L 2 AS 2633/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AS 4328/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 AS 2633/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Februar 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten steht die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit vom 30. April 2010 bis 31. März 2011 im Streit.

Die Kläger, die in Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehegatten Kläger Ziff. 1 und Klägerin Ziff. 2 mit den drei gemeinsamen Kindern, den Klägern Ziff. 3 bis Ziff. 5, bezogen seit dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II von der Beklagten. Die Beklagte hatte ihnen mit Bescheid vom 20. Juli 2009 für die Zeit vom 1. August 2009 bis 31. Januar 2010 monatlich insgesamt Leistungen von zuletzt 1.361,71 EUR bewilligt, nämlich jeweils die Regelleistung abzüglich des Kindergeldes bei den Klägern Ziff. 3 bis 5 sowie zusammen 460,71 EUR für Unterkunft und Heizung (Bl. 151 Verwaltungsakte - VA -).

Mit Schreiben vom 25. September 2009 teilte das Finanzamt Stuttgart II dem Beklagten mit, der Kläger Ziff. 1 sei aufgefordert worden, für die Jahre 2007 und 2008 Einkommenssteuererklärungen abzugeben. Telefonisch teilte das Finanzamt der Beklagten ergänzend mit, der Kläger Ziff. 1 habe "zusammen mit anderen etwas erworben". Genauere Angaben könnten wegen des Steuergeheimnisses nicht gemacht werden (Bl. 154 VA). Mit Schreiben vom 6. Oktober 2009 teilte die Stadt M. der Beklagten mit, der Kläger Ziff. 1 sei seit 2008 "Besitzer" eines Hauses in ihrem Bezirk (Bl. 156 VA). Am 5. Oktober 2009 forderte die Beklagte den Kläger Ziff. 1 auf, sich hierzu zu erklären und Nachweise zum Erhalt der Finanzmittel für den Erwerb vorzulegen. Am 22. Oktober 2009 teilte die Klägerin Ziff. 2 telefonisch mit, der "Vermieter" des Hauses sei in Urlaub, ihr Ehemann könne auch keine Unterlagen vorlegen (Bl. 158 VA). Mit Bescheid vom 22. Oktober 2009 hob die Beklagte den Bewilligungsbescheid für die Zeit ab 1. November 2009 nach den §§ 60, 66 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil -(SGB I) auf, weil der Kläger Ziff. 1 keine Nachweise über den Erwerb des Hauses und des Geldes für den Erwerb vorgelegt habe (Bl. 159 VA).

In der Verwaltungsakte der Beklagten befindet sich ferner ein Auszug des Grundbuchs von L. (Stadt M.) Nr. 2.361, ausweislich dessen der Kläger Ziff. 1 sowie eine - nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörende - Miteigentümerin, die Zeugin Hatice S. (damals Eren), das fragliche Grundstück aufgrund eines Zuschlagsbeschlusses des Amtsgerichts M. vom 11. September 2007 mit Eintragung vom 20. Februar 2008 je zur Hälfte erworben hatten (Bl. 161 f. VA), sowie eine notariell beurkundete Kaufvertragsofferte eines Dritten vom 8. Oktober 2009 an die beiden über das Grundstück für 125.000,00 EUR (Bl. 160 ff. VA).

Am 29. Dezember 2009 teilte der Soziale Dienst des zuständigen Sozialamts der Beklagten mit, die Kläger seien völlig mittellos und würden vom Sozialen Dienst schon aus "der Handkasse" unterstützt. Ferner teilte der beurkundende Notar dem zuständigen Sozialamt telefonisch mit, der Kläger Ziff. 1 habe das Grundstück "in Treuhänderschaft" für den Zeugen D. erworben und wieder verkauft, jedoch die Treuhandauflagen nicht erfüllt, er sei vermutlich mit der Angelegenheit total überfordert. Das Grundstück sei auch belastet, deshalb sei es wahrscheinlich, dass der Kläger Ziff. 1 so gut wie nichts bekomme. Diese Informationen gab das Sozialamt am 30. Dezember 2009 an die Beklagte weiter (Bl. 173 f. VA). Daraufhin forderte die Beklagte am 4. Januar 2010 den Kläger Ziff. 1 zur Vorlage mehrerer, konkret genannter Nachweise auf (Bl. 172 VA). Im Folgenden gingen bei der Beklagten Kopien von Kontoauszügen des Notaranderkontos über die Verteilung des Erlöses aus dem Verkauf des Grundstückes ein (Bl. 180 VA). Der Kläger Ziff. 1 reichte ferner eine Zahlungsquittung der Bank AG über 7.000,00 EUR vom 10. September 2007 ein, verbunden mit der schriftlichen Erklärung des Zeugen D., dieser habe dem Kläger Ziff. 1 5.000,00 EUR gegeben, weil er - der Zeuge - im Urlaub gewesen sei. Der Kläger Ziff. 1 habe das Haus mit Vollmacht des Zeugen übernommen, weil er - der Zeuge - keinen Kredit bekommen habe. Das Haus sei jetzt verkauft worden, der Kläger Ziff. 1 habe keinerlei Gewinn erhalten (Bl. 181 VA). Im Weiteren wurden Kontoauszüge eines Kontos bei der Postbank mit Gutschriften an den Zeugen D., darunter Mieteinnahmen aus dem Haus in M., vorgelegt (Bl. 193 f. VA). Des Weiteren gingen Abrechnungen der Stadtwerke M. über das Grundstück ein, die an den Zeugen D. adressiert waren (Bl. 194 f. VA).

Auf einen zwischenzeitlichen Neuantrag der Kläger versagte die Beklagte mit Bescheid vom 8. März 2010 Leistungen nach dem SGB II ganz wegen fehlender Mitwirkung (Bl. 221 ff. VA).

Am 17. März 2010 ging bei der Beklagten eine Abwicklungsanzeige des beurkundenden Notars über die Durchführung eines Kaufvertrages über das betroffene Grundstück ein. Daraus ergab sich, dass der Erlös 125.000,00 EUR betragen hatte, hiervon Grundpfandgläubiger und sonstige grundstücksbezogene Verbindlichkeiten beglichen wurden und 40.000,00 EUR an den Zeugen D., 16.842,59 EUR an den Zeugen D. "für" den Kläger Ziff. 1 sowie 10.000,00 EUR an einen Dritten "für" die Miteigentümerin, die Zeugin S., ausgekehrt worden waren (Bl. 224 VA). Das Amtsgericht P. bescheinigte dem Kläger Ziff. 1 am 11. März 2010, er habe in dem Versteigerungsverfahren zum Erwerb des Grundstücks weder eine Bietsicherheit noch den Erlös geleistet, vielmehr seien in dem ganzen Verfahren keine Zahlungen geleistet worden, sodass eine Wiederversteigerung angeordnet worden sei (Bl. 225 VA).

Mit weiterem Bescheid vom 12. April 2010 (Bl. 229 ff. VA) lehnte die Beklagte den Antrag der Kläger - erneut - ab, weil der Kläger Ziff. 1 über verwertbares Vermögen von 56.847,59 EUR verfüge.

Hiergegen erhoben die Kläger Widerspruch und legten eine Mehrerlösvereinbarung mit dem Zeugen D. vom 1. August 2009 vor, wonach dieser als Makler das Grundstück für mindestens 85.000,00 EUR und möglichst 125.000,00 EUR verkaufen solle und dem Zeugen D. im Erfolgsfalle ein Honorar in Höhe der Differenz zwischen diesen Beträgen zustehe. Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2010 (Bl. 234 ff. VA) wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, der Kläger Ziff. 1 verfüge über ein Vermögen von 33.421,29 EUR, das die Freibeträge übersteige. Die Auskehrungen von 40.000,00 EUR an den Zeugen D., 16.842,59 EUR an den Zeugen D. und 10.000,00 EUR "für" die Miteigentümerin könnten nicht als vermögensmindernd anerkannt werden. Der Zeuge D. sei nach dem Grundbuch nicht zu befriedigen gewesen, die Zahlung an ihn sei nicht nachvollziehbar. Auch sei nicht glaubhaft, dass der Kläger Ziff. 1 das Grundstück im Namen des Zeugen D. ersteigert habe. Es liege keine notarielle Bevollmächtigung zu diesem Geschäft vor. Auch sei nicht nachzuvollziehen, wieso der Kläger Ziff. 1 für den Zeugen D. das Grundstück ersteigert habe, da die Freundin des Zeugen D., die selbst Miteigentümerin (geworden) sei, den Miteigentumsanteil des Zeugen habe mitersteigern können. Daher stellten die genannten Beträge von zusammen 66.842,59 EUR den verbleibenden Kaufpreis dar, von diesem stehe dem Kläger Ziff. 1 die Hälfte zu. Weitere Rechtsbehelfe gegen diesen Widerspruchsbescheid wurden nicht eingelegt, er wurde bestandskräftig.

In der Zwischenzeit hatte die Vermieterin der Kläger die Wohnung wegen Zahlungsverzugs gekündigt und Räumungsklage vor dem Amtsgericht C. erhoben (10 C 163/10), insoweit erging am 5. Mai 2010 ein Anerkenntnisurteil auf Räumung (Bl. 251 VA).

Einen weiteren Antrag der Kläger auf Leistungen nach dem SGB II vom 30. April 2010 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20. Mai 2010 unter Hinweis auf anrechenbares Vermögen des Klägers Ziff. 1 in Höhe von 33.421,29 EUR ab (Bl. 250 VA).

Den dagegen vom Kläger Ziff. 1 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 2010 (Bl. 255 VA) zurück und führte aus, der Kläger Ziff. 1 verfüge über Vermögen in Höhe von 33.421,29 EUR, abzüglich des Freibetrages stehe ein Betrag von 20.371,29 EUR zur Verwertung zur Verfügung.

Dagegen haben die Kläger am 19. Juli 2010 durch ihren Bevollmächtigten Klage zum Sozialgericht (SG) Stuttgart erhoben. Zur Begründung haben sie ausgeführt, sie seien mittellos. Der Kläger Ziff. 1 sei Miteigentümer des in Rede stehenden Hausanwesens M.straße 2 in M.-L. geworden. Das Hausanwesen sei auf den Kläger Ziff. 1 übertragen worden, nachdem der eigentliche Eigentümer, der Schwager des Klägers, der Zeuge D., verschuldet gewesen sei und um den Erwerb gebeten habe. Dieser habe jedoch die auf dem Grundstück lastenden Kredite nicht mehr bedienen können. Es habe die Zwangsversteigerung gedroht. Daher sei das Haus über einen Makler, den Zeugen D., verkauft worden. Vom Erlös habe dem Kläger Ziff. 1 nichts zugestanden, er habe auch keinen Cent erhalten. Soweit der Kläger Ziff. 1 Geld von Verwandten und Bekannten in einem Zeitraum erhalten habe, in dem er keine Leistungen durch die Beklagte bezogen habe, sei zu berücksichtigen, dass es sich um Darlehen gehandelt habe, die kein Einkommen darstellten.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat darauf verwiesen, dass der Sachverhalt Widersprüche aufweise, die nicht hätten ausgeräumt werden können. So habe der Kläger Ziff. 1 angegeben, bei dem Versteigerungstermin für das Grundstück mit der Zeugin S. und einer weiteren Person angewiesen gewesen zu sein. Ausweislich der Akten von M. sei der Kläger Ziff. 1 bei dem Versteigerungstermin jedoch alleine gewesen und habe 50.000,00 EUR geboten. Zu einem späteren Zeitpunkt sei er mit der Zeugin S. dann beim Rechtspfleger O. erschienen und habe die Hälfte des Meistgebotes an die Zeugin abgetreten. Außerdem sei die Aussage des Zeugen D. nicht glaubhaft. Dieser habe angegeben, den Kaufpreis für das Grundstück nicht habe finanzieren zu können, da er arbeitslos geworden sei. Er habe jedoch einen Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitslosigkeit angegeben, der nach dem Erwerb des Grundstücks gelegen habe, sodass nicht nachvollziehbar sei, warum eine Finanzierung des Kaufpreises nicht möglich gewesen sein solle, wenn der Zeuge zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Kaufpreissumme noch Arbeit gehabt habe. Ferner habe der Zeuge D. angegeben, 10.000,00 EUR vom Zeugen D. erhalten zu haben. Diese Angabe habe der Zeuge D. jedoch nicht bestätigen können. Weiterhin bestünden Zweifel an der Mehrerlösvereinbarung. Die Höhe der vereinbarten Maklerprovision sei unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) als sittenwidrig anzusehen. Es dränge sich der Verdacht auf, dass zu Lasten der Allgemeinheit in einem Dreiecksverhältnis (Kläger Ziff. 1, Zeuge D. und Zeuge D.) Vermögen verschoben worden sei, um zu verbergen, dass der Kläger Ziff. 1 über Vermögen verfüge. Schließlich habe der Kläger Ziff. 1 angegeben, in einem Zeitraum von einem Jahr Geld erhalten zu haben. Ob und wann dieses Geld habe zurückgezahlt werden müssen, sei weder vorgetragen noch nachgewiesen, sodass davon auszugehen sei, dass neben Vermögen zusätzlich die Bedarfe minderndes Einkommen erzielt worden sei. Schließlich gehe die Beklagte davon aus, dass der Kläger Ziff. 1 in rechtlicher Hinsicht Eigentümer der Wohnung geworden sei. Zwar sei vorliegend notariell bescheinigt, dass der Erlös an Dritte ausgezahlt worden sei. Jedoch könne der Verfügung die Einrede der Rückforderung einer Schenkung wegen Verarmung des Schenkers entgegengehalten werden. Zum Vermögen zählten auch zivilrechtliche Rückforderungs- und Rückübertragungsansprüche nach § 528 BGB.

Mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2010 haben die Kläger ferner um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und legten hierzu eidesstattliche Versicherungen des Klägers Ziff. 1 und des Zeugen D. vor (Bl. 5 der Gerichtsakte des Eilverfahrens S 12 AS 6127/10 ER). Im Rahmen dieses Eilverfahrens holte das SG bei der Vermieterin der Kläger die telefonische Auskunft ein, dass die Kläger nach wie vor in ihrer Wohnung wohnten und eine Räumung bislang weder durchgeführt noch konkret angesetzt sei, da die Vermieterin gegenüber der Stadt Stuttgart verpflichtet sei, ihren Mietern auch bei einer solchen Räumung Ersatzwohnraum anzubieten. Ferner zog das SG bei der Stadt L. einen Auszug aus der Gewerbedatei hinsichtlich des Zeugen D. und seines Maklergewerbes bei (Bl. 12 f. SG-Akte S 12 AS 6127/10 ER). Des Weiteren zog das SG beim Amtsgericht P. die Akten der Zwangsversteigerungsverfahren 1 K 109/06 und 1 K 205/07 bei. Schließlich hörte das SG den Kläger Ziff. 1 persönlich an und vernahm die Zeugen D. und D. uneidlich. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung vom 19. Oktober 2010 Bezug genommen (Bl. 34 f. SG-Akte S 12 AS 6127/10 ER).

Mit Beschluss vom 21. Oktober 2010 wurde die Beklagte im Wege der einstweiliger Anordnung verpflichtet, den Klägern in Bedarfsgemeinschaft vorläufig ab dem 1. Oktober 2010 Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld in gesetzlicher Höhe einschließlich der Leistungen für Unterkunft und Heizung (zur Zeit für die Wohnung Düsseldorfer Straße 19 in Stuttgart) zu bewilligen und auszuzahlen. Diese Verpflichtung der Beklagten gelte bis zur Bestandskraft des Bescheides vom 20. Mai 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juni 2010, längstens bis zum 31. März 2011. Die Verpflichtung ende insgesamt auch bei einem Wegfall der Bedürftigkeit der Kläger.

Im Rahmen eines weiteren Termins zur Erörterung des Sachverhalts im Hauptsacheverfahren vom 30. Juli 2014 legte die Beklagte verschiedene Aktenvermerke vor. Danach seien bei der Beklagten anonyme Anzeigen eingegangen, aufgrund derer Ermittlungen eingeleitet worden seien. In einem Vermerk über einen anonymen Anruf vom 10. Januar 2012 (Bl. 53b SG-Akte) heißt es, der Kläger Ziff. 1 sei trotz des Alg II-Bezuges weiterhin als Makler tätig. Er arbeite mit weiteren Personen zusammen. Er habe ein Haus in M. gekauft und beim Weiterverkauf einen Gewinn von 40.000,00 EUR erzielt. In einem weiteren Aktenvermerk vom 12. Januar 2012 über einen anonymen Anruf wird ausgeführt, der Kläger Ziff. 1 habe vor Gericht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren falsche Angaben gemacht. Er habe dort drei Personen benannt, die ihm angeblich während eines Jahres Geld geliehen hätten. Eine Person davon sei sie gewesen, die anonyme Anruferin. Sie habe dem Kläger kein Geld geliehen. Dies sei auch nicht nötig gewesen. Der Kläger habe genügend Geld. Den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz habe er nur gestellt, weil die Vermieterin eine Räumungsklage eingereicht habe. In einem weiteren Aktenvermerk vom 23. Dezember 2011 (Bl. 53e SG-Akte) heißt es, eine anonyme Anruferin habe mitgeteilt, der Kläger Ziff. 1 arbeite in Stuttgart als Immobilienmakler. Er arbeite mit zwei Freunden zusammen. Er kaufe auf dessen Namen Häuser und verkaufe diese auch wieder weiter. Der Kläger Ziff. 1 habe in der Türkei sehr viel Vermögen. Die Beklagte legte außerdem einen Aktenvermerk vom 27. Dezember 2011 (Bl. 53f SG-Akte) vor, in dem ausgeführt wird, es habe sich eine anonyme Anruferin gemeldet, die mitgeteilt habe, dass der Kläger Ziff. 1 als selbstständiger Immobilienmakler seit einigen Jahren mit Immobilien handle. Der Kläger Ziff. 1 lebe in "Saus und Braus" durch weitere Verkäufe von Immobilien. Er habe in M. selbst ein Haus im Auftrag des Schwagers gekauft. Eigentümer sei jedoch der Kläger Ziff. 1 geworden. Die finanzielle Regelung laufe über die Schwägerin. Das Geld erhalte jedoch der Kläger Ziff. 1. In einem weiteren Aktenvermerk der Beklagten über eine Vorsprache der Klägerin Ziff. 4 (13. Februar 2014) soll diese angegeben haben, ihr Vater arbeitete im "Immo-Bereich".

In der mündlichen Verhandlung vom 24. Februar 2005 hat das SG nochmals den Kläger Ziff. 1 persönlich angehört und die Zeugen D., D., und S. uneidlich vernommen. Wegen des Inhalts der Aussagen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24. Februar 2015 verwiesen.

Mit Urteil vom 24. Februar 2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass maßgeblicher Streitgegenstand der Zeitraum vom 30. April 2010 bis 31. März 2011 sei und die Kläger ihren Antrag dementsprechend auch ausdrücklich beschränkt haben, da die Kläger nämlich am 27.04.2011 für die Zeit ab 01.04.2011 einen Weiterbewilligungsantrag gestellt hätten, der eine entsprechende Zäsur bilde und aufgrund dessen der Streitgegenstand für den früheren Leistungsantrag zeitlich mit der späteren Antragstellung ende. Diese Klage sei im Übrigen zulässig, jedoch unbegründet. Letztlich hätten die Kläger als Bedarfsgemeinschaft keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld einschließlich der Leistungen für Unterkunft und Heizung (§§ 7 Abs. 1 Satz 1, 9 Abs. 1, 19 Satz 1, 22 Abs. 1 Satz 1, 28 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Die Kläger hätten nämlich zur Überzeugung des SG ihre Hilfebedürftigkeit, für die sie die Beweislast tragen würden, nicht nachgewiesen. Unabhängig von der Frage, ob die Kläger, insbesondere der Kläger Ziff. 1, über verwertbares Vermögen verfügt hätte bzw. hätten, gehe das SG davon aus, dass die Kläger mit den Zahlungen, die sie ausweislich der Angaben des Klägers Ziff. 1 nach der Einstellung der Leistungen durch die Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum von Bekannten und Verwandten erhalten hätten, über Einkommen verfügt hätten, das auf den Bedarf der Kläger nach dem SGB II anzurechnen gewesen sei und mit dem sie ihren Lebensunterhalt hätten decken können. So habe der Kläger Ziff. 1 im Rahmen des Termins zur Erörterung des Sachverhalts am 19. Oktober 2010 angegeben, Geld von Verwandten und Bekannten in Höhe von etwa 10.000,00 EUR erhalten zu haben. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung (Anm.: Protokoll vom 24. Februar 2015 - Bl. 110 SG-Akte) habe der Kläger Ziff. 1 angegeben, von verschiedenen Personen Geld bekommen zu haben. So habe er z.B. von seinem Schwager 1.500,00 EUR, von anderen Personen Beträge von 200,00 bis 500,00 EUR und von seinem Bruder 5.000,00 EUR erhalten. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger Ziff.1 von verschiedenen Personen gesprochen und eine beispielhafte Aufzählung vorgenommen habe, gehe das SG davon aus, dass es sich bei den angegebenen Zahlungen nicht um eine abschließende Aufzählung gehandelt habe. Das SG nehme vielmehr an, dass der Kläger Ziff. 1 weitere Zahlungen erhalten habe und diese ausreichten, um den Lebensunterhalt der Kläger zu decken. Insoweit hätten auch keine weiteren Ermittlungen erfolgen und insbesondere keine weiteren Zeugen vernommen werden können, da der Kläger angegeben habe, sich nicht mehr an alle Personen erinnern zu können, von denen er Geld erhalten habe. Den Namen seines Bruders und dessen ladungsfähige Anschrift habe er nicht genannt. Die ladungsfähigen Anschriften der Bekannten bzw. Familienfreunde des Klägers C. und Y. habe der Kläger ebenfalls nicht angegeben. Vor dem Hintergrund des Umstandes, dass der Sachverhalt insoweit nicht vollständig aufklärbar gewesen sei, habe das SG eine Beweislastentscheidung treffen müssen. Diese habe zum Nachteil ergehen müssen, weil sie die materielle Beweislast für ihre Hilfebedürftigkeit tragen würden. Die Folgen einer objektiven Beweislosigkeit habe zu tragen, wer Leistungen der Grundsicherung beantrage, wenn sich nach Ausschöpfung der verfügbaren Beweismittel die Leistungsvoraussetzungen nicht feststellen ließen (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 10/08 R). Die Zahlungen seien auf den Bedarf der Kläger anzurechnen. Das SG habe sich nicht davon überzeugen können, dass es sich bei den Zahlungen um Darlehen gehandelt habe. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II seien als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht würden. Dabei sei Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuche zuständigen Senate des BSG grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhalte, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits gehabt habe (Hinweis auf BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 - B 14 AS 46/09 R -, in Juris). Vorliegend komme damit nach Auffassung des SG nur die Berücksichtigung der Zahlungen als Einkommen im Bedarfszeitraum in Betracht. Aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II folge keine weitergehende Definition dessen, was Einkommen sei. Lediglich die im zweiten Satzteil genannten Leistungen seien von vornherein von der Berücksichtigung ausgenommen. Mit der Rechtsprechung des BSG zur Arbeitslosenhilfe (BSGE 58, 160 = SozR 4100 § 138 Nr. 11; SozR 4100 § 138 Nr. 25) und des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - zum Einkommensbegriff im Wohngeldrecht (ständige Rechtsprechung seit BVerwGE 54, 358, Juris; BVerfGE 69, 241, in Juris) könne auch im Anwendungsbereich des § 11 Abs. 1 SGB II nach Sinn und Zweck der Norm eine von einem Dritten lediglich vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung nicht als Einkommen qualifiziert werden. Nur der "wertmäßige Zuwachs" stelle Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II dar. Als Einkommen seien nur solche Einnahmen in Geld oder Geldeswert anzusehen, die eine Veränderung des Vermögensstandes dessen bewirken, der solche Einkünfte habe. Dieser Zuwachs müsse dem Hilfebedürftigen zur endgültigen Verwendung verbleiben, denn nur dann lasse er seine Hilfebedürftigkeit dauerhaft entfallen. Ein Darlehen, das an den Darlehensgeber zurückzuzahlen sei, stelle damit als nur vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung kein Einkommen dar, auch wenn es als "bereites Mittel" zunächst zur Deckung des Lebensunterhaltes verwendet werden könnte (BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 - B 14 AS 46/09 R - in Juris). Es komme daher maßgeblich darauf an, ob im Bedarfszeitraum den Klägern das Einkommen in bedarfsdeckender Höhe tatsächlich und zur endgültigen Verwendung zur Verfügung gestanden habe. Hierfür komme es darauf an, ob vorliegend zwischen dem Kläger Ziff. 1 und seinen Verwandten und Bekannten ein Darlehensvertrag entsprechend § 488 BGB geschlossen worden sei. Zur Frage des Abschlusses eines Darlehensvertrages unter Verwandten und engen Freunden habe das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 17. Juni 2010 (B 14 AS 46/09 R) u.a. ausgeführt, weil und soweit der für den Hilfebedürftigen günstige Umstand, dass ein nachgewiesener Zufluss gleichwohl als Einkommen nicht zu berücksichtigen sei, seine Sphäre betreffe, würden ihm bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen Mitwirkungspflichten obliegen. Die Nichterweislichkeit der Tatsachen gehe zu seinen Lasten. Bei der vorzunehmenden Prüfung, ob überhaupt ein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen worden sei, könnten die Kriterien des sogenannten Fremdvergleichs (Hinweis auf BFHE 165, 53) herangezogen und bei der abschließenden umfassenden Würdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles miteingestellt werden (weitere Hinweise auf BSG-Rechtsprechung für eine behauptete Abtretung, eine verdeckte Treuhandabrede sowie das Familiendarlehen nunmehr BSG im Urteil vom 17. Juni 2010 - B 14 AS 46/09 R). Weiter habe das BSG noch darauf verwiesen, dass die Wahrung von den im Geschäftsverkehr üblichen Modalitäten (wie der Vereinbarung der in § 488 Abs. 1 BGB genannten weiteren Vertragspflichten) damit als ein Indiz dafür gewertet werden könne, dass ein Darlehensvertrag tatsächlich geschlossen worden sei. Demgegenüber spreche es gegen die Glaubhaftigkeit einer solchen Behauptung, wenn der Inhalt der Anträge (insbesondere die Darlehenshöhe sowie die Rückzahlungsmodalitäten) und der Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht substantiiert dargelegt würden oder ein plausibler Grund für den Abschluss des Darlehensvertrags nicht genannt werden könne. Nicht erforderlich sei hingegen, dass sowohl die Gestaltung (z.B. Schriftform, Zinsabrede etc.) als auch die Durchführung des Vereinbarten in jedem Punkt dem zwischen Fremden - insbesondere mit einem Kreditinstitut - Üblichen zu entsprechen habe. Ausgehend von diesem Prüfungsmaßstab ist im Weiteren das SG zu dem Ergebnis gelangt, dass den Zahlungen an den Kläger Ziff. 1 keine Darlehensqualität zukomme. Das SG gehe vielmehr davon aus, dass dem Kläger Ziff. 1 und seiner Familie die genannten Beträge im genannten Bedarfszeitraum als Einkommen in bedarfsdeckender Höhe tatsächlich und zur endgültigen Verwendung zur Verfügung gestanden hätten. Der Kläger habe selbst angegeben, keine Vereinbarung geschlossen zu haben. Insbesondere sei das SG nicht von einer zwingenden Rückzahlungsverpflichtung überzeugt. Nähere Angaben zur Dauer der Kreditgewährung insbesondere zur Frage der Rückzahlungsmodalitäten habe der Kläger Ziff. 1 nicht machen können, vielmehr seien nach seinen eigenen Angaben entsprechende Vereinbarungen gar nicht getroffen worden. Hauptpflicht des Darlehensnehmers sei aber die Rückzahlung des zur Verfügung gestellten Geldbetrages. Insgesamt könne das SG anhand der Angaben des Klägers Ziff. 1, dem die Beweispflicht für die für ihn günstige Tatsache - Behauptung einer wirksamen Darlehensabrede - obliege, keine zwingende darlehensvertragliche Rückzahlungspflicht des Klägers Ziff.1 bzw. der Kläger erkennen. Damit hätten die Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum ihre Hilfebedürftigkeit nicht nachgewiesen.

Die Kläger haben gegen das ihrem damaligen Bevollmächtigten gegen Empfangsbekenntnis am 21. Mai 2015 zugestellte Urteil am 22. Juni 2015 (Montag) Berufung zum Landessozialgericht eingelegt. Eine Berufungsbegründung ist nicht erfolgt.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Februar 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juni 2010 aufzuheben und den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom 30. April 2010 bis 31. März 2011 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Nachdem die Berufung bis zum 30. September 2015 nicht begründet worden war, waren die Kläger über ihren Bevollmächtigten mit Schreiben vom 6. Oktober 2015 darauf hingewiesen worden, dass nach derzeitiger Sach- und Rechtslage die Berufung keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte und beabsichtigt sei, sofern die Berufung aufrechterhalten werde, diese durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter zurückzuweisen. Mit Schreiben vom 22. Oktober 2015 teilte der Klägerbevollmächtigte mit, dass er das Mandat niederlege, nachdem es nicht möglich gewesen sei, Kontakt mit den Klägern aufzunehmen und man die Reaktionslosigkeit der Klägerseite dahingehend verstehe, dass kein Interesse an der Rechtsverfolgung bestehe. Mit Schreiben vom 27. Oktober 2015 wurden die Kläger nochmals persönlich unter Übersendung des Anwaltsschreibens und unter Hinweis auf das Hinweisschreiben vom 6. Oktober 2015 auf die beabsichtigte Entscheidung durch Gerichtsbescheid hingewiesen, sofern die Berufung aufrechterhalten werde. Auch hierauf erfolgte keine Reaktion.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten (fünf Bände) und die Gerichtsakten (S 12 AS 4328/10 und S 12 AS 6127/10 ER) Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Kläger hat keinen Erfolg.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 Abs. 1, Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs.1 und Abs. 3 SGG) eingelegte zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten, die für den Senat keinen Anlass zu einem anderen Verfahren gegeben hat, gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klagen abgewiesen. Das SG hat unter Darstellung der hier maßgeblichen gesetzlichen Normen, der hierzu ergangenen Rechtsprechung und auf der Grundlage der von ihm erhobenen umfangreichen Ermittlungen (Zeugenvernehmungen) in nicht zu beanstandender Weise die Hilfebedürftigkeit der Kläger für den hier streitigen Zeitraum verneint und den geltend gemachten Anspruch abgelehnt. Hierauf wird Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung abgesehen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Aus diesen Gründen ist die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved