Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 EG 2234/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 EG 4042/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 19.08.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Elterngeldes für Zwillinge.
Die 1981 geborene Klägerin ist verheiratet und lebt zusammen mit ihrem Ehemann und den Kindern C. A. (geb 2010; im Folgenden C), T. N. (geb 2011; im Folgenden T) und B. N. (geb 2011, im Folgenden B). Vom 09.07. bis 18.10.2010 bezog die Klägerin Mutterschaftsgeld, vom 23.09.2010 bis 23.08.2011 Elterngeld für C und vom 27.06. bis 31.10.2011 erneut Mutterschaftsgeld.
Am 08.08.2011 beantragte die Klägerin Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat der Zwillinge. Mit Bescheid vom 25.08.2011 bewilligte die Beklagte Elterngeld für den 1. Lebensmonat iHv 675 EUR, für den 2. Lebensmonat 1.494,30 EUR, für den 3. Lebensmonat 1.472,24 EUR, für den 4. Lebensmonat 1.784,24 EUR und für den 5. bis 12. Lebensmonat jeweils 1.862,24 EUR. Elterngeld für C und Mutterschaftsgeld wurden angerechnet.
Mit ihrem Widerspruch vom 21.09.2011 machte die Klägerin vertreten durch ihren Ehemann und Prozessbevollmächtigten geltend, wegen der augenscheinlich im Raum stehenden Ungleichbehandlung iSv Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) solle ein Grundsatzverfahren geführt werden. Die Ungleichbehandlung bestehe darin, dass Antragstellerinnen, die nach Ablauf des Erstbezugs von Elterngeld für ein einzelnes Kind ein weiteres Kind bekämen, volles Elterngeld erhielten, während bei einer Zwillingsgeburt nicht der denklogisch doppelte Betrag gezahlt werde, sondern lediglich ein Mehrlingszuschlag von 300 EUR.
Mit Änderungsbescheid vom 20.10.2011 berechnete die Beklagte das Elterngeld für C neu und forderte eine Überzahlung iHv 646,42 EUR zurück. Mit Änderungsbescheid vom 28.10.2011 berechnete die Beklagte das Elterngeld für den ersten Lebensmonat der Zwillinge neu und setzte dieses (entsprechend dem geringeren Elterngeldanspruch für den 12. Lebensmonat von C) auf 714,55 EUR fest. Die Nachzahlung und der Elterngeldanspruch für den 4. Lebensmonat wurden mit der Erstattungsforderung verrechnet. Auch gegen den Änderungsbescheid vom 28.10.2011 erhob die Klägerin Widerspruch.
Mit weiterem Änderungsbescheid vom 26.01.2012 bewilligte die Beklagte höheres Elterngeld für C aufgrund von Änderungen bei der Umrechnung ausländischer Einkünfte, die sich zu Gunsten der Klägerin auswirkten und zu einer Nachzahlung von 1.939,12 EUR führten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.03.2012 änderte die Beklagte - nach vorheriger Anhörung der Klägerin - die Bewilligung für die Zwillinge erneut und setzte für den 1. Lebensmonat 675 EUR, für den 2. Lebensmonat unverändert 1.494,30 EUR, für den 3. Lebensmonat 1.507,30 EUR, für den 4. Lebensmonat 1.819,30 EUR und für den 5. bis 12. Lebensmonat 1.897,30 EUR fest. Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Für den 1. Lebensmonat nahm die Beklagte die höhere Bewilligung gemäß § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zurück, da Einkommen und Vermögen erzielt worden sei, das zur Minderung des Anspruchs führe (höheres Elterngeld für den 12. Lebensmonat von C). Die Erhöhung der Elterngeldansprüche für die Folgezeit ergab sich aus einer Änderung der Berechnungspraxis für pauschaliert besteuertes Einkommen. Eine Verdoppelung des Elterngeldanspruchs anstelle der Erhöhung um den Mehrlingszuschlag sei im Gesetz nicht vorgesehen und hätte zur Folge, dass das monatlich zu zahlende Elterngeld höher wäre als das vor der Geburt der Zwillinge erzielte Erwerbseinkommen. Ein mehrfacher Ersatz des Erwerbseinkommens entspreche auch nicht der Zielsetzung des Elterngeldes.
Hiergegen richtet sich die am 04.05.2012 zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhobene Klage.
Nachdem das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteilen vom 27.06.2013 (B 10 EG 3/12 R, juris und B 10 EG 8/12 R, BSGE 114, 26 = SozR 4-7837 § 1 Nr 4) entschieden hatte, dass Eltern von Zwillingen, die beide die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, für jedes Kind Elterngeld in gesetzlichem Umfang zusteht, änderte die Beklagte ihre Verwaltungspraxis. Mit Bescheid vom 27.03.2014 bewilligte sie Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat von B iHv 675 EUR monatlich. Dabei rechnete sie Mutterschaftsleistungen und Elterngeld an, so dass nur der für Zwillinge anrechnungsfreie Betrag iHv 600 EUR verblieb, den die Beklagte um den Basisgeschwisterbonus von 75 EUR erhöhte. Die bisherige Bewilligung gelte für das erste Kind (T) weiter. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.05.2014 (zugestellt 12.05.2014) zurück. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat am 12.06.2014 diesbezüglich die Erweiterung der Klage erklärt.
Die Klägerin begründet ihre Klage weiter mit der Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes. Nach ihrer Auffassung stehe ihr dem Grunde nach monatlich für die Zwillinge zwei Mal der Betrag von 1.597,30 EUR (1.897,30 EUR abzüglich Mehrlingszuschlag), also 3.194,60 EUR zu. Davon abzusetzen seien für die ersten vier Lebensmonate das für T gezahlte Mutterschaftsgeld, das nicht für das zweite Kind gezahlt werde und daher dort auch nicht in Abzug zu bringen sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 19.08.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf weiteres Elterngeld für ihre Zwillinge. Ihr sei einmalig unstreitig zutreffend berechnetes Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat bewilligt worden, darüber hinaus ein weiteres Mal für den 1. bis 12. Lebensmonat, wobei insoweit die Berechnung streitig sei. Nach Auffassung des SG habe entgegen der für die Eltern günstigen Praxis der Beklagten auch nach der hier maßgeblichen Rechtslage (seit 01.01.2015 sei nach § 1 Abs 1 Satz 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) der mehrfache Elterngeldbezug für Mehrlingsgeburten ausdrücklich ausgeschlossen) derselbe Elternteil von Mehrlingen nur einen einfachen Anspruch auf Elterngeld. Die Ausführungen des BSG (27.06.2013, B 10 EG 8/12 R, aaO) habe man uU noch so verstehen können, dass der mehrfache Einkommensausgleich für denselben Elternteil und Bezugsmonat lediglich durch die Anrechnung des ersten Elterngeldes bei der Berechnung des Elterngeldanspruchs für das zweite Zwillingskind ausgeschlossen werde. Mit Urteil vom 26.03.2014 (B 10 EG 2/13 R, juris) habe das BSG allerdings ausdrücklich festgestellt, dass aus dem Umstand einer Mehrlingsgeburt kein doppelter Elterngeldanspruch resultiere. Der erhöhte Betreuungsaufwand ein und desselben Elternteils sei mit dem Mehrlingszuschlag abschließend abgegolten. Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht liege darin nicht. Zwischen Mehrlingseltern und anderen Eltern mehrerer Geschwister bestehe ein sachlicher Unterschied, der eine Ungleichbehandlung rechtfertige. Bei Geburten nacheinander habe die Mutter zweimal eine Einkommensminderung, die Zwillingsmutter jedoch nur einmal. Die Differenzierung trage dem Gesetzeszweck des Ersatzes des Erwerbseinkommens Rechnung und sei umso unbedenklicher, als der Gesetzgeber dem bei mehreren kleinen Kindern oder Mehrlingen erhöhten Betreuungsaufwand durch das gestufte System von Geschwister- und Mehrlingszuschlägen Rechnung getragen habe.
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 25.08.2015 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 24.09.2015 eingelegte Berufung der Klägerin. Angesichts der hier zu klärenden verfassungsrechtlichen Fragen habe das SG schon nicht durch Gerichtsbescheid entscheiden dürfen. Es bestehe auch kein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung von Mehrlingseltern und anderen Eltern mehrerer Geschwister. Das BEEG solle gerade den durch die Geburt von Mehrlingen entstandenen finanziellen Belastungen Rechnung tragen und zwar in vollem Umfang wie bei anderen Geschwisterkindern. Dies könne nicht lediglich mit einem Zuschlag von 300 EUR erreicht werden, der im Übrigen willkürlich und viel zu gering angesetzt sei. Es gehe nicht darum, irgendwelche Einkommensminderungen zu ersetzen, sondern darum, dass bei Zwillingen der gleiche Existenzsicherungsbedarf bestehe wie bei mehreren Einzelkindern in zeitlichem Abstand. Da diese Frage nicht höchstrichterlich geklärt sei, sei die Revision zuzulassen, um sodann ggf die Frage durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) klären lassen zu können.
Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 19.08.2015 aufzuheben und die Bescheide der Beklagten vom 25.08.2011 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 28.10.2011 und des Widerspruchsbescheids vom 29.03.2012 sowie vom 27.03. 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.05.2014 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, für T und B jeweils Elterngeld &61630; für den 1. Lebensmonat iHv 1.972,30 EUR &61630; für den 2. Lebensmonat iHv 2.791,60 EUR &61630; für den 3. Lebensmonat iHv 2.804,60 EUR &61630; für den 4. Lebensmonat iHv 3.116,60 EUR &61630; für den 5. bis 12. Lebensmonat iHv 3.194,60 EUR nebst Zinsen hieraus iHv 4% seit 08.02.2012 zu gewähren, hilfsweise, einen neuen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig, jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 25.08.2011 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 28.10.2011 und des Widerspruchsbescheids vom 29.03.2012 sowie vom 27.03. 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.05.2014 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung von höherem Elterngeld für die ersten zwölf Lebensmonate von T und B.
Die geltend gemachten Ansprüche richten sich nach dem Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG vom 05.12.2006, BGBl I 2748 ff, in Kraft getreten durch Art 3 des Gesetzes zur Einführung des Elterngeldes am 01.01.2007, idF von Art 14 Nr 1 des Haushaltbegleitgesetzes 2011 vom 09.12.2010, BGBl I 1885 ff). Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 BEEG für einen Anspruch dem Grunde nach sind erfüllt. Die Klägerin hatte ihren Wohnsitz in Deutschland, lebte mit den Zwillingen T und B in einem Haushalt, betreute und erzog die Kinder und übte keine Erwerbstätigkeit von mehr als 30 Wochenstunden aus (§ 1 Abs 6 BEEG). Sie beantragte das Elterngeld schriftlich am 08.08.2011 und damit innerhalb von drei Monaten nach der Geburt ihrer Zwillinge (§ 7 Abs 1 BEEG).
Elterngeld kann in der Zeit vom Tag der Geburt bis zur Vollendung des 14. Lebensmonats des Kindes bezogen werden (§ 4 Abs 1 Satz 1 BEEG). Es wird in Monatsbeträgen für Lebensmonate des Kindes gezahlt. Die Eltern haben insgesamt Anspruch auf zwölf Monatsbeträge. Sie haben Anspruch auf zwei weitere Monatsbeträge, wenn für zwei Monate eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt. Die Eltern können die jeweiligen Monatsbeträge abwechselnd oder gleichzeitig beziehen (§ 4 Abs 2 BEEG). Ein Elternteil kann mindestens für zwei und höchstens für zwölf Monate Elterngeld beziehen (§ 4 Abs 3 Satz 1 BEEG). Lebensmonate des Kindes, in denen einem Elternteil nach § 3 Abs 1 Nr 1 bis 3 anzurechnende Einnahmen zustehen, gelten als Monate, für die dieser Elternteil Elterngeld bezieht (§ 4 Abs 3 Satz 2 BEEG). Bei Zwillingsgeburten steht den Eltern für jedes Kind Elterngeld im gesetzlichen Umfang von bis zu 14 Monatsbeträgen zu (BSG 27.06.2013, B 10 EG 8/12 R, SozR 4-7837 § 1 Nr 4). Ob die insoweit stark kritisierte Rechtsprechung (vgl Dau, jM 2014, 71) tatsächlich auch für den entscheidungsrelevanten Zeitraum entgegen der Verwaltungspraxis der Beklagten so zu verstehen war, dass für einen Elternteil auch bei Mehrlingen für den gleichen Zeitraum nur ein Elterngeldanspruch bestehen sollte (vgl BSG 26.03.2014, B 10 EG 2/13 R, juris), kann hier offenbleiben. Die Klägerin hat jedenfalls unter keinem Gesichtspunkt einen Anspruch darauf, noch weiteres Elterngeld anlässlich der Geburt ihrer Zwillinge zu erhalten.
Zunächst ist die Berechnung des Elterngeldanspruchs für T nicht zu beanstanden.
Die Höhe des Elterngeldes bemisst sich nach § 2 BEEG. Elterngeld wird gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG in Höhe von 67% des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 EUR monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist die Summe der positiven im Inland zu versteuernden Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit nach § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG nach Maßgabe der Absätze 7 bis 9 zu berücksichtigen. In den Fällen, in denen das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1.200 EUR war, sinkt der Prozentsatz von 67% um 0,1 Prozentpunkte für je 2 EUR, um die das maßgebliche Einkommen den Betrag von 1.200 EUR übersteigt, auf bis zu 65% (§ 2 Abs 2 Satz 2 BEEG).
Der Bemessungszeitraum von zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes (§ 2 Abs 1 Satz 1 BEEG) unterliegt den Einschränkungen des § 2 Abs 7 Sätze 5 bis 7 BEEG. Danach bleiben ua Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person Mutterschaftsgeld bezogen hat oder in denen während der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise weggefallen ist. Unter Anwendung dieser Regelungen fallen die Monate Juli 2010 bis Juni 2011 nicht mit in den Bemessungszeitraum, da die Klägerin ab dem 09.07.2010 Mutterschaftsgeld und anschließend Elterngeld für C bezogen hat. Damit reicht der Bemessungszeitraum vom 01.07.2009 bis 30.06.2010.
Nach § 2 Abs 7 Satz 1 BEEG ist als Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit der um die auf die Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit entfallenden Steuern und die aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung in Höhe des gesetzlichen Anteils der beschäftigten Person einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte Überschuss der Einnahmen in Geld oder Geldeswert über die mit einem Zwölftel des Pauschbetrags nach § 9a Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchstabe a EStG anzusetzenden Werbungskosten zu berücksichtigen. Im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen werden nicht berücksichtigt (§ 2 Abs 7 Satz 2 BEEG). Als auf die Einnahmen entfallende Steuern gelten die abgeführte Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer, im Falle einer Steuervorauszahlung der auf die Einnahmen entfallende monatliche Anteil (§ 2 Abs 7 Satz 3 BEEG). Grundlage der Einkommensermittlung sind nach § 2 Abs 7 Satz 4 BEEG ua die entsprechenden monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers.
Unter Anwendung dieser Regelungen ist im Bemessungszeitraum nach den vorgelegten Einkommensnachweisen von einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen iHv 2.233,99 EUR auszugehen. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig und wird von der Klägerin nicht angegriffen. Damit sinkt der Anspruchsfaktor auf den Mindestsatz von 65% (§ 2 Abs 2 Satz 2 BEEG).
Lebt die elterngeldberechtigte Person mit zwei Kindern, die das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, oder mit drei oder mehr Kindern, die das sechste Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in einem Haushalt, so wird das nach § 2 Abs 1 bis 3 und 5 BEEG zustehende Elterngeld um 10%, mindestens um 75 EUR erhöht (§ 2 Abs 4 Satz 1 BEEG). Nach § 2 Abs 6 BEEG erhöht sich bei Mehrlingsgeburten das nach den Abs 1 bis 5 zustehende Elterngeld um je 300 EUR für jedes weitere Kind.
Der Elterngeldanspruch beträgt daher rechnerisch 1.897,30 EUR (65% des Durchschnittseinkommens von 2.233,99 EUR = 1.452,09 EUR zuzüglich 10 % Geschwisterbonus 145,21 EUR zuzüglich Erhöhungsbetrag für Zwillinge 300 EUR).
Hiervon sind das bis 31.10.2011 zustehende Mutterschaftsgeld in Abzug zu bringen sowie im 1. Lebensmonat auch noch das für C bezogene Elterngeld (vgl § 3 Abs 1 BEEG). Für den 1. Lebensmonat kann damit ein höherer Anspruch als 675 EUR nicht bestehen, für die Lebensmonate 2 bis 4 hat die Beklagte die Abzüge zutreffend berechnet und für die Lebensmonate 5 bis 12 ohne Abzüge bewilligt. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 29.03.2012 Bezug genommen. Insgesamt errechnen sich somit keine höheren Zahlbeträge als die in den angefochtenen Bescheiden ausgewiesenen Zahlungen.
Die Beklagte war auch berechtigt, für den 1. Lebensmonat von T die mit Bescheid vom 28.10.2011 bewilligte Leistung iHv 714,55 EUR rückwirkend teilweise aufzuheben. Nach § 48 Abs 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Dies ist hier der Fall, denn die Klägerin hat durch die Erhöhung des Elterngelds für C (Bescheid vom 26.01.2012) für den 1. Lebensmonat von T höheres Einkommen erzielt, das auf den Elterngeldanspruch für T anzurechnen ist. Ein atypischer Fall, der eine Ermessensausübung erfordern würde, liegt nicht vor.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf höheres Elterngeld für B als mit Bescheid vom 27.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.05.2014 bewilligt.
Geht man mit dem BSG (27.06.2013, B 10 EG 8/12 R, SozR 4-7837 § 1 Nr 4) davon aus, dass ein eigenständiger Elterngeldanspruch besteht, beläuft sich dieser auch hier – vor Anrechnung – dem Grunde nach auf monatlich 1.897,30 EUR.
Nach § 3 BEEG (in der bis 17.09.2012 gültigen Fassung) gelten folgende Anrechnungsregelungen: (1) Mutterschaftsgeld, das der Mutter nach der Reichsversicherungsordnung oder dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte für die Zeit ab dem Tag der Geburt zusteht, wird mit Ausnahme des Mutterschaftsgeldes nach § 13 Abs 2 des Mutterschutzgesetzes auf das ihr zustehende Elterngeld nach § 2 angerechnet ...Stehen die Leistungen nach den Sätzen 1 bis 3 nur für einen Teil des Lebensmonats des Kindes zu, sind sie nur auf den entsprechenden Teil des Elterngeldes anzurechnen (Satz 4). (2) Soweit Berechtigte an Stelle des vor der Geburt des Kindes erzielten Einkommens aus Erwerbstätigkeit nach der Geburt andere Einnahmen erzielen, die nach ihrer Zweckbestimmung dieses Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise ersetzen, werden diese Einnahmen auf das für das ersetzte Einkommen zustehende Elterngeld angerechnet, soweit letzteres den Betrag von 300 EUR übersteigt; dieser Betrag erhöht sich bei Mehrlingsgeburten um je 300 EUR für das zweite und jedes weitere Kind. Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.
Schon unabhängig von dem – nach allerdings unzutreffender Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin nicht anzurechnenden – Mutterschaftsgeld ergibt sich aus der Anrechnung der Elterngeldansprüche für T und im 1. Lebensmonat auch noch für C in jedem Monat der Mindestanrechnungsfreibetrag. Der anrechnungsfreie Betrag beläuft sich nach § 3 Abs 2 BEEG auf 600 EUR. Der Basisgeschwisterbonus ist nach dieser Vorschrift nicht anrechnungsfrei gestellt (Senatsurteil vom 24.03.2015, L 11 EG 2063/14). Dass die Beklagte gleichwohl der Klägerin monatliches Elterngeld für B iHv 675 EUR bewilligt hat, verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Einen Verfassungsverstoß vermag der Senat in der Anrechnung des Elterngeldes für das ältere Mehrlingskind nicht zu erkennen. Es ist verfassungsrechtlich auch nicht geboten, bei Mehrlingsgeburten über den vorgesehenen Mehrlingszuschlag hinaus einen eigenständigen, mehrfachen Elterngeldanspruch vorzusehen.
Ein Verstoß gegen Art 3 GG, wonach Mehrlingseltern gegenüber anderen Eltern von Geschwisterkindern benachteiligt werden, ist nicht gegeben. Art 3 Abs 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Dieser hat gerade auch im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im ersten Abschnitt des BEEG gehören, einen weiten Gestaltungsspielraum. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (ständige Rechtsprechung des BVerfG: BVerfGE 55, 72, 88; vgl jüngst BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 §1 Nr 7 RdNr 55; BVerfGE 117, 272, 300f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 70). Umgekehrt verbietet Art 3 Abs 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung als sachwidrig erscheinen lassen (vgl Jarass in Jarass Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 3 RdNr 8 mwN).
Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfGE 84, 348, 359 mwN; 110, 412, 436; ständige Rechtsprechung). Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinne als gleich ansehen will (BVerfGE 21, 12, 26; 23, 242, 252). Der Gesetzgeber darf generalisieren und pauschalieren, er muss – und kann - nicht für jede denkbare Fallkonstellation die optimale und bestmögliche Lösung regeln. Praktikabilität und Einfachheit des Rechts sind im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers als hochrangige Ziele zu berücksichtigen (BVerfG 07.12.1999, 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297). Allerdings muss er die Auswahl sachgerecht treffen (vgl BVerfGE 17, 319, 330; 53, 313, 329 = SozR 4100 § 168 Nr 12 S 25; BVerfGE 67, 70, 85f; ständige Rechtsprechung). Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt insoweit eine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs (vgl BVerfGE 75, 108, 157 = SozR 5425 § 1 Nr 1 S 11). Das BVerfG legt je nach dem Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlichen Prüfungsmaßstab an (vgl zusammenfassend BVerfGE 88, 87, 96f; 105, 73, 110f = SozR 3-1100 Art 3 Nr 176 S 173). So muss der Gesetzgeber im Bereich staatlicher Maßnahmen, welche die Familie betreffen, den Schutz beachten, den er dieser nach Art 6 Abs GG schuldet (vgl BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55). Darüber hinaus kann im vorliegenden Zusammenhang auch das Sozialstaatsprinzip Art 20 Abs 1 GG von Bedeutung sein.
Die von der Klägerin gewählten Vergleichsgruppen weisen insoweit Unterschiede auf, als dass ein Einkommensverlust infolge der Kinderbetreuung bei Geburt von Mehrlingen zeitlich nur einmal im Anschluss an die Geburt auftritt, bei mehreren Geburten von Geschwisterkindern jedoch wiederholt und damit insgesamt für einen längeren Zeitraum. Angesichts des Gesetzeszwecks ist dieser Unterschied sachlich erheblich und gebietet geradezu eine unterschiedliche Behandlung. Zweck des Elterngeldes ist weder ein Ausgleich für Erziehungstätigkeit (so beim Erziehungsgeld), noch eine Unterhalts- oder Existenzsicherung für die Kinder selbst. Es geht vielmehr darum, dass sich die wirtschaftliche Situation und spätere Möglichkeiten der Daseinsvorsorge für Mütter und Väter nicht dadurch verschlechtern sollen, dass sie ihr Kind in den ersten Lebensmonaten vorrangig selbst betreuen. Das BEEG bezweckt daher, den Einkommensausfall der Eltern weitgehend auszugleichen, wenn sie ihre Erwerbstätigkeit aufgeben, um sich der Kinderbetreuung zu widmen (BT-Drs 16/1889 S 18f). Diesem Zweck wird die Gestaltung der Elterngeldansprüche auch für Mehrlinge mit den vorgesehen Mehrlingszuschlägen gerecht. Es ist in keiner Weise ersichtlich, warum – wie von der Klägerin gefordert – ein mehrfacher Einkommensausgleich für denselben Berechtigten für den gleichen Zeitraum erfolgen sollte. Die von der Klägerin geforderten Elterngeldansprüche liegen höher, als ihr Erwerbseinkommen im Bemessungszeitraum.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung von Art 6 Abs 1 GG. Danach hat der Staat die Pflicht, Ehe und Familie vor Beeinträchtigungen durch andere Kräfte zu bewahren und durch geeignete Maßnahmen zu fördern. Allerdings kann der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit grundsätzlich selbst bestimmen, in welchem Umfang und auf welche Weise er den ihm aufgetragenen besonderen Schutz von Ehe und Familie verwirklichen will (BVerfG 07.07.1992, 1 BvL 51/86 ua, BVerfGE 87, 1, 35 f). Regelmäßig erwachsen dabei aus Art 6 Abs 1 GG keine konkreten Ansprüche auf staatliche Leistungen (BVerfG 06.05.1975, 1 BvR 332/72, BVerfGE 39, 316 = SozR 2600 § 60 Nr 1; BVerfG 07.07.1992, aaO).
Die Entscheidungsfreiheit von Zwillingseltern hinsichtlich der innerfamiliären Aufgabenverteilung wird durch das BEEG nicht in verfassungswidriger Weise berührt, denn weder indirekt noch direkt wird ein Zwang auf die Eltern ausgeübt, anstelle der Kinderbetreuung wieder eine elterngeldschädliche Erwerbstätigkeit auszuüben. Das BEEG übt generell keinen durch Art 6 Abs 1 GG verbotenen Zwang auf Eltern aus, sondern setzt lediglich Anreize, die familienpolitischen Zielen wie auch fiskalischen Interessen dienen (BSG 20.12.2012, B 10 EG 19/11 R, SozR 4-7838 § 3 Nr 1). Eine Zweckverfehlung des Elterngeldes bei Mehrlingsgeburten ist nicht zu erkennen. Darüber hinaus verpflichtet Art 6 Abs 1 GG den Gesetzgeber nicht dazu, die familiäre Eigenbetreuung von Kindern in einem weiteren Umfang zu fördern, als dies bereits durch die Einrichtung von Elterngeld und Elternzeit geschieht (vgl BVerfG 06.06.2011, 1 BvR 2712/09, NJW 2011, 2869).
Schließlich ist auch das Sozialstaatsprinzip gemäß Art 20 Abs 1 GG, welches den Staat verpflichtet, für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen, nicht verletzt. Angesichts der Weite und Unbestimmtheit dieses Prinzips lässt sich daraus regelmäßig kein Gebot entnehmen, soziale Leistungen in einem bestimmten Umfang zu gewähren (BVerfG 12.03.1996, 1 BvR 609/90 ua, BVerfGE 94, 241 = SozR 3-2200 § 1255a Nr 5; st Rspr). Zwingend ist lediglich, dass der Staat die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein seiner Bürger schafft (BVerfG 29.05.1990, 1 BvL 20/84 ua, BVerfGE 82, 60, 80 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1; BVerfG 09.02.2010, 1 BvL 1/09 ua, BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12). Diese Mindestvoraussetzungen sind hier nicht ansatzweise berührt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Elterngeldes für Zwillinge.
Die 1981 geborene Klägerin ist verheiratet und lebt zusammen mit ihrem Ehemann und den Kindern C. A. (geb 2010; im Folgenden C), T. N. (geb 2011; im Folgenden T) und B. N. (geb 2011, im Folgenden B). Vom 09.07. bis 18.10.2010 bezog die Klägerin Mutterschaftsgeld, vom 23.09.2010 bis 23.08.2011 Elterngeld für C und vom 27.06. bis 31.10.2011 erneut Mutterschaftsgeld.
Am 08.08.2011 beantragte die Klägerin Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat der Zwillinge. Mit Bescheid vom 25.08.2011 bewilligte die Beklagte Elterngeld für den 1. Lebensmonat iHv 675 EUR, für den 2. Lebensmonat 1.494,30 EUR, für den 3. Lebensmonat 1.472,24 EUR, für den 4. Lebensmonat 1.784,24 EUR und für den 5. bis 12. Lebensmonat jeweils 1.862,24 EUR. Elterngeld für C und Mutterschaftsgeld wurden angerechnet.
Mit ihrem Widerspruch vom 21.09.2011 machte die Klägerin vertreten durch ihren Ehemann und Prozessbevollmächtigten geltend, wegen der augenscheinlich im Raum stehenden Ungleichbehandlung iSv Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) solle ein Grundsatzverfahren geführt werden. Die Ungleichbehandlung bestehe darin, dass Antragstellerinnen, die nach Ablauf des Erstbezugs von Elterngeld für ein einzelnes Kind ein weiteres Kind bekämen, volles Elterngeld erhielten, während bei einer Zwillingsgeburt nicht der denklogisch doppelte Betrag gezahlt werde, sondern lediglich ein Mehrlingszuschlag von 300 EUR.
Mit Änderungsbescheid vom 20.10.2011 berechnete die Beklagte das Elterngeld für C neu und forderte eine Überzahlung iHv 646,42 EUR zurück. Mit Änderungsbescheid vom 28.10.2011 berechnete die Beklagte das Elterngeld für den ersten Lebensmonat der Zwillinge neu und setzte dieses (entsprechend dem geringeren Elterngeldanspruch für den 12. Lebensmonat von C) auf 714,55 EUR fest. Die Nachzahlung und der Elterngeldanspruch für den 4. Lebensmonat wurden mit der Erstattungsforderung verrechnet. Auch gegen den Änderungsbescheid vom 28.10.2011 erhob die Klägerin Widerspruch.
Mit weiterem Änderungsbescheid vom 26.01.2012 bewilligte die Beklagte höheres Elterngeld für C aufgrund von Änderungen bei der Umrechnung ausländischer Einkünfte, die sich zu Gunsten der Klägerin auswirkten und zu einer Nachzahlung von 1.939,12 EUR führten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.03.2012 änderte die Beklagte - nach vorheriger Anhörung der Klägerin - die Bewilligung für die Zwillinge erneut und setzte für den 1. Lebensmonat 675 EUR, für den 2. Lebensmonat unverändert 1.494,30 EUR, für den 3. Lebensmonat 1.507,30 EUR, für den 4. Lebensmonat 1.819,30 EUR und für den 5. bis 12. Lebensmonat 1.897,30 EUR fest. Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Für den 1. Lebensmonat nahm die Beklagte die höhere Bewilligung gemäß § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zurück, da Einkommen und Vermögen erzielt worden sei, das zur Minderung des Anspruchs führe (höheres Elterngeld für den 12. Lebensmonat von C). Die Erhöhung der Elterngeldansprüche für die Folgezeit ergab sich aus einer Änderung der Berechnungspraxis für pauschaliert besteuertes Einkommen. Eine Verdoppelung des Elterngeldanspruchs anstelle der Erhöhung um den Mehrlingszuschlag sei im Gesetz nicht vorgesehen und hätte zur Folge, dass das monatlich zu zahlende Elterngeld höher wäre als das vor der Geburt der Zwillinge erzielte Erwerbseinkommen. Ein mehrfacher Ersatz des Erwerbseinkommens entspreche auch nicht der Zielsetzung des Elterngeldes.
Hiergegen richtet sich die am 04.05.2012 zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhobene Klage.
Nachdem das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteilen vom 27.06.2013 (B 10 EG 3/12 R, juris und B 10 EG 8/12 R, BSGE 114, 26 = SozR 4-7837 § 1 Nr 4) entschieden hatte, dass Eltern von Zwillingen, die beide die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, für jedes Kind Elterngeld in gesetzlichem Umfang zusteht, änderte die Beklagte ihre Verwaltungspraxis. Mit Bescheid vom 27.03.2014 bewilligte sie Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat von B iHv 675 EUR monatlich. Dabei rechnete sie Mutterschaftsleistungen und Elterngeld an, so dass nur der für Zwillinge anrechnungsfreie Betrag iHv 600 EUR verblieb, den die Beklagte um den Basisgeschwisterbonus von 75 EUR erhöhte. Die bisherige Bewilligung gelte für das erste Kind (T) weiter. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.05.2014 (zugestellt 12.05.2014) zurück. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat am 12.06.2014 diesbezüglich die Erweiterung der Klage erklärt.
Die Klägerin begründet ihre Klage weiter mit der Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes. Nach ihrer Auffassung stehe ihr dem Grunde nach monatlich für die Zwillinge zwei Mal der Betrag von 1.597,30 EUR (1.897,30 EUR abzüglich Mehrlingszuschlag), also 3.194,60 EUR zu. Davon abzusetzen seien für die ersten vier Lebensmonate das für T gezahlte Mutterschaftsgeld, das nicht für das zweite Kind gezahlt werde und daher dort auch nicht in Abzug zu bringen sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 19.08.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf weiteres Elterngeld für ihre Zwillinge. Ihr sei einmalig unstreitig zutreffend berechnetes Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat bewilligt worden, darüber hinaus ein weiteres Mal für den 1. bis 12. Lebensmonat, wobei insoweit die Berechnung streitig sei. Nach Auffassung des SG habe entgegen der für die Eltern günstigen Praxis der Beklagten auch nach der hier maßgeblichen Rechtslage (seit 01.01.2015 sei nach § 1 Abs 1 Satz 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) der mehrfache Elterngeldbezug für Mehrlingsgeburten ausdrücklich ausgeschlossen) derselbe Elternteil von Mehrlingen nur einen einfachen Anspruch auf Elterngeld. Die Ausführungen des BSG (27.06.2013, B 10 EG 8/12 R, aaO) habe man uU noch so verstehen können, dass der mehrfache Einkommensausgleich für denselben Elternteil und Bezugsmonat lediglich durch die Anrechnung des ersten Elterngeldes bei der Berechnung des Elterngeldanspruchs für das zweite Zwillingskind ausgeschlossen werde. Mit Urteil vom 26.03.2014 (B 10 EG 2/13 R, juris) habe das BSG allerdings ausdrücklich festgestellt, dass aus dem Umstand einer Mehrlingsgeburt kein doppelter Elterngeldanspruch resultiere. Der erhöhte Betreuungsaufwand ein und desselben Elternteils sei mit dem Mehrlingszuschlag abschließend abgegolten. Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht liege darin nicht. Zwischen Mehrlingseltern und anderen Eltern mehrerer Geschwister bestehe ein sachlicher Unterschied, der eine Ungleichbehandlung rechtfertige. Bei Geburten nacheinander habe die Mutter zweimal eine Einkommensminderung, die Zwillingsmutter jedoch nur einmal. Die Differenzierung trage dem Gesetzeszweck des Ersatzes des Erwerbseinkommens Rechnung und sei umso unbedenklicher, als der Gesetzgeber dem bei mehreren kleinen Kindern oder Mehrlingen erhöhten Betreuungsaufwand durch das gestufte System von Geschwister- und Mehrlingszuschlägen Rechnung getragen habe.
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 25.08.2015 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 24.09.2015 eingelegte Berufung der Klägerin. Angesichts der hier zu klärenden verfassungsrechtlichen Fragen habe das SG schon nicht durch Gerichtsbescheid entscheiden dürfen. Es bestehe auch kein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung von Mehrlingseltern und anderen Eltern mehrerer Geschwister. Das BEEG solle gerade den durch die Geburt von Mehrlingen entstandenen finanziellen Belastungen Rechnung tragen und zwar in vollem Umfang wie bei anderen Geschwisterkindern. Dies könne nicht lediglich mit einem Zuschlag von 300 EUR erreicht werden, der im Übrigen willkürlich und viel zu gering angesetzt sei. Es gehe nicht darum, irgendwelche Einkommensminderungen zu ersetzen, sondern darum, dass bei Zwillingen der gleiche Existenzsicherungsbedarf bestehe wie bei mehreren Einzelkindern in zeitlichem Abstand. Da diese Frage nicht höchstrichterlich geklärt sei, sei die Revision zuzulassen, um sodann ggf die Frage durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) klären lassen zu können.
Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 19.08.2015 aufzuheben und die Bescheide der Beklagten vom 25.08.2011 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 28.10.2011 und des Widerspruchsbescheids vom 29.03.2012 sowie vom 27.03. 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.05.2014 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, für T und B jeweils Elterngeld &61630; für den 1. Lebensmonat iHv 1.972,30 EUR &61630; für den 2. Lebensmonat iHv 2.791,60 EUR &61630; für den 3. Lebensmonat iHv 2.804,60 EUR &61630; für den 4. Lebensmonat iHv 3.116,60 EUR &61630; für den 5. bis 12. Lebensmonat iHv 3.194,60 EUR nebst Zinsen hieraus iHv 4% seit 08.02.2012 zu gewähren, hilfsweise, einen neuen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig, jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 25.08.2011 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 28.10.2011 und des Widerspruchsbescheids vom 29.03.2012 sowie vom 27.03. 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.05.2014 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung von höherem Elterngeld für die ersten zwölf Lebensmonate von T und B.
Die geltend gemachten Ansprüche richten sich nach dem Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG vom 05.12.2006, BGBl I 2748 ff, in Kraft getreten durch Art 3 des Gesetzes zur Einführung des Elterngeldes am 01.01.2007, idF von Art 14 Nr 1 des Haushaltbegleitgesetzes 2011 vom 09.12.2010, BGBl I 1885 ff). Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 BEEG für einen Anspruch dem Grunde nach sind erfüllt. Die Klägerin hatte ihren Wohnsitz in Deutschland, lebte mit den Zwillingen T und B in einem Haushalt, betreute und erzog die Kinder und übte keine Erwerbstätigkeit von mehr als 30 Wochenstunden aus (§ 1 Abs 6 BEEG). Sie beantragte das Elterngeld schriftlich am 08.08.2011 und damit innerhalb von drei Monaten nach der Geburt ihrer Zwillinge (§ 7 Abs 1 BEEG).
Elterngeld kann in der Zeit vom Tag der Geburt bis zur Vollendung des 14. Lebensmonats des Kindes bezogen werden (§ 4 Abs 1 Satz 1 BEEG). Es wird in Monatsbeträgen für Lebensmonate des Kindes gezahlt. Die Eltern haben insgesamt Anspruch auf zwölf Monatsbeträge. Sie haben Anspruch auf zwei weitere Monatsbeträge, wenn für zwei Monate eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt. Die Eltern können die jeweiligen Monatsbeträge abwechselnd oder gleichzeitig beziehen (§ 4 Abs 2 BEEG). Ein Elternteil kann mindestens für zwei und höchstens für zwölf Monate Elterngeld beziehen (§ 4 Abs 3 Satz 1 BEEG). Lebensmonate des Kindes, in denen einem Elternteil nach § 3 Abs 1 Nr 1 bis 3 anzurechnende Einnahmen zustehen, gelten als Monate, für die dieser Elternteil Elterngeld bezieht (§ 4 Abs 3 Satz 2 BEEG). Bei Zwillingsgeburten steht den Eltern für jedes Kind Elterngeld im gesetzlichen Umfang von bis zu 14 Monatsbeträgen zu (BSG 27.06.2013, B 10 EG 8/12 R, SozR 4-7837 § 1 Nr 4). Ob die insoweit stark kritisierte Rechtsprechung (vgl Dau, jM 2014, 71) tatsächlich auch für den entscheidungsrelevanten Zeitraum entgegen der Verwaltungspraxis der Beklagten so zu verstehen war, dass für einen Elternteil auch bei Mehrlingen für den gleichen Zeitraum nur ein Elterngeldanspruch bestehen sollte (vgl BSG 26.03.2014, B 10 EG 2/13 R, juris), kann hier offenbleiben. Die Klägerin hat jedenfalls unter keinem Gesichtspunkt einen Anspruch darauf, noch weiteres Elterngeld anlässlich der Geburt ihrer Zwillinge zu erhalten.
Zunächst ist die Berechnung des Elterngeldanspruchs für T nicht zu beanstanden.
Die Höhe des Elterngeldes bemisst sich nach § 2 BEEG. Elterngeld wird gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG in Höhe von 67% des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 EUR monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist die Summe der positiven im Inland zu versteuernden Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit nach § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG nach Maßgabe der Absätze 7 bis 9 zu berücksichtigen. In den Fällen, in denen das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1.200 EUR war, sinkt der Prozentsatz von 67% um 0,1 Prozentpunkte für je 2 EUR, um die das maßgebliche Einkommen den Betrag von 1.200 EUR übersteigt, auf bis zu 65% (§ 2 Abs 2 Satz 2 BEEG).
Der Bemessungszeitraum von zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes (§ 2 Abs 1 Satz 1 BEEG) unterliegt den Einschränkungen des § 2 Abs 7 Sätze 5 bis 7 BEEG. Danach bleiben ua Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person Mutterschaftsgeld bezogen hat oder in denen während der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise weggefallen ist. Unter Anwendung dieser Regelungen fallen die Monate Juli 2010 bis Juni 2011 nicht mit in den Bemessungszeitraum, da die Klägerin ab dem 09.07.2010 Mutterschaftsgeld und anschließend Elterngeld für C bezogen hat. Damit reicht der Bemessungszeitraum vom 01.07.2009 bis 30.06.2010.
Nach § 2 Abs 7 Satz 1 BEEG ist als Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit der um die auf die Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit entfallenden Steuern und die aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung in Höhe des gesetzlichen Anteils der beschäftigten Person einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte Überschuss der Einnahmen in Geld oder Geldeswert über die mit einem Zwölftel des Pauschbetrags nach § 9a Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchstabe a EStG anzusetzenden Werbungskosten zu berücksichtigen. Im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen werden nicht berücksichtigt (§ 2 Abs 7 Satz 2 BEEG). Als auf die Einnahmen entfallende Steuern gelten die abgeführte Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer, im Falle einer Steuervorauszahlung der auf die Einnahmen entfallende monatliche Anteil (§ 2 Abs 7 Satz 3 BEEG). Grundlage der Einkommensermittlung sind nach § 2 Abs 7 Satz 4 BEEG ua die entsprechenden monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers.
Unter Anwendung dieser Regelungen ist im Bemessungszeitraum nach den vorgelegten Einkommensnachweisen von einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen iHv 2.233,99 EUR auszugehen. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig und wird von der Klägerin nicht angegriffen. Damit sinkt der Anspruchsfaktor auf den Mindestsatz von 65% (§ 2 Abs 2 Satz 2 BEEG).
Lebt die elterngeldberechtigte Person mit zwei Kindern, die das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, oder mit drei oder mehr Kindern, die das sechste Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in einem Haushalt, so wird das nach § 2 Abs 1 bis 3 und 5 BEEG zustehende Elterngeld um 10%, mindestens um 75 EUR erhöht (§ 2 Abs 4 Satz 1 BEEG). Nach § 2 Abs 6 BEEG erhöht sich bei Mehrlingsgeburten das nach den Abs 1 bis 5 zustehende Elterngeld um je 300 EUR für jedes weitere Kind.
Der Elterngeldanspruch beträgt daher rechnerisch 1.897,30 EUR (65% des Durchschnittseinkommens von 2.233,99 EUR = 1.452,09 EUR zuzüglich 10 % Geschwisterbonus 145,21 EUR zuzüglich Erhöhungsbetrag für Zwillinge 300 EUR).
Hiervon sind das bis 31.10.2011 zustehende Mutterschaftsgeld in Abzug zu bringen sowie im 1. Lebensmonat auch noch das für C bezogene Elterngeld (vgl § 3 Abs 1 BEEG). Für den 1. Lebensmonat kann damit ein höherer Anspruch als 675 EUR nicht bestehen, für die Lebensmonate 2 bis 4 hat die Beklagte die Abzüge zutreffend berechnet und für die Lebensmonate 5 bis 12 ohne Abzüge bewilligt. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 29.03.2012 Bezug genommen. Insgesamt errechnen sich somit keine höheren Zahlbeträge als die in den angefochtenen Bescheiden ausgewiesenen Zahlungen.
Die Beklagte war auch berechtigt, für den 1. Lebensmonat von T die mit Bescheid vom 28.10.2011 bewilligte Leistung iHv 714,55 EUR rückwirkend teilweise aufzuheben. Nach § 48 Abs 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Dies ist hier der Fall, denn die Klägerin hat durch die Erhöhung des Elterngelds für C (Bescheid vom 26.01.2012) für den 1. Lebensmonat von T höheres Einkommen erzielt, das auf den Elterngeldanspruch für T anzurechnen ist. Ein atypischer Fall, der eine Ermessensausübung erfordern würde, liegt nicht vor.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf höheres Elterngeld für B als mit Bescheid vom 27.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.05.2014 bewilligt.
Geht man mit dem BSG (27.06.2013, B 10 EG 8/12 R, SozR 4-7837 § 1 Nr 4) davon aus, dass ein eigenständiger Elterngeldanspruch besteht, beläuft sich dieser auch hier – vor Anrechnung – dem Grunde nach auf monatlich 1.897,30 EUR.
Nach § 3 BEEG (in der bis 17.09.2012 gültigen Fassung) gelten folgende Anrechnungsregelungen: (1) Mutterschaftsgeld, das der Mutter nach der Reichsversicherungsordnung oder dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte für die Zeit ab dem Tag der Geburt zusteht, wird mit Ausnahme des Mutterschaftsgeldes nach § 13 Abs 2 des Mutterschutzgesetzes auf das ihr zustehende Elterngeld nach § 2 angerechnet ...Stehen die Leistungen nach den Sätzen 1 bis 3 nur für einen Teil des Lebensmonats des Kindes zu, sind sie nur auf den entsprechenden Teil des Elterngeldes anzurechnen (Satz 4). (2) Soweit Berechtigte an Stelle des vor der Geburt des Kindes erzielten Einkommens aus Erwerbstätigkeit nach der Geburt andere Einnahmen erzielen, die nach ihrer Zweckbestimmung dieses Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise ersetzen, werden diese Einnahmen auf das für das ersetzte Einkommen zustehende Elterngeld angerechnet, soweit letzteres den Betrag von 300 EUR übersteigt; dieser Betrag erhöht sich bei Mehrlingsgeburten um je 300 EUR für das zweite und jedes weitere Kind. Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.
Schon unabhängig von dem – nach allerdings unzutreffender Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin nicht anzurechnenden – Mutterschaftsgeld ergibt sich aus der Anrechnung der Elterngeldansprüche für T und im 1. Lebensmonat auch noch für C in jedem Monat der Mindestanrechnungsfreibetrag. Der anrechnungsfreie Betrag beläuft sich nach § 3 Abs 2 BEEG auf 600 EUR. Der Basisgeschwisterbonus ist nach dieser Vorschrift nicht anrechnungsfrei gestellt (Senatsurteil vom 24.03.2015, L 11 EG 2063/14). Dass die Beklagte gleichwohl der Klägerin monatliches Elterngeld für B iHv 675 EUR bewilligt hat, verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Einen Verfassungsverstoß vermag der Senat in der Anrechnung des Elterngeldes für das ältere Mehrlingskind nicht zu erkennen. Es ist verfassungsrechtlich auch nicht geboten, bei Mehrlingsgeburten über den vorgesehenen Mehrlingszuschlag hinaus einen eigenständigen, mehrfachen Elterngeldanspruch vorzusehen.
Ein Verstoß gegen Art 3 GG, wonach Mehrlingseltern gegenüber anderen Eltern von Geschwisterkindern benachteiligt werden, ist nicht gegeben. Art 3 Abs 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Dieser hat gerade auch im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im ersten Abschnitt des BEEG gehören, einen weiten Gestaltungsspielraum. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (ständige Rechtsprechung des BVerfG: BVerfGE 55, 72, 88; vgl jüngst BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 §1 Nr 7 RdNr 55; BVerfGE 117, 272, 300f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 70). Umgekehrt verbietet Art 3 Abs 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung als sachwidrig erscheinen lassen (vgl Jarass in Jarass Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 3 RdNr 8 mwN).
Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfGE 84, 348, 359 mwN; 110, 412, 436; ständige Rechtsprechung). Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinne als gleich ansehen will (BVerfGE 21, 12, 26; 23, 242, 252). Der Gesetzgeber darf generalisieren und pauschalieren, er muss – und kann - nicht für jede denkbare Fallkonstellation die optimale und bestmögliche Lösung regeln. Praktikabilität und Einfachheit des Rechts sind im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers als hochrangige Ziele zu berücksichtigen (BVerfG 07.12.1999, 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297). Allerdings muss er die Auswahl sachgerecht treffen (vgl BVerfGE 17, 319, 330; 53, 313, 329 = SozR 4100 § 168 Nr 12 S 25; BVerfGE 67, 70, 85f; ständige Rechtsprechung). Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt insoweit eine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs (vgl BVerfGE 75, 108, 157 = SozR 5425 § 1 Nr 1 S 11). Das BVerfG legt je nach dem Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlichen Prüfungsmaßstab an (vgl zusammenfassend BVerfGE 88, 87, 96f; 105, 73, 110f = SozR 3-1100 Art 3 Nr 176 S 173). So muss der Gesetzgeber im Bereich staatlicher Maßnahmen, welche die Familie betreffen, den Schutz beachten, den er dieser nach Art 6 Abs GG schuldet (vgl BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55). Darüber hinaus kann im vorliegenden Zusammenhang auch das Sozialstaatsprinzip Art 20 Abs 1 GG von Bedeutung sein.
Die von der Klägerin gewählten Vergleichsgruppen weisen insoweit Unterschiede auf, als dass ein Einkommensverlust infolge der Kinderbetreuung bei Geburt von Mehrlingen zeitlich nur einmal im Anschluss an die Geburt auftritt, bei mehreren Geburten von Geschwisterkindern jedoch wiederholt und damit insgesamt für einen längeren Zeitraum. Angesichts des Gesetzeszwecks ist dieser Unterschied sachlich erheblich und gebietet geradezu eine unterschiedliche Behandlung. Zweck des Elterngeldes ist weder ein Ausgleich für Erziehungstätigkeit (so beim Erziehungsgeld), noch eine Unterhalts- oder Existenzsicherung für die Kinder selbst. Es geht vielmehr darum, dass sich die wirtschaftliche Situation und spätere Möglichkeiten der Daseinsvorsorge für Mütter und Väter nicht dadurch verschlechtern sollen, dass sie ihr Kind in den ersten Lebensmonaten vorrangig selbst betreuen. Das BEEG bezweckt daher, den Einkommensausfall der Eltern weitgehend auszugleichen, wenn sie ihre Erwerbstätigkeit aufgeben, um sich der Kinderbetreuung zu widmen (BT-Drs 16/1889 S 18f). Diesem Zweck wird die Gestaltung der Elterngeldansprüche auch für Mehrlinge mit den vorgesehen Mehrlingszuschlägen gerecht. Es ist in keiner Weise ersichtlich, warum – wie von der Klägerin gefordert – ein mehrfacher Einkommensausgleich für denselben Berechtigten für den gleichen Zeitraum erfolgen sollte. Die von der Klägerin geforderten Elterngeldansprüche liegen höher, als ihr Erwerbseinkommen im Bemessungszeitraum.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung von Art 6 Abs 1 GG. Danach hat der Staat die Pflicht, Ehe und Familie vor Beeinträchtigungen durch andere Kräfte zu bewahren und durch geeignete Maßnahmen zu fördern. Allerdings kann der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit grundsätzlich selbst bestimmen, in welchem Umfang und auf welche Weise er den ihm aufgetragenen besonderen Schutz von Ehe und Familie verwirklichen will (BVerfG 07.07.1992, 1 BvL 51/86 ua, BVerfGE 87, 1, 35 f). Regelmäßig erwachsen dabei aus Art 6 Abs 1 GG keine konkreten Ansprüche auf staatliche Leistungen (BVerfG 06.05.1975, 1 BvR 332/72, BVerfGE 39, 316 = SozR 2600 § 60 Nr 1; BVerfG 07.07.1992, aaO).
Die Entscheidungsfreiheit von Zwillingseltern hinsichtlich der innerfamiliären Aufgabenverteilung wird durch das BEEG nicht in verfassungswidriger Weise berührt, denn weder indirekt noch direkt wird ein Zwang auf die Eltern ausgeübt, anstelle der Kinderbetreuung wieder eine elterngeldschädliche Erwerbstätigkeit auszuüben. Das BEEG übt generell keinen durch Art 6 Abs 1 GG verbotenen Zwang auf Eltern aus, sondern setzt lediglich Anreize, die familienpolitischen Zielen wie auch fiskalischen Interessen dienen (BSG 20.12.2012, B 10 EG 19/11 R, SozR 4-7838 § 3 Nr 1). Eine Zweckverfehlung des Elterngeldes bei Mehrlingsgeburten ist nicht zu erkennen. Darüber hinaus verpflichtet Art 6 Abs 1 GG den Gesetzgeber nicht dazu, die familiäre Eigenbetreuung von Kindern in einem weiteren Umfang zu fördern, als dies bereits durch die Einrichtung von Elterngeld und Elternzeit geschieht (vgl BVerfG 06.06.2011, 1 BvR 2712/09, NJW 2011, 2869).
Schließlich ist auch das Sozialstaatsprinzip gemäß Art 20 Abs 1 GG, welches den Staat verpflichtet, für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen, nicht verletzt. Angesichts der Weite und Unbestimmtheit dieses Prinzips lässt sich daraus regelmäßig kein Gebot entnehmen, soziale Leistungen in einem bestimmten Umfang zu gewähren (BVerfG 12.03.1996, 1 BvR 609/90 ua, BVerfGE 94, 241 = SozR 3-2200 § 1255a Nr 5; st Rspr). Zwingend ist lediglich, dass der Staat die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein seiner Bürger schafft (BVerfG 29.05.1990, 1 BvL 20/84 ua, BVerfGE 82, 60, 80 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1; BVerfG 09.02.2010, 1 BvL 1/09 ua, BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12). Diese Mindestvoraussetzungen sind hier nicht ansatzweise berührt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved