Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 5 SB 338/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 SB 279/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 29. Oktober 2013 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahrens nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB) von 80 auf 30.
Der Beklagte hatte bei dem 1970 geborenen Kläger, der an einem Bronchialkarzinom erkrankt war, mit Bescheid vom 16. September 2005 für die Behinderung
bronchiale Geschwulsterkrankung (in Heilungsbewährung), Teilverlust der Lunge links (Nachprüfung: Februar 2010)
einen GdB von 80 festgestellt.
Während des im Sommer 2010 eingeleiteten Nachprüfungsverfahren hat der Beklagte nach versorgungsärztlicher Auswertung der eingeholten Befunde mit Bescheid vom 2. Februar 2011, der am folgenden Tag zur Post gegeben wurde, mit Wirkung ab Bekanntgabe den Gesamt-GdB auf 30 herabgesetzt. Den Widerspruch des Klägers wies er mit Widerspruchsbescheid vom 3. August 2011 zurück. Dieser Entscheidung legte er folgende (verwaltungsintern mit den aus den Klammerzusätzen ersichtlichen Einzel-GdB bewertete) Funktionsbeeinträchtigungen zugrunde:
a) Asthma bronchiale, Teilverlust des linken Lungenflügels (30), b) Nierenfunktionseinschränkung (20).
Mit der bei dem Sozialgericht Potsdam erhobenen Klage hat der Kläger begehrt, ihm weiterhin einen GdB von 80 zuzuerkennen.
Neben Befundberichten der den Kläger behandelnden Ärzte hat das Sozialgericht das Gutachten der Facharztes für Innere Medizin Dr. B vom 18. Juni 2013 eingeholt, der den Gesamt-GdB mit 50 eingeschätzt hat. Der Sachverständige ist dabei von folgenden Behinderungen ausgegangen:
a) pulmonale Störung mit kombiniertem obstruktiv restriktiven Lungensyndrom und Asthma bronchiale mit Zustand nach Lungenteilresektion des linken Oberlappens (40), b) kompensierte arterielle Hypertonie (20), c) Gichtarthropathie bei Hyperurikämie und rezidivierenden Gelenkbeschwerden der lumbalen Wirbelsäule und Gonalgien, derzeit kompensiert (20), d) Refluxkrankheit (20), c) depressive Stimmungslage (20).
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 10. November 2011 abgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, dass der Gesamt-GdB bei dem Kläger im Zeitpunkt der Herabsetzung lediglich 30 betragen habe. Insbesondere das Lungenleiden bedinge nur einen Einzel-GdB von 20.
Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Landessozialgericht eingelegt, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter hat er klargestellt, dass er den Herabsetzungsbescheid anfechte.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung des Gutachtens des Pneumologen Dr. S vom 3. Dezember 2014, der nach Untersuchung des Klägers dargelegt hat, dass das Lungenleiden des Klägers mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten sei. Der Gesamt-GdB betrage 30.
Anschließend hat der Senat das Gutachten des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. Sr vom 3. Juli 2015 eingeholt. Der Sachverständige hat bei der Untersuchung des Klägers folgende GdB-relevante Behinderungen festgestellt:
a) Teilverlust im Bereich des linken Lungenflügels, Asthma bronchiale (30), b) Nierenfunktionsstörung (20), c) Bluthochdruck (10), c) Rückflusserkrankung der Speiseröhre (10).
Der Gutachter hat dem Gesamt-GdB mit 30 bewertet.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 29. Oktober 2013 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 2. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2011 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge des Beklagten vorgelegen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Da der Kläger sich gegen die Herabsetzung des bei ihm ursprünglich mit Bescheid vom 16. September 2005 festgestellten GdB wendet, handelt es sich um eine Anfechtungsklage, bei welcher allein auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, also hier auf die bei ihm im August 2011 bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen, abzustellen ist. Spätere Verschlechterungen seines Gesundheitszustandes können deshalb in diesem Verfahren nicht verfolgt werden.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die angegriffenen Bescheide sind nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat nach Abschluss des Nachprüfungsverfahrens bei dem Kläger den Gesamt-GdB zutreffend auf 30 herabgesetzt.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung des Bewilligungsbescheides ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X), wonach ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei dessen Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben ist. Hierbei sind die zum Zeitpunkt der Aufhebung bestehenden tatsächlichen Verhältnisse mit jenen, die zum Zeitpunkt der letzten Leistungsbewilligung vorhanden gewesen sind, zu vergleichen.
Die von der Beklagten mit den hier angefochtenen Bescheiden aufgehobene Entscheidung über die Feststellung eines GdB von 80 ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Im Vergleich zu den im Zeitpunkt des Bescheides vom 16. September 2005 bestehenden Verhältnissen ist eine wesentliche Änderung eingetreten. Denn die bei dem Kläger im Jahre 2011 vorliegenden Funktionsbehinderungen rechtfertigten keinen Gesamt-GdB in Höhe von 80 mehr.
Nach den §§ 2 Abs. 1, 69 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX) sind die Auswirkungen der länger als sechs Monate anhaltenden Funktionsstörungen nach Zehnergraden abgestuft entsprechend den Maßstäben des § 30 Bundesversorgungsgesetz zu bewerten. Hierbei sind die in der Anlage zur Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412), die am 1. Januar 2009 in Kraft getreten ist, festgelegten "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" heranzuziehen.
Die ursprüngliche Bewertung der Behinderung "Lungenerkrankung im Stadium der Heilungsbewährung" mit einem Einzel-GdB von 80 ist nicht mehr möglich, da nach Ablauf der nach Entfernung eines Bronchialtumors abzuwartenden fünfjährigen Heilungsbewährung (vgl. Teil B Nr. 8.4 Satz 3 der Anlage zur VersMedV) bei dem Kläger kein Rezidiv mehr aufgetreten ist.
Nach den übereinstimmenden Feststellungen der Sachverständigen Dr. Ss und Dr. Sr sind die bei dem Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt bestehenden Funktionseinschränkungen der Atemwege als dauernde Lungenfunktionseinschränkung geringen Grades zu qualifizieren und mit einem Einzel-GdB von 30 anzusetzen. Der Senat folgt dieser überzeugenden Bewertung, die den Vorgaben in Teil B Nr. 8.3 Abs. 1 der Anlage zu § 2 VersMedV entspricht. Eine relevante Beeinträchtigung der Lungenfunktion, die einen Einzel-GdB von 40 rechtfertigen würde, ist nicht festgestellt worden. Die Einschätzung durch den Sachverständigen Dr. B ist im Hinblick auf die objektivierbaren körperliche Leistungsfähigkeit nicht zu rechtfertigen.
Über die Bewertung der Nierenfunktionsstörung mit einem Einzel-GdB von 20 besteht zwischen den Beteiligten – zu Recht – kein Streit.
Für den stabilen Bluthochdruck ist nach Teil B Nr. 9.3 der Anlage zu § 2 VersMedV kein höherer Einzel-GdB als 10 in Ansatz zu bringen.
Die Refluxerkrankung der Speiseröhre bedingt nach den überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen Dr. Sr nach Teil B Nr. 10.1 der Anlage zu § 2 VersMedV einen Einzel-GdB von 10.
Weitere GdB-relevante Behinderungen sind von den Sachverständigen nicht festgestellt worden. Die seelische Erkrankung bedingt nach den überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen Dr. Sr im entscheidungserheblichen Zeitpunkt keinen Einzel-GdB von 10.
Unter Berücksichtigung der einzelnen Behinderungen des Klägers war im August 2011 der Gesamt-GdB als Ausdruck der Gesamtbeeinträchtigung mit 30 zu bilden.
Liegen mehrere Beeinträchtigungen am Leben in der Gesellschaft vor, ist der GdB gemäß § 69 Abs. 3 SGB IX nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Nach Teil A Nr. 3c der Anlage zu § 2 VersMedV ist bei der Beurteilung des Gesamt-GdB von der Funktionsstörung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird.
Der einzusetzende Einzel-GdB von 30 für das Lungenleiden des Klägers ist mit Rücksicht auf die übrigen Behinderungen nicht anzuheben. Insbesondere wirkt sich die mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewertende Nierenfunktionsstörung nach der überzeugenden Einschätzung des Sachverständigen Dr. Sr nicht erhöhend aus, da eine Verstärkung der Funktionsbeeinträchtigungen nicht festgestellt worden ist. Die weiteren leichten Gesundheitsstörungen des Klägers, die nur einen Einzel-GdB von 10 bedingen, führen, von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen (z. B. hochgradige Schwerhörigkeit eines Ohres bei schwerer beidseitiger Einschränkung der Sehfähig-keit) abgesehen, nach Teil A Nr. 3d ee der Anlage zu § 2 VersMedV nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung,
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie folgt dem Ergebnis der Hauptsache.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB) von 80 auf 30.
Der Beklagte hatte bei dem 1970 geborenen Kläger, der an einem Bronchialkarzinom erkrankt war, mit Bescheid vom 16. September 2005 für die Behinderung
bronchiale Geschwulsterkrankung (in Heilungsbewährung), Teilverlust der Lunge links (Nachprüfung: Februar 2010)
einen GdB von 80 festgestellt.
Während des im Sommer 2010 eingeleiteten Nachprüfungsverfahren hat der Beklagte nach versorgungsärztlicher Auswertung der eingeholten Befunde mit Bescheid vom 2. Februar 2011, der am folgenden Tag zur Post gegeben wurde, mit Wirkung ab Bekanntgabe den Gesamt-GdB auf 30 herabgesetzt. Den Widerspruch des Klägers wies er mit Widerspruchsbescheid vom 3. August 2011 zurück. Dieser Entscheidung legte er folgende (verwaltungsintern mit den aus den Klammerzusätzen ersichtlichen Einzel-GdB bewertete) Funktionsbeeinträchtigungen zugrunde:
a) Asthma bronchiale, Teilverlust des linken Lungenflügels (30), b) Nierenfunktionseinschränkung (20).
Mit der bei dem Sozialgericht Potsdam erhobenen Klage hat der Kläger begehrt, ihm weiterhin einen GdB von 80 zuzuerkennen.
Neben Befundberichten der den Kläger behandelnden Ärzte hat das Sozialgericht das Gutachten der Facharztes für Innere Medizin Dr. B vom 18. Juni 2013 eingeholt, der den Gesamt-GdB mit 50 eingeschätzt hat. Der Sachverständige ist dabei von folgenden Behinderungen ausgegangen:
a) pulmonale Störung mit kombiniertem obstruktiv restriktiven Lungensyndrom und Asthma bronchiale mit Zustand nach Lungenteilresektion des linken Oberlappens (40), b) kompensierte arterielle Hypertonie (20), c) Gichtarthropathie bei Hyperurikämie und rezidivierenden Gelenkbeschwerden der lumbalen Wirbelsäule und Gonalgien, derzeit kompensiert (20), d) Refluxkrankheit (20), c) depressive Stimmungslage (20).
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 10. November 2011 abgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, dass der Gesamt-GdB bei dem Kläger im Zeitpunkt der Herabsetzung lediglich 30 betragen habe. Insbesondere das Lungenleiden bedinge nur einen Einzel-GdB von 20.
Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Landessozialgericht eingelegt, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter hat er klargestellt, dass er den Herabsetzungsbescheid anfechte.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung des Gutachtens des Pneumologen Dr. S vom 3. Dezember 2014, der nach Untersuchung des Klägers dargelegt hat, dass das Lungenleiden des Klägers mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten sei. Der Gesamt-GdB betrage 30.
Anschließend hat der Senat das Gutachten des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. Sr vom 3. Juli 2015 eingeholt. Der Sachverständige hat bei der Untersuchung des Klägers folgende GdB-relevante Behinderungen festgestellt:
a) Teilverlust im Bereich des linken Lungenflügels, Asthma bronchiale (30), b) Nierenfunktionsstörung (20), c) Bluthochdruck (10), c) Rückflusserkrankung der Speiseröhre (10).
Der Gutachter hat dem Gesamt-GdB mit 30 bewertet.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 29. Oktober 2013 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 2. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2011 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge des Beklagten vorgelegen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Da der Kläger sich gegen die Herabsetzung des bei ihm ursprünglich mit Bescheid vom 16. September 2005 festgestellten GdB wendet, handelt es sich um eine Anfechtungsklage, bei welcher allein auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, also hier auf die bei ihm im August 2011 bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen, abzustellen ist. Spätere Verschlechterungen seines Gesundheitszustandes können deshalb in diesem Verfahren nicht verfolgt werden.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die angegriffenen Bescheide sind nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat nach Abschluss des Nachprüfungsverfahrens bei dem Kläger den Gesamt-GdB zutreffend auf 30 herabgesetzt.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung des Bewilligungsbescheides ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X), wonach ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei dessen Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben ist. Hierbei sind die zum Zeitpunkt der Aufhebung bestehenden tatsächlichen Verhältnisse mit jenen, die zum Zeitpunkt der letzten Leistungsbewilligung vorhanden gewesen sind, zu vergleichen.
Die von der Beklagten mit den hier angefochtenen Bescheiden aufgehobene Entscheidung über die Feststellung eines GdB von 80 ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Im Vergleich zu den im Zeitpunkt des Bescheides vom 16. September 2005 bestehenden Verhältnissen ist eine wesentliche Änderung eingetreten. Denn die bei dem Kläger im Jahre 2011 vorliegenden Funktionsbehinderungen rechtfertigten keinen Gesamt-GdB in Höhe von 80 mehr.
Nach den §§ 2 Abs. 1, 69 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX) sind die Auswirkungen der länger als sechs Monate anhaltenden Funktionsstörungen nach Zehnergraden abgestuft entsprechend den Maßstäben des § 30 Bundesversorgungsgesetz zu bewerten. Hierbei sind die in der Anlage zur Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412), die am 1. Januar 2009 in Kraft getreten ist, festgelegten "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" heranzuziehen.
Die ursprüngliche Bewertung der Behinderung "Lungenerkrankung im Stadium der Heilungsbewährung" mit einem Einzel-GdB von 80 ist nicht mehr möglich, da nach Ablauf der nach Entfernung eines Bronchialtumors abzuwartenden fünfjährigen Heilungsbewährung (vgl. Teil B Nr. 8.4 Satz 3 der Anlage zur VersMedV) bei dem Kläger kein Rezidiv mehr aufgetreten ist.
Nach den übereinstimmenden Feststellungen der Sachverständigen Dr. Ss und Dr. Sr sind die bei dem Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt bestehenden Funktionseinschränkungen der Atemwege als dauernde Lungenfunktionseinschränkung geringen Grades zu qualifizieren und mit einem Einzel-GdB von 30 anzusetzen. Der Senat folgt dieser überzeugenden Bewertung, die den Vorgaben in Teil B Nr. 8.3 Abs. 1 der Anlage zu § 2 VersMedV entspricht. Eine relevante Beeinträchtigung der Lungenfunktion, die einen Einzel-GdB von 40 rechtfertigen würde, ist nicht festgestellt worden. Die Einschätzung durch den Sachverständigen Dr. B ist im Hinblick auf die objektivierbaren körperliche Leistungsfähigkeit nicht zu rechtfertigen.
Über die Bewertung der Nierenfunktionsstörung mit einem Einzel-GdB von 20 besteht zwischen den Beteiligten – zu Recht – kein Streit.
Für den stabilen Bluthochdruck ist nach Teil B Nr. 9.3 der Anlage zu § 2 VersMedV kein höherer Einzel-GdB als 10 in Ansatz zu bringen.
Die Refluxerkrankung der Speiseröhre bedingt nach den überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen Dr. Sr nach Teil B Nr. 10.1 der Anlage zu § 2 VersMedV einen Einzel-GdB von 10.
Weitere GdB-relevante Behinderungen sind von den Sachverständigen nicht festgestellt worden. Die seelische Erkrankung bedingt nach den überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen Dr. Sr im entscheidungserheblichen Zeitpunkt keinen Einzel-GdB von 10.
Unter Berücksichtigung der einzelnen Behinderungen des Klägers war im August 2011 der Gesamt-GdB als Ausdruck der Gesamtbeeinträchtigung mit 30 zu bilden.
Liegen mehrere Beeinträchtigungen am Leben in der Gesellschaft vor, ist der GdB gemäß § 69 Abs. 3 SGB IX nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Nach Teil A Nr. 3c der Anlage zu § 2 VersMedV ist bei der Beurteilung des Gesamt-GdB von der Funktionsstörung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird.
Der einzusetzende Einzel-GdB von 30 für das Lungenleiden des Klägers ist mit Rücksicht auf die übrigen Behinderungen nicht anzuheben. Insbesondere wirkt sich die mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewertende Nierenfunktionsstörung nach der überzeugenden Einschätzung des Sachverständigen Dr. Sr nicht erhöhend aus, da eine Verstärkung der Funktionsbeeinträchtigungen nicht festgestellt worden ist. Die weiteren leichten Gesundheitsstörungen des Klägers, die nur einen Einzel-GdB von 10 bedingen, führen, von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen (z. B. hochgradige Schwerhörigkeit eines Ohres bei schwerer beidseitiger Einschränkung der Sehfähig-keit) abgesehen, nach Teil A Nr. 3d ee der Anlage zu § 2 VersMedV nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung,
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie folgt dem Ergebnis der Hauptsache.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
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