L 10 R 243/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 2078/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 243/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 20.09.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung.

Der am 1960 geborene Kläger absolvierte vom 01.08.1978 bis 19.01.1982 eine Ausbildung zum Maschinenschlosser und war zuletzt bis 30.06.2009 bei der Firma R. B. GmbH in S. als Qualitätskontrolleur beschäftigt. Von Januar 2010 bis Januar 2011 bezog er Krankengeld und daran anschließend bis zum 04.11.2011 Arbeitslosengeld.

Der Kläger befand sich im September/Oktober 2010 zur stationären Rehabilitation in der L. Bad D. , wo eine Angst und depressive Störung gemischt, eine Gonarthrose, eine arterielle Hypertonie, eine Arthralgie der Schulter sowie eine Adipositas diagnostiziert und die Leistungsfähigkeit des Klägers im Bereich Qualitätsmanagement sowie für leichte körperliche Tätigkeiten auf sechs Stunden und mehr täglich eingeschätzt wurde (Entlassungsbericht vom 03.11.2010).

Seinen im Januar 2011 bei der Beklagten gestellten Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung begründete er mit Depressionen und einer Gonarthrose. Die Beklagte holte ein Gutachten bei der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. E. sowie bei dem Chirurgen/Unfallchirurgen und Sozialmediziner Dr. G. ein. Dr. E. diagnostizierte eine Angst und depressive Störung gemischt, eine abhängige Persönlichkeitsstörung sowie eine Adipositas und war der Ansicht, dass der Kläger aus neurologisch-psychiatrischer Sicht als Qualitätskontrolleur sowie für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (ohne erhöhten Zeitdruck, ohne Akkord, ohne Überkopfarbeiten und ohne Zwangshaltungen) sechs Stunden und mehr leistungsfähig sei. Dr. G. stellte auf orthopädischem Fachgebiet degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit Funktionseinschränkung, einen kleinen medialen Bandscheibenvorfall C5/6 ohne belangvolle Wurzelreizsymptomatik, eine Gonarthrose links stärker als rechts mit Funktionseinschränkung links, eine endgradige Funktionseinschränkung in beiden Schultergelenken bei Impingementsyndrom sowie als Nebendiagnosen einen behandlungsbedürftigen Bluthochdruck und eine Adipositas (BMI 44,6 kg/m²) fest und kam zu dem Ergebnis, dass das Leistungsvermögen des Klägers so weit gemindert sei, dass dieser noch leichte Arbeiten in vollschichtigem Umfang ausüben könne, wobei er Einschränkungen für Tätigkeiten mit langem Stehen und häufigem Bücken, Knien, Hocken und Überkopfarbeiten, unter erhöhtem Zeitdruck und in Form von Nachtschicht sah. Ferner hielt er nur noch das Heben und Tragen von Lasten bis max. 5 bis 10 kg für zumutbar. Als Qualitätskontrolleur sei der Kläger auch weiterhin in vollschichtigem Umfang einsetzbar. Eine Minderung der Gehstrecke in sozialmedizinisch relevantem Umfang lasse sich aus den Befunden nicht ableiten.

Die Beklagte lehnte daraufhin den Rentenantrag des Klägers mit Bescheid vom 07.04.2011 ab. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass weder die schwere Gonarthrose an beiden Kniegelenken, noch das Impingementsyndrom der Schultergelenke sowie die Spondylarthrose der LWS berücksichtigt seien und verwies hierzu auf einen Arztbericht des Chirurgen Dr. S. vom 02.05.2011.

Nach Einholung einer sozialmedizinischen Stellungnahme des Dr. G. wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.2011 zurück. Ihre Entscheidung begründete die Beklagte damit, dass dem Kläger noch leichte Tätigkeiten überwiegend im Stehen, überwiegend im Gehen, überwiegend im Sitzen, in Tagesschicht, Frühschicht/Spätschicht, ohne besonderen Zeitdruck, ohne häufiges Heben, Tragen von Lasten (ohne mechanische Hilfsmittel 5 bis 10 kg zumutbar), ohne längere Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne häufiges Bücken und ohne häufiges Knien/Hocken täglich sechs Stunden und mehr zumutbar seien. In der letzten Tätigkeit sei der Kläger noch sechs Stunden und mehr einsatzfähig. Die sozialmedizinisch relevante Gehstrecke von täglich viermal 500 m sei dem Kläger zumutbar.

Hiergegen hat der Kläger am 18.08.2011 Klage zum Sozialgericht S. (Az.: S 2 R 4815/11) erhoben. Dieses hat zunächst von Amts wegen ein Gutachten bei dem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. A. vom 17.03.2012 eingeholt, der bei dem Kläger ein chronisches Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom mit Bandscheibenerkrankung der Halswirbelsäule C5/6 und C6/7 und der Lendenwirbelsäule L4/L5 und L5/S1 ohne Lähmungserscheinungen, eine fortgeschrittene lateral betonte Pangonarthrose mit Befall beider Kniegelenke, Bewegungseinschränkung, anhaltenden Reizerscheinungen, Ergussbildungen und Streckdefiziten, ein chronisches Impingementsyndrom beider Schultergelenke mit Einschränkung der Beweglichkeit sowie eine beginnende Hüftgelenksarthrose beidseits mit eingeschränkter Innenrotation diagnostiziert und den Kläger für in der Lage erachtet hat, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen (für schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten, Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel, vorwiegend sitzende Tätigkeiten, überwiegendes Gehen/Stehen, gleichförmige Körperhaltungen, Tätigkeit in Schulterhöhe oder Überkopf, häufiges Bücken, Treppensteigen, Steigen auf Leitern, Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten, Arbeiten an gefährdenden Maschinen, Akkord und Fließbandarbeiten, Wechselschicht, Kälte, Zugluft, Nässe) mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Die Tätigkeit als Maschinenschlosser bzw. Qualitätsprüfer sei dem Kläger nur noch unter drei Stunden täglich möglich. Zudem sei der Kläger wegen seiner schweren Arthrose der Kniegelenke, welche immer wieder zu Reizerscheinungen führe und dann oft Gehstrecken von nicht einmal mehr 50 m zulasse, nicht mehr in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von mehr als 500 m innerhalb von jeweils 20 Minuten zurückzulegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen. Hierzu hat die Beklagte eine sozialmedizinische Stellungnahme des Obermedizinalrats F: vom Mai 2012 eingeholte, in welcher sich dieser mit den von Dr. A. festgestellten Leistungseinschränkungen auseinandergesetzt hat. Nach Verweisung hat das nunmehr örtlich zuständige Sozialgericht Heilbronn eine Auskunft der Firma R. B. GmbH (u.a. Notwendigkeit der Facharbeiterqualifikation und häufigen Stehens bei der letzten Tätigkeit) sowie eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. A. (weiterhin Gehstrecke unter 500 m bei 20 Minuten Gehzeit) eingeholt und die Klage mit Urteil vom 20.09.2013 abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und könne auch die zuletzt ausgeübte Beschäftigung sechs Stunden täglich verrichten, weshalb auch keine Berufsunfähigkeit vorliege. Darüber hinaus sei eine Einschränkung der Wegefähigkeit des Klägers nicht plausibel. Eine dauerhafte Leistungseinschränkung sei weder durch die Ausführungen des Dr. A. noch durch das - vom Kläger vorgelegte - Attest des Dr. H. belegt.

Gegen das am 23.12.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17.01.2014 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Berufungsbegründung trägt er vor, das Gutachten des Dr. G. , auf welches sich das Sozialgericht in seiner Entscheidung gestützt habe, sei nicht mehr aktuell. Ausgangspunkt müsse vielmehr das Gutachten des Dr. A. sein. Da er demzufolge wohl überwiegend, aber nicht ausschließlich eine sitzende Tätigkeit ausüben könne, nicht aber überwiegend eine Tätigkeit im Gehen oder Stehen, sei der Arbeitsmarkt derart eingegrenzt, dass eine konkrete Tätigkeit zu benennen sei, die er mit seinen gesundheitlichen Einschränkungen verrichten könne. Hinzu komme, dass Dr. A. in Übereinstimmung mit dem behandelnden Orthopäden Dr. H. festgestellt habe, dass er nicht mehr in der Lage sei, täglich viermal eine Wegstrecke von mehr als 500 m innerhalb von jeweils 20 Minuten zurückzulegen bzw. zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeit zu benutzen. Die immer wiederkehrenden Reizerscheinungen der Kniegelenke würden dazu führen, dass er, obwohl er über eine Fahrerlaubnis sowie einen PKW verfüge, nicht ohne Gefahr ein Fahrzeug führen könne und zum Teil nicht einmal die Strecke von einem Parkplatz bis zu einem Betrieb zu Fuß in zumutbarer Zeit bewältigen könne. Zudem wäre ein konkreter Verweisungsberuf im Bereich der oberen angelernten Tätigkeiten zu benennen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 20.09.2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 07.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 22.07.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat zunächst die Fachärztin für Orthopädie Dr. B.-S. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Die Sachverständige hat aufgrund einer Untersuchung im Mai 2014 bei dem Kläger eine retropatellare mediale und laterale Arthrose links mit rezidivierenden Beschwerden, ohne momentane Reizerscheinungen bei freier Beweglichkeit, eine mediale und retropatellare Arthrose rechts mit rezidivierenden Beschwerden ohne momentane Reizerscheinungen bei freier Beweglichkeit, ein Impingementsyndrom der rechten Schulter bei freier Beweglichkeit bei radiologisch dokumentierter AC-Gelenksarthrose, ein Impingementsyndrom der linken Schulter bei freier Beweglichkeit bei radiologisch unauffälligem Befund, gelegentliche Schmerzen im Bereich der unteren Brustwirbelsäule, ohne Funktionseinschränkung und ohne Nervenwurzelreizung bei radiologisch unauffälligem Befund, gelegentliche Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule bei freier Entfaltbarkeit ohne Nervenwurzelreizung bei radiologisch degenerativen Veränderungen diagnostiziert und den Verdacht auf eine beginnende Achillodynie beidseits und auf eine beginnende Coxarthrose ohne Beschwerden und ohne Funktionseinschränkung geäußert. Aufgrund dessen sei die körperliche Belastbarkeit des Klägers für eine mittelschwere und schwere körperliche Tätigkeit überwiegend im Gehen und Stehen und Überkopfarbeiten eingeschränkt. Er sei jedoch weiterhin in der Lage, eine leichte körperliche Tätigkeit überwiegend im Sitzen, mit kurzen Geh- und Stehphasen, sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche auszuüben. Da die letzte Tätigkeit in der Qualitätssicherung häufig im Stehen durchzuführen sei, hat Dr. B.-S. diese als nicht mehr möglich angesehen. Hingegen sei dem Kläger eine Tätigkeit sowohl als Mitarbeiter in einer Poststelle als auch als Registrator vollschichtig möglich. Hinsichtlich der Wegefähigkeit hat Dr. B.-S. ausgeführt, dass die Gonarthrose bei längeren Strecken Schmerzen auslösen könne, sie dennoch eine Gehstrecke von 500 m viermal am Tag für zumutbar halte. Auch das Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten sei uneingeschränkt möglich und es bestünden keine Einschränkungen bei der Benutzung eines vorhandenen Kraftfahrzeuges. Bei einer akuten Situation mit einer massiven Ergussbildung sei dies sicherlich kurzfristig eingeschränkt.

Auf Antrag und Kosten des Klägers hat der Senat sodann ein Gutachten bei Dr. A. zur Frage der Wegefähigkeit eingeholt. Dieser hat nach Untersuchung des Klägers im Dezember 2014 ausgeführt, dass der Kläger nicht mehr die Fähigkeit besitze, viermal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 m in zumutbarem Zeitaufwand (weniger als 20 Minuten) zu Fuß zu bewältigen und zweimal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Der Kläger leide unter einer fortgeschrittenen Arthrose seiner Kniegelenke und seiner Hüftgelenke und unter starken Abnutzungserscheinungen seiner Lendenwirbelsäule mit Spinalkanalstenosen. Selbst wenn es dem Kläger unter Medikamenteneinnahme und Verwendung von Gehstützen zeitweise möglich sein sollte, 500 m innerhalb 20 Minuten zurückzulegen, so könne dies sicher nicht regelmäßig viermal am Tag durchgeführt werden. Regelmäßiges Zurücklegen der Wegstrecke von mehr als 500 m viermal am Tag sei dem Kläger somit nicht mehr möglich. Aus orthopädischer Sicht sei der Kläger zwar im Stande ein Kraftfahrzeug zu führen, aber auch dies nicht regelmäßig. Bei entsprechender Medikamenteneinnahme und entsprechend niedrigem Reizzustand seiner Lendenwirbelsäule könne der Kläger durchaus zeitweise ein Fahrzeug ca. 15 Minuten bedienen und führen. Dies könne jedoch nicht regelmäßig durchgeführt werden, da er bei den häufigen Reizzuständen seiner Wirbelsäule nicht in der Lage sei, während diesen Schmerzzuständen ein Kraftfahrzeug zu bedienen und zu fahren.

Hieran anschließend hat das Gericht den den Kläger behandelnden Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie Dr. S. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt, der unter Angabe der Behandlungsdaten seit 2012 ausgeführt hat, dass dem Kläger das sichere Führen eines Kraftfahrzeuges mit Schaltgetriebe nicht mehr möglich sei, jedoch für Fahrzeuge mit Automatikgetriebe keine wesentlichen Einschränkungen bestünden.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht mit Urteil vom 20.09.2013 abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 07.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.07.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Rechtsgrundlage für die hier auch begehrte Rente wegen Berufsunfähigkeit ist § 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind.

Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Zwar ist der Kläger nicht mehr in der Lage, seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Qualitätskontrolleur, die laut der Arbeitgeberauskunft der Firma R. B. GmbH (vgl. Bl. 82 ff. LSG-Akte) u.a. eine Facharbeiterqualifikation voraussetzte und mit häufigem Stehen verbunden war, mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Kläger ist jedoch sozial und gesundheitlich zumutbar auf die Tätigkeit eines Poststellenmitarbeiters verweisbar. Eine solche Tätigkeit kann der Kläger, so Dr. B.-S. in ihrem Gutachten unter Berücksichtigung der vom Senat vorgegebenen Leistungsanforderungen, noch vollschichtig ausüben. Er ist deshalb nicht berufsunfähig.

Der Senat hat bereits mit Urteil vom 23.03.2006, L 10 R 612/05 entschieden, dass der Mitarbeiter in der Poststelle im öffentlichen Dienst nach der Vergütungsgruppe VIII BAT entlohnt wird und es sich damit nach dem Tarifvertrag jeweils um Tätigkeiten für Angelernte und damit eine für Facharbeiter grundsätzlich zumutbare Verweisungstätigkeiten handelt (s. Urteil des BSG vom 27.11.1991, 5 RJ 91/89). Arbeitsplätze sind in nennenswerter Zahl auf dem Arbeitsmarkt vorhanden.

Nach dem BAT wird der Mitarbeiter in der Poststelle in Vergütungsgruppe VIII BAT - so der genannte Sachverständige - eingestuft. Bei der Vergütungsgruppe VIII BAT handelt es sich um Tätigkeiten für Angelernte und damit um eine für Facharbeiter grundsätzlich zumutbare Verweisungstätigkeit (BSG, Urteil vom 27.11.1991, 5 RJ 91/89). Hieran hat sich durch das Inkrafttreten der Tarifverträge für den Öffentlichen Dienst der Länder (TV-L), des Bundes (TV-Bund) und für die Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber (TV-VKA) zunächst nichts geändert, weil eine die Vergütungsgruppeneinteilung des BAT ersetzende Regelung zunächst nicht vereinbart worden ist. Dies gilt für die Beschäftigen des Bundes und der Kommunen auch derzeit. Für die Beschäftigten der Länder ist am 01.01.2012 die Entgeltordnung der Länder (Anlage A zum TV-L) in Kraft getreten. Zwar gilt damit für Beschäftigte des Landes die Vergütungsgruppeneinteilung des BAT nicht mehr. Indessen ist hierdurch für die Frage der Zumutbarkeit einer Tätigkeit als Mitarbeiter in der Poststelle keine Änderung eingetreten. Die Vergütungsgruppe VIII BAT (Tätigkeiten schwierigerer Art) entspricht inhaltlich im Wesentlichen der Entgeltgruppe (EG) 3 der neuen Entgeltordnung der Länder, sodass die bisher nach Vergütungsgruppe VIII BAT entlohnten Beschäftigten - und damit auch der Mitarbeiter in der Poststelle - nach EG 3 entlohnt werden. Dies haben die Ermittlungen des 13. Senats im genannten Verfahren L 13 R 4924/09 bestätigt, s. Urteil vom 25.09.2012, a.a.O.

Ebenso wie Tätigkeiten, die nach Vergütungsgruppe VIII BAT entlohnt werden, sind Tätigkeiten nach EG 3 der Entgeltordnung der Länder einem Facharbeiter sozial zumutbar (Urteil des Senats vom 13.12.2012, L 10 R 1162/09; Urteil des 13. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25.09.2012, a.a.O.). Nach Teil I "Allgemeine Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungsdienst" dieser Entgeltordnung erfasst die EG 3 Tätigkeiten, die eine eingehende Einarbeitung bzw. eine fachliche Anlernung erfordern, die über eine Einarbeitung i.S. der EG 2 (= einfache Tätigkeiten) hinausgeht. Wie bei Vergütungsgruppe VIII BAT (vgl. BSG, Urteil vom 12.09.1991, 5 RJ 34/90 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 17) ist damit eine längere Anlernzeit erforderlich. Demgegenüber gilt die EG 4 für schwierige Tätigkeiten (Nr. 1) und erfasst (EG 4 Nr. 2) auch Tätigkeiten der EG 3, die mindestens zu einem Viertel gründliche Fachkenntnisse erfordern; insoweit handelt es sich um früher in BAT VIII Nr. 1b aufgeführte, einen Bewährungsaufstieg nach BAT VII ermöglichende Tätigkeiten. Dies zeigt, dass die Vergütungsgruppe BAT VIII im Wesentlichen der EG 3 entspricht. Entsprechend sehen die Tarifverträge zur Überleitung der Beschäftigten (TVÜ-Länder, TVÜ-Bund, TVÜ-VKA) eine Entlohnung der in Vergütungsgruppe VIII BAT eingruppierten Beschäftigten nach EG 3 bis zum Inkrafttreten der Entgeltordnung vor. Auch die EG 3 der neuen Entgeltordnung der Länder enthält, da sie inhaltlich, also hinsichtlich der qualitativen Anforderungen der Vergütungsgruppe BAT VIII entspricht, somit für Facharbeiter grundsätzlich zumutbare Verweisungstätigkeiten. Bestätigt wird dies durch den Umstand, dass in anderen Bereichen der Entgeltordnung für die Länder die Einstufung nach EG 4 einen Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf erfordert. So betrifft die EG 4 nach Teil III "Beschäftigte mit körperlich / handwerklich geprägten Tätigkeiten" und dort Nr. 1 "Allgemeine Tätigkeitsmerkmale" Beschäftigte mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von weniger als drei Jahren und damit gerade auch Facharbeiter i.S. des oben dargestellten Mehrstufenschemas (mehr als zwei Jahre Ausbildungszeit). Entsprechend sind von der nächst niedrigen tariflichen Entgeltgruppe erfasste Tätigkeiten einem Facharbeiter zumutbar (BSG, Urteil vom 07.10.1987, 4a RJ 91/86 in SozR 2200 § 1246 Nr. 149), hier also jene der EG 3.

Die Tätigkeit als Mitarbeiter in der Poststelle umfasst (Urteil des Senats vom 23.03.2006, L 10 R 612/05 im Anschluss an den Sachverständigen Metzger; Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 15.04.2011, L 5 R 331/09 - juris -; zusammenfassend Urteil des 13. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25.09.2012, a.a.O.) die Entgegennahme und das Öffnen der täglichen Eingangspost (Postsäcke, Postkörbe, Pakete, Briefsendungen, u.a.) sowie der Hauspost, die Entnahme des Inhaltes von Postsendungen, die Überprüfung der Vollständigkeit, das Anbringen eines Posteingangsstempels bzw. eines Eingangs-/Weiterleitungsvermerkes, das Anklammern der Anlagen, das Auszeichnen, Sortieren und Verteilen der Eingangspost innerhalb der Poststelle in die Fächer der jeweils zuständigen Abteilungen. Daneben bereiten Poststellenmitarbeiter die Ausgangspost vor. Dies geschieht durch Falzen und Sortieren, Kuvertieren bzw. Verpacken der Post, das Frankieren und Bereitstellen der ausgehenden Post, das Bedienen der Kuvertier- und Frankiermaschine und Beschriften der ausgehenden Aktenpost, das Packen von Päckchen und Paketen, das Eintragen von Wert- und Einschreibesendungen in Auslieferungsbücher. Es handelt es sich hierbei regelmäßig um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen und temperierten Räumen im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass gelegentlich Lasten über 10 kg gehoben bzw. getragen werden müssen. Doch sind solche Transporttätigkeiten in größeren Behörden und Firmen nicht typisch für die Tätigkeit in der Poststelle, weil der Transportdienst von und zum Postamt sowie innerhalb der Poststelle dort von nur wenigen, speziell hierfür bestimmten Mitarbeitern wahrgenommen wird (Urteil des Senats vom 23.03.2006, L 10 R 612/05). Demgemäß ist - was für die Benennung auch als körperlich leichte Verweisungstätigkeit genügt - die Mehrheit der Mitarbeiter der Poststelle ausschließlich mit dem Fertigmachen der auslaufenden Post und mit der Bearbeitung der eingehenden Post betraut, sodass die zu verrichtenden Aufgaben nicht den Schweregrad leichter körperlicher Tätigkeiten übersteigen (so bereits LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.5.1997, L 2 I 47/95 m. w. N.).

Die Arbeit als Mitarbeiter in der Poststelle entspricht dem gesundheitlichen Restleistungsvermögen des Klägers, wie dies insbesondere Dr. B.-S. nachvollziehbar dargelegt hat. Unter Berücksichtigung der von ihr und Dr. G. im Wesentlichen übereinstimmend beschriebenen qualitativen Einschränkungen kann der Kläger noch zumindest leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen mit kurzen Geh- und Stehphasen ohne Überkopfarbeiten, ohne Heben und Tragen von Lasten über 5 bis 10 kg, unter Vermeidung von häufigem Bücken, Knien, Hocken mindestens sechs Stunden täglich ausführen. Weiter sollten Arbeiten, die mit erhöhtem Zeitdruck und Nachtschicht verbunden sind, vermieden werden. Dieser Beurteilung schließt sich der Senat an und sieht damit das Leistungsvermögen des Klägers in Übereinstimmung mit den Leistungsanforderungen der genannten Verweisungstätigkeit. Insbesondere steht die Einschränkung der Hebe- und Tragebelastungen auf 5 bis 10 kg, und dass dem Kläger damit gegebenenfalls nicht jeder Arbeitsplatz auf einer Poststelle zuzumuten ist, der Verweisbarkeit auf die Tätigkeit als Poststellenmitarbeiter nicht entgegen. Denn für die Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich, dass der leistungsgeminderte Versicherte auf allen in Betracht kommenden Arbeitsplätzen einsetzbar ist. Vielmehr genügt die prinzipielle Eignung für eine solche Tätigkeit und die Gewissheit, dass geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Zahl vorhanden sind. Daran hat der Senat keine Zweifel.

Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass auch unter Berücksichtigung der von Dr. A. genannten weitergehenden qualitativen Leistungseinschränkungen (schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten, Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel, vorwiegend sitzenden Tätigkeiten, überwiegendes Gehen/Stehen, gleichförmige Körperhaltungen, Tätigkeit in Schulterhöhe oder Überkopf, häufiges Bücken, Treppensteigen, Steigen auf Leitern, Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten, Arbeiten an gefährdenden Maschinen, Akkord und Fließbandarbeiten, Wechselschicht, Kälte, Zugluft, Nässe) eine Tätigkeit als Poststellenmitarbeiter zumutbar ist.

Ist der Kläger somit nicht berufsunfähig, weil er die ihm zumutbare Tätigkeit auf einer Poststelle noch sechs Stunden und mehr arbeitstäglich ausüben kann, ist er erst recht nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert und hat er auch keinen Anspruch auf eine Rente im Sinne des § 43 SGB VI. Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser (Abs. 1 Satz 1 der Regelung) bzw. voller (Abs. 2 Satz 1 der Regelung) Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind. Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Aus den oben genannten Gründen ist der Kläger noch in der Lage, täglich wenigstens sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, insbesondere als Poststellenmitarbeiter, tätig zu sein, weshalb auch kein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI besteht. Auch der Kläger behauptet keine zeitliche Leistungseinschränkung.

Schließlich vermag sich der Senat auch nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger aufgrund einer eingeschränkten Gehfähigkeit nicht mehr wegefähig und damit voll erwerbsgemindert ist.

Zwar kann nur das Leistungspotenzial, das auf dem Arbeitsmarkt konkret einsetzbar ist, als Maßstab für die Fähigkeit eines Versicherten, Einkommen zu erzielen, herangezogen werden. Folglich gehört nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R m.w.N.). Denn eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Risikos, das Defizit führt zur vollen Erwerbsminderung.

Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach dem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, vier Mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand (weniger als 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z.B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten (insbes. die zumutbare Benutzung eines vorhandenen Kraftfahrzeugs) zu berücksichtigen.

Der Kläger ist in seiner Mobilität nicht in diesem Sinne eingeschränkt. Zwar geht auch der Senat zugunsten des Klägers und in Übereinstimmung mit der Sachverständigen Dr. B.-S. davon aus, dass akute Reizzustände der Kniegelenke zu Schmerzen, insbesondere bei Belastung führen, sodass der Kläger den Weg zur Arbeitsstelle bei solchen akuten Reizzuständen zu Fuß nicht zurücklegen kann und daher dann krankheitsbedingte Zeiten der Arbeitsunfähigkeit vorliegen. Weiter geht der Senat davon aus, dass solche akute Reizzustände beider Kniegelenke bei dem Kläger rezidivierend auftreten. Dies ergibt sich aus einer Gesamtschau der von Dr. G. , Dr. B.-S. und Dr. A. erhobenen Befunde der Kniegelenke des Klägers. Dr. G. schilderte ein am Untersuchungstag im März 2011 flottes, raumgreifendes, angedeutet rechts hinkendes Gangbild mit regelgerechtem Abrollen der Sprunggelenke. Zum Untersuchungszeitpunkt bestand eine freie Beweglichkeit im rechten und eine endgradig eingeschränkte Beweglichkeit im linken Kniegelenk. Von einer Schwellung oder Ergussbildung im Bereich der Kniegelenke berichtete Dr. G. hingegen nicht. Dr. B.-S. hat anlässlich der Untersuchung im Mai 2014 bei dem Kläger eine retropatellare mediale und laterale Arthrose links mit rezidivierenden Beschwerden, ohne momentane Reizerscheinungen bei freier Beweglichkeit sowie eine medial und retropatellare Arthrose rechts mit rezidivierenden Beschwerden ohne momentane Reizerscheinungen bei freier Beweglichkeit beschrieben. Beide Kniegelenke haben sich bei der Untersuchung reizlos ohne Schwellung oder Ergussbildung und in der Beweglichkeit völlig frei gezeigt. Das Gangbild hat sich flüssig mit normalem Bewegungsablauf und normaler Schrittgröße dargestellt. Ein Hinken hat Dr. B.-S. nicht feststellen können. Das Heruntergehen in die Kniebeuge hat der Kläger ohne Probleme vorführen können, auch das Aufstehen ist sicher gelungen. Dr. A. hat bei der Inspektion der Kniegelenke im März 2012 eine Schwellung links mehr als rechts, schmerzhafte Bewegungseinschränkungen, ein Streckdefizit sowie eine intraartikuläre Ergussbildung links mehr als rechts festgestellt. Anlässlich der Untersuchung im Dezember 2014 hat Dr. A. erneut eine Umfangsvermehrung der Kniegelenke beidseits, schmerzhafte Bewegungseinschränkungen, ein Streckdefizit sowie eine intraartikuläre Ergussbildung beidseits beschrieben.

Ausgehend von dem jeweils erhobenen Befund ist die Einschätzung der Wegefähigkeit durch Dr. G. und Dr. B.-S. einerseits, die eine relevante Einschränkung verneinen, und Dr. A. andererseits, der eine Einschränkung bejaht, auch nachvollziehbar. Lediglich eine, wie beispielsweise von Dr. A. beschriebene, akute Reizerscheinung der Kniegelenke mit einer massiven Ergussbildung hat - so Dr. B.-S. überzeugend - eine relevante, aber auch nur kurzfristige Einschränkung der Wegefähigkeit zur Folge.

Allein das zeitweise Vorliegen von Reizzuständen der Kniegelenke reicht jedoch - wie bereits das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat - nicht aus, um eine rentenrechtlich relevante Einschränkung der Wegefähigkeit zu begründen. Das Risiko einer häufigen Arbeitsunfähigkeit - im vorliegenden Fall, weil der Kläger den Arbeitsplatz nicht zu Fuß und mit öffentlichen Verkehrsmitteln aufsuchen könnte - kann dann zu einer Erwerbsminderung führen, wenn feststeht, dass die (vollständige) Arbeitsunfähigkeit so häufig auftritt, dass der Versicherte so häufig krank ist, dass die von ihm während eines Arbeitsjahres erbrachten Arbeitsleistungen nicht mehr die Mindestanforderung erfüllen, welche ein vernünftig und billig denkender Arbeitgeber zu stellen berechtigt ist, so dass eine Einstellung oder Weiterbeschäftigung eines solchen Versicherten praktisch ausgeschlossen ist (BSG, Urteil vom 21.07.1992, 4 RA 13/91). Maßgebend ist - so das BSG im genannten Urteil -, ob der Versicherte auf Grund seines Leidens gehindert ist, durchschnittlich in der Woche mehr als zwei oder je Monat mehr als acht volle Schichten in einer Berufstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Solche zeitlich nicht einplanbaren, häufigen Arbeitsunfähigkeitszeiten, die mit einer vollständigen Leistungsunfähigkeit verbunden sind, sind rechtlich den unüblichen Arbeitsbedingungen zuzuordnen (vgl. BSG, Urteil vom 31.03.1993, 13 RJ 65/91 in SozR 3-2200 § 1247 Nr. 14).

Ein derartig gehäuftes Auftreten akuter Reizzustände der Kniegelenke, die es dem Kläger unmöglich machen würden, vier Mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand zurückzulegen, ist nicht nachgewiesen. Insbesondere kann dies auch nicht dem vom Kläger vorgelegten ärztlichen Attest des behandelnden Orthopäde Dr. H. entnommen werden. Denn auch dieser hat lediglich ausgeführt, dass der Kläger wegen seiner schweren Arthrose der Kniegelenke, welche immer wieder zu Reizerscheinungen führe und dann oft nur Gehstrecken unter 50 m zulasse, nicht mehr in der Lage sei, täglich vier Mal eine Wegstrecke von mehr als 500 m innerhalb von 20 Minuten zurückzulegen. Eine Quantifizierung des Auftretens dieser Reizzustände, die dem Zurücklegen dieser Wegstrecke entgegen stehen sollen, nimmt er aber gerade nicht vor. Eine solche ist darüber hinaus auch weder der sachverständigen Zeugenaussage des Orthopäden Dr. S. zu entnehmen noch aus den von diesem mitgeteilten Behandlungsdaten - zuletzt noch ca. einmal pro Quartal - abzuleiten. Eine rentenrelevante Einschränkung der Wegefähigkeit sieht der Senat vor diesem Hintergrund nicht als erwiesen an. Diese Nichterweislichkeit geht zulasten des Klägers. Denn die anspruchsbegründenden Tatsachen müssen erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Ist ein solcher Nachweis nicht möglich, geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).

Der Kläger ist darüber hinaus auch in der Lage, ein Kraftfahrzeug zu führen. Hier schließt sich der Senat der Einschätzung der Dr. B.-S. an. Körperliche Beeinträchtigungen des Klägers, insbesondere von Seiten der Kniegelenke oder der Wirbelsäule, die dem entgegen stehen könnten, liegen nicht vor. Die Ausführungen des sachverständigen Zeugen Dr. S. , der einerseits das sichere Führen eines Kraftfahrzeugs mit Schaltgetriebe nicht mehr für möglich erachtet, andererseits aber keine wesentlichen Einschränkungen bei Fahrzeugen mit Automatikgetriebe sieht, überzeugen nicht. Es erschließt sich nicht, weshalb es dem Kläger möglich sein soll, ein Fahrzeug mit Automatikgetriebe zu führen, ein solches mit Schaltgetriebe hingegen nicht. Denn auch das Führen eines Fahrzeug mit Automatikgetriebe erfordert das Bedienen des Bremspedals mit dem rechten Fuß, führt also - wie auch das Führen eines Fahrzeugs mit Schaltgetriebe - zu einer Belastung des (rechten) Kniegelenks. Der Kläger leidet aber nicht nur an Kniebeschwerden linksseitig, sondern beidseits. Im Übrigen hat keiner der Gutachter, auch nicht Dr. A. , eine derartige Einschränkung angenommen.

Soweit Dr. A. den Kläger wegen häufiger Reizzustände der Wirbelsäule in seinem Gutachten vom Dezember 2014 (im Gegensatz zu seiner Einschätzung im Gutachten vom März 2012, vgl. ergänzende Stellungnahme vom Februar 2013) nun nicht mehr in der Lage sieht, ein Kraftfahrzeug zu bedienen und zu fahren, überzeugt auch dies nicht. Bei dem Kläger liegen auch von Seiten der Wirbelsäule allenfalls gelegentliche Reizzustände vor, die wiederum zu keiner relevanten dauerhaften Leistungseinschränkung führen. Dies entnimmt der Senat erneut den Ausführungen der Dr. B.-S. , die insoweit gelegentliche Schmerzen im Bereich der unteren Brustwirbelsäule (ohne Funktionseinschränkung und ohne Nervenwurzelreizung bei radiologisch unauffälligem Befund) und gelegentliche Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule (bei freier Entfaltbarkeit ohne Nervenwurzelreizung bei radiologisch degenerativen Veränderungen) diagnostiziert hat. Im Rahmen der Untersuchung hat der Kläger über keinerlei Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule geklagt, die Abtastung der Wirbelsäule war schmerzlos, die Entfaltbarkeit völlig frei und flüssig durchführbar mit einem Finger-Boden-Abstand von 0 cm. Bei der Untersuchung durch Dr. G. zeigte sich zwar eine mäßiggradig geminderte Belastbarkeit der Wirbelsäule mit einer endgradig eingeschränkten Rotationsfähigkeit im HWS-Bereich sowie der Seit- und Rückneigung des Kopfes, im Bereich der mittleren und unteren Wirbelsäulenabschnitte eine end- bis mittelgradige Einschränkung der Rotation, Seit- und Vorwärtsneigung mit einem Finger-Boden-Abstand von 32 cm ohne Hinweise auf eine Wurzelreizsymptomatik. Dr. A. hat anlässlich der Untersuchungen im März 2012 und Dezember 2014 einen weitgehend identischen Befund im Bereich der Wirbelsäule erhoben mit Einschränkungen der Beweglichkeit mit Schmerzsymptomatik. Vor diesem Hintergrund überzeugt seine Einschätzung, der Kläger könne ein Kraftfahrzeug nicht sicher führen, nicht. Zutreffend hat bereits Obermedizinalrat F: in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom Mai 2012 ausgeführt, dass die von Dr. A. vorgenommene qualitative Einschränkung für vorwiegend sitzende Tätigkeiten angesichts der vom Kläger geschilderten Alltagsgestaltung mit überwiegendem Sitzen einerseits und bei fehlender Sitzunruhe im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung andererseits nicht plausibel ist. Nachdem dem Kläger damit vorwiegend sitzende Tätigkeiten zumutbar sind, liegen keine Gründe vor, die gegen das Führen eines Kraftfahrzeugs zum Zurücklegen des Weges zur Arbeitsstelle sprechen.

Die Einschätzung des Dr. A. ist auch im Übrigen nicht nachvollziehbar. Die entsprechenden Ausführungen des Dr. A. in seinen beiden Gutachten sind annähernd wortgleich und unterscheiden sich lediglich geringfügig (März 2012: Finger-Boden-Abstand 23 cm, Vorneigung/Rückneigung HWS: 30-0-40 Grad, Drehen rechts/links HWS 60-0-60 Grad, Zeichen nach Ott 30/34 cm, Zeichen nach Schober 10/14 cm; Dezember 2014: Finger-Boden-Abstand 25 cm, Vorneigung/Rückneigung HWS: 40-0-30 Grad, Drehen rechts/links HWS 50-0-60 Grad, Zeichen nach Ott 30/33 cm, Zeichen nach Schober 10/12 cm). Nicht nachvollziehbar ist für den Senat daher auch, weshalb Dr. A. bei im Wesentlichen gleichbleibendem Befund von Seiten der Wirbelsäule im Dezember 2014 den Kläger nun nicht mehr für fähig erachtet hat, ein Kraftfahrzeug zu führen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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