Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 16 U 3200/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 1946/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27. März 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen einer anerkannten Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV - im Folgenden: BK 2301).
Der 1958 geborene Kläger ist gelernter Maschinenschlosser und war von 1979 bis 1994 als CNC-Fräser bei der Firma S. GmbH in H. beschäftigt. Seit Februar 1995 ist der Kläger bei der Firma H. AG als Einrichter in der Fertigung tätig. Das Landratsamt R.-Kreis stellte mit Bescheid vom 24.05.2011 den Grad der Behinderung mit 50 ab dem 01.07.2010 fest. Dabei berücksichtigte es eine Schwerhörigkeit beidseitig mit Ohrgeräuschen sowie eine Funktionsbehinderung beider Kniegelenke. Mit weiterem Bescheid vom 24.05.2011 wurde zusätzlich das Merkzeichen RF (Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht) zuerkannt.
Mit Schreiben vom 09.01.2013 beantragte der Kläger über die Schwerbehindertenvertretung der H. AG die Anerkennung seiner Schwerhörigkeit als Berufskrankheit. Er gab an, dass sich die Schwerhörigkeit und Ohrgeräusche erstmals ca. 2005 bemerkbar gemacht hätten. In dem jetzigen Ausmaß bestünden die Ohrgeräusche seit 2010, die Schwerhörigkeit seit 2012.
Die Beklagte zog Befundberichte, Arztbriefe und Audiogramme von der Fachärztin für HNO-Heilkunde Dr. L., W., von Prof. Dr. P., H. und von der Betriebsärztin Dr. G. bei. Ferner liegt die "Bestätigung für die DRV" des Internisten und Arbeitsmediziners Dr. H. vom 15.04.2010 zur Notwendigkeit einer Hörgeräteversorgung vor. Dieser führte unter anderem aus, dass Vorsorgeuntersuchungen wegen Tätigkeiten im Lärmbereich nach G20 mit Ausnahme einer Audiometrie bei der Einstellung (02.02.1995) nicht vorlägen. Diese zeige bereits eine signifikante Hörminderung links größer rechts, zunehmend in den höheren Frequenzen, sei aber nicht so ausgeprägt wie die aktuellen externen Befunde von Dr. H. Der Kläger arbeite in Vollzeit als "einrichtender Maschinenbediener" in einer Fertigungshalle. Er sei dort einer geräuschreichen Umgebung ausgesetzt, die allerdings nicht als Lärmbereich gekennzeichnet werden müsse (Schalldruckpegel unter 85 dB(A)). Die H. AG, Werk W., machte unter dem 05.03.2013 Angaben zu den vom Kläger in der Zeit von 1977 bis 1978 und seit 1995 ausgeübten Tätigkeiten. In Abhängigkeit der ausgeübten Tätigkeiten gab sie die Lärmbelastung in der Form eines personenbezogenen äquivalenten Dauerschallpegels von 80 dB(A) bis 84,8 dB(A) an. Ferner forderte die Beklagte ein Vorerkrankungsverzeichnis bei der B. an. Im Bericht des Präventionsdienstes vom 22.03.2013 wird von einer effektiven Lärmdosis am 21.03.2013 von 6,1 Jahren ausgegangen. Der Kläger sei in der Zeit vom 15.08.1977 bis 30.06.1978 einem äquivalenten Dauerschallpegel von 85 dB(A), vom 01.11.1979 bis 31.01.1995 zu 70 % einem äquivalenten Dauerschallpegel von 82 dB(A) und zu 30 % von 92 dB(A) ausgesetzt gewesen. Für die Beschäftigung bei der H. AG habe der äquivalente Dauerschallpegel zwischen 80 und 82 dB(A) gelegen.
Der Beklagte gab hierauf ein Gutachten bei Dr. Z., H., in Auftrag. Er führte in dem zusammen mit Dr. H. erstellten Gutachten vom 14.04.2013 aus, dass 1995 zunächst nur eine gerade beginnende Hochtonschwerhörigkeit aufgezeichnet worden sei. 2005 und 2007 zeige sich eine Progredienz der Hochtonschwerhörigkeit mit Übergang zu den mittleren Frequenzen und 2012 schließlich beiderseits eine hochgradige, an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit mit Hörresten oberhalb 250 Hz. Anzumerken sei, dass 1995 zudem links auch eine diskrete isolierte Mulde bei 3 kHz aufgezeichnet worden sei. Der Kläger habe bei der Untersuchung deutliche Hörbeschwerden seit ca. 6-7 Jahren angegeben. Beiderseits sehe man eine pantonale Schwerhörigkeit mit nur noch minimalen Hörresten im mittleren sowie hohen Frequenzbereich. Eine Schallübertragungsstörung bestehe nicht. Ton- und sprachaudiometrische Messwerte zeigten eine gute Korrelation. Die überschwelligen Testmethoden seien geeignet, einen cochleären Haarzell-Schaden zu belegen. Eine gefährdende Tätigkeit habe nur bis einschließlich 1995 bestanden. Damals habe eine gerade beginnende Hochtourensenke, funktionell noch einer Normalhörigkeit entsprechend, bestanden. Im Audiogramm 2005 zeige sich eine leichte Progredienz, in den Folgeuntersuchungen 2007 und insbesondere 2013 sei eine erhebliche Zunahme der Hörstörung dokumentiert. Die Hörstörung entspreche einer hochgradigen, an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit. Nach anerkannter wissenschaftlicher Lehrmeinung könne eine Lärmschwerhörigkeit nach Wegfall der schädigenden Noxe, also nach Beendigung einer mindestens 85 dB(A) umfassenden Exposition nicht weiter voranschreiten. Auch die aktuelle Hörschwellenkonfiguration mit nahezu Ertaubung im mittleren und hohen Frequenzbereich sowie massiver Tieftonschädigung sei mit chronischen Lärmeinflüssen nicht zu erklären.
Mit Bescheid vom 20.06.2013 anerkannte die Beklagte eine BK 2301 der Anlage 1 zur BKV und lehnte die Gewährung einer Rente wegen der Berufskrankheit ab. Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, bei der Firma H. AG bis 23.06.2013 an einem lärmgefährdenden Arbeitsplatz gearbeitet zu haben. Erst zum 24.06.2013 habe er einen anderen Arbeitsplatz zugewiesen bekommen. Bei einer privaten Messung am Arbeitsplatz habe die Lärmbelastung zwischen 85 dB und 100 dB betragen, als nur eine Maschine in der Halle gelaufen sei. Normalerweise sei aber die ganze Halle voller Maschinen gewesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 03.09.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach den Ermittlungen des Präventionsdienstes sei der Kläger letztmalig am 31.01.1995 einer geeigneten höherschädigenden Lärmexposition ausgesetzt gewesen. Die Ergebnisse der Ermittlungen des Präventionsdienstes beruhten auf Lärmarbeitsplatzanalysen. Hinweise auf eine fehlerhafte Beurteilung ergäben sich nicht. Zudem bleibe festzustellen, dass beim Kläger ein lärmuntypischer Hörkurvenverlauf bestehe und auch eine Zunahme des Hörverlustes innerhalb kürzester Zeit ohne geeignete Lärmeinwirkung eingetreten sei. Die bestehenden Ohrgeräusche stellten sich seit 2005 multitonal dar. Dies spreche gegen eine berufliche Zunahme des Hörverlustes bzw. gegen lärmbedingt eingetretene Ohrgeräusche.
Hiergegen hat der Kläger am 19.09.2013 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und zur Begründung weiterhin geltend gemacht, dass eine private Messung eine Lärmbelastung zwischen 85 dB und 100 dB ergeben habe. Er habe daher insgesamt 39 Jahre in lärmgefährdender Umgebung gearbeitet. Die weiteren Schlussfolgerungen des Gutachters seien falsch, weil die Schallexposition nicht 1995 geendet, sondern unvermindert bis zum Jahr 2013 angedauert habe.
Die Beklagte hat die ergänzende Stellungnahme ihres Präventionsdienstes vom 20.12.2013 vorgelegt, wonach die Stellungnahme vom 22.03.2013 auf betrieblichen Arbeitsplatz-Lärmmessungen der H. AG beruhe. Dabei handele es sich um fachmännisch ermittelte Werte für den zur Beurteilung einer Lärmbelastung heranzuziehenden äquivalenten Dauerschallpegel. Dabei handele es sich um den auf eine 8-Stunden-Schicht bezogenen (integrierten) Schallpegel. Privat ermittelte Werte für den momentanen Schallpegel oder einzelne Schallereignisse könnten nicht zur Beurteilung einer Lärmbelastung im Sinne der Berufskrankheit herangezogen werden.
Das SG hat vom Arbeitgeber die Lärmkarten der Arbeitsplätze des Klägers beigezogen. Insoweit wurde u.a. eine Betriebslärmanalyse vom 08.04.1999 vorgelegt (Blatt 21 bis 31a der Gerichtsakte). Der Kläger hat bemängelt, dass es sich offensichtlich nur um eine Messung gehandelt habe, ohne dass ersichtlich sei, von wem, wann, wo genau und in welcher Art und Weise sie durchgeführt wurde. Er hat darauf hingewiesen, dass die Halle jetzt leer sei. Zum Zeitpunkt der selbst durchgeführten Messung hätten sich in der Halle nur noch zwei Maschinen befunden. Die Messung, die er selbst vorgenommen habe, sei mit einem Programm namens "Lärm-App", herausgegeben vom Deutschen Bundesverband der Hals-Nasen-Ohren-Ärzte e. V., durchgeführt worden. Er schätze, dass sich in der Halle ca. 200 Maschinen befunden hätten. Bei der Messung seien teilweise Werte bis 90 dB erreicht worden, allein mit nur zwei laufenden Maschinen. 1999 seien noch die alten Maschinen in der Halle benutzt worden. Neue Maschinen seien später gekommen. Hierzu gebe es offensichtlich keinerlei Messungen. Zum Beweis seines Sachvortrages hat er die Zeugenvernehmung ehemaliger und aktueller Kollegen, die er namentlich benannt hat, beantragt.
Mit Urteil vom 27.03.2015 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit von 1979 bis einschließlich Januar 1995 gehörschädigendem Lärm ausgesetzt gewesen sei und die Beklagte deshalb zutreffend festgestellt habe, dass der Kläger an einer BK 2301 leide. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigendem Grad liege jedoch nicht vor. Mit hinreichender Wahrscheinlichkeit sei durch die Lärmexposition nur die von der Beklagten anerkannte beginnende Hochtonschwerhörigkeit als Folge der Berufskrankheit anzuerkennen, welche die Gewährung einer Verletztenrente nicht rechtfertige. Insoweit hat sich das SG auf das Gutachten des Dr. Z. gestützt. Es könne darüber hinaus nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass der Kläger auch während seiner Tätigkeit bei der H. AG von März 1995 an in relevantem Maße Lärm exponiert gewesen sei. Als gehörschädigend sei dabei ein dauernder Lärmpegel von 90 dB(A) oder mehr anzusehen, bei einem Wert zwischen 85 dB(A) und unter 90 dB(A) komme eine Lärmschädigung in seltenen Fällen, bei langjähriger Exposition oder außergewöhnlich großer individueller Empfindlichkeit in Betracht. Bei einer Exposition unter 85 dB(A) sei eine Lärmschwerhörigkeit in der Regel ausgeschlossen, es sei denn, der Geräuschpegel enthalte stark hochfrequente Anteile oder es liege eine außergewöhnlich große individuelle Empfindlichkeit vor. Der Technische Aufsichtsdienst der Beklagten habe nachvollziehbar und plausibel ausgeführt, dass selbst bei einer Worst-Case-Berechnung während einer Arbeitsschicht ein äquivalenter Dauerschallpegel von 83 dB(A) bestanden habe. Die Einwände gegen die vorliegende Messung überzeugten nicht. Denn die Messungen seien im Rahmen einer 8-Stunden-Schicht durch die Arbeitgeberin fachmännisch erhoben worden und hätten der Genauigkeitsklasse 2 entsprochen. Darüber hinaus seien auch weder die eigenen, mittels eines Handys vorgenommenen privaten Messungen des Klägers noch etwaige Zeugenaussagen von Arbeitskollegen des Klägers geeignet, Zweifel an der Richtigkeit der Stellungnahme des technischen Aufsichtsdienstes zu begründen, weil diese in qualitativer Hinsicht gerade nicht den von der Arbeitgeberin vorgenommenen fachmännischen Messungen entsprächen. Daher habe sich die Kammer auch nicht veranlasst gesehen, ein lärmtechnisches Gutachten einzuholen. Schließlich spreche gegen eine berufliche Verursachung der geltend gemachten aktuellen hochgradigen, an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit sowie des Tinnitus auch, dass, wie Dr. Z. im Verwaltungsverfahren überzeugend ausgeführt habe, die aktuelle Hörschwellenkonfiguration mit nahezu Ertaubung im mittleren und hohen Frequenzbereich bei massiver Tieftonschädigung mit chronischen Lärmeinflüssen nicht zu erklären sei. Bereits 1995 sei durch eine auf der linken Seite dokumentierte isolierte kleine Mulde bei 3 kHz ein erstes Anzeichen einer lärmunabhängigen Schädigung festzustellen gewesen.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 10.04.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.05.2015 Berufung eingelegt. Unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vortrages hält der Kläger daran fest, Anspruch auf eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 30 v.H. zu haben. Er hält ein lärmtechnisches Gutachten für erforderlich und wiederholte seine Beweisangebote zur Frage der Lärmexposition am Arbeitsplatz in den Jahren 1995 bis 2013 durch Einvernahme ehemaliger Arbeitskollegen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27. März 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 20. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2013 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen der anerkannten Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 30 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf die vom Arbeitgeber beigezogene Betriebslärmanalyse aus dem Jahr 1999, zu einer Zeit, als die Halle nach Vortrag des Klägers noch mit Maschinen komplett vollgestellt gewesen sei. Anhaltspunkte dafür, dass die Messungen in einer Arbeitspause durchgeführt worden seien, ergäben sich nicht. Auch die Mitteilung des Betriebsarztes vom 15.04.2010 bestätige den Vortrag des Klägers nicht. Zudem spreche das beim Kläger vorliegende Schädigungsbild der Hörstörung nicht für chronische Lärmeinflüsse.
Mit Verfügung vom 25.09.2015 hat der Berichterstatter des Senats die Beteiligten darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss in Betracht komme. Hierzu haben sich die Beteiligten in den Schriftsätzen vom 02.10.2015 geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten 1. und 2. Instanz verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das Landessozialgericht nach vorheriger Anhörung der Beteiligten die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zu dem Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Der Berichterstatter hat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten, zumal im Berufungsverfahren kein wesentlich neuer Sachvortrag erfolgte und der Kläger erstinstanzlich die Möglichkeit hatte, sich persönlich zu äußern. Die Einlassungen im Berufungsverfahren erfordern daher keine weitere mündliche Verhandlung.
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 20.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.09.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht keine Verletztenrente als Folge der anerkannten BK 2301 zu. Ein Stützrententatbestand ist weder ersichtlich noch vorgetragen und die beruflich bedingten Gesundheitsstörungen, die als Folge der anerkannten BK zu berücksichtigen sind, führen zu keiner MdE von mindestens 20 v.H.
Das SG hat in dem angefochtenen Urteil die Rechtsgrundlagen sowie die hierzu ergangene und maßgebliche Rechtsprechung ausführlich dargestellt und schlüssig und überzeugend ausgeführt, dass nur ein kleiner Teil der beim Kläger feststellbaren Hörstörung, nämlich eine vom Beklagten berücksichtigte und anerkannte beginnende Hochtonschwerhörigkeit beiderseits, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch eine beruflich bedingte Lärmexposition verursacht wurde und diese, da sie einer Normalhörigkeit entsprach, eine Rente in rentenberechtigendem Grad nicht rechtfertigt. Ebenso zutreffend hat das SG entschieden, dass für die 2005 bestehende Hörstörung leichten Ausmaßes und für die erhebliche Progredienz der Hörstörung mit zuletzt an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit es am Nachweis einer schädigenden Einwirkung und - aufgrund des Verlaufes und Krankheitsbildes - an einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit einer Lärmtätigkeit fehlt. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.
Ergänzend zu den Ausführungen des SG ist mit Blick auf den Vortrag im Berufungsverfahren lediglich darauf hinzuweisen, dass die Wahrscheinlichkeit einer rechtlich wesentlich durch beruflichen Lärm verursachten Schwerhörigkeit auch bei einer unterstellten schädigenden Lärmeinwirkung nicht angenommen werden könnte.
Denn selbst bei unterstellter schädigender Lärmeinwirkung in den Jahren nach 1995 liegen hinreichende Anhaltspunkte für einen kausalen Zusammenhang zwischen einer chronischen Lärmeinwirkung und dem vorliegenden Krankheitsbild, der Hörminderung, nicht vor. Allein das Vorliegen einer geeigneten Lärmeinwirkung ist für die Annahme der Wahrscheinlichkeit eines solchen Zusammenhangs keinesfalls ausreichend. Denn eine Schwerhörigkeit kann das Symptom vieler teilweise unklärbarer Krankheiten sein. Bestimmte Gesundheitsstörungen können allein eine Innenohrschwerhörigkeit hervorrufen, aber auch die Entstehung einer Lärmschwerhörigkeit begünstigen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 327). Ein Zusammenhang zwischen der arbeitsbedingten Lärmexposition und der Schwerhörigkeit kann daher nur dann als wahrscheinlich angesehen werden, wenn mehr Gesichtspunkte dafür als dagegen sprechen. Nach der Empfehlung für die Begutachtung der Lärmschwerhörigkeit – Königsteiner Empfehlung [vormals Königsteiner Merkblatt] – 5. Aufl. 2012, 4.2, abgedruckt in Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, Stand Januar 2015) sind insbesondere folgende Kriterien zu berücksichtigen: Die Hörstörung muss sich während der Lärmexposition entwickelt haben, es muss sich um eine reine Innen-ohrschwerhörigkeit (Hörstörung der Sinneszellen des Innenohres) mit Betonung des Hörverlustes in den hohen Frequenzen (c5-Senke) handeln, und das Ausmaß und die Entwicklung der Hörstörung müssen in einem adäquaten Verhältnis stehen.
Diese Grundsätze hat auch der dem Senat bei der Beurteilung berufsbedingter Lärmschädigungen als sehr erfahren bekannte Dr. Z. in seinem Gutachten berücksichtigt. Denn Dr. Z. hat in seinem Gutachten unmissverständlich dargelegt, dass gegen einen solchen Ursachenzusammenhang (und für einen endogenen Schädigungsmechanismus) vor allem die lärmuntypische Konfiguration und die für ein chronisches Schalltrauma nicht zu erklärende massive Progredienz innerhalb kürzester Zeit sprechen. Denn nach der Auswertung der zur Verfügung stehenden Audiogramme hat sich bis 2005 und im Vergleich zu 1995 nur eine leichte Progredienz der Hörstörung eingestellt, im Audiogramm aus dem Jahr 2007 und schließlich bei der Untersuchung in der Universitäts-HNO-Klinik H. am 12.07.2012 (als "Druckdatum" war dort der 05.02.2013 angegeben, daher die unterschiedlichen Jahresangaben im Gutachten von Dr. Z.) war aber eine erhebliche Zunahme der Hörstörung mit Übergang zu den mittleren Frequenzen und schließlich einer nahezu vollständigen Ertaubung in den mittleren und hohen Frequenzbereichen festzustellen. Damit spricht gegen einen beruflichen Zusammenhang an erster Stelle die extrem starke Ausprägung der Hörstörung des Klägers, die praktisch einer Taubheit gleichkommt. Die Wertung des Gutachters, eine solche Hörstörung stehe der Annahme eines rechtlich wesentlichen Zusammenhangs mit Lärmeinwirkungen entgegen ("die aktuelle Hörschwellenkonfiguration mit nahezu Ertaubung im mittleren und hohen Frequenzbereich sowie massiver Tieftonschädigung ist mit chronischen Lärmeinflüssen nicht zu erklären") steht in Übereinstimmung mit dem aktuellen medizinischen Wissens- und Meinungsstand. Danach erreicht eine Lärmschwerhörigkeit im Regelfall nicht das Ausmaß der Mittelgradigkeit, sie überschreitet jedenfalls im Regelfall die Mittel- bis Hochgradigkeit nicht. Eine hochgradige Innenohrschwerhörigkeit allein durch Lärmeinwirkung ist nahezu ausgeschlossen. Übereinstimmung besteht, dass Ertaubung auch nach vielen Jahren sehr hoher Lärmbelastung durch eine chronische Lärmeinwirkung nicht entsteht (vgl. hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, S. 326, Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheiten-Verordnung, M 2301, S. 5, Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24.07.2014, L 6 U 139/12, Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 18.09.2008, L 6 U 76/04 unter Verweis auf Konetzke/Rehbohle/Heuchert, Berufskrankheiten, Gesetzliche Grundlagen zur Meldung, Begutachtung und Entschädigung, 2. Aufl., S. 77). Darüber hinaus ist die für eine Lärmschädigung charakteristische c5-Senke nur auf dem Audiogramm aus dem Jahr 1995 festzustellen, wobei sich dort linksseitig allerdings bereits Anzeichen für eine lärmunabhängige Schädigung in Form einer Mulde bei 3 kHz fand und welche aufgrund der anschließenden Progredienz als endogene Schädigung zu werten war, worauf Dr. Z. zu Recht hinwies.
Unabhängig davon, ob angesichts des Verlaufes nach 2005 mit schneller und erheblicher Progredienz und mit einer fast vollständigen Ertaubung für die Zeit davor überhaupt noch von einem rechtlich wesentlichen Ursachenzusammenhang ausgegangen werden könnte (weil selbst bei einer unterstellten Lärmeinwirkung im Bereich von mehr als 85 dB(A) angesichts des Verlaufes der Erkrankung und des eingetretenen Schadens (vgl. oben) nur die Möglichkeit, nicht aber schon die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer Verursachung in Betracht käme), fehlt es für die Zeit nach 1995 am Nachweis einer schädigenden Einwirkung, die geeignet gewesen sein könnte, eine lärmbedingte Gehörschädigung zu verursachen. Hierzu hat das SG den Stand der medizinischen Wissenschaft ebenfalls bereits ausführlich dargelegt. Als gehörschädigend ist dabei eine langjährige Exposition gegenüber einem Lärmpegel von 90 dB(A) oder mehr anzusehen, bei einem Wert zwischen 85 dB(A) und unter 90 dB(A) kommt eine Lärmschädigung in seltenen Fällen, etwa bei langjähriger Exposition oder außergewöhnlich großer individueller Empfindlichkeit in Betracht (vgl. Römer in: Hauck/Noftz, SGB VII, Anhang zu K § 9, BK 2301 RdNr. 8).
Der Senat sieht keine Veranlassung, die Ermittlungen des Präventionsdienstes der Beklagten (Bericht vom 22.03.2013 und 20.12.2013) in Zweifel zu ziehen. Danach ist unter Berücksichtigung der 1999 im Betriebsteil des Klägers durchgeführten Messungen, die nach den vom SG beigezogenen Unterlagen der Genauigkeitsklasse 2 entsprachen, für die Zeit nach 1995 kein äquivalenter Dauerschallpegel von 85 dB(A) und mehr nachgewiesen. Dieses Ermittlungsergebnis wird zudem gestützt durch die Einlassungen des Betriebsarztes in seiner Stellungnahme vom 15.04.2010 gegenüber der Deutschen Rentenversicherung, in der er ausdrücklich darauf hinwies, dass der Kläger in einem Bereich arbeite, den er zwar als geräuschreich beurteilte, der aber (noch) nicht als Lärmbereich gekennzeichnet werden müsse, weil der Schalldruckpegel unter 85 dB(A) liege.
Die Einwendungen des Klägers gegen die durchgeführte Messung im Jahr 1999 durch den Arbeitgeber und die von ihm mittels einer "App" über sein Smartphone durchgeführten Messungen vermögen anderes nicht zu belegen. Maßgebend für die Beurteilung der arbeitsbedingten Lärmexposition ist der Tages-Lärmexpositionspegel LEX,8h. Dieser Tageslärmexpositionspegel ist der über die Zeit gemittelte äquivalente Dauerschallpegel in dB(A) bezogen auf acht Stunden. Der am Arbeitsplatz einwirkende Lärm wird mit einem Filter (A) gemessen, der das Messgerät der Empfindlichkeitsfähigkeit des menschlichen Ohres annähert (Mehrtens/Brandenburg, a.a.O., M 2301, S. 1 ff.). Eine einmalige Messung mit dem Smartphone und ein Ergebnis von "90 dB oder 100 dB" - wie vorgetragen - lassen daher unabhängig von den Zweifeln an der Qualität der so durchgeführten Messung (vgl. hierzu Verfügung des Senats vom 27.07.2015) keinen Rückschluss auf einen tatsächlichen Dauerschallpegel im streitigen Zeitraum zu. Messungen, die die tatsächlichen Belastungen abbilden könnten, sind zudem nicht mehr möglich, nachdem der Kläger vorgetragen hat, die Halle sei mittlerweile leergeräumt. Ein lärmtechnisches Gutachten scheidet damit aus. Nichts anderes ergibt sich bezüglich des angebotenen Zeugenbeweises. Denn diese Zeugen können auch unter Berücksichtigung des vom Kläger angegebenen Beweisthemas, zu dem diese gehört werden sollten, keine Angaben zu dem hier erforderlichen Nachweis eines langjährigen äquivalenten Dauerschallpegels von 85 dB(A) und mehr machen. Entgegen der Auffassung des Klägers reicht hierfür auch nicht nur die hinreichende Wahrscheinlichkeit aus, sondern ist der Vollbeweis einer schädigenden Einwirkung erforderlich. Auch hierauf hatte das SG bereits zu Recht hingewiesen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen einer anerkannten Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV - im Folgenden: BK 2301).
Der 1958 geborene Kläger ist gelernter Maschinenschlosser und war von 1979 bis 1994 als CNC-Fräser bei der Firma S. GmbH in H. beschäftigt. Seit Februar 1995 ist der Kläger bei der Firma H. AG als Einrichter in der Fertigung tätig. Das Landratsamt R.-Kreis stellte mit Bescheid vom 24.05.2011 den Grad der Behinderung mit 50 ab dem 01.07.2010 fest. Dabei berücksichtigte es eine Schwerhörigkeit beidseitig mit Ohrgeräuschen sowie eine Funktionsbehinderung beider Kniegelenke. Mit weiterem Bescheid vom 24.05.2011 wurde zusätzlich das Merkzeichen RF (Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht) zuerkannt.
Mit Schreiben vom 09.01.2013 beantragte der Kläger über die Schwerbehindertenvertretung der H. AG die Anerkennung seiner Schwerhörigkeit als Berufskrankheit. Er gab an, dass sich die Schwerhörigkeit und Ohrgeräusche erstmals ca. 2005 bemerkbar gemacht hätten. In dem jetzigen Ausmaß bestünden die Ohrgeräusche seit 2010, die Schwerhörigkeit seit 2012.
Die Beklagte zog Befundberichte, Arztbriefe und Audiogramme von der Fachärztin für HNO-Heilkunde Dr. L., W., von Prof. Dr. P., H. und von der Betriebsärztin Dr. G. bei. Ferner liegt die "Bestätigung für die DRV" des Internisten und Arbeitsmediziners Dr. H. vom 15.04.2010 zur Notwendigkeit einer Hörgeräteversorgung vor. Dieser führte unter anderem aus, dass Vorsorgeuntersuchungen wegen Tätigkeiten im Lärmbereich nach G20 mit Ausnahme einer Audiometrie bei der Einstellung (02.02.1995) nicht vorlägen. Diese zeige bereits eine signifikante Hörminderung links größer rechts, zunehmend in den höheren Frequenzen, sei aber nicht so ausgeprägt wie die aktuellen externen Befunde von Dr. H. Der Kläger arbeite in Vollzeit als "einrichtender Maschinenbediener" in einer Fertigungshalle. Er sei dort einer geräuschreichen Umgebung ausgesetzt, die allerdings nicht als Lärmbereich gekennzeichnet werden müsse (Schalldruckpegel unter 85 dB(A)). Die H. AG, Werk W., machte unter dem 05.03.2013 Angaben zu den vom Kläger in der Zeit von 1977 bis 1978 und seit 1995 ausgeübten Tätigkeiten. In Abhängigkeit der ausgeübten Tätigkeiten gab sie die Lärmbelastung in der Form eines personenbezogenen äquivalenten Dauerschallpegels von 80 dB(A) bis 84,8 dB(A) an. Ferner forderte die Beklagte ein Vorerkrankungsverzeichnis bei der B. an. Im Bericht des Präventionsdienstes vom 22.03.2013 wird von einer effektiven Lärmdosis am 21.03.2013 von 6,1 Jahren ausgegangen. Der Kläger sei in der Zeit vom 15.08.1977 bis 30.06.1978 einem äquivalenten Dauerschallpegel von 85 dB(A), vom 01.11.1979 bis 31.01.1995 zu 70 % einem äquivalenten Dauerschallpegel von 82 dB(A) und zu 30 % von 92 dB(A) ausgesetzt gewesen. Für die Beschäftigung bei der H. AG habe der äquivalente Dauerschallpegel zwischen 80 und 82 dB(A) gelegen.
Der Beklagte gab hierauf ein Gutachten bei Dr. Z., H., in Auftrag. Er führte in dem zusammen mit Dr. H. erstellten Gutachten vom 14.04.2013 aus, dass 1995 zunächst nur eine gerade beginnende Hochtonschwerhörigkeit aufgezeichnet worden sei. 2005 und 2007 zeige sich eine Progredienz der Hochtonschwerhörigkeit mit Übergang zu den mittleren Frequenzen und 2012 schließlich beiderseits eine hochgradige, an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit mit Hörresten oberhalb 250 Hz. Anzumerken sei, dass 1995 zudem links auch eine diskrete isolierte Mulde bei 3 kHz aufgezeichnet worden sei. Der Kläger habe bei der Untersuchung deutliche Hörbeschwerden seit ca. 6-7 Jahren angegeben. Beiderseits sehe man eine pantonale Schwerhörigkeit mit nur noch minimalen Hörresten im mittleren sowie hohen Frequenzbereich. Eine Schallübertragungsstörung bestehe nicht. Ton- und sprachaudiometrische Messwerte zeigten eine gute Korrelation. Die überschwelligen Testmethoden seien geeignet, einen cochleären Haarzell-Schaden zu belegen. Eine gefährdende Tätigkeit habe nur bis einschließlich 1995 bestanden. Damals habe eine gerade beginnende Hochtourensenke, funktionell noch einer Normalhörigkeit entsprechend, bestanden. Im Audiogramm 2005 zeige sich eine leichte Progredienz, in den Folgeuntersuchungen 2007 und insbesondere 2013 sei eine erhebliche Zunahme der Hörstörung dokumentiert. Die Hörstörung entspreche einer hochgradigen, an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit. Nach anerkannter wissenschaftlicher Lehrmeinung könne eine Lärmschwerhörigkeit nach Wegfall der schädigenden Noxe, also nach Beendigung einer mindestens 85 dB(A) umfassenden Exposition nicht weiter voranschreiten. Auch die aktuelle Hörschwellenkonfiguration mit nahezu Ertaubung im mittleren und hohen Frequenzbereich sowie massiver Tieftonschädigung sei mit chronischen Lärmeinflüssen nicht zu erklären.
Mit Bescheid vom 20.06.2013 anerkannte die Beklagte eine BK 2301 der Anlage 1 zur BKV und lehnte die Gewährung einer Rente wegen der Berufskrankheit ab. Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, bei der Firma H. AG bis 23.06.2013 an einem lärmgefährdenden Arbeitsplatz gearbeitet zu haben. Erst zum 24.06.2013 habe er einen anderen Arbeitsplatz zugewiesen bekommen. Bei einer privaten Messung am Arbeitsplatz habe die Lärmbelastung zwischen 85 dB und 100 dB betragen, als nur eine Maschine in der Halle gelaufen sei. Normalerweise sei aber die ganze Halle voller Maschinen gewesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 03.09.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach den Ermittlungen des Präventionsdienstes sei der Kläger letztmalig am 31.01.1995 einer geeigneten höherschädigenden Lärmexposition ausgesetzt gewesen. Die Ergebnisse der Ermittlungen des Präventionsdienstes beruhten auf Lärmarbeitsplatzanalysen. Hinweise auf eine fehlerhafte Beurteilung ergäben sich nicht. Zudem bleibe festzustellen, dass beim Kläger ein lärmuntypischer Hörkurvenverlauf bestehe und auch eine Zunahme des Hörverlustes innerhalb kürzester Zeit ohne geeignete Lärmeinwirkung eingetreten sei. Die bestehenden Ohrgeräusche stellten sich seit 2005 multitonal dar. Dies spreche gegen eine berufliche Zunahme des Hörverlustes bzw. gegen lärmbedingt eingetretene Ohrgeräusche.
Hiergegen hat der Kläger am 19.09.2013 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und zur Begründung weiterhin geltend gemacht, dass eine private Messung eine Lärmbelastung zwischen 85 dB und 100 dB ergeben habe. Er habe daher insgesamt 39 Jahre in lärmgefährdender Umgebung gearbeitet. Die weiteren Schlussfolgerungen des Gutachters seien falsch, weil die Schallexposition nicht 1995 geendet, sondern unvermindert bis zum Jahr 2013 angedauert habe.
Die Beklagte hat die ergänzende Stellungnahme ihres Präventionsdienstes vom 20.12.2013 vorgelegt, wonach die Stellungnahme vom 22.03.2013 auf betrieblichen Arbeitsplatz-Lärmmessungen der H. AG beruhe. Dabei handele es sich um fachmännisch ermittelte Werte für den zur Beurteilung einer Lärmbelastung heranzuziehenden äquivalenten Dauerschallpegel. Dabei handele es sich um den auf eine 8-Stunden-Schicht bezogenen (integrierten) Schallpegel. Privat ermittelte Werte für den momentanen Schallpegel oder einzelne Schallereignisse könnten nicht zur Beurteilung einer Lärmbelastung im Sinne der Berufskrankheit herangezogen werden.
Das SG hat vom Arbeitgeber die Lärmkarten der Arbeitsplätze des Klägers beigezogen. Insoweit wurde u.a. eine Betriebslärmanalyse vom 08.04.1999 vorgelegt (Blatt 21 bis 31a der Gerichtsakte). Der Kläger hat bemängelt, dass es sich offensichtlich nur um eine Messung gehandelt habe, ohne dass ersichtlich sei, von wem, wann, wo genau und in welcher Art und Weise sie durchgeführt wurde. Er hat darauf hingewiesen, dass die Halle jetzt leer sei. Zum Zeitpunkt der selbst durchgeführten Messung hätten sich in der Halle nur noch zwei Maschinen befunden. Die Messung, die er selbst vorgenommen habe, sei mit einem Programm namens "Lärm-App", herausgegeben vom Deutschen Bundesverband der Hals-Nasen-Ohren-Ärzte e. V., durchgeführt worden. Er schätze, dass sich in der Halle ca. 200 Maschinen befunden hätten. Bei der Messung seien teilweise Werte bis 90 dB erreicht worden, allein mit nur zwei laufenden Maschinen. 1999 seien noch die alten Maschinen in der Halle benutzt worden. Neue Maschinen seien später gekommen. Hierzu gebe es offensichtlich keinerlei Messungen. Zum Beweis seines Sachvortrages hat er die Zeugenvernehmung ehemaliger und aktueller Kollegen, die er namentlich benannt hat, beantragt.
Mit Urteil vom 27.03.2015 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit von 1979 bis einschließlich Januar 1995 gehörschädigendem Lärm ausgesetzt gewesen sei und die Beklagte deshalb zutreffend festgestellt habe, dass der Kläger an einer BK 2301 leide. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigendem Grad liege jedoch nicht vor. Mit hinreichender Wahrscheinlichkeit sei durch die Lärmexposition nur die von der Beklagten anerkannte beginnende Hochtonschwerhörigkeit als Folge der Berufskrankheit anzuerkennen, welche die Gewährung einer Verletztenrente nicht rechtfertige. Insoweit hat sich das SG auf das Gutachten des Dr. Z. gestützt. Es könne darüber hinaus nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass der Kläger auch während seiner Tätigkeit bei der H. AG von März 1995 an in relevantem Maße Lärm exponiert gewesen sei. Als gehörschädigend sei dabei ein dauernder Lärmpegel von 90 dB(A) oder mehr anzusehen, bei einem Wert zwischen 85 dB(A) und unter 90 dB(A) komme eine Lärmschädigung in seltenen Fällen, bei langjähriger Exposition oder außergewöhnlich großer individueller Empfindlichkeit in Betracht. Bei einer Exposition unter 85 dB(A) sei eine Lärmschwerhörigkeit in der Regel ausgeschlossen, es sei denn, der Geräuschpegel enthalte stark hochfrequente Anteile oder es liege eine außergewöhnlich große individuelle Empfindlichkeit vor. Der Technische Aufsichtsdienst der Beklagten habe nachvollziehbar und plausibel ausgeführt, dass selbst bei einer Worst-Case-Berechnung während einer Arbeitsschicht ein äquivalenter Dauerschallpegel von 83 dB(A) bestanden habe. Die Einwände gegen die vorliegende Messung überzeugten nicht. Denn die Messungen seien im Rahmen einer 8-Stunden-Schicht durch die Arbeitgeberin fachmännisch erhoben worden und hätten der Genauigkeitsklasse 2 entsprochen. Darüber hinaus seien auch weder die eigenen, mittels eines Handys vorgenommenen privaten Messungen des Klägers noch etwaige Zeugenaussagen von Arbeitskollegen des Klägers geeignet, Zweifel an der Richtigkeit der Stellungnahme des technischen Aufsichtsdienstes zu begründen, weil diese in qualitativer Hinsicht gerade nicht den von der Arbeitgeberin vorgenommenen fachmännischen Messungen entsprächen. Daher habe sich die Kammer auch nicht veranlasst gesehen, ein lärmtechnisches Gutachten einzuholen. Schließlich spreche gegen eine berufliche Verursachung der geltend gemachten aktuellen hochgradigen, an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit sowie des Tinnitus auch, dass, wie Dr. Z. im Verwaltungsverfahren überzeugend ausgeführt habe, die aktuelle Hörschwellenkonfiguration mit nahezu Ertaubung im mittleren und hohen Frequenzbereich bei massiver Tieftonschädigung mit chronischen Lärmeinflüssen nicht zu erklären sei. Bereits 1995 sei durch eine auf der linken Seite dokumentierte isolierte kleine Mulde bei 3 kHz ein erstes Anzeichen einer lärmunabhängigen Schädigung festzustellen gewesen.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 10.04.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.05.2015 Berufung eingelegt. Unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vortrages hält der Kläger daran fest, Anspruch auf eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 30 v.H. zu haben. Er hält ein lärmtechnisches Gutachten für erforderlich und wiederholte seine Beweisangebote zur Frage der Lärmexposition am Arbeitsplatz in den Jahren 1995 bis 2013 durch Einvernahme ehemaliger Arbeitskollegen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27. März 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 20. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2013 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen der anerkannten Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 30 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf die vom Arbeitgeber beigezogene Betriebslärmanalyse aus dem Jahr 1999, zu einer Zeit, als die Halle nach Vortrag des Klägers noch mit Maschinen komplett vollgestellt gewesen sei. Anhaltspunkte dafür, dass die Messungen in einer Arbeitspause durchgeführt worden seien, ergäben sich nicht. Auch die Mitteilung des Betriebsarztes vom 15.04.2010 bestätige den Vortrag des Klägers nicht. Zudem spreche das beim Kläger vorliegende Schädigungsbild der Hörstörung nicht für chronische Lärmeinflüsse.
Mit Verfügung vom 25.09.2015 hat der Berichterstatter des Senats die Beteiligten darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss in Betracht komme. Hierzu haben sich die Beteiligten in den Schriftsätzen vom 02.10.2015 geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten 1. und 2. Instanz verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das Landessozialgericht nach vorheriger Anhörung der Beteiligten die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zu dem Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Der Berichterstatter hat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten, zumal im Berufungsverfahren kein wesentlich neuer Sachvortrag erfolgte und der Kläger erstinstanzlich die Möglichkeit hatte, sich persönlich zu äußern. Die Einlassungen im Berufungsverfahren erfordern daher keine weitere mündliche Verhandlung.
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 20.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.09.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht keine Verletztenrente als Folge der anerkannten BK 2301 zu. Ein Stützrententatbestand ist weder ersichtlich noch vorgetragen und die beruflich bedingten Gesundheitsstörungen, die als Folge der anerkannten BK zu berücksichtigen sind, führen zu keiner MdE von mindestens 20 v.H.
Das SG hat in dem angefochtenen Urteil die Rechtsgrundlagen sowie die hierzu ergangene und maßgebliche Rechtsprechung ausführlich dargestellt und schlüssig und überzeugend ausgeführt, dass nur ein kleiner Teil der beim Kläger feststellbaren Hörstörung, nämlich eine vom Beklagten berücksichtigte und anerkannte beginnende Hochtonschwerhörigkeit beiderseits, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch eine beruflich bedingte Lärmexposition verursacht wurde und diese, da sie einer Normalhörigkeit entsprach, eine Rente in rentenberechtigendem Grad nicht rechtfertigt. Ebenso zutreffend hat das SG entschieden, dass für die 2005 bestehende Hörstörung leichten Ausmaßes und für die erhebliche Progredienz der Hörstörung mit zuletzt an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit es am Nachweis einer schädigenden Einwirkung und - aufgrund des Verlaufes und Krankheitsbildes - an einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit einer Lärmtätigkeit fehlt. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.
Ergänzend zu den Ausführungen des SG ist mit Blick auf den Vortrag im Berufungsverfahren lediglich darauf hinzuweisen, dass die Wahrscheinlichkeit einer rechtlich wesentlich durch beruflichen Lärm verursachten Schwerhörigkeit auch bei einer unterstellten schädigenden Lärmeinwirkung nicht angenommen werden könnte.
Denn selbst bei unterstellter schädigender Lärmeinwirkung in den Jahren nach 1995 liegen hinreichende Anhaltspunkte für einen kausalen Zusammenhang zwischen einer chronischen Lärmeinwirkung und dem vorliegenden Krankheitsbild, der Hörminderung, nicht vor. Allein das Vorliegen einer geeigneten Lärmeinwirkung ist für die Annahme der Wahrscheinlichkeit eines solchen Zusammenhangs keinesfalls ausreichend. Denn eine Schwerhörigkeit kann das Symptom vieler teilweise unklärbarer Krankheiten sein. Bestimmte Gesundheitsstörungen können allein eine Innenohrschwerhörigkeit hervorrufen, aber auch die Entstehung einer Lärmschwerhörigkeit begünstigen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 327). Ein Zusammenhang zwischen der arbeitsbedingten Lärmexposition und der Schwerhörigkeit kann daher nur dann als wahrscheinlich angesehen werden, wenn mehr Gesichtspunkte dafür als dagegen sprechen. Nach der Empfehlung für die Begutachtung der Lärmschwerhörigkeit – Königsteiner Empfehlung [vormals Königsteiner Merkblatt] – 5. Aufl. 2012, 4.2, abgedruckt in Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, Stand Januar 2015) sind insbesondere folgende Kriterien zu berücksichtigen: Die Hörstörung muss sich während der Lärmexposition entwickelt haben, es muss sich um eine reine Innen-ohrschwerhörigkeit (Hörstörung der Sinneszellen des Innenohres) mit Betonung des Hörverlustes in den hohen Frequenzen (c5-Senke) handeln, und das Ausmaß und die Entwicklung der Hörstörung müssen in einem adäquaten Verhältnis stehen.
Diese Grundsätze hat auch der dem Senat bei der Beurteilung berufsbedingter Lärmschädigungen als sehr erfahren bekannte Dr. Z. in seinem Gutachten berücksichtigt. Denn Dr. Z. hat in seinem Gutachten unmissverständlich dargelegt, dass gegen einen solchen Ursachenzusammenhang (und für einen endogenen Schädigungsmechanismus) vor allem die lärmuntypische Konfiguration und die für ein chronisches Schalltrauma nicht zu erklärende massive Progredienz innerhalb kürzester Zeit sprechen. Denn nach der Auswertung der zur Verfügung stehenden Audiogramme hat sich bis 2005 und im Vergleich zu 1995 nur eine leichte Progredienz der Hörstörung eingestellt, im Audiogramm aus dem Jahr 2007 und schließlich bei der Untersuchung in der Universitäts-HNO-Klinik H. am 12.07.2012 (als "Druckdatum" war dort der 05.02.2013 angegeben, daher die unterschiedlichen Jahresangaben im Gutachten von Dr. Z.) war aber eine erhebliche Zunahme der Hörstörung mit Übergang zu den mittleren Frequenzen und schließlich einer nahezu vollständigen Ertaubung in den mittleren und hohen Frequenzbereichen festzustellen. Damit spricht gegen einen beruflichen Zusammenhang an erster Stelle die extrem starke Ausprägung der Hörstörung des Klägers, die praktisch einer Taubheit gleichkommt. Die Wertung des Gutachters, eine solche Hörstörung stehe der Annahme eines rechtlich wesentlichen Zusammenhangs mit Lärmeinwirkungen entgegen ("die aktuelle Hörschwellenkonfiguration mit nahezu Ertaubung im mittleren und hohen Frequenzbereich sowie massiver Tieftonschädigung ist mit chronischen Lärmeinflüssen nicht zu erklären") steht in Übereinstimmung mit dem aktuellen medizinischen Wissens- und Meinungsstand. Danach erreicht eine Lärmschwerhörigkeit im Regelfall nicht das Ausmaß der Mittelgradigkeit, sie überschreitet jedenfalls im Regelfall die Mittel- bis Hochgradigkeit nicht. Eine hochgradige Innenohrschwerhörigkeit allein durch Lärmeinwirkung ist nahezu ausgeschlossen. Übereinstimmung besteht, dass Ertaubung auch nach vielen Jahren sehr hoher Lärmbelastung durch eine chronische Lärmeinwirkung nicht entsteht (vgl. hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, S. 326, Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheiten-Verordnung, M 2301, S. 5, Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24.07.2014, L 6 U 139/12, Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 18.09.2008, L 6 U 76/04 unter Verweis auf Konetzke/Rehbohle/Heuchert, Berufskrankheiten, Gesetzliche Grundlagen zur Meldung, Begutachtung und Entschädigung, 2. Aufl., S. 77). Darüber hinaus ist die für eine Lärmschädigung charakteristische c5-Senke nur auf dem Audiogramm aus dem Jahr 1995 festzustellen, wobei sich dort linksseitig allerdings bereits Anzeichen für eine lärmunabhängige Schädigung in Form einer Mulde bei 3 kHz fand und welche aufgrund der anschließenden Progredienz als endogene Schädigung zu werten war, worauf Dr. Z. zu Recht hinwies.
Unabhängig davon, ob angesichts des Verlaufes nach 2005 mit schneller und erheblicher Progredienz und mit einer fast vollständigen Ertaubung für die Zeit davor überhaupt noch von einem rechtlich wesentlichen Ursachenzusammenhang ausgegangen werden könnte (weil selbst bei einer unterstellten Lärmeinwirkung im Bereich von mehr als 85 dB(A) angesichts des Verlaufes der Erkrankung und des eingetretenen Schadens (vgl. oben) nur die Möglichkeit, nicht aber schon die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer Verursachung in Betracht käme), fehlt es für die Zeit nach 1995 am Nachweis einer schädigenden Einwirkung, die geeignet gewesen sein könnte, eine lärmbedingte Gehörschädigung zu verursachen. Hierzu hat das SG den Stand der medizinischen Wissenschaft ebenfalls bereits ausführlich dargelegt. Als gehörschädigend ist dabei eine langjährige Exposition gegenüber einem Lärmpegel von 90 dB(A) oder mehr anzusehen, bei einem Wert zwischen 85 dB(A) und unter 90 dB(A) kommt eine Lärmschädigung in seltenen Fällen, etwa bei langjähriger Exposition oder außergewöhnlich großer individueller Empfindlichkeit in Betracht (vgl. Römer in: Hauck/Noftz, SGB VII, Anhang zu K § 9, BK 2301 RdNr. 8).
Der Senat sieht keine Veranlassung, die Ermittlungen des Präventionsdienstes der Beklagten (Bericht vom 22.03.2013 und 20.12.2013) in Zweifel zu ziehen. Danach ist unter Berücksichtigung der 1999 im Betriebsteil des Klägers durchgeführten Messungen, die nach den vom SG beigezogenen Unterlagen der Genauigkeitsklasse 2 entsprachen, für die Zeit nach 1995 kein äquivalenter Dauerschallpegel von 85 dB(A) und mehr nachgewiesen. Dieses Ermittlungsergebnis wird zudem gestützt durch die Einlassungen des Betriebsarztes in seiner Stellungnahme vom 15.04.2010 gegenüber der Deutschen Rentenversicherung, in der er ausdrücklich darauf hinwies, dass der Kläger in einem Bereich arbeite, den er zwar als geräuschreich beurteilte, der aber (noch) nicht als Lärmbereich gekennzeichnet werden müsse, weil der Schalldruckpegel unter 85 dB(A) liege.
Die Einwendungen des Klägers gegen die durchgeführte Messung im Jahr 1999 durch den Arbeitgeber und die von ihm mittels einer "App" über sein Smartphone durchgeführten Messungen vermögen anderes nicht zu belegen. Maßgebend für die Beurteilung der arbeitsbedingten Lärmexposition ist der Tages-Lärmexpositionspegel LEX,8h. Dieser Tageslärmexpositionspegel ist der über die Zeit gemittelte äquivalente Dauerschallpegel in dB(A) bezogen auf acht Stunden. Der am Arbeitsplatz einwirkende Lärm wird mit einem Filter (A) gemessen, der das Messgerät der Empfindlichkeitsfähigkeit des menschlichen Ohres annähert (Mehrtens/Brandenburg, a.a.O., M 2301, S. 1 ff.). Eine einmalige Messung mit dem Smartphone und ein Ergebnis von "90 dB oder 100 dB" - wie vorgetragen - lassen daher unabhängig von den Zweifeln an der Qualität der so durchgeführten Messung (vgl. hierzu Verfügung des Senats vom 27.07.2015) keinen Rückschluss auf einen tatsächlichen Dauerschallpegel im streitigen Zeitraum zu. Messungen, die die tatsächlichen Belastungen abbilden könnten, sind zudem nicht mehr möglich, nachdem der Kläger vorgetragen hat, die Halle sei mittlerweile leergeräumt. Ein lärmtechnisches Gutachten scheidet damit aus. Nichts anderes ergibt sich bezüglich des angebotenen Zeugenbeweises. Denn diese Zeugen können auch unter Berücksichtigung des vom Kläger angegebenen Beweisthemas, zu dem diese gehört werden sollten, keine Angaben zu dem hier erforderlichen Nachweis eines langjährigen äquivalenten Dauerschallpegels von 85 dB(A) und mehr machen. Entgegen der Auffassung des Klägers reicht hierfür auch nicht nur die hinreichende Wahrscheinlichkeit aus, sondern ist der Vollbeweis einer schädigenden Einwirkung erforderlich. Auch hierauf hatte das SG bereits zu Recht hingewiesen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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