Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 1069/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 2292/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18.03.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Erstattung von Kosten für die medikamentöse Therapie ihrer chronischen Borrelioseerkrankung und die Gewährung zukünftiger medikamentöser Therapie.
Die 1963 geborene Klägerin leidet unter einer chronischen Borreliose Stadium III. Das Krankheitsbild geht bei der Klägerin einher mit Hautverfärbungen der Hände und Füße, Brennschmerzen der Hände und Füße, starken Gelenkschmerzen, Hinterkopfschmerzen, Nackensteifigkeit, Schwindel, Fieber, Schüttelfrost und Gangstörungen. Ab 1998 wurde die Klägerin von Dr. K. in P. ua mit hochdosierten Antibiotikainfusionen und Antibiotikatabletten behandelt. In Folge eines umzugsbedingt notwendig werdenden Arztwechsels beabsichtigte die Klägerin, sich in der Privatklinik B.-Zentrum A. vorzustellen und beantragte am 25.02.2008 bei der Beklagten die Kostenübernahme für eine ambulante Untersuchung dort. Die Beklagte teilte der Klägerin am 26.02.2008 telefonisch mit, dass eine Kostenübernahme nicht erfolgen könne. In der Zeit vom 27.02. bis 17.03.2008 ließ die Klägerin die geplante Untersuchung im B. Zentrum-A. durchführen.
Am 25.04.2008 beantragte die Klägerin erneut die Kostenübernahme für die Behandlung in A. sowie die Kostenübernahme für eine geplante Antibiosetherapie mit den Wirkstoffen Hydroxycloroquin, Clarithromycin und Metronidazol. Sie sei jahrelang von Dr. K. erfolgreich mit hochdosierten Antibiotika auf Kosten der Beklagten behandelt worden. Dr. K. sei nunmehr von der Kassenärztlichen Vereinigung die Möglichkeit der höheren Budgetierung für die Behandlung borreliosekranker Patienten aberkannt worden, weshalb sie die Medikamente nunmehr auf Privatrezept erhalte. Sie sei auf die weitere Behandlung mit hochdosierten Antibiotika angewiesen, da nur hierdurch ein weiterer Behandlungserfolg, wie bereits in der Vergangenheit erzielt, erwartet werden könne.
Mit Bescheid vom 14.05.2008 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Eine Antibiotikatherapie werde vom MDK nicht empfohlen. Alternativ komme eine psychosomatische Therapie und bei Bedarf Schmerztherapie in Betracht. In der Folgezeit führte die Klägerin die von Dr. K. verordnete Antibiotikatherapie durch.
Mit ihrem Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid machte die Klägerin geltend, eine weiterführende Behandlung mittels Antibiotika sei für ihr Krankheitsbild der chronischen persistierenden Borreliose notwendig, um das Ausmaß der Beschwerden einzudämmen und den Gesamtzustand zu stabilisieren. Die Beklagte schaltete nochmals den MDK ein. Mit Gutachten vom 20.06.2008 führe Dr. P. aus, dass eine antibiotische Therapie einer Borreliose nicht länger als zwei bis vier Wochen dauern solle. Bei der Klägerin habe sich ein Post-Lyme-Syndrom entwickelt, somit seien darüber hinaus weitere Antibiotikagaben sinnlos. Indiziert sei eine Mitbehandlung des chronischen Schmerzsyndroms. Die Klägerin legte ein Attest von Dr. K. von 01.09.2008 vor, in dem dieser ausführte, dass unter wiederholten Antibiotika-Regimen jeweils Beschwerdebesserung habe erreicht werden können, insbesondere auch eine deutliche Besserung der vorbestehenden Paraparese beider Beine. Bei neuerlichen Krankheitsschüben rate er zu konsequenter Antibiose. Die Beklagte holte nochmals ein Gutachten des MDK ein. Dr. B. führte im Gutachten vom 17.09.2008 aus, dass die verschriebenen Antibiotika keine Zulassung für die Behandlung der Borreliose hätten. Angesichts fehlender methodisch hochwertiger kontrollierter Phase III-Studien, welche eine Überlegenheit der Dauerantibiose bei chronischen Borreliensymptomen belegten, sei eine Zulassung dieser Antibiotika für diese Indikation auch nicht zu erwarten. Die beantragte Kostenübernahme werde nicht empfohlen. Mit Widerspruchsbescheid vom 03.02.2009 wies die Beklagte unter Bezugnahme auf die Ausführungen des MDK den Widerspruch zurück.
Hiergegen richtet sich die am 26.02.2009 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage. Die Klägerin macht geltend, dass keine Alternative zur beantragten antibiotischen Behandlung existiere und bei Aussetzung der Behandlung mit einer unverzüglichen schwerwiegenden Verschlechterung des Krankheitsbildes zu rechnen sei. Nach Ansicht einiger Fachgesellschaften, die Behandlungsstrategien zur Borreliose entwickelten, wie zum Beispiel der ILADS (International Lyme and Associated Diseases Society) sei zudem eine Wirksamkeit der Antibiotikatherapie zu bejahen. Unter Berücksichtigung der bei ihr in der Vergangenheit erzielten Behandlungserfolge und der Schwere des Krankheitsbildes dürfe ihr bei grundrechtsorientierter Auslegung die Kostenübernahme nicht verwehrt werden.
Das SG hat Dr. K. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. Dieser hat unter dem 18.12.2009 ausgeführt, das Krankheitsgeschehen zeige sich im Verlauf über die Jahre als ein in Schüben in Erscheinung tretendes infektiöses Geschehen, eine neuerliche Antibiose erfolge jeweils bei neuerlichem Krankheitsschub. Seither hätten jeweilige Krankheitsschübe durch Kombination von Metronidazol, Clarithromycin und Hydroxychloroquin jeweils abgemildert, Rückfälle allerdings nicht verhindert werden können. Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG ein Gutachten bei Dr. B. eingeholt. In seinem internistischen Gutachten vom 19.03.2013 führt Dr. B. aus, dass die eingesetzten Antibiotika nach wissenschaftlicher Literatur zur Behandlung der Lyme-Borreliose geeignet seien. Die durchgeführten Behandlungen seien palliativ wirksam, wesentliche Nebenwirkungen seien nicht aufgetreten. Anschließend hat das SG von Amts wegen ein internistisches Gutachten bei Dr. T. mit neurologisch-psychiatrisch-schmerzmedizinischem Zusatzgutachten von Prof. Dr. R. eingeholt. Prof. Dr. R. hat mit seinem Zusatzgutachten vom 06.10.2014 ausgeführt, dass es zwar keine kontrollierten, doppelblinden Studien hinsichtlich der Wirksamkeit der Antibiotika bei Borreliose gebe, im Einzelfall sei aber die Wirksamkeit festgestellt, es bestehe die begründete Aussicht auf einen Behandlungserfolg. Die bisherige Behandlung erscheine geboten und nachvollziehbar. Auch Dr. T. hat in seinem Gutachten vom 16.10.2014 ausgeführt, die Behandlung sei sinnvoll und die Verbesserung der Symptome könne als Indiz für die Richtigkeit des Therapieschemas angesehen werden. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 16.12.2014 hat er ausgeführt, dass der Off-Label-Use der Medikamente nicht durch Phase III-Studien abgedeckt sei, auch nicht durch überwiegende Konsensusmeinungen.
Mit Urteil vom 18.03.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Erstattung der Kosten für die Behandlung im B.-Zentrum A. komme schon deshalb nicht in Betracht, weil dieses keine Zulassung nach § 108 Nr 1 bis 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) besitze. Das Wahlrecht eines Versicherten bei der Krankenbehandlung beschränke sich auf zur Versorgung der Versicherten zugelassene Ärzte und Krankenhäuser und umfasse nicht die Behandlung in Privatkliniken. Anhaltspunkte für eine Versorgungslücke seien nicht gegeben. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten sowie weitere Kostenübernahme für die Behandlung mit den Arzneimitteln der Wirkstoffgruppen Metronidazol, Hydroxychloroquin und Clarithromycin. Soweit die Behandlung mit weiteren Wirkstoffen begehrt werde, sei die Klage bereits unzulässig, denn die Kostenübernahme für die Behandlung mit diesen Arzneimitteln sei weder Gegenstand des Antrags an die Beklagte gewesen, noch habe die Beklagte hierüber entschieden, sodass es an der Durchführung eines Vorverfahrens fehle. Der Erstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V reiche nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Voraussetzung sei, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehöre, welche die Krankenkassen allgemein als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hätten. Die Wirkstoffe Hydroxychloroquin, Clarithromycin und Metronidazol seien zur Behandlung verschiedener Krankheitsbilder, aber nicht der Borreliose zugelassen. Es handele sich um einen Einsatz der Arzneimittel außerhalb des Anwendungsgebietes der Zulassung (sogenannter Off-Label-Use). Die Klägerin leide nach den eingeholten Gutachten unter einer chronischen Borreliose im Stadium III. Hierbei handele es sich auch um eine die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Krankheit, insbesondere habe die muskuläre Mitbeteiligung der Oberschenkel in der Vergangenheit zu einer Rollstuhlpflichtigkeit geführt, die aktuell behoben sei. Es fehle jedoch an der erforderlichen Erfolgsaussicht der Therapie mit den gewünschten Arzneimitteln. Eine solche sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nur dann anzunehmen, wenn Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten ließen, dass das Arzneimittel alsbald für die betreffende Indikation zugelassen werden könne. Der während und außerhalb eines Zulassungsverfahrens zu erbringende wissenschaftliche Nachweis müsse durch Studien erbracht werden, welche die an eine Phase III-Studie zu stellenden qualitativen Anforderungen erfüllten (unter Hinweis auf BSG 30.06.2009 - B 1 KR 5/09 R und 08.11.2011 - B 1 KR 19/10 R). Dies sei vorliegend für sämtliche streitgegenständliche Wirkstoffe zu verneinen. Dies entnehme das SG der ergänzenden Stellungnahme des Dr. T. zu seinem Gutachten. Auch Prof. Dr. R. habe ausgeführt, dass die streitgegenständlichen Antibiotika bisher nicht in kontrollierten, doppelblinden Studien bezüglich ihrer Wirksamkeit gegenüber Borrelien im Vergleich mit einer Placebo-Therapie überprüft worden seien. Auch der Gutachter Dr. B. habe die Notwendigkeit des Off-Label-Use der gewünschten Medikamente nicht plausibel zu begründen vermocht, er berufe sich lediglich auf die in der Vergangenheit erzielten Behandlungserfolge. Die erforderlichen positiven Forschungsergebnisse existierten nach alledem vorliegend nicht. Einzelne Publikationen, die eine Effizienz der antibiotischen Langzeitbehandlung bei der Borreliose nahe legten sowie ein Therapieerfolg im Einzelfall genügten den qualitativen Anforderungen an den erforderlichen Wirksamkeitsnachweis nicht. Eine Verordnungsfähigkeit der Wirkstoffe Hydroxychloroquin, Clarithromycin und Metronidazol komme auch nicht im Rahmen eines Seltenheitsfalles in Betracht. Eine chronische Borreliose Grad III stelle keinen Seltenheitsfall dar. Die beauftragten Gutachter hätten bestätigt, dass es sich bei der Borreliose, eine durch Zecken übertragene Infektionskrankheit, um ein hinreichend erforschtes Krankheitsbild handele. Ein Anspruch lasse sich auch nicht aus den vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entwickelten und in § 2 Abs 1a SGB V normierten besonderen Anforderungen an das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung bei einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung herleiten. Diese Grundsätze würden sinngemäß auch für die Versorgung von Arzneimitteln gelten. In einer entsprechenden notstandsähnlichen Lage befinde sich die Klägerin nicht. Ihr Gesundheitszustand sei stabilisiert, die muskuläre Beteiligung der Oberschenkel, die zeitweise zu Rollstuhlpflichtigkeit geführt habe, sei deutlich gebessert. Die Hautmitbeteiligungen seien derzeit nicht mehr erkennbar, auch eine Beteiligung des zentralen Nervensystems sei nicht erkennbar. Nach Ausführung sämtlicher Gutachter bestehe daher weder eine Todesgefahr noch drohe der Verlust eines Sinnesorgans oder einer wichtigen Körperfunktion.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 07.05.2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 29.05.2015 eingelegte Berufung der Klägerin. Die Ablehnung einer kostengünstigen und auch von den schulmedizinischen Gutachtern als tauglich eingestuften Therapie sei ein völlig unsinniges Ergebnis und würde zum Einsatz teurerer und für die Klägerin nach aller Erfahrung nicht geeigneter Behandlungen führen. Die Rechtsprechung des BSG, die zumindest auch zum Ziel habe, die Kostentragungspflicht der Krankenkassen auf ein vertretbares bzw finanzierbares Maß zu begrenzen, würde in diesem Fall ad absurdum geführt. Nach den gängigen Leitlinien sei eine Borreliose mit einer zwei- bis vierwöchigen Antibiose ausreichend therapiert, in den meisten Fällen könne eine Heilung erzielt werden. Danach würden körperliche Beschwerden regelmäßig mit einer Schmerztherapie oder mit psychosomatischen Behandlung und Rehabilitationsmaßnahmen behandelt. Die Kosten für derartige Behandlungen wären weitaus teurer als die durchgeführte Dauerantibiose. Hinzu komme, dass die anerkannten schulmedizinischen Behandlungen nicht zu einer Heilung oder auch nur Rückläufigkeit der Beschwerden führten, da es sich um eine chronische aktive Infektion handle. Die von der Klägerin als sachgerecht eingeschätzten ILADS-Leitlinien seien 2004 veröffentlich worden. Danach sei in Fällen wie bei der Klägerin eine Behandlung mit Antibiose angezeigt. Die Wirksamkeit der Off-Label-Use Medikamente sei mit Studien an Borrelien nachgewiesen worden. Kontrollierte klinische Studien an chronisch erkrankten Borreliose Patienten im Stadium III seien nach Ansicht der Klägerin bereits aus ethischen Gründen nicht durchführbar. Andere alternative Therapien wie zum Beispiel eine vierwöchige Druckkammertherapie seien effektiv, aber kostenaufwendig. Eine solche Behandlung reklamiere die Klägerin hier nicht, ebenso wie sie auch auf die weitere Geltendmachung der Kosten für die Behandlung im B.-Zentrum A. verzichte. Es gehe lediglich um die Erstattung von Kosten für die Antibiose. Die wesentliche Besserung des Gesundheitszustands der Klägerin durch die streitgegenständliche Behandlung sei auch durch die vorliegenden Gerichtsgutachten nachgewiesen. Die Rechtsprechung des BSG zur Erstattungsfähigkeit von Off-Label-Behandlungen bedürfe in Fällen wie dem Vorliegenden (schulmedizinisch gutachterlich anerkannte Wirksamkeit einer kostengünstigen Alternativbehandlung) einer Überprüfung bzw Ergänzung. Zusätzlich hat die Klägerin die Veröffentlichung "Langzeitbehandlung mit Antiinfektiva bei persistierender Borreliose mit Borrelien-DNA-Nachweis durch PCR von H./K. vorgelegt. Des Weiteren hat sie weitere Belege zur Aktualisierung der Erstattungsforderung vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18.03.2015 und den Bescheid der Beklagten vom 14.05.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.02.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Kosten für die Arzneimittelbehandlung in Höhe von 9.021,19 EUR zu erstatten und die Kosten für zukünftige Behandlungen mit den Arzneimitteln der Wirkstoffgruppen Metronidazol, Clarithromycin und Hydroxychloroquin gemäß ärztlicher Verordnung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Argumentation, dass möglicherweise viel kostenintensivere (Folge)Therapien vermieden werden könnten, laufe ins Leere. Hypothetisch entstehende Kosten dürften auf die Leistungsentscheidung der Beklagten keine Auswirkungen haben.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge, die Verwaltungsakten der Beklagten und die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat nach §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG) und damit zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 14.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.02.2009 ist rechtmäßig.
Streitig ist allein noch die Erstattung der verauslagten Medikamente in Höhe von 9.021,19 EUR sowie die künftige Versorgung mit den Arzneimitteln der Wirkstoffgruppe Metronidazol, Clarithromycin und Hydroxychloroquin zur Behandlung der bestehenden Borreliose Stadium III. Hierauf hat die Klägerin keinen Anspruch. Die Erstattung der Kosten für die Behandlung im B.-Zentrum A. verfolgt die Klägerin mit der Berufung ausdrücklich nicht mehr. Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist mit dem Berufungsverfahren gestellten Antrag zulässig. Der Zulässigkeit der allgemeinen Leistungsklage für die Zukunft steht nicht entgegen, dass die Beklagte über die Leistungsansprüche grundsätzlich durch Verwaltungsakt zu entscheiden hat. Verwaltungsentscheidungen zu Leistungsansprüchen für die Zukunft kann es naturgemäß noch nicht geben (vgl BSG 10.11.2005, B 3 KR 38/04 R, SozR 4-2500 § 37 Nr 6). Der Antrag auf Verurteilung zur künftigen Gewährung der genannten Medikamente ist sachdienlich (§ 106 Abs 1 SGG) und genügt dem Erfordernis der Bestimmtheit. Zwar muss die Leistungspflicht eines Sozialversicherungsträgers soweit wie möglich konkretisiert werden, um den Streitgegenstand zu kennzeichnen und die Zwangsvollstreckung zu ermöglichen bzw. zu erleichtern (vgl BSG 30.04.1986, 2 RU 15/85, BSGE 60, 87, 90 = SozR 1200 § 53 Nr 6). Von diesem Grundsatz kann jedoch im Einzelfall abgewichen werden, wenn eine nähere Konkretisierung entweder objektiv unmöglich ist oder wenn sich die Beteiligten nur über die Leistungspflicht dem Grunde nach streiten, jedoch kein Streit über die Einzelheiten der zu erbringenden Leistung besteht (BSG 17.01.1996, 3 RK 39/94, BSGE 77, 209 = SozR 3-2500 § 33 Nr 19). So liegt der Fall hier.
Als Anspruchsgrundlage für den Kostenerstattungsantrag kommt allein § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V in Betracht, da die Klägerin keine Kostenerstattung nach § 13 Abs 2 SGB V gewählt hatte. Danach sind die Kosten in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Alt 1) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (Alt 2) und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V gibt demnach einen Kostenerstattungsanspruch für den Fall, dass der Versicherte wegen eines Systemversagens gezwungen ist, sich eine Behandlung, die ihm die Krankenkasse an sich als Sachleistung schuldet, außerhalb des für Sachleistungen vorgesehenen Weges selbst zu beschaffen. Der Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (BSG 28.02.2008, B 1 KR 16/07 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 9 ständige Rechtsprechung). Das ist hier nicht der Fall, weshalb weder der Kostenerstattungsanspruch noch der Anspruch auf Gewährung der Medikamente als Sachleistung in der Zukunft besteht.
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherten Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB V u.a. die Versorgung mit Arzneimitteln. Die Arzneimittel Metronidazol, Clarithromycin und Hydroxychloroquin sind mangels Arzneimittelzulassung für die bei der Klägerin vorliegende Borreliose Stadium III nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähig. Es besteht auch kein Anspruch auf eine Versorgung nach den Grundsätzen des Off-Label-Use, der grundrechtsorientierten Leistungsgewährung oder des Seltenheitsfalles.
Die Klägerin kann von der Beklagten die Versorgung mit Metronidazol, Clarithromycin oder Hydroxychloroquin nach den allgemeinen Grundsätzen nicht verlangen. Versicherte können Versorgung mit vertragsärztlich verordneten Fertigarzneimitteln zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich nur beanspruchen, wenn eine arzneimittelrechtliche Zulassung für das Indikationsgebiet besteht, in dem sie angewendet werden sollen. Fertigarzneimittel sind mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs 1 Satz 3, § 12 Abs 1 SGB V) dagegen nicht von der Leistungspflicht nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 2 und 3, § 31 Abs 1 Satz 1 SGB V umfasst, wenn ihnen die erforderliche arzneimittelrechtliche Zulassung nach § 21 Abs. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) fehlt (BSG 04.04.2006, B 1 KR 12/04 R, BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7 - ständige Rechtsprechung). Metronidazol, Clarithromycin und Hydroxychloroquin sind zulassungspflichtig und weder in Deutschland noch EU-weit als Arzneimittel für die Indikation Borreliose Stadium III oder ein übergeordnetes Indikationsgebiet zugelassen, das die genannte Erkrankung mit umfasst. Nach den Ausführungen von Dr. B. im MDK-Gutachten vom 17.09.2008 ist Hydroxychloroquin nur zugelassen zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis, des systemischen Lupus erythematodes und zur Malariaprophylaxe. Metronidazol ist nur für die Anwendungsgebiete der Aminkolpitis, der Trichomoniasis sowie für Infektionen mit Beteiligung von anaeroben Keimen im Bereich des weiblichen Genitale, des Magen-Darm-Trakts, des HNO-, Zahn- und Kieferbereichs zugelassen. Das Antibiotikum Clarithromycin, ein Makrolidantibiotikum, ist ebenfalls nicht zur Behandlung der Borreliose zugelassen. Diese Ausführungen des MDK macht der Senat zur Grundlage seiner Entscheidung. Im Übrigen gehen auch die gerichtlichen Sachverständigen und der behandelnde Arzt Dr. K. übereinstimmend und selbstverständlich davon aus, dass die Medikamente indikationsüberschreitend im Off-Label-Use angewendet werden.
Die Voraussetzungen für einen Off-Label-Use sind nicht erfüllt. Dieser kommt nach ständiger Rechtsprechung des BSG nur in Betracht, wenn es 1. um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, wenn 2. keine andere Therapie verfügbar ist und wenn 3. auf Grund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann (BSG 03.07.2012, B 1 KR 25/11 R, BSGE 11, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22).
Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, fehlt es vorliegend an einer auf Grund der Datenlage begründeten Erfolgsaussicht. Von hinreichenden Erfolgsaussichten ist nur dann auszugehen, wenn Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das betroffene Arzneimittel für die relevante Indikation zugelassen werden kann. Es müssen also Erkenntnisse in der Qualität einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht sein und einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen (BSG 03.07.2012, a.a.O.). Es reicht nicht aus, dass die Behandlung im Einzelfall tatsächlich wirksam ist. Die Gutachter des MDK sowie die gerichtlichen Sachverständigen Dr. T. und Prof. Dr. R. haben für den Senat nachvollziehbar dargelegt, dass keine randomisiert-kontrollierten klinischen Studien bezüglich der Wirksamkeit der Langzeitantibiose mit den genannten Arzneimitteln bei Borreliose Stadium III vorliegen. Die von der Klägerin genannten Fallberichte, Fallserien, kleineren epidemiologischen Untersuchungen oder Übersichtsarbeiten stellen nur einen orientierenden Anhalt dar, sie reichen für eine auf Grund der Datenlage begründende Erfolgsaussicht nicht aus.
Von der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Off-Label-Use ist nicht deshalb abzuweichen, weil die begehrte Arzneimittelbehandlung ggf kostengünstiger ist als die ansonsten zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten. Eine Kostenersparnis ist insoweit nicht ersichtlich, da das Wirtschaftlichkeitsverbot keinen Vergleich mit Leistungen zulässt, die außerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden.
Die Klägerin kann die begehrten Arzneimittel auch nicht nach den Grundsätzen einer grundrechtsorientierten Leistungsauslegung verlangen. Wie das BVerfG kürzlich klargestellt hat, ist ein verfassungsunmittelbarer Leistungsanspruch ganz eng auf extreme Situationen einer krankheitsbedingten Lebensgefahr beschränkt (BVerfG 10.11.2015, 1 BvR 2056/12, juris). Eine derartige Lebensgefahr besteht bei der Klägerin angesichts der vorliegenden Erkrankung Borreliose Grad III ersichtlich nicht. Aber auch die Voraussetzungen der vom BSG in seiner Rechtsprechung vorgenommene Erweiterung auf wertungsmäßig vergleichbare Erkrankungen in notstandsähnlichen Situationen (vgl BSG 14.12.2006 – B 1 KR 12/06 – SozR 4-2500 §&8201;31 Nr&8201;8 Rn&8201;20; BSG 5.5.2009 – B 1 KR 15/08 R – SozR 4-2500 §&8201;27 Nr&8201;16 = NJOZ 2009, 3296 mwN) sind nicht erfüllt. Es droht weder der Verlust eines Sinnesorgans, noch einer wichtigen Körperfunktion. Seit 2010 ist der Gesundheitszustand der Klägerin zudem auch nach deren eigenen Ausführungen im Erörterungstermin am 12.01.2016 deutlich gebessert und stabilisiert, so dass monatelang überhaupt keine Behandlungsbedürftigkeit besteht. Bestätigt wird dies auch durch die Höhe der von der Klägerin verauslagten Behandlungskosten, die in den letzten Jahren deutlich rückläufig sind.
Auch nach den Grundsätzen eines Seltenheitsfalles kann die Klägerin die geltend gemachte Versorgung mit Arzneimitteln nicht beanspruchen. Ein Seltenheitsfall erfordert, dass das festgestellte Krankheitsbild auf Grund seiner Singularität medizinisch nicht erforschbar ist (BSG 08.11.2011, B 1 KR 20/10 R, BSGE 109, 218 = SozR 4-2500 § 31 Nr. 20). Dies ist bei der Borreliose ersichtlich nicht der Fall. Selbst der nach § 109 SGG gehörte Gutachter Dr. B. bestätigt in seinem Gutachten, dass es sich bei der Borreliose um eine hinreichend erforschte Infektionskrankheit handelt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen angesichts der gefestigten Rechtsprechung zum Off-Label-Use nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Erstattung von Kosten für die medikamentöse Therapie ihrer chronischen Borrelioseerkrankung und die Gewährung zukünftiger medikamentöser Therapie.
Die 1963 geborene Klägerin leidet unter einer chronischen Borreliose Stadium III. Das Krankheitsbild geht bei der Klägerin einher mit Hautverfärbungen der Hände und Füße, Brennschmerzen der Hände und Füße, starken Gelenkschmerzen, Hinterkopfschmerzen, Nackensteifigkeit, Schwindel, Fieber, Schüttelfrost und Gangstörungen. Ab 1998 wurde die Klägerin von Dr. K. in P. ua mit hochdosierten Antibiotikainfusionen und Antibiotikatabletten behandelt. In Folge eines umzugsbedingt notwendig werdenden Arztwechsels beabsichtigte die Klägerin, sich in der Privatklinik B.-Zentrum A. vorzustellen und beantragte am 25.02.2008 bei der Beklagten die Kostenübernahme für eine ambulante Untersuchung dort. Die Beklagte teilte der Klägerin am 26.02.2008 telefonisch mit, dass eine Kostenübernahme nicht erfolgen könne. In der Zeit vom 27.02. bis 17.03.2008 ließ die Klägerin die geplante Untersuchung im B. Zentrum-A. durchführen.
Am 25.04.2008 beantragte die Klägerin erneut die Kostenübernahme für die Behandlung in A. sowie die Kostenübernahme für eine geplante Antibiosetherapie mit den Wirkstoffen Hydroxycloroquin, Clarithromycin und Metronidazol. Sie sei jahrelang von Dr. K. erfolgreich mit hochdosierten Antibiotika auf Kosten der Beklagten behandelt worden. Dr. K. sei nunmehr von der Kassenärztlichen Vereinigung die Möglichkeit der höheren Budgetierung für die Behandlung borreliosekranker Patienten aberkannt worden, weshalb sie die Medikamente nunmehr auf Privatrezept erhalte. Sie sei auf die weitere Behandlung mit hochdosierten Antibiotika angewiesen, da nur hierdurch ein weiterer Behandlungserfolg, wie bereits in der Vergangenheit erzielt, erwartet werden könne.
Mit Bescheid vom 14.05.2008 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Eine Antibiotikatherapie werde vom MDK nicht empfohlen. Alternativ komme eine psychosomatische Therapie und bei Bedarf Schmerztherapie in Betracht. In der Folgezeit führte die Klägerin die von Dr. K. verordnete Antibiotikatherapie durch.
Mit ihrem Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid machte die Klägerin geltend, eine weiterführende Behandlung mittels Antibiotika sei für ihr Krankheitsbild der chronischen persistierenden Borreliose notwendig, um das Ausmaß der Beschwerden einzudämmen und den Gesamtzustand zu stabilisieren. Die Beklagte schaltete nochmals den MDK ein. Mit Gutachten vom 20.06.2008 führe Dr. P. aus, dass eine antibiotische Therapie einer Borreliose nicht länger als zwei bis vier Wochen dauern solle. Bei der Klägerin habe sich ein Post-Lyme-Syndrom entwickelt, somit seien darüber hinaus weitere Antibiotikagaben sinnlos. Indiziert sei eine Mitbehandlung des chronischen Schmerzsyndroms. Die Klägerin legte ein Attest von Dr. K. von 01.09.2008 vor, in dem dieser ausführte, dass unter wiederholten Antibiotika-Regimen jeweils Beschwerdebesserung habe erreicht werden können, insbesondere auch eine deutliche Besserung der vorbestehenden Paraparese beider Beine. Bei neuerlichen Krankheitsschüben rate er zu konsequenter Antibiose. Die Beklagte holte nochmals ein Gutachten des MDK ein. Dr. B. führte im Gutachten vom 17.09.2008 aus, dass die verschriebenen Antibiotika keine Zulassung für die Behandlung der Borreliose hätten. Angesichts fehlender methodisch hochwertiger kontrollierter Phase III-Studien, welche eine Überlegenheit der Dauerantibiose bei chronischen Borreliensymptomen belegten, sei eine Zulassung dieser Antibiotika für diese Indikation auch nicht zu erwarten. Die beantragte Kostenübernahme werde nicht empfohlen. Mit Widerspruchsbescheid vom 03.02.2009 wies die Beklagte unter Bezugnahme auf die Ausführungen des MDK den Widerspruch zurück.
Hiergegen richtet sich die am 26.02.2009 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage. Die Klägerin macht geltend, dass keine Alternative zur beantragten antibiotischen Behandlung existiere und bei Aussetzung der Behandlung mit einer unverzüglichen schwerwiegenden Verschlechterung des Krankheitsbildes zu rechnen sei. Nach Ansicht einiger Fachgesellschaften, die Behandlungsstrategien zur Borreliose entwickelten, wie zum Beispiel der ILADS (International Lyme and Associated Diseases Society) sei zudem eine Wirksamkeit der Antibiotikatherapie zu bejahen. Unter Berücksichtigung der bei ihr in der Vergangenheit erzielten Behandlungserfolge und der Schwere des Krankheitsbildes dürfe ihr bei grundrechtsorientierter Auslegung die Kostenübernahme nicht verwehrt werden.
Das SG hat Dr. K. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. Dieser hat unter dem 18.12.2009 ausgeführt, das Krankheitsgeschehen zeige sich im Verlauf über die Jahre als ein in Schüben in Erscheinung tretendes infektiöses Geschehen, eine neuerliche Antibiose erfolge jeweils bei neuerlichem Krankheitsschub. Seither hätten jeweilige Krankheitsschübe durch Kombination von Metronidazol, Clarithromycin und Hydroxychloroquin jeweils abgemildert, Rückfälle allerdings nicht verhindert werden können. Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG ein Gutachten bei Dr. B. eingeholt. In seinem internistischen Gutachten vom 19.03.2013 führt Dr. B. aus, dass die eingesetzten Antibiotika nach wissenschaftlicher Literatur zur Behandlung der Lyme-Borreliose geeignet seien. Die durchgeführten Behandlungen seien palliativ wirksam, wesentliche Nebenwirkungen seien nicht aufgetreten. Anschließend hat das SG von Amts wegen ein internistisches Gutachten bei Dr. T. mit neurologisch-psychiatrisch-schmerzmedizinischem Zusatzgutachten von Prof. Dr. R. eingeholt. Prof. Dr. R. hat mit seinem Zusatzgutachten vom 06.10.2014 ausgeführt, dass es zwar keine kontrollierten, doppelblinden Studien hinsichtlich der Wirksamkeit der Antibiotika bei Borreliose gebe, im Einzelfall sei aber die Wirksamkeit festgestellt, es bestehe die begründete Aussicht auf einen Behandlungserfolg. Die bisherige Behandlung erscheine geboten und nachvollziehbar. Auch Dr. T. hat in seinem Gutachten vom 16.10.2014 ausgeführt, die Behandlung sei sinnvoll und die Verbesserung der Symptome könne als Indiz für die Richtigkeit des Therapieschemas angesehen werden. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 16.12.2014 hat er ausgeführt, dass der Off-Label-Use der Medikamente nicht durch Phase III-Studien abgedeckt sei, auch nicht durch überwiegende Konsensusmeinungen.
Mit Urteil vom 18.03.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Erstattung der Kosten für die Behandlung im B.-Zentrum A. komme schon deshalb nicht in Betracht, weil dieses keine Zulassung nach § 108 Nr 1 bis 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) besitze. Das Wahlrecht eines Versicherten bei der Krankenbehandlung beschränke sich auf zur Versorgung der Versicherten zugelassene Ärzte und Krankenhäuser und umfasse nicht die Behandlung in Privatkliniken. Anhaltspunkte für eine Versorgungslücke seien nicht gegeben. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten sowie weitere Kostenübernahme für die Behandlung mit den Arzneimitteln der Wirkstoffgruppen Metronidazol, Hydroxychloroquin und Clarithromycin. Soweit die Behandlung mit weiteren Wirkstoffen begehrt werde, sei die Klage bereits unzulässig, denn die Kostenübernahme für die Behandlung mit diesen Arzneimitteln sei weder Gegenstand des Antrags an die Beklagte gewesen, noch habe die Beklagte hierüber entschieden, sodass es an der Durchführung eines Vorverfahrens fehle. Der Erstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V reiche nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Voraussetzung sei, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehöre, welche die Krankenkassen allgemein als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hätten. Die Wirkstoffe Hydroxychloroquin, Clarithromycin und Metronidazol seien zur Behandlung verschiedener Krankheitsbilder, aber nicht der Borreliose zugelassen. Es handele sich um einen Einsatz der Arzneimittel außerhalb des Anwendungsgebietes der Zulassung (sogenannter Off-Label-Use). Die Klägerin leide nach den eingeholten Gutachten unter einer chronischen Borreliose im Stadium III. Hierbei handele es sich auch um eine die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Krankheit, insbesondere habe die muskuläre Mitbeteiligung der Oberschenkel in der Vergangenheit zu einer Rollstuhlpflichtigkeit geführt, die aktuell behoben sei. Es fehle jedoch an der erforderlichen Erfolgsaussicht der Therapie mit den gewünschten Arzneimitteln. Eine solche sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nur dann anzunehmen, wenn Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten ließen, dass das Arzneimittel alsbald für die betreffende Indikation zugelassen werden könne. Der während und außerhalb eines Zulassungsverfahrens zu erbringende wissenschaftliche Nachweis müsse durch Studien erbracht werden, welche die an eine Phase III-Studie zu stellenden qualitativen Anforderungen erfüllten (unter Hinweis auf BSG 30.06.2009 - B 1 KR 5/09 R und 08.11.2011 - B 1 KR 19/10 R). Dies sei vorliegend für sämtliche streitgegenständliche Wirkstoffe zu verneinen. Dies entnehme das SG der ergänzenden Stellungnahme des Dr. T. zu seinem Gutachten. Auch Prof. Dr. R. habe ausgeführt, dass die streitgegenständlichen Antibiotika bisher nicht in kontrollierten, doppelblinden Studien bezüglich ihrer Wirksamkeit gegenüber Borrelien im Vergleich mit einer Placebo-Therapie überprüft worden seien. Auch der Gutachter Dr. B. habe die Notwendigkeit des Off-Label-Use der gewünschten Medikamente nicht plausibel zu begründen vermocht, er berufe sich lediglich auf die in der Vergangenheit erzielten Behandlungserfolge. Die erforderlichen positiven Forschungsergebnisse existierten nach alledem vorliegend nicht. Einzelne Publikationen, die eine Effizienz der antibiotischen Langzeitbehandlung bei der Borreliose nahe legten sowie ein Therapieerfolg im Einzelfall genügten den qualitativen Anforderungen an den erforderlichen Wirksamkeitsnachweis nicht. Eine Verordnungsfähigkeit der Wirkstoffe Hydroxychloroquin, Clarithromycin und Metronidazol komme auch nicht im Rahmen eines Seltenheitsfalles in Betracht. Eine chronische Borreliose Grad III stelle keinen Seltenheitsfall dar. Die beauftragten Gutachter hätten bestätigt, dass es sich bei der Borreliose, eine durch Zecken übertragene Infektionskrankheit, um ein hinreichend erforschtes Krankheitsbild handele. Ein Anspruch lasse sich auch nicht aus den vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entwickelten und in § 2 Abs 1a SGB V normierten besonderen Anforderungen an das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung bei einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung herleiten. Diese Grundsätze würden sinngemäß auch für die Versorgung von Arzneimitteln gelten. In einer entsprechenden notstandsähnlichen Lage befinde sich die Klägerin nicht. Ihr Gesundheitszustand sei stabilisiert, die muskuläre Beteiligung der Oberschenkel, die zeitweise zu Rollstuhlpflichtigkeit geführt habe, sei deutlich gebessert. Die Hautmitbeteiligungen seien derzeit nicht mehr erkennbar, auch eine Beteiligung des zentralen Nervensystems sei nicht erkennbar. Nach Ausführung sämtlicher Gutachter bestehe daher weder eine Todesgefahr noch drohe der Verlust eines Sinnesorgans oder einer wichtigen Körperfunktion.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 07.05.2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 29.05.2015 eingelegte Berufung der Klägerin. Die Ablehnung einer kostengünstigen und auch von den schulmedizinischen Gutachtern als tauglich eingestuften Therapie sei ein völlig unsinniges Ergebnis und würde zum Einsatz teurerer und für die Klägerin nach aller Erfahrung nicht geeigneter Behandlungen führen. Die Rechtsprechung des BSG, die zumindest auch zum Ziel habe, die Kostentragungspflicht der Krankenkassen auf ein vertretbares bzw finanzierbares Maß zu begrenzen, würde in diesem Fall ad absurdum geführt. Nach den gängigen Leitlinien sei eine Borreliose mit einer zwei- bis vierwöchigen Antibiose ausreichend therapiert, in den meisten Fällen könne eine Heilung erzielt werden. Danach würden körperliche Beschwerden regelmäßig mit einer Schmerztherapie oder mit psychosomatischen Behandlung und Rehabilitationsmaßnahmen behandelt. Die Kosten für derartige Behandlungen wären weitaus teurer als die durchgeführte Dauerantibiose. Hinzu komme, dass die anerkannten schulmedizinischen Behandlungen nicht zu einer Heilung oder auch nur Rückläufigkeit der Beschwerden führten, da es sich um eine chronische aktive Infektion handle. Die von der Klägerin als sachgerecht eingeschätzten ILADS-Leitlinien seien 2004 veröffentlich worden. Danach sei in Fällen wie bei der Klägerin eine Behandlung mit Antibiose angezeigt. Die Wirksamkeit der Off-Label-Use Medikamente sei mit Studien an Borrelien nachgewiesen worden. Kontrollierte klinische Studien an chronisch erkrankten Borreliose Patienten im Stadium III seien nach Ansicht der Klägerin bereits aus ethischen Gründen nicht durchführbar. Andere alternative Therapien wie zum Beispiel eine vierwöchige Druckkammertherapie seien effektiv, aber kostenaufwendig. Eine solche Behandlung reklamiere die Klägerin hier nicht, ebenso wie sie auch auf die weitere Geltendmachung der Kosten für die Behandlung im B.-Zentrum A. verzichte. Es gehe lediglich um die Erstattung von Kosten für die Antibiose. Die wesentliche Besserung des Gesundheitszustands der Klägerin durch die streitgegenständliche Behandlung sei auch durch die vorliegenden Gerichtsgutachten nachgewiesen. Die Rechtsprechung des BSG zur Erstattungsfähigkeit von Off-Label-Behandlungen bedürfe in Fällen wie dem Vorliegenden (schulmedizinisch gutachterlich anerkannte Wirksamkeit einer kostengünstigen Alternativbehandlung) einer Überprüfung bzw Ergänzung. Zusätzlich hat die Klägerin die Veröffentlichung "Langzeitbehandlung mit Antiinfektiva bei persistierender Borreliose mit Borrelien-DNA-Nachweis durch PCR von H./K. vorgelegt. Des Weiteren hat sie weitere Belege zur Aktualisierung der Erstattungsforderung vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18.03.2015 und den Bescheid der Beklagten vom 14.05.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.02.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Kosten für die Arzneimittelbehandlung in Höhe von 9.021,19 EUR zu erstatten und die Kosten für zukünftige Behandlungen mit den Arzneimitteln der Wirkstoffgruppen Metronidazol, Clarithromycin und Hydroxychloroquin gemäß ärztlicher Verordnung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Argumentation, dass möglicherweise viel kostenintensivere (Folge)Therapien vermieden werden könnten, laufe ins Leere. Hypothetisch entstehende Kosten dürften auf die Leistungsentscheidung der Beklagten keine Auswirkungen haben.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge, die Verwaltungsakten der Beklagten und die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat nach §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG) und damit zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 14.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.02.2009 ist rechtmäßig.
Streitig ist allein noch die Erstattung der verauslagten Medikamente in Höhe von 9.021,19 EUR sowie die künftige Versorgung mit den Arzneimitteln der Wirkstoffgruppe Metronidazol, Clarithromycin und Hydroxychloroquin zur Behandlung der bestehenden Borreliose Stadium III. Hierauf hat die Klägerin keinen Anspruch. Die Erstattung der Kosten für die Behandlung im B.-Zentrum A. verfolgt die Klägerin mit der Berufung ausdrücklich nicht mehr. Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist mit dem Berufungsverfahren gestellten Antrag zulässig. Der Zulässigkeit der allgemeinen Leistungsklage für die Zukunft steht nicht entgegen, dass die Beklagte über die Leistungsansprüche grundsätzlich durch Verwaltungsakt zu entscheiden hat. Verwaltungsentscheidungen zu Leistungsansprüchen für die Zukunft kann es naturgemäß noch nicht geben (vgl BSG 10.11.2005, B 3 KR 38/04 R, SozR 4-2500 § 37 Nr 6). Der Antrag auf Verurteilung zur künftigen Gewährung der genannten Medikamente ist sachdienlich (§ 106 Abs 1 SGG) und genügt dem Erfordernis der Bestimmtheit. Zwar muss die Leistungspflicht eines Sozialversicherungsträgers soweit wie möglich konkretisiert werden, um den Streitgegenstand zu kennzeichnen und die Zwangsvollstreckung zu ermöglichen bzw. zu erleichtern (vgl BSG 30.04.1986, 2 RU 15/85, BSGE 60, 87, 90 = SozR 1200 § 53 Nr 6). Von diesem Grundsatz kann jedoch im Einzelfall abgewichen werden, wenn eine nähere Konkretisierung entweder objektiv unmöglich ist oder wenn sich die Beteiligten nur über die Leistungspflicht dem Grunde nach streiten, jedoch kein Streit über die Einzelheiten der zu erbringenden Leistung besteht (BSG 17.01.1996, 3 RK 39/94, BSGE 77, 209 = SozR 3-2500 § 33 Nr 19). So liegt der Fall hier.
Als Anspruchsgrundlage für den Kostenerstattungsantrag kommt allein § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V in Betracht, da die Klägerin keine Kostenerstattung nach § 13 Abs 2 SGB V gewählt hatte. Danach sind die Kosten in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Alt 1) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (Alt 2) und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V gibt demnach einen Kostenerstattungsanspruch für den Fall, dass der Versicherte wegen eines Systemversagens gezwungen ist, sich eine Behandlung, die ihm die Krankenkasse an sich als Sachleistung schuldet, außerhalb des für Sachleistungen vorgesehenen Weges selbst zu beschaffen. Der Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (BSG 28.02.2008, B 1 KR 16/07 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 9 ständige Rechtsprechung). Das ist hier nicht der Fall, weshalb weder der Kostenerstattungsanspruch noch der Anspruch auf Gewährung der Medikamente als Sachleistung in der Zukunft besteht.
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherten Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB V u.a. die Versorgung mit Arzneimitteln. Die Arzneimittel Metronidazol, Clarithromycin und Hydroxychloroquin sind mangels Arzneimittelzulassung für die bei der Klägerin vorliegende Borreliose Stadium III nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähig. Es besteht auch kein Anspruch auf eine Versorgung nach den Grundsätzen des Off-Label-Use, der grundrechtsorientierten Leistungsgewährung oder des Seltenheitsfalles.
Die Klägerin kann von der Beklagten die Versorgung mit Metronidazol, Clarithromycin oder Hydroxychloroquin nach den allgemeinen Grundsätzen nicht verlangen. Versicherte können Versorgung mit vertragsärztlich verordneten Fertigarzneimitteln zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich nur beanspruchen, wenn eine arzneimittelrechtliche Zulassung für das Indikationsgebiet besteht, in dem sie angewendet werden sollen. Fertigarzneimittel sind mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs 1 Satz 3, § 12 Abs 1 SGB V) dagegen nicht von der Leistungspflicht nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 2 und 3, § 31 Abs 1 Satz 1 SGB V umfasst, wenn ihnen die erforderliche arzneimittelrechtliche Zulassung nach § 21 Abs. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) fehlt (BSG 04.04.2006, B 1 KR 12/04 R, BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7 - ständige Rechtsprechung). Metronidazol, Clarithromycin und Hydroxychloroquin sind zulassungspflichtig und weder in Deutschland noch EU-weit als Arzneimittel für die Indikation Borreliose Stadium III oder ein übergeordnetes Indikationsgebiet zugelassen, das die genannte Erkrankung mit umfasst. Nach den Ausführungen von Dr. B. im MDK-Gutachten vom 17.09.2008 ist Hydroxychloroquin nur zugelassen zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis, des systemischen Lupus erythematodes und zur Malariaprophylaxe. Metronidazol ist nur für die Anwendungsgebiete der Aminkolpitis, der Trichomoniasis sowie für Infektionen mit Beteiligung von anaeroben Keimen im Bereich des weiblichen Genitale, des Magen-Darm-Trakts, des HNO-, Zahn- und Kieferbereichs zugelassen. Das Antibiotikum Clarithromycin, ein Makrolidantibiotikum, ist ebenfalls nicht zur Behandlung der Borreliose zugelassen. Diese Ausführungen des MDK macht der Senat zur Grundlage seiner Entscheidung. Im Übrigen gehen auch die gerichtlichen Sachverständigen und der behandelnde Arzt Dr. K. übereinstimmend und selbstverständlich davon aus, dass die Medikamente indikationsüberschreitend im Off-Label-Use angewendet werden.
Die Voraussetzungen für einen Off-Label-Use sind nicht erfüllt. Dieser kommt nach ständiger Rechtsprechung des BSG nur in Betracht, wenn es 1. um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, wenn 2. keine andere Therapie verfügbar ist und wenn 3. auf Grund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann (BSG 03.07.2012, B 1 KR 25/11 R, BSGE 11, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22).
Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, fehlt es vorliegend an einer auf Grund der Datenlage begründeten Erfolgsaussicht. Von hinreichenden Erfolgsaussichten ist nur dann auszugehen, wenn Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das betroffene Arzneimittel für die relevante Indikation zugelassen werden kann. Es müssen also Erkenntnisse in der Qualität einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht sein und einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen (BSG 03.07.2012, a.a.O.). Es reicht nicht aus, dass die Behandlung im Einzelfall tatsächlich wirksam ist. Die Gutachter des MDK sowie die gerichtlichen Sachverständigen Dr. T. und Prof. Dr. R. haben für den Senat nachvollziehbar dargelegt, dass keine randomisiert-kontrollierten klinischen Studien bezüglich der Wirksamkeit der Langzeitantibiose mit den genannten Arzneimitteln bei Borreliose Stadium III vorliegen. Die von der Klägerin genannten Fallberichte, Fallserien, kleineren epidemiologischen Untersuchungen oder Übersichtsarbeiten stellen nur einen orientierenden Anhalt dar, sie reichen für eine auf Grund der Datenlage begründende Erfolgsaussicht nicht aus.
Von der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Off-Label-Use ist nicht deshalb abzuweichen, weil die begehrte Arzneimittelbehandlung ggf kostengünstiger ist als die ansonsten zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten. Eine Kostenersparnis ist insoweit nicht ersichtlich, da das Wirtschaftlichkeitsverbot keinen Vergleich mit Leistungen zulässt, die außerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden.
Die Klägerin kann die begehrten Arzneimittel auch nicht nach den Grundsätzen einer grundrechtsorientierten Leistungsauslegung verlangen. Wie das BVerfG kürzlich klargestellt hat, ist ein verfassungsunmittelbarer Leistungsanspruch ganz eng auf extreme Situationen einer krankheitsbedingten Lebensgefahr beschränkt (BVerfG 10.11.2015, 1 BvR 2056/12, juris). Eine derartige Lebensgefahr besteht bei der Klägerin angesichts der vorliegenden Erkrankung Borreliose Grad III ersichtlich nicht. Aber auch die Voraussetzungen der vom BSG in seiner Rechtsprechung vorgenommene Erweiterung auf wertungsmäßig vergleichbare Erkrankungen in notstandsähnlichen Situationen (vgl BSG 14.12.2006 – B 1 KR 12/06 – SozR 4-2500 §&8201;31 Nr&8201;8 Rn&8201;20; BSG 5.5.2009 – B 1 KR 15/08 R – SozR 4-2500 §&8201;27 Nr&8201;16 = NJOZ 2009, 3296 mwN) sind nicht erfüllt. Es droht weder der Verlust eines Sinnesorgans, noch einer wichtigen Körperfunktion. Seit 2010 ist der Gesundheitszustand der Klägerin zudem auch nach deren eigenen Ausführungen im Erörterungstermin am 12.01.2016 deutlich gebessert und stabilisiert, so dass monatelang überhaupt keine Behandlungsbedürftigkeit besteht. Bestätigt wird dies auch durch die Höhe der von der Klägerin verauslagten Behandlungskosten, die in den letzten Jahren deutlich rückläufig sind.
Auch nach den Grundsätzen eines Seltenheitsfalles kann die Klägerin die geltend gemachte Versorgung mit Arzneimitteln nicht beanspruchen. Ein Seltenheitsfall erfordert, dass das festgestellte Krankheitsbild auf Grund seiner Singularität medizinisch nicht erforschbar ist (BSG 08.11.2011, B 1 KR 20/10 R, BSGE 109, 218 = SozR 4-2500 § 31 Nr. 20). Dies ist bei der Borreliose ersichtlich nicht der Fall. Selbst der nach § 109 SGG gehörte Gutachter Dr. B. bestätigt in seinem Gutachten, dass es sich bei der Borreliose um eine hinreichend erforschte Infektionskrankheit handelt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen angesichts der gefestigten Rechtsprechung zum Off-Label-Use nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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