Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 7 SB 983/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 2712/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 16.09.2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt im Zugunstenverfahren die rückwirkende Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 50 ab 01.11.2000.
Der 1943 geborene Kläger beantragte erstmals am 18.11.1998 die Feststellung eines GdB wegen Diabetes mellitus, eines auf einen häuslichen Unfall am 14.03.1998 zurückzuführenden Zustandes nach Trümmerfraktur des linken Unterschenkels mit daraus folgender Beeinträchtigung des Gehvermögens sowie einer Gelenkentfernung einer kleinen Zehe des rechten Fußes.
Das Versorgungsamt H. holte beim dem Praktischen Arzt Dr. Ha. Befundberichte ein (Blatt 4/8 der Verwaltungsakten). In seinem Befundbericht vom Dezember 1998 führte dieser zur Zuckerkrankheit des Klägers aus, der Diabetes mellitus Typ IIa sei mit Amaryl bis jetzt ganz gut eingestellt. In letzter Zeit sei ein Anstieg des HbA1C auf 8,8 erfolgt, die Blutzuckertagesprofile seien ebenfalls im Bereich zwischen 150 und 300 mg/dl. Nach Ausschöpfung der diätischen Mittel sei wohl wahrscheinlich eine zusätzliche Gabe von Insulin unumgänglich. lm Bericht des Kreiskrankenhauses G. vom 21.04.1998 wird berichtet, der Kläger sei am Tag der Aufnahme die Treppe heruntergefallen und habe sich eine offene Unterschenkel-Mehrfragmentfraktur 1. Grades links zugezogen. Beim Kläger liege außerdem ein Diabetes mellitus Typ IIa vor. Die Blutzuckerwerte hätten unter ihrer Therapie im akzeptablen Bereich gelegen.
Mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 05.01.1999 wurde die Zuckerkrankheit mit einem GdB von 20 und die Folgen nach Unterschenkelbruch links ebenfalls mit einem Teil-GdB von 20 bewertet. Der Gesamt-GdB wurde mit 30 beurteilt.
Mit Bescheid vom 18.01.1999 stellte das Versorgungsamt H. einen GdB von 30 seit 03/1998 fest.
Am 03.08.1999 stellte der Kläger einen Verschlimmerungsantrag. Das Versorgungsamt H. zog erneut Befundberichte bei (Blatt 20/21, 23/26 der Verwaltungsakten). Aus dem Arztbericht des Kreiskrankenhauses G. vom 05.02.1999 ergab sich, dass die Zuckerkrankheit des Klägers nunmehr auch mit Insulin behandelt wurde und die Werte im akzeptablen Bereich lagen. Dies wurde mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23.10.1999 dahingehend berücksichtigt, dass der GdB für die Zuckerkrankheit nunmehr mit 30 beurteilt wurde; außerdem wurde eine Sehminderung beiderseits mit einem Einzel-GdB von 10 berücksichtigt.
Mit Bescheid vom 22.11.1999 stellte das Versorgungsamt H. einen GdB von 40 seit 03.08.1999 fest.
Am 21.09.2000 beantragte der Kläger erneut die Erhöhung des GdB. Zur Begründung berief er sich auf eine Verschlimmerung der bisherige Feststellung zugrunde liegenden Gesundheitsstörungen sowie einen Bruch des Ellenbogengelenks des rechten Armes mit einer
Das Versorgungsamt zog ärztliche Befundberichte bei (Blatt 40, 45/50 der Verwaltungsakten). Der Versorgungsarzt gelangte nach deren Auswertung zu der Einschätzung, dass eine dauerhafte GdB-relevante Funktionsbeeinträchtigung bezüglich des Ellenbogenbruchs nicht nachgewiesen sei (versorgungsärztliche Stellungnahme vom 09.01.2001). Mit Bescheid vom 23.01.2001 lehnte das Versorgungsamt eine Neufeststellung des GdB daraufhin ab.
Am 05.08.2003 stellte der Kläger unter Vorlage medizinischer Unterlagen (Blatt 78/61 der Verwaltungsakten) einen weiteren Verschlimmerungsantrag. Gleichzeitig beantragte er die Überprüfung des Grades der Behinderung für die Vergangenheit und beantragte die Feststellung eines GdB von mindestens 50 ab 01.11.2000 gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Im Arztbericht des Dr. H. vom 28.03.2000 ist zur Zuckerkrankheit ausgeführt, das letzte HbA1C habe 7,60% (4,4 bis 6,1) betragen. Die Blutzuckertagesprofile hätten zwischen 120 mg/dl und 220 mg/dl gelegen. Der Kläger messe selbst zu Hause. Auffallend seien hohe nüchterne Blutzuckerwerte morgens. Der Kläger sei entsprechend instruiert worden.
Das Versorgungsamt zog zusätzlich Arztunterlagen (Blatt 85/91 der Verwaltungsakten) und den Bescheid der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft vom 14.05.2003 bei (Blatt 82/84 der Verwaltungsakten) bei, wonach dem Kläger ab 11.09.1999 Rente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 wegen der Unfallfolgen am linken Bein gewährt wurde. Weitere Berichte zog der Beklagte von Dres. Ha. /H. bei (Blatt 93/96 der Verwaltungsakten). Nach dem Bericht des Dr. H. vom 13.08.2003 wird der Diabetes mit Amaryl und 2 mal täglich Insulin behandelt und ist ordentlich eingestellt.
Mit Bescheid vom 11.09.2003 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers vom 05.08.2003 auf Erteilung eines Rücknahmebescheides nach § 44 SGB X ab. Mit diesem Antrag habe der Kläger geltend gemacht, ab 01.11.2000 einen GdB von 50 anzuerkennen. Nach erneuter Durchsicht der vorliegenden ärztlichen Unterlagen sei die Festsetzung des GdB mit 40 richtig.
Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein und machte u.a. geltend, der Diabetes mellitus sei mit einem höheren Teil-GdB als 30 zu bewerten. Seit 06/1997 seien Folgeschäden bekannt. Vor allem bestünden Auswirkungen auf die Sehschärfe und eine schlechte Wundheilung der Unfallfolgen von 3/1998. Der Unfall 1998 habe ihn aus der Berufsbahn geworfen. Er sei seit 1998 ohne Arbeit. Gleichzeitig beantragte der Kläger am 02.10.2003 und in der Folge nochmals am 30.03.2004 eine Neufeststellung seiner Behinderung wegen eines am 06.09.2003 eingetretenen Schlaganfalls und weiterer neu aufgetretener Behinderungen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2003 wies das Landesversorgungsamt Baden-Württemberg den Widerspruch zurück. Ein Diabetes mellitus könne nur dann einen GdB von 40 bedingen, wenn er durch Diät und alleinige Insulinbehandlung gut einstellbar sei, bzw. einen GdB von 50, wenn er schwer einstellbar sei, auch bei gelegentlichen und ausgeprägten Hypoglykämien. Diese Voraussetzungen seien aber für die Zeit ab 01.11.2000 nicht objektiviert.
Die dagegen zum Sozialgerichts Heilbronn (SG) erhobene Klage (Az.: S 2 SB 3577/03) wies das SG mit Urteil vom 15.06.2004 zurück, wogegen der Kläger Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG, Az.: L 8 SB 2909/04) erhob. Zur Begründung führte er aus, ihm gehe es um die Feststellung eines GdB von 50 ab November 2000, da er in diesem Falle bei Vollendung des 60. Lebensjahres eine Altersrente ohne Abschläge beanspruchen könne. Der Senat befragte den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. H. schriftlich als sachverständigen Zeugen. Unter dem 05.06.2005 führte dieser aus, beim Kläger bestehe ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus IIb mit diabetischer Rhetinopathie und Polyneuropathie. Der Kläger werde medikamentös mit Amaryl 3 mg und Insuman comb für den Diabetes behandelt. Bei guten Langzeitzuckerwerten gehe er davon aus, dass der Kläger die diabetische Diät ernst nehme. Das Berufungsverfahren wurde mit Beschluss vom 14.10.2006 zum Ruhen gebracht.
Ein Neufeststellungsantrag vom 17.12.2007 wegen einer Verschlimmerung führte zur Feststellung eines GdB von 70 seit 17.12.2007 (Bescheid vom 24.06.2008). Am 25.11.2008 beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheides und begehrte die Feststellung eines GdB von mindestens 50 ab 01.11.2000. Dabei machte er geltend, die Folgen des Diabetes mellitus seien erhöhend zu berücksichtigen.
Am 21.08.2009 rief der Beklagte das ruhende Berufungsverfahren (L 8 SB 2909/04 fortgeführt unter Az.: L 8 SB 3837/09) wieder an. Der Kläger machte ergänzend geltend, entsprechend der neuesten BSG-Rechtsprechung zum Diabetes mellitus sei dieser auch für die Vergangenheit mit einem höheren Teil-GdB als 30 einzuschätzen. Ferner teilte er mit, bezüglich der Unfallrente habe er keine höhere MdE erreicht. Das LSG wies die Berufung mit Urteil vom 20.11.2009 zurück. Eine höhere Bewertung der Zuckerkrankheit sei nicht zu begründen. Der Beklagte habe zutreffend einen GdB von 40 gebildet.
Den Antrag vom 25.11.2008 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 15.09.2010 und Widerspruchsbescheid vom 04.10.2010 ab.
Auf die am 02.10.2003 und 30.03.2004 gestellten Neufeststellunganträge stellte das Landratsamt S. H. &8722; Sozialamt &8722; mit Bescheid vom 13.10.2010 ab 01.09.2003 einen GdB von 50 fest. Den dagegen mit der Begründung, die Feststellung eines GdB von 50 werde ab 01.11.2000 begehrt, eingelegten Widerspruch wies das Regierungspräsidium Stuttgart &8722; Landesversorgungsamt &8722; mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2010 zurück.
Mit Schreiben vom 27.11.2010 erhob der Kläger am 30.11.2010 Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 17.11.2010 zum SG (Az.: S 12 SB 4432/10) mit dem Begehren, zum 01.11.2000 einen GdB von 50 festzustellen. Nach den AHP seien bisweilen Funktionssysteme in einer Behinderung zusammenzufassen, insbesondere wenn die eine Behinderung die andere bedinge. Beim Kläger folge aus dem Diabetes mellitus eine Sehbehinderung.
Die Klage wies das SG mit Gerichtsbescheid vom 06.06.2011 zurück, wogegen der Kläger Berufung zum LSG eingelegte (Az.: L 8 SB 2690/11).
Im Erörterungstermin am 12.09.2012 vor dem LSG wurde darauf hingewiesen, dass der Klageantrag vom 30.11.2010 dahingehend verstanden werden könne, dass die Überprüfung des Bescheides vom 22.11.1999 und des Bescheides vom 23.01.2001 nach § 44 SGB X betreffend die Zeit ab 01.11.2000 beantragt werde. Der Beklagte kündigte daraufhin eine Entscheidung über diesen Antrag auf Überprüfung bestandskräftiger Bescheide vom 30.11.2010 an.
Die Berufung (L 8 SB 2690/11) wurde mit Urteil vom 14.12.2012 zurückgewiesen. Die Klage sei unzulässig, da es noch an einem anfechtbaren Bescheid betreffend die Feststellung eines GdB von mindestens 50 ab 01.11.2000 fehle. Soweit sich der Kläger in der Sache gegen den Bescheid vom 14.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2010 richte, sei die Klage verfristet.
Mit Bescheid des Landratsamtes S. H. vom 13.02.2013 wurde die Erteilung eines Rücknahmebescheides nach § 44 SGB X abgelehnt. Dazu wurde ausgeführt, dass mit Bescheid vom 22.11.1999 auf den Antrag vom 02.08.1999 ein GdB von 40 anerkannt worden sei. Zum damaligen Zeitpunkt hätten Diabetes, die Folgen nach Unterschenkelhalsbruch und beidseitige Sehminderung als Behinderung festgestellt werden können. Mit dem Antrag vom 30.11.2000 (gemeint: 2010) mache der Kläger ab 01.11.2000 erneut die Feststellung eines GdB von 50 geltend. Nach erneuter Durchsicht und Überprüfung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen sei die Entscheidung zum damaligen Zeitpunkt richtig. Ergänzend wurde im Schreiben vom 13.02.2013 ausgeführt, dass die Anträge vom 04.08.2003 und 25.11.2008 auf Rücknahme des Bescheides vom 23.01.2001 gemäß § 44 SGB X bereits rechtskräftig entschieden worden sei und diesbezüglich kein neuer Bescheid ergehe.
Den dagegen am 26.02.2013 eingelegten Widerspruch wies das Regierungspräsidium Stuttgart &8722; Landesversorgungsamt &8722; mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2013 zurück, weil der früher erteilte Bescheid vom 22.11.1999 nicht rechtswidrig sei.
Am 26.03.2013 erhob der Kläger Klage zum SG, mit der er weiterhin einen GdB von 50 zum 01.11.2000 geltend macht, wobei eine spätere Herabsetzung unschädlich sei und es nur im die Zusammenfassung von zwei bereits anerkannten Einzel-GdB und um die Teilhabebeeinträchtigung gehe. Der Kläger habe durch den Arbeitsunfall 1998 immerhin seinen damaligen Arbeitsplatz verloren.
Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16.09.2013 ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Abänderung des Bescheides vom 22.11.1999 und Feststellung eines GdB von 50 ab dem 01.11.2000 gemäß § 44 SGB X. Die vom Beklagten durchgeführte Sachverhaltsaufklärung habe ergeben, dass der GdB von 40 am 01.11.2000 zutreffend gewesen sei. Ferner verwies das SG zur Begründung auf die Entscheidungen des SG vom 15.06.2004 (S 2 SB 3577/03) und des LSG vom 20.11.2009 (L 8 SB 3837/09) sowie des SG vom 06.06.2011 (S 12 SB 4432/10) und des LSG vom 14.12.2012 (L 8 SB 2690/11).
Gegen den am 20.09.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 15.10.2013 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt und darauf verweist, dass auf den Begriff der Teilhabebeeinträchtigung weder vom Beklagten noch vom SG eingegangen worden sei.
Auf Anregung des Klägers, die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) im Verfahren B 9 SB 2/13 R abzuwarten und den Antrag der Beteiligten, das Berufungsverfahren bis dahin ruhen zu lassen, hat der Senat mit Beschluss vom 05.02.2014 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Am 29.06.2015 hat der Kläger das Verfahren wieder angerufen. Zur weiteren Begründung des Vorliegens einer Teilhabebeeinträchtigung hat er auf die Beendigung des Arbeitslebens durch einen Unfall von 1998 verwiesen, wozu er den Bescheid der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft vom 14.05.2003 vorlegte. In diesem ist ausgeführt, dass das Verletztengeld bis zum Ablauf der 78. Woche nach Eintritt des Versicherungsfalles, somit bis zum 10.09.1999 gezahlt werde. Mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit sei aufgrund der Folgen des Unfalls nicht zu rechnen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 13.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2013 und den Gerichtsbescheid des SG vom 16.09.2013 aufzuheben und den Beklagte zu verurteilen, unter Abänderung des Bescheides vom 22.11.1999 beim Kläger einen GdB von 50 ab 01.11.2000 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die zum Verfahren beigezogenen Akten der vorangegangenen Berufungsverfahren L 9 RJ 3516/02, L 8 SB 2909/04 (fortgeführt unter L 8 SB 3837/09) und L 8 SB 2690/11 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist zulässig (§ 151 SGG), in der Sache aber nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angegriffene Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 22.11.1999, mit dem ein GdB von 40 seit 03.08.1999 festgestellt wurde. Ein Anspruch auf Rücknahme dieses Bescheides und Feststellung eines GdB von 50 ab 01.11.2000 besteht nicht.
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 13.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 11.03.2013, mit dem der Beklagte allein abgelehnt hat, den Bescheid vom 22.11.1999 zurückzunehmen und einen GdB von 50, insbesondere seit 01.11.2000 festzustellen. Darüber, ob nach Erlass des Bescheides vom 22.11.1999 eine Änderung in den Verhältnissen eingetreten ist, was die Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheides vom 23.01.2001 betreffen würde, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden. Der Beklagte hat die Überprüfung mit dem Bescheid vom 13.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 11.03.2013 ausdrücklich auf den Bescheid vom 22.11.1999 beschränkt und im Schreiben vom 13.02.2013 zusätzlich darauf hingewiesen, dass der Bescheid vom 23.01.2001 nicht Gegenstand der Überprüfung ist. Das Schreiben vom 13.02.2013 kann auch nicht als Bescheid über die Ablehnung einer Rücknahme des Bescheides vom 23.01.2001 verstanden werden, da der Beklagte in dem Schreiben deutlich gemacht hat, dass er eine solche Entscheidung gerade nicht treffen will, sondern sich auf die Bestandskraft des Bescheides und bereits früher ergangener Überprüfungsbescheide beruft. Soweit der aus der Klageschrift vom 27.11.2010 herzuleitende Antrag auf Überprüfung bestandskräftiger Bescheide auch den Bescheid vom 23.01.2001 erfasst, ist über den Antrag insoweit durch den Beklagten noch nicht entschieden worden.
Der Beklagte hat mit dem Bescheid vom 22.11.1999 zu Recht einen GdB von 40 seit 03.08.1999 festgestellt. Er ist dabei weder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, noch hat er das Recht unrichtig angewandt.
Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Im Übrigen ist nach § 44 Abs. 2 SGB X ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Der Senat ist davon überzeugt, dass die beim Kläger vorliegenden Behinderungen ab 03.08.1999 noch nicht 50 betragen haben, sondern zutreffend mit einem GdB von 40 bewertet waren.
Die vom Beklagten auf den Neufeststellungsantrag des Klägers vom 03.08.1999 durchgeführte medizinische Sachaufklärung hat ergeben, dass sich seine Funktionsstörungen seit 18.01.1999 insoweit wesentlich geändert hatten, dass sie mit einem GdB von 40 zu bewerten waren.
Hinsichtlich des Diabetes mellitus ergibt sich aus dem Befundbericht des Kreiskrankenhauses G. vom 05.02.1999, dass dieser durch orale Antidiabetika (Amaryl) und mit Insulin behandelt worden ist. Wie sich des Weiteren aus diesem Arztbericht ergibt, lagen unter dieser Maßnahme die Blutzuckerwerte im akzeptablen Bereich. Aus dem Arztbericht des Kreiskrankenhauses G. vom 05.02.1999 ergibt sich auch, dass keine sonstigen Komplikationen aufgetreten sind; die Blutzuckerwerte lagen vielmehr im akzeptablen Bereich.
Der Senat legt bei der Beurteilung des GdB für die Zuckerkrankheit des Klägers die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteile vom 24.4.2008 – B 9/9a SB 10/06, vom 11.12.2008 – B 9/9a SB 4/07 R, vom 23.4.2009 – B 9 SB 3/08 R, vom 02.12.2010 – B 9 SB 3/09 R, vom 25.10.2012 – B 9 SB 2/12 R und vom 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R), welcher der Senat folgt, zugrunde.
Danach entsprachen die diese Krankheit betreffenden Nr. 26.15 der AHP 1996 und 2004 sowie auch Teil B Nr. 15 der zum 01.01.2009 in Kraft getretenen Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10.12.2008 (BGBl. I S. 2412) nur mit gewissen Maßgaben dem höherrangigen Recht und dem Stand der medizinischen Wissenschaft, insbesondere weil allein die Einstellungsqualität und nicht der die Teilhabe beeinträchtigende Therapieaufwand berücksichtigt worden war. Zu Teil B Nr. 15.1 VG in der Fassung vom 14.07.2010 hat das BSG entschieden, dass diese Vorschrift mit § 69 SGB IX vereinbar und wirksam ist und auf sie auch in der Zeit vor ihrem Inkrafttreten zurückgegriffen werden kann. Diese neugefassten Beurteilungsgrundsätze entsprechen den Vorgaben des BSG in den Urteilen vom 24.04.2008, 11.12.2008 und 23.04.2009 (jeweils a.a.O.) und bieten keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Bestimmungen nicht dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechen könnten (BSG, Urteil vom 02.12.2010 a.a.O.)
Im vorliegenden Fall ist die Feststellung des Gesamt-GdB mit Bescheid vom 22.11.1999 zu beurteilen. Formal betrachtet sind damit die AHP 1996 heranzuziehen, welche jedoch nach dem Urteil des BSG vom 24.04.2008 (a.a.O.) nicht zur GdB-Bewertung bei Diabetes mellitus Erkrankungen geeignet sind. Jedoch kann insoweit auf Teil B Nr. 15.1 VG in der Fassung vom 14.7.2010 zurückgegriffen werden (vgl. BSG, Urteil vom 17.04.2013 – B 9 SB 3/12 R, Rn. 32).
Die Vorschrift in Teil B Nr 15.1 VG n.F. hat folgenden Inhalt, der sich zwar unmittelbar auf die Feststellung des GdS bezieht, jedoch für die Bemessung des GdB entsprechend gilt (vgl. Teil A Nr. 2 VG):
15.1 Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus):
Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen kann und die somit in der Lebensführung kaum beeinträchtigt sind, erleiden auch durch den Therapieaufwand keine Teilhabebeeinträchtigung, die die Feststellung eines GdS rechtfertigt. Der GdS beträgt 0.
Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann und die durch Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden durch den Therapieaufwand eine signifikante Teilhabebeeinträchtigung. Der GdS beträgt 20.
Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann, die mindestens einmal täglich eine dokumentierte Überprüfung des Blutzuckers selbst durchführen müssen und durch weitere Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden je nach Ausmaß des Therapieaufwands und der Güte der Stoffwechseleinstellung eine stärkere Teilhabebeeinträchtigung. Der GdS beträgt 30 bis 40.
Die an Diabetes erkrankten Menschen, die eine Insulintherapie mit täglich mindestens vier Insulininjektionen durchführen, wobei die Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung selbstständig variiert werden muss, und durch erhebliche Einschnitte gravierend in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden auf Grund dieses Therapieaufwands eine ausgeprägte Teilhabebeeinträchtigung. Die Blutzuckerselbstmessungen und Insulindosen (beziehungsweise Insulingaben über die Insulinpumpe) müssen dokumentiert sein. Der GdS beträgt 50.
Außergewöhnlich schwer regulierbare Stoffwechsellagen können jeweils höhere GdS-Werte bedingen.
Zu der nach Teil B Nr. 15.1 VG für einen GdB von 50 u.a. erforderlichen (durch erhebliche Einschnitte) gravierenden Beeinträchtigung in der Lebensführung hat das BSG im Urteil vom 17.04.2013 (a.a.O.) ausgeführt, dass hinsichtlich der erheblichen Beeinträchtigung in der Lebensführung nicht davon auszugehen ist, dass bei einem entsprechenden Therapieaufwand (täglich mindestens vier Insulininjektionen, selbstständige Variierung der Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung) immer eine gravierende Beeinträchtigung der Lebensführung vorliegt. Je nach den persönlichen Fähigkeiten und Umständen der betreffenden Person kann sich die Anzahl der Insulininjektionen und die Anpassung der Dosis nämlich unterschiedlich stark auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft auswirken. Abgesehen davon ist für die Beurteilung des GdB bei Diabetes mellitus auch die jeweilige Stoffwechsellage bedeutsam, die im Rahmen der Prüfung der gravierende Beeinträchtigung der Lebensführung berücksichtigt werden kann. Die durch erhebliche Einschnitte bewirkte gravierende Beeinträchtigung in der Lebensführung kann mithin auf Besonderheiten der Therapie beruhen, etwa wenn ein Erkrankter aufgrund persönlicher Defizite für eine Injektion erheblich mehr Zeit benötigt, als ein anderer im Umgang mit den Injektionsutensilien versierter Mensch. Einschnitte in der Lebensführung zeigen sich daneben auch bei einem unzulänglichen Therapieerfolg, also an der Stoffwechsellage des erkrankten Menschen (vgl. BSG, Urteil vom 17.04.2013, a.a.O. m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen ist kein höherer GdB als 30 für die Zuckerkrankheit des Klägers gerechtfertigt.
Der den Kläger wegen der Zuckerkrankheit behandelnde Hausarzt Dr. H. hat keinen besonderen Therapieaufwand wegen der beim Kläger vorliegenden Zuckerkrankheit beschrieben, obwohl von Seiten des Beklagten mehrfach ausdrücklich danach gefragt worden war (vgl. z.B. Anschreiben des Versorgungsamtes H. vom 07.11.2000, Blatt 44 der Verwaltungsakten). Seit dem stationären Aufenthalt des Klägers in der Chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses G. vom 11.01.1999 bis 29.01.1999 ist diesem verordnet worden, sich zweimaltäglich Insulin zu spritzen, 16 Einheiten morgens und 10 Einheiten abends (vgl. Blatt 25 der Verwaltungsakten). Dieses ist auch im Gutachten des MDK vom 27.04.1999 (vgl. Blatt 46 der Verwaltungsakten) bestätigt worden, wonach der Kläger morgens 14 bis 18 und abends 10 bis 12 Einheiten spritzt. Damit ist nachgewiesen, dass der Kläger wegen seiner Zuckerkrankheit neben der oralen Einnahme von Medikamenten die Blutzuckerwerte zu messen hatte und sich zweimal täglich Insulin spritzen musste. Unter dieser Therapie waren die Blutzuckerwerte nach Angaben des Dr. H. jeweils gut eingestellt. Letzteres hat Dr. H. auch in späteren Schreiben bestätigt, insbesondere im Schreiben vom 26.10.2001, in dem er ausgeführt hat, dass der insulinpflichtige Diabetes mellitus zur Zeit gut eingestellt ist (vgl. Blatt 67 der Verwaltungsakten), ebenso im Schreiben vom 13.08.2003 (Blatt 93 der Verwaltungsakten). Bei zwei Insulininjektionen täglich war der Therapieaufwand beim Kläger gering, wobei zugleich eine gute Einstellungsqualität erreicht wurde. Besonderheiten bei der Therapie sind nicht ersichtlich. Dass der Kläger in der Lebensführung durch den Diabetes durch weitere Einschnitte beeinträchtigt war, ist nicht erkennbar. Insbesondere liegen keine Defizite des Klägers bei Durchführung der Therapie vor und war die Stoffwechsellage stabil. Eine Beeinträchtigung in der Lebensführung durch den Diabetes folgt nicht daraus &8722; worauf sich der Kläger berufen hat &8722;, dass der Kläger nach dem Arbeitsunfall im Jahr 1998 seinen bis dahin ausgeübten Beruf nicht mehr ausüben konnte. Dies war Folge des Unfalls und beruhte nicht auf der Zuckerkrankheit, insbesondere deren Therapieaufwand oder einer instabilen Stoffwechsellage. Im Übrigen war zu berücksichtigen, dass der insulinpflichtige Diabetes mellitus den Kläger nicht an der Ausübung einer Pförtnertätigkeit gehindert hat, wie dies das LSG in seinem Urteil vom 25.03.2003 – L 9 RJ 3516/02 festgestellt hat. Denn die erforderlichen Messungen und das Spritzen morgens und abends könne der Kläger entweder zu Hause oder in den betriebsüblichen Pausen vornehmen, wie dies das LSG in diesem Urteil ausgeführt hat. Der relativ geringe Therapieaufwand bei gutem Therapieerfolg ohne weitere Beeinträchtigung der Lebensführung rechtfertigt es nicht, deswegen den für die Zuckerkrankheit zugrunde gelegten Einzel-GdB-Wert von 30 zu erhöhen.
Der Teil-GdB für die Zuckerkrankheit ist entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aufgrund einer durch den Diabetes verursachten Sehbehinderung zu erhöhen. Neben der Einstellungsqualität und dem Therapieaufwand für den Diabetes selbst führen sogenannte Organkomplikationen, also dauerhafte, durch den Diabetes verursachte Gesundheitsstörungen an anderen Organen, nicht zu einer Erhöhung des Einzel-GdB wegen Diabetes. Zwar war in den AHP 1996, 2004, 2005 und 2008 ein Zusatz enthalten, wonach "Organkomplikationen ihren Auswirkungen entsprechend zusätzlich zu bewerten sind, der in Teil B Ziffer 15.1 VG nicht mehr enthalten ist. Durch die Streichung dieses Zusatzes wird klargestellt, dass die möglicherweise durch den Diabetes hervorgerufenen Gesundheitsstörungen wie davon unabhängig entstandene zu behandeln sind. Sie sind mithin in ihren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft einzeln zu bewerten und nach Maßgabe des § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX beim Gesamt-GdB zu berücksichtigen. Anders konnte der in den früheren Fassungen der AHP enthaltene Zusatz auch nicht ausgelegt werden, da er sonst dem im Schwerbehindertenrecht seit jeher geltenden Finalitätsprinzip widersprochen hätte. Danach sind alle dauerhaften Gesundheitsstörungen unabhängig von ihrem Entstehungsgrund zu erfassen und in ihren Auswirkungen auf die Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu berücksichtigen. Eine Erhöhung des GdB wegen eines durch ein Primärleiden hervorgerufenen Leidens an einem anderen Organ oder Organsystem, ohne dass dieses nennenswerte Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft hat, war und ist dem Behinderungsbegriff in § 2 Abs. 1 SGB IX (bzw. § 3 Abs. 1 SchwbG in der Fassung vom 26.08.1986) sowie dem Begriff des GdB nach § 69 Abs. 1 SGB IX (bzw. § 4 Abs. 3 Satz 1 SchwbG in der Fassung vom 11.01.1993) fremd. Hat das Sekundärleiden indes entsprechende Auswirkungen auf die Teilhabefähigkeit des betroffenen Menschen, so ist kein Grund ersichtlich, es bei der Bewertung des GdB anders zu behandeln als eine von dem Primärleiden unabhängig entstandene weitere Gesundheitsstörung (vgl. BSG, Urteil vom 11.12.2008 – B 9/9a SB 4/07 R). Aus denselben Gründen kann sich auch eine auf die Zuckerkrankheit zurückzuführende schlechte Wundheilung nicht erhöhend auf den Teil-GdB für die Zuckerkrankheit auswirken. Vielmehr ist diese im Rahmen der die jeweilige Wunde betreffenden Funktionsbeeinträchtigungen zu berücksichtigen. Dementsprechend ist beim Kläger eine gestörte Wundheilung im Rahmen der Folgen nach Unterschenkelbruch links mitbewertet.
Hinsichtlich der GdB-Bewertung der weiteren Gesundheitsstörungen "Folgen nach Unterschenkelbruch links" und "Sehminderung beidseitig" hat der Kläger nichts vorgetragen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Bewertung mit Bescheid vom 22.11.1999 insoweit fehlerhaft sein könnte.
Bei der Bildung des Gesamt-GdB aus den Funktionsstörungen, "Diabetes mellitus (mit Diät und oralen Antidiabetika und Insulin einstellbar)" mit einem Einzel-GdB von 30, den "Folgen nach Unterschenkelbruch links" mit einem Einzel-GdB von 20 und der "Sehminderung beidseitig" mit einem Einzel-GdB von 10 hat der Beklagte zutreffend den Gesamt-GdB von 40 gebildet.
Im Übrigen ist – ohne dass dies vorliegend streitgegenständlich ist – auch nicht ersichtlich, dass nach Erlass des Bescheides vom 22.11.1999 eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen eingetreten und der Bescheid vom 23.01.2001 rechtswidrig sein könnte. Der Senat hat im Urteil vom 14.12.2012 im Verfahren L 8 SB 3837/09 die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 23.01.2001 bereits bestätigt.
Nach alledem war die Berufung des Klägers als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt im Zugunstenverfahren die rückwirkende Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 50 ab 01.11.2000.
Der 1943 geborene Kläger beantragte erstmals am 18.11.1998 die Feststellung eines GdB wegen Diabetes mellitus, eines auf einen häuslichen Unfall am 14.03.1998 zurückzuführenden Zustandes nach Trümmerfraktur des linken Unterschenkels mit daraus folgender Beeinträchtigung des Gehvermögens sowie einer Gelenkentfernung einer kleinen Zehe des rechten Fußes.
Das Versorgungsamt H. holte beim dem Praktischen Arzt Dr. Ha. Befundberichte ein (Blatt 4/8 der Verwaltungsakten). In seinem Befundbericht vom Dezember 1998 führte dieser zur Zuckerkrankheit des Klägers aus, der Diabetes mellitus Typ IIa sei mit Amaryl bis jetzt ganz gut eingestellt. In letzter Zeit sei ein Anstieg des HbA1C auf 8,8 erfolgt, die Blutzuckertagesprofile seien ebenfalls im Bereich zwischen 150 und 300 mg/dl. Nach Ausschöpfung der diätischen Mittel sei wohl wahrscheinlich eine zusätzliche Gabe von Insulin unumgänglich. lm Bericht des Kreiskrankenhauses G. vom 21.04.1998 wird berichtet, der Kläger sei am Tag der Aufnahme die Treppe heruntergefallen und habe sich eine offene Unterschenkel-Mehrfragmentfraktur 1. Grades links zugezogen. Beim Kläger liege außerdem ein Diabetes mellitus Typ IIa vor. Die Blutzuckerwerte hätten unter ihrer Therapie im akzeptablen Bereich gelegen.
Mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 05.01.1999 wurde die Zuckerkrankheit mit einem GdB von 20 und die Folgen nach Unterschenkelbruch links ebenfalls mit einem Teil-GdB von 20 bewertet. Der Gesamt-GdB wurde mit 30 beurteilt.
Mit Bescheid vom 18.01.1999 stellte das Versorgungsamt H. einen GdB von 30 seit 03/1998 fest.
Am 03.08.1999 stellte der Kläger einen Verschlimmerungsantrag. Das Versorgungsamt H. zog erneut Befundberichte bei (Blatt 20/21, 23/26 der Verwaltungsakten). Aus dem Arztbericht des Kreiskrankenhauses G. vom 05.02.1999 ergab sich, dass die Zuckerkrankheit des Klägers nunmehr auch mit Insulin behandelt wurde und die Werte im akzeptablen Bereich lagen. Dies wurde mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23.10.1999 dahingehend berücksichtigt, dass der GdB für die Zuckerkrankheit nunmehr mit 30 beurteilt wurde; außerdem wurde eine Sehminderung beiderseits mit einem Einzel-GdB von 10 berücksichtigt.
Mit Bescheid vom 22.11.1999 stellte das Versorgungsamt H. einen GdB von 40 seit 03.08.1999 fest.
Am 21.09.2000 beantragte der Kläger erneut die Erhöhung des GdB. Zur Begründung berief er sich auf eine Verschlimmerung der bisherige Feststellung zugrunde liegenden Gesundheitsstörungen sowie einen Bruch des Ellenbogengelenks des rechten Armes mit einer
Das Versorgungsamt zog ärztliche Befundberichte bei (Blatt 40, 45/50 der Verwaltungsakten). Der Versorgungsarzt gelangte nach deren Auswertung zu der Einschätzung, dass eine dauerhafte GdB-relevante Funktionsbeeinträchtigung bezüglich des Ellenbogenbruchs nicht nachgewiesen sei (versorgungsärztliche Stellungnahme vom 09.01.2001). Mit Bescheid vom 23.01.2001 lehnte das Versorgungsamt eine Neufeststellung des GdB daraufhin ab.
Am 05.08.2003 stellte der Kläger unter Vorlage medizinischer Unterlagen (Blatt 78/61 der Verwaltungsakten) einen weiteren Verschlimmerungsantrag. Gleichzeitig beantragte er die Überprüfung des Grades der Behinderung für die Vergangenheit und beantragte die Feststellung eines GdB von mindestens 50 ab 01.11.2000 gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Im Arztbericht des Dr. H. vom 28.03.2000 ist zur Zuckerkrankheit ausgeführt, das letzte HbA1C habe 7,60% (4,4 bis 6,1) betragen. Die Blutzuckertagesprofile hätten zwischen 120 mg/dl und 220 mg/dl gelegen. Der Kläger messe selbst zu Hause. Auffallend seien hohe nüchterne Blutzuckerwerte morgens. Der Kläger sei entsprechend instruiert worden.
Das Versorgungsamt zog zusätzlich Arztunterlagen (Blatt 85/91 der Verwaltungsakten) und den Bescheid der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft vom 14.05.2003 bei (Blatt 82/84 der Verwaltungsakten) bei, wonach dem Kläger ab 11.09.1999 Rente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 wegen der Unfallfolgen am linken Bein gewährt wurde. Weitere Berichte zog der Beklagte von Dres. Ha. /H. bei (Blatt 93/96 der Verwaltungsakten). Nach dem Bericht des Dr. H. vom 13.08.2003 wird der Diabetes mit Amaryl und 2 mal täglich Insulin behandelt und ist ordentlich eingestellt.
Mit Bescheid vom 11.09.2003 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers vom 05.08.2003 auf Erteilung eines Rücknahmebescheides nach § 44 SGB X ab. Mit diesem Antrag habe der Kläger geltend gemacht, ab 01.11.2000 einen GdB von 50 anzuerkennen. Nach erneuter Durchsicht der vorliegenden ärztlichen Unterlagen sei die Festsetzung des GdB mit 40 richtig.
Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein und machte u.a. geltend, der Diabetes mellitus sei mit einem höheren Teil-GdB als 30 zu bewerten. Seit 06/1997 seien Folgeschäden bekannt. Vor allem bestünden Auswirkungen auf die Sehschärfe und eine schlechte Wundheilung der Unfallfolgen von 3/1998. Der Unfall 1998 habe ihn aus der Berufsbahn geworfen. Er sei seit 1998 ohne Arbeit. Gleichzeitig beantragte der Kläger am 02.10.2003 und in der Folge nochmals am 30.03.2004 eine Neufeststellung seiner Behinderung wegen eines am 06.09.2003 eingetretenen Schlaganfalls und weiterer neu aufgetretener Behinderungen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2003 wies das Landesversorgungsamt Baden-Württemberg den Widerspruch zurück. Ein Diabetes mellitus könne nur dann einen GdB von 40 bedingen, wenn er durch Diät und alleinige Insulinbehandlung gut einstellbar sei, bzw. einen GdB von 50, wenn er schwer einstellbar sei, auch bei gelegentlichen und ausgeprägten Hypoglykämien. Diese Voraussetzungen seien aber für die Zeit ab 01.11.2000 nicht objektiviert.
Die dagegen zum Sozialgerichts Heilbronn (SG) erhobene Klage (Az.: S 2 SB 3577/03) wies das SG mit Urteil vom 15.06.2004 zurück, wogegen der Kläger Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG, Az.: L 8 SB 2909/04) erhob. Zur Begründung führte er aus, ihm gehe es um die Feststellung eines GdB von 50 ab November 2000, da er in diesem Falle bei Vollendung des 60. Lebensjahres eine Altersrente ohne Abschläge beanspruchen könne. Der Senat befragte den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. H. schriftlich als sachverständigen Zeugen. Unter dem 05.06.2005 führte dieser aus, beim Kläger bestehe ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus IIb mit diabetischer Rhetinopathie und Polyneuropathie. Der Kläger werde medikamentös mit Amaryl 3 mg und Insuman comb für den Diabetes behandelt. Bei guten Langzeitzuckerwerten gehe er davon aus, dass der Kläger die diabetische Diät ernst nehme. Das Berufungsverfahren wurde mit Beschluss vom 14.10.2006 zum Ruhen gebracht.
Ein Neufeststellungsantrag vom 17.12.2007 wegen einer Verschlimmerung führte zur Feststellung eines GdB von 70 seit 17.12.2007 (Bescheid vom 24.06.2008). Am 25.11.2008 beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheides und begehrte die Feststellung eines GdB von mindestens 50 ab 01.11.2000. Dabei machte er geltend, die Folgen des Diabetes mellitus seien erhöhend zu berücksichtigen.
Am 21.08.2009 rief der Beklagte das ruhende Berufungsverfahren (L 8 SB 2909/04 fortgeführt unter Az.: L 8 SB 3837/09) wieder an. Der Kläger machte ergänzend geltend, entsprechend der neuesten BSG-Rechtsprechung zum Diabetes mellitus sei dieser auch für die Vergangenheit mit einem höheren Teil-GdB als 30 einzuschätzen. Ferner teilte er mit, bezüglich der Unfallrente habe er keine höhere MdE erreicht. Das LSG wies die Berufung mit Urteil vom 20.11.2009 zurück. Eine höhere Bewertung der Zuckerkrankheit sei nicht zu begründen. Der Beklagte habe zutreffend einen GdB von 40 gebildet.
Den Antrag vom 25.11.2008 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 15.09.2010 und Widerspruchsbescheid vom 04.10.2010 ab.
Auf die am 02.10.2003 und 30.03.2004 gestellten Neufeststellunganträge stellte das Landratsamt S. H. &8722; Sozialamt &8722; mit Bescheid vom 13.10.2010 ab 01.09.2003 einen GdB von 50 fest. Den dagegen mit der Begründung, die Feststellung eines GdB von 50 werde ab 01.11.2000 begehrt, eingelegten Widerspruch wies das Regierungspräsidium Stuttgart &8722; Landesversorgungsamt &8722; mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2010 zurück.
Mit Schreiben vom 27.11.2010 erhob der Kläger am 30.11.2010 Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 17.11.2010 zum SG (Az.: S 12 SB 4432/10) mit dem Begehren, zum 01.11.2000 einen GdB von 50 festzustellen. Nach den AHP seien bisweilen Funktionssysteme in einer Behinderung zusammenzufassen, insbesondere wenn die eine Behinderung die andere bedinge. Beim Kläger folge aus dem Diabetes mellitus eine Sehbehinderung.
Die Klage wies das SG mit Gerichtsbescheid vom 06.06.2011 zurück, wogegen der Kläger Berufung zum LSG eingelegte (Az.: L 8 SB 2690/11).
Im Erörterungstermin am 12.09.2012 vor dem LSG wurde darauf hingewiesen, dass der Klageantrag vom 30.11.2010 dahingehend verstanden werden könne, dass die Überprüfung des Bescheides vom 22.11.1999 und des Bescheides vom 23.01.2001 nach § 44 SGB X betreffend die Zeit ab 01.11.2000 beantragt werde. Der Beklagte kündigte daraufhin eine Entscheidung über diesen Antrag auf Überprüfung bestandskräftiger Bescheide vom 30.11.2010 an.
Die Berufung (L 8 SB 2690/11) wurde mit Urteil vom 14.12.2012 zurückgewiesen. Die Klage sei unzulässig, da es noch an einem anfechtbaren Bescheid betreffend die Feststellung eines GdB von mindestens 50 ab 01.11.2000 fehle. Soweit sich der Kläger in der Sache gegen den Bescheid vom 14.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2010 richte, sei die Klage verfristet.
Mit Bescheid des Landratsamtes S. H. vom 13.02.2013 wurde die Erteilung eines Rücknahmebescheides nach § 44 SGB X abgelehnt. Dazu wurde ausgeführt, dass mit Bescheid vom 22.11.1999 auf den Antrag vom 02.08.1999 ein GdB von 40 anerkannt worden sei. Zum damaligen Zeitpunkt hätten Diabetes, die Folgen nach Unterschenkelhalsbruch und beidseitige Sehminderung als Behinderung festgestellt werden können. Mit dem Antrag vom 30.11.2000 (gemeint: 2010) mache der Kläger ab 01.11.2000 erneut die Feststellung eines GdB von 50 geltend. Nach erneuter Durchsicht und Überprüfung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen sei die Entscheidung zum damaligen Zeitpunkt richtig. Ergänzend wurde im Schreiben vom 13.02.2013 ausgeführt, dass die Anträge vom 04.08.2003 und 25.11.2008 auf Rücknahme des Bescheides vom 23.01.2001 gemäß § 44 SGB X bereits rechtskräftig entschieden worden sei und diesbezüglich kein neuer Bescheid ergehe.
Den dagegen am 26.02.2013 eingelegten Widerspruch wies das Regierungspräsidium Stuttgart &8722; Landesversorgungsamt &8722; mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2013 zurück, weil der früher erteilte Bescheid vom 22.11.1999 nicht rechtswidrig sei.
Am 26.03.2013 erhob der Kläger Klage zum SG, mit der er weiterhin einen GdB von 50 zum 01.11.2000 geltend macht, wobei eine spätere Herabsetzung unschädlich sei und es nur im die Zusammenfassung von zwei bereits anerkannten Einzel-GdB und um die Teilhabebeeinträchtigung gehe. Der Kläger habe durch den Arbeitsunfall 1998 immerhin seinen damaligen Arbeitsplatz verloren.
Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16.09.2013 ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Abänderung des Bescheides vom 22.11.1999 und Feststellung eines GdB von 50 ab dem 01.11.2000 gemäß § 44 SGB X. Die vom Beklagten durchgeführte Sachverhaltsaufklärung habe ergeben, dass der GdB von 40 am 01.11.2000 zutreffend gewesen sei. Ferner verwies das SG zur Begründung auf die Entscheidungen des SG vom 15.06.2004 (S 2 SB 3577/03) und des LSG vom 20.11.2009 (L 8 SB 3837/09) sowie des SG vom 06.06.2011 (S 12 SB 4432/10) und des LSG vom 14.12.2012 (L 8 SB 2690/11).
Gegen den am 20.09.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 15.10.2013 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt und darauf verweist, dass auf den Begriff der Teilhabebeeinträchtigung weder vom Beklagten noch vom SG eingegangen worden sei.
Auf Anregung des Klägers, die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) im Verfahren B 9 SB 2/13 R abzuwarten und den Antrag der Beteiligten, das Berufungsverfahren bis dahin ruhen zu lassen, hat der Senat mit Beschluss vom 05.02.2014 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Am 29.06.2015 hat der Kläger das Verfahren wieder angerufen. Zur weiteren Begründung des Vorliegens einer Teilhabebeeinträchtigung hat er auf die Beendigung des Arbeitslebens durch einen Unfall von 1998 verwiesen, wozu er den Bescheid der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft vom 14.05.2003 vorlegte. In diesem ist ausgeführt, dass das Verletztengeld bis zum Ablauf der 78. Woche nach Eintritt des Versicherungsfalles, somit bis zum 10.09.1999 gezahlt werde. Mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit sei aufgrund der Folgen des Unfalls nicht zu rechnen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 13.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2013 und den Gerichtsbescheid des SG vom 16.09.2013 aufzuheben und den Beklagte zu verurteilen, unter Abänderung des Bescheides vom 22.11.1999 beim Kläger einen GdB von 50 ab 01.11.2000 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die zum Verfahren beigezogenen Akten der vorangegangenen Berufungsverfahren L 9 RJ 3516/02, L 8 SB 2909/04 (fortgeführt unter L 8 SB 3837/09) und L 8 SB 2690/11 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist zulässig (§ 151 SGG), in der Sache aber nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angegriffene Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 22.11.1999, mit dem ein GdB von 40 seit 03.08.1999 festgestellt wurde. Ein Anspruch auf Rücknahme dieses Bescheides und Feststellung eines GdB von 50 ab 01.11.2000 besteht nicht.
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 13.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 11.03.2013, mit dem der Beklagte allein abgelehnt hat, den Bescheid vom 22.11.1999 zurückzunehmen und einen GdB von 50, insbesondere seit 01.11.2000 festzustellen. Darüber, ob nach Erlass des Bescheides vom 22.11.1999 eine Änderung in den Verhältnissen eingetreten ist, was die Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheides vom 23.01.2001 betreffen würde, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden. Der Beklagte hat die Überprüfung mit dem Bescheid vom 13.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 11.03.2013 ausdrücklich auf den Bescheid vom 22.11.1999 beschränkt und im Schreiben vom 13.02.2013 zusätzlich darauf hingewiesen, dass der Bescheid vom 23.01.2001 nicht Gegenstand der Überprüfung ist. Das Schreiben vom 13.02.2013 kann auch nicht als Bescheid über die Ablehnung einer Rücknahme des Bescheides vom 23.01.2001 verstanden werden, da der Beklagte in dem Schreiben deutlich gemacht hat, dass er eine solche Entscheidung gerade nicht treffen will, sondern sich auf die Bestandskraft des Bescheides und bereits früher ergangener Überprüfungsbescheide beruft. Soweit der aus der Klageschrift vom 27.11.2010 herzuleitende Antrag auf Überprüfung bestandskräftiger Bescheide auch den Bescheid vom 23.01.2001 erfasst, ist über den Antrag insoweit durch den Beklagten noch nicht entschieden worden.
Der Beklagte hat mit dem Bescheid vom 22.11.1999 zu Recht einen GdB von 40 seit 03.08.1999 festgestellt. Er ist dabei weder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, noch hat er das Recht unrichtig angewandt.
Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Im Übrigen ist nach § 44 Abs. 2 SGB X ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Der Senat ist davon überzeugt, dass die beim Kläger vorliegenden Behinderungen ab 03.08.1999 noch nicht 50 betragen haben, sondern zutreffend mit einem GdB von 40 bewertet waren.
Die vom Beklagten auf den Neufeststellungsantrag des Klägers vom 03.08.1999 durchgeführte medizinische Sachaufklärung hat ergeben, dass sich seine Funktionsstörungen seit 18.01.1999 insoweit wesentlich geändert hatten, dass sie mit einem GdB von 40 zu bewerten waren.
Hinsichtlich des Diabetes mellitus ergibt sich aus dem Befundbericht des Kreiskrankenhauses G. vom 05.02.1999, dass dieser durch orale Antidiabetika (Amaryl) und mit Insulin behandelt worden ist. Wie sich des Weiteren aus diesem Arztbericht ergibt, lagen unter dieser Maßnahme die Blutzuckerwerte im akzeptablen Bereich. Aus dem Arztbericht des Kreiskrankenhauses G. vom 05.02.1999 ergibt sich auch, dass keine sonstigen Komplikationen aufgetreten sind; die Blutzuckerwerte lagen vielmehr im akzeptablen Bereich.
Der Senat legt bei der Beurteilung des GdB für die Zuckerkrankheit des Klägers die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteile vom 24.4.2008 – B 9/9a SB 10/06, vom 11.12.2008 – B 9/9a SB 4/07 R, vom 23.4.2009 – B 9 SB 3/08 R, vom 02.12.2010 – B 9 SB 3/09 R, vom 25.10.2012 – B 9 SB 2/12 R und vom 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R), welcher der Senat folgt, zugrunde.
Danach entsprachen die diese Krankheit betreffenden Nr. 26.15 der AHP 1996 und 2004 sowie auch Teil B Nr. 15 der zum 01.01.2009 in Kraft getretenen Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10.12.2008 (BGBl. I S. 2412) nur mit gewissen Maßgaben dem höherrangigen Recht und dem Stand der medizinischen Wissenschaft, insbesondere weil allein die Einstellungsqualität und nicht der die Teilhabe beeinträchtigende Therapieaufwand berücksichtigt worden war. Zu Teil B Nr. 15.1 VG in der Fassung vom 14.07.2010 hat das BSG entschieden, dass diese Vorschrift mit § 69 SGB IX vereinbar und wirksam ist und auf sie auch in der Zeit vor ihrem Inkrafttreten zurückgegriffen werden kann. Diese neugefassten Beurteilungsgrundsätze entsprechen den Vorgaben des BSG in den Urteilen vom 24.04.2008, 11.12.2008 und 23.04.2009 (jeweils a.a.O.) und bieten keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Bestimmungen nicht dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechen könnten (BSG, Urteil vom 02.12.2010 a.a.O.)
Im vorliegenden Fall ist die Feststellung des Gesamt-GdB mit Bescheid vom 22.11.1999 zu beurteilen. Formal betrachtet sind damit die AHP 1996 heranzuziehen, welche jedoch nach dem Urteil des BSG vom 24.04.2008 (a.a.O.) nicht zur GdB-Bewertung bei Diabetes mellitus Erkrankungen geeignet sind. Jedoch kann insoweit auf Teil B Nr. 15.1 VG in der Fassung vom 14.7.2010 zurückgegriffen werden (vgl. BSG, Urteil vom 17.04.2013 – B 9 SB 3/12 R, Rn. 32).
Die Vorschrift in Teil B Nr 15.1 VG n.F. hat folgenden Inhalt, der sich zwar unmittelbar auf die Feststellung des GdS bezieht, jedoch für die Bemessung des GdB entsprechend gilt (vgl. Teil A Nr. 2 VG):
15.1 Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus):
Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen kann und die somit in der Lebensführung kaum beeinträchtigt sind, erleiden auch durch den Therapieaufwand keine Teilhabebeeinträchtigung, die die Feststellung eines GdS rechtfertigt. Der GdS beträgt 0.
Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann und die durch Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden durch den Therapieaufwand eine signifikante Teilhabebeeinträchtigung. Der GdS beträgt 20.
Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann, die mindestens einmal täglich eine dokumentierte Überprüfung des Blutzuckers selbst durchführen müssen und durch weitere Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden je nach Ausmaß des Therapieaufwands und der Güte der Stoffwechseleinstellung eine stärkere Teilhabebeeinträchtigung. Der GdS beträgt 30 bis 40.
Die an Diabetes erkrankten Menschen, die eine Insulintherapie mit täglich mindestens vier Insulininjektionen durchführen, wobei die Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung selbstständig variiert werden muss, und durch erhebliche Einschnitte gravierend in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden auf Grund dieses Therapieaufwands eine ausgeprägte Teilhabebeeinträchtigung. Die Blutzuckerselbstmessungen und Insulindosen (beziehungsweise Insulingaben über die Insulinpumpe) müssen dokumentiert sein. Der GdS beträgt 50.
Außergewöhnlich schwer regulierbare Stoffwechsellagen können jeweils höhere GdS-Werte bedingen.
Zu der nach Teil B Nr. 15.1 VG für einen GdB von 50 u.a. erforderlichen (durch erhebliche Einschnitte) gravierenden Beeinträchtigung in der Lebensführung hat das BSG im Urteil vom 17.04.2013 (a.a.O.) ausgeführt, dass hinsichtlich der erheblichen Beeinträchtigung in der Lebensführung nicht davon auszugehen ist, dass bei einem entsprechenden Therapieaufwand (täglich mindestens vier Insulininjektionen, selbstständige Variierung der Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung) immer eine gravierende Beeinträchtigung der Lebensführung vorliegt. Je nach den persönlichen Fähigkeiten und Umständen der betreffenden Person kann sich die Anzahl der Insulininjektionen und die Anpassung der Dosis nämlich unterschiedlich stark auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft auswirken. Abgesehen davon ist für die Beurteilung des GdB bei Diabetes mellitus auch die jeweilige Stoffwechsellage bedeutsam, die im Rahmen der Prüfung der gravierende Beeinträchtigung der Lebensführung berücksichtigt werden kann. Die durch erhebliche Einschnitte bewirkte gravierende Beeinträchtigung in der Lebensführung kann mithin auf Besonderheiten der Therapie beruhen, etwa wenn ein Erkrankter aufgrund persönlicher Defizite für eine Injektion erheblich mehr Zeit benötigt, als ein anderer im Umgang mit den Injektionsutensilien versierter Mensch. Einschnitte in der Lebensführung zeigen sich daneben auch bei einem unzulänglichen Therapieerfolg, also an der Stoffwechsellage des erkrankten Menschen (vgl. BSG, Urteil vom 17.04.2013, a.a.O. m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen ist kein höherer GdB als 30 für die Zuckerkrankheit des Klägers gerechtfertigt.
Der den Kläger wegen der Zuckerkrankheit behandelnde Hausarzt Dr. H. hat keinen besonderen Therapieaufwand wegen der beim Kläger vorliegenden Zuckerkrankheit beschrieben, obwohl von Seiten des Beklagten mehrfach ausdrücklich danach gefragt worden war (vgl. z.B. Anschreiben des Versorgungsamtes H. vom 07.11.2000, Blatt 44 der Verwaltungsakten). Seit dem stationären Aufenthalt des Klägers in der Chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses G. vom 11.01.1999 bis 29.01.1999 ist diesem verordnet worden, sich zweimaltäglich Insulin zu spritzen, 16 Einheiten morgens und 10 Einheiten abends (vgl. Blatt 25 der Verwaltungsakten). Dieses ist auch im Gutachten des MDK vom 27.04.1999 (vgl. Blatt 46 der Verwaltungsakten) bestätigt worden, wonach der Kläger morgens 14 bis 18 und abends 10 bis 12 Einheiten spritzt. Damit ist nachgewiesen, dass der Kläger wegen seiner Zuckerkrankheit neben der oralen Einnahme von Medikamenten die Blutzuckerwerte zu messen hatte und sich zweimal täglich Insulin spritzen musste. Unter dieser Therapie waren die Blutzuckerwerte nach Angaben des Dr. H. jeweils gut eingestellt. Letzteres hat Dr. H. auch in späteren Schreiben bestätigt, insbesondere im Schreiben vom 26.10.2001, in dem er ausgeführt hat, dass der insulinpflichtige Diabetes mellitus zur Zeit gut eingestellt ist (vgl. Blatt 67 der Verwaltungsakten), ebenso im Schreiben vom 13.08.2003 (Blatt 93 der Verwaltungsakten). Bei zwei Insulininjektionen täglich war der Therapieaufwand beim Kläger gering, wobei zugleich eine gute Einstellungsqualität erreicht wurde. Besonderheiten bei der Therapie sind nicht ersichtlich. Dass der Kläger in der Lebensführung durch den Diabetes durch weitere Einschnitte beeinträchtigt war, ist nicht erkennbar. Insbesondere liegen keine Defizite des Klägers bei Durchführung der Therapie vor und war die Stoffwechsellage stabil. Eine Beeinträchtigung in der Lebensführung durch den Diabetes folgt nicht daraus &8722; worauf sich der Kläger berufen hat &8722;, dass der Kläger nach dem Arbeitsunfall im Jahr 1998 seinen bis dahin ausgeübten Beruf nicht mehr ausüben konnte. Dies war Folge des Unfalls und beruhte nicht auf der Zuckerkrankheit, insbesondere deren Therapieaufwand oder einer instabilen Stoffwechsellage. Im Übrigen war zu berücksichtigen, dass der insulinpflichtige Diabetes mellitus den Kläger nicht an der Ausübung einer Pförtnertätigkeit gehindert hat, wie dies das LSG in seinem Urteil vom 25.03.2003 – L 9 RJ 3516/02 festgestellt hat. Denn die erforderlichen Messungen und das Spritzen morgens und abends könne der Kläger entweder zu Hause oder in den betriebsüblichen Pausen vornehmen, wie dies das LSG in diesem Urteil ausgeführt hat. Der relativ geringe Therapieaufwand bei gutem Therapieerfolg ohne weitere Beeinträchtigung der Lebensführung rechtfertigt es nicht, deswegen den für die Zuckerkrankheit zugrunde gelegten Einzel-GdB-Wert von 30 zu erhöhen.
Der Teil-GdB für die Zuckerkrankheit ist entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aufgrund einer durch den Diabetes verursachten Sehbehinderung zu erhöhen. Neben der Einstellungsqualität und dem Therapieaufwand für den Diabetes selbst führen sogenannte Organkomplikationen, also dauerhafte, durch den Diabetes verursachte Gesundheitsstörungen an anderen Organen, nicht zu einer Erhöhung des Einzel-GdB wegen Diabetes. Zwar war in den AHP 1996, 2004, 2005 und 2008 ein Zusatz enthalten, wonach "Organkomplikationen ihren Auswirkungen entsprechend zusätzlich zu bewerten sind, der in Teil B Ziffer 15.1 VG nicht mehr enthalten ist. Durch die Streichung dieses Zusatzes wird klargestellt, dass die möglicherweise durch den Diabetes hervorgerufenen Gesundheitsstörungen wie davon unabhängig entstandene zu behandeln sind. Sie sind mithin in ihren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft einzeln zu bewerten und nach Maßgabe des § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX beim Gesamt-GdB zu berücksichtigen. Anders konnte der in den früheren Fassungen der AHP enthaltene Zusatz auch nicht ausgelegt werden, da er sonst dem im Schwerbehindertenrecht seit jeher geltenden Finalitätsprinzip widersprochen hätte. Danach sind alle dauerhaften Gesundheitsstörungen unabhängig von ihrem Entstehungsgrund zu erfassen und in ihren Auswirkungen auf die Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu berücksichtigen. Eine Erhöhung des GdB wegen eines durch ein Primärleiden hervorgerufenen Leidens an einem anderen Organ oder Organsystem, ohne dass dieses nennenswerte Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft hat, war und ist dem Behinderungsbegriff in § 2 Abs. 1 SGB IX (bzw. § 3 Abs. 1 SchwbG in der Fassung vom 26.08.1986) sowie dem Begriff des GdB nach § 69 Abs. 1 SGB IX (bzw. § 4 Abs. 3 Satz 1 SchwbG in der Fassung vom 11.01.1993) fremd. Hat das Sekundärleiden indes entsprechende Auswirkungen auf die Teilhabefähigkeit des betroffenen Menschen, so ist kein Grund ersichtlich, es bei der Bewertung des GdB anders zu behandeln als eine von dem Primärleiden unabhängig entstandene weitere Gesundheitsstörung (vgl. BSG, Urteil vom 11.12.2008 – B 9/9a SB 4/07 R). Aus denselben Gründen kann sich auch eine auf die Zuckerkrankheit zurückzuführende schlechte Wundheilung nicht erhöhend auf den Teil-GdB für die Zuckerkrankheit auswirken. Vielmehr ist diese im Rahmen der die jeweilige Wunde betreffenden Funktionsbeeinträchtigungen zu berücksichtigen. Dementsprechend ist beim Kläger eine gestörte Wundheilung im Rahmen der Folgen nach Unterschenkelbruch links mitbewertet.
Hinsichtlich der GdB-Bewertung der weiteren Gesundheitsstörungen "Folgen nach Unterschenkelbruch links" und "Sehminderung beidseitig" hat der Kläger nichts vorgetragen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Bewertung mit Bescheid vom 22.11.1999 insoweit fehlerhaft sein könnte.
Bei der Bildung des Gesamt-GdB aus den Funktionsstörungen, "Diabetes mellitus (mit Diät und oralen Antidiabetika und Insulin einstellbar)" mit einem Einzel-GdB von 30, den "Folgen nach Unterschenkelbruch links" mit einem Einzel-GdB von 20 und der "Sehminderung beidseitig" mit einem Einzel-GdB von 10 hat der Beklagte zutreffend den Gesamt-GdB von 40 gebildet.
Im Übrigen ist – ohne dass dies vorliegend streitgegenständlich ist – auch nicht ersichtlich, dass nach Erlass des Bescheides vom 22.11.1999 eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen eingetreten und der Bescheid vom 23.01.2001 rechtswidrig sein könnte. Der Senat hat im Urteil vom 14.12.2012 im Verfahren L 8 SB 3837/09 die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 23.01.2001 bereits bestätigt.
Nach alledem war die Berufung des Klägers als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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