Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 AS 34/14
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 852/15 WA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Verweisung einer Wiederaufnahmeklage an das Gericht des ersten Rechtszuges, wenn das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen und nicht in der Sache entschieden hatte.
Die Klage auf Wiederaufnahme des Verfahrens S 15 AS 34/14 (Berufungsverfahren L 11 AS 762/14) wird an das Sozialgericht Würzburg verwiesen.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Wiederaufnahme des Verfahrens S 15 AS 34/14 (Berufungsverfahren L 11 AS 762/14).
Der 1958 geborene Kläger bezieht seit 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Bescheid vom 11.12.2013 bewilligte der Beklagte Alg II für die Zeit vom 01.01.2014 bis 30.06.2014. Neben dem Regelbedarf und dem Mehrbedarf für die Warmwassererzeugung iHv insgesamt 399,99 EUR monatlich rechnete er für die Monate Februar und Mai zusätzlich 2014 jeweils einen Betrag von 15,82 EUR als Bedarfe für Unterkunft und Heizung (Grundsteuer B) ein. Mit Änderungsbescheid vom 18.12.2013 berücksichtigte der Beklagte bei der Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.01.2014 bis 30.06.2014 keine Bedarfe für Unterkunft und Heizung mehr, da die diesbezüglichen Abschlagszahlungen erst im Juli 2014 fällig seien. Den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem der Kläger "Belastungen" von monatlich 51 EUR geltend machte, verwarf der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.01.2014 als unzulässig. Mit Änderungsbescheiden vom 06.02.2014 und 10.07.2014 bewilligte der Beklagte weitere Leistungen unter Berücksichtigung anfallender Kosten für Wasser und Kanal (Februar 2014: 7,20 EUR; März und Mai 2014: je 41 EUR) und Kaminkehrerkosten (Juni 2014: 74,22 EUR). Für die Zeit vom 01.07.2014 bis 31.12.2014 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 24.06.2014 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26.06.2014 und 10.07.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 02.10.2014 Alg II. Neben dem Regelbedarf und dem Mehrbedarf für die Warmwassererzeugung iHv insgesamt 399,99 EUR monatlich wurden als Bedarfe für Unterkunft und Heizung im Juli 2014 Müllgebühren iHv 115,32 EUR und Grundsteuer B iHv 63,28 EUR, im August 2014 Wasser und Kanal iHv 41 EUR, im Oktober 2014 Gebäudeversicherung iHv 119,31 EUR und im November 2014 Wasser und Kanal iHv 41 EUR berücksichtigt. Die gegen den Widerspruchsbescheid vom 21.01.2014 erhobene Klage, mit dem der Kläger zuletzt noch für das Jahr 2014 weitere Leistungen für die Bedarfe für Unterkunft und Heizung iHv 890,64 EUR abzüglich bereits hierfür erbrachter Leistungen begehrt hat, hat das Sozialgericht Würzburg (SG) mit Gerichtsbescheid vom 17.09.2014 (S 15 AS 34/14) abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung hat der Senat mit Urteil vom 18.03.2015 (L 11 AS 762/14) als unzulässig verworfen. Der Wert des Beschwerdegegenstands überschreite 750 EUR nicht, es handele sich nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr und die Berufung sei vom SG nicht zugelassen worden.
Der Kläger hat beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) die Wiederaufnahme des Verfahrens S 15 AS 34/14 (Berufungsverfahren L 11 AS 762/14) beantragt. Erst jetzt lägen die kompletten Urkunden vollständig vor und seien zuvor vom Senat nicht berücksichtigt worden. Die Urkunden seien beim SG am 20.07.2015 eingegangen. Die Sache sei an das SG zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Verfahren S 15 AS 34/14 (Berufungsverfahren L 11 AS 762/14) wieder aufzunehmen und das Urteil des Bayer. Landessozialgerichts vom 18.03.2015 sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 17.09.2014 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Würzburg zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt, die Wiederaufnahmeklage gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 18.03.2015 - L 11 AS 762/14 - als unzulässig zu verwerfen bzw. im Falle der Zulässigkeit die Klage als unbegründet zurückzuweisen.
Gründe für eine Wiederaufnahme seien nicht schlüssig dargelegt. Die vom Kläger benannten Urkunden seien für das Verfahren ohne Einfluss.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die Wiederaufnahmeklage ist an das SG zu verweisen. Die Beteiligten sind vor der Verweisung angehört worden.
Gemäß § 98 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 17a Abs 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) ist bei sachlicher Unzuständigkeit der Rechtsstreit nach Anhörung an das zuständige Gericht zu verweisen. Diese Vorschriften sind jedenfalls entsprechend auch bei nicht gegebener funktionaler (instanzieller) Zuständigkeit anzuwenden (vgl Beschluss des Senats vom 27.03.2014 - L 11 AS 178/14 ER; LSG Berlin- Brandenburg, Beschluss vom 15.03.2006 - L 1 B 77/06 KR ER - juris; LSG NRW, Beschluss vom 30.01.2009 - L 16 AR 4/08 - juris; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 98 Rn 2 mwN). Ansonsten würde in Fällen wie dem vorliegenden den Beteiligten der gemäß Art 101 Grundgesetz (GG) garantierte gesetzliche Richter entzogen.
Das LSG ist funktionell unzuständig. Für eine Wiederaufnahmeklagte ist zunächst grundsätzlich das Gericht zuständig, das im ersten Rechtszug erkannt hat (§ 584 Abs 1 1.HS ZPO), mithin das SG. Das LSG ist nur dann zuständig, wenn es das angegriffene Urteil erlassen (§ 584 Abs 1 2.HS ZPO) und dabei sachlich entschieden hat, insbesondere die Berufung zurückgewiesen hat. Verwirft das Berufungsgericht jedoch die Berufung als unzulässig und entscheidet deshalb nicht in der Sache, verbleibt es bei der Zuständigkeit des SG (Leitherer aaO § 179 Rn 8).
Vorliegend hat der Senat die Berufung mit Urteil vom 18.03.2015 (L 11 AS 762/14) als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstands nicht mehr als 750 EUR betragen und es sich nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr gehandelt hat (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und Satz 2 SGG). Eine Entscheidung in der Sache wurde somit vom Senat nicht getroffen. Es verbleibt damit bei der Zuständigkeit des SG für die Wiederaufnahmeklage. Diese war deshalb an das SG zu verweisen.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens bleibt dem SG vorbehalten (§ 98 Satz 1 SGG iVm § 17b Abs 2 Satz 1 GVG).
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 98 Satz 2 SGG iVm § 17a Abs 2 Satz 1 GVG; § 177 SGG).
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Wiederaufnahme des Verfahrens S 15 AS 34/14 (Berufungsverfahren L 11 AS 762/14).
Der 1958 geborene Kläger bezieht seit 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Bescheid vom 11.12.2013 bewilligte der Beklagte Alg II für die Zeit vom 01.01.2014 bis 30.06.2014. Neben dem Regelbedarf und dem Mehrbedarf für die Warmwassererzeugung iHv insgesamt 399,99 EUR monatlich rechnete er für die Monate Februar und Mai zusätzlich 2014 jeweils einen Betrag von 15,82 EUR als Bedarfe für Unterkunft und Heizung (Grundsteuer B) ein. Mit Änderungsbescheid vom 18.12.2013 berücksichtigte der Beklagte bei der Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.01.2014 bis 30.06.2014 keine Bedarfe für Unterkunft und Heizung mehr, da die diesbezüglichen Abschlagszahlungen erst im Juli 2014 fällig seien. Den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem der Kläger "Belastungen" von monatlich 51 EUR geltend machte, verwarf der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.01.2014 als unzulässig. Mit Änderungsbescheiden vom 06.02.2014 und 10.07.2014 bewilligte der Beklagte weitere Leistungen unter Berücksichtigung anfallender Kosten für Wasser und Kanal (Februar 2014: 7,20 EUR; März und Mai 2014: je 41 EUR) und Kaminkehrerkosten (Juni 2014: 74,22 EUR). Für die Zeit vom 01.07.2014 bis 31.12.2014 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 24.06.2014 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26.06.2014 und 10.07.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 02.10.2014 Alg II. Neben dem Regelbedarf und dem Mehrbedarf für die Warmwassererzeugung iHv insgesamt 399,99 EUR monatlich wurden als Bedarfe für Unterkunft und Heizung im Juli 2014 Müllgebühren iHv 115,32 EUR und Grundsteuer B iHv 63,28 EUR, im August 2014 Wasser und Kanal iHv 41 EUR, im Oktober 2014 Gebäudeversicherung iHv 119,31 EUR und im November 2014 Wasser und Kanal iHv 41 EUR berücksichtigt. Die gegen den Widerspruchsbescheid vom 21.01.2014 erhobene Klage, mit dem der Kläger zuletzt noch für das Jahr 2014 weitere Leistungen für die Bedarfe für Unterkunft und Heizung iHv 890,64 EUR abzüglich bereits hierfür erbrachter Leistungen begehrt hat, hat das Sozialgericht Würzburg (SG) mit Gerichtsbescheid vom 17.09.2014 (S 15 AS 34/14) abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung hat der Senat mit Urteil vom 18.03.2015 (L 11 AS 762/14) als unzulässig verworfen. Der Wert des Beschwerdegegenstands überschreite 750 EUR nicht, es handele sich nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr und die Berufung sei vom SG nicht zugelassen worden.
Der Kläger hat beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) die Wiederaufnahme des Verfahrens S 15 AS 34/14 (Berufungsverfahren L 11 AS 762/14) beantragt. Erst jetzt lägen die kompletten Urkunden vollständig vor und seien zuvor vom Senat nicht berücksichtigt worden. Die Urkunden seien beim SG am 20.07.2015 eingegangen. Die Sache sei an das SG zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Verfahren S 15 AS 34/14 (Berufungsverfahren L 11 AS 762/14) wieder aufzunehmen und das Urteil des Bayer. Landessozialgerichts vom 18.03.2015 sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 17.09.2014 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Würzburg zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt, die Wiederaufnahmeklage gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 18.03.2015 - L 11 AS 762/14 - als unzulässig zu verwerfen bzw. im Falle der Zulässigkeit die Klage als unbegründet zurückzuweisen.
Gründe für eine Wiederaufnahme seien nicht schlüssig dargelegt. Die vom Kläger benannten Urkunden seien für das Verfahren ohne Einfluss.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die Wiederaufnahmeklage ist an das SG zu verweisen. Die Beteiligten sind vor der Verweisung angehört worden.
Gemäß § 98 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 17a Abs 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) ist bei sachlicher Unzuständigkeit der Rechtsstreit nach Anhörung an das zuständige Gericht zu verweisen. Diese Vorschriften sind jedenfalls entsprechend auch bei nicht gegebener funktionaler (instanzieller) Zuständigkeit anzuwenden (vgl Beschluss des Senats vom 27.03.2014 - L 11 AS 178/14 ER; LSG Berlin- Brandenburg, Beschluss vom 15.03.2006 - L 1 B 77/06 KR ER - juris; LSG NRW, Beschluss vom 30.01.2009 - L 16 AR 4/08 - juris; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 98 Rn 2 mwN). Ansonsten würde in Fällen wie dem vorliegenden den Beteiligten der gemäß Art 101 Grundgesetz (GG) garantierte gesetzliche Richter entzogen.
Das LSG ist funktionell unzuständig. Für eine Wiederaufnahmeklagte ist zunächst grundsätzlich das Gericht zuständig, das im ersten Rechtszug erkannt hat (§ 584 Abs 1 1.HS ZPO), mithin das SG. Das LSG ist nur dann zuständig, wenn es das angegriffene Urteil erlassen (§ 584 Abs 1 2.HS ZPO) und dabei sachlich entschieden hat, insbesondere die Berufung zurückgewiesen hat. Verwirft das Berufungsgericht jedoch die Berufung als unzulässig und entscheidet deshalb nicht in der Sache, verbleibt es bei der Zuständigkeit des SG (Leitherer aaO § 179 Rn 8).
Vorliegend hat der Senat die Berufung mit Urteil vom 18.03.2015 (L 11 AS 762/14) als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstands nicht mehr als 750 EUR betragen und es sich nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr gehandelt hat (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und Satz 2 SGG). Eine Entscheidung in der Sache wurde somit vom Senat nicht getroffen. Es verbleibt damit bei der Zuständigkeit des SG für die Wiederaufnahmeklage. Diese war deshalb an das SG zu verweisen.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens bleibt dem SG vorbehalten (§ 98 Satz 1 SGG iVm § 17b Abs 2 Satz 1 GVG).
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 98 Satz 2 SGG iVm § 17a Abs 2 Satz 1 GVG; § 177 SGG).
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