L 5 R 160/15

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 17 R 857/14
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 160/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Rentenberechnung - aktueller Rentenwert (Ost) - 2015 - Verfassungsmäßigkeit

Die Zugrundelegung des allgemeinen Rentenwertes (Ost) bei der Berechnung der Höhe eines gesetzlichen Altersrentenanspruchs verstößt auch im Jahr 2015 nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 4. Februar 2015 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung einer höheren Altersrente für Frauen unter Zugrundelegung des jeweils aktuellen Rentenwertes "West" anstelle des aktuellen Rentenwertes (Ost) hat.

Die am 1951 geborene Klägerin bezieht aufgrund Rentenantrages vom 14. Februar 2014 Altersrente für Frauen seit 1. August 2014, die ihr mit Rentenbescheid vom 7. Juli 2014 bewilligt wurde. Der Rentenbescheid vom 7. Juli 2014 wies einen monatlichen Rentenzahlbetrag in Höhe von 1.144,89 Euro monatlich ab 1. August 2014 aus, der sich aus einem Wert des Rechts der Rente in Höhe von 1.275,65 Euro monatlich abzüglich eines Beitragsanteils zur Krankenversicherung der Rentner in Höhe von 104,61 Euro monatlich sowie eines Beitragsanteils zur Pflegeversicherung in Höhe von 26,15 Euro monatlich zusammensetzte. Der Berechnung der Rente ab 1. August 2014 legte die Beklagte 48,3385 persönliche Entgeltpunkte (Ost) – errechnet aus 52,4279 Entgeltpunkten (Ost) und dem Zugangsfaktor 0,922 –, den Rentenartfaktor 1,0 sowie den aktuellen Rentenwert (Ost) in Höhe von 26,39 Euro monatlich zu Grunde.

Mit dem hiergegen am 16. Juli 2014 erhobenen Widerspruch begehrte die Klägerin, die Anwendung des aktuellen Rentenwertes (Ost) durch die Anwendung des aktuellen Rentenwertes "West" bei der Rentenberechnung zu ersetzen. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. September 2014 mit der Begründung zurück, die Zugrundelegung des aktuellen Rentenwertes (Ost) bei der Rentenberechnung sei geltendes Recht, an das sie gebunden sei.

Die hiergegen am 10. September 2014 erhobene Klage hat das Sozialgericht Leipzig mit Urteil vom 4. Februar 2015 abgewiesen. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, die Altersrente unter Berücksichtigung des aktuellen Rentenwertes "West" zu berechnen. Vielmehr habe sie zutreffend die zeitlich befristete Regelung des § 254b des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) angewandt, nach der bis zur Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse der aktuelle Rentenwert (Ost) anzuwenden sei. Die entsprechenden Vorschriften seien nicht verfassungswidrig. Einheitliche Einkommensverhältnisse in Ost und West lägen nach wie vor nicht vor. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz sei nicht ersichtlich.

Gegen das am 13. Februar 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25. Februar 2015 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Eine Begründung reichte sie trotz eigener Ankündigungen und gerichtlicher Aufforderungen nicht ein.

Die Klägerin beantragt – sinngemäß und sachdienlich gefasst –,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 4. Februar 2015 aufzuheben und die Beklagte, unter Abänderung des Bescheides vom 7. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. September 2014, zu verurteilen, die Altersrente für Frauen unter Anwendung des aktuellen Rentenwertes "West" anstatt des aktuellen Rentenwertes (Ost) zu berechnen und die entsprechenden Beträge nachzuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Mit Schriftsätzen vom 23. Oktober 2015 und 30. Oktober 2015 haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet, weil das Sozialgericht Leipzig die Klage zu Recht mit dem angefochtenen Urteil vom 4. Februar 2015 abgewiesen hat. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung ihrer Altersrente für Frauen unter Zugrundelegung des jeweiligen aktuellen Rentenwertes "West" (§ 68 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch [SGB VI]) anstatt des aktuellen Rentenwertes (Ost) nach § 255a SGB VI.

1. Ursprünglicher Streitgegenstand des Verfahrens ist der Rentenbescheid der Beklagten vom 7. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. September 2014, mit dem die Beklagte die Altersrente der Klägerin berechnet und den aktuellen Rentenwert (Ost) zu Grunde gelegt hat. Darüber hinaus ist streitgegenständlich der (regelmäßig jährlich ergehende) Rentenanpassungsbescheid zum 1. Juli 2015 geworden, der den aktuellen Rentenwert (Ost) entsprechend der Rentenwertbestimmungsverordnung 2015 (vom 12. Juni 2015) angepasst hat. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den (jährlichen) Rentenanpassungsmitteilungen – entgegen der lediglich eine Mitteilung suggerierenden "Überschrift" (sog. "Mitteilung über die Anpassung der Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung") – inhaltlich um Verwaltungsakte handelt (vgl. diesbezüglich: BSG, Urteil vom 23. März 1999 - B 4 RA 41/98 R - JURIS-Dokument, RdNr. 22-32; offen gelassen allerdings: BSG, Urteil vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 17/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19). Die Rentenanpassungsmitteilung zum jeweils 1. Juli eines Kalenderjahres, hier zum 1. Juli 2015, ist gemäß §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 SGG während des Berufungsverfahrens Gegenstand des Verfahrens geworden. Mit der Rentenanpassungsmitteilung wird ein neuer aktueller Rentenwert (Ost) gemäß § 255a SGB VI festgesetzt, mit dem die persönlichen Entgeltpunkte (Ost) zur Ermittlung des (angepassten) Rentenbetrages multipliziert werden. Damit wird die Höhe der Altersrente für Frauen der Klägerin neu festgesetzt und damit der Rentenbescheid vom 7. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. September 2014 geändert, so dass die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in das Verfahren erfüllt sind.

2. Der Rentenbescheid vom 7. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. September 2014 in der Fassung des Rentenanpassungsbescheides zum 1. Juli 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, weil ihr kein höherer, als der von der Beklagten mit den streitgegenständlichen Bescheiden festgesetzter und bewilligter Anspruch auf Altersrente für Frauen zusteht.

Prüfungsmaßstab ist der Zeitpunkt des Erlasses des jeweiligen Bescheides. Dort hatte die Beklagte jeweils vier (bindende) Verwaltungsakte im Sinne des § 31 SGB X verlautbart: Der Bescheid stellt Rentenart, -höhe, -beginn und -dauer fest. Die Klägerin begehrt hier lediglich die Rücknahme der Entscheidungen der Beklagten über die Rentenhöhe, also der Rentenhöchstwertfestsetzung. Gegen die Gesetzmäßigkeit der Wertfestsetzung wendet die Klägerin sich nicht; vielmehr hält sie das Gesetz für verfassungswidrig. Darin ist ihr nicht zu folgen. Der Senat schließt sich insoweit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) an, wonach die hier maßgeblichen Sonderregelungen für das Beitrittsgebiet in den §§ 254b, 254c, 255a SGB VI im Hinblick auf die besondere Ausnahmesituation nach der Wiedervereinigung nicht verfassungswidrig sind (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 14. März 2006 - B 4 RA 41/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 22-29).

Die Beklagte hat den Zahlbetrag der Altersrente ab dem 1. August 2014 in zu Gunsten der Klägerin nicht zu beanstandender Weise festgesetzt. Der Wert des Rechts auf Rente bestimmt sich nach der Rentenformel der §§ 63 Abs. 6, 64 SGB VI. Danach ist der Monatsbetrag der Rente das Produkt aus Zugangsfaktor, Summe der Entgeltpunkte im Sinne von Rangstellenwerten (= Rangwert), Rentenartfaktor und aktuellem Rentenwert, jeweils mit ihrem Wert ab Rentenbeginn. Diese Rentenformel gilt seit Einführung der bundesdeutschen Rentenversicherung zum 1. Januar 1992 auch im Beitrittsgebiet, wobei nach den übergangsrechtlichen Sonderbewertungsvorschriften "Ost" (§§ 254b, 254d, 255a SGB VI) besondere Entgeltpunkte (Ost) und ein besonderer aktueller Rentenwert (Ost) einzustellen sind. Demgemäß hat die Beklagte mit Bescheid vom 7. Juli 2014 für die von der Klägerin im Beitrittsgebiet zurückgelegten Beitragszeiten, beitragsfreien Zeiten und beitragsgeminderten Zeiten 48,3385 persönliche Entgeltpunkte (Ost), unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors von 0,922 ermittelt (vgl. Anlage 6 zum Rentenbescheid), und den Rentenartfaktor von 1,0 zu Grunde gelegt. Diese Vorleistungswerte hat sie auf der Grundlage des § 255b Abs. 1 SGB VI in Verbindung mit der Rentenwertbestimmungsverordnung 2014 mit dem aktuellen Rentenwert (Ost) in Höhe von 26,39 Euro vervielfältigt. Dies ergab einen Wert des Rechts auf Altersrente für Frauen ab 1. August 2014 in Höhe von 1.275,65 Euro.

Die Rentenformel als Produkt aus den Faktoren Entgeltpunkte, Zugangsfaktor, Rentenartfaktor und aktueller Rentenwert lässt hinreichend erkennen, dass die von der Klägerin während ihres Versicherungslebens bei inländischen Trägern der Rentenversicherung bis zum Eintritt des jeweiligen Versicherungsfalls konkret erworbene Teilhabeberechtigung, die in dem Teilprodukt aus Entgeltpunkten, Zugangsfaktor und Rentenartfaktor verwaltungstechnisch umschrieben ist, gemäß dem für den Rentenbeginn maßgeblichen (Netto-) Durchschnittsentgelt der aktuellen Beitragszahler (verwaltungstechnisch ausgedrückt im sogenannten aktuellen Rentenwert), für die Rentenhöhe ausschlaggebend sein soll. Der Wert der Teilhabeberechtigung aus dem jeweils erworbenen subjektiven Recht auf Rente ergibt sich, soweit – wie vorliegend – Beitragszeiten rechtsbegründend sind, indem das in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt durch das Durchschnittsentgelt der Arbeiter und Angestellten in dem entsprechenden Kalenderjahr geteilt wird (§ 63 Abs. 2 SGB VI). Dadurch wird die Zusage der Rentenversicherung konkretisiert, dass der aus Anlass des Versicherungsfalles entstandene Bedarf nach Erwerbsersatzeinkommen entsprechend den während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelten mittels Rente befriedigt werden soll; denn Versicherungsgegenstand ist der Vermögenswert, den der Versicherte wegen Eintritts des Versicherungsfalles – in typisierender Betrachtung – verloren hat; dieser Wert wird im Ausgangspunkt als "Rangstelle" des Versicherten ermittelt, die sich aus dem Verhältnis der von ihm je Kalenderjahr versicherten Arbeitsentgelte zum jeweils durchschnittlichen Arbeitsentgelt der Versicherten bestimmt. Sodann wird dieser individuelle Ausgangswert für die jeweilige Rentenart (§ 33 SGB VI), also für die jeweilige Leistungssparte in der gesetzlichen Rentenversicherung, konkretisiert.

Diese Grundsätze der Bestimmung des Versicherungsgegenstandes und des Wertes eines Rechts einer SGB VI-Rente gelten auch, soweit das Versicherungsverhältnis zwischen den Versicherten und dem Rentenversicherungsträger auf Beitragszeiten beruht, die faktisch in der DDR in deren Sozialversicherungssystemen zurückgelegt worden sind, die aber der Bundesgesetzgeber rechtsbegründend solchen rentenrechtlichen (hier: Beitrags-) Zeiten gleichgestellt hat, deren Voraussetzungen nach dem jeweils maßgeblichen Bundesrecht erfüllt worden sind. Für solche in der DDR in deren System der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegten Zeiten modifiziert § 254b Abs. 1 SGB VI die vorgenannte "Rentenformel" zwar nicht in ihrem rechtlichen Inhalt, jedoch hinsichtlich der wirtschaftlichen Voraussetzungen der in sie einfließenden Werte. Bis zur Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse in Deutschland werden danach "persönliche Entgeltpunkte (Ost)" und ein "aktueller Rentenwert (Ost)" gebildet, die an die Stelle der "persönlichen Entgeltpunkte" und des "aktuellen Rentenwerts" treten. Dies gilt nur dann nicht, wenn Versicherte bereits vor dem 19. Mai 1990 (Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR) für diese Zeiten nach Bundesrecht (noch bestehende) Berechtigungen erworben hatten (vgl. BSG, Urteil vom 10. November 1998 - B 4 RA 32/98 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom. 14. März 2006 - B 4 RA 41/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19). Dies war bei der Klägerin nicht der Fall.

Der aktuelle Rentenwert (Ost) ist für alle Versicherten gleich, bei denen in der Rente persönliche Entgeltpunkte (Ost) zugrunde zu legen sind. Es handelt sich um einen festen (vormals DM-, nunmehr) Euro-Betrag (§ 255a SGB VI). Er wird nach § 255b SGB VI entsprechend der Lohnentwicklung in den neuen Bundesländern ein oder mehrmals im Jahr durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates neu festgelegt. Die Anwendung des § 254b SGB VI ist zeitlich befristet bis zur Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse. Der aktuelle Rentenwert (Ost) verändert sich entsprechend der Lohnentwicklung im Beitrittsgebiet und wird die Höhe des aktuellen Rentenwertes dann erreicht haben, wenn einheitliche Einkommensverhältnisse im gesamten Bundesgebiet vorliegen. In diesem Fall sind in den alten und neuen Bundesländern keine eigenständig definierten Größen mehr erforderlich; es erübrigt sich eine Unterscheidung in Entgeltpunkte und Entgeltpunkte (Ost) sowie aktueller Rentenwert und aktueller Rentenwert (Ost).

An dieser Rechtslage hat sich weder bis zum Rentenbeginn der Klägerin am 1. August 2014 noch bis dato etwas geändert. Die Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, wie in § 254b Abs. 1 SGB VI vorausgesetzt, ist noch nicht erfolgt (dazu nachfolgend sogleich).

Soweit die Klägerin im Verfahren ausführte, sie fühle sich benachteiligt und von den politischen Willensbekundungen enttäuscht, weil ihr die Rente nicht nach "Westwerten" gezahlt wurde, ist darauf hinzuweisen, dass auf die von ihr begehrte Zugrundelegung des (jeweils aktuellen) Rentenwertes, an Stelle des (jeweils aktuellen) Rentenwertes (Ost) mangels gesetzlicher Rechtsgrundgrundlage kein Anspruch besteht. Die Beklagte hat bei der Berechnung der Rente zutreffend den (jeweils geltenden) aktuellen Rentenwert (Ost) berücksichtigt, der bis zur Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland für die Ermittlung der Rente aus Zeiten im Beitrittsgebiet gebildet wird (§ 254b Abs. 1 SGB VI). Dies ist geltendes Recht und Gesetz. An dieses ist die Beklagte, genauso wie das Gericht gebunden (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes [GG]).

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist § 254b Abs. 1 SGB VI nicht gleichheits- und damit grundgesetzwidrig. Die immer noch bestehende Ungleichheit der Lebensverhältnisse in den alten und den neuen Bundesländern rechtfertigt weiterhin unterschiedliche Rentenwerte (vgl. zuletzt: BSG, Urteil vom 14. März 2006 - B 4 RA 41/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28; sowie: Sächsisches LSG, Urteil vom 6. Januar 2015 - L 5 R 970/13 - JURIS-Dokument, RdNr. 27-48; LSG Berlin/Brandenburg, Urteil vom 23. Februar 2012 - L 22 R 478/11 - JURIS-Dokument, RdNr. 97-122; LSG Berlin/Brandenburg, Urteil vom 23. September 2010 - L 33 R 1239/08 - JURIS-Dokument, RdNr. 41-47).

Die Norm verstößt weder gegen das Bestimmtheitsgebot noch gegen das Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 (dazu nachfolgend unter a). Sie verstößt auch nicht gegen § 33c des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) in Verbindung mit §§ 2 Abs. 1 Nr. 5, 3 Abs. 1 und 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG; dazu nachfolgend unter b) und auch nicht gegen Art. 9 und 10.3 des UNO-Paktes I vom 19. Dezember 1966 (dazu nachfolgend unter c).

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 8. Januar 1981 - 2 BvL 3/77 und 2 BvL 9/77 - JURIS-Dokument, RdNr. 41-42) gebietet der Bestimmtheitsgrundsatz, dass eine gesetzliche Ermächtigung zur Vornahme von Verwaltungsakten nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt ist, so dass das Handeln der Verwaltung messbar und in gewissem Ausmaß für den Staatsbürger vorhersehbar und berechenbar wird. Diese Kriterien erfüllt die Regelung des § 254b Abs. 1 SGB VI. Diese Norm bestimmt, dass bis zur Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland für die Bürger des Beitrittsgebiets persönliche Entgeltpunkte (Ost) und ein aktueller Rentenwert (Ost) für die Ermittlung des Monatsbetrages der Rente gebildet werden. Damit ist für die Verwaltung keine Generalklausel oder ein unbestimmter Rechtsbegriff geschaffen. Vielmehr ist das Handeln der Verwaltung eindeutig festgelegt. Die Bestimmung "bis zur Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse" ist vielmehr ein Programmsatz des Gesetzgebers, mit dem er darstellen will, für welche Zeit er unterschiedliche Rentenwerte aufrechtzuerhalten gedenkt.

Zutreffend ist als weiterer Prüfungsmaßstab auch von Art. 3 Abs. 1 GG auszugehen. Im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG ist indes nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber die Regelung des § 254b Abs. 1 SGB VI für einen Übergangszeitraum zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Einkommensverhältnisse in den alten und den neuen Bundesländern geschaffen hat. Dem Gesetzgeber ist nicht jede Differenzierung aus sachlichen Gründen verwehrt. Der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum ist bei der Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Überführung der im Beitrittsgebiet erworbenen Ansprüche und Anwartschaften besonders weit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. November 1996 - 1 BvL 4/88 - JURIS-Dokument, RdNr. 50), so dass die Grenze allein vom Willkürverbot gezogen wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Januar 1995 - 1 BvR 892/88 - JURIS-Dokument, RdNr. 49; BSG, Urteil vom 9. September 1998 - B 13 RJ 5/98 R - JURIS-Dokument, RdNr. 24). Hierbei sind auch die Regelungen des Einigungsvertrages (EV) zu berücksichtigen. Nach Art. 30 Abs. 5 Satz 1 EV war das SGB VI durch besonderes Bundesgesetz auf das Beitrittsgebiet überzuleiten. Ziel des Gesetzes war es, eine Grundlage dafür zu schaffen, dass alle Berechtigten in den neuen Bundesländern ab 1992 eine auf den Prinzipien der Lohn- und Beitragsbezogenheit beruhende dynamische Rente erhalten (BT-Drs. 12/630, S. 20). Dabei war aber von vornherein klar, dass Rentner aus dem Beitrittsgebiet keine Rente in der gleichen Höhe wie vergleichbare Rentner aus den alten Bundesländern erhalten sollten; dies gilt auch für Versicherte, deren Rente erst nach der Wiedervereinigung beginnt. Denn mit der Herbeiführung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Rentenversicherung durch Zusammenführung unterschiedlicher Rentenversicherungssysteme stand der Gesetzgeber nach dem Einigungsvertrag vor einer umfassenden und schwierigen Aufgabe. Die Neuordnung des Rentenrechts mit dem Ziel der Überführung der in der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften in die gesamtdeutsche Rentenversicherung konnte nur schrittweise, in manchen Bereichen zügiger, in anderen weniger schnell erfolgen (BVerfG, Beschluss vom 12. November 1996 - 1 BvL 4/88 - JURIS-Dokument, RdNr. 50).

Im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit war der Gesetzgeber nicht zu Lasten vor allem der Versichertengemeinschaft des alten Bundesgebietes verpflichtet, den Umstand auszugleichen, dass durch den Staatsbankrott der DDR einschließlich ihrer Versicherungs- und Versorgungssysteme die Lebensleistung auch besonders qualifizierter Erwerbstätiger wirtschaftlich völlig entwertet war. Unter Berücksichtigung der mit der Wiedervereinigung entstandenen besonderen wirtschaftlichen Lasten, die durch die Planwirtschaft in der DDR verursacht worden sind und für die die Bundesrepublik Deutschland nicht verantwortlich ist, musste die Überführung des DDR-Rentensystems in das System des SGB VI mit vorübergehend niedrigeren Zahlbeträgen unter Wahrung des Bestandsschutzes erfolgen. Eine Begrenzung der finanziellen Ausgaben war erforderlich und auch für die Betroffenen zumutbar (BSG, Urteil vom 14. Juni 1995 - 4 RA 41/94 - JURIS-Dokument, RdNr. 53), um die Liquidität der gesetzlichen Rentenversicherung zu sichern. Sie war daher nicht willkürlich (vgl.: BSG, Urteil vom 14. März 2006 - B 4 RA 41/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28). Gleiches gilt sinngemäß für die so genannten "Neurentner", d.h. für Versicherte, deren Rente erst nach dem 1. Januar 1992 begann, deren für die Rentenberechnung maßgebliche Erwerbsbiographie zu einem wesentlichen Teil aber noch in DDR-Zeiten fällt.

Mit der zum 1. Januar 1992 durch das Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) in das SGB VI eingefügten Bestimmung des § 254b SGB VI sollte die entsprechende Übergangsregelung für den Zeitraum getroffen werden, bis sich das Einkommensniveau im Beitrittsgebiet an das der alten Länder angeglichen hat. Dies ist bis heute aber gerade nicht der Fall, auch wenn sich die wirtschaftliche Lage inzwischen – verglichen mit den Anfangsjahren nach der Wiedervereinigung – angenähert hat (vgl. Landessozialgericht Berlin/Brandenburg, Urteil vom 23. September 2010 - L 33 R 1239/08 - JURIS-Dokument, RdNr. 41-47).

Nach dem "Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2010" vom 22. September 2010 haben sich die Löhne (Bruttolohn- und Gehaltssumme je Arbeitnehmer) in den ostdeutschen Bundesländern von knapp 57 Prozent des westdeutschen Niveaus im Jahr 1991 auf 83 Prozent im Jahr 2009 erhöht (vgl. Jahresbericht, S. 17). Im Jahr 2009 stieg das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner – in Folge der schwächeren Betroffenheit Ostdeutschlands durch die Wirtschafts- und Finanzkrise – auf 73 Prozent des westdeutschen Niveaus (vgl. Jahresbericht, S. 76).

Ähnliches ergibt sich nach wie vor und nahezu unverändert aus dem aktuellen Datenmaterial: - Nach dem "Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2011" vom 9. November 2011 (BT-Drs. 17/7711) erreichte der rentenrechtliche Durchschnittslohn in den neuen Bundesländern inzwischen rund 85 Prozent des Durchschnittslohn in den alten Bundesländern (BT-Drs. 17/7711, S. 16) und das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner in Ostdeutschland betrug weiterhin rund 73 Prozent des westdeutschen Niveaus (BT-Drs. 17/7711, S. 24). - Nach dem "Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2012" vom 4. Oktober 2012 (BT-Drs. 17/10803) lag das ostdeutsche Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner lediglich bei 71 Prozent des westdeutschen Niveaus, wobei sich beim Vergleich der ostdeutschen Länder, einschließlich des Stadtstaates Berlin, mit den strukturschwachen westdeutschen Flächenländern (Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Saarland) und dem Stadtstaat Bremen, ein Niveau von knapp 80 Prozent ergibt (BT-Drs. 17/10803, S. 4). Die gesamtwirtschaftliche Produktivität Ostdeutschlands lag bei rund 80 Prozent derjenigen im Vergleich zu Westdeutschland (BT-Drs. 17/10803, S. 17). - Nach dem "Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2013" vom 21. November 2013 (BT-Drs. 18/107) bestehen die spürbaren Unterschiede in der Wirtschaftskraft je Einwohner sowie in den Löhnen und Gehältern zwischen Ost- und Westdeutschland fort (BT-Drs. 18/107, S. 3). Das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner betrug in Bezug auf die Osthälfte Deutschlands nach wie vor lediglich 71 Prozent des durchschnittlichen Niveaus in Deutschland (BT-Drs. 18/107, S. 5). Auch die Relation der Löhne und Gehälter Ostdeutschlands gegenüber denen Westdeutschlands hat sich nach wie vor mit etwa 80 Prozent nicht wesentlich verändert (BT-Drs. 18/107, S. 6). - Nach dem "Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2014" vom 20. September 2014 hat sich der wirtschaftliche Konvergenzprozess, d.h. der wirtschaftliche Aufholprozess der neuen Bundeländer zu Westdeutschland, wieder abgeschwächt (vgl. Jahresbericht, S. 18). Die Relation der Löhne und Ge-hälter Ostdeutschlands gegenüber denen Westdeutschlands hat sich nach wie vor mit etwa 80 Prozent nicht wesentlich verändert (vgl. Jahresbericht, S. 45f.). - Nach dem "Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2015" vom 24. September 2015 (BT-Drs. 18/6100) liegen zwar die tariflichen Entgelte in Ostdeutschland im Durchschnitt bei rund 97 Prozent des westdeutschen Niveaus. Bei den Effektivlöhnen bestehen jedoch nach wie vor deutliche Unterschiede. Die repräsentativen Daten des Betriebspanels des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), die auf Beauftragungen von Betrieben beruhen, weisen für Ostdeutschland im Juni 2014 eine Steigerung um 90 Euro auf 2.480 Euro der Bruttodurchschnittslöhne je Vollzeitäquivalent im Vergleich zum Vorjahr aus. Die Relation gegenüber Westdeutschland (3.180 Euro) liegt damit nach wie vor bei 78 Prozent und bewegt sich auf dem gleichen Niveau wie seit Mitte der 1990er Jahre (BT-Drs. 18/6100, S. 58).

Damit ist eine Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse im Sinne von § 254b Abs. 1 SGB VI nach wie vor noch nicht festzustellen. Jedenfalls begründen die aktuellen Zahlen gegenwärtig noch keine Pflicht des Gesetzgebers zur Änderung der streitgegenständlichen Berechnungsgrundlagen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber jeweils die festgestellten Annäherungen auf das Rentenniveau übertragen hat: - So betrug der aktuelle Rentenwert im Januar 1992, also zu Beginn der Geltung des SGB VI, 41,44 DM, der aktuelle Rentenwert (Ost) dagegen 23,57 DM, also lediglich etwa 57 Prozent des West-Wertes. - Zum 1. Januar 1999 war das Verhältnis auf 47,65 DM zu 40,87 DM, also auf 86 Prozent, angestiegen, ab dem 1. Juli 2003 betrug es 26,13 Euro zu 22,97 Euro, so dass der aktuelle Rentenwert (Ost) 88 Prozent des aktuellen Rentenwertes ausmachte. - Nach der Rentenanpassung zum Juli 2009 betrug der aktuelle Rentenwert 27,20 Euro und der aktuelle Rentenwert (Ost) 24,13 Euro, so dass es zu einer weiteren Angleichung kam und der aktuelle Rentenwert (Ost) danach 88,71 Prozent des "Westwertes" betrug. Diese Relation wurde zwischenzeitlich weiter verringert: - Nach der Rentenanpassung zum 1. Juli 2011 betrug der aktuelle Rentenwert 27,47 Euro und der aktuelle Rentenwert (Ost) 24,37 Euro, somit zunächst weiterhin 88,71 Prozent des "Westwertes". - Nach der Rentenanpassung zum 1. Juli 2012 betrug der aktuelle Rentenwert 28,07 Euro und der aktuelle Rentenwert (Ost) 24,92 Euro, mithin 88,78 Prozent des "Westwertes". - Nach der Rentenanpassung zum 1. Juli 2013 betrug der aktuelle Rentenwert 28,14 Euro und der aktuelle Rentenwert (Ost) 25,74 Euro, damit also 91,47 Prozent des "Westwertes". - Nach der Rentenanpassung zum 1. Juli 2014 betrug der aktuelle Rentenwert 28,61 Euro und der aktuelle Rentenwert (Ost) 26,39 Euro, mithin also 92,24 Prozent des "Westwertes". - Nach der aktuellen Rentenanpassung zum 1. Juli 2015 beträgt der aktuelle Rentenwert 29,21 Euro und der aktuelle Rentenwert (Ost) 27,05 Euro, mithin inzwischen 92,61 Prozent des "Westwertes".

Auf das Niveau einzelner Teile der Lebenshaltungskosten kommt es demgegenüber nicht an. Der Gesetzgeber hat sich in seinem Programmsatz in zulässiger Weise auf die Anbindung an das Einkommensniveau festgelegt. Dies konnte er auf Grund der in diesem Fall weiten Gestaltungsfreiheit. Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass im Rahmen des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG nicht danach zu fragen ist, ob der Gesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt hat. Entscheidend ist allein, ob die gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, ob also, bezogen jeweils auf den in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart, ein vernünftiger Grund für die Regelung fehlt. Dies ist aus den dargelegten Gründen zu verneinen. Vielmehr stellt § 254b Abs. 1 SGB VI zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sicher, dass die Rentenberechtigung aus in der DDR zurückgelegten Zeiten unter Wahrung des Verhältnisses der in einem System der Rentenversicherung der ehemaligen DDR versicherten Arbeitsentgelte zum Durchschnittsentgelt der in der DDR Beschäftigten im jeweiligen Berufsjahr gewonnen wird (BSG, Urteil vom 10. November 1998 - B 4 RA 32/98 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15). Die §§ 256a, 248 SGB VI gewährleisten in diesem Regelungssystem, dass die in der ehemaligen DDR zurückgelegten Beitrags- und Beschäftigungszeiten bei der Rentenberechnung berücksichtigt werden, was ohne diese Regelung nicht möglich wäre (BSG, Urteil vom 10. November 1998 - B 4 RA 33/98 R - JURIS-Dokument, RdNr. 22-32). Art. 3 Abs. 1 GG gebietet deshalb nicht, dem Versicherten eine solche Rente zu zahlen, als hätte er Zeit seines Erwerbslebens in der gleichen Höhe wie ein vergleichbarer Versicherter in den alten Bundesländern Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung eingezahlt, während er tatsächlich weit niedrigere Beiträge geleistet hat.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber seiner Beobachtungspflicht nicht nachkommt. Die Angleichung der Rentenwerte ist nach wie vor in der parlamentarischen Diskussion:

Ausweislich der Antwort der Bundesregierung vom 19. Oktober 2011 auf die Große Anfrage der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag (BT-Drs. 17/554) prüfte bereits die Bundesregierung der vergangenen Legislaturperiode unter verschiedenen Gesichtspunkten, wie die rechtlichen Regelungen für eine noch festzulegende Methode der Vereinheitlichung der Rentensysteme konkret ausgestaltet werden können, auch um eine Angleichung des aktuellen Rentenwertes (Ost) an den aktuellen Rentenwert vorzunehmen. Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen (BT-Drs. 17/7393, S. 3; BT-Drs. 17/7711, S. 16-17; BT-Drs. 17/10803, S. 26). Die Erwägungen des Gesetzgebers sind auch insoweit sachgerecht, wenn er ausführt, dass eine Rege¬lung der Frage zur Vereinheitlichung der Rentenberechnung, die den unterschiedlichen Erwartungen und Interes¬sen in Ost und West sowie bei Alt und Jung gleichermaßen gerecht wird und zur Befriedung beiträgt, nur dann erzielbar ist, wenn sie von einem breiten Konsens aller Beteiligten getragen wird (BT-Drs. 17/10803, S. 26). Zutreffend verweist der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang darauf, dass sich das derzeitige Sys¬tem und die geltenden Regelungen bewährt haben, weil die besonderen rentenrechtlichen Bestimmungen dazu führen, insbesondere das nach wie vor im Durchschnitt niedrigere Lohnniveau in Ost¬deutschland bei der Rentenberechnung durch die Hoch¬wertung der Einkommen auszugleichen. Die für die Bestimmung der Entgeltpunkte maßgebenden Arbeitsver¬dienste Ost werden mit einem Hochwertungsfaktor ver¬vielfältigt (§ 255a SGB VI in Verbindung mit Anlage 10 zum SGB VI), der den Abstand zwischen dem Durchschnitts¬entgelt Ost und dem Durchschnittsentgelt West widerspiegelt. Hier¬durch ist sichergestellt, dass ein Durchschnittsverdiener Ost bei Erreichen einheitlicher Einkommensverhältnisse und dann gleich hohen aktuellen Rentenwerten auch für die vor Erreichen einheitlicher Einkommensverhältnisse liegenden Beitragszeiten einen gleich hohen Rentenertrag erhält wie ein Durchschnittsverdiener in den alten Län¬dern (vgl. zu den Auswirkungen der Hochwertung bei einer Ost-West-Rentenangleichung dezidiert: Winkel, SozSich 2014, 373).

Aktuell prüft die Bundesregierung, wie der Angleichungsprozess in der gesetzlichen Rentenversicherung fortzusetzen ist. Dabei soll der "Fahrplan zur vollständigen Angleichung", gegebenenfalls mit einem Zwischenschritt, in einem Rentenüberleitungsabschlussgesetz festgeschrieben werden: Ende 2020, wenn die Lohn- und Gehaltsangleichung weiter fortgeschritten sein wird, soll in einem letzten Schritt die vollständige Angleichung der Rentenwerte erfolgen. Bereits zum 1. Juli 2016 soll geprüft werden, wie weit sich der Angleichungsprozess bereits vollzogen hat und auf dieser Grundlage entschieden werden, ob mit Wirkung ab 2017 bereits eine weitere Teilangleichung notwendig ist (vgl. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 18. Legislaturperiode "Deutschlands Zukunft gestalten", S. 53; ebenso im "Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2015" vom 24. September 2015 [BT-Drs. 18/6100, S. 60-62]).

b) Der von den Kläger-Prozessbevollmächtigten in anderen Verfahren behauptete Verstoß gegen § 33c SGB I in Verbindung mit §§ 2 Abs. 1 Nr. 5, 3 Abs. 1 und 2 AGG liegt nicht vor.

Die von den Kläger-Prozessbevollmächtigten in anderen Verfahren zitierten Normen verbieten nicht die Anwendung geltenden Rechts. § 33c SGB I und §§ 2 Abs. 1 Nr. 5, 3 Abs. 1 und 2 AGG einerseits sowie §§ 254b, 254d, 255a, 256a SGB VI andererseits stehen gleichberechtigt nebeneinander. § 33c SGB I und §§ 2 Abs. 1 Nr. 5, 3 Abs. 1 und 2 AGG verbieten die Ungleichbehandlung bei der Inanspruchnahme von sozialen Rechten. Nach §§ 254b, 254d, 255a, 256a SGB VI ist der Rentenversicherungsträger jedoch ebenfalls gesetzlich gezwungen die Berechnung der Rente nach dem Rentenwert (Ost) vorzunehmen. Der Rentenversicherungsträger darf wegen Art. 20 Abs. 3 GG §§ 254b, 254d, 255a, 256a SGB VI nicht außer Anwendung lassen. Da Art. 3 GG ein verfassungsrechtliches und damit im Gesetzesrang höherstehendes Diskriminierungsverbot enthält als § 33c SGB I und §§ 2 Abs. 1 Nr. 5, 3 Abs. 1 und 2 AGG kann im "Erst-Recht-Schluss" gefolgert werden, dass, wenn kein Verstoß gegen Art. 3 GG vorliegt auch kein Verstoß gegen § 33c SGB I und §§ 2 Abs. 1 Nr. 5, 3 Abs. 1 und 2 AGG vorliegt. Wie bereits ausführlich dargelegt, liegt ein Verstoß gegen Art. 3 GG hier nicht vor.

c) Es liegt schließlich auch kein Verstoß gegen Art. 9 und 10.3 des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Zusammenarbeit vom 19. Dezember 1966 (sog. Sozialpakt, verkündet mit Gesetz vom 23. November 1973 [BGBl. II 1973, S. 1569]) vor. Zutreffend sind die Ausführungen der Kläger-Prozessbevollmächtigten in anderen Verfahren, dass der sog. Sozialpakt in Deutschland geltendes Recht ist und im Rang eines formellen Bundesgesetzes steht (vgl. Art. 59 Abs. 2 GG). Bezüglich der Anwendbarkeit von §§ 254b, 254d, 255a, 256a SGB VI unter Beachtung des "Sozialpaktes" ergibt sich das gleiche Gleichrangprinzip wie bei § 33c SGB I und §§ 2 Abs. 1 Nr. 5, 3 Abs. 1 und 2 AGG. Ein Vorrang des Sozialpaktes gegenüber §§ 254b, 254d, 255a, 256a SGB VI kann sich daher nur ergeben, wenn ein Verstoß gegen Art. 3 GG oder anderes "höherwertiges" Recht vorläge, da der Sozialpakt und §§ 254b, 254d, 255a, 256a SGB VI als formelle Bundesgesetze gleichrangig sind. Wie bereits ausführlich dargelegt, liegt ein Verstoß gegen Art. 3 GG hier nicht vor, so dass auch unter Beachtung des Sozialpaktes kein Anspruch der Klägerin auf Zugrundelegung des aktuellen Rentenwertes "West" anstatt des aktuellen Rentenwertes (Ost) gegeben ist.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Jacobi Dr. Schnell Dr. Kaminski zugleich für den wegen Erkrankung an der Unterschrift verhinderten Richter am Sozialgericht Dr. Kaminski
Rechtskraft
Aus
Saved