Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 4350/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 U 2225/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 3. Mai 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente auf Grund einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) streitig.
Der am 30.09.1952 geborene Kläger arbeitete nach seiner Ausbildung als Kraftfahrzeugmechaniker ab Dezember 1984 bis einschließlich September 2011 bei der Firma A. Technologie GmbH & Co. KG im Bereich Centerless-Schleifen als Bediener von Schleifmaschinen. Seit 01.10.2011 befindet sich der Kläger in der Ruhephase der Altersteilzeit.
Auf die Anzeige des Verdachts einer Lärmschwerhörigkeit durch den behandelnden Arzt Dr. B. vom 15.06.2011 hin zog die Beklagte bei der Betriebsärztin Dr. C. die dort vorhandenen Untersuchungsunterlagen über den Kläger bei und veranlasste eine Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition durch den Präventionsdienst. Dieser gelangte zum Ergebnis eines Tages-Expositionspegels von 88 dB(A) seit 1984 ohne Spitzenschalldruckpegel. In einem am 14.12.2011 für die Beklagte erstellten und auf einer Untersuchung des Klägers am selben Tag beruhenden Gutachten teilte der HNO-Arzt Dr. D. mit, die audiometrischen Befunde würden das Bild einer Hochtonsenke um 4-6 Kilohertz (kHz) zeigen, wie es für eine lärmbedingte Schädigung typisch sei. Die sprachaudiometrische Auswertung ergebe einen Hörverlust rechts von 0 % und links von 10 %; die tonaudiometrische Beurteilung führe zum gleichen Ergebnis. Die berufliche Lärmexposition von 1984 bis 2011 sei geeignet und ursächlich für die Hochtonschädigung. Der zugleich festgestellte Hörverlust im tiefen und mittleren Frequenzbereich, insbesondere links, sowie der dort lokalisierte Tinnitus seien dagegen lärmunabhängiger Genese. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf Grund der beruflich verursachten Lärmschwerhörigkeit liege unter 10 v. H. Der lärmunabhängig entstandene Hörschaden werde gleichfalls mit einer MdE von weniger als 10 v. H. bewertet. Die MdE durch den Hörverlust insgesamt liege unter 10 v. H.
Hierauf gestützt stellte die Beklagte mit Bescheid vom 26.01.2012 fest, dass beim Kläger eine BK 2301 vorliege und anerkannte als Folgen dieser BK die minimale Hörminderung im Hochtonbereich beidseits. Nicht als Folgen der BK anerkannt würden die leichte Schallleitungsstörung rechts im Tief- und Hochtonbereich, das Ohrgeräusch rechts sowie die knapp beginnende Schwerhörigkeit links mit Hörverlusten im Tief- und Mitteltonbereich. Ein Anspruch auf Rente wegen der BK bestehe nicht. Auch könnten die Kosten für die Hörgeräteversorgung nicht übernommen werden. Den hiergegen eingelegten und vom Kläger nicht begründeten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.08.2012 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 30.08.2012 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, es dürfe bezweifelt werden, dass bei der gravierenden und jahrelangen Exposition gegenüber Lärm bloß eine minimale Lärmschwerhörigkeit bestehe und sämtliche anderen Beeinträchtigungen auf andere Umstände zurückzuführen seien. Die Ermittlung der Lärmschwerhörigkeit nach dem sogenannten Königsteiner Merkblatt werde kritisiert. Die danach vorzunehmenden Ermittlungen würden nicht den realen Lebensverhältnissen entsprechen und seien daher nicht geeignet, eine ordnungsgemäße Erhebung der Lärmschwerhörigkeit zu gewährleisten.
Der vom SG als sachverständiger Zeuge schriftlich vernommene Dr. B. hat im Januar 2013 mit-geteilt, eine Verschlechterung der Hörschwelle sei nicht eingetreten. Die von ihm erhobenen Befunde und Schlussfolgerungen würden von denen des Gutachtens vom 14.12.2011 nicht abweichen.
Das SG hat die Klage nach vorheriger Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 03.05.2013 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe zutreffend nur die minimale Hörminderung im Hochtonbereich als Folge der BK anerkannt. Von der diesbezüglichen Beurteilung im Gutachten von Dr. D. weiche auch der sachverständige Zeuge Dr. B. nicht ab. Das Gericht habe keine Bedenken, der Beurteilung das Königsteiner Merkblatt zu Grunde zu legen, da dieses den derzeitigen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entspreche.
Gegen den ihm am 10.05.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 24.05.2013 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, das Gericht hätte sich gedrängt sehen müssen, ein ausführlicheres Gutachten einzuholen. Auch werde daran festgehalten, dass das Königsteiner Merkblatt eben nicht geeignete Grundlage sei, schon weil es die Beklagte mit ausgearbeitet habe. Für den Kläger sei noch ein weiteres Verletztenrentenverfahren wegen des Vorliegens einer berufsbedingten Wirbelsäulenerkrankung anhängig.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 3. Mai 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 26. Januar 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. August 2012 zu verurteilen, ihm eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H.
hilfsweise
von 10 v. H. zu gewähren,
hilfsweise
die Sache an das Sozialgericht zurückzuverweisen.
hilfsweise
ein HNO-fachärztliches Gutachten von Amts wegen einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf den Inhalt der vorgelegten Akten, den Vortrag in erster Instanz und die Entscheidungsgründe des angegriffenen Gerichtsbescheides.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist weder nach dem Hauptantrag noch den Hilfsanträgen begründet.
Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden zu Recht eine Rentengewährung abgelehnt. Zwar ist zwischen den Beteiligten unstreitig und steht auf Grund der im Bescheid vom 26.01.2012 erfolgten und insoweit nicht angegriffenen, bestandskräftigen Anerkennung fest, dass beim Kläger eine BK 2301 vorliegt. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers ist indes durch diese BK nicht um wenigstens 20 v. H. gemindert; sie ist auch nicht um wenigstens 10 v. H. gemindert, sodass sich die Frage eines Stützrententatbestands (1. Hilfsantrag) schon nicht stellt.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 14/03 R, in juris): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Für die hier zur Beurteilung anstehende BK 2301 ist danach zur Beurteilung die "Empfehlung für die Begutachtung der Lärmschwerhörigkeit (BK Nr. 2301) - Königsteiner Empfehlung", 5. Auflage 2012, heranzuziehen. Die vom Kläger hiergegen geäußerten Bedenken, die er maßgeblich auf die Mitwirkung der Beklagten bei der Erstellung der Empfehlung gestützt hat, teilt der Senat nicht. Vielmehr ist diese Empfehlung von den führenden deutschen Audiologen in Zusammenarbeit mit dem früheren Berufsgenossenschaftlichen Forschungsinstitut für Lärmbekämpfung (jetzt Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung) erarbeitet und repräsentiert den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand (vgl. BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 6/04 R, in juris Rdnr. 17; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 10.11.2011, L 6 U 7/08, in juris Rdnr. 20).
Zutreffend hat die Beklagte, Dr. D. folgend, nur die Hochtonschädigung (als lärmbedingt verursacht) für die MdE-Bemessung berücksichtigt. Der Hörverlust im tiefen und mittleren Frequenzbereich sowie der dort lokalisierte Tinnitus können dagegen nicht ursächlich auf die unfallversicherte Tätigkeit zurückgeführt werden und damit auch nicht bei der Beurteilung der MdE berücksichtigt werden.
Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R, in juris). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Kann dagegen das Unfallereignis nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Gesundheitsschaden entfiele (conditio sine qua non), ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R, in juris).
Die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung müssen dabei erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84, in juris). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O. auch zum Nachfolgenden). Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Es genügt nicht, wenn der Ursachenzusammenhang nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss.
Nach diesen Maßstäben kann zwar die Hochtonschädigung, welche bei einer für eine Lärmschädigung grundsätzlich noch geeigneten Lärmexposition von 88 dB(A) das Bild einer Hochtonsenke (wie es für eine lärmbedingte Schädigung typisch ist) zeigt (so Dr. D.), ursächlich auf die unfallversicherte Tätigkeit von 1984 bis 2011 zurückgeführt werden, wie die Beklagte insoweit bestandskräftig festgestellt hat, nicht aber der Hörverlust im tiefen und mittleren Frequenzbereich sowie der dort lokalisierte Tinnitus.
Zwar sind Hörverluste im mittleren und tiefen Frequenzbereich nicht stets anderen, nicht lärmbedingten Ursachen zuzuschreiben; sie sind jedoch erst nach jahre- bzw. jahrzehntelanger und erheblicher Lärmbelastung denkbar (Königsteiner Empfehlung, in Mehr¬tens/Bran¬denburg, Die Berufskrankheitenverordnung, M 2301, S. 29, 4.2.). Eine solche erhebliche Lärmbelastung lag beim Kläger indes nicht vor. Der vom Präventionsdienst ermittelte Tages-Lärmexpositionspegel lag mit 88 dB(A) nur knapp über der Schwelle von 85 dB(A), unterhalb derer eine Lärmschwerhörigkeit mangels ausreichender Lärmexposition von vornherein ausgeschlossen ist (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, S. 329). Anhaltspunkte für stark hochfrequente Frequenzanteile innerhalb des Lärmpegels liegen nicht vor. Darüber hinaus muss Berücksichtigung finden, dass der Kläger nach eigenen Angaben seit jeher, ausweislich der bei der Betriebsärztin beigezogenen Untersuchungsunterlagen jedenfalls seit 1990, Gehörschutz trug. Eine langjährige erhebliche Lärmexposition lag damit nicht vor. Aus diesem Grund kann auch der (nur) im tiefen und mittleren Frequenzbereich lokalisierte Tinnitus nicht auf eine lärmbedingte Verursachung zurückgeführt werden. Denn er wird eben gerade nicht im Bereich des lärmbedingten Hörverlustes empfunden, was aber gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (vgl. Königsteiner Empfehlung, a.a.O.).
Den lärmbedingten Hörschaden wiederum hat die Beklagte, gestützt auf das Gutachten des Dr. D. - welches in Übereinstimmung mit den Bekundungen des behandelnden Arztes Dr. B. steht - und im Einklang mit der Königsteiner Empfehlung mit einer MdE von weniger als 10 v. H. bewertet. Denn bei einem sprachaudiometrisch und tonaudiometrisch ermittelten Hörverlust von rechts 0 v. H. und links 10 v. H. wird eine messbare MdE nicht erreicht (vgl. Königsteiner Empfehlung, a.a.O., S. 35, 4.4.1.). Der Hörverlust im tiefen und mittleren Frequenzbereich sowie der dort lokalisierte Tinnitus können wie dargelegt nicht bei der Beurteilung der MdE berücksichtigt werden - unabhängig davon, dass auch der Hörverlust insgesamt (ohne Berücksichtigung der Ursache) keine MdE von wenigstens 10 v. H. rechtfertigt (Dr. D.).
Nachdem damit als Folgen der Lärmschwerhörigkeit lediglich eine MdE von weniger als 10 v. H. erreicht wird, sind die Folgen dieses Versicherungsfalls nicht zu berücksichtigen, ungeachtet der Frage, in wie weit auf Grund des noch anhängigen weiteren Berufungsverfahrens, gerichtet auf die Gewährung einer Verletztenrente wegen einer BK 2108 und/oder 2109 eine zu berücksichtigende MdE gegeben ist.
Weitere Ermittlungen von Amts wegen, insbesondere die Einholung eines Gutachtens von Amts wegen, lehnt der Senat ab. Der Antrag des Klägers erfüllt nicht die Voraussetzungen eines Beweisantrages, sondern stellt lediglich eine Beweisanregung dar. Denn es fehlt schon an der Benennung eines Beweisthemas. Soweit der Kläger geltend macht, das Sozialgericht (und damit auch der Senat) habe seiner Amtsermittlungspflicht nicht genügt und hätte sich gedrängt fühlen müssen, ein Gutachten von Amts wegen einzuholen, trifft dies dessen ungeachtet auch nicht zu. Das Gutachten des Dr. D. enthält die für die Beurteilung des Kausalzusammenhangs sowie die Höhe der MdE maßgeblichen Feststellungen und begründet diese Feststellungen schlüssig und nachvollziehbar. Eine abweichende ärztliche Beurteilung liegt nicht vor. Vielmehr hat der behandelnde Arzt die Einschätzungen des Dr. D. ausdrücklich im Rahmen der schriftlichen Vernehmung bestätigt. Der Kläger selbst hat keine substantiierten Einwendungen gegen das Gutachten des Dr. D. vorgebracht.
Soweit der Kläger hilfsweise eine Zurückverweisung an das SG beantragt hat, liegen insoweit bereits die Tatbestandsvoraussetzungen nicht vor. So hat das SG in der Sache entschieden (vgl. § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG); auch ist eine weitere Beweisaufnahme wie dargelegt nicht erforderlich (vgl. § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente auf Grund einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) streitig.
Der am 30.09.1952 geborene Kläger arbeitete nach seiner Ausbildung als Kraftfahrzeugmechaniker ab Dezember 1984 bis einschließlich September 2011 bei der Firma A. Technologie GmbH & Co. KG im Bereich Centerless-Schleifen als Bediener von Schleifmaschinen. Seit 01.10.2011 befindet sich der Kläger in der Ruhephase der Altersteilzeit.
Auf die Anzeige des Verdachts einer Lärmschwerhörigkeit durch den behandelnden Arzt Dr. B. vom 15.06.2011 hin zog die Beklagte bei der Betriebsärztin Dr. C. die dort vorhandenen Untersuchungsunterlagen über den Kläger bei und veranlasste eine Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition durch den Präventionsdienst. Dieser gelangte zum Ergebnis eines Tages-Expositionspegels von 88 dB(A) seit 1984 ohne Spitzenschalldruckpegel. In einem am 14.12.2011 für die Beklagte erstellten und auf einer Untersuchung des Klägers am selben Tag beruhenden Gutachten teilte der HNO-Arzt Dr. D. mit, die audiometrischen Befunde würden das Bild einer Hochtonsenke um 4-6 Kilohertz (kHz) zeigen, wie es für eine lärmbedingte Schädigung typisch sei. Die sprachaudiometrische Auswertung ergebe einen Hörverlust rechts von 0 % und links von 10 %; die tonaudiometrische Beurteilung führe zum gleichen Ergebnis. Die berufliche Lärmexposition von 1984 bis 2011 sei geeignet und ursächlich für die Hochtonschädigung. Der zugleich festgestellte Hörverlust im tiefen und mittleren Frequenzbereich, insbesondere links, sowie der dort lokalisierte Tinnitus seien dagegen lärmunabhängiger Genese. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf Grund der beruflich verursachten Lärmschwerhörigkeit liege unter 10 v. H. Der lärmunabhängig entstandene Hörschaden werde gleichfalls mit einer MdE von weniger als 10 v. H. bewertet. Die MdE durch den Hörverlust insgesamt liege unter 10 v. H.
Hierauf gestützt stellte die Beklagte mit Bescheid vom 26.01.2012 fest, dass beim Kläger eine BK 2301 vorliege und anerkannte als Folgen dieser BK die minimale Hörminderung im Hochtonbereich beidseits. Nicht als Folgen der BK anerkannt würden die leichte Schallleitungsstörung rechts im Tief- und Hochtonbereich, das Ohrgeräusch rechts sowie die knapp beginnende Schwerhörigkeit links mit Hörverlusten im Tief- und Mitteltonbereich. Ein Anspruch auf Rente wegen der BK bestehe nicht. Auch könnten die Kosten für die Hörgeräteversorgung nicht übernommen werden. Den hiergegen eingelegten und vom Kläger nicht begründeten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.08.2012 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 30.08.2012 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, es dürfe bezweifelt werden, dass bei der gravierenden und jahrelangen Exposition gegenüber Lärm bloß eine minimale Lärmschwerhörigkeit bestehe und sämtliche anderen Beeinträchtigungen auf andere Umstände zurückzuführen seien. Die Ermittlung der Lärmschwerhörigkeit nach dem sogenannten Königsteiner Merkblatt werde kritisiert. Die danach vorzunehmenden Ermittlungen würden nicht den realen Lebensverhältnissen entsprechen und seien daher nicht geeignet, eine ordnungsgemäße Erhebung der Lärmschwerhörigkeit zu gewährleisten.
Der vom SG als sachverständiger Zeuge schriftlich vernommene Dr. B. hat im Januar 2013 mit-geteilt, eine Verschlechterung der Hörschwelle sei nicht eingetreten. Die von ihm erhobenen Befunde und Schlussfolgerungen würden von denen des Gutachtens vom 14.12.2011 nicht abweichen.
Das SG hat die Klage nach vorheriger Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 03.05.2013 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe zutreffend nur die minimale Hörminderung im Hochtonbereich als Folge der BK anerkannt. Von der diesbezüglichen Beurteilung im Gutachten von Dr. D. weiche auch der sachverständige Zeuge Dr. B. nicht ab. Das Gericht habe keine Bedenken, der Beurteilung das Königsteiner Merkblatt zu Grunde zu legen, da dieses den derzeitigen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entspreche.
Gegen den ihm am 10.05.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 24.05.2013 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, das Gericht hätte sich gedrängt sehen müssen, ein ausführlicheres Gutachten einzuholen. Auch werde daran festgehalten, dass das Königsteiner Merkblatt eben nicht geeignete Grundlage sei, schon weil es die Beklagte mit ausgearbeitet habe. Für den Kläger sei noch ein weiteres Verletztenrentenverfahren wegen des Vorliegens einer berufsbedingten Wirbelsäulenerkrankung anhängig.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 3. Mai 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 26. Januar 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. August 2012 zu verurteilen, ihm eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H.
hilfsweise
von 10 v. H. zu gewähren,
hilfsweise
die Sache an das Sozialgericht zurückzuverweisen.
hilfsweise
ein HNO-fachärztliches Gutachten von Amts wegen einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf den Inhalt der vorgelegten Akten, den Vortrag in erster Instanz und die Entscheidungsgründe des angegriffenen Gerichtsbescheides.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist weder nach dem Hauptantrag noch den Hilfsanträgen begründet.
Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden zu Recht eine Rentengewährung abgelehnt. Zwar ist zwischen den Beteiligten unstreitig und steht auf Grund der im Bescheid vom 26.01.2012 erfolgten und insoweit nicht angegriffenen, bestandskräftigen Anerkennung fest, dass beim Kläger eine BK 2301 vorliegt. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers ist indes durch diese BK nicht um wenigstens 20 v. H. gemindert; sie ist auch nicht um wenigstens 10 v. H. gemindert, sodass sich die Frage eines Stützrententatbestands (1. Hilfsantrag) schon nicht stellt.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 14/03 R, in juris): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Für die hier zur Beurteilung anstehende BK 2301 ist danach zur Beurteilung die "Empfehlung für die Begutachtung der Lärmschwerhörigkeit (BK Nr. 2301) - Königsteiner Empfehlung", 5. Auflage 2012, heranzuziehen. Die vom Kläger hiergegen geäußerten Bedenken, die er maßgeblich auf die Mitwirkung der Beklagten bei der Erstellung der Empfehlung gestützt hat, teilt der Senat nicht. Vielmehr ist diese Empfehlung von den führenden deutschen Audiologen in Zusammenarbeit mit dem früheren Berufsgenossenschaftlichen Forschungsinstitut für Lärmbekämpfung (jetzt Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung) erarbeitet und repräsentiert den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand (vgl. BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 6/04 R, in juris Rdnr. 17; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 10.11.2011, L 6 U 7/08, in juris Rdnr. 20).
Zutreffend hat die Beklagte, Dr. D. folgend, nur die Hochtonschädigung (als lärmbedingt verursacht) für die MdE-Bemessung berücksichtigt. Der Hörverlust im tiefen und mittleren Frequenzbereich sowie der dort lokalisierte Tinnitus können dagegen nicht ursächlich auf die unfallversicherte Tätigkeit zurückgeführt werden und damit auch nicht bei der Beurteilung der MdE berücksichtigt werden.
Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R, in juris). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Kann dagegen das Unfallereignis nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Gesundheitsschaden entfiele (conditio sine qua non), ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R, in juris).
Die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung müssen dabei erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84, in juris). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O. auch zum Nachfolgenden). Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Es genügt nicht, wenn der Ursachenzusammenhang nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss.
Nach diesen Maßstäben kann zwar die Hochtonschädigung, welche bei einer für eine Lärmschädigung grundsätzlich noch geeigneten Lärmexposition von 88 dB(A) das Bild einer Hochtonsenke (wie es für eine lärmbedingte Schädigung typisch ist) zeigt (so Dr. D.), ursächlich auf die unfallversicherte Tätigkeit von 1984 bis 2011 zurückgeführt werden, wie die Beklagte insoweit bestandskräftig festgestellt hat, nicht aber der Hörverlust im tiefen und mittleren Frequenzbereich sowie der dort lokalisierte Tinnitus.
Zwar sind Hörverluste im mittleren und tiefen Frequenzbereich nicht stets anderen, nicht lärmbedingten Ursachen zuzuschreiben; sie sind jedoch erst nach jahre- bzw. jahrzehntelanger und erheblicher Lärmbelastung denkbar (Königsteiner Empfehlung, in Mehr¬tens/Bran¬denburg, Die Berufskrankheitenverordnung, M 2301, S. 29, 4.2.). Eine solche erhebliche Lärmbelastung lag beim Kläger indes nicht vor. Der vom Präventionsdienst ermittelte Tages-Lärmexpositionspegel lag mit 88 dB(A) nur knapp über der Schwelle von 85 dB(A), unterhalb derer eine Lärmschwerhörigkeit mangels ausreichender Lärmexposition von vornherein ausgeschlossen ist (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, S. 329). Anhaltspunkte für stark hochfrequente Frequenzanteile innerhalb des Lärmpegels liegen nicht vor. Darüber hinaus muss Berücksichtigung finden, dass der Kläger nach eigenen Angaben seit jeher, ausweislich der bei der Betriebsärztin beigezogenen Untersuchungsunterlagen jedenfalls seit 1990, Gehörschutz trug. Eine langjährige erhebliche Lärmexposition lag damit nicht vor. Aus diesem Grund kann auch der (nur) im tiefen und mittleren Frequenzbereich lokalisierte Tinnitus nicht auf eine lärmbedingte Verursachung zurückgeführt werden. Denn er wird eben gerade nicht im Bereich des lärmbedingten Hörverlustes empfunden, was aber gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (vgl. Königsteiner Empfehlung, a.a.O.).
Den lärmbedingten Hörschaden wiederum hat die Beklagte, gestützt auf das Gutachten des Dr. D. - welches in Übereinstimmung mit den Bekundungen des behandelnden Arztes Dr. B. steht - und im Einklang mit der Königsteiner Empfehlung mit einer MdE von weniger als 10 v. H. bewertet. Denn bei einem sprachaudiometrisch und tonaudiometrisch ermittelten Hörverlust von rechts 0 v. H. und links 10 v. H. wird eine messbare MdE nicht erreicht (vgl. Königsteiner Empfehlung, a.a.O., S. 35, 4.4.1.). Der Hörverlust im tiefen und mittleren Frequenzbereich sowie der dort lokalisierte Tinnitus können wie dargelegt nicht bei der Beurteilung der MdE berücksichtigt werden - unabhängig davon, dass auch der Hörverlust insgesamt (ohne Berücksichtigung der Ursache) keine MdE von wenigstens 10 v. H. rechtfertigt (Dr. D.).
Nachdem damit als Folgen der Lärmschwerhörigkeit lediglich eine MdE von weniger als 10 v. H. erreicht wird, sind die Folgen dieses Versicherungsfalls nicht zu berücksichtigen, ungeachtet der Frage, in wie weit auf Grund des noch anhängigen weiteren Berufungsverfahrens, gerichtet auf die Gewährung einer Verletztenrente wegen einer BK 2108 und/oder 2109 eine zu berücksichtigende MdE gegeben ist.
Weitere Ermittlungen von Amts wegen, insbesondere die Einholung eines Gutachtens von Amts wegen, lehnt der Senat ab. Der Antrag des Klägers erfüllt nicht die Voraussetzungen eines Beweisantrages, sondern stellt lediglich eine Beweisanregung dar. Denn es fehlt schon an der Benennung eines Beweisthemas. Soweit der Kläger geltend macht, das Sozialgericht (und damit auch der Senat) habe seiner Amtsermittlungspflicht nicht genügt und hätte sich gedrängt fühlen müssen, ein Gutachten von Amts wegen einzuholen, trifft dies dessen ungeachtet auch nicht zu. Das Gutachten des Dr. D. enthält die für die Beurteilung des Kausalzusammenhangs sowie die Höhe der MdE maßgeblichen Feststellungen und begründet diese Feststellungen schlüssig und nachvollziehbar. Eine abweichende ärztliche Beurteilung liegt nicht vor. Vielmehr hat der behandelnde Arzt die Einschätzungen des Dr. D. ausdrücklich im Rahmen der schriftlichen Vernehmung bestätigt. Der Kläger selbst hat keine substantiierten Einwendungen gegen das Gutachten des Dr. D. vorgebracht.
Soweit der Kläger hilfsweise eine Zurückverweisung an das SG beantragt hat, liegen insoweit bereits die Tatbestandsvoraussetzungen nicht vor. So hat das SG in der Sache entschieden (vgl. § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG); auch ist eine weitere Beweisaufnahme wie dargelegt nicht erforderlich (vgl. § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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