Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 1741/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 3457/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 16. Juli 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1963 geborene Kläger war zuletzt als Lokführer beschäftigt. Am 14. November 2000, 29. Oktober 2002, 21. Februar 2008 und 28. Oktober 2008 hatte er als Zugführer eine Person in Suizidabsicht mit seinem Zug tödlich erfasst.
Am 30. November 2010 beantragte er die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Seit dem 20. August 2010 bezog er Krankengeld. Die Bahn-BKK übersandte das sozialmedizinische Gutachten des Dr. R. vom 25. Oktober 2010, wonach der Kläger unter einer schweren, chronischen, progredienten depressiven Episode sowie unter einer Angst- und Zwangsstörung leide. Die Suizidfälle als Lokführer seien nicht führende Ursache des Krankheitsbildes, das vielmehr mit depressiven Episoden auch in den letzten Jahren selbst sowie mit einer familiären Veranlagung seitens der Mutter langfristig vorherbestimmt gewesen sei. Als Lokführer besitze der Versicherte kein Leistungsvermögen. Im Gutachten vom 27. Januar 2011 gelangte die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. zu der Auffassung, dass dringend eine psychosomatische Rehabilitationsmaßnahme erfolgen sollte. Die Beklagte gewährte daraufhin ein stationäres Heilverfahren in der Klinik A. H. in B. W. vom 30. März bis 26. April 2011. Im ärztlichen Entlassungsbericht vom 4. Mai 2011 gelangten die behandelnden Ärzte zu der Auffassung, der Kläger leide unter einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome sowie unter einer posttraumatischen Belastungsstörung, unter einer Pannikulitis in der Nacken- und Rückenregion: Lumbalbereich sowie unter einer Gonalgie links. Als Lokführer sei der Versicherte unter dreistündig leistungsfähig, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könne er vollschichtig verrichten. Dr. H. schloss sich in ihrer sozialmedizinischen Beurteilung vom 11. Juli 2011 der Einschätzung des Leistungsvermögens durch die Rehaklinik an, worauf die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 28. Juli 2011 ablehnte. Am 5. August 2011 erhob der Kläger Widerspruch, worauf die Beklagte eine Begutachtung durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Th. veranlasste. Im Gutachten vom 20. Februar 2012 diagnostizierte er eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig eine mittelgradige depressive Episode, eine Angststörung, eine chronische Lumbalgie ohne radikuläre Ausfälle sowie einen Nikotinabusus. Als Lokführer sei der Versicherte unter dreistündig einsetzbar, leichte körperliche Tätigkeiten könne er vollschichtig verrichten. Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme der Dr. H. wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. April 2012 zurück. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, da er nicht außerstande sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme altersbedingt nicht in Betracht.
Am 29. Mai 2012 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und vorgetragen, er sei voll erwerbsgemindert. Er hat verschiedene Berichte behandelnder Ärzte sowie von Dr. R. ein Gutachten vom 9. Juni 2011 und ein Attest vom 5. Juni 2012 sowie Unterlagen über die als Lokführer erlebten Personenunfälle vorgelegt. Das SG hat von der behandelnden Fachärztin Dr. Sp. eine sachverständige Zeugenaussage vom 3. Oktober 2012 eingeholt. Der Kläger sei hiernach in einem Zustand, in dem es ihm nicht möglich sei, einer geregelten Arbeit nachzugehen. Das SG hat eine Begutachtung durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. veranlasst. Im Gutachten vom 22. August 2013 ist er zu der Auffassung gelangt, der Kläger leide unter einer posttraumatischen Belastungsstörung, unter einer Dysthymie sowie unter einem Wirbelsäulensyndrom ohne neurologisches Defizit. Aufgrund der posttraumatischen Belastungsstörung sollte der Kläger keine Tätigkeiten verrichten, bei denen eine Gefahr besteht, dass er erneut Suizidhandlungen an Bahngleisen erlebt. Der Kläger könne keine Tätigkeiten verrichten, die mit einem besonderen Zeitdruck oder einer besonderen Stressbelastung, beispielsweise Akkordtätigkeiten und andere taktgebundene Tätigkeiten, verbunden seien. Auch besondere Verantwortung für Menschen und Maschinen seien dem Kläger nicht zumutbar. Zu vermeiden seien auch Nacht- und/oder Wechselschicht. Wegen des Wirbelsäulensyndroms sollte die Arbeit ihm einen Wechsel der Körperhaltung ermöglichen. Schwere Gegenstände sollten weder gehoben, getragen noch bewegt werden; Wirbelsäulenzwangshaltungen seien zu vermeiden. Leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könne der Kläger mit den genannten qualitativen Einschränkungen vollschichtig verrichten. Als Lokführer könne der Kläger nicht arbeiten.
Auf Antrag nach § 109 SGG hat das SG ein Gutachten des Facharztes für öffentliches Gesundheitswesen, Sozialmedizin, B. vom 12. November 2013 eingeholt. Hiernach leide der Kläger unter einer posttraumatischen Belastungsstörung, unter einer schweren chronischen Depression, unter einer Angststörung sowie unter einer Anpassungsstörung/Verbitterungsstörung. Der Kläger könne weder eine Tätigkeit als Lokführer noch andere Tätigkeiten zumutbar verrichten. Eine wissenschaftlich fundierte und evaluierte Methode zur Beurteilung der zeitlichen Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben existiere bislang nicht.
Die Beklagte hat beratungsärztliche Stellungnahmen der Dr. H. vorgelegt und ein stationäres Heilverfahren in der Sch.-Klinik in A. genehmigt. Aufgrund eines Aufenthalts vom 1. April bis 6. Mai 2014 gelangten die behandelnden Ärzte im ärztlichen Entlassungsbericht vom 16. Mai 2014 zu der Auffassung, dass der Kläger unter einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, unter spezifischen Phobien, unter einer nicht organischen Schlafstörung, unter Kreuzschmerz sowie unter Verhaltensstörungen durch ein Tabakabhängigkeitssyndrom leide. Als Lokführer sei der Kläger unter dreistündig leistungsfähig, mittelschwere Tätigkeiten könne der Kläger vollschichtig verrichten. Nachtdienste, erhöhter Zeitdruck und erhöhte Anforderungen an die Stressbelastbarkeit, schweres Heben/Tragen ohne Hilfsmittel sowie häufige Wirbelsäulenzwangshaltungen seien zu vermeiden.
Mit Urteil vom 16. Juli 2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI komme schon aufgrund des Geburtsjahres des Klägers nicht in Betracht. Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könne der Kläger vollschichtig verrichten. Es hat sich in der Beurteilung des Leistungsvermögens den Gutachten der Dr. Th. und Dr. D. angeschlossen, die vom Entlassungsbericht vom 16. Mai 2014 bestätigt worden seien. Die Beurteilung des Sachverständigen B. vermöge hingegen nicht zu überzeugen. Es sei keine hinreichende Differenzierung zwischen der letzten Tätigkeit als Lokführer und Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vorgenommen worden wie auch nicht zwischen qualitativen und quantitativen Leistungseinschränkungen. Zudem finde sich der unverständliche Hinweis, dass eine wissenschaftlich fundierte und evaluierte Methode zur Leistungsbeurteilung nicht existiere.
Gegen das dem Kläger am 30. Juli 2014 zugestellte Urteil hat er am 14. August 2014 Berufung erhoben. Entgegen der Auffassung des SG beinhalte die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht nur Einschränkungen für die Tätigkeit als Lokführer, sondern zwingend auch bei jedweder anderen Art von Tätigkeit. Dies werde vom Gutachter B. ebenfalls so angenommen. Auch die im Entlassungsbericht der Sch.-Klinik genannte Diagnose einer mittelgradigen depressiven Episode in chronifiziertem Stadium stelle ein vollschichtiges Leistungsvermögen durchaus in Frage. Der Kläger hat verschiedene Berichte behandelnder Ärzte vorgelegt. Er sei bei Prof. F. seit September 2014 in Behandlung. Es werde beantragt, zunächst dort eine sachverständige Zeugenauskunft einzuholen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 16. Juli 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 28. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2012 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. November 2010 zu gewähren, hilfsweise ein Gutachten von Amts wegen, hilfsweise ein Gutachten gem. § 109 SGG, auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bei Dr. M. einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zwar werde von keinem Gutachter die Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit als Lokführer für sinnvoll erachtet, doch komme es hierauf nicht an, da der Kläger als Geburtsjahrgang 1963 gemäß § 240 SGB VI kein Recht auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit besitze. Eine Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarkts könne der Kläger aber vollschichtig verrichten. Trotz der vorhandenen Einschränkungen seien zahlreiche Beschäftigungsmöglichkeiten/Alternativen, auch bei der DB, möglich und denkbar. Die Beklagte habe dem Kläger deshalb mit Bescheid vom 27. Juni 2014 Leistungen zur Erhaltung seines Arbeitsplatzes als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in Aussicht gestellt. Für den Kläger komme eine innerbetriebliche Umsetzung in Betracht. Diese Maßnahmen habe der Kläger bislang nicht abgerufen.
Der Senat hat von Prof. Dr. F. eine schriftliche sachverständige Zeugenaussage eingeholt. Hiernach leide der Kläger unter einer posttraumatischen Belastungsstörung mit deutlichen depressiven und Angst-Symptomen und vegetativen Beeinträchtigungen. Inzwischen sei von einer Reduktion des zeitlichen Restleistungsvermögens auf unter drei Stunden täglich auszugehen. Die Begründung der abweichenden Einschätzung durch Dr. D. liege in der Progression des Leidensbildes.
Daraufhin hat der Senat von Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. B. das nervenärztliche Gutachten vom 6. Mai 2015 eingeholt. Hiernach leide der Kläger unter einem leicht ausgeprägten Wirbelsäulen-Syndrom ohne aktuelle Nervenwurzelreizsymptome und ohne auf die Wirbelsäule beziehbare segmentale sensible oder motorische neurologische Defizite, sowie unter einer Dysthymie. Aus dem Wirbelsäulensyndrom resultierten lediglich qualitative Einschränkungen dahingehend, dass dem Kläger nur leichte und vorübergehend mittelschwere körperliche Arbeiten zugemutet werden können, wohingegen ihm schwere und dauernd mittelschwere körperliche Arbeiten, Arbeiten mit häufigem Sich-Bücken, Sich-Drehen und Sich-Wenden, Arbeiten in häufiger Zwangshaltung, Arbeiten mit häufiger Über-Kopf-Haltung und Arbeiten in Kälte und Nässe (ohne entsprechende Schutzkleidung) nicht zumutbar seien. Die Dysthymie führe zu keinen weiteren objektivierbaren Leistungseinbußen. Der Kläger sei unter Berücksichtigung der qualitativen Leistungseinschränkungen vollschichtig leistungsfähig.
Nach dem Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 2. September 2015 hat der Kläger die Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachtens nach § 109 SGG durch PD Dr. M. beantragt. Als Grund für die Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 109 SGG hat der Kläger ausgeführt, dass das Gutachten des Prof. Dr. B. keine taugliche Grundlage für die Entscheidung des Rechtsstreits sei. Den von Prof. Dr. B. mehrfach erwähnten Hund gebe es nicht. Prof. Dr. B. habe sich irgendwelche Dinge aus den Akten zu einem geordneten Tagesablauf zusammengebastelt, was aber nicht dem tatsächlichen, typischen Tagesablauf des Klägers entspreche.
Hierzu hat der Senat den gerichtlichen Sachverständigen ergänzend angehört. Unter dem 9. Oktober 2015 hat Prof. Dr. B. darauf hingewiesen, dass das Zitat bezüglich regelmäßiger Spaziergänge mit einem Hund nicht aus seiner Feder stamme, sondern auf einer Anamnese gegenüber dem gerichtlichen Sachverständigen Dr. D. (Bl. 92 der SG-Akten) beruhe. Da sich die Frage nach dem Leistungsvermögen auch auf zurückliegende Zeiträume erstrecke, sei es unabdingbar, die genannten Aspekte wie Tagesstrukturierung usw. auch für zurückliegende Zeiträume zu untersuchen. Er habe die Tatsachen insofern nicht völlig verdreht, sondern akribisch anhand der Aktenlage zusammengetragen. Arzt K. (Attest vom 15. September 2015) sei offensichtlich nicht bekannt, dass der Kläger nach dem letzten Suizidereignis (28. Oktober 2008) am 24. November 2008 seine Arbeit wieder bis Frühjahr 2010 verrichtet habe.
Der Kläger hat hierauf an seinem Antrag nach § 109 SGG festgehalten und einen Bericht des Prof. Dr. F. vom 14. Oktober 2015 vorgelegt. Zudem hat der Kläger auf die Einholung eines Gutachtens bei Prof. Dr. W. durch das SG hingewiesen, womit die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsunfälle am 14. November 2000, 29. Oktober 2002, 21. Februar 2008 und 28. Oktober 2008 festgestellt werden soll. Es werde angeregt, dieses Gutachten abzuwarten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige (§§ 143, 144, 151 SGG) Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat zutreffend die Klage als unbegründet abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, weil er nicht erwerbsgemindert ist. Wegen der Rechtsgrundlagen für die beanspruchte Rente verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf das angefochtene Urteil.
Die bei dem Kläger bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen stehen einer Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem Umfang von mehr als sechs Stunden arbeitstäglich nicht entgegen, weshalb er weder voll noch teilweise erwerbsgemindert ist.
Der Kläger leidet auf nervenärztlichem Fachgebiet unter einer Dysthymia sowie unter einem leicht ausgeprägten Wirbelsäulen-Syndrom ohne aktuelle Nervenwurzelreizsymptome und ohne auf die Wirbelsäule beziehbare segmentale sensible oder motorische neurologische Defizite. Hierbei stützt sich der Senat auf das schlüssig und nachvollziehbare Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. B. vom 6. Mai 2015. Prof. Dr. B. hat auch überzeugend dargelegt, dass eine posttraumatische Belastungsstörung nicht nachgewiesen ist. Gemäß ICD-10 soll die Diagnose nämlich nur dann gestellt werden, wenn sie innerhalb von sechs Monaten nach einem traumatisierenden Ereignis von außergewöhnlicher Schwere aufgetreten ist. Als Zugführer hat der Kläger den letzten Suizidversuch bereits am 28. Oktober 2008 erlebt, was sich aus der Unfallanzeige (Bl. 84 der SG-Akte) i. V. m. dem klägerischen Schriftsatz vom 4. Juli 2013 ergibt. Der Kläger hat jedoch bis Frühjahr 2010 gearbeitet, als ihm die Lokfahrtauglichkeit aufgrund zweier nicht bestandener schriftlicher Prüfungen entzogen worden ist. Gegenüber Dr. R. hat der Kläger noch am 22. Oktober 2010 angegeben, seinen Beruf mit großer Freude ausgeübt zu haben und unter dem Verlust der Lokfahrtauglichkeit zu leiden (Gutachten vom 25. Oktober 2010, siehe Bl. 17 der SG-Akten). Hieraus kann gerade nicht auf ein Vermeidungsverhalten bezüglich des Berufes als Folge einer posttraumatischen Belastungsstörung geschlossen werden. Dazu passt, dass auch die früheren Suizidereignisse nicht zu engmaschigen wiederkehrenden Belastungen oder Alpträumen geführt haben, sondern dem Kläger lediglich hin und wieder in den Sinn gekommen sind (siehe Bl. 17 der SG-Akten). In der zeitnahen gutachtlichen Stellungnahme des Dr. R. (Gutachten vom 25. Oktober 2010) wird ebenfalls herausgearbeitet, dass die Suizidfälle als Lokführer nicht die führende Ursache des Krankheitsbildes seien, dass vielmehr die depressiven Episoden auch in den letzten Jahren mit einer familiären Veranlagung langfristig vorher bestimmt gewesen seien. Dass der Kläger gegenüber verschiedenen Ärzten angegeben hat, 2010 sei der letzte Suizidfall gewesen (vgl. Blatt 26, 90 SG-Akten, Bl. 22 und 51/52 der LSG-Akten), spricht ebenfalls dafür, dass es kein traumatisierendes Ereignis von außergewöhnlicher Schwere war, worauf Prof. Dr. B. ebenfalls hingewiesen hat. Nicht gefolgt werden kann demgemäß den ärztlichen Äußerungen, die eine posttraumatische Belastungsstörung annehmen. Prof. Dr. F. hat den Kläger erstmals am 8. September 2014 gesehen und verkannt, dass das letzte Suizidereignis nicht in zeitlichem Zusammenhang mit der Arbeitsplatzaufgabe stand, sondern hat angenommen, dass das vierte Suizidopfer 2010 vom Kläger überfahren worden ist (vgl. Bl. 22 der LSG-Akten) und sich die Symptome in dessen Folge entwickelt haben. An dieser falschen Annahme leidet auch die schriftliche sachverständige Zeugenaussage vom 13. April 2015 sowie der Bericht vom 14. Oktober 2015. Der Facharzt für Allgemeinmedizin K. hat in dem vorgelegten Attest vom 15. September 2015 zwar eine posttraumatische Angststörung diagnostiziert, dies aber nicht nachvollziehbar begründet. Dr. R. hat zwar unter dem 5. Juni 2012 eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert, aber keine schlüssige und nachvollziehbare Begründung gegeben. Die Auffassung, dass die Aufarbeitung der vier Personenunfälle als Lokführer in der stationären Reha in B. W. eine posttraumatische Belastungsstörung ausgelöst hat, ist nicht überzeugend. So erscheint es bereits nicht plausibel, dass die psychologische Aufarbeitung eines Traumas und nicht das Trauma als auslösender Faktor gewertet wird. Es ist auch nicht überzeugend, weil der Kläger weiterhin als Lokführer gearbeitet und ein Vermeidungsverhalten gerade nicht an den Tag gelegt hat. Wieso er von seiner zeitnahem Bewertung im Gutachten vom 25. Oktober 2010 abrückt, wird ebenfalls nicht plausibel begründet. Auch der gerichtliche Sachverständige Dr. D. hat angenommen, dass der letzte Suizidfall 2010 gewesen ist, was aber entscheidend gegen die Diagnose spricht (siehe oben). Der Arzt B. hat ohne weitere kritische Prüfung allein anhand der ungewöhnlich hohen Zahl an Suizidfällen eine posttraumatische Belastungsstörung angenommen, ohne darzulegen, weshalb der Kläger nach 2008 noch weiterhin seinen Beruf ausüben wollte und konnte. Dass der Kläger unter keiner Belastung posttraumatischen Belastungsstörung leidet, wird bestätigt durch den Entlassungsbericht vom 16. Mai 2014 sowie durch das Gutachten des Dr. Th. und die zeitnahe Einschätzung des Dr. R. im Gutachten vom 25. Oktober 2010.
Darüber hinaus sind nicht die Diagnose entscheidend, sondern die aus Krankheiten resultierenden Funktionseinschränkungen, worauf Prof. Dr. B. zutreffend hingewiesen hat. Prof. Dr. B. hat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass der Kläger lediglich unter einer Dysthymie leidet. Ein klinisch relevantes depressives Syndrom bzw. ein agoraphobisches Syndrom ließ sich nicht durch einen sozialen Rückzug, einen Verlust der Tagesstrukturierung (vgl. hierzu die Angaben des Klägers, Blatt 52 f. der LSG-Akten) und Verlust der allgemeinen Interessenlage bestätigen. Auch der Schweregrad eines chronischen Schmerz-Syndroms kann deshalb nicht angenommen werden (vgl. Bl. 77, 78 der LSG-Akten). Prof. Dr. B. hat eine ungestörte Wahrnehmung und Auffassung, eine ungestörte Gedächtnisleistung im Langzeit- und im Kurzzeitbereich sowie ungestörte Merkfähigkeit feststellen können. Die Antriebssituation war ebenfalls ungestört, ohne Nachlassen der Konzentrationsfähigkeit und ohne erhöhte Ablenkbarkeit. Aufgrund der exakten Auffassungsgabe, der guten Verbalisationsfähigkeit und des erhaltenen Abstraktionsvermögens hat Prof. Dr. B. auch keine Hinweise auf eine globale intellektuelle Beeinträchtigung gefunden. Das Denkvermögen war ohne krankhaften Befund. Es haben sich auch keine Hinweise auf überwertige Ideen, Zwangsgedanken oder gar Warngedanken ergeben. Auch produktive Wahrnehmungsstörungen wie Halluzinationen und sogenannte Ich-Störungen hat Prof. Dr. B. nicht eruieren können. Zudem hat Prof. Dr. B. keine durchgängige Verschiebung der Grundstimmung in einem deprimiert-gehemmten oder ängstlichen Modus vorgefunden, jedoch auch nicht einen dysphorisch-gereizten oder für die Situation inadäquat euphorischen Modus. Auch freudige Affekte mit Lächeln und Schmunzeln waren nicht gänzlich ausgespart, sodass eine ausreichend erhaltene affektive Modulationsfähigkeit gegeben war. Eine gedrückte Stimmung, ein Interessensverlust und eine Unfähigkeit, sich freuen zu können, eine Verminderung des Antriebs mit erhöhter Ermüdbarkeit und Aktivitätseinschränkung, ein vermindertes Konzentrations- und Aufmerksamkeitsvermögen, ein vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen, Schuldgefühl und Gefühle von Wertlosigkeit, negative und pessimistische Zukunftsperspektiven, Gedanken über oder tatsächlich erfolgte schwerwiegende Selbstverletzungen oder Suizidhandlungen, Schlafstörungen und verminderter Appetit hat Prof. Dr. B. weder im Querschnittsbefund noch aus der längsschnittlichen Betrachtung feststellen können. Aus den Angaben und nach Aktenlage hat Prof. Dr. B. aber eine chronische depressive Verstimmung im Sinne einer Dysthymie diagnostizieren können, die jedoch nach Schweregrad und Dauer der einzelnen Episoden gegenwärtig noch nicht einmal die Kriterien einer leichten rezidivierenden depressiven Störung erfüllt. Gleichwohl resultierten aus der Dysthymie aktuell und auch für die Vergangenheit keine sozialen Rückzugstendenzen, kein Verlust der Tagesstrukturierung und kein Verlust des allgemeinen Interessensspektrums, sodass insofern lediglich überwindbare und keinesfalls unüberwindbare psychische Hemmungen ableitbar sind. Prof. Dr. B. hat für den Senat hiernach schlüssig und nachvollziehbar anhand der erhobenen Befunde dargelegt, dass der Kläger körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten kann. Aufgrund des leicht ausgeprägten Wirbelsäulensyndroms sind nur leichte und vorübergehend mittelschwere körperliche Arbeiten zumutbar, wohingegen schwere und dauernd mittelschwere körperliche Arbeiten, Arbeiten mit häufigem Sich-Bücken, Sich-Drehen und Sich-Wenden, Arbeiten in häufiger Zwangshaltung, Arbeiten mit häufiger Über-Kopf-Haltung und Arbeiten in Kälte und Nässe (ohne entsprechende Schutzkleidung) nicht zumutbar sind. Auch der gerichtliche Sachverständige Dr. D. sowie der Gutachter im Verwaltungsverfahren Dr. Th. gelangten - unter Annahme anderer Diagnosen - zu einem vollschichtigen Leistungsvermögen des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, wie auch die Entlassungsberichte der Reha-Kliniken. Nicht folgen konnte der Senat auch dem gerichtlichen Sachverständigen B. insoweit, als dieser nicht nur eine posttraumatische Belastungsstörung, sondern auch eine schwere chronische Depression diagnostiziert hat. Prof. Dr. B. hat überzeugend darauf hingewiesen, dass die resultierende Defizite im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessensspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit vom Arzt B. nicht ausreichend gewürdigt worden sind. Nicht folgen kann der Senat auch der sachverständigen Zeugenaussage der Dr. Sp. vom 3. Oktober 2012, da eine schlüssig und nachvollziehbare Begründung für eine schwere, chronisch progrediente depressive Störung nicht gegeben worden ist.
Nicht gegen die Beurteilung des Prof. Dr. B. spricht die Behauptung des Klägers, er habe noch nie einen Hund besessen, Prof. Dr. B. führe das aber mehrfach zu seinen Ungunsten aus. Zum Ersten ist festzustellen, dass der Kläger nach der Anamnese gegenüber Dr. D. mehrfach von einem Hund, einem Schäferhund, gesprochen hat und Prof. Dr. B. diese Aktenlage auswerten durfte. Zudem ist es unerheblich, ob der Kläger die Spaziergänge mit oder ohne einen Hund durchführt. Dass der Kläger Spaziergänge unternimmt, ergibt sich aber auch aus dem Gutachten des Arztes B., der als Tagesstrukturierung nach der Morgentoilette und Frühstück einen Spaziergang am Vormittag festgehalten hat.
Relevante Erkrankungen auf anderen medizinischen Fachgebieten liegen nicht vor. So hat auch der Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen, Sozialmedizin, B. nur psychiatrische Diagnosen gestellt; Prof. Dr. B. hat weitere gutachterliche Untersuchungen nicht für erforderlich erachtet. Der ärztliche Entlassungsbericht der Sch.-Klinik vom 16. Mai 2014 hat mit Ausnahme des auch von Prof. Dr. B. unter neurologischem Gesichtspunkt berücksichtigten Kreuzschmerzes ein vollschichtiges Leistungsvermögen des Klägers für leichte körperliche Tätigkeiten angenommen. Weitere Ermittlungen von Amts wegen drängten sich hiernach nicht auf.
Der Senat hat auch keine Veranlassung gesehen, ein weiteres Gutachten nach § 109 SGG einzuholen. Zwar können mehrere Ärzte gutachtlich anzuhören sein. Einem wiederholenden Antrag muss aber nur unter besonderen Umständen gefolgt werden (vgl. Meyer-Ladewig&/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG,11. Aufl. § 109 SGG Rdnr. 10b, 11b m.w.N.). Der Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 109 SGG ist damit begründet worden, dass das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. B. nicht Grundlage einer Entscheidung sein könne. Dies stellt aber keinen besonderen Umstand dar, ein weiteres Gutachten nach § 109 SGG einzuholen. Wäre das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. B. nicht überzeugend, so müsste der Senat gegebenenfalls von Amts wegen ein weiteres Gutachten einholen, sofern es sich nicht auf ein anderes Gutachten stützen kann. Einen Grund, ein weiteres Gutachten nach § 109 SGG einzuholen, stellt es nicht dar, zumal das Gutachten des Prof. Dr. B. den Senat überzeugt.
Der Senat sieht auch keinen Grund, das Gutachten des Prof. Dr. W. abzuwarten, da die Diagnosen nicht entscheidend sind (s.o.) und die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht relevant ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1963 geborene Kläger war zuletzt als Lokführer beschäftigt. Am 14. November 2000, 29. Oktober 2002, 21. Februar 2008 und 28. Oktober 2008 hatte er als Zugführer eine Person in Suizidabsicht mit seinem Zug tödlich erfasst.
Am 30. November 2010 beantragte er die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Seit dem 20. August 2010 bezog er Krankengeld. Die Bahn-BKK übersandte das sozialmedizinische Gutachten des Dr. R. vom 25. Oktober 2010, wonach der Kläger unter einer schweren, chronischen, progredienten depressiven Episode sowie unter einer Angst- und Zwangsstörung leide. Die Suizidfälle als Lokführer seien nicht führende Ursache des Krankheitsbildes, das vielmehr mit depressiven Episoden auch in den letzten Jahren selbst sowie mit einer familiären Veranlagung seitens der Mutter langfristig vorherbestimmt gewesen sei. Als Lokführer besitze der Versicherte kein Leistungsvermögen. Im Gutachten vom 27. Januar 2011 gelangte die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. zu der Auffassung, dass dringend eine psychosomatische Rehabilitationsmaßnahme erfolgen sollte. Die Beklagte gewährte daraufhin ein stationäres Heilverfahren in der Klinik A. H. in B. W. vom 30. März bis 26. April 2011. Im ärztlichen Entlassungsbericht vom 4. Mai 2011 gelangten die behandelnden Ärzte zu der Auffassung, der Kläger leide unter einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome sowie unter einer posttraumatischen Belastungsstörung, unter einer Pannikulitis in der Nacken- und Rückenregion: Lumbalbereich sowie unter einer Gonalgie links. Als Lokführer sei der Versicherte unter dreistündig leistungsfähig, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könne er vollschichtig verrichten. Dr. H. schloss sich in ihrer sozialmedizinischen Beurteilung vom 11. Juli 2011 der Einschätzung des Leistungsvermögens durch die Rehaklinik an, worauf die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 28. Juli 2011 ablehnte. Am 5. August 2011 erhob der Kläger Widerspruch, worauf die Beklagte eine Begutachtung durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Th. veranlasste. Im Gutachten vom 20. Februar 2012 diagnostizierte er eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig eine mittelgradige depressive Episode, eine Angststörung, eine chronische Lumbalgie ohne radikuläre Ausfälle sowie einen Nikotinabusus. Als Lokführer sei der Versicherte unter dreistündig einsetzbar, leichte körperliche Tätigkeiten könne er vollschichtig verrichten. Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme der Dr. H. wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. April 2012 zurück. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, da er nicht außerstande sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme altersbedingt nicht in Betracht.
Am 29. Mai 2012 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und vorgetragen, er sei voll erwerbsgemindert. Er hat verschiedene Berichte behandelnder Ärzte sowie von Dr. R. ein Gutachten vom 9. Juni 2011 und ein Attest vom 5. Juni 2012 sowie Unterlagen über die als Lokführer erlebten Personenunfälle vorgelegt. Das SG hat von der behandelnden Fachärztin Dr. Sp. eine sachverständige Zeugenaussage vom 3. Oktober 2012 eingeholt. Der Kläger sei hiernach in einem Zustand, in dem es ihm nicht möglich sei, einer geregelten Arbeit nachzugehen. Das SG hat eine Begutachtung durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. veranlasst. Im Gutachten vom 22. August 2013 ist er zu der Auffassung gelangt, der Kläger leide unter einer posttraumatischen Belastungsstörung, unter einer Dysthymie sowie unter einem Wirbelsäulensyndrom ohne neurologisches Defizit. Aufgrund der posttraumatischen Belastungsstörung sollte der Kläger keine Tätigkeiten verrichten, bei denen eine Gefahr besteht, dass er erneut Suizidhandlungen an Bahngleisen erlebt. Der Kläger könne keine Tätigkeiten verrichten, die mit einem besonderen Zeitdruck oder einer besonderen Stressbelastung, beispielsweise Akkordtätigkeiten und andere taktgebundene Tätigkeiten, verbunden seien. Auch besondere Verantwortung für Menschen und Maschinen seien dem Kläger nicht zumutbar. Zu vermeiden seien auch Nacht- und/oder Wechselschicht. Wegen des Wirbelsäulensyndroms sollte die Arbeit ihm einen Wechsel der Körperhaltung ermöglichen. Schwere Gegenstände sollten weder gehoben, getragen noch bewegt werden; Wirbelsäulenzwangshaltungen seien zu vermeiden. Leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könne der Kläger mit den genannten qualitativen Einschränkungen vollschichtig verrichten. Als Lokführer könne der Kläger nicht arbeiten.
Auf Antrag nach § 109 SGG hat das SG ein Gutachten des Facharztes für öffentliches Gesundheitswesen, Sozialmedizin, B. vom 12. November 2013 eingeholt. Hiernach leide der Kläger unter einer posttraumatischen Belastungsstörung, unter einer schweren chronischen Depression, unter einer Angststörung sowie unter einer Anpassungsstörung/Verbitterungsstörung. Der Kläger könne weder eine Tätigkeit als Lokführer noch andere Tätigkeiten zumutbar verrichten. Eine wissenschaftlich fundierte und evaluierte Methode zur Beurteilung der zeitlichen Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben existiere bislang nicht.
Die Beklagte hat beratungsärztliche Stellungnahmen der Dr. H. vorgelegt und ein stationäres Heilverfahren in der Sch.-Klinik in A. genehmigt. Aufgrund eines Aufenthalts vom 1. April bis 6. Mai 2014 gelangten die behandelnden Ärzte im ärztlichen Entlassungsbericht vom 16. Mai 2014 zu der Auffassung, dass der Kläger unter einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, unter spezifischen Phobien, unter einer nicht organischen Schlafstörung, unter Kreuzschmerz sowie unter Verhaltensstörungen durch ein Tabakabhängigkeitssyndrom leide. Als Lokführer sei der Kläger unter dreistündig leistungsfähig, mittelschwere Tätigkeiten könne der Kläger vollschichtig verrichten. Nachtdienste, erhöhter Zeitdruck und erhöhte Anforderungen an die Stressbelastbarkeit, schweres Heben/Tragen ohne Hilfsmittel sowie häufige Wirbelsäulenzwangshaltungen seien zu vermeiden.
Mit Urteil vom 16. Juli 2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI komme schon aufgrund des Geburtsjahres des Klägers nicht in Betracht. Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könne der Kläger vollschichtig verrichten. Es hat sich in der Beurteilung des Leistungsvermögens den Gutachten der Dr. Th. und Dr. D. angeschlossen, die vom Entlassungsbericht vom 16. Mai 2014 bestätigt worden seien. Die Beurteilung des Sachverständigen B. vermöge hingegen nicht zu überzeugen. Es sei keine hinreichende Differenzierung zwischen der letzten Tätigkeit als Lokführer und Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vorgenommen worden wie auch nicht zwischen qualitativen und quantitativen Leistungseinschränkungen. Zudem finde sich der unverständliche Hinweis, dass eine wissenschaftlich fundierte und evaluierte Methode zur Leistungsbeurteilung nicht existiere.
Gegen das dem Kläger am 30. Juli 2014 zugestellte Urteil hat er am 14. August 2014 Berufung erhoben. Entgegen der Auffassung des SG beinhalte die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht nur Einschränkungen für die Tätigkeit als Lokführer, sondern zwingend auch bei jedweder anderen Art von Tätigkeit. Dies werde vom Gutachter B. ebenfalls so angenommen. Auch die im Entlassungsbericht der Sch.-Klinik genannte Diagnose einer mittelgradigen depressiven Episode in chronifiziertem Stadium stelle ein vollschichtiges Leistungsvermögen durchaus in Frage. Der Kläger hat verschiedene Berichte behandelnder Ärzte vorgelegt. Er sei bei Prof. F. seit September 2014 in Behandlung. Es werde beantragt, zunächst dort eine sachverständige Zeugenauskunft einzuholen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 16. Juli 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 28. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2012 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. November 2010 zu gewähren, hilfsweise ein Gutachten von Amts wegen, hilfsweise ein Gutachten gem. § 109 SGG, auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bei Dr. M. einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zwar werde von keinem Gutachter die Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit als Lokführer für sinnvoll erachtet, doch komme es hierauf nicht an, da der Kläger als Geburtsjahrgang 1963 gemäß § 240 SGB VI kein Recht auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit besitze. Eine Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarkts könne der Kläger aber vollschichtig verrichten. Trotz der vorhandenen Einschränkungen seien zahlreiche Beschäftigungsmöglichkeiten/Alternativen, auch bei der DB, möglich und denkbar. Die Beklagte habe dem Kläger deshalb mit Bescheid vom 27. Juni 2014 Leistungen zur Erhaltung seines Arbeitsplatzes als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in Aussicht gestellt. Für den Kläger komme eine innerbetriebliche Umsetzung in Betracht. Diese Maßnahmen habe der Kläger bislang nicht abgerufen.
Der Senat hat von Prof. Dr. F. eine schriftliche sachverständige Zeugenaussage eingeholt. Hiernach leide der Kläger unter einer posttraumatischen Belastungsstörung mit deutlichen depressiven und Angst-Symptomen und vegetativen Beeinträchtigungen. Inzwischen sei von einer Reduktion des zeitlichen Restleistungsvermögens auf unter drei Stunden täglich auszugehen. Die Begründung der abweichenden Einschätzung durch Dr. D. liege in der Progression des Leidensbildes.
Daraufhin hat der Senat von Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. B. das nervenärztliche Gutachten vom 6. Mai 2015 eingeholt. Hiernach leide der Kläger unter einem leicht ausgeprägten Wirbelsäulen-Syndrom ohne aktuelle Nervenwurzelreizsymptome und ohne auf die Wirbelsäule beziehbare segmentale sensible oder motorische neurologische Defizite, sowie unter einer Dysthymie. Aus dem Wirbelsäulensyndrom resultierten lediglich qualitative Einschränkungen dahingehend, dass dem Kläger nur leichte und vorübergehend mittelschwere körperliche Arbeiten zugemutet werden können, wohingegen ihm schwere und dauernd mittelschwere körperliche Arbeiten, Arbeiten mit häufigem Sich-Bücken, Sich-Drehen und Sich-Wenden, Arbeiten in häufiger Zwangshaltung, Arbeiten mit häufiger Über-Kopf-Haltung und Arbeiten in Kälte und Nässe (ohne entsprechende Schutzkleidung) nicht zumutbar seien. Die Dysthymie führe zu keinen weiteren objektivierbaren Leistungseinbußen. Der Kläger sei unter Berücksichtigung der qualitativen Leistungseinschränkungen vollschichtig leistungsfähig.
Nach dem Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 2. September 2015 hat der Kläger die Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachtens nach § 109 SGG durch PD Dr. M. beantragt. Als Grund für die Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 109 SGG hat der Kläger ausgeführt, dass das Gutachten des Prof. Dr. B. keine taugliche Grundlage für die Entscheidung des Rechtsstreits sei. Den von Prof. Dr. B. mehrfach erwähnten Hund gebe es nicht. Prof. Dr. B. habe sich irgendwelche Dinge aus den Akten zu einem geordneten Tagesablauf zusammengebastelt, was aber nicht dem tatsächlichen, typischen Tagesablauf des Klägers entspreche.
Hierzu hat der Senat den gerichtlichen Sachverständigen ergänzend angehört. Unter dem 9. Oktober 2015 hat Prof. Dr. B. darauf hingewiesen, dass das Zitat bezüglich regelmäßiger Spaziergänge mit einem Hund nicht aus seiner Feder stamme, sondern auf einer Anamnese gegenüber dem gerichtlichen Sachverständigen Dr. D. (Bl. 92 der SG-Akten) beruhe. Da sich die Frage nach dem Leistungsvermögen auch auf zurückliegende Zeiträume erstrecke, sei es unabdingbar, die genannten Aspekte wie Tagesstrukturierung usw. auch für zurückliegende Zeiträume zu untersuchen. Er habe die Tatsachen insofern nicht völlig verdreht, sondern akribisch anhand der Aktenlage zusammengetragen. Arzt K. (Attest vom 15. September 2015) sei offensichtlich nicht bekannt, dass der Kläger nach dem letzten Suizidereignis (28. Oktober 2008) am 24. November 2008 seine Arbeit wieder bis Frühjahr 2010 verrichtet habe.
Der Kläger hat hierauf an seinem Antrag nach § 109 SGG festgehalten und einen Bericht des Prof. Dr. F. vom 14. Oktober 2015 vorgelegt. Zudem hat der Kläger auf die Einholung eines Gutachtens bei Prof. Dr. W. durch das SG hingewiesen, womit die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsunfälle am 14. November 2000, 29. Oktober 2002, 21. Februar 2008 und 28. Oktober 2008 festgestellt werden soll. Es werde angeregt, dieses Gutachten abzuwarten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige (§§ 143, 144, 151 SGG) Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat zutreffend die Klage als unbegründet abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, weil er nicht erwerbsgemindert ist. Wegen der Rechtsgrundlagen für die beanspruchte Rente verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf das angefochtene Urteil.
Die bei dem Kläger bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen stehen einer Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem Umfang von mehr als sechs Stunden arbeitstäglich nicht entgegen, weshalb er weder voll noch teilweise erwerbsgemindert ist.
Der Kläger leidet auf nervenärztlichem Fachgebiet unter einer Dysthymia sowie unter einem leicht ausgeprägten Wirbelsäulen-Syndrom ohne aktuelle Nervenwurzelreizsymptome und ohne auf die Wirbelsäule beziehbare segmentale sensible oder motorische neurologische Defizite. Hierbei stützt sich der Senat auf das schlüssig und nachvollziehbare Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. B. vom 6. Mai 2015. Prof. Dr. B. hat auch überzeugend dargelegt, dass eine posttraumatische Belastungsstörung nicht nachgewiesen ist. Gemäß ICD-10 soll die Diagnose nämlich nur dann gestellt werden, wenn sie innerhalb von sechs Monaten nach einem traumatisierenden Ereignis von außergewöhnlicher Schwere aufgetreten ist. Als Zugführer hat der Kläger den letzten Suizidversuch bereits am 28. Oktober 2008 erlebt, was sich aus der Unfallanzeige (Bl. 84 der SG-Akte) i. V. m. dem klägerischen Schriftsatz vom 4. Juli 2013 ergibt. Der Kläger hat jedoch bis Frühjahr 2010 gearbeitet, als ihm die Lokfahrtauglichkeit aufgrund zweier nicht bestandener schriftlicher Prüfungen entzogen worden ist. Gegenüber Dr. R. hat der Kläger noch am 22. Oktober 2010 angegeben, seinen Beruf mit großer Freude ausgeübt zu haben und unter dem Verlust der Lokfahrtauglichkeit zu leiden (Gutachten vom 25. Oktober 2010, siehe Bl. 17 der SG-Akten). Hieraus kann gerade nicht auf ein Vermeidungsverhalten bezüglich des Berufes als Folge einer posttraumatischen Belastungsstörung geschlossen werden. Dazu passt, dass auch die früheren Suizidereignisse nicht zu engmaschigen wiederkehrenden Belastungen oder Alpträumen geführt haben, sondern dem Kläger lediglich hin und wieder in den Sinn gekommen sind (siehe Bl. 17 der SG-Akten). In der zeitnahen gutachtlichen Stellungnahme des Dr. R. (Gutachten vom 25. Oktober 2010) wird ebenfalls herausgearbeitet, dass die Suizidfälle als Lokführer nicht die führende Ursache des Krankheitsbildes seien, dass vielmehr die depressiven Episoden auch in den letzten Jahren mit einer familiären Veranlagung langfristig vorher bestimmt gewesen seien. Dass der Kläger gegenüber verschiedenen Ärzten angegeben hat, 2010 sei der letzte Suizidfall gewesen (vgl. Blatt 26, 90 SG-Akten, Bl. 22 und 51/52 der LSG-Akten), spricht ebenfalls dafür, dass es kein traumatisierendes Ereignis von außergewöhnlicher Schwere war, worauf Prof. Dr. B. ebenfalls hingewiesen hat. Nicht gefolgt werden kann demgemäß den ärztlichen Äußerungen, die eine posttraumatische Belastungsstörung annehmen. Prof. Dr. F. hat den Kläger erstmals am 8. September 2014 gesehen und verkannt, dass das letzte Suizidereignis nicht in zeitlichem Zusammenhang mit der Arbeitsplatzaufgabe stand, sondern hat angenommen, dass das vierte Suizidopfer 2010 vom Kläger überfahren worden ist (vgl. Bl. 22 der LSG-Akten) und sich die Symptome in dessen Folge entwickelt haben. An dieser falschen Annahme leidet auch die schriftliche sachverständige Zeugenaussage vom 13. April 2015 sowie der Bericht vom 14. Oktober 2015. Der Facharzt für Allgemeinmedizin K. hat in dem vorgelegten Attest vom 15. September 2015 zwar eine posttraumatische Angststörung diagnostiziert, dies aber nicht nachvollziehbar begründet. Dr. R. hat zwar unter dem 5. Juni 2012 eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert, aber keine schlüssige und nachvollziehbare Begründung gegeben. Die Auffassung, dass die Aufarbeitung der vier Personenunfälle als Lokführer in der stationären Reha in B. W. eine posttraumatische Belastungsstörung ausgelöst hat, ist nicht überzeugend. So erscheint es bereits nicht plausibel, dass die psychologische Aufarbeitung eines Traumas und nicht das Trauma als auslösender Faktor gewertet wird. Es ist auch nicht überzeugend, weil der Kläger weiterhin als Lokführer gearbeitet und ein Vermeidungsverhalten gerade nicht an den Tag gelegt hat. Wieso er von seiner zeitnahem Bewertung im Gutachten vom 25. Oktober 2010 abrückt, wird ebenfalls nicht plausibel begründet. Auch der gerichtliche Sachverständige Dr. D. hat angenommen, dass der letzte Suizidfall 2010 gewesen ist, was aber entscheidend gegen die Diagnose spricht (siehe oben). Der Arzt B. hat ohne weitere kritische Prüfung allein anhand der ungewöhnlich hohen Zahl an Suizidfällen eine posttraumatische Belastungsstörung angenommen, ohne darzulegen, weshalb der Kläger nach 2008 noch weiterhin seinen Beruf ausüben wollte und konnte. Dass der Kläger unter keiner Belastung posttraumatischen Belastungsstörung leidet, wird bestätigt durch den Entlassungsbericht vom 16. Mai 2014 sowie durch das Gutachten des Dr. Th. und die zeitnahe Einschätzung des Dr. R. im Gutachten vom 25. Oktober 2010.
Darüber hinaus sind nicht die Diagnose entscheidend, sondern die aus Krankheiten resultierenden Funktionseinschränkungen, worauf Prof. Dr. B. zutreffend hingewiesen hat. Prof. Dr. B. hat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass der Kläger lediglich unter einer Dysthymie leidet. Ein klinisch relevantes depressives Syndrom bzw. ein agoraphobisches Syndrom ließ sich nicht durch einen sozialen Rückzug, einen Verlust der Tagesstrukturierung (vgl. hierzu die Angaben des Klägers, Blatt 52 f. der LSG-Akten) und Verlust der allgemeinen Interessenlage bestätigen. Auch der Schweregrad eines chronischen Schmerz-Syndroms kann deshalb nicht angenommen werden (vgl. Bl. 77, 78 der LSG-Akten). Prof. Dr. B. hat eine ungestörte Wahrnehmung und Auffassung, eine ungestörte Gedächtnisleistung im Langzeit- und im Kurzzeitbereich sowie ungestörte Merkfähigkeit feststellen können. Die Antriebssituation war ebenfalls ungestört, ohne Nachlassen der Konzentrationsfähigkeit und ohne erhöhte Ablenkbarkeit. Aufgrund der exakten Auffassungsgabe, der guten Verbalisationsfähigkeit und des erhaltenen Abstraktionsvermögens hat Prof. Dr. B. auch keine Hinweise auf eine globale intellektuelle Beeinträchtigung gefunden. Das Denkvermögen war ohne krankhaften Befund. Es haben sich auch keine Hinweise auf überwertige Ideen, Zwangsgedanken oder gar Warngedanken ergeben. Auch produktive Wahrnehmungsstörungen wie Halluzinationen und sogenannte Ich-Störungen hat Prof. Dr. B. nicht eruieren können. Zudem hat Prof. Dr. B. keine durchgängige Verschiebung der Grundstimmung in einem deprimiert-gehemmten oder ängstlichen Modus vorgefunden, jedoch auch nicht einen dysphorisch-gereizten oder für die Situation inadäquat euphorischen Modus. Auch freudige Affekte mit Lächeln und Schmunzeln waren nicht gänzlich ausgespart, sodass eine ausreichend erhaltene affektive Modulationsfähigkeit gegeben war. Eine gedrückte Stimmung, ein Interessensverlust und eine Unfähigkeit, sich freuen zu können, eine Verminderung des Antriebs mit erhöhter Ermüdbarkeit und Aktivitätseinschränkung, ein vermindertes Konzentrations- und Aufmerksamkeitsvermögen, ein vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen, Schuldgefühl und Gefühle von Wertlosigkeit, negative und pessimistische Zukunftsperspektiven, Gedanken über oder tatsächlich erfolgte schwerwiegende Selbstverletzungen oder Suizidhandlungen, Schlafstörungen und verminderter Appetit hat Prof. Dr. B. weder im Querschnittsbefund noch aus der längsschnittlichen Betrachtung feststellen können. Aus den Angaben und nach Aktenlage hat Prof. Dr. B. aber eine chronische depressive Verstimmung im Sinne einer Dysthymie diagnostizieren können, die jedoch nach Schweregrad und Dauer der einzelnen Episoden gegenwärtig noch nicht einmal die Kriterien einer leichten rezidivierenden depressiven Störung erfüllt. Gleichwohl resultierten aus der Dysthymie aktuell und auch für die Vergangenheit keine sozialen Rückzugstendenzen, kein Verlust der Tagesstrukturierung und kein Verlust des allgemeinen Interessensspektrums, sodass insofern lediglich überwindbare und keinesfalls unüberwindbare psychische Hemmungen ableitbar sind. Prof. Dr. B. hat für den Senat hiernach schlüssig und nachvollziehbar anhand der erhobenen Befunde dargelegt, dass der Kläger körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten kann. Aufgrund des leicht ausgeprägten Wirbelsäulensyndroms sind nur leichte und vorübergehend mittelschwere körperliche Arbeiten zumutbar, wohingegen schwere und dauernd mittelschwere körperliche Arbeiten, Arbeiten mit häufigem Sich-Bücken, Sich-Drehen und Sich-Wenden, Arbeiten in häufiger Zwangshaltung, Arbeiten mit häufiger Über-Kopf-Haltung und Arbeiten in Kälte und Nässe (ohne entsprechende Schutzkleidung) nicht zumutbar sind. Auch der gerichtliche Sachverständige Dr. D. sowie der Gutachter im Verwaltungsverfahren Dr. Th. gelangten - unter Annahme anderer Diagnosen - zu einem vollschichtigen Leistungsvermögen des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, wie auch die Entlassungsberichte der Reha-Kliniken. Nicht folgen konnte der Senat auch dem gerichtlichen Sachverständigen B. insoweit, als dieser nicht nur eine posttraumatische Belastungsstörung, sondern auch eine schwere chronische Depression diagnostiziert hat. Prof. Dr. B. hat überzeugend darauf hingewiesen, dass die resultierende Defizite im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessensspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit vom Arzt B. nicht ausreichend gewürdigt worden sind. Nicht folgen kann der Senat auch der sachverständigen Zeugenaussage der Dr. Sp. vom 3. Oktober 2012, da eine schlüssig und nachvollziehbare Begründung für eine schwere, chronisch progrediente depressive Störung nicht gegeben worden ist.
Nicht gegen die Beurteilung des Prof. Dr. B. spricht die Behauptung des Klägers, er habe noch nie einen Hund besessen, Prof. Dr. B. führe das aber mehrfach zu seinen Ungunsten aus. Zum Ersten ist festzustellen, dass der Kläger nach der Anamnese gegenüber Dr. D. mehrfach von einem Hund, einem Schäferhund, gesprochen hat und Prof. Dr. B. diese Aktenlage auswerten durfte. Zudem ist es unerheblich, ob der Kläger die Spaziergänge mit oder ohne einen Hund durchführt. Dass der Kläger Spaziergänge unternimmt, ergibt sich aber auch aus dem Gutachten des Arztes B., der als Tagesstrukturierung nach der Morgentoilette und Frühstück einen Spaziergang am Vormittag festgehalten hat.
Relevante Erkrankungen auf anderen medizinischen Fachgebieten liegen nicht vor. So hat auch der Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen, Sozialmedizin, B. nur psychiatrische Diagnosen gestellt; Prof. Dr. B. hat weitere gutachterliche Untersuchungen nicht für erforderlich erachtet. Der ärztliche Entlassungsbericht der Sch.-Klinik vom 16. Mai 2014 hat mit Ausnahme des auch von Prof. Dr. B. unter neurologischem Gesichtspunkt berücksichtigten Kreuzschmerzes ein vollschichtiges Leistungsvermögen des Klägers für leichte körperliche Tätigkeiten angenommen. Weitere Ermittlungen von Amts wegen drängten sich hiernach nicht auf.
Der Senat hat auch keine Veranlassung gesehen, ein weiteres Gutachten nach § 109 SGG einzuholen. Zwar können mehrere Ärzte gutachtlich anzuhören sein. Einem wiederholenden Antrag muss aber nur unter besonderen Umständen gefolgt werden (vgl. Meyer-Ladewig&/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG,11. Aufl. § 109 SGG Rdnr. 10b, 11b m.w.N.). Der Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 109 SGG ist damit begründet worden, dass das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. B. nicht Grundlage einer Entscheidung sein könne. Dies stellt aber keinen besonderen Umstand dar, ein weiteres Gutachten nach § 109 SGG einzuholen. Wäre das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. B. nicht überzeugend, so müsste der Senat gegebenenfalls von Amts wegen ein weiteres Gutachten einholen, sofern es sich nicht auf ein anderes Gutachten stützen kann. Einen Grund, ein weiteres Gutachten nach § 109 SGG einzuholen, stellt es nicht dar, zumal das Gutachten des Prof. Dr. B. den Senat überzeugt.
Der Senat sieht auch keinen Grund, das Gutachten des Prof. Dr. W. abzuwarten, da die Diagnosen nicht entscheidend sind (s.o.) und die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht relevant ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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