Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 16 R 1080/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 2963/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 7. Juli 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob dem Kläger ab dem 1. September 2012 Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren ist.
Der Kläger ist am 1957 geboren. Seit dem 9. Februar 2009 ist bei ihm ein Grad der Behinderung von 100 anerkannt (Bescheid des Landratsamts R.-N.-Kreis vom 23. April 2009). Dem liegen folgende Funktionsbeeinträchtigungen zugrunde: Funktionsbehinderung des linken Kniegelenkes, Wirbelsäulenverformung, Bandscheibenschaden, Schulter-Arm-Syndrom, Sehminderung, Verdauungsstörung, psychovegetative Störungen, Kopfschmerzsyndrom, funktionelle Kreislaufstörungen, Enddarmerkrankung (in Heilungsbewährung), Teilverlust des Dickdarms, Anus praeter (künstlicher Darmausgang). Der Kläger hat keinen Beruf erlernt. Zuletzt war er als Gemeindearbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Seit dem 2. Mai 2011 ist er arbeitsunfähig bzw. arbeitslos.
Der Kläger beantragte am 25. Oktober 2011 Rente wegen Erwerbsminderung und am 9. November 2011 Leistungen zur ambulanten medizinischen Rehabilitation. Im Auftrag der Beklagten erstellte der Arzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. G. auf Grund einer Untersuchung des Klägers vom 13. Dezember 2011 unter dem 21. Dezember 2011 ein ärztliches Gutachten. Er stellte folgende Diagnosen: bewegungs- und belastungsabhängige rezidivierende Lumboischialgien (linksbetont) ohne jegliche Bewegungseinschränkung bei beklagter Bewegungs-/Belastungsschmerzhaftigkeit, dem Alter nicht wesentlich vorauseilende degenerative Veränderungen, ein bisher rezidiv- und metastasenfreier Verlauf eines Rektumkarzinoms (Erstdiagnose Juni 2008, Operation Oktober 2008), ein gut funktionierender auf Dauer angelegter Anus praeter (komplikationslose Versorgung), ein chronisches Schmerzsyndrom bei unzureichender Medikamenteneinnahme (laborchemisch bestätigt), eine Schwerhörigkeit beidseits (mit Hörgeräten gut versorgt), eine Sehschwäche beidseits (adäquat versorgt), eine muskuläre Dysbalance der Rückenmuskulatur mit daraus resultierender Haltungsinsuffizienz sowie eine Hyperlipidämie. Der Kläger sei noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung vollschichtig zu verrichten. Nicht zumutbar seien Tätigkeiten mit besonderer Beanspruchung an das Hörvermögen, mit ständigen Arbeiten gebückt oder in Wirbelsäulenzwangshaltung, mit erhöhter Unfallgefahr sowie mit häufigem Steigen auf Leitern und Gerüsten. Das Leistungsvermögen für die Tätigkeit als Gemeindearbeiter sei auf drei bis unter sechs Stunden abgesunken. Dr. G. empfahl Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und Leistungen zu Teilhabe am Arbeitsleben nach Abschluss des Rentenverfahrens. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag ab (Bescheid vom 28. Dezember 2011) und bewilligte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (Bescheid vom 9. Januar 2012).
Vom 6. März bis 27. März 2012 befand sich der Kläger zur stationären medizinischen Rehabilitation in der A.-S.l-Klinik in B. S ... Im Entlassungsbericht vom 30. März 2012 berichtete Dr. M. über folgende Diagnosen: eine rezidivierende Lumboischialgie links bei degenerativen Veränderungen und Fehlhaltung, Protrusionen L1/2 bis L4/5, ein supraanales Rektumkarzinom, eine neoadjuvante Radiochemotherapie im August und September 2008 sowie eine Rektumexstirpation und Descendostomaanlage im Oktober 2008. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Ausgeschlossen seien Tätigkeiten mit häufigem Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über fünf bis acht Kilogramm, ständigen Rumpfzwangshaltungen, häufigem Bücken, Betätigung der Bauchpresse, erhöhter Unfallgefahr, besonderer Beanspruchung des Hörvermögens und wechselnden Arbeitszeiten, insbesondere Nachtschicht.
Am 18. September 2012 beantragte der Kläger erneut die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Dr. G. hielt seit Abschluss des Rehabilitationsverfahrens keine Änderung des Leistungsvermögens für gegeben (Stellungnahme vom 9. Oktober 2012). Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 11. Oktober 2012 ab. Der Kläger könne noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Solche Tätigkeiten seien ihm auch auf Grund seines bisherigen beruflichen Werdeganges zumutbar, so dass er auch nicht berufsunfähig sei.
Hiergegen erhob der Kläger am 31. Oktober 2012 Widerspruch, den der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 1. März 2013 zurückwies.
Am 2. April 2013 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Er verwies – wie bereits mit seinem Widerspruch – auf einen Zustand nach Kolonkarzinom mit Chemotherapie, Radiatio und einem Anus praeter, auf Bandscheibenprotrusionen LWK 1 bis 4, einen Prolaps der Lendenwirbel 4 und 6 sowie eine Lumboischialgie links. Außerdem bestehe eine ganz erhebliche Kurzsichtigkeit mit einer starken Schwachsichtigkeit und einer erheblichen Fehlsichtigkeit. Zusätzlich leide er an einer beidseitigen Schwerhörigkeit. Wegen der Vielzahl sowie der Schwere dieser Erkrankungen und der daraus resultierenden Beeinträchtigungen sei er nicht mehr in der Lage, Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch nur mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.
Die Beklagte trat der Klage unter Hinweis auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid entgegen und legte zudem eine sozialmedizinische Stellungnahme des Facharztes für Innere Medizin Dr. L. vom 10. Oktober 2013 vor. Es ergäben sich keine hinreichenden Zweifel an einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen. Insbesondere bestehe kein Anhalt für ein Wiederauftreten der 2008 erfolgreich behandelnden Darmkrebserkrankung.
Das SG befragte behandelnde Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen. Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Sc. berichtete unter dem 14. August 2013, dass sich der Kläger seit Januar 2012 in seiner kontinuierlichen hausärztlich-internistischen Betreuung befinde. Der Kläger habe initial über schwere, progrediente Rückenbeschwerden im Lumbosakralbereich mit Ausstrahlung in beide Beine beklagt. Unter intensiver Schmerztherapie bei einer Schmerztherapeutin sei es zu heftiger Obstipation und Erbrechen, später Diarrhoen gekommen. Im weiteren Verlauf seien zunehmend Schwierigkeiten hinzugekommen und dann sei der Kläger zudem schwunglos, antriebslos, von erheblich gedrückter Stimmungslage mit Schlafstörungen und ohne Lebensfreude gewesen. Der Kläger sei nicht in der Lage, ganztags einer Beschäftigung nachzugehen. Dies beruhe insbesondere auf der aktuellen mittelschweren depressiven Stimmungslage. Augenarzt Dr. Hä. übermittelte einen Befundbericht vom 21. August 2013. Danach liegt beim Kläger ein Strabismus divergens links, eine Amblyopie bei Ametropie links, ein Astigmatismus beidseits, eine Myopie beidseits sowie eine Makuladegeneration beidseits vor. Der Visus betrage rechts 0,30 und links 0,05. Durch die eingeschränkte Sehfähigkeit und wegen erhöhter Lichtempfindlichkeit seien Tätigkeiten am Bildschirm eher nicht möglich. Alle Tätigkeiten, die keine erhöhten Anforderungen an die Sehfähigkeit stellten, könnten in vollem Umfang ausgeführt werden. Das Heben von mehr als zehn Kilogramm sei ebenfalls nicht anzuraten, da auf Grund der Kurzsichtigkeit ein erhöhtes Risiko für eine Netzhautablösung bestehe. Facharzt für Orthopädie Dr. Sch. berichtete unter dem 10. September 2013 über eine einmalige Vorstellung des Klägers am 29. Mai 2012 in seiner Praxis. Dieser habe über Schmerzen in der rechten Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlung in das linke Bein bis in den Fuß seit über einem Jahr geklagt. Zum Zeitpunkt der Vorstellung seien nur leichte Tätigkeiten ohne Zwangshaltung unter Witterungsschutz durchführbar gewesen. Die Belastbarkeit sei deutlich unter vollschichtig gewesen, da er eine Sequestrotomie LWK 4/5 links in Erwägung gezogen habe. Eine sechsstündige Tätigkeit sei nicht durchführbar, da chronische Beschwerden mit Ausstrahlung ins linke Bein und Belastungsminderung bestanden hätten. Eine sichere gutachterliche Stellungnahme sei ihm aber nicht möglich. Facharzt für Neurologie und Psychiatrie An. berichtete unter dem 30. September 2013 über Vorstellungen des Klägers im Jahr 2013 am 26. Juni und 11. September. Er habe eine leichte bis mittelgradige Anpassungsstörung mit emotioneller Symptomatik mit Gedrücktheit, Schlafstörung und vermehrtem Grübeln diagnostiziert. Er denke, dass der Kläger in der Lage sei, täglich sechs Stunden leichte Tätigkeiten ohne schweres Heben mit Zwangshaltung und Ähnlichem durchzuführen. Unter dem 15. April 2014 berichtete er ergänzend, dass sich der Kläger inzwischen noch zwei weitere Male bei ihm vorgestellt habe. Er halte ihn weiterhin für in der Lage, leichte Tätigkeiten über sechs Stunden mit den üblichen Einschränkungen auszuüben.
Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 7. Juli 2014 ab. Der Kläger sei noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Das SG stützte sich auf die Ausführungen des Dr. M. vom 30. März 2012 sowie auf das Gutachten des Dr. G ... Angesichts der Einschätzung des Dr. G. vermöge es sich der Einschätzung des Dr. Sch. nicht anzuschließen. Bei der einmaligen Untersuchung durch Dr. Sch. habe dieser unauffällige Beinreflexe sowie keine neurologischen Ausfälle festgestellt. Darüber hinaus habe er eingeräumt, keine sichere gutachtliche Stellungnahme abgeben zu können. Von Seiten der stattgehabten Darmkrebserkrankung bestünden keine Leistungseinschränkungen. Auch komme der Kläger mit der Versorgung über den Anus praeter gut zurecht. Die geklagte Einschränkung des Sehvermögens führe zu keiner abweichenden Beurteilung. Aus dem Befundbericht des Dr. Hä. ergebe sich, dass hieraus lediglich Einschränkungen für Tätigkeiten am Bildschirm folgten. Die beim Kläger vorliegenden qualitativen Leistungseinschränkungen seien auch nicht ungewöhnlich; auch liege keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig. Aufgrund seines beruflichen Werdeganges müsse er sich auf alle Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen, die ihm noch möglich seien.
Gegen den ihm am 9. Juli 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 15. Juli 2014 Berufung eingelegt. Er sei auf Grund des Zusammenwirkens seiner vielfältigen Leiden auf internistischem, psychiatrischem, orthopädischem, onkologischem, augen- und ohrenärztlichem Fachgebiet nicht mehr in der Lage, auch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem Umfang von sechs und mehr Stunden täglich auszuüben. Der Schwerpunkt seiner Leistungseinschränkung basiere auf den ständig vorhandenen Schmerzen. Er sei aus der stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme in der A.-S.-Klinik arbeitsunfähig entlassen worden. Eine Wiedereingliederung bei seiner Arbeitgeberin sei gescheitert. Eine Schmerztherapie bei Fachärztin für Anästhesiologie Dr. Re. habe nichts gebracht. Es bestünden nach wie vor ganz erhebliche Bandscheibenbeschwerden. Zudem sei im Jahr 2013 eine Operation am linken Knie (Meniskus) durchgeführt worden. Die diesbezüglichen Probleme beeinträchtigten ihn zusätzlich. Sein Sehvermögen sei sehr schlecht. Dies sei bislang nicht ausreichend berücksichtigt worden. Er habe außer Haus aufgrund seines schlechten Sehvermögens in Kombination mit dem schlechten Hörvermögen ganz erhebliche Probleme. So sei er kürzlich beinahe umgefahren worden, weil er ein Auto nicht bemerkt habe. Er traue sich inzwischen fast gar nicht mehr aus dem Haus, bei Dunkelheit schon gar nicht. Er habe keinen Pkw-Führerschein. Der Augenarzt habe ihm abgeraten, mit dem Roller oder dem Fahrrad zu fahren. Außer Haus müsse er sich von seiner Frau oder seiner Tochter begleiten lassen. Seine psychischen Beeinträchtigungen seien schwerer ausgeprägt als dies vom sachverständigen Zeugen An. bestätigt worden sei. Dr. Sc. habe seinen diesbezüglichen Gesundheitszustand zutreffender eingeschätzt. Er habe ganz erhebliche Schlafstörungen. Er sei diesbezüglich medikamentös mit einem schlaffördernden Antidepressivum eingestellt, sonst könne er überhaupt nicht mehr schlafen. Schlafstörungen habe er aber trotzdem. Der Kläger hat eine Bescheinigung des Dr. Hä. vom 3. Juni 2015 vorgelegt. Danach besteht auf dem rechten Auge ein Visus von 0,40; mit dem linken Auge sei Fingerzählen möglich und die Handwegung erkennbar. Zu dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Ro. (dazu unten) hat der Kläger vorgetragen, der Sachverständige gehe von einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung aus. Allein die Einäugigkeit sei als eine schwere spezifische Leistungsbehinderung einzuordnen und die zusätzlichen Einschränkungen aufgrund der orthopädischen Störungen sowie des künstlichen Darmausgangs bewirkten eine Summierung von Leistungseinschränkungen mit besonderer Schwere. Eine spezifische Verweisung durch die Beklagte sei erforderlich. Die von Prof. Dr. Ro. genannten Tätigkeiten seien angesichts der Befunde nicht nachvollziehbar.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 7. Juli 2014 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 11. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. März 2013 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, ab dem 1. September 2012 zu gewähren, hilfsweise, Prof. Dr. Ro. ergänzend zu der Frage Stellung nehmen zu lassen, welchen Gefahren der Kläger aufgrund seines eingeschränkten Sehvermögens in Kombination mit seinem eingeschränkten Hörvermögen im öffentlichen Verkehr ausgesetzt ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält an ihrer Entscheidung fest und verweist auf ihren erstinstanzlichen Vortrag sowie die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid. Sie hat sozialmedizinische Stellungnahmen des Internisten Dr. L. vom 3. August 2015 und vom 20. November 2015 vorgelegt. Die von Prof. Dr. R ... festgestellte Fähigkeit des Klägers zur auch vollschichtigen Verrichtung von Sortiertätigkeiten, Verpackertätigkeiten, Kontrolltätigkeiten von leichten Teilen und Waren im Bereich der verarbeitenden Gewerbes, als Warensortierer und Warenaufmacher sei zu bestätigen.
Der Senat hat Dr. Hä. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. Dr. Hä. hat unter dem 27. April 2015 berichtet, dass der Visus des Klägers mit bester Brillenkorrektur rechts 0,3 und links 1/35 (=0,028) betrage. Es bestehe ein eingeschränktes räumliches Sehvermögen, eine reduzierte Sehschärfe bei beidäugigen Sehen durch die Störung des linken Auges, asthenopische Beschwerden, erhöhte Lichtempfindlichkeit und Blendungsempfindlichkeit.
Der Senat hat Landesarzt für Sehbehinderte und Blinde in Baden-Württemberg Prof. Dr. Ro. von Amts wegen zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Dieser hat aufgrund einer Untersuchung des Klägers vom 6. Oktober 2015 sein Gutachten vom 23. Oktober 2015 vorgelegt. Neben einer durch Brille korrigierbaren ausgeprägten Fehlsichtigkeit lägen an beiden Augen deutliche durch die Kurzsichtigkeit hervorgerufene Veränderungen der Netzhaut im Bereich der Stelle des schärfsten Sehens vor. Darüber hinaus bestehe seit jeher eine Schwachsichtigkeit des linken Auges; dieses sei inzwischen funktionell erblindet. Als Folge der Einäugigkeit bestehe ein Verlust des räumlichen Sehvermögens, darüber hinaus werde durch die Veränderungen der Stelle des schärfsten Sehens am besseren rechten Auge die Lesefähigkeit beeinträchtigt. Es bestehe eine schwere spezifische Leistungsbehinderung aufgrund der Einäugigkeit, und die zusätzlichen Einschränkungen aufgrund der orthopädischen Störungen sowie des künstlichen Darmausgangs bewirkten eine Summierung von Leistungseinschränkungen mit besonderer Schwere (Hinweis auf Sächsisches Landessozialgericht [LSG], Urteil vom 15. Januar 1999 – L 6 RJ 271/01 – juris). Es sei daher eine spezifische Verweisung durch die Beklagte erforderlich. Wesentliche Einschränkung sei vor allem die Gefährdung bei Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten. Darüber hinaus erscheine eine Bildschirmtätigkeit ohne geeignete sehbehindertenspezifische Ausstattung ungeeignet; allerdings müsse hierbei zusätzlich die seit jeher nahezu fehlende Lesefähigkeit berücksichtigt werden. Andererseits seien aus augenärztlicher Sicht keine Einschränkungen der Schwere der Tätigkeit notwendig, so dass der Kläger schwere körperliche Arbeiten ohne Einschränkung von Heben und Tragen von Lasten leisten könnte. Auch ein dauerndes oder überwiegendes Stehen, Gehen oder Sitzen sowie eine gleichförmige Körperhaltung erschienen aus augenärztlicher Sicht genauso denkbar wie häufiges Bücken. Es bestünden von seinem Fachgebiet her auch keine Einwände gegen Akkord-, Fließband-, Schicht-, Nachtarbeit, Arbeiten in Kälte, unter Wärmeeinfluss, unter Einwirkung von Staub, Gasen, Dämpfen, Nässe, Arbeiten im Freien oder gegen eine besondere geistige Beanspruchung. Der Kläger sei aus augenärztlicher Sicht unverändert in der Lage, eine wirtschaftlich verwertbare leichte, einfache und vollschichtige (sechs Stunden am Tag an fünf Tagen pro Woche) Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes (wie Verpacken leichter Industrie- und Handelserzeugnisse oder Prüfen, Montieren oder Sortieren solcher Gegenstände oder eine andere leichte Hilfstätigkeit) auszuüben. Eine Bürotätigkeit sei ungeeignet, Tätigkeiten als Pförtner, Museumswärter oder Telefonist eher ungeeignet. Die vorliegende Sehbehinderung schränke die Orientierung und Mobilität des Klägers nur unwesentlich ein, so dass dieser aus augenärztlicher Sicht vier Mal 500 Meter arbeitstäglich in zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zurücklegen könnte. Zur Begutachtung sei der Kläger allerdings mit einem Rollator erschienen und habe sich mit diesem Hilfsmittel nur relativ langsam bewegen können. Das Führen eines Kraftfahrzeuges sei dem Kläger nicht mehr möglich.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akten des Senats und des SG sowie auf die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die nicht der Zulassung bedarf, weil der Kläger Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG), ist auch im Übrigen zulässig.
2. Die Berufung ist aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 11. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. März 2013 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller, teilweiser Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. September 2012 (vgl. § 99 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI]).
a) Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
b) Diese Voraussetzungen für die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung liegen beim Kläger nicht vor. Der Senat ist überzeugt, dass der Kläger zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden pro Tag verrichten kann.
(1) Der Kläger leidet unter verschiedenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen.
Auf augenärztlichem Gebiet liegt bezüglich des rechten Auges eine reduzierte Sehschärfe, ein eingeengtes Gesichtsfeld, deutliche Netzhautveränderungen bei hochgradiger Kurzsichtigkeit (myopia magna) sowie Stabsichtigkeit, bezüglich des linken Auges Schwachsichtigkeit bei Schielamblyopie, ebenfalls deutliche Netzhautveränderungen bei hochgradiger Kurzsichtigkeit (myopia magna), Stabsichtigkeit und Gesichtsfeldeinengung sowie eine Außenschielstellung des linken Auges vor. Auf dem linken Auge besteht mit einer Sehschärfe von 0,5/50 eine faktische Erblindung und damit insgesamt eine funktionelle Einäugigkeit. Am rechten Augen besteht eine deutliche Minderung der Sehschärfe mit zusätzlichen Ausfällen im Bereich der Stelle des schärfsten Sehens. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. Ro ... Seine Feststellungen decken sich im Wesentlichen mit den Angaben in der vom Kläger vorgelegten Bescheinigung des Dr. Hä. vom 3. Juni 2015
Auf orthopädischem Fachgebiet besteht eine rezidivierende Lumboischialgie links bei degenerativen Veränderungen und Fehlhaltung sowie Protrusionen L1/2 bis L4/5. Dies entnimmt der Senat dem Reha-Entlassungsbericht des Dr. M ...
Auf internistischem Gebiet besteht ein Zustand nach supraanalem Rektumkarzinom, neoadjuvanter Radiochemotherapie im August und September 2008 sowie einer Rektumexstirpation und Descendostomaanlage im Oktober 2008. Auch dies entnimmt der Senat dem Reha-Entlassungsbericht des Dr. M ...
Auf psychiatrischem Fachgebiet besteht beim Kläger eine leichte bis mittelgradige Anpassungsstörung. Dies ergibt sich aus der sachverständigen Zeugenaussage des Arztes An ...
Schließlich leidet der Kläger unter einer Schwerhörigkeit beidseits, die mit Hörgeräten gut versorgt ist. Dies ergibt sich aus dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Dr. G., das der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwerten kann (vgl. etwa Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 14. November 2013 – B 9 SB 10/13 B – juris, Rn. 6; BSG, Urteil vom 5. Februar 2008 – B 2 U 8/07 R – juris, Rn. 51).
(2) Die festgestellten körperlichen Gesundheitsstörungen schränken das berufliche Leistungsvermögen des Klägers nur in qualitativer, nicht aber in zeitlicher Hinsicht ein.
Dies gilt zunächst mit Blick auf die Erkrankungen der Augen. Der Senat entnimmt dem Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Ro. und den sachverständigen Zeugenaussagen des Dr. Hä., dass der Kläger alle Tätigkeiten, die keine erhöhten Anforderungen an die Sehfähigkeit stellen, ohne zeitliche Einschränkung ausüben kann. Ausgeschlossen sind Tätigkeiten am Bildschirm und mit der Notwendigkeit flüssigen Lesens, gefährdende Tätigkeiten wie Arbeiten auf Gerüsten und Leitern sowie das Heben von Lasten von mehr als zehn Kilogramm, da ansonsten ein erhöhtes Risiko für eine Netzhautablösung besteht.
Aufgrund der Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet sind Tätigkeiten mit häufigem Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über fünf bis acht Kilogramm, ständige Rumpfzwangshaltungen, häufiges Bücken sowie Tätigkeiten mit Betätigung der Bauchpresse ausgeschlossen. Dies folgert der Senat aus dem Reha-Entlassungsbericht des Dr. M ... Zeitliche Leistungseinschränkungen folgen aus den festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf orthopädischem Fachgebiet nicht. Dies entspricht auch den Leistungseinschätzungen des Dr. G. und des Dr. M ... Die gegenteilige Auffassung des Dr. Sch. ist ohne tragfähige Begründung geblieben und führt daher zu keiner anderen Beurteilung. Dr. Sch. hat zur Begründung zum einen mitgeteilt, dass er eine Sequestrotomie in Erwägung gezogen habe. Allein die Überlegung, therapeutische Maßnahmen durchzuführen, vermag aber eine zeitliche Leistungseinschränkung nicht zu begründen. Zum anderen hat Dr. Sch. lediglich die eigenen Angaben des Klägers über chronische Beschwerden mit Ausstrahlung ins linke Bein und Belastungsminderung zugrunde gelegt, ohne diese zu kritisch würdigen oder zu objektivieren. Im Übrigen hat Dr. Sch. auch selbst eingeräumt, dass ihm eine sichere gutachterliche Stellungnahme nicht möglich sei.
Zeitliche Einschränkungen resultieren auch nicht aus den Erkrankungen auf den anderen medizinischen Fachgebieten. Die Schwerhörigkeit schließt lediglich Tätigkeiten mit besonderer Beanspruchung des Hörvermögens auf. Den Folgen der im Jahr 2008 stattgehabten Krebserkrankung, die nicht wieder aufgetreten ist, ist jedenfalls durch die bereits aus orthopädischen Gründen vorgenommenen Einschränkungen auf leichte Tätigkeiten hinreichend Rechnung getragen. Der Senat entnimmt schließlich der sachverständigen Zeugenaussage des Arztes An., dass auch die leichte bis mittelgradige Anpassungsstörung des Klägers einer leichten Tätigkeit sechs Stunden pro Tag nicht entgegensteht.
(3) Ob dem Kläger ein Arbeitsplatz vermittelt werden kann oder nicht, ist für den geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht erheblich. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Maßgebend ist, ob der Kläger mit dem ihm verbliebenen Restleistungsvermögen – wenn auch mit qualitativen Einschränkungen – in der Lage ist, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten arbeitstäglich für mindestens sechs Stunden zu verrichten, er also in diesem zeitlichen Umfang unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein kann, wovon im Regelfall ausgegangen werden kann (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 13 R 78/09 R – juris, Rn. 31). Dies bejaht der Senat wie zuvor dargelegt.
(4) Allerdings liegt bei dem Kläger eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten (siehe – auch zum Folgenden – etwa Urteil des Senats vom 21. November 2014 – L 4 R 4797/13 – nicht veröffentlicht). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten.
Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu können – unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände – beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R – juris, Rn. 28 m.w.N.). Beim Kläger liegt aufgrund der faktischen Blindheit des linken Auges eine funktionelle Einäugigkeit vor, die die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erfordert. Ob (zusätzlich) auch eine Summierung von Leistungseinschränkungen aufgrund der orthopädischen Störungen und des künstlichen Darmausganges vorliegt, kann daher dahinstehen.
Die Beklagte hat als Verweisungstätigkeiten Tätigkeiten als Sortierer, Verpacker, Kontrolleur von leichten Teilen und Waren im Bereich des verarbeitenden Gewerbes, als Warensortierer und Warenaufmacher benannt. Es steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger solche Tätigkeiten noch verrichten kann. Der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. Ro. hat ausdrücklich die Einschätzung vertreten, dass der Kläger aus augenärztlicher Sicht solche Tätigkeiten verrichten kann, sofern hierbei der von orthopädischer Seite geforderte Wechsel zwischen sitzender und stehender Tätigkeit gewährleistet ist. Solche Tätigkeiten verlangen keine Sehfähigkeit, wie sie für flüssiges Lesen Voraussetzung ist. Deswegen geht der Hinweis des Klägers, ihm sei flüssiges Lesen nicht mehr möglich, ins Leere.
(5) Auch die Wegefähigkeit des Klägers war und ist gegeben. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit eines Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle in zumutbarer Zeit aufsuchen zu können. Das BSG hat dieses Vermögen nur dann für gegeben erachtet, wenn es dem Versicherten möglich ist, Entfernungen von über 500 Metern zu Fuß zurückzulegen, weil davon auszugehen ist, dass derartige Wegstrecken üblicherweise erforderlich sind, um Arbeitsstellen oder Haltestellen eines öffentlichen Verkehrsmittels zu erreichen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 – 13/5 RJ 73/90 – juris, Rn. 16 ff.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 21/10 R – juris, Rn. 21 f.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 79/11 R – juris, Rn. 19 f.). Der Kläger ist in der Lage, eine Gehstrecke von 500 Metern viermal in weniger als 20 Minuten täglich zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Aus den ärztlichen Äußerungen ergeben sich keine Befunde, die für eine unter den genannten Maßstäben eingeschränkte Gehfähigkeit des Klägers sprechen. Dass der Kläger zur Begutachtung beim gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. Ro. mit einem Rollator erschienen ist, steht der Wegefähigkeit nicht entgegen. Auch die Verwendung eines Rollators ist zur Überwindung der genannten Gehstrecke zumutbar (vgl. LSG Bayern, Urteil vom 29. Januar 2014 – L 1 R 1104/11 – juris, Rn. 66). Dass Prof. Dr. Ro. hierzu keine weiteren Feststellungen getroffen hat, ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht zu monieren. Denn Prof. Dr. Ro. hatte allein die gesundheitlichen Einschränkungen auf augenärztlichem Fachgebiet zu beurteilen, nicht auf orthopädischem Fachgebiet.
(6) Aus der Anerkennung eines Grades der Behinderung von 100 folgt ebenfalls nicht, dass der Kläger erwerbsgemindert wäre. Zwischen der Schwerbehinderung nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) und der Erwerbsminderung nach dem SGB VI besteht keine Wechselwirkung, da die gesetzlichen Voraussetzungen unterschiedlich sind (BSG, Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 SB 5/01 B – juris, Rn. 5; BSG, Beschluss vom 9. Dezember 1987 – 5b BJ 156/87 – juris, Rn. 3). Für die Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI sind die Erwerbsmöglichkeiten des Betroffenen maßgeblich, während § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX in der bis zum 14. Januar 2015 geltenden Fassung und § 159 Abs. 7 SGB IX in der seit dem 15. Januar 2015 geltenden Fassung (geändert durch Art. 1a des Gesetzes vom 7. Januar 2015, BGBl. II, S. 15) auf die abstrakten Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) verweist (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 SB 5/01 B – juris, Rn. 5; BSG, Beschluss vom 9. Dezember 1987 – 5b BJ 156/87 – juris, Rn. 3).
c) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 RV-Altergrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderer Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (z. B. BSG, Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5 RJ 34/97 R – juris, Rn. 13; BSG, Urteil vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 19/04 R –juris, Rn. 15). Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – juris, Rn. 17; BSG Urteil vom 25. Juli 2001 – B 8 KN 14/00 R –juris, Rn. 15) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem so genannten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Innerhalb der Gruppe der angelernten Arbeiter differenziert das BSG nochmals hinsichtlich der Versicherten, die der oberen und unteren Gruppe der Angelernten angehören. Dem unteren Bereich sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu 24 Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – juris, Rn. 20). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 – B 4 RA 5/04 R – juris, Rn. 33).
Die von dem Kläger zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung als Gemeindehelfer war keine Tätigkeit, die eine Anlern- oder Ausbildungszeit von mehr als zwölf Monaten voraussetzte. Gegenteiliges hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt behauptet und die vorliegenden Akten geben hierfür keine Anhaltspunkte.
Da der Kläger allenfalls zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehört, kann er grundsätzlich auf alle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Im Hinblick auf die oben festgestellte spezifische Leistungseinschränkung bedarf es allerdings ausnahmsweise der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit. Insofern kann auf die obigen Ausführungen zur Zumutbarkeit der von der Beklagten benannten Tätigkeiten verwiesen werden.
d) Dem hilfsweise gestellten Antrag des Klägers, Prof. Dr. Ro. ergänzend zu der Frage Stellung nehmen zu lassen, welchen Gefahren der Kläger aufgrund seines eingeschränkten Sehvermögens in Kombination mit seinem eingeschränkten Hörvermögen im öffentlichen Verkehr ausgesetzt ist, musste der Senat – unabhängig davon, ob es sich um einen ordnungsgemäßen Beweisantrag handelt – nicht folgen. Prof. Dr. Ro. hat in seinem Gutachten vom 23. Oktober 2015 ausgeführt, die Sehbehinderung des Klägers schränke seine Orientierung und Mobilität nur unwesentlich ein, so dass der Kläger aus augenärztlicher Sicht vier Mal 500 Meter arbeitstäglich in zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zurücklegen könnte. Diese Äußerung ist eindeutig und gibt keinen Anlass zu Nachfragen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Schwerhörigkeit des Klägers, denn diese ist durch eine Hörgeräteversorgung adäquat kompensiert, was sich bereits aus dem Gutachten des Dr. G. ergibt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob dem Kläger ab dem 1. September 2012 Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren ist.
Der Kläger ist am 1957 geboren. Seit dem 9. Februar 2009 ist bei ihm ein Grad der Behinderung von 100 anerkannt (Bescheid des Landratsamts R.-N.-Kreis vom 23. April 2009). Dem liegen folgende Funktionsbeeinträchtigungen zugrunde: Funktionsbehinderung des linken Kniegelenkes, Wirbelsäulenverformung, Bandscheibenschaden, Schulter-Arm-Syndrom, Sehminderung, Verdauungsstörung, psychovegetative Störungen, Kopfschmerzsyndrom, funktionelle Kreislaufstörungen, Enddarmerkrankung (in Heilungsbewährung), Teilverlust des Dickdarms, Anus praeter (künstlicher Darmausgang). Der Kläger hat keinen Beruf erlernt. Zuletzt war er als Gemeindearbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Seit dem 2. Mai 2011 ist er arbeitsunfähig bzw. arbeitslos.
Der Kläger beantragte am 25. Oktober 2011 Rente wegen Erwerbsminderung und am 9. November 2011 Leistungen zur ambulanten medizinischen Rehabilitation. Im Auftrag der Beklagten erstellte der Arzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. G. auf Grund einer Untersuchung des Klägers vom 13. Dezember 2011 unter dem 21. Dezember 2011 ein ärztliches Gutachten. Er stellte folgende Diagnosen: bewegungs- und belastungsabhängige rezidivierende Lumboischialgien (linksbetont) ohne jegliche Bewegungseinschränkung bei beklagter Bewegungs-/Belastungsschmerzhaftigkeit, dem Alter nicht wesentlich vorauseilende degenerative Veränderungen, ein bisher rezidiv- und metastasenfreier Verlauf eines Rektumkarzinoms (Erstdiagnose Juni 2008, Operation Oktober 2008), ein gut funktionierender auf Dauer angelegter Anus praeter (komplikationslose Versorgung), ein chronisches Schmerzsyndrom bei unzureichender Medikamenteneinnahme (laborchemisch bestätigt), eine Schwerhörigkeit beidseits (mit Hörgeräten gut versorgt), eine Sehschwäche beidseits (adäquat versorgt), eine muskuläre Dysbalance der Rückenmuskulatur mit daraus resultierender Haltungsinsuffizienz sowie eine Hyperlipidämie. Der Kläger sei noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung vollschichtig zu verrichten. Nicht zumutbar seien Tätigkeiten mit besonderer Beanspruchung an das Hörvermögen, mit ständigen Arbeiten gebückt oder in Wirbelsäulenzwangshaltung, mit erhöhter Unfallgefahr sowie mit häufigem Steigen auf Leitern und Gerüsten. Das Leistungsvermögen für die Tätigkeit als Gemeindearbeiter sei auf drei bis unter sechs Stunden abgesunken. Dr. G. empfahl Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und Leistungen zu Teilhabe am Arbeitsleben nach Abschluss des Rentenverfahrens. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag ab (Bescheid vom 28. Dezember 2011) und bewilligte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (Bescheid vom 9. Januar 2012).
Vom 6. März bis 27. März 2012 befand sich der Kläger zur stationären medizinischen Rehabilitation in der A.-S.l-Klinik in B. S ... Im Entlassungsbericht vom 30. März 2012 berichtete Dr. M. über folgende Diagnosen: eine rezidivierende Lumboischialgie links bei degenerativen Veränderungen und Fehlhaltung, Protrusionen L1/2 bis L4/5, ein supraanales Rektumkarzinom, eine neoadjuvante Radiochemotherapie im August und September 2008 sowie eine Rektumexstirpation und Descendostomaanlage im Oktober 2008. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Ausgeschlossen seien Tätigkeiten mit häufigem Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über fünf bis acht Kilogramm, ständigen Rumpfzwangshaltungen, häufigem Bücken, Betätigung der Bauchpresse, erhöhter Unfallgefahr, besonderer Beanspruchung des Hörvermögens und wechselnden Arbeitszeiten, insbesondere Nachtschicht.
Am 18. September 2012 beantragte der Kläger erneut die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Dr. G. hielt seit Abschluss des Rehabilitationsverfahrens keine Änderung des Leistungsvermögens für gegeben (Stellungnahme vom 9. Oktober 2012). Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 11. Oktober 2012 ab. Der Kläger könne noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Solche Tätigkeiten seien ihm auch auf Grund seines bisherigen beruflichen Werdeganges zumutbar, so dass er auch nicht berufsunfähig sei.
Hiergegen erhob der Kläger am 31. Oktober 2012 Widerspruch, den der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 1. März 2013 zurückwies.
Am 2. April 2013 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Er verwies – wie bereits mit seinem Widerspruch – auf einen Zustand nach Kolonkarzinom mit Chemotherapie, Radiatio und einem Anus praeter, auf Bandscheibenprotrusionen LWK 1 bis 4, einen Prolaps der Lendenwirbel 4 und 6 sowie eine Lumboischialgie links. Außerdem bestehe eine ganz erhebliche Kurzsichtigkeit mit einer starken Schwachsichtigkeit und einer erheblichen Fehlsichtigkeit. Zusätzlich leide er an einer beidseitigen Schwerhörigkeit. Wegen der Vielzahl sowie der Schwere dieser Erkrankungen und der daraus resultierenden Beeinträchtigungen sei er nicht mehr in der Lage, Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch nur mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.
Die Beklagte trat der Klage unter Hinweis auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid entgegen und legte zudem eine sozialmedizinische Stellungnahme des Facharztes für Innere Medizin Dr. L. vom 10. Oktober 2013 vor. Es ergäben sich keine hinreichenden Zweifel an einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen. Insbesondere bestehe kein Anhalt für ein Wiederauftreten der 2008 erfolgreich behandelnden Darmkrebserkrankung.
Das SG befragte behandelnde Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen. Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Sc. berichtete unter dem 14. August 2013, dass sich der Kläger seit Januar 2012 in seiner kontinuierlichen hausärztlich-internistischen Betreuung befinde. Der Kläger habe initial über schwere, progrediente Rückenbeschwerden im Lumbosakralbereich mit Ausstrahlung in beide Beine beklagt. Unter intensiver Schmerztherapie bei einer Schmerztherapeutin sei es zu heftiger Obstipation und Erbrechen, später Diarrhoen gekommen. Im weiteren Verlauf seien zunehmend Schwierigkeiten hinzugekommen und dann sei der Kläger zudem schwunglos, antriebslos, von erheblich gedrückter Stimmungslage mit Schlafstörungen und ohne Lebensfreude gewesen. Der Kläger sei nicht in der Lage, ganztags einer Beschäftigung nachzugehen. Dies beruhe insbesondere auf der aktuellen mittelschweren depressiven Stimmungslage. Augenarzt Dr. Hä. übermittelte einen Befundbericht vom 21. August 2013. Danach liegt beim Kläger ein Strabismus divergens links, eine Amblyopie bei Ametropie links, ein Astigmatismus beidseits, eine Myopie beidseits sowie eine Makuladegeneration beidseits vor. Der Visus betrage rechts 0,30 und links 0,05. Durch die eingeschränkte Sehfähigkeit und wegen erhöhter Lichtempfindlichkeit seien Tätigkeiten am Bildschirm eher nicht möglich. Alle Tätigkeiten, die keine erhöhten Anforderungen an die Sehfähigkeit stellten, könnten in vollem Umfang ausgeführt werden. Das Heben von mehr als zehn Kilogramm sei ebenfalls nicht anzuraten, da auf Grund der Kurzsichtigkeit ein erhöhtes Risiko für eine Netzhautablösung bestehe. Facharzt für Orthopädie Dr. Sch. berichtete unter dem 10. September 2013 über eine einmalige Vorstellung des Klägers am 29. Mai 2012 in seiner Praxis. Dieser habe über Schmerzen in der rechten Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlung in das linke Bein bis in den Fuß seit über einem Jahr geklagt. Zum Zeitpunkt der Vorstellung seien nur leichte Tätigkeiten ohne Zwangshaltung unter Witterungsschutz durchführbar gewesen. Die Belastbarkeit sei deutlich unter vollschichtig gewesen, da er eine Sequestrotomie LWK 4/5 links in Erwägung gezogen habe. Eine sechsstündige Tätigkeit sei nicht durchführbar, da chronische Beschwerden mit Ausstrahlung ins linke Bein und Belastungsminderung bestanden hätten. Eine sichere gutachterliche Stellungnahme sei ihm aber nicht möglich. Facharzt für Neurologie und Psychiatrie An. berichtete unter dem 30. September 2013 über Vorstellungen des Klägers im Jahr 2013 am 26. Juni und 11. September. Er habe eine leichte bis mittelgradige Anpassungsstörung mit emotioneller Symptomatik mit Gedrücktheit, Schlafstörung und vermehrtem Grübeln diagnostiziert. Er denke, dass der Kläger in der Lage sei, täglich sechs Stunden leichte Tätigkeiten ohne schweres Heben mit Zwangshaltung und Ähnlichem durchzuführen. Unter dem 15. April 2014 berichtete er ergänzend, dass sich der Kläger inzwischen noch zwei weitere Male bei ihm vorgestellt habe. Er halte ihn weiterhin für in der Lage, leichte Tätigkeiten über sechs Stunden mit den üblichen Einschränkungen auszuüben.
Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 7. Juli 2014 ab. Der Kläger sei noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Das SG stützte sich auf die Ausführungen des Dr. M. vom 30. März 2012 sowie auf das Gutachten des Dr. G ... Angesichts der Einschätzung des Dr. G. vermöge es sich der Einschätzung des Dr. Sch. nicht anzuschließen. Bei der einmaligen Untersuchung durch Dr. Sch. habe dieser unauffällige Beinreflexe sowie keine neurologischen Ausfälle festgestellt. Darüber hinaus habe er eingeräumt, keine sichere gutachtliche Stellungnahme abgeben zu können. Von Seiten der stattgehabten Darmkrebserkrankung bestünden keine Leistungseinschränkungen. Auch komme der Kläger mit der Versorgung über den Anus praeter gut zurecht. Die geklagte Einschränkung des Sehvermögens führe zu keiner abweichenden Beurteilung. Aus dem Befundbericht des Dr. Hä. ergebe sich, dass hieraus lediglich Einschränkungen für Tätigkeiten am Bildschirm folgten. Die beim Kläger vorliegenden qualitativen Leistungseinschränkungen seien auch nicht ungewöhnlich; auch liege keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig. Aufgrund seines beruflichen Werdeganges müsse er sich auf alle Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen, die ihm noch möglich seien.
Gegen den ihm am 9. Juli 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 15. Juli 2014 Berufung eingelegt. Er sei auf Grund des Zusammenwirkens seiner vielfältigen Leiden auf internistischem, psychiatrischem, orthopädischem, onkologischem, augen- und ohrenärztlichem Fachgebiet nicht mehr in der Lage, auch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem Umfang von sechs und mehr Stunden täglich auszuüben. Der Schwerpunkt seiner Leistungseinschränkung basiere auf den ständig vorhandenen Schmerzen. Er sei aus der stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme in der A.-S.-Klinik arbeitsunfähig entlassen worden. Eine Wiedereingliederung bei seiner Arbeitgeberin sei gescheitert. Eine Schmerztherapie bei Fachärztin für Anästhesiologie Dr. Re. habe nichts gebracht. Es bestünden nach wie vor ganz erhebliche Bandscheibenbeschwerden. Zudem sei im Jahr 2013 eine Operation am linken Knie (Meniskus) durchgeführt worden. Die diesbezüglichen Probleme beeinträchtigten ihn zusätzlich. Sein Sehvermögen sei sehr schlecht. Dies sei bislang nicht ausreichend berücksichtigt worden. Er habe außer Haus aufgrund seines schlechten Sehvermögens in Kombination mit dem schlechten Hörvermögen ganz erhebliche Probleme. So sei er kürzlich beinahe umgefahren worden, weil er ein Auto nicht bemerkt habe. Er traue sich inzwischen fast gar nicht mehr aus dem Haus, bei Dunkelheit schon gar nicht. Er habe keinen Pkw-Führerschein. Der Augenarzt habe ihm abgeraten, mit dem Roller oder dem Fahrrad zu fahren. Außer Haus müsse er sich von seiner Frau oder seiner Tochter begleiten lassen. Seine psychischen Beeinträchtigungen seien schwerer ausgeprägt als dies vom sachverständigen Zeugen An. bestätigt worden sei. Dr. Sc. habe seinen diesbezüglichen Gesundheitszustand zutreffender eingeschätzt. Er habe ganz erhebliche Schlafstörungen. Er sei diesbezüglich medikamentös mit einem schlaffördernden Antidepressivum eingestellt, sonst könne er überhaupt nicht mehr schlafen. Schlafstörungen habe er aber trotzdem. Der Kläger hat eine Bescheinigung des Dr. Hä. vom 3. Juni 2015 vorgelegt. Danach besteht auf dem rechten Auge ein Visus von 0,40; mit dem linken Auge sei Fingerzählen möglich und die Handwegung erkennbar. Zu dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Ro. (dazu unten) hat der Kläger vorgetragen, der Sachverständige gehe von einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung aus. Allein die Einäugigkeit sei als eine schwere spezifische Leistungsbehinderung einzuordnen und die zusätzlichen Einschränkungen aufgrund der orthopädischen Störungen sowie des künstlichen Darmausgangs bewirkten eine Summierung von Leistungseinschränkungen mit besonderer Schwere. Eine spezifische Verweisung durch die Beklagte sei erforderlich. Die von Prof. Dr. Ro. genannten Tätigkeiten seien angesichts der Befunde nicht nachvollziehbar.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 7. Juli 2014 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 11. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. März 2013 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, ab dem 1. September 2012 zu gewähren, hilfsweise, Prof. Dr. Ro. ergänzend zu der Frage Stellung nehmen zu lassen, welchen Gefahren der Kläger aufgrund seines eingeschränkten Sehvermögens in Kombination mit seinem eingeschränkten Hörvermögen im öffentlichen Verkehr ausgesetzt ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält an ihrer Entscheidung fest und verweist auf ihren erstinstanzlichen Vortrag sowie die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid. Sie hat sozialmedizinische Stellungnahmen des Internisten Dr. L. vom 3. August 2015 und vom 20. November 2015 vorgelegt. Die von Prof. Dr. R ... festgestellte Fähigkeit des Klägers zur auch vollschichtigen Verrichtung von Sortiertätigkeiten, Verpackertätigkeiten, Kontrolltätigkeiten von leichten Teilen und Waren im Bereich der verarbeitenden Gewerbes, als Warensortierer und Warenaufmacher sei zu bestätigen.
Der Senat hat Dr. Hä. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. Dr. Hä. hat unter dem 27. April 2015 berichtet, dass der Visus des Klägers mit bester Brillenkorrektur rechts 0,3 und links 1/35 (=0,028) betrage. Es bestehe ein eingeschränktes räumliches Sehvermögen, eine reduzierte Sehschärfe bei beidäugigen Sehen durch die Störung des linken Auges, asthenopische Beschwerden, erhöhte Lichtempfindlichkeit und Blendungsempfindlichkeit.
Der Senat hat Landesarzt für Sehbehinderte und Blinde in Baden-Württemberg Prof. Dr. Ro. von Amts wegen zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Dieser hat aufgrund einer Untersuchung des Klägers vom 6. Oktober 2015 sein Gutachten vom 23. Oktober 2015 vorgelegt. Neben einer durch Brille korrigierbaren ausgeprägten Fehlsichtigkeit lägen an beiden Augen deutliche durch die Kurzsichtigkeit hervorgerufene Veränderungen der Netzhaut im Bereich der Stelle des schärfsten Sehens vor. Darüber hinaus bestehe seit jeher eine Schwachsichtigkeit des linken Auges; dieses sei inzwischen funktionell erblindet. Als Folge der Einäugigkeit bestehe ein Verlust des räumlichen Sehvermögens, darüber hinaus werde durch die Veränderungen der Stelle des schärfsten Sehens am besseren rechten Auge die Lesefähigkeit beeinträchtigt. Es bestehe eine schwere spezifische Leistungsbehinderung aufgrund der Einäugigkeit, und die zusätzlichen Einschränkungen aufgrund der orthopädischen Störungen sowie des künstlichen Darmausgangs bewirkten eine Summierung von Leistungseinschränkungen mit besonderer Schwere (Hinweis auf Sächsisches Landessozialgericht [LSG], Urteil vom 15. Januar 1999 – L 6 RJ 271/01 – juris). Es sei daher eine spezifische Verweisung durch die Beklagte erforderlich. Wesentliche Einschränkung sei vor allem die Gefährdung bei Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten. Darüber hinaus erscheine eine Bildschirmtätigkeit ohne geeignete sehbehindertenspezifische Ausstattung ungeeignet; allerdings müsse hierbei zusätzlich die seit jeher nahezu fehlende Lesefähigkeit berücksichtigt werden. Andererseits seien aus augenärztlicher Sicht keine Einschränkungen der Schwere der Tätigkeit notwendig, so dass der Kläger schwere körperliche Arbeiten ohne Einschränkung von Heben und Tragen von Lasten leisten könnte. Auch ein dauerndes oder überwiegendes Stehen, Gehen oder Sitzen sowie eine gleichförmige Körperhaltung erschienen aus augenärztlicher Sicht genauso denkbar wie häufiges Bücken. Es bestünden von seinem Fachgebiet her auch keine Einwände gegen Akkord-, Fließband-, Schicht-, Nachtarbeit, Arbeiten in Kälte, unter Wärmeeinfluss, unter Einwirkung von Staub, Gasen, Dämpfen, Nässe, Arbeiten im Freien oder gegen eine besondere geistige Beanspruchung. Der Kläger sei aus augenärztlicher Sicht unverändert in der Lage, eine wirtschaftlich verwertbare leichte, einfache und vollschichtige (sechs Stunden am Tag an fünf Tagen pro Woche) Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes (wie Verpacken leichter Industrie- und Handelserzeugnisse oder Prüfen, Montieren oder Sortieren solcher Gegenstände oder eine andere leichte Hilfstätigkeit) auszuüben. Eine Bürotätigkeit sei ungeeignet, Tätigkeiten als Pförtner, Museumswärter oder Telefonist eher ungeeignet. Die vorliegende Sehbehinderung schränke die Orientierung und Mobilität des Klägers nur unwesentlich ein, so dass dieser aus augenärztlicher Sicht vier Mal 500 Meter arbeitstäglich in zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zurücklegen könnte. Zur Begutachtung sei der Kläger allerdings mit einem Rollator erschienen und habe sich mit diesem Hilfsmittel nur relativ langsam bewegen können. Das Führen eines Kraftfahrzeuges sei dem Kläger nicht mehr möglich.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akten des Senats und des SG sowie auf die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die nicht der Zulassung bedarf, weil der Kläger Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG), ist auch im Übrigen zulässig.
2. Die Berufung ist aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 11. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. März 2013 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller, teilweiser Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. September 2012 (vgl. § 99 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI]).
a) Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
b) Diese Voraussetzungen für die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung liegen beim Kläger nicht vor. Der Senat ist überzeugt, dass der Kläger zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden pro Tag verrichten kann.
(1) Der Kläger leidet unter verschiedenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen.
Auf augenärztlichem Gebiet liegt bezüglich des rechten Auges eine reduzierte Sehschärfe, ein eingeengtes Gesichtsfeld, deutliche Netzhautveränderungen bei hochgradiger Kurzsichtigkeit (myopia magna) sowie Stabsichtigkeit, bezüglich des linken Auges Schwachsichtigkeit bei Schielamblyopie, ebenfalls deutliche Netzhautveränderungen bei hochgradiger Kurzsichtigkeit (myopia magna), Stabsichtigkeit und Gesichtsfeldeinengung sowie eine Außenschielstellung des linken Auges vor. Auf dem linken Auge besteht mit einer Sehschärfe von 0,5/50 eine faktische Erblindung und damit insgesamt eine funktionelle Einäugigkeit. Am rechten Augen besteht eine deutliche Minderung der Sehschärfe mit zusätzlichen Ausfällen im Bereich der Stelle des schärfsten Sehens. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. Ro ... Seine Feststellungen decken sich im Wesentlichen mit den Angaben in der vom Kläger vorgelegten Bescheinigung des Dr. Hä. vom 3. Juni 2015
Auf orthopädischem Fachgebiet besteht eine rezidivierende Lumboischialgie links bei degenerativen Veränderungen und Fehlhaltung sowie Protrusionen L1/2 bis L4/5. Dies entnimmt der Senat dem Reha-Entlassungsbericht des Dr. M ...
Auf internistischem Gebiet besteht ein Zustand nach supraanalem Rektumkarzinom, neoadjuvanter Radiochemotherapie im August und September 2008 sowie einer Rektumexstirpation und Descendostomaanlage im Oktober 2008. Auch dies entnimmt der Senat dem Reha-Entlassungsbericht des Dr. M ...
Auf psychiatrischem Fachgebiet besteht beim Kläger eine leichte bis mittelgradige Anpassungsstörung. Dies ergibt sich aus der sachverständigen Zeugenaussage des Arztes An ...
Schließlich leidet der Kläger unter einer Schwerhörigkeit beidseits, die mit Hörgeräten gut versorgt ist. Dies ergibt sich aus dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Dr. G., das der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwerten kann (vgl. etwa Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 14. November 2013 – B 9 SB 10/13 B – juris, Rn. 6; BSG, Urteil vom 5. Februar 2008 – B 2 U 8/07 R – juris, Rn. 51).
(2) Die festgestellten körperlichen Gesundheitsstörungen schränken das berufliche Leistungsvermögen des Klägers nur in qualitativer, nicht aber in zeitlicher Hinsicht ein.
Dies gilt zunächst mit Blick auf die Erkrankungen der Augen. Der Senat entnimmt dem Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Ro. und den sachverständigen Zeugenaussagen des Dr. Hä., dass der Kläger alle Tätigkeiten, die keine erhöhten Anforderungen an die Sehfähigkeit stellen, ohne zeitliche Einschränkung ausüben kann. Ausgeschlossen sind Tätigkeiten am Bildschirm und mit der Notwendigkeit flüssigen Lesens, gefährdende Tätigkeiten wie Arbeiten auf Gerüsten und Leitern sowie das Heben von Lasten von mehr als zehn Kilogramm, da ansonsten ein erhöhtes Risiko für eine Netzhautablösung besteht.
Aufgrund der Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet sind Tätigkeiten mit häufigem Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über fünf bis acht Kilogramm, ständige Rumpfzwangshaltungen, häufiges Bücken sowie Tätigkeiten mit Betätigung der Bauchpresse ausgeschlossen. Dies folgert der Senat aus dem Reha-Entlassungsbericht des Dr. M ... Zeitliche Leistungseinschränkungen folgen aus den festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf orthopädischem Fachgebiet nicht. Dies entspricht auch den Leistungseinschätzungen des Dr. G. und des Dr. M ... Die gegenteilige Auffassung des Dr. Sch. ist ohne tragfähige Begründung geblieben und führt daher zu keiner anderen Beurteilung. Dr. Sch. hat zur Begründung zum einen mitgeteilt, dass er eine Sequestrotomie in Erwägung gezogen habe. Allein die Überlegung, therapeutische Maßnahmen durchzuführen, vermag aber eine zeitliche Leistungseinschränkung nicht zu begründen. Zum anderen hat Dr. Sch. lediglich die eigenen Angaben des Klägers über chronische Beschwerden mit Ausstrahlung ins linke Bein und Belastungsminderung zugrunde gelegt, ohne diese zu kritisch würdigen oder zu objektivieren. Im Übrigen hat Dr. Sch. auch selbst eingeräumt, dass ihm eine sichere gutachterliche Stellungnahme nicht möglich sei.
Zeitliche Einschränkungen resultieren auch nicht aus den Erkrankungen auf den anderen medizinischen Fachgebieten. Die Schwerhörigkeit schließt lediglich Tätigkeiten mit besonderer Beanspruchung des Hörvermögens auf. Den Folgen der im Jahr 2008 stattgehabten Krebserkrankung, die nicht wieder aufgetreten ist, ist jedenfalls durch die bereits aus orthopädischen Gründen vorgenommenen Einschränkungen auf leichte Tätigkeiten hinreichend Rechnung getragen. Der Senat entnimmt schließlich der sachverständigen Zeugenaussage des Arztes An., dass auch die leichte bis mittelgradige Anpassungsstörung des Klägers einer leichten Tätigkeit sechs Stunden pro Tag nicht entgegensteht.
(3) Ob dem Kläger ein Arbeitsplatz vermittelt werden kann oder nicht, ist für den geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht erheblich. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Maßgebend ist, ob der Kläger mit dem ihm verbliebenen Restleistungsvermögen – wenn auch mit qualitativen Einschränkungen – in der Lage ist, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten arbeitstäglich für mindestens sechs Stunden zu verrichten, er also in diesem zeitlichen Umfang unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein kann, wovon im Regelfall ausgegangen werden kann (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 13 R 78/09 R – juris, Rn. 31). Dies bejaht der Senat wie zuvor dargelegt.
(4) Allerdings liegt bei dem Kläger eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten (siehe – auch zum Folgenden – etwa Urteil des Senats vom 21. November 2014 – L 4 R 4797/13 – nicht veröffentlicht). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten.
Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu können – unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände – beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R – juris, Rn. 28 m.w.N.). Beim Kläger liegt aufgrund der faktischen Blindheit des linken Auges eine funktionelle Einäugigkeit vor, die die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erfordert. Ob (zusätzlich) auch eine Summierung von Leistungseinschränkungen aufgrund der orthopädischen Störungen und des künstlichen Darmausganges vorliegt, kann daher dahinstehen.
Die Beklagte hat als Verweisungstätigkeiten Tätigkeiten als Sortierer, Verpacker, Kontrolleur von leichten Teilen und Waren im Bereich des verarbeitenden Gewerbes, als Warensortierer und Warenaufmacher benannt. Es steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger solche Tätigkeiten noch verrichten kann. Der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. Ro. hat ausdrücklich die Einschätzung vertreten, dass der Kläger aus augenärztlicher Sicht solche Tätigkeiten verrichten kann, sofern hierbei der von orthopädischer Seite geforderte Wechsel zwischen sitzender und stehender Tätigkeit gewährleistet ist. Solche Tätigkeiten verlangen keine Sehfähigkeit, wie sie für flüssiges Lesen Voraussetzung ist. Deswegen geht der Hinweis des Klägers, ihm sei flüssiges Lesen nicht mehr möglich, ins Leere.
(5) Auch die Wegefähigkeit des Klägers war und ist gegeben. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit eines Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle in zumutbarer Zeit aufsuchen zu können. Das BSG hat dieses Vermögen nur dann für gegeben erachtet, wenn es dem Versicherten möglich ist, Entfernungen von über 500 Metern zu Fuß zurückzulegen, weil davon auszugehen ist, dass derartige Wegstrecken üblicherweise erforderlich sind, um Arbeitsstellen oder Haltestellen eines öffentlichen Verkehrsmittels zu erreichen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 – 13/5 RJ 73/90 – juris, Rn. 16 ff.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 21/10 R – juris, Rn. 21 f.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 79/11 R – juris, Rn. 19 f.). Der Kläger ist in der Lage, eine Gehstrecke von 500 Metern viermal in weniger als 20 Minuten täglich zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Aus den ärztlichen Äußerungen ergeben sich keine Befunde, die für eine unter den genannten Maßstäben eingeschränkte Gehfähigkeit des Klägers sprechen. Dass der Kläger zur Begutachtung beim gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. Ro. mit einem Rollator erschienen ist, steht der Wegefähigkeit nicht entgegen. Auch die Verwendung eines Rollators ist zur Überwindung der genannten Gehstrecke zumutbar (vgl. LSG Bayern, Urteil vom 29. Januar 2014 – L 1 R 1104/11 – juris, Rn. 66). Dass Prof. Dr. Ro. hierzu keine weiteren Feststellungen getroffen hat, ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht zu monieren. Denn Prof. Dr. Ro. hatte allein die gesundheitlichen Einschränkungen auf augenärztlichem Fachgebiet zu beurteilen, nicht auf orthopädischem Fachgebiet.
(6) Aus der Anerkennung eines Grades der Behinderung von 100 folgt ebenfalls nicht, dass der Kläger erwerbsgemindert wäre. Zwischen der Schwerbehinderung nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) und der Erwerbsminderung nach dem SGB VI besteht keine Wechselwirkung, da die gesetzlichen Voraussetzungen unterschiedlich sind (BSG, Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 SB 5/01 B – juris, Rn. 5; BSG, Beschluss vom 9. Dezember 1987 – 5b BJ 156/87 – juris, Rn. 3). Für die Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI sind die Erwerbsmöglichkeiten des Betroffenen maßgeblich, während § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX in der bis zum 14. Januar 2015 geltenden Fassung und § 159 Abs. 7 SGB IX in der seit dem 15. Januar 2015 geltenden Fassung (geändert durch Art. 1a des Gesetzes vom 7. Januar 2015, BGBl. II, S. 15) auf die abstrakten Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) verweist (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 SB 5/01 B – juris, Rn. 5; BSG, Beschluss vom 9. Dezember 1987 – 5b BJ 156/87 – juris, Rn. 3).
c) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 RV-Altergrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderer Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (z. B. BSG, Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5 RJ 34/97 R – juris, Rn. 13; BSG, Urteil vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 19/04 R –juris, Rn. 15). Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – juris, Rn. 17; BSG Urteil vom 25. Juli 2001 – B 8 KN 14/00 R –juris, Rn. 15) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem so genannten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Innerhalb der Gruppe der angelernten Arbeiter differenziert das BSG nochmals hinsichtlich der Versicherten, die der oberen und unteren Gruppe der Angelernten angehören. Dem unteren Bereich sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu 24 Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – juris, Rn. 20). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 – B 4 RA 5/04 R – juris, Rn. 33).
Die von dem Kläger zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung als Gemeindehelfer war keine Tätigkeit, die eine Anlern- oder Ausbildungszeit von mehr als zwölf Monaten voraussetzte. Gegenteiliges hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt behauptet und die vorliegenden Akten geben hierfür keine Anhaltspunkte.
Da der Kläger allenfalls zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehört, kann er grundsätzlich auf alle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Im Hinblick auf die oben festgestellte spezifische Leistungseinschränkung bedarf es allerdings ausnahmsweise der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit. Insofern kann auf die obigen Ausführungen zur Zumutbarkeit der von der Beklagten benannten Tätigkeiten verwiesen werden.
d) Dem hilfsweise gestellten Antrag des Klägers, Prof. Dr. Ro. ergänzend zu der Frage Stellung nehmen zu lassen, welchen Gefahren der Kläger aufgrund seines eingeschränkten Sehvermögens in Kombination mit seinem eingeschränkten Hörvermögen im öffentlichen Verkehr ausgesetzt ist, musste der Senat – unabhängig davon, ob es sich um einen ordnungsgemäßen Beweisantrag handelt – nicht folgen. Prof. Dr. Ro. hat in seinem Gutachten vom 23. Oktober 2015 ausgeführt, die Sehbehinderung des Klägers schränke seine Orientierung und Mobilität nur unwesentlich ein, so dass der Kläger aus augenärztlicher Sicht vier Mal 500 Meter arbeitstäglich in zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zurücklegen könnte. Diese Äußerung ist eindeutig und gibt keinen Anlass zu Nachfragen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Schwerhörigkeit des Klägers, denn diese ist durch eine Hörgeräteversorgung adäquat kompensiert, was sich bereits aus dem Gutachten des Dr. G. ergibt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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