Gehen mindestens 6 Stunden täglich für möglich. Der Klägerin seien wegen der eingeschränkten Belastbarkeit der Lendenwirbelsäule keine Tätigkeiten zumutbar, die mit Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, häufigem Bücken oder Zwangshaltungen verbunden seien. Zusätzliche unübliche Pausen seien nicht erforderlich. Die Klägerin sei noch in der Lage, die ausgeübte Tätigkeit als Privatkundenberaterin, Bankkauffrau oder Registratorin mindestens 6 Stunden pro Tag auszuüben. Sie könne viermal täglich mehr als 500m innerhalb von weniger als 20 Minuten zurücklegen und öffentliche Verkehrsmittel sowie ein Kfz nutzen. Die Umstellungsfähigkeit sei nicht eingeschränkt. Die Klägerin sei in der Lage, unter Anspannung des Willens die seelischen Hemmungen sowohl aus eigener Kraft als auch unter psychologischer Mithilfe zu überwinden. Das Leistungsbild bestehe seit Dezember 2012. Bei entsprechender Motivation und Mitarbeit sei das Therapieziel innerhalb von 6 - 12 Monaten erreichbar.
Die Beklagte hat auf Nachfrage ausgeführt, dass die Gewährung einer Reha nicht in Frage komme, da das Leistungsvermögen durch anerkannte Behandlungsmöglichkeiten der gesetzlichen Krankenversicherung in absehbarer Zeit gebessert werden könne.
Der Prozessbevollmächtigte hat ausgeführt, dass der Sachverständige nur undifferenzierte und ergänzungsbedürftige Angaben zur erforderlichen Therapie gemacht habe. Es bestehe der Verdacht, dass der Sachverständige einen veralteten Wissensstand habe. Im Übrigen sei es sehr schwierig, geeignete Therapeuten zu finden. Die Beklagte müsse die Psychotherapie als Reha-Maßnahme anbieten. Da die Beklagte dies unterlassen habe, müsse sie im Rahmen eines Wiederherstellungsanspruchs Rente ab Antragstellung gewähren. Der Sachverständige habe sich ohne berufskundliche Kenntnis geäußert. Mit den unvorhersehbaren Schmerzattacken könne die Klägerin nicht als Kundenberaterin tätig sein. Die Tätigkeit als Registratorin sei der Klägerin nicht zumutbar. Es handele sich um einen Schonarbeitsplatz. Wegen der Schmerzattacken sei von einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen auszugehen. Für die Tätigkeit als Privatkundenberaterin sei eine Stellungnahme des Arbeitgebers als auch des Bundesverbandes der Banken einzuholen. Es werde bestritten, dass die berufskundlichen Beschreibungen im berufenet der Bundesagentur für Arbeit den tatsächlichen Arbeitsmöglichkeiten entsprächen.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 14.04.2015 hat Dr. E. erklärt, dass im Rahmen der Gutachtenserstellung nicht beabsichtigt gewesen sei, die Klägerin auf ein bestimmtes Psychotherapieverfahren festzulegen, in erster Linie sei wohl eine Verhaltenstherapie zu empfehlen. Er sei seiner Verpflichtung zur kontinuierlichen Weiterbildung nachgekommen und habe sich an den vom Gericht übermittelten berufskundlichen Beschreibungen orientiert.
Die Beteiligten erklärten jeweils mit Schreiben vom 15.06.2015 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 18.01.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.03.2010 zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsminderung nach den gesetzlichen Vorschriften zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie des gerichtlichen Verfahrens Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Das SG hat die Klage gegen den Bescheid vom 15.12.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.03.2010 zu Recht abgelehnt. Die Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Versicherte haben gemäß §§ 43 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweise Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Voraussetzungen des §§ 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI liegen bei der Klägerin nicht zur Überzeugung des Senats vor.
Die Klägerin hat 2008 einen Bandscheibenprolaps erlitten. Die Auswertungen späterer MRTs sprechen z.T. nur von Protrusionen. Letztlich kann die Einordnung aber dahinstehen. Die funktionellen Beeinträchtigungen lassen sich jedenfalls - auch ausgehend von einem Prolaps - nicht in dem von der Klägerin subjektiv erlebten Ausmaß nachweisen.
Aus chirurgischer, orthopädischer und neurologischer Sicht können die Beschwerden und die daraus resultierenden Funktionsstörungen - insbesondere die Erforderlichkeit häufiger Liegepausen - nicht ausreichend begründet werden. Zwar erkennen alle Sachverständigen Restbeschwerden aufgrund der körperlichen Befunde an; die von der Klägerin ausgeprägt erlebte Schmerzproblematik können sich die Sachverständigen aber nur mit psychischen Anteilen erklären, deren Vorhandensein sich jedoch gerade nicht ausreichend nachweisen lässt. Daher sprechen die meisten Sachverständigen insoweit auch nur von einer Verdachtsdiagnose. Der Senat kann daher weder die Überzeugung gewinnen, dass eine quantitative Leistungseinschränkung vorliegt noch, dass die subjektiv für erforderlich gehaltenen Liegepausen gesundheitlich bedingt sind.
Auf die Frage, ob und innerhalb welcher Zeit eine Behandlung zu einer Besserung führen würde, kommt es nicht entscheidend an, da schon die psychische Störung selbst nicht hinreichend nachgewiesen ist.
Im Einzelnen:
Die Klägerin konnte sich bei der Untersuchung durch den Chirurgen Dr. S. am 21.10.2010 relativ flott hinlegen und aufrichten. Sie zeigte keine wesentlichen Bewegungsdefizite beim An- und Auskleiden. Die Beweglichkeit der LWS war zwar hälftig eingeschränkt, wobei aber noch ein FBA von 23 cm möglich war. Die Lasègue-Prüfung war negativ. Der Schwerpunkt der geschilderten Beschwerden betraf die Schmerzen beim Gehen, Stehen und Sitzen. Beim Gehen wurde links ein Handstock verwendet, allerdings nicht zusammen mit dem rechten Bein eingesetzt. Ein Vergleich der MRTs zeigte, dass beim ersten MRT die Nervenwurzel noch entzündet, im zweiten aufgetrieben, zuletzt noch bedrängt, aber nahezu seitengleich ausgeprägt war. Der Sachverständige hat insoweit nachvollziehbar erklärt, dass auf orthopädischem Gebiet weder die Beschwerden noch die Funktionseinschränkung am rechten Bein und die eingeschränkte Körperhaltung erklärbar waren. Es bezeichnete es als kaum vorstellbar, dass gerade beim Liegen Schmerzfreiheit eintritt. Auch weist er darauf hin, dass bei einer erforderlichen Schonung des rechten Beines die Muskulatur geringer sein müsste. Als unverständlich angesichts der geschilderten Beschwerden sah er auch an, dass Schmerzmittel nur in geringer Dosis eingenommen wurden. Der Sachverständige hat lediglich den Verdacht auf eine Psychosomatose geäußert und sah den Schwerpunkt auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Aufgrund des erhobenen Befunds sah er zwar kein achtstündiges, aber noch ein mindestens sechsstündiges tägliches Leistungsvermögen als zumutbar an. Auch die Wegefähigkeit war gegeben. Die Klägerin hatte dazu selbst erklärt, dass sie zwischen 500 und 1000 m gehen könne.
Aus dem Gutachten des Orthopäden Dr. S. geht als hauptsächliche Funktionsstörung hervor, dass das Liegen zum eigenständigen Bewältigungsmuster der Klägerin geworden ist, das ihren gesamten Tagesablauf prägt. Insoweit hat allerdings auch Dr. S. letztlich keine ausreichende Erklärung gegeben, die die Erforderlichkeit der praktizierten Liegepausen begründen könnte. Er hat zwar aufgrund der von ihm veranlassten kinetisch positionalen Kernspinuntersuchung eine Verklebung des Segments LWK 3/4 mit der rechten Wurzel L3 (Versorgung rechter Oberschenkel) gesehen, eine auffällige Dynamik zwischen Sitzen, Stehen und Liegen konnte er jedoch nicht feststellen; die Nachbarschafts-Strukturen blieben jeweils gleich. Eine OP-Indikation sah er nicht - insoweit teilt der Sachverständige ausdrücklich die Annahme der behandelnden Ärzte über einen "rückläufigen Befund". Auch konnte er keine auffälligen Sensibilitätsstörungen während der Untersuchung feststellen, die die Klägerin zeitweilig angegeben hat. Im Ergebnis stellt der Gutachter eine fast zwanghafte Tendenz zur Entlastung der LWS und zur korrekten Positionierung des Körpers in Hock- oder Liegestellung fest, der sich die Klägerin nicht widersetzen könne. Insoweit sieht er aber die Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet angesiedelt, auch wenn sie sich auf orthopädischem Gebiet auswirken. Der Sachverständige hat somit letztlich fachfremd als wesentlich für die Beschwerden eine Schmerzverarbeitungsstörung mit psychischer Co-Morbi-dität angesehen, wobei er aber selbst keine auffällige depressive Veränderung bemerkt hat und von unklaren psychischen Symptomen spricht. Tests zur psychischen Situation ergaben einen unauffälligen Befund einer klar strukturierten Patientin mit guter Introspektionsfähigkeit und korrekter Schwingungsfähigkeit. Der Sachverständige hat daher über psychische Zusammenhänge nur spekuliert. Er "vermutet" eine Überlastung im Beruf durch die Zusatzbelastung der Pflege der demenzkranken Mutter. Da aktuelle Probleme im Familienleben der Klägerin verneint wurden, hat der Sachverständige als chronifizierende Faktoren auf unspezifische Parameter wie "Alter, weibliches Geschlecht und den verheirateten Familienstatus" hingewiesen. Außerdem bezieht er sich noch auf Depressionen in der Vergangenheit und die Kompensationsansprüche der Klägerin. Er hält außerdem ausdrücklich fest, dass "keine direkten Abbrüche von Hobbys oder Urlaubsreisen gesehen" werden, spricht andererseits aber in der Abwägung - nicht recht nachvollziehbar - von einem Rückzug von angenehmen Tätigkeiten wie Hobbys und Vereinen. Zugleich stellt er fest, dass die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt Romanistik studierte - wenn auch mit Liegephasen. In der Zusammenfassung begründet er zwar die Ruhepausen mit der Vernarbung der Wurzel L3 mit konsekutiv starken Schmerzen, gleichzeitig weist er für die zeitliche Einschränkung aber gerade auf das Schmerzsyndrom hin, für das er eine willentliche Steuerbarkeit ausschließt - ohne jedoch dafür psychische Erkrankungen klar zu benennen. Die Wegefähigkeit sieht er nicht eingeschränkt. Eine Verbesserung hält er innerhalb von 2,5 Jahren für möglich.
Die Nervenärztin Dr. Z. hat in körperlicher Hinsicht ebenso eine freie Beweglichkeit der WS in allen Ebenen festgehalten mit einem Lasègue beidseits negativ über 90°. Der Finger-Boden-Abstand betrug 10 cm. An den unteren Extremitäten waren keine Paresen feststellbar, keine Atrophien. Die Sensibilität war unauffällig. Neurologische Ausfälle waren nicht fassbar. Auch Dr. Z. bestätigt, dass die MRTs eine Befundbesserung zeigen würden. Der gesamte Körperbau wirkte auf die Sachverständige so muskulös, dass sie Zweifel an der klägerischen Darstellung einer überwiegend liegenden Position äußert. Als naheliegende Behandlungsoption hat die Sachverständige eine Wurzelblockade L3 vorgeschlagen, da dadurch geklärt werden könnte, ob sich die Symptomatik durch lokale Ausschaltung der speziellen Wurzel beheben ließe. Dr. M. hat diesen Vorschlag - zwei Jahre später - aufgegriffen (vgl. Bericht vom 29.03.2013) und die Klägerin zur Wurzelblockade der Wurzel L3 rechts überwiesen. Zur Aufnahme einer solchen Therapie hat die Klägerin aber nichts vorgetragen; bei der späteren Untersuchung durch Dr. E. hat sie bei den Angaben zur Therapie nur angegeben, dass sie bedarfsweise Voltaren einnehme und körperliches Training absolviere (Krankengymnastik, Gymnastik in Eigenregie, Schwimmen, Sauna). Zur Psychodynamik weist Dr. Z. darauf hin, dass die Klägerin selbst kein psychologisches Problem sieht, auch wenn die Hausärztin eine zeitweise depressive Symptomatik beschrieben hat. Als Grund für frühere Kontakte mit dem Psychotherapeuten Dr. F. hat die Klägerin selbst auch nur "Schwierigkeiten durch die Behandlung seitens der Rentenversicherung" angegeben. Die Sachverständige entnimmt letztlich nur dem Befundbericht der Dr. O. Hinweise auf somatoforme Beschwerden (psychosomatisch überlagerte Wurzelirritation) und schließt sich dem im Ergebnis an (deutliche Überlagerung), sie hat jedoch keine Faktoren erkannt und benannt, die zum Unterhalt der Beschwerden beitragen und hält die Genese selbst für unklar. Daraus lässt sich aber für den Senat nicht ableiten, dass die Beschwerden und die funktionellen Einschränkungen tatsächlich im behaupteten Ausmaß vorliegen.
Soweit der Prozessbevollmächtigte im sozialgerichtlichen Verfahren Gründe für eine Befangenheit (wirtschaftliche Abhängigkeit, Ablauf der Untersuchung etc.) der Sachverständigen Dr. Z. vorgetragen hat, hat er keinen förmlichen Ablehnungsantrag gestellt. Da diese Gründe erst am 08.07.2011 - ca. 5 Monate nach der Untersuchung und knapp einen Monat nach Ablauf der gerichtlich gesetzten Frist zur Stellungnahme zum Gutachten (10.06.2011) - vorgetragen worden sind, wäre ein solcher auch verfristet gewesen (vgl. § 118 SGG i.V.m. § 406 Abs. 2 ZPO). Die Ausführungen der Dr. Z. im Gutachten lassen keine Voreingenommenheit erkennen. Im Übrigen weichen deren tatsächliche Feststellungen auch nicht erheblich von denjenigen der anderen Sachverständigen ab, so dass es letztlich nicht entscheidungserheblich auf ihr Gutachten ankommt.
Auch das Gutachten des Prof. S. kann den Senat insoweit nicht von einer rentenrelevanten Einschränkung der Klägerin überzeugen. Die Klägerin hat dort berichtet, dass eine deutliche Heberschwäche im Oberschenkel vorliegt. Die Problematik, dass sie nur maximal 20 Minuten sitzen oder stehen könne und sich dann hinlegen müsse, sei gleichbleibend. Körperlich-neurologisch bestand in der rechten unteren Extremität lediglich eine 5/6 Parese und eine leichte Hypästhesie. Ansonsten war der Befund unauffällig. Der Sachverständige hat zur Psyche mitgeteilt, dass Aufmerksamkeit, Auffassung und Konzentration während des gesamten Untersuchungsverlaufs unauffällig waren. Psychomotorik, Mimik und Gestik waren situationsadäquat. Affektiv zeigte sich bei normaler Schwingungsfähigkeit keine Verschiebung zu einem der beiden Pole. Denkstörungen lagen nicht vor; auch kognitiv ergaben sich keine Auffälligkeiten. Der Sachverständige bezieht sich bezüglich der Somatisierungsstörung auf die testpsychologischen Profile, die eine deutliche somatoforme Störung ergeben haben. Er stellt dann fest, dass die Problematik auf einem real-organischem Anteil bzw. einer dissoziativen Komponente mit nicht ausreichender Introspektionsfähigkeit beruhe. Dieses Krankheitsbild ordnet der Sachverständige als echtes psychisches Krankheitsbild mit Krankheitswert ein. Dabei erklärt er die dissoziative Komponente jedoch nicht näher, sondern beruft sich vage auf eine dissoziative Entwicklung, die sich ab dem Jahr 2004 entwickelt habe. Damals zeigten sich laut Dr. O. psychische Symptome (Nervosität, Blockade, Neben sich Stehen am Arbeitsplatz) und eine kernspintomographisch unspezifische cerebrale Marklagerveränderung. Eine Abklärung ergab keinen Anhalt für eine entzündliche Erkrankung. Die Beklagte weist dazu nachvollziehbar darauf hin, dass der Rückschluss des Sachverständigen auf das (Fort)Bestehen dissoziativer Zustände sehr gewagt und medizinisch nicht ausreichend untermauert ist. Der Sachverständige sieht dennoch eine deutlich funktionell wirksame Komponente gerade des psychischen Anteils und folgert daraus, dass die Klägerin nur noch zwei bis drei Stunden mit langen Arbeitspausen tätig sein könne und die Störungen unter eigener Wilensanstrengung oder mit ärztlicher Hilfe nicht in absehbarer Zeit überwinden könne. Zur Begründung beruft er sich letztlich nur auf die Chronifizierung der Störung. Eine Umstellungsfähigkeit wegen Ausdauer, Konzentration und Anpassungsfähigkeit sieht er nicht als möglich an - dies geht allerdings nicht konform mit dem Befund bei der Untersuchung. Der Beklagten ist insoweit recht zu geben, dass aus dem vollkommen unauffälligen psychopathologischem Befund nicht die Überzeugung einer Krankheit auf psychiatrischem Gebiet gewonnen werden kann. Bezeichnenderweise hat Prof. S. auch nur die Verdachtsdiagnose einer Somatisierungsstörung gestellt.
Auch der zuletzt im Berufungsverfahren eingeschaltete Sachverständige Dr. E. hat bei der körperlich-neurologischen Untersuchung keine wesentlichen Auffälligkeiten feststellen können. Der PSR (Patellarsehnenreflex) rechts war im Vergleich zu links vermindert auslösbar; dies wertet er als Ausdruck einer Restsymptomatik nach dem Bandscheibenvorfall 2008. Der Muskeltonus der Extremitäten war aber seitengleich und regelrecht. Es fand sich kein Hinweis auf latente Paresen oder isolierte Muskelatrophien. Im Bereich der Extremitäten bestand kein reproduzierbares sensibles Defizit; auch die Schmerzproblematik ließ sich nicht erheben. Das Nervendehnungszeichen war rechts endgradig positiv. Die Druckpunkte für den Ischiasnerv waren nicht schmerzhaft. Der Gang war nicht neurogen behindert, Fersen und Fußspitzengang waren beidseits kräftig, nur das Einbeinhüpfen war rechts leicht kraftgemindert. Bezüglich des auffälligen Positionswechsels der Klägerin hat der Gutachter bemerkt, dass das Verhalten unvermittelt aufgetreten ist. Zuvor waren keine Zeichen für das Vorliegen einer Schmerzsymptomatik nachweisbar. Es lag zwar keine demonstrative Verhaltensweise vor; eine Korrelation zwischen dem Verhalten der Klägerin und einem äußeren oder inneren Stressor fand sich aber nicht. Auch Dr. E. hat daher festgestellt, dass eine erhebliche Diskrepanz zwischen den subjektiv erlebten Beschwerden und Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit einerseits und dem erhobenen körperlichen Befund andererseits besteht. Er hat darauf hingewiesen, dass für eine Somatisierungsstörung untypisch ist, dass die angegebenen Beschwerden nicht wechseln. Insofern wäre eine Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren nahliegender. Die Diagnose müsse aber auch hinsichtlich der psychischen Faktoren positiv gestellt werden. Allerdings hat er ausgeführt, dass unklar ist, wodurch der psychische Anteil gekennzeichnet ist. Die objektivierbaren Befunde hierzu sind geringfügig. In psychischer Hinsicht erklärte die Klägerin eine positive Befundänderung selbst damit, dass sie sich damit abgefunden habe, nichts von der Rentenversicherung zu erhalten. Weitere psychische Belastungen wie Konflikte hat die Klägerin nicht angegeben. Sie fühlt sich in ihrer Familie und mit ihren Freunden wohl. Die Klägerin ist auch in der Lage, ihren Haushalt - unterstützt von ihrem Ehemann - weitgehend selbst zu führen. Zu einer Depression ist es nach ihren eigenen Angaben wegen der Schmerzen gekommen, wobei sie sich nicht sicher ist, ob sie den Zustand "damals" Depression nennen könne. Ein Persönlichkeitsfragebogen war wegen der Abwehrhaltung der Klägerin nicht auswertbar. Gegen eine erhebliche Depressivität sprechen durchaus auch der Aktionsradius und die Antriebskraft der Klägerin. So hat sie gegenüber dem Sachverständigen erklärt, dass sie derzeit nun Medizin im sechsten Semester studiert - wobei sie sich beim Präparationskurs auch zwischenzeitlich hingelegt habe. Beim psychischen Befund hat der Sachverständige keine gravierenden Störungen feststellen können. Er beschreibt lediglich einen unruhigen gehetzten Eindruck mit einem eigenwilligen Kommunikationsstil. Es fiel der Klägerin schwer, zuzuhören. Gedächtnis und Merkfähigkeit waren aber bei der Untersuchung ungestört. Als Diagnose konnte der Sachverständige daher nur den Verdacht auf eine Schmerzstörung bei gesichertem Zustand nach akutem Bandscheibenprolaps stellen.
Die Sachverständigen können damit eine psychische Störung nicht zur Überzeugung des Gerichts nachweisen. Allein daraus, dass die Klägerin häufige Liegepausen praktiziert, lässt sich nicht zwingend darauf schließen, dass dies aus somatischen oder psychischen Gründen erforderlich ist.
Weitere Aufklärung ist nicht erforderlich. Soweit der Kläger vor der Beauftragung des Dr. E. einen Antrag nach § 109 SGG bei dem Neurochirurgen Dr. M. gestellt hat, ist er darauf nach Übersendung des Gutachtens des Dr. E. und auch nach Ladung nicht mehr zurückgekommen. Der Antrag ist damit ersichtlich nicht mehr aufrechterhalten worden. Die Klägerin hat ihr Antragsrecht nach § 109 SGG im Übrigen auch bereits in erster Instanz verbraucht, indem sie ein Gutachten bei dem Orthopäden, Sportmediziner und Arzt für Chirotherapie sowie bei dem Facharzt für Psychiatrie Prof. S. mit Zusatzgutachten veranlasst hat. Ein Antragsteller kann zwar u.U. auch mehrere Ärzte aus verschiedenen Fachgebieten als Sachverständige benennen, wenn dies zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts erforderlich ist oder wenn er Gesundheitsstörungen geltend macht, für deren Beurteilung die nach § 109 SGG benannten Sachverständigen nicht kompetent waren. Wenn aber Gesundheitsstörungen in die Kompetenz mehrerer medizinischer Fachgebiete fallen (z.B. Orthopäde, Chirurg, Nervenarzt) und ein Kläger schon einschlägige Gutachten, hier eines Orthopäden und auf nervenfachärztlichem Gebiet, veranlasst hat, so kann er einen weiteren Antrag nicht damit begründen, gerade der Neurochirurg verfüge über die größere Sachkunde (vgl. Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, III Rn. 94; vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 109 Rn. 10b). Dies umso mehr, als es hier auf spezielle chirurgische Fragen nicht ankommt. Für das Vorliegen einer Erwerbsminderung ist nicht erheblich, ob die Möglichkeit einer Operation besteht. Eine Duldungspflicht bestünde insoweit nicht - darüber sind sich die Beteiligten auch einig. Weder die Klägerin noch Dr. E. haben neue Tatsachen angegeben; eine entscheidungserhebliche Änderung der Sachlage hat sich seit den Begutachtungen durch die vom Kläger benannten Sachverständigen nicht ergeben. Ein Anspruch darauf, dass ein Gutachter nach § 109 SGG das letzte Wort haben müsse, besteht nicht.
Da eine psychische Störung nicht nachgewiesen ist, kommt es nicht mehr entscheidend auf die Frage an, mit welcher Behandlung und in welcher Zeit die Klägerin eine solche ggf. überwinden kann. Für das tatsächliche Vorliegen von seelisch bedingten Störungen, ihre Unüberwindbarkeit aus eigener Kraft und ihre Auswirkungen trifft den Rentenbewerber die objektive Beweislast (BSGE 21, 189, 192).
Dass die Klägerin trotz mehrfacher Empfehlung eine psychotherapeutische Behandlung nicht aufgenommen hat, kann allerdings bei der Frage, ob und in welchem Umfang eine psychische Störung und Beeinträchtigung plausibel erscheint, bewertet werden. Eine psychische Behandlung hat die Klägerin in der Vergangenheit als unnötig und unerträglich abgelehnt. Insoweit können Rückschlüsse auf den (fehlenden) Leidensdruck der Klägerin gezogen werden. Zur durchgeführten Therapie hat die Klägerin zuletzt nur angegeben, dass sie bedarfsweise Voltaren einnimmt, außerdem führt sie Krankengymnastik drei bis viermal die Woche durch. Zwei bis dreimal geht sie - wenn sie es sich finanziell leisten kann - in ein Gesundheitszentrum, zweimal pro Woche zum Schwimmen. Aus diesen Gesunderhaltungsmaßnahmen lässt sich nicht auf ein eingeschränktes Leistungsvermögen schließen.
Auch eine Rente wegen Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI kommt schließlich nicht in Betracht, weil die Funktionsbehinderungen der Klägerin nicht in dem geschilderten Ausmaß nachgewiesen sind. Die Klägerin hat unstrittig Berufsschutz. Soweit sie ihre Unfähigkeit zu einer qualifizierten Tätigkeit daraus ableitet, dass sie sich in unvorhersehbaren Abständen hinlegen müsse, würde dies zwar in der Tat der Ausübung qualifizierter Tätigkeit entgegenstehen. Gerade die Notwendigkeit einer solchen Positionsveränderung ist aber nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen (s.o.). Die Tätigkeit als Bankkauffrau - die nach eigener Beschreibung der Klägerin in der Reha eine leichte körperliche Tätigkeit ständig im Sitzen, häufig am PC ohne körperliche Belastung darstellt, - wäre der Klägerin - mit ergonomischer Arbeitsplatzgestaltung - grundsätzlich weiter zumutbar. Jedenfalls wäre die Klägerin aber auf eine Tätigkeit als qualifizierte Registratorin sozial zumutbar verweisbar, bei der es sich um eine Tätigkeit in Wechselhaltung und ohne Stress handelt. Hierzu verweist der Senat auf die ausreichende berufskundliche Stellungnahme der Bundesagentur, die auch dem Sachverständigen zur Verfügung gestellt worden ist; dem Antrag der Klägerin auf ein berufskundliches Gutachten zur Tätigkeit als Bankkauffrau und Registrator musste der Senat nicht nachkommen. Die Frage der Möglichkeit von Liegepausen ist - mangels medizinischen Nachweises - auch berufskundlich nicht relevant. An der geistigen Umstellungsfähigkeit hat der Senat keinen Zweifel; die Klägerin war auch in der Lage, ein Medizinstudium aufzunehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Klägerin in der Berufungsinstanz erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1957 geborene Klägerin hat von 1975 bis 1978 den Beruf der Krankenschwester erlernt und war nachfolgend bis 1985 als solche tätig. Von 1985 bis 1987 war sie als Kontoristin (Vertrieb-Export) beschäftigt und von 1987 bis 1990 als kaufmännische Angestellte, wobei sie parallel hierzu von 1986 bis 1989 die Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie besuchte und im Jahr 1989 die Prüfung zur Betriebswirtin (VWA) ablegte. Ab 1990 war die Klägerin bei der Sparkasse E-Stadt als Angestellte tätig, besuchte von 1992 bis 1994 den Lehrgang "Sparkassenkaufmann/Sparkassenkauffrau" und legte 1994 die IHK-Prüfung zur Bankkauffrau ab. Seit 1995 war sie Kundenberaterin bei der C., ab 2000 wegen der Pflege der Mutter in Teilzeit. Ab 29.09.2008 war sie wegen eines Bandscheibenleidens arbeitsunfähig und bezog ab 10.11.2008 Krankengeld.
Seit Frühjahr 2008 leidet die Klägerin an Lumbalschmerzen, seit September 2008 mit Ausstrahlungen ins rechte Bein und Gangstörungen. Eine konservative Behandlung erfolgte zunächst in der neurologischen Klinik in A-Stadt. Danach befand sich die Klägerin vom 09.12.2008 bis 13.01.2009 in einer Rehabilitationsbehandlung in Bad K ... Im Entlassungsbericht wurde nach Ende der Arbeitsunfähigkeit wieder ein Leistungsvermögen für die letzte Tätigkeit für mehr als 6 Stunden angenommen. Das Orthopädie Centrum A-Stadt sah am 20.01.2009 keine Indikation zur Bandscheiben-OP. Vom 24.02.2009 bis 17.04.2009 nahm die Klägerin Nachsorgeleistungen in der Klinik H. in Anspruch. Vom 29.04.2009 bis 20.05.2009 befand sie sich wegen eines Asthma bronchiale zur Rehabilitationsbehandlung in W ...
Am 24.07.2009 beantragte die Klägerin die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab sie an, wegen orthopädischer Leiden erwerbsgemindert zu sein.
Die Beklagte veranlasste nach Einholung diverser ärztlicher Unterlagen (u.a. MRT vom 24.06.2009) ein chirurgisches Gutachten von Dr. P. vom 20.11.2009. Dieser diagnostizierte eine geringe Fehlhaltung der Wirbelsäule und degenerative Veränderungen bei zusätzlicher Bandscheibenprotrusion LWK 3/4 mit Schmerzsymptomatik und intermittierendem sensomotorischem Funktionsdefizit rechts. Die Klägerin könne noch leichte Tätigkeiten sechsstündig verrichten, weitgehend auch mittelschwere Arbeiten, jeweils im Wechselrhythmus bzw. in nicht überwiegend einseitiger Körperhaltung, ohne häufiges Bücken und ohne lang anhaltende bzw. häufige Überkopfarbeiten. Als Kundenberaterin könne die Klägerin weiterhin täglich über 6-stündig tätig sein.
Auf dieser Grundlage lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 15.12.2009 ab. Die Klägerin sei noch in der Lage, ihren bisherigen Beruf als Kundenberaterin in einer Sparkasse mindestens 6 Stunden täglich auszuüben.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch bat die Klägerin, ihr zumindest eine auf ein Jahr befristete Rente zu gewähren. Sie könne höchstens eine halbe bzw. eine Stunde sitzen, dann müsse sie sich hinlegen - andernfalls könne sie sich auch nicht mehr konzentrieren und mache Fehler. Kein Kunde oder Arbeitgeber habe dafür Verständnis. Sie brauche Zeit, um die konservative Therapie erfolgreich durchzuführen. Dazu wurde ein Attest des Orthopäden Dr. P. vom 22.01.2010 über eine ausgeprägte, ausschließlich belastungsabhängige Wurzelreizsymptomatik vorgelegt.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17.03.2010 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 31.03.2010 Klage beim Sozialgericht Nürnberg erhoben. Sie sei nur im Liegen schmerzfrei. Die Schmerzen würden vor allem ins rechte, aber auch ins linke Bein ausstrahlen. Sie sei nicht einmal in der Lage, einfache Hausarbeiten zu verrichten. Eine überwiegend im Sitzen durchführbare Tätigkeit sei ihr nicht zumutbar. Daher sei sie zumindest berufsunfähig. Zu ihrem Vortrag hat sie ein weiteres Attest des Dr. P. vom 29.06.2010 und das Ergebnis eines MRT der LWS vom 28.06.2010 vorgelegt.
Das Gericht hat zunächst die behandelnden Ärzte der Klägerin befragt. Aktenkundig wurden Berichte des Orthopäden Dr. P. vom 19.07.2010, der Nervenärztin Dr. O. vom 20.07.2010 und des Internisten Dr. D. vom 26.07.2010.
Das Gericht hat sodann Dr. S. zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt. In seinem chirurgischen Fachgutachten vom 21.10.2010 hat Dr. S. Fehlhaltungen der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen an der Halswirbelsäule bei ausreichender Funktion derselben, Bandscheibenvorwölbung an der Lendenwirbelsäule im Segment L3/4 mit Schmerzsymptomatik und Bedrängung der Nervenwurzel L3 rechts, eine geringgradige Fingergelenkspolyarthrose, Verdacht auf Bluthochdruck und chronische Bronchitis mit normaler Lungenfunktion in der Reha-Klinik W., eine geringe Beinfehlstellung mit Senkspreizfuß beidseits und den Verdacht auf Psychosomatose diagnostiziert. Leichte körperliche Arbeiten sechs Stunden täglich könne die Klägerin noch verrichten, möglichst in Wechselhaltung, ohne schwere und mittelschwere Hebe- und Tragearbeiten, ohne Zwangshaltungen, ohne bückende und kniende Arbeiten, mit Schutz vor Kälte, Nässe und Zugluft und ohne besondere nervliche Belastung und ohne vermehrte Bronchialbelastung. Mit diesen Einschränkungen könne die Klägerin nur noch weniger als 8, jedoch noch 6 Stunden täglich tätig sein. Auch als Kundenberaterin in einer Bank könne die Klägerin weiterhin 6 Stunden täglich tätig sein. Da die Leistungsfähigkeit der Klägerin auch nach Angaben der behandelnden Ärzte überwiegend durch Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Fachgebiet eingeschränkt sei, empfehle er eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung.
Der neu mandatierte Prozessbevollmächtigte hat daraufhin Arztbriefe vorgelegt, aus denen sich die Diagnose eines "Bandscheibenvorfalls" ergibt. Es liege nicht nur eine Bandscheibenvorwölbung (Protrusion) vor.
Das Gericht hat die Nervenärztin Dr. Z. zur gerichtlichen Sachverständigen ernannt. In ihrem nervenärztlichen Gutachten vom 18.02.2011 hat diese eine Schmerzsymptomatik bei Zustand nach Bandscheibenvorfall L3/4 mit Wurzelreiz L3, zum aktuellen Zeitpunkt ohne fassbare neurologische Ausfälle, diagnostiziert. Im aktuellen MRT vom Juni 2010 sei kein weiterer Wurzelreiz erkennbar gewesen. In der Bildgebung habe sich eine deutliche Befundbesserung gegenüber den früheren MRTs manifestiert, weshalb von einem Restzustand nach Bandscheibenvorfall mit deutlicher somatoformer Beschwerdeüberlagerung auszugehen sei. Insgesamt liege eine ganz deutliche somatoforme Überlagerung vor, deren Genese aber unklar sei. Eine psychosomatische Rehabilitationsmaßnahme mit verhaltenstherapeutisch orientiertem Schwerpunkt erscheine aus ihrer Sicht sinnvoll. Dr. Z. hat die Klägerin noch für in der Lage erachtet, aus rein nervenärztlicher Sicht täglich acht Stunden körperlich überwiegend leichte Arbeiten zu verrichten, mit der Möglichkeiten von Positionswechseln zwischen Sitzen, Stehen und Gehen, ohne dauernde Zwangshaltungen und ohne Arbeiten in Nässe, Zugluft oder Kälte. Unter Mitberücksichtigung des orthopädischen Gutachtens von Dr. S. sei nur noch ein unter achtstündiges, jedoch noch mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen gegeben. Auch als Kundenberaterin in einer Bank könne die Klägerin noch sechs Stunden täglich tätig sein. Sie könne sich auch noch auf andere zumutbare Tätigkeiten umstellen, die nicht von einfachster Art seien, sondern Einarbeitung bzw. betriebliche Anlernung erforderten und durchschnittliche Anforderungen an die geistige und psychische Belastbarkeit stellten. Aktuell habe sich die Klägerin gerade für ein Romanistik-Studium eingeschrieben.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat zu dem am 05.05.2011 an ihn versandten Gutachten am 01.06.2011 umfangreiche Einwendungen vorgetragen. Die Sachverständige habe die Klägerin u.a. in liegendem Zustand untersucht, in dem diese gerade keine Schmerzen habe. Untersuchungen im Gehen, Stehen und Sitzen habe sie aber nicht durchgeführt. Die Sachverständige habe bei ihrer Bewertung außer Acht gelassen, dass sich die Klägerin je nach unvorhersehbarem Auftreten der Schmerzen hinlegen müsse. Sie könne daher eine Tätigkeit als Kundenberaterin nicht mehr durchführen. Es solle ein berufskundliches Gutachten eingeholt werden. Am 08.07.2011 hat der Prozessbevollmächtigte ergänzt, dass die Sachverständige von den Aufträgen der Sozialversicherungsträger und der Gerichte wirtschaftlich abhängig sei. Deshalb und aufgrund der Untersuchungssituation sei der dringende Verdacht der Besorgnis der Befangenheit gegeben. Dr. Z. habe unangemessene und unsachliche Fragen gestellt und die Äußerungen der Klägerin in einer Sprache wiedergegeben, die die Klägerin als minderbemittelt darstelle. Dazu hat der Prozessbevollmächtigte umfangreiche Äußerungen der Klägerin wiedergegeben. Es sind außerdem weitere Unterlagen, u.a. ein MRT-Befund vom 03.11.2010, vorgelegt worden.
Auf Antrag der Klägerin ist ein Gutachten bei dem Orthopäden Dr. S. in Auftrag gegeben worden. In seinem Gutachten vom 07.12.2011 hat dieser ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom bei Wurzelvernarbung L3 mit Bandscheibenvorfall L3/4 und eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert. Er hat ausgeführt, dass er eine kinetisch positionale Kernspintomographie veranlasst habe, welche am 01.12.2011 durchgeführt worden sei. Auffällig sei das Segment LWK 3/4, wo sich eine Verklebung des Bandscheibenvorfalls mit der rechten Wurzel L3 gezeigt habe. Dies sorge nachvollziehbar für Schmerzen in das Segment L3, dies bedeute, im rechten Oberschenkel. Eine auffällige Dynamik zwischen Stehen, Sitzen und Liegen habe jedoch in diesem Segment nicht gesehen werden können, die Nachbarschafts-Struktur von Bandscheibe L3 zur Wurzel L3 sei gleich geblieben. Dr. S. habe mit dem Verdacht auf eine Psychosomatose völlig recht. Die Gesundheitsstörungen dominierten eher auf dem neurologisch-psychiatrischen Gebiet, wirkten sich jedoch im orthopädischen Gebiet aus und exakt diese Schnittstellen-Problematik verwische auch die Trennschärfe zwischen orthopädischen Auswirkungen und neurologisch-psychiatrischen Auswirkungen. Unter eigener zumutbarer Willensanstrengung sei auch mit ärztlicher Hilfe mit keiner Überwindung der Beschwerden nach Ablauf von einem Jahr zu rechnen. Allenfalls müsse man zwei Jahre ansetzen, um ein Ergebnis abzuwarten. Die Klägerin sei nur noch unter drei Stunden täglich leistungsfähig, dies wegen des Schmerzsyndroms und der nicht willentlichen Steuerbarkeit des Schmerzsyndroms und der Auswirkungen. Die Klägerin benötige unübliche Arbeitspausen, sie müsse sich alle 30 Minuten für etwa 10 Minuten hinlegen. Als Kundenberaterin könne die Klägerin nur noch unter vier Stunden täglich tätig sein. Die Klägerin könne sich auf andere zumutbare Tätigkeiten umstellen. Ihre geistige Dynamik sei sehr gut. Eine Verbesserung müsste in den nächsten zweieinhalb Jahren möglich sein. Es sei nicht unwahrscheinlich, dass die Erwerbsminderung längerfristig behoben werden könne.
Die Beklagte hat hierzu eine Stellungnahme der Allgemeinärztin Dr. S. vom 12.01.2012 vorgelegt.
Die Klägerseite hat die Einholung eines berufskundlichen Gutachtens angeregt und ein weiteres Gutachten nach § 109 SGG bei Prof. Dr. S. beantragt. Dazu ist auch die Einholung eines klinisch-psychologischen Zusatzgutachtens, erstellt von Dr. S. am 20.09.2012, genehmigt worden.
In ihrem klinisch-psychologischen Zusatzgutachten führt Dr. S. aus, dass die kognitive Leistungsfähigkeit der Klägerin nicht eingeschränkt sei, es ergäben sich auch keine Hinweise auf eine depressive oder Angstsymptomatik. Es seien jedoch Hinweise auf Beschwerden erkennbar geworden, wie sie unter anderem auch im Rahmen einer deutlichen somatoformen Störung zu finden seien.
In seinem psychiatrischen Gutachten vom 04.10.2012 vertritt Prof. Dr. S. die Ansicht, dass bei der Klägerin der Verdacht auf eine Somatisierungsstörung vorliege. Es handle sich um ein chronifiziertes Interaktionsmuster, das gerade unter dem Aspekt der nicht ausreichenden Introspektionsfähigkeit innerhalb der psychodynamischen Bewältigung des gesamten Prozessbildes und einer Monofokussierung auf den organisch realen Anteil kontraproduktiv für die Gesamtprognose sei. Auch unter ärztlicher Hilfe sei dieses in absehbarer Zeit nicht überwindbar. Es sei eine ausführliche tiefenpsychologisch orientierte, initial stationäre, konsekutiv ambulante Maßnahme mit verhaltenstherapeutischer Behandlung notwendig. Die Klägerin sei nur noch für unter dreistündig leistungsfähig unter Positionswechsel, wobei lange Arbeitspausen mit entsprechender Positionsentlastung notwendig seien. Als Kundenberaterin könne die Klägerin nur noch unter vier Stunden täglich tätig sein. Eine Umstellung auf andere zumutbare Tätigkeiten sei hierbei im Kontext zu Ausdauer, Konzentration und Anpassungsfähigkeit nicht möglich.
Zu diesem Gutachten hat die Beklagte eine weitere Stellungnahme von Dr. S. vom 20.11.2012 vorgelegt.
Der Prozessbevollmächtigte hat hierzu eine ergänzende Stellungnahme der nach § 109 SGG benannten Gutachter gefordert.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 18.01.2013 abgewiesen. Auf orthopädischem Fachgebiet lägen keine Gesundheitsstörungen vor, die eine quantitative Erwerbsminderung zur Überzeugung des Gerichts begründen würden. Die von Dr. S. vermutete Psychosomatose sei von Dr. S. bestätigt worden. Auch Dr. Z. habe aus neurologischer Sicht keine organische Erklärung für die von der Klägerin geschilderten Beschwerden finden können. Auf rein psychiatrischem Fachgebiet sei keine Depressions- und/oder Angstsymptomatik feststellbar. Es liege jedoch eine Schmerzkrankheit im Sinne einer somatoformen Schmerzstörung vor. Entscheidend sei, dass dieses Krankheitsbild bislang nicht therapiert worden sei und dass zunächst die Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden müssten, bevor ein Rentenanspruch festgestellt werden könne. Das Gericht halte die Klägerin angesichts ihrer "geistigen Dynamik", auf die auch Dr. S. verwiesen habe, durchaus für fähig, sich mit dem Krankheitsbild auseinanderzusetzen und einen Therapieversuch zu unternehmen. Da die somatoforme Schmerzstörung bislang unbehandelt sei, könne auch nicht festgestellt werden, dass die Klägerin nicht mehr als Kundenberaterin tätig sein könnte. Dem Antrag der Klägerin auf Einholung ergänzender Stellungnahmen folgte das SG nicht.
Gegen das am 24.01.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21.02.2013 Berufung eingelegt. Die Klägerin habe sehr wohl eine Schmerztherapie durchgeführt, die aber nicht erfolgreich gewesen sei. Die Klägerin könne nicht mehr als Kundenberaterin zumutbar tätig sein. Eine Operation sei von den Fachärzten nicht befürwortet worden; die Klägerin müsse solche Eingriffe auch nicht dulden. Die Klägerin habe sämtliche - unter Würdigung der Mitwirkungspflicht zumutbare - Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft. Man habe die Klägerin auf die psychische Schiene verlagert. Im Übrigen werde die Auffassung des SG zur Ablehnung der Erwerbsminderungsrente bei bestehenden Behandlungsmöglichkeiten nicht geteilt, ggf. werde Antrag auf Zulassung der Revision gestellt. Ob die Erwerbsminderung beseitigt werden könne, sei nicht eine Frage des Tatbestands der Erwerbsminderung; dem trage das Gesetz vielmehr durch die Rechtsfolge der befristeten Rente Rechnung. Es komme auf den aktuellen Zustand an. Im Übrigen komme es theoretisch auch darauf an, ob die Klägerin die Behandlungsbedürftigkeit erkennen könne, was ggf. krankheitsbedingt nicht der Fall sei.
Die Beklagte hat klargestellt, dass es nicht um die Durchführung einer Operation gehe. Ein solcher Eingriff werde der Klägerin nicht zugemutet. Die Klägerin habe im Übrigen selbst ein psychiatrisches Gutachten nach § 109 SGG begehrt. Die Tatsache, dass die Klägerin keine adäquate Schmerztherapie in Anspruch nehme, dennoch aber sportlich aktiv sei und geistig anspruchsvolle Lehrgänge und Studien betreibe, stehe im Widerspruch zu der erheblich demonstrierten Schmerzsymptomatik.
In einem aktuellen Befundbericht des Internisten D. vom 10.02.2014 mit weiteren Arztbriefen (u.a. MRT-Befund vom 15.03.2013) wird auf einen seit 2010 stagnierenden Befund hingewiesen.
Es ist eine Arbeitgeberauskunft eingeholt worden, wonach die Klägerin eine Facharbeitertätigkeit als Privatkundenberaterin ohne Weisungsfunktion (seit 01.08.2011 zu 50%) ausgeübt hat. Es habe sich um eine überwiegend sitzende Tätigkeit in geschlossenen Räumen mit Stress je nach Termintaktung gehandelt.
Die Beklagte hat erklärt, dass die Klägerin noch als Bankkauffrau tätig sein könne und ihr mit der abgeschlossenen Ausbildung als Betriebswirtin auch Tätigkeiten als Sachbearbeiterin in öffentlichen Verwaltungen zur Verfügung stünden. Eine Tätigkeit solle in Wechselhaltung ausgeübt werden, wobei die Beklagte ggf. verschiedene ergonomische Hilfsmittel (zB höhenverstellbarer Schreibtisch) bewilligen könnte.
Der Prozessbevollmächtigte hat erneut ein berufskundliches Gutachten angeregt. Als Kundenberaterin könne die Klägerin gerade keine Tätigkeit in Wechselhaltung mit Liegen ausüben. Außerdem ist ein Arztbrief des Neurochirurgen Dr. M. vom 29.03.2013 vorgelegt worden und ein Antrag nach § 109 SGG auf Einholung eines Gutachtens bei Dr. M. gestellt worden. Zur weiteren Sachaufklärung solle das Gericht selbst eine Begutachtung durch einen Neurochirurgen veranlassen.
Das Gericht hat den Nervenarzt Dr. E. mit der Begutachtung beauftragt. Er hat nach Untersuchung der Klägerin am 09.02.2015 folgende Diagnosen gestellt: V.a. chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren bei gesichertem Zustand nach akutem Bandscheibenprolaps L3/4 mit rezidivierender Lumboischialgie rechts. Es bestehe eine erhebliche Diskrepanz zwischen den von der Klägerin benannten Beschwerden und dem neurologischen Befund. Insofern sei eine Somatisierungsstörung naheliegend. Für den psychischen Anteil hätten sich allerdings keine verwertbaren Angaben erheben lassen. Der objektivierbare psychische Befund sei bis auf einen eigenwilligen Kommunikationsstil der Klägerin geringfügig. Insofern könne er nur den Verdacht einer Schmerzstörung stellen. Der Sachverständige geht davon aus, dass die Funktionsstörungen willentlich überwindbar sind. Auch wenn es unwahrscheinlich sei, dass die Klägerin ihre berufliche Tätigkeit wieder aufnehmen könne, bevor sie ambulante oder stationäre Maßnahmen in Anspruch genommen habe, würde dennoch gegen eine Berentung sprechen, dass dadurch der weiteren Chronifizierung Vorschub geleistet werde. Erst wenn sich herausstellen sollte, dass die Klägerin dadurch nicht profitiere, müsse eine andere Einschätzung vorgenommen werden. Im Ergebnis hält der Sachverständige noch leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel von Stehen, Sitzen und Gehen mindestens 6 Stunden täglich für möglich. Der Klägerin seien wegen der eingeschränkten Belastbarkeit der Lendenwirbelsäule keine Tätigkeiten zumutbar, die mit Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, häufigem Bücken oder Zwangshaltungen verbunden seien. Zusätzliche unübliche Pausen seien nicht erforderlich. Die Klägerin sei noch in der Lage, die ausgeübte Tätigkeit als Privatkundenberaterin, Bankkauffrau oder Registratorin mindestens 6 Stunden pro Tag auszuüben. Sie könne viermal täglich mehr als 500m innerhalb von weniger als 20 Minuten zurücklegen und öffentliche Verkehrsmittel sowie ein Kfz nutzen. Die Umstellungsfähigkeit sei nicht eingeschränkt. Die Klägerin sei in der Lage, unter Anspannung des Willens die seelischen Hemmungen sowohl aus eigener Kraft als auch unter psychologischer Mithilfe zu überwinden. Das Leistungsbild bestehe seit Dezember 2012. Bei entsprechender Motivation und Mitarbeit sei das Therapieziel innerhalb von 6 - 12 Monaten erreichbar.
Die Beklagte hat auf Nachfrage ausgeführt, dass die Gewährung einer Reha nicht in Frage komme, da das Leistungsvermögen durch anerkannte Behandlungsmöglichkeiten der gesetzlichen Krankenversicherung in absehbarer Zeit gebessert werden könne.
Der Prozessbevollmächtigte hat ausgeführt, dass der Sachverständige nur undifferenzierte und ergänzungsbedürftige Angaben zur erforderlichen Therapie gemacht habe. Es bestehe der Verdacht, dass der Sachverständige einen veralteten Wissensstand habe. Im Übrigen sei es sehr schwierig, geeignete Therapeuten zu finden. Die Beklagte müsse die Psychotherapie als Reha-Maßnahme anbieten. Da die Beklagte dies unterlassen habe, müsse sie im Rahmen eines Wiederherstellungsanspruchs Rente ab Antragstellung gewähren. Der Sachverständige habe sich ohne berufskundliche Kenntnis geäußert. Mit den unvorhersehbaren Schmerzattacken könne die Klägerin nicht als Kundenberaterin tätig sein. Die Tätigkeit als Registratorin sei der Klägerin nicht zumutbar. Es handele sich um einen Schonarbeitsplatz. Wegen der Schmerzattacken sei von einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen auszugehen. Für die Tätigkeit als Privatkundenberaterin sei eine Stellungnahme des Arbeitgebers als auch des Bundesverbandes der Banken einzuholen. Es werde bestritten, dass die berufskundlichen Beschreibungen im berufenet der Bundesagentur für Arbeit den tatsächlichen Arbeitsmöglichkeiten entsprächen.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 14.04.2015 hat Dr. E. erklärt, dass im Rahmen der Gutachtenserstellung nicht beabsichtigt gewesen sei, die Klägerin auf ein bestimmtes Psychotherapieverfahren festzulegen, in erster Linie sei wohl eine Verhaltenstherapie zu empfehlen. Er sei seiner Verpflichtung zur kontinuierlichen Weiterbildung nachgekommen und habe sich an den vom Gericht übermittelten berufskundlichen Beschreibungen orientiert.
Die Beteiligten erklärten jeweils mit Schreiben vom 15.06.2015 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 18.01.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.03.2010 zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsminderung nach den gesetzlichen Vorschriften zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie des gerichtlichen Verfahrens Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Das SG hat die Klage gegen den Bescheid vom 15.12.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.03.2010 zu Recht abgelehnt. Die Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Versicherte haben gemäß §§ 43 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweise Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Voraussetzungen des §§ 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI liegen bei der Klägerin nicht zur Überzeugung des Senats vor.
Die Klägerin hat 2008 einen Bandscheibenprolaps erlitten. Die Auswertungen späterer MRTs sprechen z.T. nur von Protrusionen. Letztlich kann die Einordnung aber dahinstehen. Die funktionellen Beeinträchtigungen lassen sich jedenfalls - auch ausgehend von einem Prolaps - nicht in dem von der Klägerin subjektiv erlebten Ausmaß nachweisen.
Aus chirurgischer, orthopädischer und neurologischer Sicht können die Beschwerden und die daraus resultierenden Funktionsstörungen - insbesondere die Erforderlichkeit häufiger Liegepausen - nicht ausreichend begründet werden. Zwar erkennen alle Sachverständigen Restbeschwerden aufgrund der körperlichen Befunde an; die von der Klägerin ausgeprägt erlebte Schmerzproblematik können sich die Sachverständigen aber nur mit psychischen Anteilen erklären, deren Vorhandensein sich jedoch gerade nicht ausreichend nachweisen lässt. Daher sprechen die meisten Sachverständigen insoweit auch nur von einer Verdachtsdiagnose. Der Senat kann daher weder die Überzeugung gewinnen, dass eine quantitative Leistungseinschränkung vorliegt noch, dass die subjektiv für erforderlich gehaltenen Liegepausen gesundheitlich bedingt sind.
Auf die Frage, ob und innerhalb welcher Zeit eine Behandlung zu einer Besserung führen würde, kommt es nicht entscheidend an, da schon die psychische Störung selbst nicht hinreichend nachgewiesen ist.
Im Einzelnen:
Die Klägerin konnte sich bei der Untersuchung durch den Chirurgen Dr. S. am 21.10.2010 relativ flott hinlegen und aufrichten. Sie zeigte keine wesentlichen Bewegungsdefizite beim An- und Auskleiden. Die Beweglichkeit der LWS war zwar hälftig eingeschränkt, wobei aber noch ein FBA von 23 cm möglich war. Die Lasègue-Prüfung war negativ. Der Schwerpunkt der geschilderten Beschwerden betraf die Schmerzen beim Gehen, Stehen und Sitzen. Beim Gehen wurde links ein Handstock verwendet, allerdings nicht zusammen mit dem rechten Bein eingesetzt. Ein Vergleich der MRTs zeigte, dass beim ersten MRT die Nervenwurzel noch entzündet, im zweiten aufgetrieben, zuletzt noch bedrängt, aber nahezu seitengleich ausgeprägt war. Der Sachverständige hat insoweit nachvollziehbar erklärt, dass auf orthopädischem Gebiet weder die Beschwerden noch die Funktionseinschränkung am rechten Bein und die eingeschränkte Körperhaltung erklärbar waren. Es bezeichnete es als kaum vorstellbar, dass gerade beim Liegen Schmerzfreiheit eintritt. Auch weist er darauf hin, dass bei einer erforderlichen Schonung des rechten Beines die Muskulatur geringer sein müsste. Als unverständlich angesichts der geschilderten Beschwerden sah er auch an, dass Schmerzmittel nur in geringer Dosis eingenommen wurden. Der Sachverständige hat lediglich den Verdacht auf eine Psychosomatose geäußert und sah den Schwerpunkt auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Aufgrund des erhobenen Befunds sah er zwar kein achtstündiges, aber noch ein mindestens sechsstündiges tägliches Leistungsvermögen als zumutbar an. Auch die Wegefähigkeit war gegeben. Die Klägerin hatte dazu selbst erklärt, dass sie zwischen 500 und 1000 m gehen könne.
Aus dem Gutachten des Orthopäden Dr. S. geht als hauptsächliche Funktionsstörung hervor, dass das Liegen zum eigenständigen Bewältigungsmuster der Klägerin geworden ist, das ihren gesamten Tagesablauf prägt. Insoweit hat allerdings auch Dr. S. letztlich keine ausreichende Erklärung gegeben, die die Erforderlichkeit der praktizierten Liegepausen begründen könnte. Er hat zwar aufgrund der von ihm veranlassten kinetisch positionalen Kernspinuntersuchung eine Verklebung des Segments LWK 3/4 mit der rechten Wurzel L3 (Versorgung rechter Oberschenkel) gesehen, eine auffällige Dynamik zwischen Sitzen, Stehen und Liegen konnte er jedoch nicht feststellen; die Nachbarschafts-Strukturen blieben jeweils gleich. Eine OP-Indikation sah er nicht - insoweit teilt der Sachverständige ausdrücklich die Annahme der behandelnden Ärzte über einen "rückläufigen Befund". Auch konnte er keine auffälligen Sensibilitätsstörungen während der Untersuchung feststellen, die die Klägerin zeitweilig angegeben hat. Im Ergebnis stellt der Gutachter eine fast zwanghafte Tendenz zur Entlastung der LWS und zur korrekten Positionierung des Körpers in Hock- oder Liegestellung fest, der sich die Klägerin nicht widersetzen könne. Insoweit sieht er aber die Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet angesiedelt, auch wenn sie sich auf orthopädischem Gebiet auswirken. Der Sachverständige hat somit letztlich fachfremd als wesentlich für die Beschwerden eine Schmerzverarbeitungsstörung mit psychischer Co-Morbi-dität angesehen, wobei er aber selbst keine auffällige depressive Veränderung bemerkt hat und von unklaren psychischen Symptomen spricht. Tests zur psychischen Situation ergaben einen unauffälligen Befund einer klar strukturierten Patientin mit guter Introspektionsfähigkeit und korrekter Schwingungsfähigkeit. Der Sachverständige hat daher über psychische Zusammenhänge nur spekuliert. Er "vermutet" eine Überlastung im Beruf durch die Zusatzbelastung der Pflege der demenzkranken Mutter. Da aktuelle Probleme im Familienleben der Klägerin verneint wurden, hat der Sachverständige als chronifizierende Faktoren auf unspezifische Parameter wie "Alter, weibliches Geschlecht und den verheirateten Familienstatus" hingewiesen. Außerdem bezieht er sich noch auf Depressionen in der Vergangenheit und die Kompensationsansprüche der Klägerin. Er hält außerdem ausdrücklich fest, dass "keine direkten Abbrüche von Hobbys oder Urlaubsreisen gesehen" werden, spricht andererseits aber in der Abwägung - nicht recht nachvollziehbar - von einem Rückzug von angenehmen Tätigkeiten wie Hobbys und Vereinen. Zugleich stellt er fest, dass die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt Romanistik studierte - wenn auch mit Liegephasen. In der Zusammenfassung begründet er zwar die Ruhepausen mit der Vernarbung der Wurzel L3 mit konsekutiv starken Schmerzen, gleichzeitig weist er für die zeitliche Einschränkung aber gerade auf das Schmerzsyndrom hin, für das er eine willentliche Steuerbarkeit ausschließt - ohne jedoch dafür psychische Erkrankungen klar zu benennen. Die Wegefähigkeit sieht er nicht eingeschränkt. Eine Verbesserung hält er innerhalb von 2,5 Jahren für möglich.
Die Nervenärztin Dr. Z. hat in körperlicher Hinsicht ebenso eine freie Beweglichkeit der WS in allen Ebenen festgehalten mit einem Lasègue beidseits negativ über 90°. Der Finger-Boden-Abstand betrug 10 cm. An den unteren Extremitäten waren keine Paresen feststellbar, keine Atrophien. Die Sensibilität war unauffällig. Neurologische Ausfälle waren nicht fassbar. Auch Dr. Z. bestätigt, dass die MRTs eine Befundbesserung zeigen würden. Der gesamte Körperbau wirkte auf die Sachverständige so muskulös, dass sie Zweifel an der klägerischen Darstellung einer überwiegend liegenden Position äußert. Als naheliegende Behandlungsoption hat die Sachverständige eine Wurzelblockade L3 vorgeschlagen, da dadurch geklärt werden könnte, ob sich die Symptomatik durch lokale Ausschaltung der speziellen Wurzel beheben ließe. Dr. M. hat diesen Vorschlag - zwei Jahre später - aufgegriffen (vgl. Bericht vom 29.03.2013) und die Klägerin zur Wurzelblockade der Wurzel L3 rechts überwiesen. Zur Aufnahme einer solchen Therapie hat die Klägerin aber nichts vorgetragen; bei der späteren Untersuchung durch Dr. E. hat sie bei den Angaben zur Therapie nur angegeben, dass sie bedarfsweise Voltaren einnehme und körperliches Training absolviere (Krankengymnastik, Gymnastik in Eigenregie, Schwimmen, Sauna). Zur Psychodynamik weist Dr. Z. darauf hin, dass die Klägerin selbst kein psychologisches Problem sieht, auch wenn die Hausärztin eine zeitweise depressive Symptomatik beschrieben hat. Als Grund für frühere Kontakte mit dem Psychotherapeuten Dr. F. hat die Klägerin selbst auch nur "Schwierigkeiten durch die Behandlung seitens der Rentenversicherung" angegeben. Die Sachverständige entnimmt letztlich nur dem Befundbericht der Dr. O. Hinweise auf somatoforme Beschwerden (psychosomatisch überlagerte Wurzelirritation) und schließt sich dem im Ergebnis an (deutliche Überlagerung), sie hat jedoch keine Faktoren erkannt und benannt, die zum Unterhalt der Beschwerden beitragen und hält die Genese selbst für unklar. Daraus lässt sich aber für den Senat nicht ableiten, dass die Beschwerden und die funktionellen Einschränkungen tatsächlich im behaupteten Ausmaß vorliegen.
Soweit der Prozessbevollmächtigte im sozialgerichtlichen Verfahren Gründe für eine Befangenheit (wirtschaftliche Abhängigkeit, Ablauf der Untersuchung etc.) der Sachverständigen Dr. Z. vorgetragen hat, hat er keinen förmlichen Ablehnungsantrag gestellt. Da diese Gründe erst am 08.07.2011 - ca. 5 Monate nach der Untersuchung und knapp einen Monat nach Ablauf der gerichtlich gesetzten Frist zur Stellungnahme zum Gutachten (10.06.2011) - vorgetragen worden sind, wäre ein solcher auch verfristet gewesen (vgl. § 118 SGG i.V.m. § 406 Abs. 2 ZPO). Die Ausführungen der Dr. Z. im Gutachten lassen keine Voreingenommenheit erkennen. Im Übrigen weichen deren tatsächliche Feststellungen auch nicht erheblich von denjenigen der anderen Sachverständigen ab, so dass es letztlich nicht entscheidungserheblich auf ihr Gutachten ankommt.
Auch das Gutachten des Prof. S. kann den Senat insoweit nicht von einer rentenrelevanten Einschränkung der Klägerin überzeugen. Die Klägerin hat dort berichtet, dass eine deutliche Heberschwäche im Oberschenkel vorliegt. Die Problematik, dass sie nur maximal 20 Minuten sitzen oder stehen könne und sich dann hinlegen müsse, sei gleichbleibend. Körperlich-neurologisch bestand in der rechten unteren Extremität lediglich eine 5/6 Parese und eine leichte Hypästhesie. Ansonsten war der Befund unauffällig. Der Sachverständige hat zur Psyche mitgeteilt, dass Aufmerksamkeit, Auffassung und Konzentration während des gesamten Untersuchungsverlaufs unauffällig waren. Psychomotorik, Mimik und Gestik waren situationsadäquat. Affektiv zeigte sich bei normaler Schwingungsfähigkeit keine Verschiebung zu einem der beiden Pole. Denkstörungen lagen nicht vor; auch kognitiv ergaben sich keine Auffälligkeiten. Der Sachverständige bezieht sich bezüglich der Somatisierungsstörung auf die testpsychologischen Profile, die eine deutliche somatoforme Störung ergeben haben. Er stellt dann fest, dass die Problematik auf einem real-organischem Anteil bzw. einer dissoziativen Komponente mit nicht ausreichender Introspektionsfähigkeit beruhe. Dieses Krankheitsbild ordnet der Sachverständige als echtes psychisches Krankheitsbild mit Krankheitswert ein. Dabei erklärt er die dissoziative Komponente jedoch nicht näher, sondern beruft sich vage auf eine dissoziative Entwicklung, die sich ab dem Jahr 2004 entwickelt habe. Damals zeigten sich laut Dr. O. psychische Symptome (Nervosität, Blockade, Neben sich Stehen am Arbeitsplatz) und eine kernspintomographisch unspezifische cerebrale Marklagerveränderung. Eine Abklärung ergab keinen Anhalt für eine entzündliche Erkrankung. Die Beklagte weist dazu nachvollziehbar darauf hin, dass der Rückschluss des Sachverständigen auf das (Fort)Bestehen dissoziativer Zustände sehr gewagt und medizinisch nicht ausreichend untermauert ist. Der Sachverständige sieht dennoch eine deutlich funktionell wirksame Komponente gerade des psychischen Anteils und folgert daraus, dass die Klägerin nur noch zwei bis drei Stunden mit langen Arbeitspausen tätig sein könne und die Störungen unter eigener Wilensanstrengung oder mit ärztlicher Hilfe nicht in absehbarer Zeit überwinden könne. Zur Begründung beruft er sich letztlich nur auf die Chronifizierung der Störung. Eine Umstellungsfähigkeit wegen Ausdauer, Konzentration und Anpassungsfähigkeit sieht er nicht als möglich an - dies geht allerdings nicht konform mit dem Befund bei der Untersuchung. Der Beklagten ist insoweit recht zu geben, dass aus dem vollkommen unauffälligen psychopathologischem Befund nicht die Überzeugung einer Krankheit auf psychiatrischem Gebiet gewonnen werden kann. Bezeichnenderweise hat Prof. S. auch nur die Verdachtsdiagnose einer Somatisierungsstörung gestellt.
Auch der zuletzt im Berufungsverfahren eingeschaltete Sachverständige Dr. E. hat bei der körperlich-neurologischen Untersuchung keine wesentlichen Auffälligkeiten feststellen können. Der PSR (Patellarsehnenreflex) rechts war im Vergleich zu links vermindert auslösbar; dies wertet er als Ausdruck einer Restsymptomatik nach dem Bandscheibenvorfall 2008. Der Muskeltonus der Extremitäten war aber seitengleich und regelrecht. Es fand sich kein Hinweis auf latente Paresen oder isolierte Muskelatrophien. Im Bereich der Extremitäten bestand kein reproduzierbares sensibles Defizit; auch die Schmerzproblematik ließ sich nicht erheben. Das Nervendehnungszeichen war rechts endgradig positiv. Die Druckpunkte für den Ischiasnerv waren nicht schmerzhaft. Der Gang war nicht neurogen behindert, Fersen und Fußspitzengang waren beidseits kräftig, nur das Einbeinhüpfen war rechts leicht kraftgemindert. Bezüglich des auffälligen Positionswechsels der Klägerin hat der Gutachter bemerkt, dass das Verhalten unvermittelt aufgetreten ist. Zuvor waren keine Zeichen für das Vorliegen einer Schmerzsymptomatik nachweisbar. Es lag zwar keine demonstrative Verhaltensweise vor; eine Korrelation zwischen dem Verhalten der Klägerin und einem äußeren oder inneren Stressor fand sich aber nicht. Auch Dr. E. hat daher festgestellt, dass eine erhebliche Diskrepanz zwischen den subjektiv erlebten Beschwerden und Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit einerseits und dem erhobenen körperlichen Befund andererseits besteht. Er hat darauf hingewiesen, dass für eine Somatisierungsstörung untypisch ist, dass die angegebenen Beschwerden nicht wechseln. Insofern wäre eine Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren nahliegender. Die Diagnose müsse aber auch hinsichtlich der psychischen Faktoren positiv gestellt werden. Allerdings hat er ausgeführt, dass unklar ist, wodurch der psychische Anteil gekennzeichnet ist. Die objektivierbaren Befunde hierzu sind geringfügig. In psychischer Hinsicht erklärte die Klägerin eine positive Befundänderung selbst damit, dass sie sich damit abgefunden habe, nichts von der Rentenversicherung zu erhalten. Weitere psychische Belastungen wie Konflikte hat die Klägerin nicht angegeben. Sie fühlt sich in ihrer Familie und mit ihren Freunden wohl. Die Klägerin ist auch in der Lage, ihren Haushalt - unterstützt von ihrem Ehemann - weitgehend selbst zu führen. Zu einer Depression ist es nach ihren eigenen Angaben wegen der Schmerzen gekommen, wobei sie sich nicht sicher ist, ob sie den Zustand "damals" Depression nennen könne. Ein Persönlichkeitsfragebogen war wegen der Abwehrhaltung der Klägerin nicht auswertbar. Gegen eine erhebliche Depressivität sprechen durchaus auch der Aktionsradius und die Antriebskraft der Klägerin. So hat sie gegenüber dem Sachverständigen erklärt, dass sie derzeit nun Medizin im sechsten Semester studiert - wobei sie sich beim Präparationskurs auch zwischenzeitlich hingelegt habe. Beim psychischen Befund hat der Sachverständige keine gravierenden Störungen feststellen können. Er beschreibt lediglich einen unruhigen gehetzten Eindruck mit einem eigenwilligen Kommunikationsstil. Es fiel der Klägerin schwer, zuzuhören. Gedächtnis und Merkfähigkeit waren aber bei der Untersuchung ungestört. Als Diagnose konnte der Sachverständige daher nur den Verdacht auf eine Schmerzstörung bei gesichertem Zustand nach akutem Bandscheibenprolaps stellen.
Die Sachverständigen können damit eine psychische Störung nicht zur Überzeugung des Gerichts nachweisen. Allein daraus, dass die Klägerin häufige Liegepausen praktiziert, lässt sich nicht zwingend darauf schließen, dass dies aus somatischen oder psychischen Gründen erforderlich ist.
Weitere Aufklärung ist nicht erforderlich. Soweit der Kläger vor der Beauftragung des Dr. E. einen Antrag nach § 109 SGG bei dem Neurochirurgen Dr. M. gestellt hat, ist er darauf nach Übersendung des Gutachtens des Dr. E. und auch nach Ladung nicht mehr zurückgekommen. Der Antrag ist damit ersichtlich nicht mehr aufrechterhalten worden. Die Klägerin hat ihr Antragsrecht nach § 109 SGG im Übrigen auch bereits in erster Instanz verbraucht, indem sie ein Gutachten bei dem Orthopäden, Sportmediziner und Arzt für Chirotherapie sowie bei dem Facharzt für Psychiatrie Prof. S. mit Zusatzgutachten veranlasst hat. Ein Antragsteller kann zwar u.U. auch mehrere Ärzte aus verschiedenen Fachgebieten als Sachverständige benennen, wenn dies zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts erforderlich ist oder wenn er Gesundheitsstörungen geltend macht, für deren Beurteilung die nach § 109 SGG benannten Sachverständigen nicht kompetent waren. Wenn aber Gesundheitsstörungen in die Kompetenz mehrerer medizinischer Fachgebiete fallen (z.B. Orthopäde, Chirurg, Nervenarzt) und ein Kläger schon einschlägige Gutachten, hier eines Orthopäden und auf nervenfachärztlichem Gebiet, veranlasst hat, so kann er einen weiteren Antrag nicht damit begründen, gerade der Neurochirurg verfüge über die größere Sachkunde (vgl. Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, III Rn. 94; vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 109 Rn. 10b). Dies umso mehr, als es hier auf spezielle chirurgische Fragen nicht ankommt. Für das Vorliegen einer Erwerbsminderung ist nicht erheblich, ob die Möglichkeit einer Operation besteht. Eine Duldungspflicht bestünde insoweit nicht - darüber sind sich die Beteiligten auch einig. Weder die Klägerin noch Dr. E. haben neue Tatsachen angegeben; eine entscheidungserhebliche Änderung der Sachlage hat sich seit den Begutachtungen durch die vom Kläger benannten Sachverständigen nicht ergeben. Ein Anspruch darauf, dass ein Gutachter nach § 109 SGG das letzte Wort haben müsse, besteht nicht.
Da eine psychische Störung nicht nachgewiesen ist, kommt es nicht mehr entscheidend auf die Frage an, mit welcher Behandlung und in welcher Zeit die Klägerin eine solche ggf. überwinden kann. Für das tatsächliche Vorliegen von seelisch bedingten Störungen, ihre Unüberwindbarkeit aus eigener Kraft und ihre Auswirkungen trifft den Rentenbewerber die objektive Beweislast (BSGE 21, 189, 192).
Dass die Klägerin trotz mehrfacher Empfehlung eine psychotherapeutische Behandlung nicht aufgenommen hat, kann allerdings bei der Frage, ob und in welchem Umfang eine psychische Störung und Beeinträchtigung plausibel erscheint, bewertet werden. Eine psychische Behandlung hat die Klägerin in der Vergangenheit als unnötig und unerträglich abgelehnt. Insoweit können Rückschlüsse auf den (fehlenden) Leidensdruck der Klägerin gezogen werden. Zur durchgeführten Therapie hat die Klägerin zuletzt nur angegeben, dass sie bedarfsweise Voltaren einnimmt, außerdem führt sie Krankengymnastik drei bis viermal die Woche durch. Zwei bis dreimal geht sie - wenn sie es sich finanziell leisten kann - in ein Gesundheitszentrum, zweimal pro Woche zum Schwimmen. Aus diesen Gesunderhaltungsmaßnahmen lässt sich nicht auf ein eingeschränktes Leistungsvermögen schließen.
Auch eine Rente wegen Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI kommt schließlich nicht in Betracht, weil die Funktionsbehinderungen der Klägerin nicht in dem geschilderten Ausmaß nachgewiesen sind. Die Klägerin hat unstrittig Berufsschutz. Soweit sie ihre Unfähigkeit zu einer qualifizierten Tätigkeit daraus ableitet, dass sie sich in unvorhersehbaren Abständen hinlegen müsse, würde dies zwar in der Tat der Ausübung qualifizierter Tätigkeit entgegenstehen. Gerade die Notwendigkeit einer solchen Positionsveränderung ist aber nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen (s.o.). Die Tätigkeit als Bankkauffrau - die nach eigener Beschreibung der Klägerin in der Reha eine leichte körperliche Tätigkeit ständig im Sitzen, häufig am PC ohne körperliche Belastung darstellt, - wäre der Klägerin - mit ergonomischer Arbeitsplatzgestaltung - grundsätzlich weiter zumutbar. Jedenfalls wäre die Klägerin aber auf eine Tätigkeit als qualifizierte Registratorin sozial zumutbar verweisbar, bei der es sich um eine Tätigkeit in Wechselhaltung und ohne Stress handelt. Hierzu verweist der Senat auf die ausreichende berufskundliche Stellungnahme der Bundesagentur, die auch dem Sachverständigen zur Verfügung gestellt worden ist; dem Antrag der Klägerin auf ein berufskundliches Gutachten zur Tätigkeit als Bankkauffrau und Registrator musste der Senat nicht nachkommen. Die Frage der Möglichkeit von Liegepausen ist - mangels medizinischen Nachweises - auch berufskundlich nicht relevant. An der geistigen Umstellungsfähigkeit hat der Senat keinen Zweifel; die Klägerin war auch in der Lage, ein Medizinstudium aufzunehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Klägerin in der Berufungsinstanz erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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