S 2 SO 333/15 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 2 SO 333/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die ungedeckten Heimkosten des Antragstellers aus der Unterbringung im Seniorenheim "K Wohnpflege" in E bis zum rechtskräftigen Abschluss des Ver-fahrens über den Antrag auf Übernahme der ungedeckten Heimkosten vom 13.07.2015 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu tragen. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe:

I.
Der Antragsteller begehrt die Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme der ungedeckten Heimkosten im Seniorenheim "K Wohnpflege".

Der am 00.00.1957 geborene Antragsteller erlitt im Jahre 2013 einen Schlaganfall. In der Folge verbrachte er zwei Monate im Pflegeheim. Die Ärzte und die Pflegedienstleitung waren der Ansicht, dass eine dauerhafte Heimunterbringung dringend notwendig sei. In der Folgezeit verschlechterte sich der Gesundheitszustand des Antragstellers sowohl körperlich als auch geistig zunehmend. Es kam zu mehreren körperlichen Zusammenbrüchen. Nach einem zweiten Schlaganfall kam der Antragsteller nach der Akutbehandlung und ärztlicher Empfehlung einer stationären Wohnform in das Seniorenheim des Kreises Lippe "K Wohnpflege". Die behandelnde Fachärztin für Psychiatrie im H E attestiert eine schizoaffektive Störung, derzeit depressiv und ferner eine Multifarktdemenz. Sie führt unter anderem aus, aufgrund der Erkrankungen und aus den klinischen Beobachtungen heraus sei der Antragsteller nicht mehr in der Lage, selbständig für eine geregelte Tagesstruktur, körperliche Selbstfürsorge, notwendige Hygienemaßnahmen, Nahrungsaufnahme sowie medizinische Versorgung zu sorgen. Er benötige eine engmaschige Führung, um eine geregelte Tagesstruktur aufrecht zu erhalten. Eine Verlegung in eine entsprechende Einrichtung werde als unumgänglich erachtet.

Die Antragsgegnerin übernahm zunächst die Kosten bis zum 31.10.2015 im Sinne einer Kurzzeitpflege. Eine Pflegestufe im Sinne der Pflegeversicherung wurde nach Begutachtung durch die Pflegekassen sodann abgelehnt.

Der Antragsteller beantragte unter dem 13.07.2015 die Übernahme der ungedeckten Kosten für die stationäre Heimunterbringung des Antragstellers.

Mit Bescheid vom 09.10.2015 lehnte der Antragsgegner die beantragten Leistungen ab. Es solle eine Unterbringung in einer Einrichtung der Eingliederungshilfe angestrebt werden. Deshalb sei eine Übernahme der ungedeckten Heimkosten im Kreisseniorenheim ab dem 01.11.2015 nicht möglich. Für die Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheids vom 09.10.2015 Bezug genommen.

Der Antragsteller begehrt nun einstweiligen Rechtsschutz.

Er beantragt,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ab dem 01.11.2015 vorläufig, längstens jedoch bis zum Abschluss des Verfahrens, Hilfe zur Pflege durch Übernahme der ungedeckten Heimkosten für seine Unterbringung im Seniorenheim des Kreises Lippe "K Wohnpflege" zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abzulehnen.

Zur Begründung wiederholt er seine bisherigen Ausführungen, der Antragsteller benötige eine stationäre Maßnahme der Eingliederungshilfe, nicht Hilfe zur Pflege.

Für die weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die beigezogene Akte des Verwaltungsverfahrens.

II.
Der Antrag im gerichtlichen Verfahren auf "Hilfe zur Pflege" ist zunächst dahin auszulegen, dass der Antragsteller gleich aus welcher Anspruchsgrundlage seine ungedeckten Heimkosten aus Mitteln der Sozialhilfe gedeckt wissen will. Denn nichts anderes hat der Antragsteller auch durch seinen Betreuer bereits im Verwaltungsverfahren am 13.07.2015 beantragt. Dabei musste der Betreuer nicht etwa zwischen Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem 6. Kapitel des SGB XII und Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem 7. Kapitel des SGB XII unterscheiden. Maßgeblich ist, was der Antragsteller aus der Sicht eines objektiven Empfängers unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls begehrt. Der Betreuer hat zum Ausdruck gebracht, dass der Antragsteller stationär in einem Heim untergebracht werden musste und hierfür die Übernahme der ungedeckten Kosten begehrt.

Der zulässige Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist begründet. Das Gericht der Hauptsache kann gemäß § 86b Abs. 1 SGG auf Antrag ( ...) 2. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Diese Bestimmung kommt auch zur Anwendung, wenn die Verwaltung die aufschiebende Wirkung nicht beachtet, also die aufschiebende Wirkung festgestellt werden muss (Meyer-Ladewig/Keller, Kommentar zum SGG § 86b Rdnr. 5 und 15). Gemäß § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache ferner auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines bestehenden Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Der geltend gemachte Hilfeanspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund), die Eilbedürftigkeit, sind ge-mäß §§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens bedarf es einer Interessenabwägung, ob dem Antragsteller unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten unzumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Im vorliegenden Fall sind Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund hinreichend glaubhaft gemacht.

Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch auf Übernahme der ungedeckten, stationären Heimkosten. Dieser ergibt sich allerdings unter dem Aspekt der Eingliederungshilfe, wobei der Antragsgegner hier aus § 14 Abs. 2 SGB IX zuständig ist.

Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger gemäß § 14 Abs. 1 SGB IX innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Abs. 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, wird der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 Feststellungen nach § 11 Abs. 2a Nr. 1 des Sechsten Buches und § 22 Abs. 2 des Dritten Buches nicht getroffen. Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger gemäß § 14 Abs. 2 SGB IX den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest. Muss für diese Feststellung ein Gutachten nicht eingeholt werden, entscheidet der Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 und 2 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die in Satz 2 genannte Frist beginnt mit dem Eingang bei diesem Rehabilitationsträger. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Kann der Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, für die beantragte Leistung nicht Rehabilitationsträger nach § 6 Abs. 1 sein, klärt er unverzüglich mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger, von wem und in welcher Weise über den Antrag innerhalb der Fristen nach den Sätzen 2 und 4 entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

Der Gesetzgeber wollte durch die Schaffung der Regelung des § 14 Abs. 2 SGB IX vermeiden, dass der eingliederungsbedürftige Mensch in den komplizierten Regelungen über die Zuständigkeit der unterschiedlichsten potentiellen Reha-Träger gleichsam zwischen den Stühlen sitzt und keine Leistungen bekommt. Genau ein solcher Fall liegt hier vor.

Zwischen den Beteiligten ist völlig unstreitig, dass der Antragsteller auf tatsächlicher Ebene nicht mehr allein in einer Wohnung leben kann. Unstreitig ist auch, dass er die Kosten nicht selbst tragen kann. Hinsichtlich der gesundheitlichen Situation haben die Mediziner im Wesentlichen eine stationäre Wohnform empfohlen. Für die Einzelheiten wird auf den medizinischen Bericht von Frau Dr. M vom 03.07.2015 Bezug genommen. Das Pflegegutachten im Rahmen der Feststellung der Pflegestufe hat ergeben, dass er sich noch selbst elementar pflegen kann. Es wurde keine Pflegestufe festgestellt. Für die Hilfe zur Pflege ist der örtliche Träger zuständig. Für die stationäre Eingliederungshilfe ist der überörtliche Sozialhilfeträger originär zuständig.

Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, erhalten gemäß § 53 Abs. 1 SGB XII Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Personen mit einer anderen körper-lichen, geistigen oder seelischen Behinderung können Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten. Von einer Behinderung bedroht sind gemäß § 53 Abs. 2 SGB XII Personen, bei denen der Eintritt der Behinderung nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Dies gilt für Personen, für die vorbeugende Gesundheitshilfe und Hilfe bei Krankheit nach den §§ 47 und 48 erforderlich ist, nur, wenn auch bei Durchführung dieser Leistungen eine Behinderung einzutreten droht. Besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es gemäß § 53 Abs. 3 SGB XII, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Men-schen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen. Für die Leistungen zur Teilhabe gelten gemäß § 53 Abs. 4 SGB XII die Vorschriften des Neunten Buches, soweit sich aus diesem Buch und den auf Grund dieses Buches erlassenen Rechtsverordnungen nichts Abweichendes ergibt. Die Zuständigkeit und die Vo-raussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe richten sich nach diesem Buch.

Bei summarischer Prüfung, also vollständiger rechtlicher Prüfung anhand der Aktenlage ohne weitere Beweisaufnahme, spricht hier zunächst einmal mehr dafür, dass das Wohnen in einer stationären Einrichtung hier der Eingliederungshilfe nach §§ 53 SGB XII und nicht der Hilfe zur Pflege nach § 61 ff. SGB XII zuzuordnen ist, da der Antragsteller nicht pfle-gebedürftig im Sinne der Pflegeversicherung ist und sich auch noch nicht in einem fortgeschrittenen Seniorenalter befindet, wo in die Gesamtabwägung des Einzelfalles einzustellen wäre, dass er vielleicht nicht allzu lange in der Einrichtung der Eingliederungshilfe verbleiben kann, bevor er bei fortschreitendem Abbau der Gesundheit und fortschreitendem Alter in absehbarer Zeit dann ohnehin ins Pflegeheim umziehen müsste.

Der Antragsgegner hätte jedoch, seinem Standpunkt folgend, dass der Antragsteller in-haltlich eine Maßnahme der Eingliederungshilfe begehrt, den Antrag auf Eingliederungshilfe an den zuständigen Träger nach näherer Maßgabe des § 14 SGB IX weiterleiten müssen. Dies hat der Antragsgegner nicht getan. Dadurch ist die Zuständigkeitsfiktion des § 14 Abs. 2 SGB XII bei ihm eingetreten.

Unter dem Aspekt der Eingliederungshilfe sind bei dem Antragsteller bei summarischer Prüfung im oben genannten Sinne die Voraussetzungen des § 53 SGB XII in Verbindung mit § 55 SGB IX erfüllt. Denn als Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft werden gemäß § 55 SGB IX die Leistungen erbracht, die den behinderten Menschen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglichen oder sichern oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege machen und nach den Kapiteln 4 bis 6 nicht erbracht werden. Leistungen nach Absatz 1 sind gemäß § 55 Abs. 2 SGB IX insbesondere 1. Versorgung mit anderen als den in § 31 genannten Hilfsmitteln oder den in § 33 genannten Hilfen, 2. heilpädagogische Leistungen für Kinder, die noch nicht eingeschult sind, 3. Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, die erforderlich und geeignet sind, behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen, 4. Hilfen zur Förderung der Verständigung mit der Umwelt, 5. Hilfen bei der Beschaffung, dem Umbau, der Ausstattung und der Erhaltung einer Wohnung, die den besonderen Bedürfnissen der behinderten Menschen entspricht, 6. Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten, 7. Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben.

Desweiteren kommt das Altenheim hier jedenfalls vorläufig und im Einzelfall auch als Einrichtung der Eingliederungshilfe in Betracht. Denn insoweit ist auch die Rechtsbeziehung zwischen Leistungserbringer und Kostenträger im Sinne der §§ 75 ff. SGB XII hinreichend geregelt.

Einrichtungen sind gemäß § 75 Abs. 1 SGB XII stationäre und teilstationäre Einrichtungen im Sinne von § 13. Die §§ 75 bis 80 finden auch für Dienste Anwendung, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist. Zur Erfüllung der Aufgaben der Sozialhilfe sollen die Träger der Sozialhilfe gemäß § 75 Abs. 2 SGB XII eigene Einrichtungen nicht neu schaffen, soweit geeignete Einrichtungen anderer Träger vorhanden sind, ausgebaut oder geschaffen werden können. Vereinbarungen nach Absatz 3 sind nur mit Trägern von Einrichtungen abzuschließen, die insbesondere unter Berücksichtigung ihrer Leistungsfähigkeit und der Sicherstellung der Grundsätze des § 9 Abs. 1 zur Erbringung der Leistungen geeignet sind. Sind Einrichtungen vorhanden, die in gleichem Maße geeignet sind, hat der Träger der Sozialhilfe Vereinbarungen vorrangig mit Trägern abzuschließen, deren Vergütung bei vergleichbarem Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung nicht höher ist als die anderer Träger. Wird die Leistung von einer Einrichtung erbracht, ist der Träger der Sozialhilfe gemäß § 75 Abs. 3 SGB XII zur Übernahme der Vergütung für die Leistung nur verpflichtet, wenn mit dem Träger der Einrichtung oder seinem Verband eine Vereinbarung über 1. Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (Leistungsvereinbarung), 2. die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzt (Vergütungsvereinbarung) und 3. die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (Prüfungsvereinbarung) besteht. Die Vereinbarungen müssen den Grundsätzen der Wirt-schaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen. Der Träger der Sozialhilfe kann die Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistung prüfen. Ist eine der in Absatz 3 ge-nannten Vereinbarungen nicht abgeschlossen, darf der Träger der Sozialhilfe gemäß § 75 Abs. 4 SGB XII Leistungen durch diese Einrichtung nur erbringen, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalls geboten ist. Hierzu hat der Träger der Einrichtung ein Leistungsangebot vorzulegen, das die Voraussetzung des § 76 erfüllt, und sich schriftlich zu verpflichten, Leistungen entsprechend diesem Angebot zu erbringen. Vergütungen dürfen nur bis zu der Höhe übernommen werden, wie sie der Träger der Sozialhilfe am Ort der Unterbringung oder in seiner nächsten Umgebung für vergleichbare Leistungen nach den nach Absatz 3 abgeschlossenen Vereinbarungen mit anderen Einrichtungen trägt. Für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen gelten die Vereinbarungsinhalte des Trägers der Sozialhilfe mit vergleichbaren Einrichtungen entsprechend. Der Träger der Sozialhilfe hat die Einrichtung über Inhalt und Umfang dieser Prüfung zu unterrichten. Absatz 5 gilt entsprechend. Bei zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 72 des Elften Buches richten sich gemäß § 75 Abs. 5 SGB XII Art, Inhalt, Umfang und Vergütung der ambulanten und teilstationären Pflegeleistungen sowie der Leistungen der Kurzzeitpflege und der vollstationären Pflegeleistungen sowie der Leistungen bei Unterkunft und Verpflegung und der Zusatzleistungen in Pflegeheimen nach den Vorschriften des Achten Kapitels des Elften Buches, soweit nicht nach § 61 weitergehende Leistungen zu erbringen sind. Satz 1 gilt nicht, soweit Vereinbarungen nach dem Achten Kapitel des Elften Buches nicht im Einvernehmen mit dem Träger der Sozialhilfe getroffen worden sind. Der Träger der Sozialhilfe ist zur Übernahme gesondert berechneter Investitionskosten nach § 82 Abs. 4 des Elften Buches nur verpflichtet, wenn hierüber entsprechende Vereinbarungen nach dem Zehnten Kapitel getroffen worden sind.

Dass der Antragsteller derzeit stationär in einem Seniorenheim verweilt, also einer Einrichtung, die ganz regelmäßig Leistungen nach dem SGB XI erbringt, spricht schon dafür, dass eine hinreichende Leistungserbringerbeziehung besteht, indem das SGB XII von der Gesetzestechnik her erst einmal auf die Regelungen über die Leistungserbringer nach dem SGB XI Bezug nimmt und diese nur in Einzelfällen noch erweitert. Doch selbst wenn die Leistungserbringerbeziehung hier bezogen auf den Einzelfall des Antragstellers die Frage offen lassen würde, wie dessen Fall abgerechnet werden soll, da er in keine Pflegestufe der Pflegeversicherung eingeordnet ist, so wäre im vorliegenden Fall jedenfalls bis zur rechts-kräftigen Klärung, in welcher stationären Einrichtung der Antragsteller rechtlich nun verweilen darf, eine Vereinbarung nach § 75 Abs. 4 S.1 SGB XII in diesem Einzelfall geboten.

Denn dem Antragsteller ist jedenfalls nach summarischer Prüfung ohne weitere Beweisaufnahme bei dem schweren Krankheitsbild nicht zumutbar, die Einrichtung vorläufig zu verlassen, ohne dass endgültig geklärt wäre, in welcher Einrichtung er verweilen kann. Der Kläger steht schon seit über 17 Jahren unter Betreuung. Nach Lage der Akten ist hierfür die schizoaffektive Störung der Grund. Gerade bei Menschen mit Erkrankungen aus dem Bereich der schizoaffektiven Störungen, der Schizophrenie oder der Borderline-Erkrankungen sind jegliche Veränderungen des sozialen Umfelds ohnehin schon sehr problematisch. Neben der langjährigen Beeinträchtigung aus diesem Formenkreis hat den Antragsteller dann in jüngster Zeit das Schicksal noch weiter ereilt, indem er mehrere Schlaganfälle erlitten hat. Unter diesen Umständen sieht das Gericht es anhand der lediglich möglichen summarischen Prüfung ohne weitere Beweisaufnahme als erforderlich an, dass dem An-tragsteller jeder unnötige Wechsel der Einrichtung erspart bleibt, da jede Eingewöhnung in ein neues soziales Umfeld hier für den Antragsteller mit großen Schwierigkeiten verbunden sein dürfte.

Aus den eben geschilderten Gründen ergibt sich zugleich auch der Anordnungsgrund, also die Eilbedürftigkeit, da der Antragsteller seinen Aufenthalt dort nicht selbst finanzieren kann. Im Rahmen der diesbezüglichen Abwägung ist auch zu beachten, dass die Kosten im Seniorenheim nicht etwa deutlich höher ausfallen würden als in einer stationären Einrichtung der Eingliederungshilfe. Dies ergibt sich schon aus den Bezugnahmen in den § 75 ff. SGB XII auf die entsprechenden Regelungen im SGB XI. Es gibt daher keinen vernünftigen Grund, warum der Antragsteller derzeit das Seniorenheim verlassen sollte, wenn er dort gut zurecht kommt, und bevor nicht mit dem eigentlich zuständigen Träger der stationären Eingliederungshilfe, dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe, abschließend geklärt ist, ob die stationäre Eingliederungshilfe im Einzelfall des Antragstellers nicht auch in dem Seniorenheim erbracht werden kann. Wer die Kosten im Innenverhältnis zwischen dem überörtlichen Sozialhilfeträger als zuständigem Träger der Eingliederungshilfe und dem örtlichen Träger der Sozialhilfe als zuständigem Träger für die Hilfe zur Pflege einerseits und als erstangegangener Reha-Träger im Sinne des § 14 SGB IX andererseits zu tragen hat, werden die beiden Sozialhilfeträger insoweit untereinander zu klären haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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