Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 2166/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 4824/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten,
Tatbestand:
Der Kläger begehrt im Berufungsverfahren Arbeitslosengeld nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) für 111 Tage.
Der Kläger war ab 03.06.2011 bei der DEKRA Arbeit GmbH, A., versicherungspflichtig beschäftigt. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis am 24.09.2012 fristlos, ersatzweise fristgemäß zum 31.10.2012 Der Kläger meldete sich daraufhin arbeitslos. Im Antragsformular ist als Datum der Arbeitslosmeldung der Samstag, 06.10.2012 angegeben.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 18.12.2012 Arbeitslosengeld nach Ablauf einer dreiwöchigen Sperrzeit ab 01.11.2012 für die Dauer von 240 Tagen in Höhe von 19,62 EUR täglich. Ab 15.02.2013 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld, nachdem der Kläger Meldeaufforderungen zum 22.01.2013, 30.01.2013 und zum 07.02.2013 nicht nachgekommen ist, wegen fehlender Verfügbarkeit ganz auf (Bescheid vom 11.02.2013, Widerspruchsbescheid vom 31.01.2014).
Im Zuge eines gegen die Bewilligungs- und Sperrzeitentscheidung geführten Widerspruchsverfahrens änderte die Beklagte mit Bescheid vom 25.04.2013 den Bescheid vom 18.12.2012 ab und bewilligte dem Kläger bereits ab Montag, 08.10.2012 bis 14.02.2013 Arbeitslosengeld. Sie berücksichtigte hierbei Sperrzeiten vom 12.10. bis 01.11.2012, vom 23.01. bis 29.01.2013, vom 31.01. bis 06.02.2013 und vom 08.02. bis 14.02.2013. Im Übrigen wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.04.2013 zurück. Die dagegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Karlsruhe (SG) mit Urteil vom 04.11.2013 ab (S 5 AL 1660/13). Im vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) geführten Berufungsverfahren (L 13 AL 4835/13) schlossen die Beteiligten am 16.05.2014 folgenden Vergleich:
1. Die Beklagte prüft, ob die mit Bescheid vom 25.04.2013 bewilligten Leistungen ausgebezahlt worden sind und bringt, falls nicht, die Leistungen zur Auszahlung, soweit nicht ein Anspruch des Jobcenters auf Erstattung besteht. 2. Die Beteiligten erklären den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt.
Im Zuge der Ausführung dieses Vergleichs stellte die Beklagte anhand eines Verbis-Vermerks fest, dass sich der Kläger am 07.12.2013 beim Jobcenter Landkreis A. persönlich arbeitslos gemeldet hatte und bewilligte ihm daraufhin mit Änderungsbescheid vom 27.06.2014 ab 07.12.2013 für die Dauer des Restanspruchs von 111 Tagen Arbeitslosengeld bis zum 26.03.2014 in Höhe von täglich 19,62 EUR (insgesamt 2.177,82 EUR). Zur Auszahlung an den Kläger gelangte nur ein Betrag von 120,00 EUR. Die weiteren 2.057,82 EUR entfielen auf einen vom Jobcenter Landkreis A. geltend gemachten Erstattungsanspruch für den Bezug von Arbeitslosengeld II im Zeitraum vom 07.12.2013 bis 20.03.2014.
Am 22.06.2014 hat der Kläger Klage zum SG sowie "cc Landessozialgericht, der Europäische Bürgerbeauftragte ..." erhoben und als Beklagte "Agentur für Arbeit A. - B./Land BW/BRD" benannt. Er hat wörtlich beantragt:
1. 8.000,00 EUR Leistungen aus Dez. 2013 - März 2013 (gemeint wohl März 2014) 2. 2.177,82 EUR zugesprochene Leistung Landessozialgericht 3. 8.000,00 EUR Leistungen aus 5. Juni bis heute 4. 1.600,00 EUR Kosten des Verfahrens 5. Zinsen aus den obigen Ansprüchen seit Gerichtseingang.
Zur Klagebegründung hat er ausgeführt, er habe vor dem LSG die Auszahlung der Leistungen für 240 Tage erstritten. Die Erfüllung des Erstattungsanspruchs des Jobcenters sei somit unzulässig. Für den Auszahlungsanspruch hat er sich u.a. auf Art. 34 Grundgesetz (GG) berufen
Das SG hat in das Verfahren als weitere Beklagte das Land Baden-Württemberg, vertreten durch Regierungspräsidium A., Abteilung 2 - Wirtschaft, Raumordnung, Bau-, Denkmal- und Gesundheitswesen, Markgrafenstr. 46, 76133 A. sowie die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Referat Z a 3 Wilhelmstr. 49, 10117 Berlin aufgenommen.
Mit Beschluss vom 11.09.2014 hat das SG den Anspruch Ziffer 3 des Klageantrages abgetrennt, da sich dieser auf Amtshaftungsansprüche beziehe und unter dem Aktenzeichen S 11 AL 3012/14 fortgeführt.
Mit Gerichtsbescheid vom 30.10.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei bereits unzulässig, weil der Kläger vor Klageerhebung kein Widerspruchsverfahren durchgeführt habe. Im Übrigen sei der Bescheid vom 27.06.2014 auch rechtmäßig. Die Anspruchsdauer von 240 Tagen sei ausgeschöpft. Die Beklagte habe dem Kläger vom 08.10.2012 bis 14.02.2013 für die Dauer von 129 Tagen Leistungen ausgezahlt (Bescheid vom 18.12.2012 in der Fassung des Bescheides vom 25.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.04.2013). Auf Grund der erneuten Arbeitslosmeldung am 07.12.2013 habe die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld für die Dauer des Restanspruchs von 111 Tagen bewilligt. Ein Neuanspruch auf Arbeitslosengeld sei nicht entstanden, da der Kläger die Anwartschaftszeit für einen neuen Anspruch nicht erfüllt habe. Zu Unrecht wende sich der Kläger gegen die Ablehnung der Auszahlung von Leistungen für den Zeitraum vom 07.12.2013 bis 20.03.2014. In diesem Zeitraum habe jener Leistungen nach dem SGB II bezogen so dass dem Jobcenter Landkreis A. ein Erstattungsanspruch gemäß § 104 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zustehe. Der Anspruch des Klägers gelte demnach gemäß § 107 Abs. 1 SGB X als erfüllt. Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus dem vor dem LSG geschlossenen Vergleich. Dort sei ausdrücklich vereinbart worden, dass Leistungen nur insoweit ausgezahlt würden, als nicht ein Erstattungsanspruch des Jobcenters bestehe.
Der Kläger hat am 18.11.2014 Berufung zum LSG eingelegt. Er macht nur noch geltend, dass Leistungen nicht für 111 Tage ausbezahlt worden seien und nicht ersichtlich sei, weshalb Leistungen mit dem Jobcenter fast vollständig verrechnet würden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. Oktober 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld für insgesamt 111 Tage für die Zeit ab 7. Dezember 2013, unter Berücksichtigung bereits ausgezahlter 120,00 EUR, auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Beklagte ist ausschließlich die Bundesagentur für Arbeit. Richtig ist zwar, dass der Kläger in seiner Klageschrift neben der Bundesagentur für Arbeit das Land Baden-Württemberg sowie die Bundesrepublik Deutschland als Beklagte benannt hat. Allein dies macht sie jedoch nicht zu Beklagten, insbesondere wenn auf Klägerseite - wie hier - ausschließlich eine Naturpartei steht. Die Bezeichnung einer Partei ist vielmehr als Teil einer Prozesshandlung auslegungsfähig (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 22.03.2001, 8 b 262/00, juris). Entscheidend ist, welchen Sinn die Erklärung aus Sicht des Gerichts und des Prozessgegners hat. Demgemäß ist grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusehen, die nach dem Gesamtzusammenhang der Prozesserklärung als Partei gemeint ist. Inhalt und rechtliche Bedeutung einer Prozesshandlung wie die Klageerhebung hat das Berufungsgericht ohne Bindung an die erstinstanzlich getroffene Auslegung selbständig festzustellen.
Der Kläger hatte sein Klagebegehren ausschließlich auf die Zahlung von Arbeitslosengeld gerichtet, so dass eine Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland nicht ersichtlich ist, auch nicht des Landes Baden-Württemberg, jedenfalls soweit das SG auf Grund des Hinweises des Klägers auf Art. 34 GG diesen Teil des Rechtsstreits mit Beschluss vom 11.09.2014 abgetrennt und unter dem Aktenzeichen S 11 AL 3023/14 weitergeführt hat. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger ebenfalls nur die Auszahlung von Arbeitslosengeld. Der Kläger wurde deshalb mit Senatsschreiben vom 27.11.2014 darauf hingewiesen, dass die Bundesrepublik Deutschland sowie das Land Baden-Württemberg nicht als Beklagte aufgenommen werden. Der Kläger, der hierzu Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten hatte, hat sich nicht geäußert.
Das Rubrum auf Beklagtenseite war deshalb - auch noch im Berufungsverfahren - zu berichtigen (so LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.04.2015, L 4 KR 2691/14 unter ausdrücklicher Verneinung einer Klageänderung im Sinne von § 99 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
2. Die statthafte (§ 143 Abs. 1 SGG), form- und fristgerecht (vergleiche § 151 Abs. 1 SGG) eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Weder eine Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und 4 SGG (a.) noch eine echte Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG (b.) ist zulässig.
a. Die vom Kläger am 22.06.2014 erhobene Klage konnte sich nicht gegen den Änderungsbescheid vom 27.06.2014 richten, mit dem Arbeitslosengeld für 111 Tage ab 07.12.2013 bewilligt und eine Auszahlung von 120,00 EUR an den Kläger verfügt wurde. Dieser war zum Zeitpunkt der Klageerhebung dem Kläger gegenüber noch nicht bekannt gegeben worden und somit noch nicht wirksam (§ 39 Abs. 1 SGB X). Eine zuvor erhobene Klage ist unzulässig. Sie wird auch nicht mit der späteren Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zulässig (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 87 Anm. 4 c; Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 08.04.1983, VI R 209 - 79, juris).
b. Eine echte Leistungsklage ist ebenfalls nicht zulässig. Mit der echten Leistungsklage kann nach § 54 Abs. 5 SGG die Verurteilung zu einer Leistung begehrt werden, auf die ein Rechtsanspruch besteht, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hat. Die Frage der Zulässigkeit dieser Klageart ist unmittelbar mit der Frage der rechtlichen Ausgestaltung der Beziehung zwischen den Beteiligen verknüpft. Voraussetzung für die echte Leistungsklage ist in der Regel das Bestehen eines Gleichordnungsverhältnisses zwischen den Beteiligten, das eine (einseitig) hoheitliche Regelung der handelnden Behörde durch Verwaltungsakt gegenüber dem Adressaten ausschließt. Kläger und Beklagte stehen sich hier jedoch nicht in einem Gleichordnungsverhältnis gegenüber, sodass die vom Kläger begehrte Auszahlung konkreter Geldleistungen einen Verwaltungsakt voraussetzt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
4. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten,
Tatbestand:
Der Kläger begehrt im Berufungsverfahren Arbeitslosengeld nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) für 111 Tage.
Der Kläger war ab 03.06.2011 bei der DEKRA Arbeit GmbH, A., versicherungspflichtig beschäftigt. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis am 24.09.2012 fristlos, ersatzweise fristgemäß zum 31.10.2012 Der Kläger meldete sich daraufhin arbeitslos. Im Antragsformular ist als Datum der Arbeitslosmeldung der Samstag, 06.10.2012 angegeben.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 18.12.2012 Arbeitslosengeld nach Ablauf einer dreiwöchigen Sperrzeit ab 01.11.2012 für die Dauer von 240 Tagen in Höhe von 19,62 EUR täglich. Ab 15.02.2013 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld, nachdem der Kläger Meldeaufforderungen zum 22.01.2013, 30.01.2013 und zum 07.02.2013 nicht nachgekommen ist, wegen fehlender Verfügbarkeit ganz auf (Bescheid vom 11.02.2013, Widerspruchsbescheid vom 31.01.2014).
Im Zuge eines gegen die Bewilligungs- und Sperrzeitentscheidung geführten Widerspruchsverfahrens änderte die Beklagte mit Bescheid vom 25.04.2013 den Bescheid vom 18.12.2012 ab und bewilligte dem Kläger bereits ab Montag, 08.10.2012 bis 14.02.2013 Arbeitslosengeld. Sie berücksichtigte hierbei Sperrzeiten vom 12.10. bis 01.11.2012, vom 23.01. bis 29.01.2013, vom 31.01. bis 06.02.2013 und vom 08.02. bis 14.02.2013. Im Übrigen wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.04.2013 zurück. Die dagegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Karlsruhe (SG) mit Urteil vom 04.11.2013 ab (S 5 AL 1660/13). Im vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) geführten Berufungsverfahren (L 13 AL 4835/13) schlossen die Beteiligten am 16.05.2014 folgenden Vergleich:
1. Die Beklagte prüft, ob die mit Bescheid vom 25.04.2013 bewilligten Leistungen ausgebezahlt worden sind und bringt, falls nicht, die Leistungen zur Auszahlung, soweit nicht ein Anspruch des Jobcenters auf Erstattung besteht. 2. Die Beteiligten erklären den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt.
Im Zuge der Ausführung dieses Vergleichs stellte die Beklagte anhand eines Verbis-Vermerks fest, dass sich der Kläger am 07.12.2013 beim Jobcenter Landkreis A. persönlich arbeitslos gemeldet hatte und bewilligte ihm daraufhin mit Änderungsbescheid vom 27.06.2014 ab 07.12.2013 für die Dauer des Restanspruchs von 111 Tagen Arbeitslosengeld bis zum 26.03.2014 in Höhe von täglich 19,62 EUR (insgesamt 2.177,82 EUR). Zur Auszahlung an den Kläger gelangte nur ein Betrag von 120,00 EUR. Die weiteren 2.057,82 EUR entfielen auf einen vom Jobcenter Landkreis A. geltend gemachten Erstattungsanspruch für den Bezug von Arbeitslosengeld II im Zeitraum vom 07.12.2013 bis 20.03.2014.
Am 22.06.2014 hat der Kläger Klage zum SG sowie "cc Landessozialgericht, der Europäische Bürgerbeauftragte ..." erhoben und als Beklagte "Agentur für Arbeit A. - B./Land BW/BRD" benannt. Er hat wörtlich beantragt:
1. 8.000,00 EUR Leistungen aus Dez. 2013 - März 2013 (gemeint wohl März 2014) 2. 2.177,82 EUR zugesprochene Leistung Landessozialgericht 3. 8.000,00 EUR Leistungen aus 5. Juni bis heute 4. 1.600,00 EUR Kosten des Verfahrens 5. Zinsen aus den obigen Ansprüchen seit Gerichtseingang.
Zur Klagebegründung hat er ausgeführt, er habe vor dem LSG die Auszahlung der Leistungen für 240 Tage erstritten. Die Erfüllung des Erstattungsanspruchs des Jobcenters sei somit unzulässig. Für den Auszahlungsanspruch hat er sich u.a. auf Art. 34 Grundgesetz (GG) berufen
Das SG hat in das Verfahren als weitere Beklagte das Land Baden-Württemberg, vertreten durch Regierungspräsidium A., Abteilung 2 - Wirtschaft, Raumordnung, Bau-, Denkmal- und Gesundheitswesen, Markgrafenstr. 46, 76133 A. sowie die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Referat Z a 3 Wilhelmstr. 49, 10117 Berlin aufgenommen.
Mit Beschluss vom 11.09.2014 hat das SG den Anspruch Ziffer 3 des Klageantrages abgetrennt, da sich dieser auf Amtshaftungsansprüche beziehe und unter dem Aktenzeichen S 11 AL 3012/14 fortgeführt.
Mit Gerichtsbescheid vom 30.10.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei bereits unzulässig, weil der Kläger vor Klageerhebung kein Widerspruchsverfahren durchgeführt habe. Im Übrigen sei der Bescheid vom 27.06.2014 auch rechtmäßig. Die Anspruchsdauer von 240 Tagen sei ausgeschöpft. Die Beklagte habe dem Kläger vom 08.10.2012 bis 14.02.2013 für die Dauer von 129 Tagen Leistungen ausgezahlt (Bescheid vom 18.12.2012 in der Fassung des Bescheides vom 25.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.04.2013). Auf Grund der erneuten Arbeitslosmeldung am 07.12.2013 habe die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld für die Dauer des Restanspruchs von 111 Tagen bewilligt. Ein Neuanspruch auf Arbeitslosengeld sei nicht entstanden, da der Kläger die Anwartschaftszeit für einen neuen Anspruch nicht erfüllt habe. Zu Unrecht wende sich der Kläger gegen die Ablehnung der Auszahlung von Leistungen für den Zeitraum vom 07.12.2013 bis 20.03.2014. In diesem Zeitraum habe jener Leistungen nach dem SGB II bezogen so dass dem Jobcenter Landkreis A. ein Erstattungsanspruch gemäß § 104 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zustehe. Der Anspruch des Klägers gelte demnach gemäß § 107 Abs. 1 SGB X als erfüllt. Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus dem vor dem LSG geschlossenen Vergleich. Dort sei ausdrücklich vereinbart worden, dass Leistungen nur insoweit ausgezahlt würden, als nicht ein Erstattungsanspruch des Jobcenters bestehe.
Der Kläger hat am 18.11.2014 Berufung zum LSG eingelegt. Er macht nur noch geltend, dass Leistungen nicht für 111 Tage ausbezahlt worden seien und nicht ersichtlich sei, weshalb Leistungen mit dem Jobcenter fast vollständig verrechnet würden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. Oktober 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld für insgesamt 111 Tage für die Zeit ab 7. Dezember 2013, unter Berücksichtigung bereits ausgezahlter 120,00 EUR, auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Beklagte ist ausschließlich die Bundesagentur für Arbeit. Richtig ist zwar, dass der Kläger in seiner Klageschrift neben der Bundesagentur für Arbeit das Land Baden-Württemberg sowie die Bundesrepublik Deutschland als Beklagte benannt hat. Allein dies macht sie jedoch nicht zu Beklagten, insbesondere wenn auf Klägerseite - wie hier - ausschließlich eine Naturpartei steht. Die Bezeichnung einer Partei ist vielmehr als Teil einer Prozesshandlung auslegungsfähig (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 22.03.2001, 8 b 262/00, juris). Entscheidend ist, welchen Sinn die Erklärung aus Sicht des Gerichts und des Prozessgegners hat. Demgemäß ist grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusehen, die nach dem Gesamtzusammenhang der Prozesserklärung als Partei gemeint ist. Inhalt und rechtliche Bedeutung einer Prozesshandlung wie die Klageerhebung hat das Berufungsgericht ohne Bindung an die erstinstanzlich getroffene Auslegung selbständig festzustellen.
Der Kläger hatte sein Klagebegehren ausschließlich auf die Zahlung von Arbeitslosengeld gerichtet, so dass eine Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland nicht ersichtlich ist, auch nicht des Landes Baden-Württemberg, jedenfalls soweit das SG auf Grund des Hinweises des Klägers auf Art. 34 GG diesen Teil des Rechtsstreits mit Beschluss vom 11.09.2014 abgetrennt und unter dem Aktenzeichen S 11 AL 3023/14 weitergeführt hat. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger ebenfalls nur die Auszahlung von Arbeitslosengeld. Der Kläger wurde deshalb mit Senatsschreiben vom 27.11.2014 darauf hingewiesen, dass die Bundesrepublik Deutschland sowie das Land Baden-Württemberg nicht als Beklagte aufgenommen werden. Der Kläger, der hierzu Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten hatte, hat sich nicht geäußert.
Das Rubrum auf Beklagtenseite war deshalb - auch noch im Berufungsverfahren - zu berichtigen (so LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.04.2015, L 4 KR 2691/14 unter ausdrücklicher Verneinung einer Klageänderung im Sinne von § 99 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
2. Die statthafte (§ 143 Abs. 1 SGG), form- und fristgerecht (vergleiche § 151 Abs. 1 SGG) eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Weder eine Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und 4 SGG (a.) noch eine echte Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG (b.) ist zulässig.
a. Die vom Kläger am 22.06.2014 erhobene Klage konnte sich nicht gegen den Änderungsbescheid vom 27.06.2014 richten, mit dem Arbeitslosengeld für 111 Tage ab 07.12.2013 bewilligt und eine Auszahlung von 120,00 EUR an den Kläger verfügt wurde. Dieser war zum Zeitpunkt der Klageerhebung dem Kläger gegenüber noch nicht bekannt gegeben worden und somit noch nicht wirksam (§ 39 Abs. 1 SGB X). Eine zuvor erhobene Klage ist unzulässig. Sie wird auch nicht mit der späteren Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zulässig (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 87 Anm. 4 c; Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 08.04.1983, VI R 209 - 79, juris).
b. Eine echte Leistungsklage ist ebenfalls nicht zulässig. Mit der echten Leistungsklage kann nach § 54 Abs. 5 SGG die Verurteilung zu einer Leistung begehrt werden, auf die ein Rechtsanspruch besteht, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hat. Die Frage der Zulässigkeit dieser Klageart ist unmittelbar mit der Frage der rechtlichen Ausgestaltung der Beziehung zwischen den Beteiligen verknüpft. Voraussetzung für die echte Leistungsklage ist in der Regel das Bestehen eines Gleichordnungsverhältnisses zwischen den Beteiligten, das eine (einseitig) hoheitliche Regelung der handelnden Behörde durch Verwaltungsakt gegenüber dem Adressaten ausschließt. Kläger und Beklagte stehen sich hier jedoch nicht in einem Gleichordnungsverhältnis gegenüber, sodass die vom Kläger begehrte Auszahlung konkreter Geldleistungen einen Verwaltungsakt voraussetzt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
4. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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