Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 KR 1701/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 3825/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 14. Juli 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Rechtsstreit betrifft die Gewährung einer stationären Liposuktion der Beine als Sachleistung.
Die Klägerin ist am 1958 geboren, in einer Wäscherei sozialversicherungspflichtig beschäftigt und bei der Beklagten krankenversichert. Sie beantragte am 7. August 2013 die Kostenübernahme für eine Liposuktion bei der Beklagten. Sie legte einen angiologischen Bericht des Dr. H. (Venenzentrum F.) vom 1. August 2013 vor. Danach liegen bei der Klägerin Lipödeme beidseits vor. Es bestünden seit längerer Zeit ziehende Beschwerden im Bereich der unteren Extremitäten und abendliche Schwellneigung, nicht auf den Fußrücken übergehend, eine symmetrische Fettgewebsvermehrung der Beine vom Gesäß bis zu den oberen Sprunggelenken, eine Hämatomneigung sowie Orangenhaut. Das Lipödem sei eine symmetrische Fettverteilungserkrankung und betreffe die Beine und die Arme. Die Fettwulst sei in den Oberschenkelinnenseiten und führe zu einer Abduktionsbewegung und damit zur Gangbildveränderung und später zur X-Bein-Fehlstellung. Die unphysiologische Belastung führe zum frühzeitigen Gelenkverschleiß und zur Arthrose. Die Korrektur der Fettwulste mittels Liposuktion sei die einzige Möglichkeit, Beinachsenstellung und Gangbild kausal zu verbessern. Auf Grund der Pathiophysiologie des Lipödems seien Sport und Diäten zur Reduzierung der Fettmassen an den Beinen nicht zielführend. Die konservative Therapie könne bei konsequenter Einhaltung der therapeutischen Vorgaben zu einer Entödematisierung und zur Verringerung der Beschwerden, was Spannungs- und Druckschmerzhaftigkeit betreffe, beitragen. Sie habe jedoch auf die lokale Fettvermehrung keinerlei Einfluss. Die Liposuktion beim Lipödem sei als einziges Therapieverfahren in der Lage, die durch die Fettwulste erzeugte mechanische Behinderung des Gangbildes in der proximalen Oberschenkelinnenseite zu beseitigen und damit dem drohenden frühzeitigen Gelenksverschleiß mit Arthrosen im Knie- und Sprunggelenk entgegenzuwirken. Daneben korrigiere sie ebenfalls das charakteristische Gangbild. Neben der bedeutsamen Steigerung der Lebensqualität für die Betroffenen könne für das Gesundheitssystem auch eine signifikante Reduzierung der Kosten erreicht werden. Es müssten nach der Liposuktion weniger manuelle Lymphdrainagen verordnet werden. Weiter entfielen die Kosten, die bei einer Fettverteilungserkrankung durch orthopädische Interventionen bis hin zur Endoprothese entstünden. Die mit der Liposuktion verbundene erhebliche Verbesserung des Gesundheitszustandes habe zur Folge, dass die Liposuktion beim Lipödem als stationäre Behandlung eine von der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringende Leistung sei. Die bei der Klägerin anfallenden Kosten für eine Liposuktion betrügen ca. EUR 3.000,00 pro Sitzung, wobei drei Sitzungen erforderlich seien.
Im Auftrag der Beklagten erstellte Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. N. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) auf Grund einer Untersuchung der Klägerin vom 23. August 2013 unter dem 26. August 2013 ein sozialmedizinisches Gutachten. Die Klägerin sei 160 cm groß und 97,5 kg schwer. Es bestünden beidseitige Lipödeme, eine Adipositas III. Grades sowie eine Varikosis beidseits. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) habe über die beantragte Methode nicht beraten; ein Antrag liege nicht vor. Sie sei deshalb in der vertragsärztlichen Versorgung nicht zugelassen. Bei dem Lipödem handele es sich auch weder um eine lebensbedrohliche Erkrankung noch um eine notstandsähnliche Situation. Ein Wirksamkeitsnachweis der Liposuktion anhand einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Fällen auf Grund wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken liege bisher nicht vor. Überlegenheit, medizinischer Nutzen und Wirtschaftlichkeit gegenüber anderen Verfahren sei bislang nicht belegt. Eine Kostenübernahme könne daher nicht empfohlen werden. Angesichts der Schwierigkeiten der Klägerin, ihre Arbeit in der Wäscherei auszuführen, die bereits zu einer Reduktion der täglichen Arbeitszeit geführt habe, wäre die Erwerbsfähigkeit als erheblich gefährdet einzuschätzen und zunächst eine Rehabilitation mit lymphologisch metabolischem Schwerpunkt anzuregen.
Die Beklagte lehnte daraufhin die Kostenübernahme in einem Telefonat mit der Klägerin am 29. August 2013 ab (mündlicher Bescheid vom 29. August 2013).
Hiergegen erhob die Klägerin am 10. September 2013 Widerspruch. In den letzten Monaten sei ihr Lipödem geradezu explodiert. Der Umfang ihrer Oberschenkel habe innerhalb von fünf Monaten um über drei Zentimeter zugenommen. Andauernde Schmerzen begleiteten ihr Leben und machten den Alltag zur Qual. Treppensteigen sei kaum noch möglich. Sie müsse sich am Geländer hochziehen. Lymphdrainage und Kompressionsbestrumpfung brächten nur für wenige Stunden eine Erleichterung. Im Winter sei sie trotz hohen Schnees gezwungen, in Halbschuhen zur Arbeit zu laufen, da ihr die Schuhe, die den Knöchel überstiegen, nicht passten. Dies bedeute für sie im Winter kalte und nasse Füße. Die Tatsache, dass sie, um die Beine zu bewegen, bei der Arbeit stündlich einmal zur Toilette laufe, führe im Kollegenkreis zu Unmut und Anfeindungen. Dies wiederum versetze sie in Existenzängste (Verlust des Arbeitsplatzes) und stelle eine große psychische Belastung dar. Durch andauernde Schmerzen und das permanente Fortschreiten ihrer Erkrankung habe sie kein normales menschenwürdiges Leben mehr. Sie begehre eine stationäre Liposuktion. Sie legte ein im Auftrag des Lipödemhilfe e.V. erstelltes Rechtsgutachten des Rechtsanwaltes Dr. D. vom 2. April 2013 vor, nach dem die Kosten einer Liposuktion als Behandlungsmethode beim Lipödem bei einer Krankenhausbehandlung von der gesetzlichen Krankenkasse zu übernehmen seien. Bei der Liposuktion beim Lipödem handele es sich um eine Maßnahme der Krankenbehandlung, die – anders als konventionellen Behandlungen – die krankheitsbedingte Fettansammlung verringere und Betroffenen dadurch eine erhebliche Besserung ihres Gesundheitszustandes und Linderung der Krankheitsbeschwerden ermögliche. Sie diene nicht der kosmetischen Korrektur, sondern vielmehr der Beseitigung der krankheitsbedingten Ödeme. Die mit der Liposuktion verbundene erhebliche Verbesserung des Gesundheitszustandes der Betroffenen habe zur Folge, dass die Liposuktion beim Lipödem als stationäre Behandlung eine von der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringende Leistung sei.
Im Auftrag der Beklagten erstellte Dr. E. vom MDK unter dem 9. Oktober 2013 ein sozialmedizinisches Gutachten nach Aktenlage. Die medizinischen Voraussetzungen für die beantragte Leistung seien nicht erfüllt. Die Liposuktion sei nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung enthalten. Zwischen dem BMI (im Falle der Klägerin: 38), dem Ausmaß der Adipositas und dem Lipödem bestehe eine Korrelation. In erster Linie sollte daher eine Gewichtsreduktion mit dadurch eintretender Reduktion des Unterhautfettgewebes angestrebt werden. Dies wiederum führe zu einer verminderten Belastung der venösen Abflusswege und der Lymphabflusswege und wirke in Kombination mit Lymphdrainagebehandlung, Kompressionsstrumpfbehandlung und Bewegungstherapie verbessernd hinsichtlich der von der Klägerin geschilderten Beschwerdesystematik.
Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 6. März 2014 zurück. Bei der Liposuktion handele es sich um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, da sie bislang noch nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung sei, also als Leistung weder im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) enthalten sei noch von den Vertragsärzten als bewährte und verbreitete Methode angewandt werde. Die Krankenkassen dürften neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung nur dann erbringen, wenn der GBA eine Empfehlung über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode abgegeben habe. Der GBA habe noch keine positive Empfehlung abgegeben. Auch ein Systemmangel liege nicht vor. Ebenso lägen nicht die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) vor.
Hiergegen erhob die Klägerin am 7. April 2014 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Die Frage, ob die Beklagte ihr die Liposuktion im Rahmen stationärer Krankenhausbehandlung gewähren müsse, richte sich nach § 137 SGB V. Neue Behandlungsmethoden im Rahmen einer Krankenhausbehandlung bedürften keiner besonderen Zulassung und seien nur dann ausgeschlossen, wenn der GBA eine negative Stellungnahme abgegeben habe, was bislang nicht der Fall sei. Die stationäre Behandlung sei auch medizinisch notwendig. Es sei nicht zutreffend, dass durch manuelle Lymphdrainage eine Besserung ihrer Leiden erreicht werden könne. Die Maßnahmen zur Gewichtsreduktion und -erhaltung setze sie schon seit 2010 um, ohne dass dies die vermehrte Fettbildung des Unterhautfettgewebes der Oberschenkel habe verhindern können. Dies ergebe sich auch aus der (vorgelegten) Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF) 037/012 (Version 25. Juni 2009). Danach gebe es keine adäquate Therapie bei Lipödem der Beine. Aus den Untersuchungen und Studien, auf deren Grundlage diese Leitlinie erstellt worden sei, ergebe sich das Potential der Liposuktion zur Optimierung der Behandlung des Lipödems. Sobald eine Behandlungsmethode in einer AWMF-Leitlinie festgelegt worden sei, komme diesem Umstand besondere Bedeutung zu, weil in dieser Leitlinie niedergelegt sei, dass eine erhebliche Anzahl von ernstzunehmenden Fachleuten hinsichtlich dieser Behandlungsmethode davon ausgehe, dass diese medizinisch sinnvoll sei. Die Liposuktion sei als medizinisch notwendig und wirtschaftlich sinnvoll anerkannt. Die aktualisierte Evidenzbewertung der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 (SEG 7) vom 15. April 2014 belege nicht, dass die internationale Studienlage ergeben habe, dass die Liposuktion keine medizinisch notwendige wirtschaftliche Behandlungsmethode darstelle. Ausdrücklich heiße es dort, dass eine potentiell relevante Folgepublikation habe identifiziert werden können. Ob die SEG 7 tatsächlich eine relevante Folgepublikation ausgewertet habe, sei nicht gesagt. Die Krankenhausbehandlung medizinisch notwendig, weil deutlich mehr als zwei Liter Fett abgesaugt werden müssten, was für sich genommen bereits erhebliche Risiken mit Blick auf eine Fettembolie und ein Herz-Kreislaufversagen mit sich bringe, sowie nach dem Eingriff eine mindestens 24-stündige Beobachtung erforderlich sei. Auch Dr. H. habe seine Aussage in seiner sachverständigen Zeugenauskunft (dazu sogleich) deshalb zwischenzeitlich revidiert. Sie sei durch das Lipödem extrem beeinträchtigt. Sie arbeite in einer Wäscherei. Ihr Arbeitsplatz könne nur stehend ausgefüllt werden. Auf Grund der hohen Temperaturen und durch das mehrstündige Stehen schwellten die Beine an, was am Abend zu unerträglichen Schmerzen führe. Spätestens nach zwei Stunden Stehen müsse sie Schmerzmittel einnehmen. Die ihr verordneten Kompressionsstrümpfe seien in der Hitze der Wäscherei unerträglich. Die Klägerin verwies auf ein Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 7. Dezember 2012 (S 5 KR 381/11 – nicht veröffentlicht) und des Landessozialgerichts (LSG) Hessen (L 1 KR 391/12 – juris). Es liege zudem ein Fall des Systemversagens vor. Die Beurteilung durch den GBA könne nicht dreieinhalb Jahre in Anspruch nehmen, wie dies von ihm prognostiziert verordnet sei. Zuzugestehen sei der Beklagten, dass sie die Liposuktion nicht nach § 2 Abs. 1a SGB V beanspruchen könne.
Die Beklagte trat der Klage insbesondere unter Hinweis auf den Widerspruchsbescheid sowie auf ein Urteil des Senats vom 1. März 2013 (L 4 KR 3517/11 – juris) sowie ein Urteil des LSG Sachsen vom 16. Januar 2014 (L 1 KR229/10 – juris) entgegen. Eine Behandlung im Wege der stationären Durchführung einer Liposuktion gehöre nicht zum Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung, weil die Liposuktion nicht dem Stand der medizinischen Kenntnisse entspreche. Die Beklagte legte die Aktualisierung des Gutachtens der SEG 7 vom 15. April 2014 vor.
Am 22. Mai 2014 leitete der GBA ein Verfahren zur Bewertung der Liposuktion bei Lipödem für die ambulante und stationäre Behandlung ein. Auf Anfrage der Klägerin teilte der GBA mit (vorgelegtem) Schreiben vom 24. September 2014 mit, dass mit einem Abschluss des Verfahrens voraussichtlich nicht vor dem Jahr 2017 zu rechnen sei.
Das SG befragte Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. S. und Facharzt für Chirurgie Dr. Q. sowie Dr. H. schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. S. gab an (Auskunft vom 25. Oktober 2014), konservative Therapieoptionen seien bisher nicht erfolgversprechend gewesen, und legte unter anderen einen Arztbrief des Facharztes für Innere Medizin Dr. M. vom 7. März 2014 vor. Darin führt Dr. M. aus, dass eine Liposuktion seines Erachtens zur Zeit nicht zielführend sei. Therapeutisch käme eine komplexe Entstauungstherapie mit Befund adaptierter manueller Lymphdrainage, konsequentem Tragen der Kompressionsstrümpfe und entstauenden Bewegungsübungen in Frage. Dr. Q. meinte (Auskunft vom 27. Oktober 2014), eine Liposuktion könne voraussichtlich die Beschwerden der Klägerin lindern. Dr. H. (Auskunft vom 28. Oktober 2014) verwies auf seinen Arztbrief vom 1. August 2013 sowie weiter darauf, die Liposuktion könne auch unter ambulanten Bedingungen durchgeführt werden.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 14. Juli 2015 ab. Es fehle bereits an der Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung. Nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen bestehe keine Indikation für eine Liposuktion. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Gutachten des MDK und dem Arztbrief des Dr. M ... Danach lägen bei der Klägerin neben dem unstreitig vorhandenen Lipödem ein Ödem der Fußknöchel sowie eine Adipositas vor. Ebenso wie das Lipödem führte die Adipositas zu einer Vermehrung des Fettgewebes, das wiederum zu den von der Klägerin beklagten ziehenden Beschwerden in den Beinen durch Stauung und Schwellung führten. Sowohl Dr. M. als auch Dr. N. und Dr. E. gingen insofern überzeugend davon aus, dass die Beschwerden zumindest durch eine Gewichtsreduktion zusammen mit einer Entstauungstherapie mittels Bewegung, Lymphdrainage und Kompression gebessert werden könnten. Dr. M. habe deshalb die Liposuktion als derzeit nicht indiziert bezeichnet. Dem stehe nicht entgegen, dass die Klägerin bereits Maßnahmen zur Gewichtsreduktion ergriffen habe. Die Reduzierung der täglich aufgenommenen Kalorien und der Versuch ausreichender Bewegung sei ein Schritt zur Gewichtsreduktion, die aber ausweislich der vorliegenden ärztlichen Unterlagen bisher nicht zum Erfolg geführt hätten. Dr. H. habe überdies mitgeteilt, dass die von ihm als indiziert angesehene Liposuktion auch ambulant durchgeführt werden könne. Die Möglichkeit der ambulanten Durchführung schließe insoweit einen Anspruch auf Krankenhausbehandlung aus. Diese sei nämlich nicht bereits deshalb erforderlich, weil eine bestimmte Leistung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erbracht werden könne, aber vertragsärztlich – wie hier – mangels positiver Empfehlung des GBA nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung geleistete werden dürfe. Selbst wenn man die Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung als wahr unterstelle und davon ausgehe, dass Dr. H. entgegen dem MDK und Dr. M. zu Recht die Notwendigkeit der Liposuktion sehe und gleichzeitig nunmehr eine stationäre Behandlung für erforderlich halte, bestehe der geltend gemachte Anspruch nicht. Es fehle an der Erfüllung der erforderlichen Qualitätsanforderungen (Hinweis auf das Urteil des Senats vom 1. März 2013 – L 4 KR 3517/11 – juris; Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 5. Februar 2015 – L 5 KR 228/13 – juris; Urteil des LSG Sachsen vom 16. Januar 2014 – L 1 KR 229/10 – juris). Das Urteil des LSG Hessen vom 5. Februar 2013 (L 1 KR 391/12 – juris) berücksichtige hingegen noch nicht die Rechtsprechung des BSG zu den Qualitätsanforderungen im stationären Bereich. Es gehe deshalb unzutreffend davon aus, dass im stationären Bereich andere Qualitätsanforderungen bestünden als in der ambulanten Versorgung. Der Klägerin stehe der Anspruch auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Systemversagens zu. Auch ein Seltenheitsfall sei nicht gegeben. Schließlich könne auch eine grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungsrechts keinen Anspruch der Klägerin begründen, denn das Lipödem sei weder eine tödlich noch eine lebensbedrohliche oder eine damit wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung.
Gegen das ihr am 10. August 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 9. September 2015 Berufung eingelegt. Sie verweist auf die AWMF-Leitlinie zum Lipödem, die zwar zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem SG außer Kraft gesetzt gewesen sei, allerdings nunmehr wieder gelte. Sie sei mit einstimmigem Beschluss der beteiligten Fachgesellschaften am 28. Oktober 2015 erneut angenommen worden. Vor diesem Hintergrund könne nicht gesagt werden, dass die Liposuktion zur Therapie des Lipödems derzeit noch Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen sei. Vielmehr seien die wissenschaftlichen Diskussionen lange geführt worden, so dass die Bearbeitungsdauer, die der GBA mit bis Ende 2017 angebe, übermäßig lang sei. Es liege daher ein Systemversagen vor.
Die Klägerin beantragt (sachgerecht gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 14. Juli 2015 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 29. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2014 zu verurteilen, ihr eine Liposuktion beider Beine im Rahmen einer stationären Krankenhausbehandlung als Sachleistung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Der Berichterstatter hat die Beteiligten auf die Absicht des Senats, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, und auf das Urteil des LSG Hessen vom 29. Januar 2015 (L 8 KR 339/11 – juris) hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Klägerin hat daraufhin vorgetragen, dieses Urteil des LSG Hessen nicht für überzeugend zu halten. Zwar handele es sich bei der Leitlinie der AWMF nur um eine S 1-Leitlinie; diese Leitlinie werde jedoch seit 2009 angewendet. An ihrer Erstellung hätten insgesamt acht Fachgesellschaften mitgewirkt. Die Beklagte hat sich nicht geäußert.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
II.
1. Der Senat entscheidet über die Berufung der Klägerin nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten.
2. Die gemäß § 144 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da die Klägerin Leistungen von mehr als EUR 750,00 begehrt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), nämlich Leistungen mit einem Wert von EUR 9.000,00 (vgl. Arztbrief des Dr. H. vom 1. August 2013).
3. Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 29. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2014 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung einer stationären Liposuktion als Sachleistung. Nur diese – stationäre Liposuktion – ist Gegenstand des Verfahrens, auch wenn die Ausführungen der Beklagten in den angegriffenen Bescheiden, die nur die Gewährung einer ambulanter Liposuktion betreffen, das Begehren der Klägerin verfehlen. Dies führt lediglich dazu, dass die Begründung der Bescheide unzutreffend ist, ohne deren Rechtmäßigkeit zu berühren, da es sich um eine gebundene Entscheidung handelt (vgl. § 42 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]; BSG, Urteil vom 29. Juni 2000 – B 11 Al 85/99 R – juris, Rn. 23). Dass das Begehren der Klägerin von Anfang an auf die Gewährung einer stationären Liposuktion gerichtet war, ergibt sich bereits aus dem von ihr bei Antragstellung bei der Beklagten vorgelegten angiologischen Bericht des Dr. H. vom 1. August 2013, der ausdrücklich die Kostenübernahme bei stationärer Lipoduktion thematisiert. Im Widerspruchsschreiben vom 5. September 2013 bekräftigte die Klägerin dieses Begehren ausdrücklich.
a) Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u.a. die ärztliche Behandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V) und die Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V). Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB V umfasst ärztliche Behandlung die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Nach § 39 Abs. 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs. 1 SGB V unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Krankheit im Sinne des SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteile vom 19. Oktober 2004 – B 1 KR 3/03 R – juris, 28. September 2010 – B 1 KR 5/10 R – juris, 11. September 2012 – B 1 KR 9/12 R – juris). Krankheitswert im Rechtssinne kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Eine Krankheit liegt nur vor, wenn der Versicherte in den Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteile vom 28. Februar 2008 – B 1 KR 19/07 R – und 6. März 2012 – B 1 KR 17/11 R – beide juris; Urteil des Senats vom 26. Juni 2009 – L 4 KR 3386/08 – nicht veröffentlicht; LSG Hessen, Urteil vom 15. April 2013 – L 1 KR 119/11 – juris).
Bei der Klägerin besteht eine Krankheit im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V. Sie leidet an einem Lipödemsyndrom beider Beine. Dies ergibt sich aus dem dem angiologischen Bericht des Dr. H. vom 1. August 2013. Das Beschwerdebild stellt eine Krankheit im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V dar, denn der insoweit bei der Klägerin vorliegende körperliche Zustand ist mit Blick auf die geklagten Schmerzen, die eine Beeinträchtigung von Körperfunktionen darstellen, ein regelwidriger Zustand, der – was auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt wird – einer körperlichen Behandlung bedarf.
b) Der Behandlungsanspruch eines Versicherten bei Vorliegen einer Krankheit unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Beschränkungen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Die Krankenkassen sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie nach eigener Einschätzung der Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein (zum Ganzen: z.B. BSG, Urteile vom 16. Dezember 2008 – B 1 KR 11/08 R – juris, 3. Juli 2012 – B 1 KR 6/11 R – juris, und 7. Mai 2013 – B 1 KR 44/12 R – juris). Zu beachten sind schließlich auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts (Viertes Kapitel des SGB V, §§ 69 bis 140h SGB V), insbesondere auch die Regelungen über die Qualitätssicherung.
Für die stationäre Krankenbehandlung regelt die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden § 137c SGB V. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift in der seit 1. Januar 2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I, S. 2983) überprüft der GBA auf Antrag des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zulasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind (Satz 1). Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode nicht hinreichend belegt ist und sie nicht das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, insbesondere weil sie schädlich oder unwirksam ist, erlässt der GBA eine entsprechende Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der Krankenkassen erbracht werden darf (Satz 2). Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, beschließt der GBA eine Richtlinie zur Erprobung nach § 137e SGB V (Satz 3). Nach Abschluss der Erprobung erlässt der GBA eine Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der Krankenkassen erbracht werden darf, wenn die Überprüfung unter Hinzuziehung der durch die Erprobung gewonnenen Erkenntnisse ergibt, dass die Methode nicht den Kriterien nach Satz 1 entspricht (Satz 4). Ist eine Richtlinie zur Erprobung nicht zustande gekommen, weil es an einer nach § 137e Abs. 6 SGB V erforderlichen Vereinbarung fehlt, gilt Satz 4 entsprechend (Satz 5). Für den stationären Bereich gibt es mithin keine dem § 135 Abs. 1 SGB V entsprechende Vorschrift, die einen solchen Anerkennungsvorbehalt formuliert. Dies bedeutet allerdings nicht, dass in der stationären Krankenbehandlung sämtliche in Betracht kommenden Behandlungsmethoden zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden können. Vielmehr sind die Krankenhäuser nicht davon entbunden, die Standards des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V und § 12 Abs. 1 SGB V im Einzelfall zu überprüfen und einzuhalten. § 137c SGB V setzt die Geltung des Qualitätsvorbehaltes des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V nicht außer Kraft (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juli 2008 – B 1 KR 5/08 R – juris, BSG, Urteil vom 21. März 2013 – B 3 KR 2/12 R – juris). Die einzige Ausnahme bildet nach § 137c Abs. 2 Satz 2 SGB V die Durchführung klinischer Studien. Behandlungen im Rahmen solcher Studien waren und sind daher zur Förderung des medizinischen Fortschritts stets zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung abrechenbar (zum Ganzen: Urteil des Senats vom 27. Januar 2012 – L 4 KR 2172/10 – juris, nachgehend BSG, Urteil vom 21. März 2013 – B 3 KR 2/12 R – juris).
Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Änderung des § 137c SGB V durch Art. 64 Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VSG) vom 16. Juli 2015 (BGBl. I S. 1211) mit Wirkung zum 23. Juli 2015 (Art. 20 GKV-VSG). Diese ist vorliegend zu berücksichtigen, weil die Klägerin mit ihrer Leistungsklage einen Anspruch auf Sachleistung geltend macht und deshalb die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats maßgeblich ist. Die § 137c Abs. 1 SGB V angefügten Sätze 6 und 7 bestimmen gesetzliche Fristen für das Verfahren beim GBA. Nach dem eingefügten § 137c Abs. 3 SGB V dürfen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der GBA bisher keine Entscheidung nach Abs. 1 getroffen hat, im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden, wenn sie das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig ist (Satz 1). Dies gilt sowohl für Methoden, für die noch kein Antrag nach Abs. 1 Satz 1 gestellt wurde, als auch für Methoden, deren Bewertung nach Abs. 1 noch nicht abgeschlossen ist. Da der GBA ein Beratungsverfahren zur Bewertung der Liposuktion bei Lipödem gemäß §§ 135 Abs. 1 und 137c SGB V eingeleitet hat (Beschluss vom 22. Mai 2014), das noch nicht abgeschlossen ist, unterfällt die Liposuktion als Behandlungsmethode im Rahmen der stationären Krankenhausbehandlung in den Anwendungsbereich des § 137c Abs. 3 SGB V. Es ist jedoch weiterhin für jede einzelne Behandlungsmethode – hier die Liposuktion – zu prüfen, ob sie das Potenzial einer erfolgreichen Behandlungsalternative bietet. Diese Prüfung kann nur anhand der bisherigen Maßstäbe der § 2 Abs. 1 Satz 3 und § 12 Abs. 1 SGB V erfolgen. Die in diesen Vorschriften geregelten allgemeinen Grundsätze, die für den gesamten Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung gelten (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 10. März 2015 – B 1 KR 3/15 R – juris, Rn. 23 m.w.N.), sind mit der Einfügung des § 137c Abs. 3 SGB V weder aufgehoben noch abgeschwächt worden (ähnlich Axer, GesR 2015, 641 [645 f.]). Die Regelung soll das allgemeine Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 "Satz 2" (richtig Satz 3) SGB V konkretisieren (Bundestags-Drucksache 18/4095, S. 121). Die Neuregelung führt deshalb nicht zu einer "Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt" dahin, dass alle Behandlungsmethoden in der Krankenhausbehandlung von den Krankenkassen als Sachleistung zu erbringen sind, für welche keine negative Entscheidung des GBA vorhanden ist (ebenso Axer, GesR 2015, 641 [645]).
c) Die Liposuktion bietet nicht das Potenzial einer erfolgreichen Behandlungsalternative. Denn die Liposuktion entspricht – schon ganz grundlegend – nicht den erforderlichen Qualitätsanforderungen, die an eine zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung durchzuführende Behandlungsmethode zu stellen sind (ebenso LSG Hessen, Urteil vom 29. Januar 2015 – L 8 KR 339/11 – juris; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. Februar 2015 – L 5 KR 228/13 – juris; LSG Bayern, Beschluss vom 8. April 2015 – L 5 KR 81/14 – juris). Der Senat hat in seinem Urteil vom 27. April 2012 (L 4 KR 595/11, a.a.O.; zuletzt bestätigt in dem der Klägerin zur Kenntnis gegebenen Urteil des Senats vom 17. Juli 2015 – L 4 KR 4371/14 – nicht veröffentlicht –; ferner Urteil des Senats vom 14. Juni 2013 – L 4 KR 84/13 – nicht veröffentlicht; siehe auch Urteil des Senats vom 1. März 2013 – L 4 KR 3517/11 – juris) ausgeführt: "§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V gibt vor, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen, die zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V umfasst daher nur solche Leistungen, deren Qualität und Wirksamkeit diesen wissenschaftlichen Anforderungen entspricht. Hierzu genügt es nicht, dass eine Behandlungsmethode bei einem Versicherten nach Ansicht seiner Ärzte positiv gewirkt haben soll (vgl. entsprechend das BSG auch zur Frage der Erfüllung von Qualitätskriterien einer bestimmten Arzneimitteltherapie, Urteil vom 1. März 2011 – B 1 KR 7/10 R – SozR 4-2500 § 35 Nr. 5; Urteil vom 27. September 2005 – B 1 KR 6/04 R – SozR 4-2500 § 31 Nr. 3 m.w.N. – Wobe-Mugos). Neue Verfahren, die nicht ausreichend erprobt sind, oder Außenseitermethoden, die zwar bekannt sind, aber sich nicht bewährt haben, lösen keine Leistungspflicht der Krankenkasse aus. Es ist nicht Aufgabe der Krankenkassen, die medizinische Forschung zu finanzieren (so ausdrücklich BT-Drucks. 11/2237, S. 157). Die einzige Ausnahme bilden nach § 137c Abs. 2 Satz 2 SGB V die Durchführung klinischer Studien. Behandlungen im Rahmen solcher Studien waren und sind daher zur Förderung des medizinischen Fortschritts stets zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abrechenbar.
Außerhalb klinischer Studien muss es jedoch zu Qualität und Wirksamkeit einer Behandlungsmethode grundsätzlich zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen geben. Entsprechend der auch durch den GBA für seine Entscheidungen zugrunde gelegten Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin ist dabei eine Sichtung und qualitative Bewertung der über eine Behandlungsmethode vorhandenen wissenschaftlichen Publikationen und Expertisen vorzunehmen (vgl. dezidiert BSG, Urteile vom 1. März 2011 u.a. – B 1 KR 7/10 R – a.a.O.; ebenso BSG, Urteil vom 12. August 2009 – B 3 KR 10/07 R – SozR 4-2500 § 139 Nr. 4). Erforderlich ist mithin, dass der Erfolg der Behandlungsmethode objektivierbar, also in einer ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 18. Mai 2004 – B 1 KR 21/02 R – SozR 4-2500 § 31 Nr. 1 RdNr. 7 m.w.N.; vgl. dazu auch Wagner, in Krauskopf, Stand 2008, § 13 SGB V Rn. 19). Die höchste Beweiskraft haben danach direkte Vergleichsstudien mit anderen Behandlungsmethoden, also Studien der Evidenzklasse I (vgl. entsprechend zur Arzneimitteltherapie BSG, Urteile vom 1. März 2011, u.a – B 1 KR 7/10 R – a.a.O.). Nur soweit derartige Studien nicht existieren, kann im Einzelfall auf andere, hinreichend aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden (vgl. auch Flint in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2011, K § 35 RdNr. 64). Um der in § 137c SGB V grundsätzlich angelegten Innovationsmöglichkeit gerecht zu werden, schließt der Senat dabei nicht aus, dass auch Expertenmeinungen zur Beurteilung des wissenschaftlichen Standards herangezogen werden können. Diese sind jedoch nicht geeignet, eine Leistungspflicht der Krankenkasse auch dann zu begründen, wenn objektivierbare Erkenntnisse bereits in eine andere Richtung weisen. Expertenmeinungen sind daher stets im Zusammenhang mit den vorhandenen objektivierbaren wissenschaftlichen Aussagen im Sinne einer maßgeblichen Gesamtschau heranzuziehen (so der erkennende Senat in seinem Urteil vom 27. Januar 2012 – L 4 KR 2272/10 – juris).
Von Qualität und Wirksamkeit der begehrten Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems im Sinne der Kriterien des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V vermochte der Senat sich indes nicht zu überzeugen. Er legt insoweit ganz maßgeblich das von der Beklagten vorgelegte "Gutachten Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen" der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 vom 6. Oktober 2011 zugrunde. Dieses Gutachten nimmt eine umfassende Auswertung der über den Einsatz von Liposuktion als Methode zur Behandlung von Lipödemen veröffentlichten Studien vor, wobei die Gutachter neben randomisiert kontrollierten auch nicht randomisiert kontrollierte Studien berücksichtigt haben. Die im Mai 2011 insoweit durchgeführte Recherche der hierzu vorhandenen Publikationen ergab überhaupt nur zwei relevante, diesen Qualitätsanforderungen entsprechende Studien. Für den konkreten Fall ist sogar nur eine der beiden Studien (nämlich diejenige zum Krankheitsbild der Lipomatosis dolorosa von Hansson – veröffentlicht 2011) relevant, da sich die andere der beiden Studien mit Liposuktion zur Behandlung eines Lymphödems nach Mammakarzinom befasst. In der Studie Hansson wurde (nicht randomisiert kontrolliert) der Langzeiterfolg der Liposuktion bei 111 Frauen mit Lipomatosis dolorosa beobachtet. Dabei wurde ein signifikanter Unterschied in der Schmerzreduktion beobachtet, ohne dass dies von den Autoren selbst als zureichendes Ergebnis gewertet wurde, um einen langfristigen Nutzen ausreichend zu belegen. Vielmehr fordern auch die Autoren weitere randomisiert kontrollierte Studien mit ausreichend validierten Ergebniskriterien. Alle übrigen seinerzeit zugänglichen Veröffentlichungen erfüllen diese Qualitätsanforderungen nicht bzw. stellen Registernachbeobachtungen oder Ergebnisberichte kleiner Fallserien dar. Für den Senat war daher das Fazit der Gutachter überzeugend, dass die Methode der Liposuktion zur Therapie des Lipödems derzeit noch Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion ist und weitere randomisierte Studien erforderlich sind, um sie zu einer den Kriterien der evidenzbasierten Medizin entsprechenden Behandlungsmethode qualifizieren zu können. Diesem Fazit schließt sich der Senat an."
Es besteht kein Anlass, aufgrund des Vorbringens der Klägerin des vorliegenden Verfahrens hiervon abzuweichen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die unter dem 15. Januar 2015 erfolgte Aktualisierung (mds-sindbad.de/infomed/sindbad.nsf/002568A2003D5BAE/20B52) des Primärgutachtens der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen vom 6. Oktober 2011. Danach haben die zwei identifizierten kontrollierten Studien, welche die Liposuktion bei sekundärem Lymphödem der Arme nach Brustkrebstherapie bzw. zur Schmerztherapie bei Lipomatosis dolorosa untersuchten, auch unter Berücksichtigung der aktuell vorliegenden Publikation erhebliche methodische sowie zum Teil inhaltliche Limitationen und berichten unzureichend über Langzeitergebnisse und Nebenwirkungen der Therapie. Zur Liposuktion beim Lipödem sind nur Publikationen kleiner Fallse-rien bekannt, die grundsätzlich nicht geeignet sind, einen patientenrelevanten Vorteil zu begründen (vgl. auch LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. Februar 2015 – L 5 KR 228/13 – juris, Rn. 21).
Entgegen der erstinstanzlichen Darstellung der Klägerin hat die aktualisierte Evidenzbewertung der SEG 7 vom 15. April 2014 auch nicht offen gelassen, ob sie die dort erwähnte relevante Folgepublikation ausgewertet habe. Gemeint ist damit eine Veröffentlichung von Hansson u.a. aus dem Jahr 2012. In der Evidenzbewertung vom 15. April 2014 wird vielmehr die Schlussfolgerung dieser Publikation wörtlich wiedergegeben, wonach die Ergebnisse der der Publikation zugrunde liegenden Studie bei Patientinnen mit Dercum Disaese auf eine geringe Verbesserung der Lebensqualität hindeuteten, nichtsdestotrotz die Ursache unklar und die Verbesserung nicht ausreichend sei, um das Risiko des operativen Eingriffs zu tragen.
Dem allen kann die AWMF-Leitlinie 037/012 "Lipödem" (aktueller Stand: 10/2015) nicht entgegengehalten werden. Es handelt sich um eine sog. S1-Leitlinie. Eine solche "S1-Leitlinie" ist kein Beleg für Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Behandlungsmethode im Sinne der Kriterien der evidenzbasierten Medizin (LSG Hessen, Urteil vom 29. Januar 2015 – L 8 KR 339/11 – juris, Rn. 45). Auf einer Evidenz-Recherche beruhen Leitlinien der Stufe "S2e" oder "S3" (http://www.awmf.org/fileadmin/user upload/Leitlinien/Werkzeuge/ll-glossar.pdf "Klassifizierung von Leitlinien").
Der Senat hält daher – auch in Kenntnis abweichender Entscheidungen anderer Gerichte (Sozialgericht Dresden, Urteil vom 13. März 2015 – S 47 KR 541/11 – nicht veröffentlicht) an seiner Auffassung fest (zuletzt Urteil des Senats vom 17. Juli 2015 – L 4 KR 4371/14 – nicht veröffentlicht).
d) Dieses Ergebnis steht auch nicht im Widerspruch zum Urteil des BSG vom 16. Dezember 2008 (B 1 KR 11/08 R, a.a.O.), wie der Senat bereits im Urteil vom 27. April 2011 (a.a.O.) ausgeführt hat: "Das BSG hatte sich dort mit der Frage zu befassen, ob die Behandlungsmethode der Liposuktion, die ambulant zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse von vornherein mangels positiver Empfehlung des GBA nicht erbracht werden darf (§ 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V; dazu auch Urteil des Senats vom 10. September 2010 – L 4 KR 3961/09 –, nicht veröffentlicht), gleichsam automatisch stationär zu erbringen ist, da im klinischen Bereich das Erfordernis einer positiven Entscheidung durch den GBA nicht besteht. Dies hat das BSG im konkreten Fall unter Verweis auf das Fehlen schon der Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 SGB V verneint, da die dort statuierten spezifischen Voraussetzungen für eine Krankenhausbehandlung nicht vorlagen. Mit der Frage, ob die Methode der Liposuktion denn überhaupt den Maßstäben evidenzbasierter Medizin entspricht, hatte sich das BSG demgemäß gar nicht zu befassen. Aus der zitierten Entscheidung kann daher nicht abgeleitet werden, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des Erfordernisses der Durchführung einer stationären Operation ohne weiteres ein Leistungsanspruch auf Durchführung einer Liposuktion zulasten der Krankenkasse besteht. Anhand der jüngeren Rechtsprechung des BSG ergibt sich vielmehr gerade das Gegenteil. Das BSG hat darin (vgl. insoweit insbesondere das Urteil vom 17. Februar 2010 – B 1 KR 10/09 R – SozR 4-2500 § 27 Nr. 18 zum Anspruch einer Versicherten auf stationär durchgeführt Reimplantation nach Kryokonservierung von Eierstockgewebe) ausdrücklich zum Maßstab gemacht, dass auch die stationäre Behandlung stets einer Überprüfung anhand der Maßstäbe des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V zu unterziehen ist. Eine andere Auffassung führte im Übrigen zu dem auch unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) nicht tragbaren Ergebnis, dass Patienten allein deshalb, weil sie bestimmte Risikofaktoren erfüllen, die einen Krankenhausaufenthalt erforderlich machen, eine Behandlung in stationärem Rahmen erhielten, obwohl sich für die Wirksamkeit einer bestimmten Methode keine bislang hinreichend wissenschaftlich gefestigten Anhaltspunkte ergeben".
e) Die Klägerin kann den geltend gemachten Anspruch auch nicht auf ein Systemversagen stützen. Eine Leistungspflicht der Krankenkasse kann ausnahmsweise bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde ("Systemversagen"). Ein derartiger Systemmangel wird angenommen, wenn das Verfahren vor dem GBA von den antragsberechtigten Stellen oder dem GBA selbst überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde (vgl. BSG, Urteil vom 4. April 2006 – B 1 KR 12/05 R – juris, Rn. 28; BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris, Rn. 18; Urteil vom 7. Mai 2013 – B 1 KR 44/12 R – juris, Rn. 17). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor (ebenso etwa LSG Bayern, Beschluss vom 8. April 2015 – L 5 KR 81/14 – juris, Rn. 22). Denn der GBA hat mit Beschluss vom 22. Mai 2014 ein Beratungsverfahren zur Bewertung der Liposuktion bei Lipödem gemäß §§ 135 Abs. 1 und 137c SGB V eingeleitet. Ein Systemversagen lässt sie nicht daraus ableiten, dass dieses Beratungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist und voraussichtlich erst im Jahre 2017 abgeschlossen sein wird. Denn die gesetzlichen Frist von drei Jahren (§ 137c Abs. 1 Satz 7 SGB V in der seit 23. Juli 2015 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 64 Buchst. a GKV-VSG) ist nicht abgelaufen.
f) Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1a SGB V liegen nicht vor. Die Klägerin stützt ihren Anspruch auch nicht auf diese Vorschrift (S. 3 der Klageschrift vom 4. April 2014).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Rechtsstreit betrifft die Gewährung einer stationären Liposuktion der Beine als Sachleistung.
Die Klägerin ist am 1958 geboren, in einer Wäscherei sozialversicherungspflichtig beschäftigt und bei der Beklagten krankenversichert. Sie beantragte am 7. August 2013 die Kostenübernahme für eine Liposuktion bei der Beklagten. Sie legte einen angiologischen Bericht des Dr. H. (Venenzentrum F.) vom 1. August 2013 vor. Danach liegen bei der Klägerin Lipödeme beidseits vor. Es bestünden seit längerer Zeit ziehende Beschwerden im Bereich der unteren Extremitäten und abendliche Schwellneigung, nicht auf den Fußrücken übergehend, eine symmetrische Fettgewebsvermehrung der Beine vom Gesäß bis zu den oberen Sprunggelenken, eine Hämatomneigung sowie Orangenhaut. Das Lipödem sei eine symmetrische Fettverteilungserkrankung und betreffe die Beine und die Arme. Die Fettwulst sei in den Oberschenkelinnenseiten und führe zu einer Abduktionsbewegung und damit zur Gangbildveränderung und später zur X-Bein-Fehlstellung. Die unphysiologische Belastung führe zum frühzeitigen Gelenkverschleiß und zur Arthrose. Die Korrektur der Fettwulste mittels Liposuktion sei die einzige Möglichkeit, Beinachsenstellung und Gangbild kausal zu verbessern. Auf Grund der Pathiophysiologie des Lipödems seien Sport und Diäten zur Reduzierung der Fettmassen an den Beinen nicht zielführend. Die konservative Therapie könne bei konsequenter Einhaltung der therapeutischen Vorgaben zu einer Entödematisierung und zur Verringerung der Beschwerden, was Spannungs- und Druckschmerzhaftigkeit betreffe, beitragen. Sie habe jedoch auf die lokale Fettvermehrung keinerlei Einfluss. Die Liposuktion beim Lipödem sei als einziges Therapieverfahren in der Lage, die durch die Fettwulste erzeugte mechanische Behinderung des Gangbildes in der proximalen Oberschenkelinnenseite zu beseitigen und damit dem drohenden frühzeitigen Gelenksverschleiß mit Arthrosen im Knie- und Sprunggelenk entgegenzuwirken. Daneben korrigiere sie ebenfalls das charakteristische Gangbild. Neben der bedeutsamen Steigerung der Lebensqualität für die Betroffenen könne für das Gesundheitssystem auch eine signifikante Reduzierung der Kosten erreicht werden. Es müssten nach der Liposuktion weniger manuelle Lymphdrainagen verordnet werden. Weiter entfielen die Kosten, die bei einer Fettverteilungserkrankung durch orthopädische Interventionen bis hin zur Endoprothese entstünden. Die mit der Liposuktion verbundene erhebliche Verbesserung des Gesundheitszustandes habe zur Folge, dass die Liposuktion beim Lipödem als stationäre Behandlung eine von der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringende Leistung sei. Die bei der Klägerin anfallenden Kosten für eine Liposuktion betrügen ca. EUR 3.000,00 pro Sitzung, wobei drei Sitzungen erforderlich seien.
Im Auftrag der Beklagten erstellte Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. N. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) auf Grund einer Untersuchung der Klägerin vom 23. August 2013 unter dem 26. August 2013 ein sozialmedizinisches Gutachten. Die Klägerin sei 160 cm groß und 97,5 kg schwer. Es bestünden beidseitige Lipödeme, eine Adipositas III. Grades sowie eine Varikosis beidseits. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) habe über die beantragte Methode nicht beraten; ein Antrag liege nicht vor. Sie sei deshalb in der vertragsärztlichen Versorgung nicht zugelassen. Bei dem Lipödem handele es sich auch weder um eine lebensbedrohliche Erkrankung noch um eine notstandsähnliche Situation. Ein Wirksamkeitsnachweis der Liposuktion anhand einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Fällen auf Grund wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken liege bisher nicht vor. Überlegenheit, medizinischer Nutzen und Wirtschaftlichkeit gegenüber anderen Verfahren sei bislang nicht belegt. Eine Kostenübernahme könne daher nicht empfohlen werden. Angesichts der Schwierigkeiten der Klägerin, ihre Arbeit in der Wäscherei auszuführen, die bereits zu einer Reduktion der täglichen Arbeitszeit geführt habe, wäre die Erwerbsfähigkeit als erheblich gefährdet einzuschätzen und zunächst eine Rehabilitation mit lymphologisch metabolischem Schwerpunkt anzuregen.
Die Beklagte lehnte daraufhin die Kostenübernahme in einem Telefonat mit der Klägerin am 29. August 2013 ab (mündlicher Bescheid vom 29. August 2013).
Hiergegen erhob die Klägerin am 10. September 2013 Widerspruch. In den letzten Monaten sei ihr Lipödem geradezu explodiert. Der Umfang ihrer Oberschenkel habe innerhalb von fünf Monaten um über drei Zentimeter zugenommen. Andauernde Schmerzen begleiteten ihr Leben und machten den Alltag zur Qual. Treppensteigen sei kaum noch möglich. Sie müsse sich am Geländer hochziehen. Lymphdrainage und Kompressionsbestrumpfung brächten nur für wenige Stunden eine Erleichterung. Im Winter sei sie trotz hohen Schnees gezwungen, in Halbschuhen zur Arbeit zu laufen, da ihr die Schuhe, die den Knöchel überstiegen, nicht passten. Dies bedeute für sie im Winter kalte und nasse Füße. Die Tatsache, dass sie, um die Beine zu bewegen, bei der Arbeit stündlich einmal zur Toilette laufe, führe im Kollegenkreis zu Unmut und Anfeindungen. Dies wiederum versetze sie in Existenzängste (Verlust des Arbeitsplatzes) und stelle eine große psychische Belastung dar. Durch andauernde Schmerzen und das permanente Fortschreiten ihrer Erkrankung habe sie kein normales menschenwürdiges Leben mehr. Sie begehre eine stationäre Liposuktion. Sie legte ein im Auftrag des Lipödemhilfe e.V. erstelltes Rechtsgutachten des Rechtsanwaltes Dr. D. vom 2. April 2013 vor, nach dem die Kosten einer Liposuktion als Behandlungsmethode beim Lipödem bei einer Krankenhausbehandlung von der gesetzlichen Krankenkasse zu übernehmen seien. Bei der Liposuktion beim Lipödem handele es sich um eine Maßnahme der Krankenbehandlung, die – anders als konventionellen Behandlungen – die krankheitsbedingte Fettansammlung verringere und Betroffenen dadurch eine erhebliche Besserung ihres Gesundheitszustandes und Linderung der Krankheitsbeschwerden ermögliche. Sie diene nicht der kosmetischen Korrektur, sondern vielmehr der Beseitigung der krankheitsbedingten Ödeme. Die mit der Liposuktion verbundene erhebliche Verbesserung des Gesundheitszustandes der Betroffenen habe zur Folge, dass die Liposuktion beim Lipödem als stationäre Behandlung eine von der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringende Leistung sei.
Im Auftrag der Beklagten erstellte Dr. E. vom MDK unter dem 9. Oktober 2013 ein sozialmedizinisches Gutachten nach Aktenlage. Die medizinischen Voraussetzungen für die beantragte Leistung seien nicht erfüllt. Die Liposuktion sei nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung enthalten. Zwischen dem BMI (im Falle der Klägerin: 38), dem Ausmaß der Adipositas und dem Lipödem bestehe eine Korrelation. In erster Linie sollte daher eine Gewichtsreduktion mit dadurch eintretender Reduktion des Unterhautfettgewebes angestrebt werden. Dies wiederum führe zu einer verminderten Belastung der venösen Abflusswege und der Lymphabflusswege und wirke in Kombination mit Lymphdrainagebehandlung, Kompressionsstrumpfbehandlung und Bewegungstherapie verbessernd hinsichtlich der von der Klägerin geschilderten Beschwerdesystematik.
Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 6. März 2014 zurück. Bei der Liposuktion handele es sich um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, da sie bislang noch nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung sei, also als Leistung weder im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) enthalten sei noch von den Vertragsärzten als bewährte und verbreitete Methode angewandt werde. Die Krankenkassen dürften neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung nur dann erbringen, wenn der GBA eine Empfehlung über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode abgegeben habe. Der GBA habe noch keine positive Empfehlung abgegeben. Auch ein Systemmangel liege nicht vor. Ebenso lägen nicht die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) vor.
Hiergegen erhob die Klägerin am 7. April 2014 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Die Frage, ob die Beklagte ihr die Liposuktion im Rahmen stationärer Krankenhausbehandlung gewähren müsse, richte sich nach § 137 SGB V. Neue Behandlungsmethoden im Rahmen einer Krankenhausbehandlung bedürften keiner besonderen Zulassung und seien nur dann ausgeschlossen, wenn der GBA eine negative Stellungnahme abgegeben habe, was bislang nicht der Fall sei. Die stationäre Behandlung sei auch medizinisch notwendig. Es sei nicht zutreffend, dass durch manuelle Lymphdrainage eine Besserung ihrer Leiden erreicht werden könne. Die Maßnahmen zur Gewichtsreduktion und -erhaltung setze sie schon seit 2010 um, ohne dass dies die vermehrte Fettbildung des Unterhautfettgewebes der Oberschenkel habe verhindern können. Dies ergebe sich auch aus der (vorgelegten) Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF) 037/012 (Version 25. Juni 2009). Danach gebe es keine adäquate Therapie bei Lipödem der Beine. Aus den Untersuchungen und Studien, auf deren Grundlage diese Leitlinie erstellt worden sei, ergebe sich das Potential der Liposuktion zur Optimierung der Behandlung des Lipödems. Sobald eine Behandlungsmethode in einer AWMF-Leitlinie festgelegt worden sei, komme diesem Umstand besondere Bedeutung zu, weil in dieser Leitlinie niedergelegt sei, dass eine erhebliche Anzahl von ernstzunehmenden Fachleuten hinsichtlich dieser Behandlungsmethode davon ausgehe, dass diese medizinisch sinnvoll sei. Die Liposuktion sei als medizinisch notwendig und wirtschaftlich sinnvoll anerkannt. Die aktualisierte Evidenzbewertung der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 (SEG 7) vom 15. April 2014 belege nicht, dass die internationale Studienlage ergeben habe, dass die Liposuktion keine medizinisch notwendige wirtschaftliche Behandlungsmethode darstelle. Ausdrücklich heiße es dort, dass eine potentiell relevante Folgepublikation habe identifiziert werden können. Ob die SEG 7 tatsächlich eine relevante Folgepublikation ausgewertet habe, sei nicht gesagt. Die Krankenhausbehandlung medizinisch notwendig, weil deutlich mehr als zwei Liter Fett abgesaugt werden müssten, was für sich genommen bereits erhebliche Risiken mit Blick auf eine Fettembolie und ein Herz-Kreislaufversagen mit sich bringe, sowie nach dem Eingriff eine mindestens 24-stündige Beobachtung erforderlich sei. Auch Dr. H. habe seine Aussage in seiner sachverständigen Zeugenauskunft (dazu sogleich) deshalb zwischenzeitlich revidiert. Sie sei durch das Lipödem extrem beeinträchtigt. Sie arbeite in einer Wäscherei. Ihr Arbeitsplatz könne nur stehend ausgefüllt werden. Auf Grund der hohen Temperaturen und durch das mehrstündige Stehen schwellten die Beine an, was am Abend zu unerträglichen Schmerzen führe. Spätestens nach zwei Stunden Stehen müsse sie Schmerzmittel einnehmen. Die ihr verordneten Kompressionsstrümpfe seien in der Hitze der Wäscherei unerträglich. Die Klägerin verwies auf ein Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 7. Dezember 2012 (S 5 KR 381/11 – nicht veröffentlicht) und des Landessozialgerichts (LSG) Hessen (L 1 KR 391/12 – juris). Es liege zudem ein Fall des Systemversagens vor. Die Beurteilung durch den GBA könne nicht dreieinhalb Jahre in Anspruch nehmen, wie dies von ihm prognostiziert verordnet sei. Zuzugestehen sei der Beklagten, dass sie die Liposuktion nicht nach § 2 Abs. 1a SGB V beanspruchen könne.
Die Beklagte trat der Klage insbesondere unter Hinweis auf den Widerspruchsbescheid sowie auf ein Urteil des Senats vom 1. März 2013 (L 4 KR 3517/11 – juris) sowie ein Urteil des LSG Sachsen vom 16. Januar 2014 (L 1 KR229/10 – juris) entgegen. Eine Behandlung im Wege der stationären Durchführung einer Liposuktion gehöre nicht zum Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung, weil die Liposuktion nicht dem Stand der medizinischen Kenntnisse entspreche. Die Beklagte legte die Aktualisierung des Gutachtens der SEG 7 vom 15. April 2014 vor.
Am 22. Mai 2014 leitete der GBA ein Verfahren zur Bewertung der Liposuktion bei Lipödem für die ambulante und stationäre Behandlung ein. Auf Anfrage der Klägerin teilte der GBA mit (vorgelegtem) Schreiben vom 24. September 2014 mit, dass mit einem Abschluss des Verfahrens voraussichtlich nicht vor dem Jahr 2017 zu rechnen sei.
Das SG befragte Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. S. und Facharzt für Chirurgie Dr. Q. sowie Dr. H. schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. S. gab an (Auskunft vom 25. Oktober 2014), konservative Therapieoptionen seien bisher nicht erfolgversprechend gewesen, und legte unter anderen einen Arztbrief des Facharztes für Innere Medizin Dr. M. vom 7. März 2014 vor. Darin führt Dr. M. aus, dass eine Liposuktion seines Erachtens zur Zeit nicht zielführend sei. Therapeutisch käme eine komplexe Entstauungstherapie mit Befund adaptierter manueller Lymphdrainage, konsequentem Tragen der Kompressionsstrümpfe und entstauenden Bewegungsübungen in Frage. Dr. Q. meinte (Auskunft vom 27. Oktober 2014), eine Liposuktion könne voraussichtlich die Beschwerden der Klägerin lindern. Dr. H. (Auskunft vom 28. Oktober 2014) verwies auf seinen Arztbrief vom 1. August 2013 sowie weiter darauf, die Liposuktion könne auch unter ambulanten Bedingungen durchgeführt werden.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 14. Juli 2015 ab. Es fehle bereits an der Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung. Nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen bestehe keine Indikation für eine Liposuktion. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Gutachten des MDK und dem Arztbrief des Dr. M ... Danach lägen bei der Klägerin neben dem unstreitig vorhandenen Lipödem ein Ödem der Fußknöchel sowie eine Adipositas vor. Ebenso wie das Lipödem führte die Adipositas zu einer Vermehrung des Fettgewebes, das wiederum zu den von der Klägerin beklagten ziehenden Beschwerden in den Beinen durch Stauung und Schwellung führten. Sowohl Dr. M. als auch Dr. N. und Dr. E. gingen insofern überzeugend davon aus, dass die Beschwerden zumindest durch eine Gewichtsreduktion zusammen mit einer Entstauungstherapie mittels Bewegung, Lymphdrainage und Kompression gebessert werden könnten. Dr. M. habe deshalb die Liposuktion als derzeit nicht indiziert bezeichnet. Dem stehe nicht entgegen, dass die Klägerin bereits Maßnahmen zur Gewichtsreduktion ergriffen habe. Die Reduzierung der täglich aufgenommenen Kalorien und der Versuch ausreichender Bewegung sei ein Schritt zur Gewichtsreduktion, die aber ausweislich der vorliegenden ärztlichen Unterlagen bisher nicht zum Erfolg geführt hätten. Dr. H. habe überdies mitgeteilt, dass die von ihm als indiziert angesehene Liposuktion auch ambulant durchgeführt werden könne. Die Möglichkeit der ambulanten Durchführung schließe insoweit einen Anspruch auf Krankenhausbehandlung aus. Diese sei nämlich nicht bereits deshalb erforderlich, weil eine bestimmte Leistung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erbracht werden könne, aber vertragsärztlich – wie hier – mangels positiver Empfehlung des GBA nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung geleistete werden dürfe. Selbst wenn man die Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung als wahr unterstelle und davon ausgehe, dass Dr. H. entgegen dem MDK und Dr. M. zu Recht die Notwendigkeit der Liposuktion sehe und gleichzeitig nunmehr eine stationäre Behandlung für erforderlich halte, bestehe der geltend gemachte Anspruch nicht. Es fehle an der Erfüllung der erforderlichen Qualitätsanforderungen (Hinweis auf das Urteil des Senats vom 1. März 2013 – L 4 KR 3517/11 – juris; Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 5. Februar 2015 – L 5 KR 228/13 – juris; Urteil des LSG Sachsen vom 16. Januar 2014 – L 1 KR 229/10 – juris). Das Urteil des LSG Hessen vom 5. Februar 2013 (L 1 KR 391/12 – juris) berücksichtige hingegen noch nicht die Rechtsprechung des BSG zu den Qualitätsanforderungen im stationären Bereich. Es gehe deshalb unzutreffend davon aus, dass im stationären Bereich andere Qualitätsanforderungen bestünden als in der ambulanten Versorgung. Der Klägerin stehe der Anspruch auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Systemversagens zu. Auch ein Seltenheitsfall sei nicht gegeben. Schließlich könne auch eine grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungsrechts keinen Anspruch der Klägerin begründen, denn das Lipödem sei weder eine tödlich noch eine lebensbedrohliche oder eine damit wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung.
Gegen das ihr am 10. August 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 9. September 2015 Berufung eingelegt. Sie verweist auf die AWMF-Leitlinie zum Lipödem, die zwar zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem SG außer Kraft gesetzt gewesen sei, allerdings nunmehr wieder gelte. Sie sei mit einstimmigem Beschluss der beteiligten Fachgesellschaften am 28. Oktober 2015 erneut angenommen worden. Vor diesem Hintergrund könne nicht gesagt werden, dass die Liposuktion zur Therapie des Lipödems derzeit noch Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen sei. Vielmehr seien die wissenschaftlichen Diskussionen lange geführt worden, so dass die Bearbeitungsdauer, die der GBA mit bis Ende 2017 angebe, übermäßig lang sei. Es liege daher ein Systemversagen vor.
Die Klägerin beantragt (sachgerecht gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 14. Juli 2015 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 29. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2014 zu verurteilen, ihr eine Liposuktion beider Beine im Rahmen einer stationären Krankenhausbehandlung als Sachleistung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Der Berichterstatter hat die Beteiligten auf die Absicht des Senats, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, und auf das Urteil des LSG Hessen vom 29. Januar 2015 (L 8 KR 339/11 – juris) hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Klägerin hat daraufhin vorgetragen, dieses Urteil des LSG Hessen nicht für überzeugend zu halten. Zwar handele es sich bei der Leitlinie der AWMF nur um eine S 1-Leitlinie; diese Leitlinie werde jedoch seit 2009 angewendet. An ihrer Erstellung hätten insgesamt acht Fachgesellschaften mitgewirkt. Die Beklagte hat sich nicht geäußert.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
II.
1. Der Senat entscheidet über die Berufung der Klägerin nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten.
2. Die gemäß § 144 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da die Klägerin Leistungen von mehr als EUR 750,00 begehrt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), nämlich Leistungen mit einem Wert von EUR 9.000,00 (vgl. Arztbrief des Dr. H. vom 1. August 2013).
3. Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 29. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2014 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung einer stationären Liposuktion als Sachleistung. Nur diese – stationäre Liposuktion – ist Gegenstand des Verfahrens, auch wenn die Ausführungen der Beklagten in den angegriffenen Bescheiden, die nur die Gewährung einer ambulanter Liposuktion betreffen, das Begehren der Klägerin verfehlen. Dies führt lediglich dazu, dass die Begründung der Bescheide unzutreffend ist, ohne deren Rechtmäßigkeit zu berühren, da es sich um eine gebundene Entscheidung handelt (vgl. § 42 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]; BSG, Urteil vom 29. Juni 2000 – B 11 Al 85/99 R – juris, Rn. 23). Dass das Begehren der Klägerin von Anfang an auf die Gewährung einer stationären Liposuktion gerichtet war, ergibt sich bereits aus dem von ihr bei Antragstellung bei der Beklagten vorgelegten angiologischen Bericht des Dr. H. vom 1. August 2013, der ausdrücklich die Kostenübernahme bei stationärer Lipoduktion thematisiert. Im Widerspruchsschreiben vom 5. September 2013 bekräftigte die Klägerin dieses Begehren ausdrücklich.
a) Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u.a. die ärztliche Behandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V) und die Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V). Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB V umfasst ärztliche Behandlung die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Nach § 39 Abs. 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs. 1 SGB V unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Krankheit im Sinne des SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteile vom 19. Oktober 2004 – B 1 KR 3/03 R – juris, 28. September 2010 – B 1 KR 5/10 R – juris, 11. September 2012 – B 1 KR 9/12 R – juris). Krankheitswert im Rechtssinne kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Eine Krankheit liegt nur vor, wenn der Versicherte in den Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteile vom 28. Februar 2008 – B 1 KR 19/07 R – und 6. März 2012 – B 1 KR 17/11 R – beide juris; Urteil des Senats vom 26. Juni 2009 – L 4 KR 3386/08 – nicht veröffentlicht; LSG Hessen, Urteil vom 15. April 2013 – L 1 KR 119/11 – juris).
Bei der Klägerin besteht eine Krankheit im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V. Sie leidet an einem Lipödemsyndrom beider Beine. Dies ergibt sich aus dem dem angiologischen Bericht des Dr. H. vom 1. August 2013. Das Beschwerdebild stellt eine Krankheit im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V dar, denn der insoweit bei der Klägerin vorliegende körperliche Zustand ist mit Blick auf die geklagten Schmerzen, die eine Beeinträchtigung von Körperfunktionen darstellen, ein regelwidriger Zustand, der – was auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt wird – einer körperlichen Behandlung bedarf.
b) Der Behandlungsanspruch eines Versicherten bei Vorliegen einer Krankheit unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Beschränkungen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Die Krankenkassen sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie nach eigener Einschätzung der Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein (zum Ganzen: z.B. BSG, Urteile vom 16. Dezember 2008 – B 1 KR 11/08 R – juris, 3. Juli 2012 – B 1 KR 6/11 R – juris, und 7. Mai 2013 – B 1 KR 44/12 R – juris). Zu beachten sind schließlich auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts (Viertes Kapitel des SGB V, §§ 69 bis 140h SGB V), insbesondere auch die Regelungen über die Qualitätssicherung.
Für die stationäre Krankenbehandlung regelt die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden § 137c SGB V. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift in der seit 1. Januar 2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I, S. 2983) überprüft der GBA auf Antrag des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zulasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind (Satz 1). Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode nicht hinreichend belegt ist und sie nicht das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, insbesondere weil sie schädlich oder unwirksam ist, erlässt der GBA eine entsprechende Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der Krankenkassen erbracht werden darf (Satz 2). Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, beschließt der GBA eine Richtlinie zur Erprobung nach § 137e SGB V (Satz 3). Nach Abschluss der Erprobung erlässt der GBA eine Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der Krankenkassen erbracht werden darf, wenn die Überprüfung unter Hinzuziehung der durch die Erprobung gewonnenen Erkenntnisse ergibt, dass die Methode nicht den Kriterien nach Satz 1 entspricht (Satz 4). Ist eine Richtlinie zur Erprobung nicht zustande gekommen, weil es an einer nach § 137e Abs. 6 SGB V erforderlichen Vereinbarung fehlt, gilt Satz 4 entsprechend (Satz 5). Für den stationären Bereich gibt es mithin keine dem § 135 Abs. 1 SGB V entsprechende Vorschrift, die einen solchen Anerkennungsvorbehalt formuliert. Dies bedeutet allerdings nicht, dass in der stationären Krankenbehandlung sämtliche in Betracht kommenden Behandlungsmethoden zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden können. Vielmehr sind die Krankenhäuser nicht davon entbunden, die Standards des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V und § 12 Abs. 1 SGB V im Einzelfall zu überprüfen und einzuhalten. § 137c SGB V setzt die Geltung des Qualitätsvorbehaltes des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V nicht außer Kraft (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juli 2008 – B 1 KR 5/08 R – juris, BSG, Urteil vom 21. März 2013 – B 3 KR 2/12 R – juris). Die einzige Ausnahme bildet nach § 137c Abs. 2 Satz 2 SGB V die Durchführung klinischer Studien. Behandlungen im Rahmen solcher Studien waren und sind daher zur Förderung des medizinischen Fortschritts stets zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung abrechenbar (zum Ganzen: Urteil des Senats vom 27. Januar 2012 – L 4 KR 2172/10 – juris, nachgehend BSG, Urteil vom 21. März 2013 – B 3 KR 2/12 R – juris).
Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Änderung des § 137c SGB V durch Art. 64 Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VSG) vom 16. Juli 2015 (BGBl. I S. 1211) mit Wirkung zum 23. Juli 2015 (Art. 20 GKV-VSG). Diese ist vorliegend zu berücksichtigen, weil die Klägerin mit ihrer Leistungsklage einen Anspruch auf Sachleistung geltend macht und deshalb die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats maßgeblich ist. Die § 137c Abs. 1 SGB V angefügten Sätze 6 und 7 bestimmen gesetzliche Fristen für das Verfahren beim GBA. Nach dem eingefügten § 137c Abs. 3 SGB V dürfen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der GBA bisher keine Entscheidung nach Abs. 1 getroffen hat, im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden, wenn sie das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig ist (Satz 1). Dies gilt sowohl für Methoden, für die noch kein Antrag nach Abs. 1 Satz 1 gestellt wurde, als auch für Methoden, deren Bewertung nach Abs. 1 noch nicht abgeschlossen ist. Da der GBA ein Beratungsverfahren zur Bewertung der Liposuktion bei Lipödem gemäß §§ 135 Abs. 1 und 137c SGB V eingeleitet hat (Beschluss vom 22. Mai 2014), das noch nicht abgeschlossen ist, unterfällt die Liposuktion als Behandlungsmethode im Rahmen der stationären Krankenhausbehandlung in den Anwendungsbereich des § 137c Abs. 3 SGB V. Es ist jedoch weiterhin für jede einzelne Behandlungsmethode – hier die Liposuktion – zu prüfen, ob sie das Potenzial einer erfolgreichen Behandlungsalternative bietet. Diese Prüfung kann nur anhand der bisherigen Maßstäbe der § 2 Abs. 1 Satz 3 und § 12 Abs. 1 SGB V erfolgen. Die in diesen Vorschriften geregelten allgemeinen Grundsätze, die für den gesamten Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung gelten (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 10. März 2015 – B 1 KR 3/15 R – juris, Rn. 23 m.w.N.), sind mit der Einfügung des § 137c Abs. 3 SGB V weder aufgehoben noch abgeschwächt worden (ähnlich Axer, GesR 2015, 641 [645 f.]). Die Regelung soll das allgemeine Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 "Satz 2" (richtig Satz 3) SGB V konkretisieren (Bundestags-Drucksache 18/4095, S. 121). Die Neuregelung führt deshalb nicht zu einer "Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt" dahin, dass alle Behandlungsmethoden in der Krankenhausbehandlung von den Krankenkassen als Sachleistung zu erbringen sind, für welche keine negative Entscheidung des GBA vorhanden ist (ebenso Axer, GesR 2015, 641 [645]).
c) Die Liposuktion bietet nicht das Potenzial einer erfolgreichen Behandlungsalternative. Denn die Liposuktion entspricht – schon ganz grundlegend – nicht den erforderlichen Qualitätsanforderungen, die an eine zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung durchzuführende Behandlungsmethode zu stellen sind (ebenso LSG Hessen, Urteil vom 29. Januar 2015 – L 8 KR 339/11 – juris; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. Februar 2015 – L 5 KR 228/13 – juris; LSG Bayern, Beschluss vom 8. April 2015 – L 5 KR 81/14 – juris). Der Senat hat in seinem Urteil vom 27. April 2012 (L 4 KR 595/11, a.a.O.; zuletzt bestätigt in dem der Klägerin zur Kenntnis gegebenen Urteil des Senats vom 17. Juli 2015 – L 4 KR 4371/14 – nicht veröffentlicht –; ferner Urteil des Senats vom 14. Juni 2013 – L 4 KR 84/13 – nicht veröffentlicht; siehe auch Urteil des Senats vom 1. März 2013 – L 4 KR 3517/11 – juris) ausgeführt: "§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V gibt vor, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen, die zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V umfasst daher nur solche Leistungen, deren Qualität und Wirksamkeit diesen wissenschaftlichen Anforderungen entspricht. Hierzu genügt es nicht, dass eine Behandlungsmethode bei einem Versicherten nach Ansicht seiner Ärzte positiv gewirkt haben soll (vgl. entsprechend das BSG auch zur Frage der Erfüllung von Qualitätskriterien einer bestimmten Arzneimitteltherapie, Urteil vom 1. März 2011 – B 1 KR 7/10 R – SozR 4-2500 § 35 Nr. 5; Urteil vom 27. September 2005 – B 1 KR 6/04 R – SozR 4-2500 § 31 Nr. 3 m.w.N. – Wobe-Mugos). Neue Verfahren, die nicht ausreichend erprobt sind, oder Außenseitermethoden, die zwar bekannt sind, aber sich nicht bewährt haben, lösen keine Leistungspflicht der Krankenkasse aus. Es ist nicht Aufgabe der Krankenkassen, die medizinische Forschung zu finanzieren (so ausdrücklich BT-Drucks. 11/2237, S. 157). Die einzige Ausnahme bilden nach § 137c Abs. 2 Satz 2 SGB V die Durchführung klinischer Studien. Behandlungen im Rahmen solcher Studien waren und sind daher zur Förderung des medizinischen Fortschritts stets zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abrechenbar.
Außerhalb klinischer Studien muss es jedoch zu Qualität und Wirksamkeit einer Behandlungsmethode grundsätzlich zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen geben. Entsprechend der auch durch den GBA für seine Entscheidungen zugrunde gelegten Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin ist dabei eine Sichtung und qualitative Bewertung der über eine Behandlungsmethode vorhandenen wissenschaftlichen Publikationen und Expertisen vorzunehmen (vgl. dezidiert BSG, Urteile vom 1. März 2011 u.a. – B 1 KR 7/10 R – a.a.O.; ebenso BSG, Urteil vom 12. August 2009 – B 3 KR 10/07 R – SozR 4-2500 § 139 Nr. 4). Erforderlich ist mithin, dass der Erfolg der Behandlungsmethode objektivierbar, also in einer ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 18. Mai 2004 – B 1 KR 21/02 R – SozR 4-2500 § 31 Nr. 1 RdNr. 7 m.w.N.; vgl. dazu auch Wagner, in Krauskopf, Stand 2008, § 13 SGB V Rn. 19). Die höchste Beweiskraft haben danach direkte Vergleichsstudien mit anderen Behandlungsmethoden, also Studien der Evidenzklasse I (vgl. entsprechend zur Arzneimitteltherapie BSG, Urteile vom 1. März 2011, u.a – B 1 KR 7/10 R – a.a.O.). Nur soweit derartige Studien nicht existieren, kann im Einzelfall auf andere, hinreichend aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden (vgl. auch Flint in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2011, K § 35 RdNr. 64). Um der in § 137c SGB V grundsätzlich angelegten Innovationsmöglichkeit gerecht zu werden, schließt der Senat dabei nicht aus, dass auch Expertenmeinungen zur Beurteilung des wissenschaftlichen Standards herangezogen werden können. Diese sind jedoch nicht geeignet, eine Leistungspflicht der Krankenkasse auch dann zu begründen, wenn objektivierbare Erkenntnisse bereits in eine andere Richtung weisen. Expertenmeinungen sind daher stets im Zusammenhang mit den vorhandenen objektivierbaren wissenschaftlichen Aussagen im Sinne einer maßgeblichen Gesamtschau heranzuziehen (so der erkennende Senat in seinem Urteil vom 27. Januar 2012 – L 4 KR 2272/10 – juris).
Von Qualität und Wirksamkeit der begehrten Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems im Sinne der Kriterien des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V vermochte der Senat sich indes nicht zu überzeugen. Er legt insoweit ganz maßgeblich das von der Beklagten vorgelegte "Gutachten Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen" der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 vom 6. Oktober 2011 zugrunde. Dieses Gutachten nimmt eine umfassende Auswertung der über den Einsatz von Liposuktion als Methode zur Behandlung von Lipödemen veröffentlichten Studien vor, wobei die Gutachter neben randomisiert kontrollierten auch nicht randomisiert kontrollierte Studien berücksichtigt haben. Die im Mai 2011 insoweit durchgeführte Recherche der hierzu vorhandenen Publikationen ergab überhaupt nur zwei relevante, diesen Qualitätsanforderungen entsprechende Studien. Für den konkreten Fall ist sogar nur eine der beiden Studien (nämlich diejenige zum Krankheitsbild der Lipomatosis dolorosa von Hansson – veröffentlicht 2011) relevant, da sich die andere der beiden Studien mit Liposuktion zur Behandlung eines Lymphödems nach Mammakarzinom befasst. In der Studie Hansson wurde (nicht randomisiert kontrolliert) der Langzeiterfolg der Liposuktion bei 111 Frauen mit Lipomatosis dolorosa beobachtet. Dabei wurde ein signifikanter Unterschied in der Schmerzreduktion beobachtet, ohne dass dies von den Autoren selbst als zureichendes Ergebnis gewertet wurde, um einen langfristigen Nutzen ausreichend zu belegen. Vielmehr fordern auch die Autoren weitere randomisiert kontrollierte Studien mit ausreichend validierten Ergebniskriterien. Alle übrigen seinerzeit zugänglichen Veröffentlichungen erfüllen diese Qualitätsanforderungen nicht bzw. stellen Registernachbeobachtungen oder Ergebnisberichte kleiner Fallserien dar. Für den Senat war daher das Fazit der Gutachter überzeugend, dass die Methode der Liposuktion zur Therapie des Lipödems derzeit noch Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion ist und weitere randomisierte Studien erforderlich sind, um sie zu einer den Kriterien der evidenzbasierten Medizin entsprechenden Behandlungsmethode qualifizieren zu können. Diesem Fazit schließt sich der Senat an."
Es besteht kein Anlass, aufgrund des Vorbringens der Klägerin des vorliegenden Verfahrens hiervon abzuweichen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die unter dem 15. Januar 2015 erfolgte Aktualisierung (mds-sindbad.de/infomed/sindbad.nsf/002568A2003D5BAE/20B52) des Primärgutachtens der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen vom 6. Oktober 2011. Danach haben die zwei identifizierten kontrollierten Studien, welche die Liposuktion bei sekundärem Lymphödem der Arme nach Brustkrebstherapie bzw. zur Schmerztherapie bei Lipomatosis dolorosa untersuchten, auch unter Berücksichtigung der aktuell vorliegenden Publikation erhebliche methodische sowie zum Teil inhaltliche Limitationen und berichten unzureichend über Langzeitergebnisse und Nebenwirkungen der Therapie. Zur Liposuktion beim Lipödem sind nur Publikationen kleiner Fallse-rien bekannt, die grundsätzlich nicht geeignet sind, einen patientenrelevanten Vorteil zu begründen (vgl. auch LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. Februar 2015 – L 5 KR 228/13 – juris, Rn. 21).
Entgegen der erstinstanzlichen Darstellung der Klägerin hat die aktualisierte Evidenzbewertung der SEG 7 vom 15. April 2014 auch nicht offen gelassen, ob sie die dort erwähnte relevante Folgepublikation ausgewertet habe. Gemeint ist damit eine Veröffentlichung von Hansson u.a. aus dem Jahr 2012. In der Evidenzbewertung vom 15. April 2014 wird vielmehr die Schlussfolgerung dieser Publikation wörtlich wiedergegeben, wonach die Ergebnisse der der Publikation zugrunde liegenden Studie bei Patientinnen mit Dercum Disaese auf eine geringe Verbesserung der Lebensqualität hindeuteten, nichtsdestotrotz die Ursache unklar und die Verbesserung nicht ausreichend sei, um das Risiko des operativen Eingriffs zu tragen.
Dem allen kann die AWMF-Leitlinie 037/012 "Lipödem" (aktueller Stand: 10/2015) nicht entgegengehalten werden. Es handelt sich um eine sog. S1-Leitlinie. Eine solche "S1-Leitlinie" ist kein Beleg für Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Behandlungsmethode im Sinne der Kriterien der evidenzbasierten Medizin (LSG Hessen, Urteil vom 29. Januar 2015 – L 8 KR 339/11 – juris, Rn. 45). Auf einer Evidenz-Recherche beruhen Leitlinien der Stufe "S2e" oder "S3" (http://www.awmf.org/fileadmin/user upload/Leitlinien/Werkzeuge/ll-glossar.pdf "Klassifizierung von Leitlinien").
Der Senat hält daher – auch in Kenntnis abweichender Entscheidungen anderer Gerichte (Sozialgericht Dresden, Urteil vom 13. März 2015 – S 47 KR 541/11 – nicht veröffentlicht) an seiner Auffassung fest (zuletzt Urteil des Senats vom 17. Juli 2015 – L 4 KR 4371/14 – nicht veröffentlicht).
d) Dieses Ergebnis steht auch nicht im Widerspruch zum Urteil des BSG vom 16. Dezember 2008 (B 1 KR 11/08 R, a.a.O.), wie der Senat bereits im Urteil vom 27. April 2011 (a.a.O.) ausgeführt hat: "Das BSG hatte sich dort mit der Frage zu befassen, ob die Behandlungsmethode der Liposuktion, die ambulant zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse von vornherein mangels positiver Empfehlung des GBA nicht erbracht werden darf (§ 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V; dazu auch Urteil des Senats vom 10. September 2010 – L 4 KR 3961/09 –, nicht veröffentlicht), gleichsam automatisch stationär zu erbringen ist, da im klinischen Bereich das Erfordernis einer positiven Entscheidung durch den GBA nicht besteht. Dies hat das BSG im konkreten Fall unter Verweis auf das Fehlen schon der Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 SGB V verneint, da die dort statuierten spezifischen Voraussetzungen für eine Krankenhausbehandlung nicht vorlagen. Mit der Frage, ob die Methode der Liposuktion denn überhaupt den Maßstäben evidenzbasierter Medizin entspricht, hatte sich das BSG demgemäß gar nicht zu befassen. Aus der zitierten Entscheidung kann daher nicht abgeleitet werden, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des Erfordernisses der Durchführung einer stationären Operation ohne weiteres ein Leistungsanspruch auf Durchführung einer Liposuktion zulasten der Krankenkasse besteht. Anhand der jüngeren Rechtsprechung des BSG ergibt sich vielmehr gerade das Gegenteil. Das BSG hat darin (vgl. insoweit insbesondere das Urteil vom 17. Februar 2010 – B 1 KR 10/09 R – SozR 4-2500 § 27 Nr. 18 zum Anspruch einer Versicherten auf stationär durchgeführt Reimplantation nach Kryokonservierung von Eierstockgewebe) ausdrücklich zum Maßstab gemacht, dass auch die stationäre Behandlung stets einer Überprüfung anhand der Maßstäbe des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V zu unterziehen ist. Eine andere Auffassung führte im Übrigen zu dem auch unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) nicht tragbaren Ergebnis, dass Patienten allein deshalb, weil sie bestimmte Risikofaktoren erfüllen, die einen Krankenhausaufenthalt erforderlich machen, eine Behandlung in stationärem Rahmen erhielten, obwohl sich für die Wirksamkeit einer bestimmten Methode keine bislang hinreichend wissenschaftlich gefestigten Anhaltspunkte ergeben".
e) Die Klägerin kann den geltend gemachten Anspruch auch nicht auf ein Systemversagen stützen. Eine Leistungspflicht der Krankenkasse kann ausnahmsweise bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde ("Systemversagen"). Ein derartiger Systemmangel wird angenommen, wenn das Verfahren vor dem GBA von den antragsberechtigten Stellen oder dem GBA selbst überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde (vgl. BSG, Urteil vom 4. April 2006 – B 1 KR 12/05 R – juris, Rn. 28; BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris, Rn. 18; Urteil vom 7. Mai 2013 – B 1 KR 44/12 R – juris, Rn. 17). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor (ebenso etwa LSG Bayern, Beschluss vom 8. April 2015 – L 5 KR 81/14 – juris, Rn. 22). Denn der GBA hat mit Beschluss vom 22. Mai 2014 ein Beratungsverfahren zur Bewertung der Liposuktion bei Lipödem gemäß §§ 135 Abs. 1 und 137c SGB V eingeleitet. Ein Systemversagen lässt sie nicht daraus ableiten, dass dieses Beratungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist und voraussichtlich erst im Jahre 2017 abgeschlossen sein wird. Denn die gesetzlichen Frist von drei Jahren (§ 137c Abs. 1 Satz 7 SGB V in der seit 23. Juli 2015 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 64 Buchst. a GKV-VSG) ist nicht abgelaufen.
f) Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1a SGB V liegen nicht vor. Die Klägerin stützt ihren Anspruch auch nicht auf diese Vorschrift (S. 3 der Klageschrift vom 4. April 2014).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved