L 8 SF 128/12 EK

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 18 Kr 593/93
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 SF 128/12 EK
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zur Entschädigung eines Überlangen Verfahrens der Kostenfestsetzung genügt es, wenn das Verfahren der Hauptsache zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des ÜGG noch anhängig ist.
2. Verfahren der Kostenfestsetzung rechtfertigen im Regelfall keine Entschädigung. Eine Feststellung der Überlänge genügt.
3. Eine Entschädigung hat wegen der Verzinsung der Kostenfestsetzung zu erfolgen, die bei zunehmender Dauer des Verfahrens anwächst.
I. Der Beklagte hat 157,71 EUR als materiellen Schaden an den Kläger zu zahlen. Der Anspruch ist ab 1. Juni 2012 mit 5 % Punkte über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

II. Es wird festgestellt, dass die Dauer des Kostenfestsetzungsverfahren vor dem Sozialgericht München mit dem Aktenzeichen S 18 KR 593/93 unangemessen war.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Der Kläger trägt 13/20 der Kosten des Verfahrens, der Beklagte 7/20.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt erstinstanzlich beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) vom beklagten Freistaat (vertreten durch das Landesamt der Finanzen) Schadensersatz wegen eines überlangen Verfahrens der Kostenfestsetzung.

Dem Verfahren auf Kostenfestsetzung ist ein Hauptsacheverfahren mit einer Klage (S 18 Kr 593/93) aus dem Jahre 1989 vorausgegangen, mit welchem Beiträge zur privaten Krankenversicherung beantragt worden sind. Der Rechtsweg war gegeben, weil der Anspruch seinen Rechtsgrund in Vorschriften des SGB hatte (§ 257 Abs. 2 SGB V, § 405 RVO). Die anschließende Berufung endete mit Urteil vom 20. Oktober 2005. Eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BSG blieb erfolglos ((Beschluss vom 31.07.2007, Az: B 12 KR 83/06 B); ebenso eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 8. Oktober 2008). Im Ergebnis ist der beklagte Arbeitgeber verurteilt worden, dem Kläger für den Monat Juli 1988 eine Krankenversicherungszuschuss von 47,06 EUR zuzüglich 4 % Zinsen ab 15. August 1988 zu bezahlen. Im Übrigen erfolgte Klageabweisung mit entsprechender Kostenfolge für die außergerichtlichen Kosten.

Der Prozessbevollmächtigte des Arbeitgebers, Rechtsanwalt A. von H, beantragte am 16.01.2006 in dem später gerügten Kostenfestsetzungsverfahren die Festsetzung von zunächst 510,40 EUR und später dann in Erweiterung wegen der Kosten bei dem BSG weitere 100,62 EUR. Auch dieses Verfahren wurde (als Beiakte) unter dem Aktenzeichen S 18 Kr 593/93 geführt. Der Kläger hatte das Fehlen einer wirksamen Prozessvollmacht vorgebracht. Die Partei sei dem amerikanischen Recht unterworfen und dort trage die obsiegende Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Auch die Forderung der Mehrwertsteuer ist in Zweifel gezogen worden, weil es sich um einen amerikanischen Auftraggeber gehandelt habe. Dieses Vorbringen ist später nochmals wiederholt worden (Schriftsatz vom 12.8.2010 des Rechtsanwalts F.).

Am 18.07.2007 wies der Kläger das SG darauf hin, dass das Kostenfestsetzungsverfahren bereits mehr als ein Jahr und sechs Monaten andauere. Gegen diese lange Verfahrensdauer bestünden erhebliche Bedenken, weil das Menschenrecht auf angemessene Verfahrensdauer aus Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) nach der Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs (EGMR) auch im Kostenfestsetzungsverfahren zu verwirklichen sei. Vom SG wurde dem Kläger mitgeteilt, dass unter dem Aktenzeichen S 18 Kr 593/93 kein Vorgang feststellbar sei.

Am 2.8.2010 erinnerte Rechtsanwalt von H. an die Kostenfestsetzung. In diesem Zusammenhang ist entdeckt worden, dass nach Versetzung des den Antrag bearbeitenden Urkundsbeamten die Akte versehentlich weggelegt worden war. Aus dem Verfahren L 4 KR 2/03 wurde ein Schriftsatz an den EGMR vom 5.5.2010 unter dem Aktenzeichen 23056/09 bekannt. Darin ist auf Seite 3 (B.h) unter anderem ausgeführt, dass mit einem Schriftsatz vom 18.7.2007 der Beschwerdeführer die Verletzung seines Rechts auf angemessene Verfahrensdauer im Kostenfestsetzungsverfahren gerügt habe. Auf eine Anlage 4 wurde Bezug genommen. Das Sozialgericht sei bislang untätig gewesen.

Mit Beschluss vom 12. Oktober 2010 erfolgte dann die Kostenfestsetzung auf 540,62 EUR für den gesamten Rechtsweg, auch für die Verfahren beim Bayer. Landessozialgericht und wegen des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht. Zusätzlich war Verzinsung angeordnet (5% über dem Basiszinssatz ab 16.1.2006 bzw. ab 22.8.2007).

Die hiergegen gerichtete Erinnerung (Aktenzeichen: S 18 SF 908/10 E) wurde mit Beschluss vom 11. Januar 2011 zurückgewiesen. Beschwerde wurde zwar am 26.1.2011 beim SG eingelegt, jedoch am 27.1.2011 zurückgenommen.

Wegen des Verfahrens um den Krankenversicherungszuschuss (Aktenzeichen S 18 Kr 593/93) betrieb der Kläger ein Verfahren beim EGMR. Die Beschwerdeschrift hierzu ist beim EGMR unter der Nummer 23056/09 am 22.4.2009 eingetragen. Gegenstand dieses Verfahrens, Nr. 23056/09, das am 10. Juli 2012 mit Beschluss als unzulässig zurückgewiesen wurde, war die Überlänge des Verfahrens S 18 Kr 593/93 nebst Berufungsverfahren mit Urteil vom 20. Oktober 2005, Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss des BSG vom 31.7.2007 sowie der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsbeschwerde vom 8. Oktober 2008.

Der Kläger hat am 01.06.2012 (Eingang) beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) Klage gegen den Freistaat Bayern auf Entschädigung wegen unangemessen langer Dauer des Kostenfestsetzungsverfahrens vor dem Sozialgericht München (SG; Az. S 18 Kr 593/93) erhoben.

Der Beklagte hat in Schriftsätze vom 03.8.2012 und 21.3.2013 darauf hingewiesen, dass die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe und unstatthaft sei. Am 5.12.2013 lehnte der Senat daraufhin den Prozesskostenhilfeantrag (PKH) ab, nachdem zuvor auf Anschreiben vom 20.08.2013 und 21.10.2013 zur Stellungnahme keine Reaktion erfolgt war. Darin ist um Ergänzungen zur Zulässigkeit im Sinne von Artikel 23 ÜGG gebeten worden; insbesondere ob ein Verfahren vor dem EGMR betreffend das Verfahren der Kostenfestsetzung stattgefunden habe oder noch anhängig sei.

Am 21.5.2014 hat der Kläger - neben einem Vertagungsantrag für die mündliche Verhandlung vom 23.5.2014 - vorgebracht, dass ihm wichtige schriftliche Unterlagen nicht zugänglich gewesen seien. Deswegen habe er auf die Frage, ob beim EMGR ein Verfahren anhängig gewesen sei, unverschuldet keine Antwort geben können.

Am 21.7.2014 hat der Kläger schließlich einen weiteren Antrag auf PKH und Beiordnung des Rechtsanwalts L. gestellt, den der Senat am 19.9.2014 ablehnte. Zur Begründung des Antrags ist die Beschwerdeschrift in polnischer Sprache vorgelegt worden, mit der die Klage beim EGMR am 22.4.2009 eingetragen worden sei. Diese enthalte - so die Begründung - in Abschnitt 22 (Gesamtumfang 34 Abschnitte) die Darlegung, dass das Verfahren der Kostenfestsetzung bereits drei Jahre und drei Monate beim SG liege. In seinem Beschluss hat der Senat aber ausgeführt, dass Gegenstand des Verfahrens Nr. 23056/09 die Überlänge des Verfahrens S 18 Kr 593/93 gewesen sei aber. Das zeige die Beschreibung des Verfahrens (La procédure litigeuse) und entspreche der vom EGMR vertretenen Rechtsansicht, wonach das Kostenfestsetzungsverfahren als unselbständiger Annex des Hauptsacheverfahrens zu dessen gegebenenfalls zu entschädigender Dauer beitrage. Dieser Gegenstand ergebe sich auch aus der Teilentscheidung des EGMR vom 29. September 2009 zu Nr. 23056/09.

Am 22.1.2015 hat der Kläger einen weiteren Antrag auf PKH und Beiordnung des Rechtsanwalts L. gestellt. Am 10.2.2014 wurde auch dieser dritte Antrag abgelehnt.

Der Kläger stellt den Antrag,

den Beklagten zu verurteilen als materiellen Schaden EUR 583,14 nebst Zinsen zu zahlen und EUR 6.000,00 für immaterielle Schäden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der genannten Schriftsätze Bezug genommen sowie auf die beigezogenen Verfahrensakten S 18 KR 593/92 und S 18 SF 908/10 E.

Entscheidungsgründe:

Die Entschädigungsklage ist zum Teil erfolgreich.

A. Die Klage ist zulässig.

1. Die Vorschriften des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜGG) vom 24.11.2011 (BGBl I 2302) und damit auch die §§ 198 ff GVG finden aufgrund der Übergangsregelung des Art. 23 S 1 ÜGG auch auf bei Inkrafttreten des ÜGG am 03.12.2011 (vgl. Art 24 ÜGG) abgeschlossene Verfahren Anwendung, deren Dauer bei seinem Inkrafttreten Gegenstand von anhängigen Beschwerden beim EGMR ist (Art. 23 S. 1, 2. Alt., Variante 1 ÜGG). Zu diesen Voraussetzungen erfolgen unter 9 weitere Ausführungen.

2. Das LSG ist für die Entscheidung funktional und örtlich zuständig. In den der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesenen Angelegenheiten (vgl. § 51 SGG) ist gemäß § 201 Abs. 1 S. 1 GVG iVm § 202 S. 2 SGG für Klagen auf Entschädigung nach § 198 GVG gegen ein Land das für dieses Land örtlich zuständige Landessozialgericht (hier gem. Art. 4 Abs. 1 AGSGG Bay das Bayer. Landessozialgericht) zuständig.

3. In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit wird der Freistaat Bayern unbeschadet der §§ 7a bis 12 der Vertretungsverordnung durch das Landesamt für Finanzen - Dienststelle A-Stadt - als allgemeine Vertretungsbehörde vertreten (§ 7 S. 1 VertV).

4. Der Kläger war zum Zeitpunkt der Ladung zur und der mündlichen Verhandlung vom 16.12.2015 nicht mehr durch Rechtsanwalt L. vertreten. Eine Prozessvollmacht erlischt durch Widerruf des Vollmachtgebers, der auch durch schlüssige Handlungen erfolgen kann (§§ 168 S 3, 167 Abs. 1 BGB; Vollkommer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Aufl. 2016, § 86 ZPO, Rn. 2). Dies ergibt eine Auslegung der Schriftsätze und des Verhaltens des Klägers. Nach Verlegung zweier Verhandlungen und einer dritten Ladung an den Bevollmächtigten zur mündlichen Verhandlung ist am 27.8.2015 ein Schriftsatz eingegangen, in dem der Kläger unmittelbar mitteilte, dass Rechtsanwalt L. seine berufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt vor einigen Wochen eingestellt habe und um Verlegung des Termins gebeten werde. In einem späteren Schreiben vom 27.11.2015 erläuterte der Kläger dann, dass Rechtsanwalt L. ihm dies so erklärt habe. Mit weiterem Schreiben des Klägers vom 3.11.2015 wurde (im Anlageschreiben) von einem anderen Rechtsanwalt mitgeteilt, dass Rechtsanwalt L. dauerhaft in Spanien lebe und gebeten habe, etwa eingehende Post als Zustellungsbevollmächtigter entgegenzunehmen. Mit einem Schreiben vom 27.10.2015 erklärte der Kläger, er könne sich keinen anderen Rechtsanwalt nehmen, weil er kein Geld dazu habe. Vorausgegangen waren die konkrete Frage des Gerichts, ob Rechtsanwalt L. den Kläger noch vertrete, und ein schriftlicher Hinweis des Senats vom 30.1.2015 an den Kläger, dass er seine Vertretung selbst sicherzustellen habe.

5. Die beziffert erhobene Klage ist gemäß § 54 Abs. 5 als allgemeine Leistungsklage zulässig. Insoweit kann die Verurteilung zur Zahlung eines bestimmten Betrages oder zur Leistung dem Grunde nach verlangt werden (vergleiche Böttiger in: Breitkreuz/Fichte, SGG Kommentar § 54).

6. Nach Art. 23 S. 6 ÜGG konnte die Klage nach § 198 Abs. 1 GVG zur Durchsetzung eines Anspruchs bei abgeschlossenen Verfahren in "Altfällen", bei Inkrafttreten des ÜGG nicht mehr anhängigen Gerichtsverfahren, sofort erhoben werden, sie musste jedoch spätestens am 3.6.2012 erhoben werden. Diese Frist hat der Kläger mit seiner am 1.6.2012 erhobenen Klage gewahrt.

7. Die Klage ist zulässigerweise auch auf Entschädigung wegen eines Verfahrens der Kostenfestsetzung gerichtet. Gerichtsverfahren i. S. d. Regelungen in §§ 198 ff. GVG ist jedes gerichtliche Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss, § 198 Abs. 6 GVG. Umfasst sind dabei u.a. namentlich die Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Unter dem Regime der Neuregelungen stehen aber auch Verfahren über Kostengrund- oder Kostenfestsetzungsanträge (Schafhausen/Plagemann, Münchener Anwaltshandbuch Sozialrecht, 4. Auflage 2013, § 43 Klage und Berufung; so auch Steinbeiß-Winkelmann/Ott: Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren § 198 Rn 54, Schreiber in: Breitkreuz/Fichte, SGG, § 202, Rn 12). Ein Kostenfestsetzungs- und anschließendes Erinnerungsverfahren ist nur noch nach einer Mindermeinung (LSG Niedersachsen-Bremen, 6.3.2013, L 15 SF 4/12 EK AS) kein entschädigungspflichtiges Gerichtsverfahren iS des § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG gewesen. Völlige Rechtsklarheit darüber hat das Urteil des BSG vom 10.7.2014 geschaffen. Danach besteht kein Zweifel mehr an der Anwendbarkeit des ÜGG auch auf Verfahren der Kostenfestsetzung (BSG vom 10.7.2014, Az: B 10 ÜG 8/13 R).

8. Nach § 198 Abs. 6 Nr. 2 GVG hat der Kläger die Aktivlegitimation, eine Entschädigungsklage zu betreiben (hierzu BT-Drucks 17/3802, S 23). Danach ist Verfahrensbeteiligter iS von § 198 GVG jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens. Insofern weist das Kostenfestsetzungsverfahren im Sinne von § 197 SGG zwar die Besonderheit auf, dass die Parteien des vorangegangenen Hauptsacheverfahrens, sowie auch deren Bevollmächtigte antragsberechtigt sind (vgl. dazu Münker in Hauck/Behrend, SGG, § 197 RdNr 4, Stand Einzelkommentierung Dezember 2011). Der Kläger war Partei in der Hauptsache und jetzt Kostenschuldner des Bevollmächtigten des ehemaligen Prozessgegners und damit Beteiligter eines Gerichtsverfahrens. Denn die Zivilprozessordnung (§ 104 ZPO) wie auch § 197 SGG eröffnet dem Kostengläubiger einen Weg, seinen prozessualen Kostenerstattungsanspruch aus der Kostengrundentscheidung betragsmäßig in einem vollstreckbaren Titel festsetzen zu lassen. Vor der Entscheidung hat aus dem rechtsstaatlichen Grundsatz eines fairen Verfahrens der Rechtspfleger/Urkundsbeamte der Geschäftsstelle dem Antragsgegner rechtliches Gehör zu gewähren. Deshalb ist diesem eine Mehrfertigung des Kostenfestsetzungsantrags samt Kostenrechnung zu übersenden und Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Kläger ist demzufolge nicht unmittelbar Beteiligter des Kostenfestsetzungsverfahrens. Er ist aber zu hören und der Beschluss ist ihm im Erfolgsfalle zuzustellen.

9. Bei Inkrafttreten des ÜGG am 3.12.2011 war das Verfahren der Kostenfestsetzung nicht mehr bei deutschen Gerichten anhängig. Die Kostenfestsetzung war mit Beschluss vom 12. Oktober 2010, die Erinnerung, S 18 SF 908/10 E, mit Beschluss vom 11. Januar 2011 erledigt. Eine Beschwerde an das LSG gegen die Entscheidung des SG über die Erinnerung ist nämlich nicht statthaft (§ 197 Abs. 2 SGG), die Entscheidung des SG im Erinnerungsverfahren ist unanfechtbar (vgl. Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 18.06.2007, L 18 B 732/07 AS; LSG Saarl BeckRS 2009 51845; LSG LSA BeckRS 2011, 70578 mwN; SächsLSG NZS 2013, 880; aA: LSG MV BeckRS 2009, 53753). Die am 26.1.2011 gleichwohl eingelegte Beschwerde wurde zudem am 27.1.2011 zurückgenommen.

So bestehen die beiden Möglichkeiten nach dem Übergangsrecht nicht, die sich auf bei deutschen Gerichten bereits anhängige Verfahren beziehen (Art. 23 S. 1, 1. Alt. ÜGG) bzw. die noch Gegenstand einer Beschwerde beim EGMR werden können (Art. 23 S. 1, 1. Alt., Variante 2, ÜGG). Gemäß Artikel 35 EMRK besteht binnen 6 Monaten Gelegenheit, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anzurufen. Diese Möglichkeit war schon nach dem 13.7.2011 (Zustellung des Beschlusses vom 11.1.2011 über die Erinnerung am 12.1.2011) nicht mehr gegeben.

Nach Ansicht des Senats handelt es sich hier aber um einen Übergangsfall eines abgeschlossenen Verfahrens, dessen Dauer bei Inkrafttreten des ÜGG Gegenstand einer anhängigen Beschwerde beim EGMR war (Art. 23 S. 1, 2. Alt., Variante 1, ÜGG).

Dem liegen folgende Erwägungen zu Grunde:

Die Überlänge des Verfahrens der Kostenfestsetzung war - aus der Sicht Entschädigungsklagen nach deutschem Recht gem. § 198 Abs. 6 Nr.1 GVG - nicht unmittelbar Gegenstand des Verfahrens mit der Nr. 23056/09, das wegen der Überlänge eines Erkenntnisverfahrens eingeleitet war. In der Beschwerdeschrift in polnischer Sprache vom 20.4.2009 wird zwar im 22. Absatz (Gesamtumfang 34 Absätze) bemängelt, dass das Verfahren der Kostenfestsetzung bereits drei Jahre und drei Monate beim SG liege. In der Teilentscheidung des EGMR vom 29. September 2009 ist aber nur ein Urteil wegen der Überlänge S 18 Kr 593/93 bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde vom 8. Oktober 2008 zurückgestellt worden (ajourne l examen des griefs du requéranttirés de la durée de la procédure et de l absence d un recours effectif à cet égard, zit nach HUDOC). Die Beschreibung des Verfahrens (La procédure litigeuse = das in Rede stehende Verfahren) zeigt, dass die Kostenfestsetzung nicht eigenständiger Gegenstand des Verfahrens war. Dies entspricht auch der vom EGMR vertretenen Rechtsansicht, wonach ein Kostenfestsetzungsverfahren als unselbständiger Annex des Hauptsacheverfahrens zu dessen gegebenenfalls zu entschädigender Dauer beiträgt. Auch aus einem anderen Grund - wegen der zeitlichen Abfolge - hätte das Verfahren der Kostenfestsetzung zulässigerweise nicht beim EGMR anhängig gewesen sein können. Die Beschwerdeschrift unter der Nummer 23056/09 wurde am 22.4.2009 eingetragen. Die Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht ist schon mit Beschluss vom 31.7.2007, Az: B 12 KR 83/06 B zurückgewiesen worden, die Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht am 8.10.2008. Unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten (Art. 35 EMRK) bezog sich damit die Beschwerde beim EMRG vom 20.4.2009 auf das Verfahren wegen des Zuschusses zur Krankenversicherung. Das Verfahren wegen der Kostenfestsetzung war damals noch nicht abgeschlossen, sondern erst nach Erledigung der Erinnerung am 11.1.2011. Gem. Artikel 35 Abs. 1 EMRK kann sich der Gerichtshof mit einer Angelegenheit aber erst nach Erschöpfung aller innerstaatlichen Rechtsbehelfe und nur innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der endgültigen innerstaatlichen Entscheidung befassen.

Wie schon angeführt, sieht die Regelung des deutschen Gesetzgebers gemäß § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG eine getrennte Geltendmachung von Verfahrensarten (der Hauptsache und damit zusammenhängender Verfahren der Kostenfestsetzung) vor. Nach der Verfahrensordnung für den EMRG ist ein präziser Begriff des Streitgegenstandes und von Klageänderungen nicht vorhanden. Es fehlen Regeln wie in § 198 Abs. 6 GVG zur Definition von Gerichtsverfahren, deren Dauer zur Entschädigung führen können. Allerdings hat die Spruchtätigkeit des EGMR hinsichtlich des Rechts auf zügiges Verfahren einen sehr weit gezogen Begriff der Verfahrensdauer entwickelt, soweit es die Rechtsfolge der Entschädigung selbst betrifft (vgl. EGMR vom 10.11.2005 - 40324/98 = NJW 2006, 2241-2246 sowie vom 4.2.2010 - 13791/06, Individualbeschwerde Nr. 37264/06). Insoweit hat der Gerichtshof wiederholt auf den Schutzbereich des Art 6 EMRK hingewiesen, dass alle Verfahrensabschnitte bei Streitigkeiten über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen, einschließlich Verfahrensabschnitten, die dem Urteil in der Hauptsache zeitlich nachfolgen, innerhalb angemessener Frist verhandelt werden müssten (siehe u.a. Macková./. Slowakei , Individualbeschwerde Nr. 51543/99, Rdnr. 55, 29. März 2005, und Robins./. das Vereinigte Königreich, 23. September 1997, Rdnr. 28, Urteils- und Entscheidungssammlung 1997-V). Deshalb müssten das nachfolgende Kostenfestsetzungsverfahren, das Verfahren hinsichtlich der Gerichtsgebühren im Kostenfestsetzungsverfahren und das Vollstreckungsverfahren zu dem zu berücksichtigenden Zeitraum gerechnet werden.

In europarechtsfreundlicher Auslegung und unter Annahme einer Möglichkeit der Klageänderung ist der Senat jetzt der Ansicht, dass das Kostenfestsetzungsverfahren ein zu berücksichtigender Teil des Klageverfahrens beim EGMR Nr. 23056/09 gewesen war. Das nationale Recht beinhaltet für das Kostenfestsetzungsverfahren zwar eine eigenständige, von der EMRK unabhängige Regelung. Es geht von einer eigenständigen verfahrensrechtlichen Bedeutung des Verfahrens der Kostenfestsetzung aus (§ 198 Nr. 1 GVG). Zur Wahrung der Übergangsvorschrift hätte der Kläger damit aber ein unzulässiges Klageverfahren beim EGMR wegen eines Teiles des Verfahrens (Kostenfestsetzung) ab Januar 2011 anhängig machen müssen. Nur die vom Senat eingenommene (europafreundliche) Auslegung löst die Widersprüche zwischen dem nationalen Recht und der Verfahrensordnung des EGMR auf und schließt den Kläger auch nicht vom nationalen Rechtsschutz aus (Art 19 Abs. 4 GG).

Es kann ihm - angesichts der für Zivilverfahren bzw. auch sozialgerichtliche Verfahren geltenden Dispositionsmaxime - auch nicht entgegengehalten werden, dass er seine Entschädigungsklage nicht auf den gesamten Rechtstreit S 18 Kr 593/93, sondern nur auf einen Teil desselben gerichtet hat.

B. Die damit zulässige Klage ist nur zT begründet.

1. Einer Verzögerungsrüge bedurfte es nicht. Die Verzögerungsrüge ist als materielle Voraussetzung des Entschädigungsanspruchs konzipiert und nicht als Zulässigkeitskriterium für dessen prozessuale Geltendmachung (BSG B v 27.6.2013, Aktenzeichen: B 10 ÜG 9/13 B, 27 mwN, vgl. dazu Begründung zum Gesetzentwurf BT-Drucks 17/3802 S 20, 27). Auf abgeschlossene Verfahren gemäß Art. 23 Satz 1 ist § 198 Abs. 3 und 5 des GVG nicht anzuwenden (Art. 23 S. 5 ÜGG). Dies war hier aber der Fall, nachdem bereits im Januar 2011 kein Verfahren der Kostenfestsetzung mehr anhängig war. Auch als Teil des gesamten Verfahrens S 18 Kr 593/93 gesehen gilt dies, da das genannte Verfahren im Oktober 2008 noch früher beendet war.

2. Der Klägerin steht damit ein auf § 198 GVG gestützter Anspruch dem Grunde nach zu, weil die materiell-rechtlichen Vorschriften des ÜGG als Anspruchsgrundlage für das Verfahren S 18 Kr 593/93 gelten.

Der Kläger hat infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erlitten. Für seinen materiellen Schaden ist er gemäß § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG angemessen zu entschädigen.

3. Ein Kostenfestsetzungsverfahren kann innerhalb weniger Monate beendet werden. Hier waren lediglich Rahmengebühren festzustellen und zu prüfen, ob die behauptete Vergütung angemessen war. Die Bearbeitung selbst hat tatsächlich auch nur kurze Zeit gedauert. Mit einer Dauer von Januar 2006 bis Oktober 2010, mithin über 4 Jahre, war das Verfahren der Kostenfestsetzung beim SG München offensichtlich überlang. Selbst wenn dieser Einzelfall nicht besonders bedeutend war und keine Schwierigkeit aufwies, bestand keine Veranlassung, ihn so lange zurückzustellen. Dies gilt aber nicht für das Verfahren der Erinnerung. Die am 15.11.2010 eingelegte Erinnerung wurde bereits mit Beschluss vom 11. Januar 2011 zurückgewiesen.

4. a) Der materielle Schaden des Klägers besteht nicht in der Verpflichtung, dem gegnerischen Anwalt Gebühren entrichten zu müssen. Diese Verpflichtung ergibt sich aus der Kostengrundentscheidung des Urteils im zugrundeliegenden Verfahren. Die Richtigkeit der Entscheidung in dem durch die Entschädigungsklage in Bezug genommen Verfahren wird nicht zur erneuten Entscheidung gestellt. Ebenso wenig sind Anwaltskosten für das Erinnerungsverfahren ein Schaden. Denn diese dienten nicht der Geltendmachung der Verzögerung, sondern der Abwehr gegen die Kostenfestsetzung als solcher. Als materielle Nachteile kommen nur Wertminderungen und Rechtsverluste wegen des Zeitablaufs, Kostenerhöhungen im Ausgangsverfahren auf Grund der Verzögerung und notwendige RA-Kosten für die vorprozessuale Verfolgung des Entschädigungsanspruchs in Betracht (Steinbeiß-Winkelmann/Ott Rn 146; Schenke NVwZ 2012, 257; Heine MDR 2012, 327, Lückemann in: Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Aufl. 2016, § 198 GVG, Rn. 7).

Durch die Verzögerung des Verfahrens ist aber die Zinslast höher ausgefallen, als sonst (wobei eine "normale" Bearbeitungszeit noch in Abschlag gebracht werden muss). Der geltend gemachte Betrag von 157,71 EUR entspricht der Zinslast aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss. Dort wurden ab 16.1.2006 für das Berufungsverfahren 420 EUR und für das Beschwerdeverfahren beim BSG ab 22.8.2007 ein Betrag von 100,62 EUR festgestellt.

4 b) Auf die Verzinsung der zugesprochenen Summe von 157,71 EUR besteht ein Anspruch (Urteil des BSG vom 3.9.2014, Az.: B 10 ÜG 12/13 R, Rn. 61). Entschädigungsansprüche nach § 198 GVG stehen außerhalb des Systems der sozialrechtlichen Ansprüche, für die Prozesszinsen nach Maßgabe des § 44 SGB I grundsätzlich nicht beansprucht werden können (hierzu BSGE 99, 102 = SozR 4-2500 § 19 Nr. 4, RdNr 27 ff). § 201 Abs. 2 S 1 GVG iVm § 202 SGG verweisen zwar auf das SGG, nicht hingegen auf das SGB. Die Annäherung des sozialgerichtlichen Kostenrechts an dasjenige der VwGO hat die Rechtsprechung des BSG überdies bereits in der Vergangenheit veranlasst, auch hinsichtlich der Prozesszinsen in besonderen Teilbereichen auf die Rechtsprechung des BVerwG Bezug zu nehmen (für den Bereich des Vertragsarztrechts ausdrücklich BSGE 95, 141 = SozR 4-2500 § 83 Nr. 2 RdNr 38 ff; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 94 RdNr 5a). Für den Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer ist insoweit entsprechend zu verfahren (vgl. zu den Prozesszinsen BVerwG Urteil vom 27.2.2014 - 5 C 1/13 D -, DVBl 2014, 861 Juris RdNr 46).

Die Berechnung erfolgt in entsprechender Anwendung der § 288 Abs. 1, § 291 S 1 BGB über die beantragten Prozesszinsen (5 %-Punkte über dem Basiszinssatz) ab Rechtshängigkeit (Klageerhebung, vgl. § 94 SGG).

5. Hinsichtlich des immateriellen Schadens muss sich der Kläger mit einer Feststellung begnügen.

§ 198 Abs.2 GVG normiert entsprechend der Rechtsprechung des EGMR (NJW 2007, 1259) eine widerlegbare Vermutung, dass eine überlange Verfahrensdauer bei Verfahrensbeteiligten immaterielle Nachteile bewirkt, z.B. eine über die bei einem anhängigen Prozess übliche Ungewissheit hinausgehende psychische Belastung oder eine Rufschädigung. Der Anspruch auf Rechtsschutz in angemessener Zeit soll u.a. gerade eine lange Unsicherheit des Entschädigungsklägers über seine Ansprüche und die damit verbundenen seelischen Folgen (vgl. Gesetzentwurf BT-Drucks 17/3802, S 19, Urteil des BSG vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 12/13 R -, SozR 4-1720 § 198 Nr. 4, Rn. 59) vermeiden.

Dennoch kann nach § 198 Abs.2 S 2 GVG keine Entschädigung beansprucht werden, wenn eine Wiedergutmachung auf andere Weise nach § 198 Abs. 4 GVG ausreicht.

Das hier involvierte Verfahren war ungebührlich lang und die Verfahrensdauer durch nichts zu entschuldigen. Die Kostenfestsetzung hat hier keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufgewiesen. Diese hatte sich im Wesentlichen mit Routinefragen zu beschäftigen. Das Verhalten der Beteiligten ist aber auch unter dem Blickwinkel ihrer Mitwirkungsobliegenheiten und letztlich unter dem Aspekt des verbotenen Selbstwiderspruchs (venire contra factum proprium) zu würdigen (Michael Fock, Dr. Tilman Breitkreuz, Dr. Frank Schreiber in: Breitkreuz/Fichte, SGG, § 202, Rn. 21). Der Kläger hat tatsächlich auch Mahnversuche unternommen (Schriftwechsel 2007 und 2010). Allerdings hat er aber auch nur in einem Schriftsatz an den EMRG vom 5.5.2010 und nicht an das SG das Verfahren der Kostenfestsetzung thematisiert. Denn er wiederholt die Begründung des BSG, dass Kosten die der Kläger zu tragen habe im Kostenfestsetzungsverfahren festgestellt werden würden und insoweit auch die Bevollmächtigung des Rechtsanwalts des Prozessgegners zu prüfen sei. Dieser Umstand, dass er sonst nie eine Entscheidung gefordert habe, kann dem Kläger aber in nicht entgegengehalten werden. Denn das Erfordernis der Verzögerungsrüge war damals noch nicht Gesetz. Es lässt allerdings Schlussfolgerungen auf die geringe Bedeutung der Sache zu, die der Kläger selbst der Kostenfestsetzung beigemessen hat. Wichtig war für den Kläger vielmehr ein Aspekt aus der Hauptsache, nämlich die Zulässigkeit der Bevollmächtigung des Rechtsanwalts A. von H., Wobei materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Kostenerstattungsanspruch im Verfahren der Kostenfestsetzung grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sind.

Abzustellen hat das Gericht bei der Bedeutung der Sache aber nicht nur auf die Sichtweise der Beteiligten, sondern auf die tatsächliche konkrete Bedeutung des Verfahrens in Relation zu den anderen zu bearbeitenden Rechtsschutzbegehren (Michael Fock, Dr. Tilman Breitkreuz, Dr. Frank Schreiber in: Breitkreuz/Fichte, SGG, § 202, Rn. 24).

Die Verfahrensart der Kostenfestsetzung unterscheidet sich erheblich von einem Erkenntnisverfahren. Die maßgeblichen Umstände des Rechtsverhältnisses der Beteiligten sind bereits im Verfahren der Hauptsache festgesetzt, insbesondere die Kostengrundentscheidung, die im gerichtskostenfreien Verfahren ohnehin nur Bedeutung für die außergerichtlichen Kosten hat. Es geht damit letztlich um die ohnehin dem Grunde nach zu entrichtenden Gebühren des gegnerischen Anwalts. Darüber entscheidet in einem Verfahren, ähnlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit, der Rechtspfleger bzw. im sozialgerichtlichen Verfahren der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle. Dies erfolgt auch nicht mehr im gesamten Parteiverhältnis der Hauptsache, sondern für jeden Beteiligten durch gesonderten Beschluss (vgl. § 11 RVG in der Fassung vom 30.7.2009). Während der grobe Rahmen der Gebühren in wirtschaftlicher Sicht schon mit deren Fälligkeit feststeht, geht es im Verfahren der Kostenfestsetzung lediglich noch um deren präzise Höhe. Dabei ist jede Verzögerung von Nutzen für den Kostenschuldner. Der Kläger war während der Dauer des Verfahrens vor einer Vollstreckung durch den Prozessgegner geschützt. Bei objektiver Betrachtung dürfte sich dem Urkundsbeamten die Erforderlichkeit einer baldigen Kostenfestsetzung hinsichtlich der Interessenslage des Klägers nicht aufdrängen. Es ist nicht ersichtlich, dass durch eine zeitliche Verzögerung der Entscheidung dem Kläger ein immaterieller Nachteil mit der erforderlichen Schwere der Belastung zugefügt wird. Ganz anders stellte sich für den damaligen Antragsteller die Bedeutung der Kostenfestsetzung dar. Eine Bedrohung durch ein unwägbares Prozessgeschehen und eine persönliche Mitwirkung bei Verhandlungen ist in dem nahezu ausschließlich schriftlichen Verfahren der Kostenfestsetzung nicht zu befürchten. Er ist dort lediglich zu hören und der Beschluss ist ihm im Erfolgsfalle zuzustellen. Auch das BSG misst einem Verfahren der Kostenfestsetzung keine besondere Bedeutung zu. In seinem Urteil vom 10. Juli 2014 (B 10 ÜG 8/13 R) sind deutliche Hinweise auf die Wichtigkeit eines Verfahrens der Kostenfestsetzung enthalten. So führt es aus, dass im Hinblick auf eine mögliche Verursachung immaterieller Nachteile ein Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren nach Erledigung des vorangegangenen Hauptsacheverfahrens für dessen Beteiligte im Allgemeinen von untergeordneter Bedeutung sein dürfte und dass im Mittelpunkt finanzielle Interessen des Prozessbevollmächtigten stehen dürften. Der Vortrag des Klägers, dass er eine Macht- und Hilflosigkeit, sowie eine Ungleichbehandlung der Parteien empfunden habe, ist nicht nachvollziehbar. Insbesondere trifft es auch nicht zu, dass er sich 5 Jahre lang vergebens darum bemüht habe, dass das Sozialgericht das geltende Recht anwende und von einem Eingriff in sein Vermögensrecht Abstand nehme. Insoweit wird auf die oben angestellte Darlegung der Mahnversuche des Klägers Bezug genommen.

Der Senat hält es daher im Ergebnis für angemessen, den vom Kläger erlittenen immateriellen Schaden mit einer Feststellung gemäß § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG zu entschädigen (vgl. dazu auch Urteile des entscheidenden Senats vom 23.05.2014, Az.: L 8 SF 22/12 EK, L 8 SF 49/13 EK und L 8 SF 20/12 EK). Weil es hierfür nicht notwendig eines Antrags bedarf (§ 198 Abs. 4 Satz 2 GVG), hat das Entschädigungsgericht grundsätzlich von Amts wegen zu prüfen, ob es diese Feststellung trifft. Bei diesem Ausspruch handelt es sich, wie systematisch aus § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG zu folgern ist, um eine Form der "Wiedergutmachung auf andere Weise", die "neben die Entschädigung" treten kann. Nach der Gesetzesbegründung (BT17/38202, S. 20) kann die schlichte Feststellung als Wiedergutmachung genügen, wenn ein Verfahrensbeteiligter keinen weitergehenden immateriellen Schaden erlitten hat und die Überlänge des Verfahrens den einzigen Nachteil darstellt. Dies hat im Übrigen auch der Beklagte dargetan, wenn er in seinem Schriftsatz vom 3.8.2012 ausführt, dass es nicht nachvollziehbar sei, aus welchen Gründen die Dauer des Kostenfestsetzungsverfahrens für den Kläger eine moralische und psychische Belastung gewesen sein solle. Denn es sei diesem im Wesentlichen darauf angekommen, die wirksame Bevollmächtigung des anwaltlichen Vertreter seines Prozessgegners, die durch das Landessozialgericht längst entschieden worden sei, im Verfahren der Kostenfestsetzung erneut klären zu lassen. Er habe sich ansonsten nicht mit Fragen des zu erwartenden Kostenfestsetzungsbeschlusses selbst auseinander gesetzt.

6. Die weitergehende Klage war daher abzuweisen.

7. Der Kläger hat nur einen Teil der Verfahrenskosten zu tragen (§ 197a SGG iVm § 155 Abs. 1 VwGO). Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Abweichend von dem wenig präzisen § 193 SGG knüpft die VwGO in den §§ 154 Abs. 1 und 2, 155 Abs. 1 Satz 1 und 3, Abs. 2 VwGO stärker an den Ausgang des Rechtsstreits an (Breitkreuz in: Breitkreuz/Fichte, SGG, § 197a, Rn 8). Daher ist zu gewichten, welche Bedeutung der materielle Schaden hat und welche der immaterielle Schaden. Die Bezifferung der Leistungsklage stellt beides zunächst gleich. Aus dieser Sicht ist das Obsiegen des Klägers äußerst gering (beantragt waren 6.000 EUR + 583,14 EUR, zugesprochen 157,71; EUR 2,5 % = 1/40). Weiter ist aber das Obsiegen hinsichtlich der bloßen Feststellung der Überlänge einzuschätzen. Die Feststellung bringt schon zum Ausdruck, dass die Sache von geringer Bedeutung ist. Dafür wäre die Hälfte der Kosten auch schon zu viel. Es wird lediglich dem Interesse des Klägers an einer gewissen Genugtuung Rechnung getragen. Das kann mit einem Drittel der Kosten "belohnt" werden (13/40). Damit ergibt sich insgesamt eine Kostenentscheidung von 7/20 für Beklagte und 13/20 für den Kläger.

8. Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved