Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 14 KA 271/11
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 37/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 61/15 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kiel vom 21. August 2013 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Inhaber eines Vertragsarztsitzes ist. Der Kläger wendet sich gegen die anderslautende Feststellung des Beklagten.
Der Kläger ist 1942 in S geboren. Er erwarb 1974 die Facharztbezeichnung für Anästhesiologie und 1978 die Facharztbezeichnung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Ab dem 18. September 1978 ist er als Arzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Zum 1. Januar 1996 wurde ihm ferner eine Zulassung als Arzt für Anästhesiologie zuerkannt. Der Vertragsarztsitz des Klägers ist in Sa. Mit Wirkung vom 3. Januar 2010 verzichtete der Kläger auf seine Zulassung zugunsten des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) R Platz in Sa. Das MVZ beantragte seine (eigene) Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung und die Genehmigung u. a. der Anstellung des Klägers als leitenden Arzt. Am 28. Januar 2010 beschloss der Zulassungsausschuss die Zulassung des MVZ R Platz zur vertragsärztlichen Versorgung zum 3. Januar 2010 und genehmigte zum gleichen Zeitpunkt die ganztätige Anstellung des Klägers als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe für eine Arbeitszeit von wöchentlich 31 Stunden. Zum 1. Januar 2011 reduzierte der Kläger seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit auf die einer halben Stelle entsprechenden Stundenzahl. Seine Tätigkeit beim MVZ beendete der Kläger am 31. Dezember 2013. Er rechnete während seiner Arbeit bei dem MVZ anästhesiologische Leistungen ab. Am 28. April 2010 beantragte er bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Schleswig-Holstein die Ausschreibung seiner Vertragsarztpraxis als Facharzt für Anästhesiologie in Sa. Die KV lehnte dies mit Bescheid vom 30. Juni 2010 und Widerspruchsbescheid vom 28. September 2010 ab. Wegen dieser Ablehnung führt der Kläger einen Rechtsstreit vor dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht unter dem Aktenzeichen L 4 KA 36/13, über den der Senat am selben Tag entschieden hat.
Der Zulassungsausschuss der Ärzte in Schleswig-Holstein stellte mit Beschluss vom 24. November 2010, ausgefertigt am 1. Februar 2011, fest, dass die Zulassung des Klägers als Anästhesiologe in Sa mit sofortiger Wirkung ende, hilfsweise mit sofortiger Wirkung entzogen werde. Zur Begründung führte der Zulassungsausschuss aus, der Kläger sei für zwei Facharztgebiete zugelassen gewesen und habe zwar seinen Verzicht auf die Zulassung als Arzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe beschränkt. Voraussetzung für seine Anstellung bei dem MVZ sei jedoch eine volle Zulassung gewesen. Der Kläger habe sich mit seinem Verzicht für eine ganztägige Anstellung als Gynäkologe entschieden. Eine rückwirkende Statusänderung sei nicht möglich. Hilfsweise werde ihm die Zulassung entzogen, da eine vertragsärztliche Tätigkeit gemäß § 19a Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte ZV) vollzeitig ausgeübt werden müsse. Gemäß § 20 Ärzte-ZV sei ein Arzt nicht zur vertragsärztlichen Tätigkeit geeignet, der wegen eines Beschäftigungsverhältnisses für die Versorgung der Patienten nicht in dem erforderlichen Umfang zur Verfügung stehe. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Kläger 31 Stunden wöchentlich im MVZ arbeite.
Mit seinem Widerspruch vom 25. Februar 2011 machte der Kläger geltend, er habe nicht je eine halbe Zulassung als Gynäkologe und als Anästhesist gehabt, sondern 1978 eine volle Zulassung als Gynäkologe und 1996 zusätzlich als Anästhesist im Wege einer selbstständigen Zulassung erhalten. Sofern der Bedarfsplan jeweils den Faktor 0,5 für seine Zulassungen vorsehe, sei dieser manipuliert. Er habe bei Verzicht auf seine gynäkologische Zulassung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich dies nicht auf seine Zulassung als anästhesistischer Arzt beziehe. Dies sei ihm vom Zulassungsausschuss entsprechend bestätigt worden. Die Entziehung sei erst erfolgt, nachdem er gegen die KV wegen der Ausschreibung geklagt habe. Der Beklagte habe seit 1999 die gleichzeitige Ausübung beider Zulassungen toleriert. Für das MVZ habe er – der Kläger - nur während einer Mutterschaftsvertretung vollzeitig gearbeitet, im Übrigen habe er dort nur einen Vertrag für eine halbe Stelle.
Mit Beschluss vom 24. November 2010, ausgefertigt am 28. Juni 2011, wies der Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, eine Zulassung als Arzt ende mit dessen Verzicht. Der Kläger habe zwar ausdrücklich nur auf die Zulassung als Gynäkologe verzichtet. Er habe aber nicht zwei Vertragsarztsitze inne gehabt, sondern lediglich einen Versorgungsauftrag für Anästhesiologie und für Gynäkologie. Die Berücksichtigung der Versorgungsaufträge im Rahmen der Bedarfsplanung sei für den Status eines Arztes unerheblich. Es obliege dem Kläger zu entscheiden, in welchem Umfang er welchen Versorgungsauftrag wahrnehme. Ein Arzt könne seinen Versorgungsauftrag gemäß § 19a Ärzte ZV beschränken. Bei Zweifacharztbezeichnungen könne er zwei Teilzulassungen erhalten. Der Kläger habe eine Zulassung gehabt, auf die er verzichtet habe. Der Zulassungsausschuss habe das MVZ ausdrücklich auf diese Folgen hingewiesen. Da der Kläger infolge seines Verzichtes nicht mehr über eine Zulassung verfügt habe, fehle es für einen Entzug an der Substanz; da der Entzug durch den Zulassungsausschuss aber nur hilfsweise erfolgt sei, sei dies unerheblich.
Gegen den am 29. Juni 2011 zugestellten Beschluss richtet sich die Klage, die der Kläger am 26. Juli 2011 beim Sozialgericht Kiel erhoben hat. Er hat vorgetragen, er habe nur auf seine Zulassung als Gynäkologe verzichtet. Ein Verzicht auf seine Zulassung als Anästhesist stelle eine Fiktion dar. Der Wortlaut seiner Verzichtserklärung sei eindeutig gewesen. Der Zulassungsausschuss habe seine Erklärung nicht als vollständigen Verzicht auf beide Zulassungen auslegen können. Vielmehr habe dieser ihm in einem Schreiben vom 4. Februar 2010 bestätigt, dass er auf die Zulassung als Anästhesist nicht verzichtet habe. Die Zulassung als Vertragsarzt für bestimmte Fachgebiete und die Zuteilung eines bestimmten Vertragsarztsitzes seien zu unterscheiden. Er habe zwei Vertragsarztsitze für zwei Fachgebiete innegehabt. Der hilfsweise Entzug seines Vertragsarztsitzes sei nach § 95 Abs. 5 und Abs. 6 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) rechtswidrig und unverhältnismäßig gewesen. Er sei nur für ein Jahr vollzeitig im MVZ angestellt gewesen und übe ab dem 1. Januar 2011 eine Halbtagsstelle aus. Daher könne er seine Tätigkeit als Anästhesist weiterhin wahrnehmen. Der Zulassungsausschuss hätte während seiner vollzeitigen Tätigkeit im MVZ das Ruhen seiner Zulassung als Anästhesist anordnen können.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
der Beschluss des Beklagten vom 21. April 2011, ausgefertigt am 28. Juni 2011, sowie der Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte in Schleswig-Holstein vom 24. November 2010, ausgefertigt am 1. Februar 2011, werden aufgehoben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen
und sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide bezogen.
Nach Hinweis auf die beabsichtigte Verfahrensweise hat das Sozialgericht Kiel die Klage mit Gerichtsbescheid vom 21. August 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, auch bei einer doppelten Zulassung als Vertragsarzt habe ein Arzt nur einen Vertragsarztsitz mit einem Versorgungsauftrag. Der Vertragsarztsitz sei der Ort der Niederlassung des Arztes. Er nehme an dem Status der Zulassung teil. Flexibilisierungen, wie eine Zweigpraxis, ein halber Versorgungsauftrag oder die Verlegung eines Praxissitzes, änderten daran nichts. Ein Beschäftigungsverhältnis sei neben einem hälftigen Versorgungsauftrag nicht zulässig, wenn der Vertragsarzt mehr als zwei Drittel eines üblichen Beschäftigungsverhältnisses, also mehr als 36 Stunden pro Woche, arbeite. Die Genehmigung zur Anstellung des Klägers in dem MVZ hätte nicht erfolgen können, wenn der Arzt seinen Vertragsarztsitz als Anästhesist in Vollzeit wahrnehme. Ein Ruhen der Zulassung sei nicht in Betracht gekommen, da der Kläger auf seine Zulassung verzichtet habe.
Gegen die seiner Prozessbevollmächtigten am 23. August 2013 zugestellte Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers, die am 30. August 2013 beim Schleswig-Holstei¬nischen Landessozialgericht eingegangen ist. Der Kläger führt aus, er habe nicht auf seinen gesamten Vertragsarztsitz verzichtet. Der Arztsitz und die Zulassung für ein Fachgebiet müssten getrennt werden. Er habe keine Doppelzulassung als Arzt für Gynäkologie und Arzt für Anästhesiologie gehabt, sondern zwei eigenständige Zulassungen. Eine Zulassung ende erst mit einem wirksamen Verzicht. Maßgeblich sei dabei, worauf er tatsächlich verzichtet habe, nicht aber, worauf er hätte verzichten können. Auch der Zulassungsausschuss sei nach seiner Erklärung von einer weiteren Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung als Anästhesiologe ausgegangen. Nur das Ruhen der Zulassung während seiner Vollzeittätigkeit im MVZ wäre verhältnismäßig gewesen. Ab dem 1. Januar 2011 habe er wegen seiner Halbtagstätigkeit im MVZ für 19 1/2 Stunden wöchentlich einer anästhesiologischen Tätigkeit zur Verfügung gestanden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kiel vom 21. August 2013 und den Beschluss des Beklagten vom 24. November 2010, ausgefertigt am 1. Februar 2011, aufzuheben und festzustellen, dass er einen Vertragsarztsitz als Anästhesiologe in Sa hat.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bezieht sich weiterhin auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide.
Dem Senat lagen die Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Verfahrensakten vor. Zur weiteren Ergänzung der Einzelheiten wird darauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kiel vom 21. August 2013 ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG –) eingegangen. Sie ist aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat zutreffend die Entscheidung des Beklagten bestätigt, denn diese war rechtmäßig. Zutreffend hat der Beklagte festgestellt, dass der Kläger über keinen Vertragsarztsitz mehr verfügt.
In dem Berufungsantrag des Klägers sind versehentlich die Daten des Beschlusses des Zulassungsausschusses vom 24. November 2010 bzw. 1. Februar 2011 für den Beklagten aufgeführt. Hierin liegt kein Fall einer fehlerhaften Protokollierung gemäß § 122 SGG in Verbindung mit § 164 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO). Denn es liegt kein Fall der unrichtigen Darstellung der Geschehensabläufe in der mündlichen Verhandlung vor, vielmehr ist der Antrag so gestellt worden. Dies ist aber unschädlich, weil angesichts der Erwähnung des Beklagten im Berufungsantrag und damit indirekt unter Bezugnahme auf das Rubrum die tatsächlich angefochtenen Bescheide zugeordnet werden können.
Gegenstand des Verfahrens ist alleine der Bescheid des Beklagten vom 21. April/ 28. Juni 2011, nicht jedoch der Beschluss des Zulassungsausschusses vom 24. No-vember 2010/1. Februar 2011. Das Verfahren vor dem Berufungsausschuss stellt ein eigenständiges Verwaltungsverfahren dar, das gemäß § 97 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) lediglich als Widerspruchsverfahren gilt. Es handelt sich um ein eigenständiges, nicht aber um ein gestuftes Verwaltungsverfahren (BSG vom 27. Januar 1993 – 6 RKa 40/91 – SozR 3-2500 § 96 Nr. 1; Pawlitta in jurisPK-SGB V, § 97 Rn. 14).
Zutreffend erhebt der Kläger eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage. Der Status als Vertragsarzt für Anästhesiologie, den er begehrt, ist als Vertragsarztverhältnis ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG (vgl. BSG vom 20. März 1996 – 6 RKa 21/95 – SozR 3-5540 § 25 Nr. 2 zur Feststellung der Berechtigung, einzelne Leistungen abzurechnen). Der Kläger hat auch ein Rechtsinteresse an der Feststellung seines Status als Vertragsarzt für Anästhesiologie. Dies folgt bereits daraus, dass er gegenüber der Beigeladenen zu 6) in dem parallel geführten Verfahren vor dem erkennenden Senat L 4 KA 36/13 die Ausschreibung des Vertragsarztsitzes begehrt, die dieses mit der Begründung abgelehnt hat, er verfüge über keinen Arztsitz mehr. Zwar hat der Kläger sich vor dem Sozialgericht ausschließlich auf einen Anfechtungsantrag beschränkt. In der Erweiterung auf einen zusätzlichen Feststellungsantrag liegt eine Klagänderung im Sinne des § 99 Abs. 1 SGG, da die Voraussetzungen des Abs. 3 der Vorschrift, nach denen keine Änderung der Klage anzunehmen ist, nicht vorliegen. Zwar stellt regelmäßig der Übergang von einer Klageart zur anderen, insbesondere von der Anfechtungs- zur Feststellungsklage keine Klagänderung dar (vgl. die Nachweise zu Urteilen des BSG bei Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014 § 99 Rn. 4). Hier ist aber zu berücksichtigen, dass der Kläger ursprünglich sich allein gegen die ablehnenden Bescheide der Beklagten gewandt hat, nunmehr jedoch ein weitergehendes Rechtsbegehren geltend macht, nämlich die positive Feststellung seines Vertragsarztstatus. Der Senat hält die Klagänderung für sachdienlich.
Verzichtet ein Arzt auf seine Zulassung als Vertragsarzt, hat dies gemäß § 95 Abs. 7 Satz 1 SGB V das Ende der Zulassung zur Folge. Dieses Ende erfasst den vertragsärztlichen Status insgesamt und nicht nur in Teilbereichen. Dies folgt aus den statusrechtlichen Grundlagen. Zutreffend haben der Zulassungsausschuss und der Beklagte daher festgestellt, dass der Kläger kein Vertragsarzt mehr ist.
Nach § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB V nehmen an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Ärzte und zugelassene MVZ sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Hier ist lediglich die erste Alternative (zugelassene Ärzte) relevant. Die Zulassung bewirkt gemäß § 95 Abs. 3 SGB V, dass der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden zeitlich vollen oder hälftigen Versorgungsauftrags berechtigt und verpflichtet ist. Durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) vom 22. De¬zember 2006 (BGBl. I Seite 3439, mit Wirkung zum 1. Januar 2007 in Kraft getreten) wurde die Beschränkung der Zulassung auf den hälftigen Versorgungsauftrag ermöglicht. Sämtliche Änderungen im SGB V und in der Ärzte-Zulassungsverordnung (Ärzte-ZV), die auf den hälftigen Versorgungsauftrag abstellen, resultieren auf dieser Gesetzesänderung. Der Kläger hatte seine Zulassung jedoch schon vorher erhalten, also einen vollen Versorgungsauftrag ohne die jeweilige hälftige Begrenzung für die beiden Facharztgebiete, die 1974 und 1978 rechtlich noch nicht möglich war.
Die Zulassung gemäß § 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V stellt einen statusbegründenden Verwaltungsakt dar, der die Mitgliedschaft in der KV, das Recht des Arztes zur entgeltlichen Versorgung der Versicherten der Krankenkassen und seine Teilnahme für ein bestimmtes Fachgebiet zur Folge hat (Hannes in Hauck/Noftz, SGB V § 95 Rn. 129 bis 132). Das Nähere über die Zulassungen regeln gemäß § 95 Abs. 2 Satz 4 SGB V die Zulassungsverordnungen. Nach § 19a Abs. 1 Ärzte-ZV verpflichtet die Zulassung den Arzt vorbehaltlich der Regelung der Beschränkung gemäß § 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V (d.i. die Reduzierung der Zulassung auf den hälftigen Versorgungsauftrag infolge des VÄndG), die vertragsärztliche Tätigkeit vollzeitig auszuüben. Die Zulassung erfolgt gemäß § 24 Abs. 1 Ärzte-ZV für einen Vertragsarztsitz. Dieser ist gesetzlich definiert als Ort der Zulassung des Arztes. Der Vertragsarztsitz ist mit der Zulassung eng verknüpft und hat wie die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 95 Abs. 3 SGB V selbst einen statusrelevanten Charakter. Die enge Verknüpfung von Zulassung und Vertragsarztsitz beruht darauf, dass das Bestehen eines Arztsitzes unabdingbare Voraussetzung für die Ausübung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung ist. "Ort der Zulassung" im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 4 SGB V und des § 24 Abs. 1 Ärzte-ZV ist nicht eine Ortschaft im Sinne einer Verwaltungseinheit oder ein Teil einer Ortschaft, sondern der konkrete Ort der Praxis des Vertragsarztes, der durch die Praxisanschrift gekennzeichnet ist (BSG vom 31. Mai 2006 – B 6 KA 7/05 R – SozR 4-5520 § 24 Nr. 2). Ein Arzt hat nur einen Vertragsarztsitz und einen Versorgungsauftrag (BSG vom 9. Februar 2011 – B 6 KA 44/10 B – Rn. 10), vorbehaltlich der Regelungen des § 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V bei einer hälftigen Zulassung. Nach dem ab 1. Januar 2007 durch das VÄndG eingeführten Recht kann ein Vertragsarzt zwei hälftige Vertragsarztsitze unabhängig voneinander haben und entsprechend auch auf einen halben Vertragsarztsitz verzichten (Pawlitta in jurisPK-SGB V § 95 Rn. 384 ff.). Nur unter den neu geregelten Voraussetzungen kann ein Arzt mehrere Zulassungen mit Teil-Versorgungsaufträgen bekommen, jedoch kann kein Arzt zwei Zulassungen mit einem vollen Versorgungsauftrag erhalten (BSG vom 17. Oktober 2012 – B 5 KA 49/11 R – SozR 4-2500 § 95 Nr. 26). Diese Konstellation von zwei Teil-Versorgungsaufträgen liegt hier jedoch nicht vor, da sie zu dem Zeitpunkt, als der Status des Klägers begründet wurde, rechtlich noch nicht geregelt werden konnte.
Auch bei einer Doppelzulassung kann dieser dem Arzt erteilte einheitliche volle Versorgungsauftrag nicht in zwei hälftige Versorgungsauftrag aufgespalten werden (Pawlitta, a. a. O., Rn. 388). Eine Reduzierung der Zulassung eines Arztes auf deren Hälfte ändert den vertragsärztlichen Status des Arztes nur hinsichtlich des Umfangs der vertragsärztlichen Tätigkeit, nicht aber den Status in seinem Grunde ab.
Die doppelte Zulassung eines Arztes für mehrere Fachgebiete bzw. die Erteilung einer weiteren, zusätzlichen Zulassung in einem anderen Fachgebiet bewirkt folglich nicht, dass der Vertragsarzt damit einen zweiten Vertragsarztsitz und einen zweiten Versorgungsauftrag erhält. Sie bewirkt lediglich, dass er berechtigt ist, auch Leistungen des jeweils anderen, zweiten Facharztgebietes abzurechnen. Hat ein Vertragsarzt bereits eine volle Zulassung gemäß der ersten Alternative des § 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V inne, bewirkt eine zweite Zulassung in einem weiteren Fachgebiet daher nicht die Ausweitung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit im Hinblick auf den quantitativen Rahmen, sondern lediglich seine qualitative Ausweitung der Abrechnungsbefugnis nach dem EBM in dem weiteren Facharztgebiet. In einem teilweisen Verzicht auf die Zulassung kann auch nicht die Reduzierung der vertragsärztlichen Tätigkeit im Sinne des § 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V zweite Alternative gesehen werden. Denn ein voller erteilter Versorgungsauftrag kann nicht in zwei hälftige Versorgungsaufträge aufgespalten werden, und zwar auch nicht bei einer Doppelzulassung (Pawlitta, a. a. O., Rn. 388). Dies folgt aus dem einheitlichen Versorgungsauftrag, den der Vertragsarzt erhalten hat sowie aus dem einheitlichen Vertragsarztsitz, der ihm zugeteilt worden ist. Das BSG hat zwar in einer Entscheidung vom 26. Januar 2000 (B 6 KA 53/98 R – SozR 3-2500 § 95 Nr. 22) den Verzicht eines Vertragsarztes, der als Chirurg sowie als Orthopäde zugelassen war, auf seine Zulassung als Chirurg für zulässig erachtet. Der dortige Fall unterscheidet sich jedoch von dem des Klägers, dass jener Vertragsarzt seinen vollen Versorgungsauftrag weiterhin (als Orthopäde) wahrnahm und den Vertragsarztsitz vollständig ausfüllte. Er verzichtete folglich mit seiner Erklärung lediglich auf eine Abrechnungsbefugnis als Chirurg. Davon ist die Erklärung des Klägers zu unterscheiden, der zwar weiterhin als Anästhesist im Rahmen seiner Anstellung bei dem MVZ arbeiten, zugleich jedoch seine Zulassung als Arzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe ausschreiben lassen wollte, so dass dadurch die Zahl der Vertragsarztsitze sich vermehrt hätte.
Der Kläger hatte seinen Verzicht am 3. November 2009 im Rahmen einer Formularerklärung mit folgendem Wortlaut erklärt: "Hiermit verzichte ich mit Wirkung ab 03.01.10 auf meine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Das Medizinische Versorgungszentrum R Platz wird mich ab diesem Tag mit einer Arbeitszeit von 31 Wochenstunden anstellen. Die Verzichtserklärung erfolgt unter der Voraussetzung, dass meine Anstellung an dem o. g. Medizinischen Versorgungszentrum bestandskräftig genehmigt wird." Mit dieser Erklärung hat der Kläger auf seine Zulassung eindeutig verzichtet. Nach dem vorher Gesagten ist es unerheblich, dass er die Erklärung auf seine Eigenschaft als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe beschränkt hat. Angesichts der Einheitlichkeit des Vertragsarztsitzes und des Versorgungsauftrages hat eine solche Beschränkung keine rechtliche Bedeutung. Mit dem Verzicht endete der Zulassungsstatus des Klägers. Zwar gleicht diese Erklärung jener in dem Verfahren des BSG vom 26. Januar 2000 (a. a. O.). Anders als dort hat der Kläger hier jedoch die Zulassung in das MVZ eingebracht, so dass sie dort weiterhin Wirkung entfaltete. Im Gegensatz dazu spielten sich in dem Fall des BSG vom 26. Januar 2000 die Rechtsfolgen der Erklärung innerhalb derselben Person ab.
Der Verzicht auf die Zulassung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die mit ihrem Zugang bindend wird. Ein Arzt kann sich grundsätzlich nicht mehr von ihr lösen (Pawlitta, a. a. O., Rn. 660). Eine Anfechtung der Erklärung ist nur nach den §§ 119, 120, 123 Bürgerliches Gesetzbuch möglich (LSG Baden-Württemberg vom 29. Dezember 1997 – L 5 KA 3737/97 eA-B, juris). Die Voraussetzungen einer solchen Anfechtung der Erklärung vom 3. November 2009 liegen nicht vor. Es ist bereits fraglich, ob der Kläger sich bei der Abgabe der Erklärung tatsächlich in einem rechtserheblichen Irrtum befunden hat. Maßgeblich ist jedoch, dass er keine Anfechtungserklärung abgegeben hat. Der Zulassungsausschuss hat sich mit Schreiben vom 10. November 2009 an ein Anwaltsbüro in R gewandt, das das MVZ in der Angelegenheit dessen Zulassung vertreten hat. In dem Schreiben vom 10. November 2009 heißt es u. a.: "Im Sinne einer sachgerechten Verhandlung vor dem Zulassungsausschuss wird der Zulassungsausschuss zur Kenntnis nehmen, dass Herr Dr. W vollständig auf seine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zugunsten einer Anstellung im Medizinischen Versorgungszentrum im Rahmen einer Volltagstätigkeit verzichtet hat. Einer weiteren Zulassung z. B. als Facharzt für Anästhesiologie steht der § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV entgegen. Der Zulassungsausschuss wird daher davon ausgehen, dass Herr Dr. W ab dem 03.01.2010 keine freiberufliche Tätigkeit im Rahmen einer Zulassung ausüben kann und wird". Der Zulassungsausschuss wandte sich am 4. Feb-ruar 2010 an den Kläger selbst und führte aus: " Ich hatte vermutet, Sie wollten die Ausschreibung insoweit beantragen, jedoch haben Sie nunmehr telefonisch darauf hingewiesen, dass Sie weiterhin als Facharzt für Anästhesiologie tätig sein wollen. Im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens hätte anderenfalls der Vorstand entscheiden müssen, ob eine ausschreibungsfähige Praxis vorhanden ist oder nicht. Unabhängig davon, ob dies überhaupt rechtlich möglich ist, bitten wir darum uns mitzuteilen, ob Sie beabsichtigen, weiterhin als voll zugelassener Facharzt für Anästhesiologie unter Ihrer alten Praxisanschrift zu praktizieren bzw. letztendlich bei den jeweiligen Operateuren. Sollten Sie jetzt mitteilen, dass Sie nicht verzichten bzw. ausschreiben lassen wollen, sondern neben der ganztägigen Anstellung als voll zugelassener Facharzt für Anästhesiologie vertragsärztlich tätig sein wollen, wird zu entscheiden sein, ob die Voraussetzungen dafür vorliegen, d. h. Sie eine volle Zulassung haben, Sie neben der Zulassung überhaupt mehr als 13 Stunden an einem Medizinischen Versorgungszentrum angestellt sein können. Da Sie auf Ihre Zulassung als Vertragsarzt für Anästhesiologie bisher nicht verzichtet haben, ist eine derartige Verzichtserklärung im Arztregister jedenfalls nicht eingetragen". Mit dem Schreiben vom 10. November 2009 an die Vertreter des MVZ, von dem fraglich ist, ob der Kläger selbst davon Kenntnis hatte, jedenfalls aber mit dem Schreiben vom 4. Februar 2010 an ihn selbst hat der Zulassungsausschuss zumindest erhebliche Zweifel an der rechtlichen Möglichkeit der Intention des Klägers geäußert. Spätestens im Februar 2010 hätten dem Kläger zumindest entsprechende Zweifel hinsichtlich der Rechtsfolgen seiner abgegebenen Verzichtserklärung kommen müssen. Es kann unerörtert bleiben, ob es sich bei einem bestehenden Rechtsirrtum überhaupt um einen Irrtum im Sinne des § 119 BGB gehandelt hat. Denn jedenfalls hätte eine Anfechtung der Verzichtserklärung vom 3. November 2009 gemäß § 121 BGB unverzüglich erfolgen müssen. Der Kläger hat die Anfechtung jedoch nicht erklärt, im Gegenteil an seiner Rechtsauffassung festgehalten und mit Schreiben vom 28. April 2010 den Antrag gestellt, seinen vollen Arztsitz für Anästhesiologie auszuschreiben. Angesichts der Schreiben des Arztes erübrigt sich die Überlegung, ob der Zulassungsausschuss, der Beklagte oder die KV den Kläger auf die Rechtslage hätte hinweisen müssen.
Gemäß § 19a Abs. 2 Satz 1 Ärzte-ZV ist ein Arzt berechtigt, durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Zulassungsausschuss seinen Versorgungsauftrag auf die Hälfte eines Versorgungsauftrages nach Abs. 1 zu beschränken. Eine derartige Beschränkung hätte im Zusammenhang mit weiteren Erklärungen zur Folge, dass der Kläger zwei hälftige Versorgungsaufträge jeweils für eine gynäkologische und eine anästhesiologische Tätigkeit hätte. Abgesehen davon, dass der Kläger ausdrücklich eine derartige Reduzierung auf die Hälfte des Versorgungsauftrages nicht erklärt hatte, läge eine derartige Beschränkung auch nicht in seinem Sinne. Denn dann hätte er lediglich einen halben Vertragsarztsitz als Arzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in das MVZ einbringen und auch lediglich einen halben Vertragsarztsitz als Arzt für Anästhesiologie ausschreiben lassen können. Demgegenüber hat er jedoch den vollen Vertragsarztsitz in das MVZ eingebracht, auch wenn er dort nur bis zum 31. Dezember 2010 in Vollzeit tätig gewesen war. Des Weiteren hat er die Ausschreibung eines vollen Vertragsarztsitzes für Anästhesiologie beantragt.
Keine Auslegung der Erklärung des Klägers kann folglich dazu führen, dass er noch über den Vertragsarztsitz verfügte, nachdem er den Verzicht zugunsten des MVZ abgegeben hatte. Somit hat der Zulassungsausschuss zu Recht festgestellt, dass der Kläger über keine Vertragsarztzulassung mehr verfügte. Da der Kläger keinen Vertragsarztsitz mehr inne hatte, war über die hilfsweise erklärte Entziehung der Zulassung in dem angefochtenen Bescheid nicht mehr zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG lagen nicht vor.
Der Streitwert war ermessensgerecht auf 5.000,00 EUR festzusetzen. Die Festsetzung folgt gemäß § 197a SGG i. V. m. § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz. Da der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bot, war der Auffangstreitwert anzunehmen. Zwar werden in Fragen der Zulassung regelmäßig Streitwerte in Höhe des dreifachen Jahresumsatzes der Praxis abzüglich der zu erwartenden Praxiskosten zugrunde gelegt (vgl. Streitwertkatalog der Sozialgerichtsbarkeit Abschnitt X 16.5). Hier ist aber zu berücksichtigen, dass der Kläger als Anästhesiologe nicht arbeiten und die Praxis nicht unterhalten will, sondern beabsichtigt, seinen Vertragsarztsitz auszuschreiben. Es ist nicht bekannt, ob er zurzeit den Vertragsarztsitz als Anästhesiologe überhaupt unterhält und hierfür folglich wertbildende Faktoren vorhanden sind. Es war daher keine Schätzung des Wertes der ausgeschriebenen Praxis und des zu erzielenden Umsatzes möglich.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Inhaber eines Vertragsarztsitzes ist. Der Kläger wendet sich gegen die anderslautende Feststellung des Beklagten.
Der Kläger ist 1942 in S geboren. Er erwarb 1974 die Facharztbezeichnung für Anästhesiologie und 1978 die Facharztbezeichnung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Ab dem 18. September 1978 ist er als Arzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Zum 1. Januar 1996 wurde ihm ferner eine Zulassung als Arzt für Anästhesiologie zuerkannt. Der Vertragsarztsitz des Klägers ist in Sa. Mit Wirkung vom 3. Januar 2010 verzichtete der Kläger auf seine Zulassung zugunsten des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) R Platz in Sa. Das MVZ beantragte seine (eigene) Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung und die Genehmigung u. a. der Anstellung des Klägers als leitenden Arzt. Am 28. Januar 2010 beschloss der Zulassungsausschuss die Zulassung des MVZ R Platz zur vertragsärztlichen Versorgung zum 3. Januar 2010 und genehmigte zum gleichen Zeitpunkt die ganztätige Anstellung des Klägers als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe für eine Arbeitszeit von wöchentlich 31 Stunden. Zum 1. Januar 2011 reduzierte der Kläger seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit auf die einer halben Stelle entsprechenden Stundenzahl. Seine Tätigkeit beim MVZ beendete der Kläger am 31. Dezember 2013. Er rechnete während seiner Arbeit bei dem MVZ anästhesiologische Leistungen ab. Am 28. April 2010 beantragte er bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Schleswig-Holstein die Ausschreibung seiner Vertragsarztpraxis als Facharzt für Anästhesiologie in Sa. Die KV lehnte dies mit Bescheid vom 30. Juni 2010 und Widerspruchsbescheid vom 28. September 2010 ab. Wegen dieser Ablehnung führt der Kläger einen Rechtsstreit vor dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht unter dem Aktenzeichen L 4 KA 36/13, über den der Senat am selben Tag entschieden hat.
Der Zulassungsausschuss der Ärzte in Schleswig-Holstein stellte mit Beschluss vom 24. November 2010, ausgefertigt am 1. Februar 2011, fest, dass die Zulassung des Klägers als Anästhesiologe in Sa mit sofortiger Wirkung ende, hilfsweise mit sofortiger Wirkung entzogen werde. Zur Begründung führte der Zulassungsausschuss aus, der Kläger sei für zwei Facharztgebiete zugelassen gewesen und habe zwar seinen Verzicht auf die Zulassung als Arzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe beschränkt. Voraussetzung für seine Anstellung bei dem MVZ sei jedoch eine volle Zulassung gewesen. Der Kläger habe sich mit seinem Verzicht für eine ganztägige Anstellung als Gynäkologe entschieden. Eine rückwirkende Statusänderung sei nicht möglich. Hilfsweise werde ihm die Zulassung entzogen, da eine vertragsärztliche Tätigkeit gemäß § 19a Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte ZV) vollzeitig ausgeübt werden müsse. Gemäß § 20 Ärzte-ZV sei ein Arzt nicht zur vertragsärztlichen Tätigkeit geeignet, der wegen eines Beschäftigungsverhältnisses für die Versorgung der Patienten nicht in dem erforderlichen Umfang zur Verfügung stehe. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Kläger 31 Stunden wöchentlich im MVZ arbeite.
Mit seinem Widerspruch vom 25. Februar 2011 machte der Kläger geltend, er habe nicht je eine halbe Zulassung als Gynäkologe und als Anästhesist gehabt, sondern 1978 eine volle Zulassung als Gynäkologe und 1996 zusätzlich als Anästhesist im Wege einer selbstständigen Zulassung erhalten. Sofern der Bedarfsplan jeweils den Faktor 0,5 für seine Zulassungen vorsehe, sei dieser manipuliert. Er habe bei Verzicht auf seine gynäkologische Zulassung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich dies nicht auf seine Zulassung als anästhesistischer Arzt beziehe. Dies sei ihm vom Zulassungsausschuss entsprechend bestätigt worden. Die Entziehung sei erst erfolgt, nachdem er gegen die KV wegen der Ausschreibung geklagt habe. Der Beklagte habe seit 1999 die gleichzeitige Ausübung beider Zulassungen toleriert. Für das MVZ habe er – der Kläger - nur während einer Mutterschaftsvertretung vollzeitig gearbeitet, im Übrigen habe er dort nur einen Vertrag für eine halbe Stelle.
Mit Beschluss vom 24. November 2010, ausgefertigt am 28. Juni 2011, wies der Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, eine Zulassung als Arzt ende mit dessen Verzicht. Der Kläger habe zwar ausdrücklich nur auf die Zulassung als Gynäkologe verzichtet. Er habe aber nicht zwei Vertragsarztsitze inne gehabt, sondern lediglich einen Versorgungsauftrag für Anästhesiologie und für Gynäkologie. Die Berücksichtigung der Versorgungsaufträge im Rahmen der Bedarfsplanung sei für den Status eines Arztes unerheblich. Es obliege dem Kläger zu entscheiden, in welchem Umfang er welchen Versorgungsauftrag wahrnehme. Ein Arzt könne seinen Versorgungsauftrag gemäß § 19a Ärzte ZV beschränken. Bei Zweifacharztbezeichnungen könne er zwei Teilzulassungen erhalten. Der Kläger habe eine Zulassung gehabt, auf die er verzichtet habe. Der Zulassungsausschuss habe das MVZ ausdrücklich auf diese Folgen hingewiesen. Da der Kläger infolge seines Verzichtes nicht mehr über eine Zulassung verfügt habe, fehle es für einen Entzug an der Substanz; da der Entzug durch den Zulassungsausschuss aber nur hilfsweise erfolgt sei, sei dies unerheblich.
Gegen den am 29. Juni 2011 zugestellten Beschluss richtet sich die Klage, die der Kläger am 26. Juli 2011 beim Sozialgericht Kiel erhoben hat. Er hat vorgetragen, er habe nur auf seine Zulassung als Gynäkologe verzichtet. Ein Verzicht auf seine Zulassung als Anästhesist stelle eine Fiktion dar. Der Wortlaut seiner Verzichtserklärung sei eindeutig gewesen. Der Zulassungsausschuss habe seine Erklärung nicht als vollständigen Verzicht auf beide Zulassungen auslegen können. Vielmehr habe dieser ihm in einem Schreiben vom 4. Februar 2010 bestätigt, dass er auf die Zulassung als Anästhesist nicht verzichtet habe. Die Zulassung als Vertragsarzt für bestimmte Fachgebiete und die Zuteilung eines bestimmten Vertragsarztsitzes seien zu unterscheiden. Er habe zwei Vertragsarztsitze für zwei Fachgebiete innegehabt. Der hilfsweise Entzug seines Vertragsarztsitzes sei nach § 95 Abs. 5 und Abs. 6 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) rechtswidrig und unverhältnismäßig gewesen. Er sei nur für ein Jahr vollzeitig im MVZ angestellt gewesen und übe ab dem 1. Januar 2011 eine Halbtagsstelle aus. Daher könne er seine Tätigkeit als Anästhesist weiterhin wahrnehmen. Der Zulassungsausschuss hätte während seiner vollzeitigen Tätigkeit im MVZ das Ruhen seiner Zulassung als Anästhesist anordnen können.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
der Beschluss des Beklagten vom 21. April 2011, ausgefertigt am 28. Juni 2011, sowie der Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte in Schleswig-Holstein vom 24. November 2010, ausgefertigt am 1. Februar 2011, werden aufgehoben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen
und sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide bezogen.
Nach Hinweis auf die beabsichtigte Verfahrensweise hat das Sozialgericht Kiel die Klage mit Gerichtsbescheid vom 21. August 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, auch bei einer doppelten Zulassung als Vertragsarzt habe ein Arzt nur einen Vertragsarztsitz mit einem Versorgungsauftrag. Der Vertragsarztsitz sei der Ort der Niederlassung des Arztes. Er nehme an dem Status der Zulassung teil. Flexibilisierungen, wie eine Zweigpraxis, ein halber Versorgungsauftrag oder die Verlegung eines Praxissitzes, änderten daran nichts. Ein Beschäftigungsverhältnis sei neben einem hälftigen Versorgungsauftrag nicht zulässig, wenn der Vertragsarzt mehr als zwei Drittel eines üblichen Beschäftigungsverhältnisses, also mehr als 36 Stunden pro Woche, arbeite. Die Genehmigung zur Anstellung des Klägers in dem MVZ hätte nicht erfolgen können, wenn der Arzt seinen Vertragsarztsitz als Anästhesist in Vollzeit wahrnehme. Ein Ruhen der Zulassung sei nicht in Betracht gekommen, da der Kläger auf seine Zulassung verzichtet habe.
Gegen die seiner Prozessbevollmächtigten am 23. August 2013 zugestellte Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers, die am 30. August 2013 beim Schleswig-Holstei¬nischen Landessozialgericht eingegangen ist. Der Kläger führt aus, er habe nicht auf seinen gesamten Vertragsarztsitz verzichtet. Der Arztsitz und die Zulassung für ein Fachgebiet müssten getrennt werden. Er habe keine Doppelzulassung als Arzt für Gynäkologie und Arzt für Anästhesiologie gehabt, sondern zwei eigenständige Zulassungen. Eine Zulassung ende erst mit einem wirksamen Verzicht. Maßgeblich sei dabei, worauf er tatsächlich verzichtet habe, nicht aber, worauf er hätte verzichten können. Auch der Zulassungsausschuss sei nach seiner Erklärung von einer weiteren Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung als Anästhesiologe ausgegangen. Nur das Ruhen der Zulassung während seiner Vollzeittätigkeit im MVZ wäre verhältnismäßig gewesen. Ab dem 1. Januar 2011 habe er wegen seiner Halbtagstätigkeit im MVZ für 19 1/2 Stunden wöchentlich einer anästhesiologischen Tätigkeit zur Verfügung gestanden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kiel vom 21. August 2013 und den Beschluss des Beklagten vom 24. November 2010, ausgefertigt am 1. Februar 2011, aufzuheben und festzustellen, dass er einen Vertragsarztsitz als Anästhesiologe in Sa hat.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bezieht sich weiterhin auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide.
Dem Senat lagen die Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Verfahrensakten vor. Zur weiteren Ergänzung der Einzelheiten wird darauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kiel vom 21. August 2013 ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG –) eingegangen. Sie ist aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat zutreffend die Entscheidung des Beklagten bestätigt, denn diese war rechtmäßig. Zutreffend hat der Beklagte festgestellt, dass der Kläger über keinen Vertragsarztsitz mehr verfügt.
In dem Berufungsantrag des Klägers sind versehentlich die Daten des Beschlusses des Zulassungsausschusses vom 24. November 2010 bzw. 1. Februar 2011 für den Beklagten aufgeführt. Hierin liegt kein Fall einer fehlerhaften Protokollierung gemäß § 122 SGG in Verbindung mit § 164 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO). Denn es liegt kein Fall der unrichtigen Darstellung der Geschehensabläufe in der mündlichen Verhandlung vor, vielmehr ist der Antrag so gestellt worden. Dies ist aber unschädlich, weil angesichts der Erwähnung des Beklagten im Berufungsantrag und damit indirekt unter Bezugnahme auf das Rubrum die tatsächlich angefochtenen Bescheide zugeordnet werden können.
Gegenstand des Verfahrens ist alleine der Bescheid des Beklagten vom 21. April/ 28. Juni 2011, nicht jedoch der Beschluss des Zulassungsausschusses vom 24. No-vember 2010/1. Februar 2011. Das Verfahren vor dem Berufungsausschuss stellt ein eigenständiges Verwaltungsverfahren dar, das gemäß § 97 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) lediglich als Widerspruchsverfahren gilt. Es handelt sich um ein eigenständiges, nicht aber um ein gestuftes Verwaltungsverfahren (BSG vom 27. Januar 1993 – 6 RKa 40/91 – SozR 3-2500 § 96 Nr. 1; Pawlitta in jurisPK-SGB V, § 97 Rn. 14).
Zutreffend erhebt der Kläger eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage. Der Status als Vertragsarzt für Anästhesiologie, den er begehrt, ist als Vertragsarztverhältnis ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG (vgl. BSG vom 20. März 1996 – 6 RKa 21/95 – SozR 3-5540 § 25 Nr. 2 zur Feststellung der Berechtigung, einzelne Leistungen abzurechnen). Der Kläger hat auch ein Rechtsinteresse an der Feststellung seines Status als Vertragsarzt für Anästhesiologie. Dies folgt bereits daraus, dass er gegenüber der Beigeladenen zu 6) in dem parallel geführten Verfahren vor dem erkennenden Senat L 4 KA 36/13 die Ausschreibung des Vertragsarztsitzes begehrt, die dieses mit der Begründung abgelehnt hat, er verfüge über keinen Arztsitz mehr. Zwar hat der Kläger sich vor dem Sozialgericht ausschließlich auf einen Anfechtungsantrag beschränkt. In der Erweiterung auf einen zusätzlichen Feststellungsantrag liegt eine Klagänderung im Sinne des § 99 Abs. 1 SGG, da die Voraussetzungen des Abs. 3 der Vorschrift, nach denen keine Änderung der Klage anzunehmen ist, nicht vorliegen. Zwar stellt regelmäßig der Übergang von einer Klageart zur anderen, insbesondere von der Anfechtungs- zur Feststellungsklage keine Klagänderung dar (vgl. die Nachweise zu Urteilen des BSG bei Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014 § 99 Rn. 4). Hier ist aber zu berücksichtigen, dass der Kläger ursprünglich sich allein gegen die ablehnenden Bescheide der Beklagten gewandt hat, nunmehr jedoch ein weitergehendes Rechtsbegehren geltend macht, nämlich die positive Feststellung seines Vertragsarztstatus. Der Senat hält die Klagänderung für sachdienlich.
Verzichtet ein Arzt auf seine Zulassung als Vertragsarzt, hat dies gemäß § 95 Abs. 7 Satz 1 SGB V das Ende der Zulassung zur Folge. Dieses Ende erfasst den vertragsärztlichen Status insgesamt und nicht nur in Teilbereichen. Dies folgt aus den statusrechtlichen Grundlagen. Zutreffend haben der Zulassungsausschuss und der Beklagte daher festgestellt, dass der Kläger kein Vertragsarzt mehr ist.
Nach § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB V nehmen an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Ärzte und zugelassene MVZ sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Hier ist lediglich die erste Alternative (zugelassene Ärzte) relevant. Die Zulassung bewirkt gemäß § 95 Abs. 3 SGB V, dass der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden zeitlich vollen oder hälftigen Versorgungsauftrags berechtigt und verpflichtet ist. Durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) vom 22. De¬zember 2006 (BGBl. I Seite 3439, mit Wirkung zum 1. Januar 2007 in Kraft getreten) wurde die Beschränkung der Zulassung auf den hälftigen Versorgungsauftrag ermöglicht. Sämtliche Änderungen im SGB V und in der Ärzte-Zulassungsverordnung (Ärzte-ZV), die auf den hälftigen Versorgungsauftrag abstellen, resultieren auf dieser Gesetzesänderung. Der Kläger hatte seine Zulassung jedoch schon vorher erhalten, also einen vollen Versorgungsauftrag ohne die jeweilige hälftige Begrenzung für die beiden Facharztgebiete, die 1974 und 1978 rechtlich noch nicht möglich war.
Die Zulassung gemäß § 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V stellt einen statusbegründenden Verwaltungsakt dar, der die Mitgliedschaft in der KV, das Recht des Arztes zur entgeltlichen Versorgung der Versicherten der Krankenkassen und seine Teilnahme für ein bestimmtes Fachgebiet zur Folge hat (Hannes in Hauck/Noftz, SGB V § 95 Rn. 129 bis 132). Das Nähere über die Zulassungen regeln gemäß § 95 Abs. 2 Satz 4 SGB V die Zulassungsverordnungen. Nach § 19a Abs. 1 Ärzte-ZV verpflichtet die Zulassung den Arzt vorbehaltlich der Regelung der Beschränkung gemäß § 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V (d.i. die Reduzierung der Zulassung auf den hälftigen Versorgungsauftrag infolge des VÄndG), die vertragsärztliche Tätigkeit vollzeitig auszuüben. Die Zulassung erfolgt gemäß § 24 Abs. 1 Ärzte-ZV für einen Vertragsarztsitz. Dieser ist gesetzlich definiert als Ort der Zulassung des Arztes. Der Vertragsarztsitz ist mit der Zulassung eng verknüpft und hat wie die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 95 Abs. 3 SGB V selbst einen statusrelevanten Charakter. Die enge Verknüpfung von Zulassung und Vertragsarztsitz beruht darauf, dass das Bestehen eines Arztsitzes unabdingbare Voraussetzung für die Ausübung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung ist. "Ort der Zulassung" im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 4 SGB V und des § 24 Abs. 1 Ärzte-ZV ist nicht eine Ortschaft im Sinne einer Verwaltungseinheit oder ein Teil einer Ortschaft, sondern der konkrete Ort der Praxis des Vertragsarztes, der durch die Praxisanschrift gekennzeichnet ist (BSG vom 31. Mai 2006 – B 6 KA 7/05 R – SozR 4-5520 § 24 Nr. 2). Ein Arzt hat nur einen Vertragsarztsitz und einen Versorgungsauftrag (BSG vom 9. Februar 2011 – B 6 KA 44/10 B – Rn. 10), vorbehaltlich der Regelungen des § 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V bei einer hälftigen Zulassung. Nach dem ab 1. Januar 2007 durch das VÄndG eingeführten Recht kann ein Vertragsarzt zwei hälftige Vertragsarztsitze unabhängig voneinander haben und entsprechend auch auf einen halben Vertragsarztsitz verzichten (Pawlitta in jurisPK-SGB V § 95 Rn. 384 ff.). Nur unter den neu geregelten Voraussetzungen kann ein Arzt mehrere Zulassungen mit Teil-Versorgungsaufträgen bekommen, jedoch kann kein Arzt zwei Zulassungen mit einem vollen Versorgungsauftrag erhalten (BSG vom 17. Oktober 2012 – B 5 KA 49/11 R – SozR 4-2500 § 95 Nr. 26). Diese Konstellation von zwei Teil-Versorgungsaufträgen liegt hier jedoch nicht vor, da sie zu dem Zeitpunkt, als der Status des Klägers begründet wurde, rechtlich noch nicht geregelt werden konnte.
Auch bei einer Doppelzulassung kann dieser dem Arzt erteilte einheitliche volle Versorgungsauftrag nicht in zwei hälftige Versorgungsauftrag aufgespalten werden (Pawlitta, a. a. O., Rn. 388). Eine Reduzierung der Zulassung eines Arztes auf deren Hälfte ändert den vertragsärztlichen Status des Arztes nur hinsichtlich des Umfangs der vertragsärztlichen Tätigkeit, nicht aber den Status in seinem Grunde ab.
Die doppelte Zulassung eines Arztes für mehrere Fachgebiete bzw. die Erteilung einer weiteren, zusätzlichen Zulassung in einem anderen Fachgebiet bewirkt folglich nicht, dass der Vertragsarzt damit einen zweiten Vertragsarztsitz und einen zweiten Versorgungsauftrag erhält. Sie bewirkt lediglich, dass er berechtigt ist, auch Leistungen des jeweils anderen, zweiten Facharztgebietes abzurechnen. Hat ein Vertragsarzt bereits eine volle Zulassung gemäß der ersten Alternative des § 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V inne, bewirkt eine zweite Zulassung in einem weiteren Fachgebiet daher nicht die Ausweitung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit im Hinblick auf den quantitativen Rahmen, sondern lediglich seine qualitative Ausweitung der Abrechnungsbefugnis nach dem EBM in dem weiteren Facharztgebiet. In einem teilweisen Verzicht auf die Zulassung kann auch nicht die Reduzierung der vertragsärztlichen Tätigkeit im Sinne des § 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V zweite Alternative gesehen werden. Denn ein voller erteilter Versorgungsauftrag kann nicht in zwei hälftige Versorgungsaufträge aufgespalten werden, und zwar auch nicht bei einer Doppelzulassung (Pawlitta, a. a. O., Rn. 388). Dies folgt aus dem einheitlichen Versorgungsauftrag, den der Vertragsarzt erhalten hat sowie aus dem einheitlichen Vertragsarztsitz, der ihm zugeteilt worden ist. Das BSG hat zwar in einer Entscheidung vom 26. Januar 2000 (B 6 KA 53/98 R – SozR 3-2500 § 95 Nr. 22) den Verzicht eines Vertragsarztes, der als Chirurg sowie als Orthopäde zugelassen war, auf seine Zulassung als Chirurg für zulässig erachtet. Der dortige Fall unterscheidet sich jedoch von dem des Klägers, dass jener Vertragsarzt seinen vollen Versorgungsauftrag weiterhin (als Orthopäde) wahrnahm und den Vertragsarztsitz vollständig ausfüllte. Er verzichtete folglich mit seiner Erklärung lediglich auf eine Abrechnungsbefugnis als Chirurg. Davon ist die Erklärung des Klägers zu unterscheiden, der zwar weiterhin als Anästhesist im Rahmen seiner Anstellung bei dem MVZ arbeiten, zugleich jedoch seine Zulassung als Arzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe ausschreiben lassen wollte, so dass dadurch die Zahl der Vertragsarztsitze sich vermehrt hätte.
Der Kläger hatte seinen Verzicht am 3. November 2009 im Rahmen einer Formularerklärung mit folgendem Wortlaut erklärt: "Hiermit verzichte ich mit Wirkung ab 03.01.10 auf meine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Das Medizinische Versorgungszentrum R Platz wird mich ab diesem Tag mit einer Arbeitszeit von 31 Wochenstunden anstellen. Die Verzichtserklärung erfolgt unter der Voraussetzung, dass meine Anstellung an dem o. g. Medizinischen Versorgungszentrum bestandskräftig genehmigt wird." Mit dieser Erklärung hat der Kläger auf seine Zulassung eindeutig verzichtet. Nach dem vorher Gesagten ist es unerheblich, dass er die Erklärung auf seine Eigenschaft als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe beschränkt hat. Angesichts der Einheitlichkeit des Vertragsarztsitzes und des Versorgungsauftrages hat eine solche Beschränkung keine rechtliche Bedeutung. Mit dem Verzicht endete der Zulassungsstatus des Klägers. Zwar gleicht diese Erklärung jener in dem Verfahren des BSG vom 26. Januar 2000 (a. a. O.). Anders als dort hat der Kläger hier jedoch die Zulassung in das MVZ eingebracht, so dass sie dort weiterhin Wirkung entfaltete. Im Gegensatz dazu spielten sich in dem Fall des BSG vom 26. Januar 2000 die Rechtsfolgen der Erklärung innerhalb derselben Person ab.
Der Verzicht auf die Zulassung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die mit ihrem Zugang bindend wird. Ein Arzt kann sich grundsätzlich nicht mehr von ihr lösen (Pawlitta, a. a. O., Rn. 660). Eine Anfechtung der Erklärung ist nur nach den §§ 119, 120, 123 Bürgerliches Gesetzbuch möglich (LSG Baden-Württemberg vom 29. Dezember 1997 – L 5 KA 3737/97 eA-B, juris). Die Voraussetzungen einer solchen Anfechtung der Erklärung vom 3. November 2009 liegen nicht vor. Es ist bereits fraglich, ob der Kläger sich bei der Abgabe der Erklärung tatsächlich in einem rechtserheblichen Irrtum befunden hat. Maßgeblich ist jedoch, dass er keine Anfechtungserklärung abgegeben hat. Der Zulassungsausschuss hat sich mit Schreiben vom 10. November 2009 an ein Anwaltsbüro in R gewandt, das das MVZ in der Angelegenheit dessen Zulassung vertreten hat. In dem Schreiben vom 10. November 2009 heißt es u. a.: "Im Sinne einer sachgerechten Verhandlung vor dem Zulassungsausschuss wird der Zulassungsausschuss zur Kenntnis nehmen, dass Herr Dr. W vollständig auf seine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zugunsten einer Anstellung im Medizinischen Versorgungszentrum im Rahmen einer Volltagstätigkeit verzichtet hat. Einer weiteren Zulassung z. B. als Facharzt für Anästhesiologie steht der § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV entgegen. Der Zulassungsausschuss wird daher davon ausgehen, dass Herr Dr. W ab dem 03.01.2010 keine freiberufliche Tätigkeit im Rahmen einer Zulassung ausüben kann und wird". Der Zulassungsausschuss wandte sich am 4. Feb-ruar 2010 an den Kläger selbst und führte aus: " Ich hatte vermutet, Sie wollten die Ausschreibung insoweit beantragen, jedoch haben Sie nunmehr telefonisch darauf hingewiesen, dass Sie weiterhin als Facharzt für Anästhesiologie tätig sein wollen. Im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens hätte anderenfalls der Vorstand entscheiden müssen, ob eine ausschreibungsfähige Praxis vorhanden ist oder nicht. Unabhängig davon, ob dies überhaupt rechtlich möglich ist, bitten wir darum uns mitzuteilen, ob Sie beabsichtigen, weiterhin als voll zugelassener Facharzt für Anästhesiologie unter Ihrer alten Praxisanschrift zu praktizieren bzw. letztendlich bei den jeweiligen Operateuren. Sollten Sie jetzt mitteilen, dass Sie nicht verzichten bzw. ausschreiben lassen wollen, sondern neben der ganztägigen Anstellung als voll zugelassener Facharzt für Anästhesiologie vertragsärztlich tätig sein wollen, wird zu entscheiden sein, ob die Voraussetzungen dafür vorliegen, d. h. Sie eine volle Zulassung haben, Sie neben der Zulassung überhaupt mehr als 13 Stunden an einem Medizinischen Versorgungszentrum angestellt sein können. Da Sie auf Ihre Zulassung als Vertragsarzt für Anästhesiologie bisher nicht verzichtet haben, ist eine derartige Verzichtserklärung im Arztregister jedenfalls nicht eingetragen". Mit dem Schreiben vom 10. November 2009 an die Vertreter des MVZ, von dem fraglich ist, ob der Kläger selbst davon Kenntnis hatte, jedenfalls aber mit dem Schreiben vom 4. Februar 2010 an ihn selbst hat der Zulassungsausschuss zumindest erhebliche Zweifel an der rechtlichen Möglichkeit der Intention des Klägers geäußert. Spätestens im Februar 2010 hätten dem Kläger zumindest entsprechende Zweifel hinsichtlich der Rechtsfolgen seiner abgegebenen Verzichtserklärung kommen müssen. Es kann unerörtert bleiben, ob es sich bei einem bestehenden Rechtsirrtum überhaupt um einen Irrtum im Sinne des § 119 BGB gehandelt hat. Denn jedenfalls hätte eine Anfechtung der Verzichtserklärung vom 3. November 2009 gemäß § 121 BGB unverzüglich erfolgen müssen. Der Kläger hat die Anfechtung jedoch nicht erklärt, im Gegenteil an seiner Rechtsauffassung festgehalten und mit Schreiben vom 28. April 2010 den Antrag gestellt, seinen vollen Arztsitz für Anästhesiologie auszuschreiben. Angesichts der Schreiben des Arztes erübrigt sich die Überlegung, ob der Zulassungsausschuss, der Beklagte oder die KV den Kläger auf die Rechtslage hätte hinweisen müssen.
Gemäß § 19a Abs. 2 Satz 1 Ärzte-ZV ist ein Arzt berechtigt, durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Zulassungsausschuss seinen Versorgungsauftrag auf die Hälfte eines Versorgungsauftrages nach Abs. 1 zu beschränken. Eine derartige Beschränkung hätte im Zusammenhang mit weiteren Erklärungen zur Folge, dass der Kläger zwei hälftige Versorgungsaufträge jeweils für eine gynäkologische und eine anästhesiologische Tätigkeit hätte. Abgesehen davon, dass der Kläger ausdrücklich eine derartige Reduzierung auf die Hälfte des Versorgungsauftrages nicht erklärt hatte, läge eine derartige Beschränkung auch nicht in seinem Sinne. Denn dann hätte er lediglich einen halben Vertragsarztsitz als Arzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in das MVZ einbringen und auch lediglich einen halben Vertragsarztsitz als Arzt für Anästhesiologie ausschreiben lassen können. Demgegenüber hat er jedoch den vollen Vertragsarztsitz in das MVZ eingebracht, auch wenn er dort nur bis zum 31. Dezember 2010 in Vollzeit tätig gewesen war. Des Weiteren hat er die Ausschreibung eines vollen Vertragsarztsitzes für Anästhesiologie beantragt.
Keine Auslegung der Erklärung des Klägers kann folglich dazu führen, dass er noch über den Vertragsarztsitz verfügte, nachdem er den Verzicht zugunsten des MVZ abgegeben hatte. Somit hat der Zulassungsausschuss zu Recht festgestellt, dass der Kläger über keine Vertragsarztzulassung mehr verfügte. Da der Kläger keinen Vertragsarztsitz mehr inne hatte, war über die hilfsweise erklärte Entziehung der Zulassung in dem angefochtenen Bescheid nicht mehr zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG lagen nicht vor.
Der Streitwert war ermessensgerecht auf 5.000,00 EUR festzusetzen. Die Festsetzung folgt gemäß § 197a SGG i. V. m. § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz. Da der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bot, war der Auffangstreitwert anzunehmen. Zwar werden in Fragen der Zulassung regelmäßig Streitwerte in Höhe des dreifachen Jahresumsatzes der Praxis abzüglich der zu erwartenden Praxiskosten zugrunde gelegt (vgl. Streitwertkatalog der Sozialgerichtsbarkeit Abschnitt X 16.5). Hier ist aber zu berücksichtigen, dass der Kläger als Anästhesiologe nicht arbeiten und die Praxis nicht unterhalten will, sondern beabsichtigt, seinen Vertragsarztsitz auszuschreiben. Es ist nicht bekannt, ob er zurzeit den Vertragsarztsitz als Anästhesiologe überhaupt unterhält und hierfür folglich wertbildende Faktoren vorhanden sind. Es war daher keine Schätzung des Wertes der ausgeschriebenen Praxis und des zu erzielenden Umsatzes möglich.
Rechtskraft
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