Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 5 KR 2671/15 ER
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 1266/15 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 1. Oktober 2015 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt auch im Beschwerdeverfahren von der Antragsgegnerin die Bewilligung eines Integrationshelfers.
Die 2012 geborene Antragstellerin leidet an einer angeborenen Gliedmassenfehlbildung. Die behandelnden Ärzte der orthopädischen Kinderklinik im Behandlungszentrum A. im C. beab-sichtigten, eine operative Fußkorrektur vorzunehmen und teilten den Eltern der Antragstellerin durch Schreiben vom 26. August 2015 mit, dass eine 6-wöchige Gipsruhigstellung erforderlich sein werde. Für diese Zeit benötige die Antragstellerin eine Integrationshilfe zur Ermöglichung des Kindergartenbesuches, der für sie von wesentlicher psychosozialer Bedeutung sei. Die Operation fand am 7. September 2015 statt, der stationäre Aufenthalt endete am 18. September 2015.
Bereits zuvor, nämlich mit Schreiben vom 24. August 2015 hatte die Mutter der Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die Bewilligung eines Integrationshelfers im Rahmen der häuslichen Krankenpflege beantragt. Nachdem die Antragsgegnerin am 2. September 2015 der Mutter der Antragstellerin telefonisch mitteilte, dass dies nicht möglich sei, kündigte diese ausweislich des Telefonvermerks der Antragsgegnerin einen neuen Antrag auf eine medizinische Nachsorgemaßnahme nach § 43 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) sowie die Rücknahme des Antrags auf einen Integrationshelfer an, da die Antragstellerin im Kindergarten auch von einer Motopädin betreut werden solle. Die Mutter der Antragstellerin beantragte sodann für diese mit Schreiben vom 2. September 2015, bei der Antragsgegnerin eingegangen am 3. September 2015, Leistungen der "medizinischen Rehanachsorge gemäß § 43 Abs. 2 SGB voraussichtlich ab 21.09.2015". Das Schreiben ist mit dem vom 24. August 2015 bis auf den Hinweis identisch, dass die entstehenden Kosten nicht vom Sozialamt getragen würden, da es sich um eine nur vorübergehende zusätzliche Betreuung handele und somit Leistungen der medizinischen Nachsorge seien. Mit Bescheid vom 3. September 2015 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf sozialmedi-zinische Nachsorge ab. Bei dem Besuch einer Kindertagesstätte handele es sich um eine sozi-alpädagogische Maßnahme, für die die Krankenkassen nicht zuständig seien, zudem fehle auch die entsprechende Indikation. Hiergegen legte die Antragstellerin am 16. September 2015 Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden wurde.
Die Antragsgegnerin leitete den "Rehabilitationsantrag" mit Schreiben vom 16. September (abgesandt am selben Tag per Fax) an das Landratsamt G. -Sozialamt- weiter. Mit Schriftsatz vom 18. September 2015 ließ die Antragstellerin der Antragsgegnerin mitteilen, dass über den weitergeleiteten Antrag vom 2. September 2015 bereits durch Bescheid vom 3. September 2015 entschieden worden und dieser nunmehr Gegenstand des Widerspruchsverfahrens sei. Eine Weitergabe scheide somit aus, das Sozialamt G. werde daher den Antrag an die Antragstellerin zurückgeben. Dagegen sei über den Antrag auf Bewilligung eines Integrationshelfers vom 24. August 2015 bislang nicht entschieden worden. Eine Weiterleitung dieses Antrags scheide aufgrund des Fristablaufs aus. Es werde daher um eine abschließende Entscheidung über diesen Antrag bis zum 22. September gebeten. Das Landratsamt G. -Sozialamt- gab den weitergeleiteten Antrag auf medizinische Nachsorge vom 2. September 2015 am 22. September 2015 an die Antragsgegnerin zurück. Mit Schreiben vom 22. September 2015 erläuterte die Antragsgegnerin der Antragstellerin nochmals die Ablehnung der Anträge vom 24. August und vom 2. September 2015.
Mit am 23. September 2015 beim Sozialgericht Altenburg (SG) eingegangen Antrag auf Ge-währung einstweiligen Rechtsschutzes hat die anwaltlich vertretene Antragstellerin die Ver-pflichtung der Antragsgegnerin zur Entscheidung über den Antrag auf "Bewilligung eines Integrationshelfers gemäß § 37 SGB V" unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts begehrt. Der Anspruch ergebe sich aus § 37 SGB V. Die Zuständigkeit der Antragsgegnerin ergebe sich darüber hinaus aus § 14 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX). Sollte jedoch das Sozialamt zuständig sein, werde um Beiladung gebeten. Dem hat die Antragsgegnerin entgegnet, ein Anspruch auf Bewilligung eines Integrationshelfers ergebe sich weder aus § 37 SGB V noch aus § 43 Abs. 2 SGB V. Ein Anwendungsfall des§ 14 SGB IX liege nicht vor, weil es sich nicht um eine Behinderung im Sinne des SGB IX handele. Aus diesem Grund kämen auch Leistungen anderer Rehabilitationsträger nicht in Betracht.
Mit Beschluss vom 1. Oktober 2015 hat das SG den Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, es fehle an einem Anordnungsanspruch, da die Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin keinen Anspruch auf Gewährung eines Integrationshelfers habe, weil hierdurch eine Krankenhausbehandlung der Antragstellerin weder ermöglicht noch vermieden oder verkürzt werden solle. Ebenso wenig seien sozialmedizinische Nachsorgemaßnahmen erforderlich, da auch insoweit der Integrationshelfer den stationären Aufenthalt der Antragstellerin weder verkürzen noch die anschließende ambulante ärztliche Behandlung sichern solle. Weitere mögliche Anspruchsgrundlagen seien nicht ersichtlich. § 14 SGB IX sei bereits nicht anwendbar, weil keine Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 SGB IX vorliege. Danach seien Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweiche und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt sei. Im Fall der Antragstellerin gehe es lediglich um einen Zeitraum von ca. sechs Wochen. Selbst bei Anwendbarkeit des § 14 SGB IX ergebe sich nichts anderes. Die einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen der §§ 53 ff. des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch setzten ebenfalls eine Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 SGB IX voraus, die hier - auch nach Auffassung der Mutter der Antragstellerin - nicht vorliege. Eine Beiladung anderer Rehabilitationsträger scheide aus, da bei der Ablehnung des Anspruchs kein anderer Versicherungsträger, Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, Träger der Sozialhilfe, Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts noch ein Land als leistungspflichtig in Betracht komme.
Gegen den ihrer Bevollmächtigten am 1. Oktober 2015 zugestellten Beschluss hat die An-tragstellerin am 2. Oktober 2015 Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen damit begründet, dass die Antragsgegnerin über ihren Antrag auf Bewilligung eines Integrationshelfers bislang nicht entschieden, sondern lediglich eine ablehnende Entscheidung über ihren Antrag auf medizinische Nachsorge getroffen habe. Die Antragsgegnerin sei aufgrund der in § 14 SGB IX enthaltenen Zuständigkeitsregelungen verpflichtet, die beantragten Leistungen zu gewähren. Sie sei vom 4. bis zum 5. Oktober 2015 erneut in der Klinik, so dass ab dem 6. Oktober ihre Versorgung wiederum nicht sichergestellt sei. Mit Bescheid vom 6. Oktober habe ihr die Pflegekasse bei der Antragsgegnerin Pflegegeld nach der Pflegestufe 1 ab dem 1. August 2015 bewilligt. Auch hieraus ergebe sich der geltend gemachte Anspruch. Es komme im vorliegenden Verfahren nicht darauf an, inwieweit ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Ersatzbeschaffung oder der Direktleistung bestehe, sondern darauf, ob die Antragsgegnerin überhaupt zur Übernahme der beantragten Leistung verpflichtet sei. Sie legt eine chronologische Aufstellung über den bisherigen Werdegang sowie Kopien der Quittungen über die Betreuungsleistungen vor.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, den Beschluss des SG Altenburg vom 1. Oktober 2015 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr vorläufig, längstens jedoch bis zum Eintritt der Rechtskraft einer Hauptsacheentscheidung, einen Integrationshelfer als Sachleistung zur Verfügung zu stellen.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses und weist darauf hin, dass sie die Antragstellerin auf mögliche Ansprüche nach § 45 SGB V hingewiesen habe, diese aber von der Antragstellerin offenbar nicht gewünscht würden. Tatsächlich lägen weder die Voraussetzungen des § 37 noch des § 43 Abs. 2 SGB V vor. Aufgrund des nur vorübergehenden, sechs Monate nicht überschreitenden Hilfebedarfs seien auch keine Rehabilitationsträger leistungspflichtig. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin liege auch eine ablehnende Entscheidung zum Antrag auf Leistungen nach § 37 SGB V vor. In ihren Schreiben vom 22. und vom 25. September 2015 sei ein entsprechender Anspruch abgelehnt worden. Schließlich fehle auch ein Anordnungsgrund, da die besondere Eilbedürftigkeit nicht ersichtlich sei. Die Jahresarbeitsentgelte der Eltern der Antragstellerin hätten im Jahr 2014 zusammen ca. 60.000,- Euro betragen. Zudem sei der Antragstellerin Pflegegeld nach der Pflegestufe I und zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen bewilligt worden. Die Pflegeversicherung sei kein Rehabilitationsträger i.S.d. § 6 SGB IX.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte des vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahrens sowie der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist nach § 172 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, jedoch un-begründet. Das SG hat im angefochtenen Beschluss im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung hat.
Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige An-ordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2, sog. Regelungsanordnung). Die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung (ZPO) gelten entsprechend (Satz 4).
Ein Anordnungsantrag ist begründet, wenn das Gericht auf Grund einer hinreichenden Tatsa-chenbasis durch Glaubhaftmachung (§ 86b Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO) und/oder im Wege der Amtsermittlung (§ 103 SGG) einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund bejahen kann. Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn das im Hauptsacheverfahren fragliche materielle Recht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gegeben ist. Ein Anordnungsgrund ist zu bejahen, wenn es für den Antragsteller unzumutbar erscheint, auf den (rechtskräftigen) Abschluss des Hauptsacheverfahrens verwiesen zu werden.
Im Falle der Antragstellerin kann der Senat einen Anordnungsanspruch nicht erkennen, da die rechtlichen Voraussetzungen der in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen in den §§ 37 und 43 Abs. 2 SGB V offenkundig nicht vorliegen und sonstige rehabilitationsrechtliche An-spruchsgrundlagen nicht ersichtlich sind. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen verweist der Senat hierzu in entsprechender Anwendung des § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses des SG, denen sich der Senat anschließt.
Ergänzend ist im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin auszuführen, dass es für die Begründung eines Anordnungsanspruchs völlig unerheblich ist, ob die Antragsgegnerin den entsprechenden Antrag bereits ablehnend verbeschieden hat. Dies könnte allenfalls im Bereich der Prüfung des Vorliegens eines Rechtsschutzbedürfnisses dergestalt eine Rolle spielen, dass durch ein Nichtabwarten der Behördenentscheidung ein Grund für die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes infrage gestellt werden könnte.
Schließlich ergibt sich entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin aus dem Umstand der zwi-schenzeitlichen Bewilligung von Pflegegeld nach der Pflegestufe 1 durch die Pflegekasse kei-neswegs zwangsläufig der geltend gemachte Anspruch, da die Anspruchsvoraussetzungen völlig unterschiedlich sind. Im Übrigen könnte auch hierdurch ein Rechtsschutzbedürfnis infrage gestellt werden, da über das Pflegegeld eine Betreuung der Antragstellerin zumindest teilweise sichergestellt werden kann.
Die Antragstellerin hat darüber hinaus auch keinen ausreichenden Anordnungsgrund und damit keine Notwendigkeit für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung glaubhaft gemacht.
Im Hinblick auf das Einkommen der Eltern der Antragstellerin kann der Senat weder eine Eilbedürftigkeit noch einen hinreichenden Grund dafür erkennen, dass die Antragstellerin bzw. deren Eltern die Kosten für den begehrten Integrationshelfers bis zum Abschluss des Heilungsprozesses der operierten Füße der Antragstellerin nicht selbst tragen und sodann im Wege des Kostenerstattungsverfahrens bei der Antragsgegnerin und notfalls im Klagewege geltend machen kann. Zudem wird den Eltern der Antragstellerin durch die zwischenzeitliche Gewährung von Pflegegeld nach der Pflegestufe 1 die Möglichkeit eröffnet, pflegerische Hilfe für die Antragstellerin ohne eigene Kostenbelastung in Anspruch zu nehmen. Zu berücksichtigen ist hierbei schließlich auch, dass die Eltern der Antragstellerin die von der Antragsgegnerin aufgezeigte weitere Möglichkeit, mithilfe von Krankengeld bei Erkrankung des Kindes gemäß § 45 SGB V die Betreuung der Antragstellerin selbst zu übernehmen, ohne nachvollziehbare Gründe nicht in Anspruch nehmen wollten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt auch im Beschwerdeverfahren von der Antragsgegnerin die Bewilligung eines Integrationshelfers.
Die 2012 geborene Antragstellerin leidet an einer angeborenen Gliedmassenfehlbildung. Die behandelnden Ärzte der orthopädischen Kinderklinik im Behandlungszentrum A. im C. beab-sichtigten, eine operative Fußkorrektur vorzunehmen und teilten den Eltern der Antragstellerin durch Schreiben vom 26. August 2015 mit, dass eine 6-wöchige Gipsruhigstellung erforderlich sein werde. Für diese Zeit benötige die Antragstellerin eine Integrationshilfe zur Ermöglichung des Kindergartenbesuches, der für sie von wesentlicher psychosozialer Bedeutung sei. Die Operation fand am 7. September 2015 statt, der stationäre Aufenthalt endete am 18. September 2015.
Bereits zuvor, nämlich mit Schreiben vom 24. August 2015 hatte die Mutter der Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die Bewilligung eines Integrationshelfers im Rahmen der häuslichen Krankenpflege beantragt. Nachdem die Antragsgegnerin am 2. September 2015 der Mutter der Antragstellerin telefonisch mitteilte, dass dies nicht möglich sei, kündigte diese ausweislich des Telefonvermerks der Antragsgegnerin einen neuen Antrag auf eine medizinische Nachsorgemaßnahme nach § 43 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) sowie die Rücknahme des Antrags auf einen Integrationshelfer an, da die Antragstellerin im Kindergarten auch von einer Motopädin betreut werden solle. Die Mutter der Antragstellerin beantragte sodann für diese mit Schreiben vom 2. September 2015, bei der Antragsgegnerin eingegangen am 3. September 2015, Leistungen der "medizinischen Rehanachsorge gemäß § 43 Abs. 2 SGB voraussichtlich ab 21.09.2015". Das Schreiben ist mit dem vom 24. August 2015 bis auf den Hinweis identisch, dass die entstehenden Kosten nicht vom Sozialamt getragen würden, da es sich um eine nur vorübergehende zusätzliche Betreuung handele und somit Leistungen der medizinischen Nachsorge seien. Mit Bescheid vom 3. September 2015 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf sozialmedi-zinische Nachsorge ab. Bei dem Besuch einer Kindertagesstätte handele es sich um eine sozi-alpädagogische Maßnahme, für die die Krankenkassen nicht zuständig seien, zudem fehle auch die entsprechende Indikation. Hiergegen legte die Antragstellerin am 16. September 2015 Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden wurde.
Die Antragsgegnerin leitete den "Rehabilitationsantrag" mit Schreiben vom 16. September (abgesandt am selben Tag per Fax) an das Landratsamt G. -Sozialamt- weiter. Mit Schriftsatz vom 18. September 2015 ließ die Antragstellerin der Antragsgegnerin mitteilen, dass über den weitergeleiteten Antrag vom 2. September 2015 bereits durch Bescheid vom 3. September 2015 entschieden worden und dieser nunmehr Gegenstand des Widerspruchsverfahrens sei. Eine Weitergabe scheide somit aus, das Sozialamt G. werde daher den Antrag an die Antragstellerin zurückgeben. Dagegen sei über den Antrag auf Bewilligung eines Integrationshelfers vom 24. August 2015 bislang nicht entschieden worden. Eine Weiterleitung dieses Antrags scheide aufgrund des Fristablaufs aus. Es werde daher um eine abschließende Entscheidung über diesen Antrag bis zum 22. September gebeten. Das Landratsamt G. -Sozialamt- gab den weitergeleiteten Antrag auf medizinische Nachsorge vom 2. September 2015 am 22. September 2015 an die Antragsgegnerin zurück. Mit Schreiben vom 22. September 2015 erläuterte die Antragsgegnerin der Antragstellerin nochmals die Ablehnung der Anträge vom 24. August und vom 2. September 2015.
Mit am 23. September 2015 beim Sozialgericht Altenburg (SG) eingegangen Antrag auf Ge-währung einstweiligen Rechtsschutzes hat die anwaltlich vertretene Antragstellerin die Ver-pflichtung der Antragsgegnerin zur Entscheidung über den Antrag auf "Bewilligung eines Integrationshelfers gemäß § 37 SGB V" unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts begehrt. Der Anspruch ergebe sich aus § 37 SGB V. Die Zuständigkeit der Antragsgegnerin ergebe sich darüber hinaus aus § 14 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX). Sollte jedoch das Sozialamt zuständig sein, werde um Beiladung gebeten. Dem hat die Antragsgegnerin entgegnet, ein Anspruch auf Bewilligung eines Integrationshelfers ergebe sich weder aus § 37 SGB V noch aus § 43 Abs. 2 SGB V. Ein Anwendungsfall des§ 14 SGB IX liege nicht vor, weil es sich nicht um eine Behinderung im Sinne des SGB IX handele. Aus diesem Grund kämen auch Leistungen anderer Rehabilitationsträger nicht in Betracht.
Mit Beschluss vom 1. Oktober 2015 hat das SG den Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, es fehle an einem Anordnungsanspruch, da die Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin keinen Anspruch auf Gewährung eines Integrationshelfers habe, weil hierdurch eine Krankenhausbehandlung der Antragstellerin weder ermöglicht noch vermieden oder verkürzt werden solle. Ebenso wenig seien sozialmedizinische Nachsorgemaßnahmen erforderlich, da auch insoweit der Integrationshelfer den stationären Aufenthalt der Antragstellerin weder verkürzen noch die anschließende ambulante ärztliche Behandlung sichern solle. Weitere mögliche Anspruchsgrundlagen seien nicht ersichtlich. § 14 SGB IX sei bereits nicht anwendbar, weil keine Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 SGB IX vorliege. Danach seien Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweiche und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt sei. Im Fall der Antragstellerin gehe es lediglich um einen Zeitraum von ca. sechs Wochen. Selbst bei Anwendbarkeit des § 14 SGB IX ergebe sich nichts anderes. Die einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen der §§ 53 ff. des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch setzten ebenfalls eine Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 SGB IX voraus, die hier - auch nach Auffassung der Mutter der Antragstellerin - nicht vorliege. Eine Beiladung anderer Rehabilitationsträger scheide aus, da bei der Ablehnung des Anspruchs kein anderer Versicherungsträger, Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, Träger der Sozialhilfe, Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts noch ein Land als leistungspflichtig in Betracht komme.
Gegen den ihrer Bevollmächtigten am 1. Oktober 2015 zugestellten Beschluss hat die An-tragstellerin am 2. Oktober 2015 Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen damit begründet, dass die Antragsgegnerin über ihren Antrag auf Bewilligung eines Integrationshelfers bislang nicht entschieden, sondern lediglich eine ablehnende Entscheidung über ihren Antrag auf medizinische Nachsorge getroffen habe. Die Antragsgegnerin sei aufgrund der in § 14 SGB IX enthaltenen Zuständigkeitsregelungen verpflichtet, die beantragten Leistungen zu gewähren. Sie sei vom 4. bis zum 5. Oktober 2015 erneut in der Klinik, so dass ab dem 6. Oktober ihre Versorgung wiederum nicht sichergestellt sei. Mit Bescheid vom 6. Oktober habe ihr die Pflegekasse bei der Antragsgegnerin Pflegegeld nach der Pflegestufe 1 ab dem 1. August 2015 bewilligt. Auch hieraus ergebe sich der geltend gemachte Anspruch. Es komme im vorliegenden Verfahren nicht darauf an, inwieweit ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Ersatzbeschaffung oder der Direktleistung bestehe, sondern darauf, ob die Antragsgegnerin überhaupt zur Übernahme der beantragten Leistung verpflichtet sei. Sie legt eine chronologische Aufstellung über den bisherigen Werdegang sowie Kopien der Quittungen über die Betreuungsleistungen vor.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, den Beschluss des SG Altenburg vom 1. Oktober 2015 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr vorläufig, längstens jedoch bis zum Eintritt der Rechtskraft einer Hauptsacheentscheidung, einen Integrationshelfer als Sachleistung zur Verfügung zu stellen.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses und weist darauf hin, dass sie die Antragstellerin auf mögliche Ansprüche nach § 45 SGB V hingewiesen habe, diese aber von der Antragstellerin offenbar nicht gewünscht würden. Tatsächlich lägen weder die Voraussetzungen des § 37 noch des § 43 Abs. 2 SGB V vor. Aufgrund des nur vorübergehenden, sechs Monate nicht überschreitenden Hilfebedarfs seien auch keine Rehabilitationsträger leistungspflichtig. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin liege auch eine ablehnende Entscheidung zum Antrag auf Leistungen nach § 37 SGB V vor. In ihren Schreiben vom 22. und vom 25. September 2015 sei ein entsprechender Anspruch abgelehnt worden. Schließlich fehle auch ein Anordnungsgrund, da die besondere Eilbedürftigkeit nicht ersichtlich sei. Die Jahresarbeitsentgelte der Eltern der Antragstellerin hätten im Jahr 2014 zusammen ca. 60.000,- Euro betragen. Zudem sei der Antragstellerin Pflegegeld nach der Pflegestufe I und zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen bewilligt worden. Die Pflegeversicherung sei kein Rehabilitationsträger i.S.d. § 6 SGB IX.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte des vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahrens sowie der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist nach § 172 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, jedoch un-begründet. Das SG hat im angefochtenen Beschluss im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung hat.
Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige An-ordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2, sog. Regelungsanordnung). Die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung (ZPO) gelten entsprechend (Satz 4).
Ein Anordnungsantrag ist begründet, wenn das Gericht auf Grund einer hinreichenden Tatsa-chenbasis durch Glaubhaftmachung (§ 86b Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO) und/oder im Wege der Amtsermittlung (§ 103 SGG) einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund bejahen kann. Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn das im Hauptsacheverfahren fragliche materielle Recht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gegeben ist. Ein Anordnungsgrund ist zu bejahen, wenn es für den Antragsteller unzumutbar erscheint, auf den (rechtskräftigen) Abschluss des Hauptsacheverfahrens verwiesen zu werden.
Im Falle der Antragstellerin kann der Senat einen Anordnungsanspruch nicht erkennen, da die rechtlichen Voraussetzungen der in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen in den §§ 37 und 43 Abs. 2 SGB V offenkundig nicht vorliegen und sonstige rehabilitationsrechtliche An-spruchsgrundlagen nicht ersichtlich sind. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen verweist der Senat hierzu in entsprechender Anwendung des § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses des SG, denen sich der Senat anschließt.
Ergänzend ist im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin auszuführen, dass es für die Begründung eines Anordnungsanspruchs völlig unerheblich ist, ob die Antragsgegnerin den entsprechenden Antrag bereits ablehnend verbeschieden hat. Dies könnte allenfalls im Bereich der Prüfung des Vorliegens eines Rechtsschutzbedürfnisses dergestalt eine Rolle spielen, dass durch ein Nichtabwarten der Behördenentscheidung ein Grund für die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes infrage gestellt werden könnte.
Schließlich ergibt sich entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin aus dem Umstand der zwi-schenzeitlichen Bewilligung von Pflegegeld nach der Pflegestufe 1 durch die Pflegekasse kei-neswegs zwangsläufig der geltend gemachte Anspruch, da die Anspruchsvoraussetzungen völlig unterschiedlich sind. Im Übrigen könnte auch hierdurch ein Rechtsschutzbedürfnis infrage gestellt werden, da über das Pflegegeld eine Betreuung der Antragstellerin zumindest teilweise sichergestellt werden kann.
Die Antragstellerin hat darüber hinaus auch keinen ausreichenden Anordnungsgrund und damit keine Notwendigkeit für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung glaubhaft gemacht.
Im Hinblick auf das Einkommen der Eltern der Antragstellerin kann der Senat weder eine Eilbedürftigkeit noch einen hinreichenden Grund dafür erkennen, dass die Antragstellerin bzw. deren Eltern die Kosten für den begehrten Integrationshelfers bis zum Abschluss des Heilungsprozesses der operierten Füße der Antragstellerin nicht selbst tragen und sodann im Wege des Kostenerstattungsverfahrens bei der Antragsgegnerin und notfalls im Klagewege geltend machen kann. Zudem wird den Eltern der Antragstellerin durch die zwischenzeitliche Gewährung von Pflegegeld nach der Pflegestufe 1 die Möglichkeit eröffnet, pflegerische Hilfe für die Antragstellerin ohne eigene Kostenbelastung in Anspruch zu nehmen. Zu berücksichtigen ist hierbei schließlich auch, dass die Eltern der Antragstellerin die von der Antragsgegnerin aufgezeigte weitere Möglichkeit, mithilfe von Krankengeld bei Erkrankung des Kindes gemäß § 45 SGB V die Betreuung der Antragstellerin selbst zu übernehmen, ohne nachvollziehbare Gründe nicht in Anspruch nehmen wollten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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