Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 18 (12,18) U 107/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 152/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 33/16 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger am 16.03.2006 einen Arbeitsunfall erlitten hat und ihm wegen der Folgen dieses Unfalls Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zustehen.
Der 1952 geborene Kläger ist gelernter Elektriker. Bis 2002 hatte er einen eigenen Betrieb. Nach dessen Insolvenz ist er seit 2003 arbeitslos. Im Jahr 2006 bezog er Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II).
Am 16.03.2006 erlitt er bei dem Versuch, im Großmarkt L eine Kühlanlage des Fischhändlers S L zu reparieren, einen Unfall. Die Kühlanlage befand sich auf dem Dach des etwa vier Meter hohen Kühlhauses. Um auf das Dach zu gelangen, wurde der Kläger mit einem Gabelstapler hoch gefahren. Als der Kläger fast oben war, rollte der Gabelstapler etwas rückwärts, weil die Bremse des Gabelstaplers gelöst wurde. Hierdurch verlor der Kläger den Halt und stürzte in die Tiefe. Dabei zog er sich schwere Verletzungen zu, die einen Grad der Behinderung (GdB) von 100 bedingen.
Die Tochter des Klägers, T L, gab ausweislich eines Aktenvermerks der Beklagten am 03.04.2006 auf die Frage nach dem Arbeitgeber ihres Vaters an, dass ihr Vater einem Bekannten, namentlich nur bekannt unter "L", einen Gefallen tun wollte und hierbei offensichtlich verunglückt sei. S L teilte auf Befragen der Beklagten im Mai 2007 mit, der Kläger sei Kunde bei ihm gewesen und habe regelmäßig Fisch eingekauft. Dieser habe in keinem Arbeitsverhältnis zu seinem Unternehmen gestanden. Der Kläger habe wohl mitbekommen, dass er Probleme mit seiner Kühlanlage gehabt habe. Da der Kläger Elektriker sei, habe dieser zu ihm gesagt, er kenne sich mit so etwas aus und könne einmal nachsehen, was kaputt sei. Der Kläger selbst hingegen erklärte im Juli 2007, er habe am Unfalltag als Arbeitnehmer, nämlich als Elektriker, im Betrieb des S L gearbeitet. Aussagen zum Unfallhergang selbst konnte und kann er aufgrund der Unfallfolgen nicht mehr machen.
Die Beklagte zog die Akte der Staatsanwaltschaft L (Az.: 00 Js 00/06) bzgl. des inzwischen eingeleiteten Ermittlungsverfahrens gegen S L bei. Das Ermittlungsverfahren wurde nach Durchführung eines Täter-Opfer-Ausgleichs gegen Zahlung einer Geldbuße im Dezember 2007 nach § 153 a Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO) eingestellt.
Wegen der Unfallfolgen erhob der Kläger vor dem Landgericht L Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz gegen S L (Az.: 4 O 00/00). Im Rahmen dieses Verfahrens führte er aus, er sei bei dem Unfall nicht gesetzlich unfallversichert gewesen, da es sich nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt habe. Er habe S L zwar bei der Reparatur der Lüftung behilflich sein wollen. Er sei aber bei diesem weder sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen noch selbst als Unternehmer tätig geworden. Das Zivilverfahren ist wegen des anhängigen sozialgerichtlichen Verfahrens ausgesetzt worden.
Auf nochmaliges Befragen des Klägers zum Unfallhergang meldete sich ein Bekannter des Klägers, H H, den der Kläger mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hatte, und teilte mit, er habe aufgrund der Behinderung des Klägers die "Briefverwaltung" übernommen. Entgegen den Angaben des S L habe der Kläger bei diesem sehr wohl in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden. Bereits vor dem Unfall sei der Kläger sehr lange Zeit für Herrn L tätig gewesen. Er habe auch Material für diesen besorgt und einen kompletten Schaltkasten mitsamt Zuleitungen auf dem Dach des Lagers gebaut. Später gab H H ergänzend an, der Kläger habe vor seiner Arbeitslosigkeit selbständig eine Elektrofirma betrieben, die aber aus betriebswirtschaftlichen Gründen in Konkurs gegangen sei. Deshalb habe der Kläger auch noch im Fachgroßhandel einkaufen können. Den Bau der Schaltkästen bei Herrn L habe der Kläger mit seinem Fachwissen als Elektromeister vollkommen eigenverantwortlich verrichtet. Die Abwicklung der Bezahlung sei jedoch noch nicht geklärt gewesen. Bei seinem letzten Treffen habe der Kläger ihm aber mitgeteilt, dass er Herrn L vor dem Unfall noch die Lohnsteuerkarte übergeben wollte, um das Ganze in ein echtes Beschäftigungsverhältnis umzuwandeln. Im weiteren Verlauf des Verwaltungsverfahrens gab der Kläger selbst hierzu noch an, er habe bei der Firma L bereits Zuleitungen verlegt, Sicherungsautomaten und Starkstromzähler eingebaut sowie Stemm- und andere Arbeiten durchgeführt. Das Material habe er im Baumarkt besorgt. Die Rechnungen wären an Herrn L gegangen.
Mit Bescheid vom 29.10.2007 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Unfalls vom 16.03.2006 als Arbeitsunfall sowie die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe nicht zum versicherten Personenkreis gehört. Weder sei er Arbeitnehmer der Firma L gewesen noch sei er wie ein Arbeitnehmer tätig geworden. Zum Unfallzeitpunkt sei er vielmehr wie ein selbstständiger Elektroinstallateur tätig geworden, der Arbeiten im Sinne eines Werkvertrages ausführe. Als erstangegangener Träger der gesetzlichen Unfallversicherung habe man die Klärung der Zuständigkeit abgeschlossen; die ihrer Meinung nach vorrangig in Frage kommenden Versicherungsträger, die Berufsgenossenschaft (BG) Energie, Textil, Elektro, Medienerzeugnisse (ETEM) - Beigeladene zu 1) - und die BG Handel und Warendistribution (BGHW) - jetzt BG Handel und Warenlogistik, Beigeladene zu 2) - hätten ihre Zuständigkeit ebenfalls nicht bestätigt.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er erklärte, er sei nicht als selbständiger Unternehmer im Rahmen eines Werkvertrags tätig geworden. Dies ergebe sich schon daraus, dass die Rechnung des Elektrogroßhandels nicht auf ihn, sondern auf die Firma Fisch L ausgestellt worden sei. Er und Herr L hätten vielmehr ein Angestelltenverhältnis vereinbart, auch wenn noch nicht alle Einzelheiten abschließend geklärt gewesen seien. Herr L habe die unmittelbar nach dem Unfall gestellte Frage des H H, ob er den Kläger offiziell als Arbeitnehmer angemeldet habe, bejaht. Unstreitig habe er auch schon vor dem Unfalltag umfangreiche Arbeiten für Herrn L vorgenommen. Dass er sich hinsichtlich der Abfassung eines Arbeitsvertrags mehrfach habe vertrösten lassen und Herr L seiner Arbeitgeberpflicht, insbesondere zur sozialversicherungsrechtlichen Anmeldung, nicht nachgekommen sei, könne nicht zu seinen Lasten gehen. Bei den von ihm vorgenommenen Arbeiten habe es sich keineswegs um Tätigkeiten gehandelt, die nur ein spezialisierter Elektromeister vornehmen könne. Vielmehr habe es sich um sehr einfache Elektroarbeiten gehandelt, sodass Herr L durchaus weisungsbefugt gewesen sei. Zudem habe er mit Herrn L vereinbart, dass er bis auf Weiteres auch nach Abschluss der Elektroarbeiten für diesen arbeiten sollte. Die anstehende Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses sei auch mit seinem damaligen SGB II-Sachbearbeiter bei der Arge in L erörtert worden. Eine andere Möglichkeit als eine offizielle Anstellung sei für ihn schon deshalb nicht in Betracht gekommen, da er sich in einem Insolvenzverfahren befunden habe. Er hätte es sich gar nicht erlauben können und wollen, einer nicht offiziellen Beschäftigung nachzugehen.
Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29.05.2008 (zur Post gegeben am 03.06.2008) aus den Gründen des angefochtenen Bescheides als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 04.07.2008 vor dem Sozialgericht Köln (SG) Klage erhoben. Er hat weiterhin die Ansicht vertreten, er habe bei dem Unfall unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Zur Begründung hat er im Wesentlichen seinen Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt. Im Übrigen hat er zu bedenken gegeben, dass er auch nach § 60 (früher § 50) der Satzung der Beigeladenen zu 1) versichert gewesen sei. Danach seien auch Personen versichert, die nicht im Unternehmen beschäftigt seien, sich aber im Auftrag oder mit Zustimmung des Unternehmers auf der Unternehmensstätte aufhalten, sofern der Versicherungsfall nicht auf eigene grobe Fahrlässigkeit zurückzuführen sei. Grobe Fahrlässigkeit könne ihm nicht vorgeworfen werden. Zwar möge es nicht per se ungefährlich gewesen sein, auf die Palette zu steigen und sich von dem Gabelstapler hochfahren zu lassen. Dies sei jedoch eine auf Baustellen nicht unübliche Vorgehensweise. Er habe nicht damit rechnen können, dass S L einen derart schlimmen Bedienungsfehler machen würde.
Mit Beschluss vom 31.10.2008 hat das SG die BG ETEM und mit Beschluss vom 13.09.2010 die BGHW beigeladen.
Der Kläger hat sinngemäß beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 29.10.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2008 aufzuheben, das Ereignis vom 16.03.2006 als Arbeitsunfall anzuerkennen und ihm Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Die Beklagte und die Beigeladenen haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Diese haben nach wie vor die Auffassung vertreten, der Kläger habe zum Zeitpunkt des Unfalls nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden, da er sich weder in einem Beschäftigungsverhältnis noch in einem beschäftigungsähnlichen Verhältnis zu S L befunden habe. Die unfallbringende Tätigkeit sei vielmehr in Erfüllung eines Auftrags mit Werkvertragscharakter ausgeübt worden. Entschädigungsleistungen könnten daher nicht erbracht werden. Die Beigeladene zu 1) hat darüber hinaus darauf hingewiesen, dass ein Versicherungsschutz bei ihr mangels Abschlusses einer freiwilligen Versicherung entfalle. Der Versicherungsschutz sei auch nicht durch § 60 (früher § 50) ihrer Satzung geregelt; diese Vorschrift regele nur den Versicherungsschutz für Besucher ihrer Mitgliedsbetriebe.
In einem Erörterungstermin vom 30.07.2010 hat das SG die Zeugen H H und S L sowie die Zeugin T L vernommen. In dem Erörterungstermin vom 13.01.2012 hat es darüber hinaus noch D L und auf Anregung des Klägers U M sowie U T als Zeugen gehört. Wegen des Inhalts der Aussagen wird auf die Sitzungsniederschriften vom 30.07.2010 und 13.01.2012 verwiesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Mit Urteil vom 03.02.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe. Insbesondere habe sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme weder ein Beschäftigungsverhältnis noch eine Wie-Beschäftigung bei dem Fischhändler S L nachweisen lassen. Als Unternehmer sei er ebenfalls nicht versichert gewesen, da er von der Möglichkeit einer freiwilligen Unternehmerversicherung keinen Gebrauch gemacht habe. Er sei auch nicht aufgrund von § 60 der Satzung der Beigeladenen zu 1) bei dieser versichert gewesen, da diese für den Betrieb des S L nicht zuständig gewesen sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe in dem Urteil vom 03.02.2012 verwiesen.
Gegen das ihm am 13.02.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.02.2012 Berufung eingelegt und Prozesskostenhilfe beantragt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen seinen Vortrag aus dem sozialgerichtlichen Verfahren wiederholt. Unter Vorlage einer "Eidesstattlicheversicherung" des U T vom 23.03.2012 hat er ergänzend ausgeführt, der Zeuge T habe ihm nach dem erstinstanzlichen Urteil erklärt, dass er bei seiner Vernehmung als Zeuge falsch ausgesagt habe. Dieser habe - entgegen seiner ursprünglichen Aussage - deutlich gesehen, dass sich bei der Übergabe des Restgeldes und der Rechnungsunterlagen auch die Lohnsteuerkarte befunden habe. Unter Vorlage einer schriftlichen Erklärung seines Bruders, I L, vom 14.07.2012 hat er ferner ausgeführt, im Februar 2006 sei bei einem Gespräch zwischen ihm und Herrn L auch sein Bruder dabei gewesen. In diesem Gespräch sei es um die Kostenermittlung für die von Herrn L gewünschten Elektroarbeiten gegangen. Er habe damals bei Beauftragung einer Elektrofirma einen Werklohn einschließlich Material in Höhe von ca. 5000,00 bis 6500,00 Euro geschätzt. Herr L habe diese Kosten nicht ausgeben wollen und ihm angeboten, diese Arbeiten für ihn "schwarz" auszuführen. Diesen Vorschlag habe er im Hinblick auf das laufende Insolvenzverfahren abgelehnt und Herrn L angeboten, ihn für ca. zwei Monate als Arbeitnehmer für einen Lohn von 1800,00 Euro einzustellen und anzumelden. Hiermit sei Herr L einverstanden gewesen. Er habe daraufhin den Elektromaterialbedarf zur Ausführung der Arbeiten ermittelt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 03.02.2012 abzuändern und die Beklagte, hilfsweise eine der Beigeladenen, unter Aufhebung des Bescheides vom 29.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2008 zu verurteilen, das Ereignis vom 16.03.2006 als Arbeitsunfall anzuerkennen und ihm Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Diese halten das angefochtene Urteil unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme vor dem SG für zutreffend.
Mit Beschluss vom 22.10.2012 hat der Senat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussicht der Berufung abgelehnt und zur Begründung auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Nach Zustellung der Ladung hat der Kläger ein Schreiben des H H vom 25.8.2015 vorgelegt, in dem dieser seine bisherigen Ausführungen im Wesentlichen wiederholt und außerdem den Vortrag des Klägers bestätigt hat, dass S L ihm auf seine Frage am Tag nach dem Unfall, ob der Kläger die Lohnsteuerkarte abgegeben habe, bejaht habe.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 16.09.2015 hat der Senat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen S L und I L. Wegen des Inhalts der Aussagen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 16.09.2015 verwiesen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Ihre Inhalte waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger ist durch den Bescheid vom 29.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2008 nicht beschwert, da dieser rechtmäßig ist (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, das Ereignis vom 16.03.2006 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen, da es sich bei dem Sturz von dem Gabelstapler nicht um einen Arbeitsunfall i.S. der gesetzlichen Unfallversicherung gehandelt hat. Einen entsprechenden Anspruch hat der Kläger auch nicht gegen die Beigeladenen.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung unmittelbar vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "versichert" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl. BSG Urteile vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - und vom 4.7.2013 - B 2 U 12/12 R -). Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, dass die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitsschaden" erfüllen sollen, im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen (ständige Rechtsprechung des BSG, z.B. Urteil vom 31.01.2012 - B 2 U 2/11 R -).
Diese Voraussetzungen für die Anerkennung eines Arbeitsunfalles liegen hier nicht vor. Der Kläger hat zwar durch den Sturz unstreitig einen Gesundheitserstschaden erlitten. Es ist jedoch nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwiesen, dass es sich bei der dem Unfallereignis unmittelbar vorangegangenen Verrichtung (Hochfahren mit dem Gabelstapler, um auf das Dach zu gelangen) um eine versicherte Tätigkeit gehandelt hat. Der Senat geht vielmehr davon aus, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt weder als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII noch als "Wie-Beschäftigter" nach § 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand. Auch eine Versicherung kraft Satzung nach § 3 SGB VII und als Unternehmer nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII scheidet aus.
Eine nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigter liegt vor, wenn der Verletzte zur Erfüllung eines von ihm begründeten Rechtsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses, eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen (vgl. § 7 Abs. 1 SGB IV) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse seiner Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (vgl. § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII). Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns des Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll (siehe Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Handkommentar, Stand 4/15, § 2, Rn. 6 m.N. auf Literatur und Rechtsprechung, BSG, Urteil vom 23.04.2015 - B 2 U 5/14 R -). Eingliederung in das Unternehmen eines anderen bedeutet Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers, insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung. Die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers stellt das entscheidende Kriterium für die Beurteilung der Frage dar, ob ein Erwerbstätiger als abhängig Beschäftigter anzusehen ist (siehe hierzu Bereiter-Hahn, Mehrtens, a.a.O., § 2, Rn. 6.4, m.N. auf die Rechtsprechung des BSG). Eine "Wie-Beschäftigung" nach § 2 Abs. 2 SGB VII liegt vor, wenn die Voraussetzungen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht vollständig erfüllt sind und bei einer gegebenenfalls nur vorübergehenden Tätigkeit die Grundstruktur eines Beschäftigungsverhältnisses gegeben ist. Dies kommt in Betracht, wenn eine ernstliche Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert vorliegt, die von der Handlungstendenz her einem fremden Unternehmen dienen soll, dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht, einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist und nicht auf einer Sonderbeziehung zum Unternehmer zum Beispiel als Familienangehöriger oder als Vereinsmitglied beruht (vgl. BSG, Urteil vom 31.05.2005 - B 2 U 35/04 R -, Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 28.02.2011 - L 4 U 484/10 -, 03.09.2010 - L 4 U 140/09 - und 02.03.2007 - L 4 U 47/06 -).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war der Kläger kein Beschäftigter und auch kein "Wie-Beschäftigter". Dies deckt sich mit den Angaben des Klägers in seinem Schriftsatz vom 23.11.2006 im Zivilrechtsstreit vor dem Landgericht L (4 O 00/00), in dem er hat vortragen lassen, der Zeuge L sei im Unfallzeitpunkt nicht sein Arbeitgeber und er selbst auch kein Arbeitnehmer gewesen. Ein Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Kläger und S L ist nicht nachgewiesen, auch nicht die Grundstruktur eines Beschäftigungsverhältnisses. Es gibt keinerlei objektive Anhaltspunkte für die Eingliederung des Klägers in den Betrieb des S L. Vielmehr hat sich der wie ein selbständiger Elektrohandwerker verhalten. Wegen der Begründung wird zunächst auf die Begründung in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen. Diesen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage an (§ 153 Abs. 2 SGG).
Das Berufungsverfahren hat nicht zu einem anderen Ergebnis geführt. Auch unter zusätzlicher Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren lässt sich nicht nachweisen, dass der Kläger bei dem Unfall in dem Unternehmen des Fischhändlers S L als Beschäftigter oder "Wie-Beschäftigter" tätig war. Weder der erneut gehörte Zeuge S L noch der Zeuge I L haben bestätigt, dass der Kläger in den "Betrieb" des S L eingegliedert war und nach Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung dessen umfassendem Weisungsrecht unterlag.
Der Zeuge S L hat in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren - trotz verschiedener Ungereimtheiten, die der Senat darauf zurückführt, dass eine zivilrechtliche Haftung vermieden werden soll - zur Kernfrage, ob der Kläger zum Unfallzeitpunkt bei ihm beschäftigt war, doch für den Senat glaubwürdig und überzeugend seine bisherigen Aussagen bestätigt, wonach kein Beschäftigungsverhältnis mit dem Kläger bestand. Er hat bekundet, dass er den Kläger zunächst nur für die Reparatur der Kühlanlage auf dem Dach des Kühlhauses um Hilfe gebeten und mit diesem vereinbart hatte, dass dieser nach Fertigstellung der Arbeit eine Rechnung ausstellen sollte. Er hat zwar angegeben, dass der Kläger nach Fertigstellung seines Ladens für ihn arbeiten sollte. Dies beinhaltet aber zum einen allenfalls eine Abrede für die Zukunft und - unabhängig davon, ob überhaupt ein Beschäftigungsverhältnis ins Auge gefasst war - nicht für den Unfallzeitpunkt, da der Laden eben noch nicht fertig war. Zum anderen geht der Senat aufgrund der Aussage des Zeugen I L davon aus, dass eine Beschäftigungsabrede allenfalls zu dem Zweck getroffen wurde, zu einem späteren Zeitpunkt den tatsächlich vereinbarten Werklohn angesichts der beim Kläger bestehenden Insolvenz durch "Umwidmung" in Arbeitslohn zu verschleiern (siehe dazu unten).
Die zwischen dem Kläger und dem Zeugen widersprüchlichen Angaben zu der Frage, ob der Kläger nun am Unfalltag das erste Mal bei dem Zeugen gearbeitet hat oder ob er schon zuvor für diesen das erforderliche Elektromaterial besorgt hatte, bedürfen keiner Klärung. Eine versicherte Tätigkeit als Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII oder als "Wie-Beschäftigter" im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII würde nämlich auch dann nicht vorliegen, wenn der Kläger das Material schon zuvor besorgt und damit auch schon vor dem Unfalltag für den Zeugen tätig gewesen wäre. Denn die Materialbesorgung durch den Kläger, der, wie auch das SG zu Recht hervorhebt, allein über die hierfür erforderlichen Fachkenntnisse für die Planung und Durchführung von Elektroarbeiten verfügte, spricht für eine unternehmerische bzw. unternehmerähnliche Tätigkeit und gegen ein Beschäftigungsverhältnis. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Rechnung für die Elektromaterialien auf die Firma Fisch L ausgestellt war. Materialkosten werden in der Regel auch bei unternehmerischen oder unternehmerähnlichen Tätigkeiten von dem Auftraggeber bezahlt. Die Ausstellung der Rechnung auf die Firma L erleichterte dabei deren Verbuchung als Betriebskosten.
Der Senat hat deshalb keine Zweifel an der Kernaussage des Zeugen, dass kein Beschäftigungsverhältnis mit dem Kläger bestand. Genau wie für das SG ist es auch für den Senat schon nicht nachvollziehbar, wieso ein Fischhändler einen Elektriker einstellen sollte. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich bei dem Betrieb des Zeugen eigentlich nur um einen Ein-Mann-Betrieb handelt. Nach Aussage des Zeugen im Berufungsverfahren hatte er nur eine Teilzeitkraft als Aushilfskraft beschäftigt.
Die Aussage des Zeugen I L bestärkt den Senat in seiner Überzeugung, dass zwischen dem Kläger und S L zum Unfallzeitpunkt kein Beschäftigungsverhältnis und keine "Wie-Beschäftigung" bestand. Abgesehen davon, dass dieser Zeuge nicht einmal mit Sicherheit sagen konnte, ob es sich bei dem Zeugen S L um den Mann handelt, mit dem der Kläger Mitte/Ende Februar 2006 das Gespräch über die Kosten der Elektroarbeiten geführt haben soll, spricht dessen Aussage, dass der Kläger in dem Gespräch Ende Februar einen Kostenvoranschlag mit S L besprechen wollte, nicht für ein Beschäftigungsverhältnis, sondern für eine unternehmerische Tätigkeit im Rahmen eines Werkvertrags. Im Übrigen sind die Angaben des Zeugen derart vage, dass sie als Beweis für ein versichertes Beschäftigungsverhältnis oder eine "Wie-Beschäftigung" völlig ungeeignet sind. So konnte er keinerlei konkrete Angaben zu den Vereinbarungen zwischen dem Kläger und S L machen. In dem Gespräch hat er lediglich mitbekommen, dass zwischen dem Kläger und S L über einen Preis verhandelt wurde und die Verhandlungen mit dem Vorschlag von einem der beiden endete, dass der Kläger für zwei Monate bei S L arbeiten könne. Ob zwischen dem Kläger und S L dann tatsächlich ein Arbeitsvertrag geschlossen wurde, wusste er nicht. Dementsprechend konnte er auch über die Arbeitskonditionen keine Aussagen machen. Er hat bei dem Gespräch weder mitbekommen, wann der Kläger die Arbeit aufnehmen und wie lange die Arbeit dauern sollte noch welche Arbeiten der Kläger genau ausführen sollte. Ebenso wenig konnte er Angaben darüber machen, ob über Arbeitszeiten gesprochen wurde und wie viel der Kläger verdienen sollte. Letztlich konnte der Zeuge nur bestätigen, dass über Materialkosten gesprochen wurde. Seine Annahme, dass der Kläger das Material besorgen sollte, " denn immer hat er dieses Material besorgt, auch wenn er auf anderen Baustellen tätig war ", belegt überdies auch eher eine unternehmerische bzw. unternehmerähnliche Tätigkeit für eine Mehrzahl von Auftraggebern als eine abhängige Beschäftigung bei dem Zeugen L. Dasselbe gilt für die Aussage, " dass ja die Entlohnung vom Zeitraum her passen musste zu dem, was meinem Bruder zu zahlen gewesen wäre." Diese Aussage überzeugt den Senat vielmehr davon, dass allenfalls darüber gesprochen wurde, wie durch eine Scheinanstellung die getroffene Werkvertragsabrede verschleiert werden kann, denn sonst macht es keinen Sinn, den Vertragszeitraum unabhängig von der voraussichtlich tatsächlich anfallenden Arbeitszeit, an einem vorab vereinbarten Werklohn auszurichten. Zu Recht verweist das SG überdies auf die Angabe das Zeugen T, er habe mit dem Kläger ab April 2006, demnach zumindest teilweise zeitgleich, eine gemeinsame Selbständigkeit verabredet; damit wäre eine (tatsächliche, nicht nur vorgeschobene) abhängige Beschäftigung kaum vereinbar.
Ob der Kläger dem S L seine Lohnsteuerkarte übergeben hat - wie U T in seiner "Eidesstattlicheversicherung" vom 23.03.2012 und der vom Kläger als Zeuge angebotene H H mit Schreiben vom 25.08.2015 ausgeführt haben - ist für die Entscheidung des Senats unerheblich. Denn die Übergabe der Lohnsteuerkarte wäre kein Beweis dafür, dass zwischen dem Kläger und S L, wenn überhaupt beabsichtigt, bereits zum Unfallzeitpunkt ein Beschäftigungsverhältnis zustande gekommen war. Der Senat hat deshalb keine Veranlassung gesehen, dem Beweisangebot des Klägers, H H als Zeugen zu hören, zu entsprechen.
Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt auch weder aufgrund der Satzung der Beigeladenen zu 1) noch als Unternehmer nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII gesetzlich unfallversichert. Insoweit wird gem. § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen, denen sich der Senat nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage anschließt.
Da kein Arbeitsunfall vorliegt, hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Leistungen der Beklagten bzw. der Beigeladenen (§§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 45 Abs. 1, 56 Abs. 1 SGB VII).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Zwar ist nach § 183 SGG (soweit hier einschlägig) das sozialgerichtliche Verfahren nur für Versicherte kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Der Kläger, wie sich herausgestellt hat, nicht versichert, steht einem Versicherten nach § 183 Satz 3 SGG aber kostenrechtlich gleich, weil er im Falle seines Obsiegens Versicherter gewesen wäre.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG lagen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger am 16.03.2006 einen Arbeitsunfall erlitten hat und ihm wegen der Folgen dieses Unfalls Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zustehen.
Der 1952 geborene Kläger ist gelernter Elektriker. Bis 2002 hatte er einen eigenen Betrieb. Nach dessen Insolvenz ist er seit 2003 arbeitslos. Im Jahr 2006 bezog er Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II).
Am 16.03.2006 erlitt er bei dem Versuch, im Großmarkt L eine Kühlanlage des Fischhändlers S L zu reparieren, einen Unfall. Die Kühlanlage befand sich auf dem Dach des etwa vier Meter hohen Kühlhauses. Um auf das Dach zu gelangen, wurde der Kläger mit einem Gabelstapler hoch gefahren. Als der Kläger fast oben war, rollte der Gabelstapler etwas rückwärts, weil die Bremse des Gabelstaplers gelöst wurde. Hierdurch verlor der Kläger den Halt und stürzte in die Tiefe. Dabei zog er sich schwere Verletzungen zu, die einen Grad der Behinderung (GdB) von 100 bedingen.
Die Tochter des Klägers, T L, gab ausweislich eines Aktenvermerks der Beklagten am 03.04.2006 auf die Frage nach dem Arbeitgeber ihres Vaters an, dass ihr Vater einem Bekannten, namentlich nur bekannt unter "L", einen Gefallen tun wollte und hierbei offensichtlich verunglückt sei. S L teilte auf Befragen der Beklagten im Mai 2007 mit, der Kläger sei Kunde bei ihm gewesen und habe regelmäßig Fisch eingekauft. Dieser habe in keinem Arbeitsverhältnis zu seinem Unternehmen gestanden. Der Kläger habe wohl mitbekommen, dass er Probleme mit seiner Kühlanlage gehabt habe. Da der Kläger Elektriker sei, habe dieser zu ihm gesagt, er kenne sich mit so etwas aus und könne einmal nachsehen, was kaputt sei. Der Kläger selbst hingegen erklärte im Juli 2007, er habe am Unfalltag als Arbeitnehmer, nämlich als Elektriker, im Betrieb des S L gearbeitet. Aussagen zum Unfallhergang selbst konnte und kann er aufgrund der Unfallfolgen nicht mehr machen.
Die Beklagte zog die Akte der Staatsanwaltschaft L (Az.: 00 Js 00/06) bzgl. des inzwischen eingeleiteten Ermittlungsverfahrens gegen S L bei. Das Ermittlungsverfahren wurde nach Durchführung eines Täter-Opfer-Ausgleichs gegen Zahlung einer Geldbuße im Dezember 2007 nach § 153 a Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO) eingestellt.
Wegen der Unfallfolgen erhob der Kläger vor dem Landgericht L Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz gegen S L (Az.: 4 O 00/00). Im Rahmen dieses Verfahrens führte er aus, er sei bei dem Unfall nicht gesetzlich unfallversichert gewesen, da es sich nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt habe. Er habe S L zwar bei der Reparatur der Lüftung behilflich sein wollen. Er sei aber bei diesem weder sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen noch selbst als Unternehmer tätig geworden. Das Zivilverfahren ist wegen des anhängigen sozialgerichtlichen Verfahrens ausgesetzt worden.
Auf nochmaliges Befragen des Klägers zum Unfallhergang meldete sich ein Bekannter des Klägers, H H, den der Kläger mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hatte, und teilte mit, er habe aufgrund der Behinderung des Klägers die "Briefverwaltung" übernommen. Entgegen den Angaben des S L habe der Kläger bei diesem sehr wohl in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden. Bereits vor dem Unfall sei der Kläger sehr lange Zeit für Herrn L tätig gewesen. Er habe auch Material für diesen besorgt und einen kompletten Schaltkasten mitsamt Zuleitungen auf dem Dach des Lagers gebaut. Später gab H H ergänzend an, der Kläger habe vor seiner Arbeitslosigkeit selbständig eine Elektrofirma betrieben, die aber aus betriebswirtschaftlichen Gründen in Konkurs gegangen sei. Deshalb habe der Kläger auch noch im Fachgroßhandel einkaufen können. Den Bau der Schaltkästen bei Herrn L habe der Kläger mit seinem Fachwissen als Elektromeister vollkommen eigenverantwortlich verrichtet. Die Abwicklung der Bezahlung sei jedoch noch nicht geklärt gewesen. Bei seinem letzten Treffen habe der Kläger ihm aber mitgeteilt, dass er Herrn L vor dem Unfall noch die Lohnsteuerkarte übergeben wollte, um das Ganze in ein echtes Beschäftigungsverhältnis umzuwandeln. Im weiteren Verlauf des Verwaltungsverfahrens gab der Kläger selbst hierzu noch an, er habe bei der Firma L bereits Zuleitungen verlegt, Sicherungsautomaten und Starkstromzähler eingebaut sowie Stemm- und andere Arbeiten durchgeführt. Das Material habe er im Baumarkt besorgt. Die Rechnungen wären an Herrn L gegangen.
Mit Bescheid vom 29.10.2007 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Unfalls vom 16.03.2006 als Arbeitsunfall sowie die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe nicht zum versicherten Personenkreis gehört. Weder sei er Arbeitnehmer der Firma L gewesen noch sei er wie ein Arbeitnehmer tätig geworden. Zum Unfallzeitpunkt sei er vielmehr wie ein selbstständiger Elektroinstallateur tätig geworden, der Arbeiten im Sinne eines Werkvertrages ausführe. Als erstangegangener Träger der gesetzlichen Unfallversicherung habe man die Klärung der Zuständigkeit abgeschlossen; die ihrer Meinung nach vorrangig in Frage kommenden Versicherungsträger, die Berufsgenossenschaft (BG) Energie, Textil, Elektro, Medienerzeugnisse (ETEM) - Beigeladene zu 1) - und die BG Handel und Warendistribution (BGHW) - jetzt BG Handel und Warenlogistik, Beigeladene zu 2) - hätten ihre Zuständigkeit ebenfalls nicht bestätigt.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er erklärte, er sei nicht als selbständiger Unternehmer im Rahmen eines Werkvertrags tätig geworden. Dies ergebe sich schon daraus, dass die Rechnung des Elektrogroßhandels nicht auf ihn, sondern auf die Firma Fisch L ausgestellt worden sei. Er und Herr L hätten vielmehr ein Angestelltenverhältnis vereinbart, auch wenn noch nicht alle Einzelheiten abschließend geklärt gewesen seien. Herr L habe die unmittelbar nach dem Unfall gestellte Frage des H H, ob er den Kläger offiziell als Arbeitnehmer angemeldet habe, bejaht. Unstreitig habe er auch schon vor dem Unfalltag umfangreiche Arbeiten für Herrn L vorgenommen. Dass er sich hinsichtlich der Abfassung eines Arbeitsvertrags mehrfach habe vertrösten lassen und Herr L seiner Arbeitgeberpflicht, insbesondere zur sozialversicherungsrechtlichen Anmeldung, nicht nachgekommen sei, könne nicht zu seinen Lasten gehen. Bei den von ihm vorgenommenen Arbeiten habe es sich keineswegs um Tätigkeiten gehandelt, die nur ein spezialisierter Elektromeister vornehmen könne. Vielmehr habe es sich um sehr einfache Elektroarbeiten gehandelt, sodass Herr L durchaus weisungsbefugt gewesen sei. Zudem habe er mit Herrn L vereinbart, dass er bis auf Weiteres auch nach Abschluss der Elektroarbeiten für diesen arbeiten sollte. Die anstehende Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses sei auch mit seinem damaligen SGB II-Sachbearbeiter bei der Arge in L erörtert worden. Eine andere Möglichkeit als eine offizielle Anstellung sei für ihn schon deshalb nicht in Betracht gekommen, da er sich in einem Insolvenzverfahren befunden habe. Er hätte es sich gar nicht erlauben können und wollen, einer nicht offiziellen Beschäftigung nachzugehen.
Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29.05.2008 (zur Post gegeben am 03.06.2008) aus den Gründen des angefochtenen Bescheides als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 04.07.2008 vor dem Sozialgericht Köln (SG) Klage erhoben. Er hat weiterhin die Ansicht vertreten, er habe bei dem Unfall unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Zur Begründung hat er im Wesentlichen seinen Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt. Im Übrigen hat er zu bedenken gegeben, dass er auch nach § 60 (früher § 50) der Satzung der Beigeladenen zu 1) versichert gewesen sei. Danach seien auch Personen versichert, die nicht im Unternehmen beschäftigt seien, sich aber im Auftrag oder mit Zustimmung des Unternehmers auf der Unternehmensstätte aufhalten, sofern der Versicherungsfall nicht auf eigene grobe Fahrlässigkeit zurückzuführen sei. Grobe Fahrlässigkeit könne ihm nicht vorgeworfen werden. Zwar möge es nicht per se ungefährlich gewesen sein, auf die Palette zu steigen und sich von dem Gabelstapler hochfahren zu lassen. Dies sei jedoch eine auf Baustellen nicht unübliche Vorgehensweise. Er habe nicht damit rechnen können, dass S L einen derart schlimmen Bedienungsfehler machen würde.
Mit Beschluss vom 31.10.2008 hat das SG die BG ETEM und mit Beschluss vom 13.09.2010 die BGHW beigeladen.
Der Kläger hat sinngemäß beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 29.10.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2008 aufzuheben, das Ereignis vom 16.03.2006 als Arbeitsunfall anzuerkennen und ihm Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Die Beklagte und die Beigeladenen haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Diese haben nach wie vor die Auffassung vertreten, der Kläger habe zum Zeitpunkt des Unfalls nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden, da er sich weder in einem Beschäftigungsverhältnis noch in einem beschäftigungsähnlichen Verhältnis zu S L befunden habe. Die unfallbringende Tätigkeit sei vielmehr in Erfüllung eines Auftrags mit Werkvertragscharakter ausgeübt worden. Entschädigungsleistungen könnten daher nicht erbracht werden. Die Beigeladene zu 1) hat darüber hinaus darauf hingewiesen, dass ein Versicherungsschutz bei ihr mangels Abschlusses einer freiwilligen Versicherung entfalle. Der Versicherungsschutz sei auch nicht durch § 60 (früher § 50) ihrer Satzung geregelt; diese Vorschrift regele nur den Versicherungsschutz für Besucher ihrer Mitgliedsbetriebe.
In einem Erörterungstermin vom 30.07.2010 hat das SG die Zeugen H H und S L sowie die Zeugin T L vernommen. In dem Erörterungstermin vom 13.01.2012 hat es darüber hinaus noch D L und auf Anregung des Klägers U M sowie U T als Zeugen gehört. Wegen des Inhalts der Aussagen wird auf die Sitzungsniederschriften vom 30.07.2010 und 13.01.2012 verwiesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Mit Urteil vom 03.02.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe. Insbesondere habe sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme weder ein Beschäftigungsverhältnis noch eine Wie-Beschäftigung bei dem Fischhändler S L nachweisen lassen. Als Unternehmer sei er ebenfalls nicht versichert gewesen, da er von der Möglichkeit einer freiwilligen Unternehmerversicherung keinen Gebrauch gemacht habe. Er sei auch nicht aufgrund von § 60 der Satzung der Beigeladenen zu 1) bei dieser versichert gewesen, da diese für den Betrieb des S L nicht zuständig gewesen sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe in dem Urteil vom 03.02.2012 verwiesen.
Gegen das ihm am 13.02.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.02.2012 Berufung eingelegt und Prozesskostenhilfe beantragt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen seinen Vortrag aus dem sozialgerichtlichen Verfahren wiederholt. Unter Vorlage einer "Eidesstattlicheversicherung" des U T vom 23.03.2012 hat er ergänzend ausgeführt, der Zeuge T habe ihm nach dem erstinstanzlichen Urteil erklärt, dass er bei seiner Vernehmung als Zeuge falsch ausgesagt habe. Dieser habe - entgegen seiner ursprünglichen Aussage - deutlich gesehen, dass sich bei der Übergabe des Restgeldes und der Rechnungsunterlagen auch die Lohnsteuerkarte befunden habe. Unter Vorlage einer schriftlichen Erklärung seines Bruders, I L, vom 14.07.2012 hat er ferner ausgeführt, im Februar 2006 sei bei einem Gespräch zwischen ihm und Herrn L auch sein Bruder dabei gewesen. In diesem Gespräch sei es um die Kostenermittlung für die von Herrn L gewünschten Elektroarbeiten gegangen. Er habe damals bei Beauftragung einer Elektrofirma einen Werklohn einschließlich Material in Höhe von ca. 5000,00 bis 6500,00 Euro geschätzt. Herr L habe diese Kosten nicht ausgeben wollen und ihm angeboten, diese Arbeiten für ihn "schwarz" auszuführen. Diesen Vorschlag habe er im Hinblick auf das laufende Insolvenzverfahren abgelehnt und Herrn L angeboten, ihn für ca. zwei Monate als Arbeitnehmer für einen Lohn von 1800,00 Euro einzustellen und anzumelden. Hiermit sei Herr L einverstanden gewesen. Er habe daraufhin den Elektromaterialbedarf zur Ausführung der Arbeiten ermittelt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 03.02.2012 abzuändern und die Beklagte, hilfsweise eine der Beigeladenen, unter Aufhebung des Bescheides vom 29.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2008 zu verurteilen, das Ereignis vom 16.03.2006 als Arbeitsunfall anzuerkennen und ihm Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Diese halten das angefochtene Urteil unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme vor dem SG für zutreffend.
Mit Beschluss vom 22.10.2012 hat der Senat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussicht der Berufung abgelehnt und zur Begründung auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Nach Zustellung der Ladung hat der Kläger ein Schreiben des H H vom 25.8.2015 vorgelegt, in dem dieser seine bisherigen Ausführungen im Wesentlichen wiederholt und außerdem den Vortrag des Klägers bestätigt hat, dass S L ihm auf seine Frage am Tag nach dem Unfall, ob der Kläger die Lohnsteuerkarte abgegeben habe, bejaht habe.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 16.09.2015 hat der Senat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen S L und I L. Wegen des Inhalts der Aussagen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 16.09.2015 verwiesen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Ihre Inhalte waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger ist durch den Bescheid vom 29.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2008 nicht beschwert, da dieser rechtmäßig ist (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, das Ereignis vom 16.03.2006 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen, da es sich bei dem Sturz von dem Gabelstapler nicht um einen Arbeitsunfall i.S. der gesetzlichen Unfallversicherung gehandelt hat. Einen entsprechenden Anspruch hat der Kläger auch nicht gegen die Beigeladenen.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung unmittelbar vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "versichert" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl. BSG Urteile vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - und vom 4.7.2013 - B 2 U 12/12 R -). Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, dass die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitsschaden" erfüllen sollen, im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen (ständige Rechtsprechung des BSG, z.B. Urteil vom 31.01.2012 - B 2 U 2/11 R -).
Diese Voraussetzungen für die Anerkennung eines Arbeitsunfalles liegen hier nicht vor. Der Kläger hat zwar durch den Sturz unstreitig einen Gesundheitserstschaden erlitten. Es ist jedoch nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwiesen, dass es sich bei der dem Unfallereignis unmittelbar vorangegangenen Verrichtung (Hochfahren mit dem Gabelstapler, um auf das Dach zu gelangen) um eine versicherte Tätigkeit gehandelt hat. Der Senat geht vielmehr davon aus, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt weder als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII noch als "Wie-Beschäftigter" nach § 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand. Auch eine Versicherung kraft Satzung nach § 3 SGB VII und als Unternehmer nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII scheidet aus.
Eine nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigter liegt vor, wenn der Verletzte zur Erfüllung eines von ihm begründeten Rechtsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses, eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen (vgl. § 7 Abs. 1 SGB IV) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse seiner Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (vgl. § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII). Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns des Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll (siehe Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Handkommentar, Stand 4/15, § 2, Rn. 6 m.N. auf Literatur und Rechtsprechung, BSG, Urteil vom 23.04.2015 - B 2 U 5/14 R -). Eingliederung in das Unternehmen eines anderen bedeutet Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers, insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung. Die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers stellt das entscheidende Kriterium für die Beurteilung der Frage dar, ob ein Erwerbstätiger als abhängig Beschäftigter anzusehen ist (siehe hierzu Bereiter-Hahn, Mehrtens, a.a.O., § 2, Rn. 6.4, m.N. auf die Rechtsprechung des BSG). Eine "Wie-Beschäftigung" nach § 2 Abs. 2 SGB VII liegt vor, wenn die Voraussetzungen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht vollständig erfüllt sind und bei einer gegebenenfalls nur vorübergehenden Tätigkeit die Grundstruktur eines Beschäftigungsverhältnisses gegeben ist. Dies kommt in Betracht, wenn eine ernstliche Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert vorliegt, die von der Handlungstendenz her einem fremden Unternehmen dienen soll, dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht, einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist und nicht auf einer Sonderbeziehung zum Unternehmer zum Beispiel als Familienangehöriger oder als Vereinsmitglied beruht (vgl. BSG, Urteil vom 31.05.2005 - B 2 U 35/04 R -, Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 28.02.2011 - L 4 U 484/10 -, 03.09.2010 - L 4 U 140/09 - und 02.03.2007 - L 4 U 47/06 -).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war der Kläger kein Beschäftigter und auch kein "Wie-Beschäftigter". Dies deckt sich mit den Angaben des Klägers in seinem Schriftsatz vom 23.11.2006 im Zivilrechtsstreit vor dem Landgericht L (4 O 00/00), in dem er hat vortragen lassen, der Zeuge L sei im Unfallzeitpunkt nicht sein Arbeitgeber und er selbst auch kein Arbeitnehmer gewesen. Ein Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Kläger und S L ist nicht nachgewiesen, auch nicht die Grundstruktur eines Beschäftigungsverhältnisses. Es gibt keinerlei objektive Anhaltspunkte für die Eingliederung des Klägers in den Betrieb des S L. Vielmehr hat sich der wie ein selbständiger Elektrohandwerker verhalten. Wegen der Begründung wird zunächst auf die Begründung in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen. Diesen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage an (§ 153 Abs. 2 SGG).
Das Berufungsverfahren hat nicht zu einem anderen Ergebnis geführt. Auch unter zusätzlicher Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren lässt sich nicht nachweisen, dass der Kläger bei dem Unfall in dem Unternehmen des Fischhändlers S L als Beschäftigter oder "Wie-Beschäftigter" tätig war. Weder der erneut gehörte Zeuge S L noch der Zeuge I L haben bestätigt, dass der Kläger in den "Betrieb" des S L eingegliedert war und nach Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung dessen umfassendem Weisungsrecht unterlag.
Der Zeuge S L hat in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren - trotz verschiedener Ungereimtheiten, die der Senat darauf zurückführt, dass eine zivilrechtliche Haftung vermieden werden soll - zur Kernfrage, ob der Kläger zum Unfallzeitpunkt bei ihm beschäftigt war, doch für den Senat glaubwürdig und überzeugend seine bisherigen Aussagen bestätigt, wonach kein Beschäftigungsverhältnis mit dem Kläger bestand. Er hat bekundet, dass er den Kläger zunächst nur für die Reparatur der Kühlanlage auf dem Dach des Kühlhauses um Hilfe gebeten und mit diesem vereinbart hatte, dass dieser nach Fertigstellung der Arbeit eine Rechnung ausstellen sollte. Er hat zwar angegeben, dass der Kläger nach Fertigstellung seines Ladens für ihn arbeiten sollte. Dies beinhaltet aber zum einen allenfalls eine Abrede für die Zukunft und - unabhängig davon, ob überhaupt ein Beschäftigungsverhältnis ins Auge gefasst war - nicht für den Unfallzeitpunkt, da der Laden eben noch nicht fertig war. Zum anderen geht der Senat aufgrund der Aussage des Zeugen I L davon aus, dass eine Beschäftigungsabrede allenfalls zu dem Zweck getroffen wurde, zu einem späteren Zeitpunkt den tatsächlich vereinbarten Werklohn angesichts der beim Kläger bestehenden Insolvenz durch "Umwidmung" in Arbeitslohn zu verschleiern (siehe dazu unten).
Die zwischen dem Kläger und dem Zeugen widersprüchlichen Angaben zu der Frage, ob der Kläger nun am Unfalltag das erste Mal bei dem Zeugen gearbeitet hat oder ob er schon zuvor für diesen das erforderliche Elektromaterial besorgt hatte, bedürfen keiner Klärung. Eine versicherte Tätigkeit als Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII oder als "Wie-Beschäftigter" im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII würde nämlich auch dann nicht vorliegen, wenn der Kläger das Material schon zuvor besorgt und damit auch schon vor dem Unfalltag für den Zeugen tätig gewesen wäre. Denn die Materialbesorgung durch den Kläger, der, wie auch das SG zu Recht hervorhebt, allein über die hierfür erforderlichen Fachkenntnisse für die Planung und Durchführung von Elektroarbeiten verfügte, spricht für eine unternehmerische bzw. unternehmerähnliche Tätigkeit und gegen ein Beschäftigungsverhältnis. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Rechnung für die Elektromaterialien auf die Firma Fisch L ausgestellt war. Materialkosten werden in der Regel auch bei unternehmerischen oder unternehmerähnlichen Tätigkeiten von dem Auftraggeber bezahlt. Die Ausstellung der Rechnung auf die Firma L erleichterte dabei deren Verbuchung als Betriebskosten.
Der Senat hat deshalb keine Zweifel an der Kernaussage des Zeugen, dass kein Beschäftigungsverhältnis mit dem Kläger bestand. Genau wie für das SG ist es auch für den Senat schon nicht nachvollziehbar, wieso ein Fischhändler einen Elektriker einstellen sollte. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich bei dem Betrieb des Zeugen eigentlich nur um einen Ein-Mann-Betrieb handelt. Nach Aussage des Zeugen im Berufungsverfahren hatte er nur eine Teilzeitkraft als Aushilfskraft beschäftigt.
Die Aussage des Zeugen I L bestärkt den Senat in seiner Überzeugung, dass zwischen dem Kläger und S L zum Unfallzeitpunkt kein Beschäftigungsverhältnis und keine "Wie-Beschäftigung" bestand. Abgesehen davon, dass dieser Zeuge nicht einmal mit Sicherheit sagen konnte, ob es sich bei dem Zeugen S L um den Mann handelt, mit dem der Kläger Mitte/Ende Februar 2006 das Gespräch über die Kosten der Elektroarbeiten geführt haben soll, spricht dessen Aussage, dass der Kläger in dem Gespräch Ende Februar einen Kostenvoranschlag mit S L besprechen wollte, nicht für ein Beschäftigungsverhältnis, sondern für eine unternehmerische Tätigkeit im Rahmen eines Werkvertrags. Im Übrigen sind die Angaben des Zeugen derart vage, dass sie als Beweis für ein versichertes Beschäftigungsverhältnis oder eine "Wie-Beschäftigung" völlig ungeeignet sind. So konnte er keinerlei konkrete Angaben zu den Vereinbarungen zwischen dem Kläger und S L machen. In dem Gespräch hat er lediglich mitbekommen, dass zwischen dem Kläger und S L über einen Preis verhandelt wurde und die Verhandlungen mit dem Vorschlag von einem der beiden endete, dass der Kläger für zwei Monate bei S L arbeiten könne. Ob zwischen dem Kläger und S L dann tatsächlich ein Arbeitsvertrag geschlossen wurde, wusste er nicht. Dementsprechend konnte er auch über die Arbeitskonditionen keine Aussagen machen. Er hat bei dem Gespräch weder mitbekommen, wann der Kläger die Arbeit aufnehmen und wie lange die Arbeit dauern sollte noch welche Arbeiten der Kläger genau ausführen sollte. Ebenso wenig konnte er Angaben darüber machen, ob über Arbeitszeiten gesprochen wurde und wie viel der Kläger verdienen sollte. Letztlich konnte der Zeuge nur bestätigen, dass über Materialkosten gesprochen wurde. Seine Annahme, dass der Kläger das Material besorgen sollte, " denn immer hat er dieses Material besorgt, auch wenn er auf anderen Baustellen tätig war ", belegt überdies auch eher eine unternehmerische bzw. unternehmerähnliche Tätigkeit für eine Mehrzahl von Auftraggebern als eine abhängige Beschäftigung bei dem Zeugen L. Dasselbe gilt für die Aussage, " dass ja die Entlohnung vom Zeitraum her passen musste zu dem, was meinem Bruder zu zahlen gewesen wäre." Diese Aussage überzeugt den Senat vielmehr davon, dass allenfalls darüber gesprochen wurde, wie durch eine Scheinanstellung die getroffene Werkvertragsabrede verschleiert werden kann, denn sonst macht es keinen Sinn, den Vertragszeitraum unabhängig von der voraussichtlich tatsächlich anfallenden Arbeitszeit, an einem vorab vereinbarten Werklohn auszurichten. Zu Recht verweist das SG überdies auf die Angabe das Zeugen T, er habe mit dem Kläger ab April 2006, demnach zumindest teilweise zeitgleich, eine gemeinsame Selbständigkeit verabredet; damit wäre eine (tatsächliche, nicht nur vorgeschobene) abhängige Beschäftigung kaum vereinbar.
Ob der Kläger dem S L seine Lohnsteuerkarte übergeben hat - wie U T in seiner "Eidesstattlicheversicherung" vom 23.03.2012 und der vom Kläger als Zeuge angebotene H H mit Schreiben vom 25.08.2015 ausgeführt haben - ist für die Entscheidung des Senats unerheblich. Denn die Übergabe der Lohnsteuerkarte wäre kein Beweis dafür, dass zwischen dem Kläger und S L, wenn überhaupt beabsichtigt, bereits zum Unfallzeitpunkt ein Beschäftigungsverhältnis zustande gekommen war. Der Senat hat deshalb keine Veranlassung gesehen, dem Beweisangebot des Klägers, H H als Zeugen zu hören, zu entsprechen.
Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt auch weder aufgrund der Satzung der Beigeladenen zu 1) noch als Unternehmer nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII gesetzlich unfallversichert. Insoweit wird gem. § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen, denen sich der Senat nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage anschließt.
Da kein Arbeitsunfall vorliegt, hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Leistungen der Beklagten bzw. der Beigeladenen (§§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 45 Abs. 1, 56 Abs. 1 SGB VII).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Zwar ist nach § 183 SGG (soweit hier einschlägig) das sozialgerichtliche Verfahren nur für Versicherte kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Der Kläger, wie sich herausgestellt hat, nicht versichert, steht einem Versicherten nach § 183 Satz 3 SGG aber kostenrechtlich gleich, weil er im Falle seines Obsiegens Versicherter gewesen wäre.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG lagen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
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