Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 88/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 R 5181/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 5. November 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der Kläger hat von 1971 bis 1974 den Beruf des Raumausstatters erlernt und mit Unterbrechung bis 31.4.1984 ausgeübt. Nach freiberuflichen Tätigkeiten arbeitete er von August 1999 bis Januar 2000 als Montageschlosser, von Februar 2000 bis 31.5.2000 als Monteur im Metallbau, vom 1.6.2000 bis 13.10.2000 für P., vom 16.10.2000 bis 30.11.2001 als Lkw-Fahrer für eine Spedition, vom 1.12.2001 bis 30.6.2002 als Automatenführer und vom 21.10.2002 als Lkw-Fahrer im Nahbereich für einen Sanitätsgroßhandel. Seit 23.2.2012 ist er arbeitsunfähig krank. Bei ihm ist seit 5.7.2012 ein Grad der Behinderung von 40 anerkannt.
Am 4.7.2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten unter Vorlage ärztlicher Befundunterlagen Rente wegen Erwerbsminderung wegen Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Spinalkanalstenose und Depression. Auf Veranlassung der Beklagten wurde er von Dr. St., Arzt für Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie untersucht. In seinem Gutachten vom 1./6.8.2013 diagnostizierte er Lumboischialgie, belastungsabhängige Kopfschmerzen, Verdacht auf zervikalen NPP und depressive Phase bei psychosozialer Überlastungssituation (Pflege der querschnittsgelähmten Ehefrau mit Pflegestufe III). Als Bodenleger/Lkw-Fahrer könne der Kläger nur unter 3 Stunden arbeiten. Leichte körperliche Arbeiten, überwiegend im Sitzen, ohne Nachtschicht, ohne Wirbelsäulenzwangshaltung, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Klettern und Steigen, ohne häufiges Begehen von Treppen, Leitern und Gerüsten 6 Stunden und mehr. Die Beklagte lehnte die beantragte Rente wegen Erwerbsminderung sowie auch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit aus medizinischen Gründen mit Bescheid vom 8.8.2013 ab. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10.12.2013).
Dagegen hat der Kläger am 9.1.2014 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erheben lassen und sein Begehren auf Gewährung von Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit unter Bezugnahme auf das Vorbringen im Widerspruchsverfahren und Vorlage weiterer ärztlicher Befundberichte (Orthopäde Dr. H. vom 28.1.2014, Orthopäde Dr. M. vom 25.11.2013) weiter verfolgt.
Das SG hat das orthopädische Gutachten des Dr. R. vom 13.6.2014 mit neurologisch-psychiatrischem Zusatzgutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie O.vom 5.6.2014 eingeholt, die den Kläger übereinstimmend für in der Lage hielten, leichte Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen 6 Stunden und mehr auszuüben. Auf nervenärztlichen Fachgebiet diagnostizierte die Gutachterin eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren und einen Zustand nach Anpassungsreaktion mit noch neurasthener Symptomatik sowie neurologischerseits Wurzelreizzeichen L5, die sich den orthopädisch zu beurteilenden Störungen unterordneten. Dass eine Belastung durch die Erkrankung der Ehefrau bestehe, sei nachvollziehbar, eine Arbeitsunfähigkeit lasse sich damit aus neurologisch-psychiatrischer Sicht nicht begründen. Dr. R. benannte als Diagnosen: 1. degenerative Halswirbelsäulenveränderungen mit Mehretagenvorfallsbildung und knöcherner Einengung der Nervenaustrittsöffnung C5/6 mit leichtgradiger Einschränkung der Beweglichkeit und sensibler C6-Reizung rechts 2. Verschleißveränderungen der Brustwirbelsäule im mittleren unteren BWS-Drittel mit endgradiger Einschränkung der Beweglichkeit 3. Bandscheibenvorfallsbildung der Etagen L3/4, L 4/5, L 5/S1 mit engem Spinalkanal und Nervenwurzelirritation mit Taubheitsgefühl des rechten Beines und Sensibilitätsausfall in der Genitalregion 4. Folgen einer Oberarmkopfverletzung im Sinne einer Fraktur mit leichter Bewegungseinschränkung ohne vorauseilende Abnutzungserscheinungen 5. Initialer Hüftgelenksverschleiß ohne funktionelle Einbußen der Beweglichkeit. Auf orthopädischem Fachgebiet seien leichte körperliche Tätigkeiten ohne Hebe- und Tragebelastungen über 10 kg im Wechselrhythmus zwischen Gehen, Stehen und Sitzen, vornehmend sitzend mit der Möglichkeit des freien Positionswechsels in warmen temperierten Räumen abverlangbar.
Der Kläger hat noch das ärztliche Attest des Dr. ST. vom 11.7.2014, in dem er insbesondere wegen der multiplen orthopädischen Erkrankungen den Kläger nur noch unter 3 Stunden für leistungsfähig einschätzte, sowie das Attest des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch. und den psychotherapeutischen Befundbericht der Diplom-Psychologin Dr. L. vom 4.11.2014 vorgelegt.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 5.11.2014 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme gestützt auf die im Verwaltungsverfahren und im SG Verfahren eingeholten Gutachten sowie unter Berücksichtigung des Entlassungsberichts der Reha Klinik "S." vom 2.10.2012 nur eine qualitative aber keine quantitative Leistungseinschränkung angenommen werden könne. Der Kläger könne 6 Stunden täglich und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten verrichten. Der Kläger leide unter Halswirbelsäulenveränderungen mit Mehretagenvorfallsbildung und knöcherner Einengung der Nervenaustrittsöffnung C5/6 mit gleichzeitiger Einschränkung der Beweglichkeit und sensibler C6-Reizung rechts, Verschleißerscheinungen der Brustwirbelsäule im mittleren unteren BWS-Drittel mit endgradiger Einschränkung der Beweglichkeit, Bandscheibenvorfallsbildung der Etagen L3/4, L4/5, L5/S6 mit engem Spinalkanal und Nervenwurzelirritation mit Taubheitsgefühl des rechten Beins und Sensibilitätsausfall in der Genitalregion, Folgen einer Oberarmkopfverletzung im Sinne einer Fraktur mit leichter Beweglichkeit Einschränkung ohne vorauseilende Abnutzungserscheinungen, initialer Hüftgelenksverschleiß ohne funktionelle Einbußen der Beweglichkeit, chronische Schmerzstörung mit somatischen und physischen Faktoren, Zustand nach Anpassungsreaktion mit neurasthener Symptomatik. Bei der Untersuchung durch Dr. R. seien die Beweglichkeitsprüfungen im Bereich des Nacken-Schulter-Gürtels und der oberen Gliedmaßen, Wirbelsäule und Hüften allenfalls leicht- bis mittelgradig funktionell ohne akute Nervenwurzelreizsymptomatik und höhergradige Paresen eingeschränkt gewesen. Angesichts der von Dr. R. getroffenen Feststellungen überzeugten die Beurteilungen der Ärzte der Reha-Klinik "S." und des Dr. St., dass der Kläger zumindest noch körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung zeitweise im Stehen, zeitweise im Gehen, überwiegend im Sitzen unter besonderer Beachtung der Gefährdungs- und Belastungsfaktoren, ohne Wirbelsäulenzwangshaltung und häufiges Bücken, Klettern, Steigen oder Begehen von Treppen, Leitern und Gerüsten und ohne Armvorhalte- und Überkopfarbeiten mindestens noch 6 Stunden täglich verrichten könne. Die auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen führten ebenfalls zu keinem unter 6-stündigen Leistungsvermögen, was der Kläger durch die Darstellung seines Tagesablaufs gegenüber den Gutachtern und im Rahmen der mündlichen Verhandlung unterstrichen habe. Der Kläger habe geschildert, dass er sich selbstständig, gelegentlich mit Hilfe der Schwester um seine pflegebedürftige Ehefrau (Pflegestufe III) sowie die pflegebedürftige, demente Schwiegermutter (Pflegestufe I) kümmere und die Erwerbsminderungsrente im Wesentlichen zur Lösung der Pflegesituation benötigt werde. Er sei in der Lage, trotz der Belastungssituation den Tagesverlauf mit den beiden pflegebedürftigen Personen selbst zu strukturieren und alle anfallenden Pflege- und Hausarbeiten zu erledigen. Die Befundberichte der Dr. L. und des Dr. Sch. bestätigten den Eindruck, dass das Rentenbegehren des Klägers nicht auf der eigenen Leistungsminderung, sondern auf der Belastungssituation mit der Ehefrau basiere. Die Schmerztherapie mit Spritzenbehandlung sei erst im Zusammenhang mit der Erlangung der Rente aufgenommen worden, wodurch die Diskrepanz zwischen Beschwerdeschilderung und tatsächlicher Belastetheit im Alltag nicht aufgelöst werde. Zudem habe die Gutachterin O.weitere Behandlungsmöglichkeiten zur Verbesserung der Situation aufgezeigt. Die vom Kläger gegen das Gutachten vorgebrachten Einwendungen - zu kurze Untersuchung - vermochte das SG nicht zu überzeugen. Das Gutachten sei in sich stimmig und weise keine Widersprüche auf. In welchem Rahmen die Gutachterin ihre Ergebnisse gewinne, obliege deren eigener Einschätzung. Auch wenn der Kläger seine letzte Tätigkeit als Lkw-Fahrer im Nahverkehr nicht mehr mindestens 6 Stunden täglich verrichten könne, habe er keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Diese Tätigkeit sei nach dem Mehrstufenschema des BSG auf der Stufe eines ungelernten Arbeiters einzuordnen, weshalb er auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden könne.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 21.11.2014 zugestellte Urteil hat er am 16.12.2014 schriftlich beim Landessozialgericht Baden-Württemberg Berufung eingelegt und vorgetragen, dass das Gutachten der Nervenärztin O.weder hinsichtlich der Diagnosen noch der aus dem Verlauf der Therapie gezogenen Schlüsse überzeugend sei. Der Kläger sei seit Jahren bei der psychologischen Psychotherapeutin Dipl.-Psych. Dr. L. in Behandlung. Deren Befundbericht vom November 2014 habe eine mittelgradige depressive Störung, anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, in der Folge mit Rückzug, mangelnder Selbstfürsorge, Schlafstörungen, Unruhe, Ängste Antriebsverlust und Freudverlust ergeben. Dies decke sich nicht mit dem Gutachten der Nervenärztin O ... Der Kläger erhalte seit Juli 2014 eine antidepressive Medikation die gesteigert haben werden müssen. Die Pflegetätigkeit für die Ehefrau werde in körperlicher Hinsicht von der Sozialstation und nicht vom Kläger geleistet. Die Einholung eines weiteren Gutachtens sei erforderlich.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 5. November 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. August 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat den Neurologen und Psychiater Dr. Sch. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt (Auskunft vom 28.4.2015). Darin hat er mitgeteilt, den Kläger seit 29.5.2012 wegen einer chronifizierten depressiven Entwicklung und Belastungsstörung zu behandeln. Der Kläger leide vor dem Hintergrund der erheblichen Belastungen durch die familiäre Situation und aufgrund des chronischen Schmerzsyndroms infolge seiner Wirbelsäulenerkrankung mit begrenzter Gehfähigkeit an chronisch depressiven Verstimmungen mit Rückzugstendenz sowie Konzentrationsstörungen und Antriebsmangel. Er sei nur noch in der Lage 3 bis weniger als 6 Stunden zu arbeiten. Der Auskunft war unter anderem der psychotherapeutische Befundbericht der Dr. L. vom 27.4.2015 beigefügt.
Der Senat hat auf das Kostenrisiko des Klägers gemäß § 109 SGG das nervenfachärztliche Gutachten bei Dr. S., Mannheim eingeholt. Im Gutachten vom 13.11.2015 stellte Dr. S. als Gesundheitsstörungen ein anhaltendes Schmerzsyndrom mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD 10: F45. 41) bei degenerativen HWS-Veränderungen mit Mehretagenvorfallsbildung und Bandscheibenvorfallsbildung L3 - S1 mit engem Spinalkanal und Nervenwurzelirritation sowie eine depressive Entwicklung mit derzeit mittelschwer ausgeprägter depressiver Symptomatik (ICD 10: F34.1) fest. Durch die Lebenssituation mit einer schwerbehinderten, schwerkranken Partnerin und auch in Anbetracht des Fehlens adäquater Bewältigungsstrategien für diese außerordentlich zwischenmenschliche Belastung bestehe eine ausgeprägte depressive Symptomatik. Diese gehe auch einher mit kognitiven Beeinträchtigungen, da es immer wieder zu interferierenden Gedanken an die Ehefrau, deren Gesundheitszustand in Abwesenheit des Klägers kommen könne. In Anbetracht dessen seien dem Kläger nur mehr 3 bis unter 6 Stunden arbeitstäglich zumutbar. Durch die Wiederaufnahme einer Arbeitstätigkeit könne sich der Gesundheitszustand verbessern, da diese mit einer Hinwendung zu anderen Inhalten verbunden sei, was zu einer Besserung der Stimmungslage führen könne. Abhängig sei dies jedoch von der Bereitschaft des Klägers sich aus der Fixierung an die eigenen 4 Wände, das Krankenlager der Ehefrau, zu lösen.
Die Beklagte ist dem Gutachten mit der sozialmedizinische Stellungnahme der Dr. E., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 14.12.2015 entgegengetreten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (Reha und Rente) sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Rente. Der Bescheid der Beklagten vom 8.8.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.12.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Das SG hat nach erschöpfender Ermittlung des Sachverhalts, unter Darlegung der zutreffenden Rechtsnormen sowie unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung des BSG verbunden mit einer rechtsfehlerfreien und ausführlichen Würdigung des Beweisergebnisses zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung oder auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat. Der Senat sieht deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist im Hinblick auf den weiter erhobenen Beweis auszuführen, dass weder die eingeholte sachverständige Zeugenaussage des Dr. Sch. noch das Gutachten des Dr. S. eine einen Rentenanspruch des Klägers begründende Reduzierung des Leistungsvermögens auf unter 6 Stunden rechtfertigen. Das Gutachten des Dr. S. ist in sich nicht schlüssig und überzeugt den Senat hinsichtlich der Leistungseinschätzung des Klägers nicht. Dr. S. stützt seine Leistungseinschätzung im Wesentlichen auf die psychische Belastungssituation des Klägers durch die kranke Ehefrau. Die psychische Diagnose wird hingegen in der Reihe der Diagnosen, die regelmäßig den Schweregrad der Beeinträchtigung abbildet, erst an letzter Stelle benannt. Die als "depressive Entwicklung mit derzeit mittelschwer ausgeprägter depressiver Symptomatik" benannte psychische Diagnose verschlüsselt der Gutachter mit ICD 10: F34.1. Damit wird jedoch eine Dysthymia bezeichnet, die als eine der anhaltenden affektiven Störungen vom Schweregrad her unterhalb einer leichten depressiven Episode anzusiedeln ist. Bei der Dysthymia handelt sich um eine chronische, wenigstens mehrere Jahre andauernde depressive Verstimmung, die weder schwer noch hinsichtlich einzelner Episoden anhaltend genug ist, um die Kriterien einer schweren, mittelgradigen oder leichten rezidivierenden depressiven Störung zu erfüllen. Eine überdauernde Einschränkung des Leistungsvermögens lässt sich damit nicht begründen. Von einem Zahlendreher bei der ICD 10 Verschlüsselung, wie von Dr. E. in ihrer Sozialmedizinischen Stellungnahme angedacht, geht der Senat nicht aus, weil unter F 43.1 die posttraumatische Belastungsstörung behandelt wird, diese Diagnose vorliegend aber nicht im Raum stehen kann.
Zudem stützt auch der von Dr. S. erhobene Befund mit den objektivierbaren, nicht nur subjektiv bestehenden Gesundheitsstörungen ein reduziertes Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten nicht. So hat Dr. S. im Wesentlichen den gleichen Befund wie die Gutachterin O.erhoben. Während der Exploration waren insbesondere keine schmerzbedingten Verhaltensauffälligkeiten oder die vom Kläger geklagte Konzentrationsschwäche feststellbar. Merkfähigkeit, Kurzzeitgedächtnis und Langzeitgedächtnis waren unbeeinträchtigt. Von daher kann die Beurteilung der Auffälligkeiten im Demenzsuchtest DemTec - Beeinträchtigung der Merkfähigkeit, auffälliger Weise aber keine auffällige Einschränkung des Kurzzeitgedächtnisses, des Arbeitsgedächtnisses - , die sowohl als Ausdruck einer geringen Anstrengungsbereitschaft als auch Ausdruck einer Beeinträchtigung der Konzentrationsfähigkeit sein könne, nach Dr. S. aber im Sinne beeinträchtigter Konzentration zu deuten sei, nicht nachvollzogen werden. Bei Doppeldeutigkeit ist seine Einschätzung des willentlich zu beeinflussenden Testergebnisses bei unauffälliger Exploration als spekulativ zu bezeichnen, zumal sich auch im strukturierten Fragebogen simulierter Symptome mit 22 Punkten bei einem Cutoff-Wert von 16 Punkten erhebliche Auffälligkeiten im Sinne einer Antwortverzerrung ergaben. Auch der weiter erhobene psychopathologische Befund ergab keine Auffälligkeiten. Die psychiatrische Untersuchung ließ in der Exploration Situation keine auffällige depressive Symptomatik erkennen. Themenbezogen zeigte er sich vorübergehend subdepressiv. Die Schwingungsfähigkeit und Resonanzfähigkeit waren unbeeinträchtigt, formale und inhaltliche Denkstörungen nicht vorhanden. Auch das Antriebsverhalten, das vom Kläger als geschwächt beschrieben wurde, war jedenfalls im Hinblick auf die täglichen Anforderungen im Alltag unauffällig, auch trotz geklagter und glaubwürdiger Beeinträchtigungen des Schlafs. Von einem nennenswerten sozialen Rückzug, wie von Dr. Sch. beschrieben, kann nicht ausgegangen werden, da der Kläger auch früher über wenige Kontakte außerhalb der Partnerschaft verfügte und sich selbst eher als Einzelgänger beschrieben hat. In Bezug auf den Gesundheitszustand der Partnerin und auch auf die finanzielle Lebenssituation bestanden - nachvollziehbar - Sorgen, Befürchtungen und Ängste, die den Kläger subjektiv stärker beeinträchtigten als seine Schmerzerkrankung. Wohl zutreffend ist dieser Zustand von der Nervenärztin O.als hadernd beschrieben worden, ohne dass sich daraus eine wesentliche berufliche Leistungsminderung ergäbe. Gerade im Hinblick auf die Pflegesituation hat Dr. S. einer Arbeitsaufnahme durch den Kläger und der damit verbundenen Ablenkung sogar eine förderliche Wirkung für den psychischen Gesundheitszustand zugeschrieben. Er hat den Kläger für fähig gehalten, seine subjektiv empfundene Depressivität auf Grund der psychosozialen Belastung durch die Pflegebedürftigkeit seiner Ehefrau - zumindest teilweise -überwinden zu können. Auch die Schmerzerkrankung vermag ein quantitativ reduziertes Leistungsvermögen nicht zu rechtfertigen. Der Kläger selbst hat gegenüber Dr. S. hierzu angegeben, dass er infolge der Schmerzen an etwa 14 Tagen im Laufe der letzten 3 Monate so beeinträchtigt gewesen sei, dass er den üblichen Aktivitäten nicht habe nachgehen können. Dies deutet allenfalls auf vorübergehende Arbeitsunfähigkeit, nicht aber auf einen Dauerzustand hin. Zudem wird eine adäquate Schmerztherapie mit der gelegentlichen Einnahme des Analgetikums Ibuprofen sowie der Applikation von Escitalopram und Trazodon bei nunmehr fehlender begleitender ambulanter Psychotherapie und bisher nie erfolgter verhaltenstherapeutischer Therapie nicht durchgeführt, worauf Dr. E. in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme hingewiesen hat. Insbesondere hat kein Gutachter die von Dr. Sch. benannte Gehstörung in dem Sinne festgestellt, dass der Kläger nicht mehr in der Lage wäre, 4 mal täglich 500 m in je 20 Minuten zurückzulegen.
Auch der Einschätzung von Dr. Sch. in seiner Auskunft vom 28.4.2015 vermochte sich der Senat nicht anzuschließen, da er gegenüber den nervenärztlichen Gutachten keine abweichenden Befunde mitgeteilt hat, sondern bei im Wesentlichen gleichen Befunden von einem herabgesunkenen Leistungsvermögen ausgeht, der Senat aus den oben dargelegten Gründen jedoch nicht.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der Kläger hat von 1971 bis 1974 den Beruf des Raumausstatters erlernt und mit Unterbrechung bis 31.4.1984 ausgeübt. Nach freiberuflichen Tätigkeiten arbeitete er von August 1999 bis Januar 2000 als Montageschlosser, von Februar 2000 bis 31.5.2000 als Monteur im Metallbau, vom 1.6.2000 bis 13.10.2000 für P., vom 16.10.2000 bis 30.11.2001 als Lkw-Fahrer für eine Spedition, vom 1.12.2001 bis 30.6.2002 als Automatenführer und vom 21.10.2002 als Lkw-Fahrer im Nahbereich für einen Sanitätsgroßhandel. Seit 23.2.2012 ist er arbeitsunfähig krank. Bei ihm ist seit 5.7.2012 ein Grad der Behinderung von 40 anerkannt.
Am 4.7.2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten unter Vorlage ärztlicher Befundunterlagen Rente wegen Erwerbsminderung wegen Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Spinalkanalstenose und Depression. Auf Veranlassung der Beklagten wurde er von Dr. St., Arzt für Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie untersucht. In seinem Gutachten vom 1./6.8.2013 diagnostizierte er Lumboischialgie, belastungsabhängige Kopfschmerzen, Verdacht auf zervikalen NPP und depressive Phase bei psychosozialer Überlastungssituation (Pflege der querschnittsgelähmten Ehefrau mit Pflegestufe III). Als Bodenleger/Lkw-Fahrer könne der Kläger nur unter 3 Stunden arbeiten. Leichte körperliche Arbeiten, überwiegend im Sitzen, ohne Nachtschicht, ohne Wirbelsäulenzwangshaltung, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Klettern und Steigen, ohne häufiges Begehen von Treppen, Leitern und Gerüsten 6 Stunden und mehr. Die Beklagte lehnte die beantragte Rente wegen Erwerbsminderung sowie auch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit aus medizinischen Gründen mit Bescheid vom 8.8.2013 ab. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10.12.2013).
Dagegen hat der Kläger am 9.1.2014 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erheben lassen und sein Begehren auf Gewährung von Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit unter Bezugnahme auf das Vorbringen im Widerspruchsverfahren und Vorlage weiterer ärztlicher Befundberichte (Orthopäde Dr. H. vom 28.1.2014, Orthopäde Dr. M. vom 25.11.2013) weiter verfolgt.
Das SG hat das orthopädische Gutachten des Dr. R. vom 13.6.2014 mit neurologisch-psychiatrischem Zusatzgutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie O.vom 5.6.2014 eingeholt, die den Kläger übereinstimmend für in der Lage hielten, leichte Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen 6 Stunden und mehr auszuüben. Auf nervenärztlichen Fachgebiet diagnostizierte die Gutachterin eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren und einen Zustand nach Anpassungsreaktion mit noch neurasthener Symptomatik sowie neurologischerseits Wurzelreizzeichen L5, die sich den orthopädisch zu beurteilenden Störungen unterordneten. Dass eine Belastung durch die Erkrankung der Ehefrau bestehe, sei nachvollziehbar, eine Arbeitsunfähigkeit lasse sich damit aus neurologisch-psychiatrischer Sicht nicht begründen. Dr. R. benannte als Diagnosen: 1. degenerative Halswirbelsäulenveränderungen mit Mehretagenvorfallsbildung und knöcherner Einengung der Nervenaustrittsöffnung C5/6 mit leichtgradiger Einschränkung der Beweglichkeit und sensibler C6-Reizung rechts 2. Verschleißveränderungen der Brustwirbelsäule im mittleren unteren BWS-Drittel mit endgradiger Einschränkung der Beweglichkeit 3. Bandscheibenvorfallsbildung der Etagen L3/4, L 4/5, L 5/S1 mit engem Spinalkanal und Nervenwurzelirritation mit Taubheitsgefühl des rechten Beines und Sensibilitätsausfall in der Genitalregion 4. Folgen einer Oberarmkopfverletzung im Sinne einer Fraktur mit leichter Bewegungseinschränkung ohne vorauseilende Abnutzungserscheinungen 5. Initialer Hüftgelenksverschleiß ohne funktionelle Einbußen der Beweglichkeit. Auf orthopädischem Fachgebiet seien leichte körperliche Tätigkeiten ohne Hebe- und Tragebelastungen über 10 kg im Wechselrhythmus zwischen Gehen, Stehen und Sitzen, vornehmend sitzend mit der Möglichkeit des freien Positionswechsels in warmen temperierten Räumen abverlangbar.
Der Kläger hat noch das ärztliche Attest des Dr. ST. vom 11.7.2014, in dem er insbesondere wegen der multiplen orthopädischen Erkrankungen den Kläger nur noch unter 3 Stunden für leistungsfähig einschätzte, sowie das Attest des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch. und den psychotherapeutischen Befundbericht der Diplom-Psychologin Dr. L. vom 4.11.2014 vorgelegt.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 5.11.2014 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme gestützt auf die im Verwaltungsverfahren und im SG Verfahren eingeholten Gutachten sowie unter Berücksichtigung des Entlassungsberichts der Reha Klinik "S." vom 2.10.2012 nur eine qualitative aber keine quantitative Leistungseinschränkung angenommen werden könne. Der Kläger könne 6 Stunden täglich und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten verrichten. Der Kläger leide unter Halswirbelsäulenveränderungen mit Mehretagenvorfallsbildung und knöcherner Einengung der Nervenaustrittsöffnung C5/6 mit gleichzeitiger Einschränkung der Beweglichkeit und sensibler C6-Reizung rechts, Verschleißerscheinungen der Brustwirbelsäule im mittleren unteren BWS-Drittel mit endgradiger Einschränkung der Beweglichkeit, Bandscheibenvorfallsbildung der Etagen L3/4, L4/5, L5/S6 mit engem Spinalkanal und Nervenwurzelirritation mit Taubheitsgefühl des rechten Beins und Sensibilitätsausfall in der Genitalregion, Folgen einer Oberarmkopfverletzung im Sinne einer Fraktur mit leichter Beweglichkeit Einschränkung ohne vorauseilende Abnutzungserscheinungen, initialer Hüftgelenksverschleiß ohne funktionelle Einbußen der Beweglichkeit, chronische Schmerzstörung mit somatischen und physischen Faktoren, Zustand nach Anpassungsreaktion mit neurasthener Symptomatik. Bei der Untersuchung durch Dr. R. seien die Beweglichkeitsprüfungen im Bereich des Nacken-Schulter-Gürtels und der oberen Gliedmaßen, Wirbelsäule und Hüften allenfalls leicht- bis mittelgradig funktionell ohne akute Nervenwurzelreizsymptomatik und höhergradige Paresen eingeschränkt gewesen. Angesichts der von Dr. R. getroffenen Feststellungen überzeugten die Beurteilungen der Ärzte der Reha-Klinik "S." und des Dr. St., dass der Kläger zumindest noch körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung zeitweise im Stehen, zeitweise im Gehen, überwiegend im Sitzen unter besonderer Beachtung der Gefährdungs- und Belastungsfaktoren, ohne Wirbelsäulenzwangshaltung und häufiges Bücken, Klettern, Steigen oder Begehen von Treppen, Leitern und Gerüsten und ohne Armvorhalte- und Überkopfarbeiten mindestens noch 6 Stunden täglich verrichten könne. Die auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen führten ebenfalls zu keinem unter 6-stündigen Leistungsvermögen, was der Kläger durch die Darstellung seines Tagesablaufs gegenüber den Gutachtern und im Rahmen der mündlichen Verhandlung unterstrichen habe. Der Kläger habe geschildert, dass er sich selbstständig, gelegentlich mit Hilfe der Schwester um seine pflegebedürftige Ehefrau (Pflegestufe III) sowie die pflegebedürftige, demente Schwiegermutter (Pflegestufe I) kümmere und die Erwerbsminderungsrente im Wesentlichen zur Lösung der Pflegesituation benötigt werde. Er sei in der Lage, trotz der Belastungssituation den Tagesverlauf mit den beiden pflegebedürftigen Personen selbst zu strukturieren und alle anfallenden Pflege- und Hausarbeiten zu erledigen. Die Befundberichte der Dr. L. und des Dr. Sch. bestätigten den Eindruck, dass das Rentenbegehren des Klägers nicht auf der eigenen Leistungsminderung, sondern auf der Belastungssituation mit der Ehefrau basiere. Die Schmerztherapie mit Spritzenbehandlung sei erst im Zusammenhang mit der Erlangung der Rente aufgenommen worden, wodurch die Diskrepanz zwischen Beschwerdeschilderung und tatsächlicher Belastetheit im Alltag nicht aufgelöst werde. Zudem habe die Gutachterin O.weitere Behandlungsmöglichkeiten zur Verbesserung der Situation aufgezeigt. Die vom Kläger gegen das Gutachten vorgebrachten Einwendungen - zu kurze Untersuchung - vermochte das SG nicht zu überzeugen. Das Gutachten sei in sich stimmig und weise keine Widersprüche auf. In welchem Rahmen die Gutachterin ihre Ergebnisse gewinne, obliege deren eigener Einschätzung. Auch wenn der Kläger seine letzte Tätigkeit als Lkw-Fahrer im Nahverkehr nicht mehr mindestens 6 Stunden täglich verrichten könne, habe er keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Diese Tätigkeit sei nach dem Mehrstufenschema des BSG auf der Stufe eines ungelernten Arbeiters einzuordnen, weshalb er auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden könne.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 21.11.2014 zugestellte Urteil hat er am 16.12.2014 schriftlich beim Landessozialgericht Baden-Württemberg Berufung eingelegt und vorgetragen, dass das Gutachten der Nervenärztin O.weder hinsichtlich der Diagnosen noch der aus dem Verlauf der Therapie gezogenen Schlüsse überzeugend sei. Der Kläger sei seit Jahren bei der psychologischen Psychotherapeutin Dipl.-Psych. Dr. L. in Behandlung. Deren Befundbericht vom November 2014 habe eine mittelgradige depressive Störung, anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, in der Folge mit Rückzug, mangelnder Selbstfürsorge, Schlafstörungen, Unruhe, Ängste Antriebsverlust und Freudverlust ergeben. Dies decke sich nicht mit dem Gutachten der Nervenärztin O ... Der Kläger erhalte seit Juli 2014 eine antidepressive Medikation die gesteigert haben werden müssen. Die Pflegetätigkeit für die Ehefrau werde in körperlicher Hinsicht von der Sozialstation und nicht vom Kläger geleistet. Die Einholung eines weiteren Gutachtens sei erforderlich.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 5. November 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. August 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat den Neurologen und Psychiater Dr. Sch. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt (Auskunft vom 28.4.2015). Darin hat er mitgeteilt, den Kläger seit 29.5.2012 wegen einer chronifizierten depressiven Entwicklung und Belastungsstörung zu behandeln. Der Kläger leide vor dem Hintergrund der erheblichen Belastungen durch die familiäre Situation und aufgrund des chronischen Schmerzsyndroms infolge seiner Wirbelsäulenerkrankung mit begrenzter Gehfähigkeit an chronisch depressiven Verstimmungen mit Rückzugstendenz sowie Konzentrationsstörungen und Antriebsmangel. Er sei nur noch in der Lage 3 bis weniger als 6 Stunden zu arbeiten. Der Auskunft war unter anderem der psychotherapeutische Befundbericht der Dr. L. vom 27.4.2015 beigefügt.
Der Senat hat auf das Kostenrisiko des Klägers gemäß § 109 SGG das nervenfachärztliche Gutachten bei Dr. S., Mannheim eingeholt. Im Gutachten vom 13.11.2015 stellte Dr. S. als Gesundheitsstörungen ein anhaltendes Schmerzsyndrom mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD 10: F45. 41) bei degenerativen HWS-Veränderungen mit Mehretagenvorfallsbildung und Bandscheibenvorfallsbildung L3 - S1 mit engem Spinalkanal und Nervenwurzelirritation sowie eine depressive Entwicklung mit derzeit mittelschwer ausgeprägter depressiver Symptomatik (ICD 10: F34.1) fest. Durch die Lebenssituation mit einer schwerbehinderten, schwerkranken Partnerin und auch in Anbetracht des Fehlens adäquater Bewältigungsstrategien für diese außerordentlich zwischenmenschliche Belastung bestehe eine ausgeprägte depressive Symptomatik. Diese gehe auch einher mit kognitiven Beeinträchtigungen, da es immer wieder zu interferierenden Gedanken an die Ehefrau, deren Gesundheitszustand in Abwesenheit des Klägers kommen könne. In Anbetracht dessen seien dem Kläger nur mehr 3 bis unter 6 Stunden arbeitstäglich zumutbar. Durch die Wiederaufnahme einer Arbeitstätigkeit könne sich der Gesundheitszustand verbessern, da diese mit einer Hinwendung zu anderen Inhalten verbunden sei, was zu einer Besserung der Stimmungslage führen könne. Abhängig sei dies jedoch von der Bereitschaft des Klägers sich aus der Fixierung an die eigenen 4 Wände, das Krankenlager der Ehefrau, zu lösen.
Die Beklagte ist dem Gutachten mit der sozialmedizinische Stellungnahme der Dr. E., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 14.12.2015 entgegengetreten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (Reha und Rente) sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Rente. Der Bescheid der Beklagten vom 8.8.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.12.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Das SG hat nach erschöpfender Ermittlung des Sachverhalts, unter Darlegung der zutreffenden Rechtsnormen sowie unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung des BSG verbunden mit einer rechtsfehlerfreien und ausführlichen Würdigung des Beweisergebnisses zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung oder auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat. Der Senat sieht deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist im Hinblick auf den weiter erhobenen Beweis auszuführen, dass weder die eingeholte sachverständige Zeugenaussage des Dr. Sch. noch das Gutachten des Dr. S. eine einen Rentenanspruch des Klägers begründende Reduzierung des Leistungsvermögens auf unter 6 Stunden rechtfertigen. Das Gutachten des Dr. S. ist in sich nicht schlüssig und überzeugt den Senat hinsichtlich der Leistungseinschätzung des Klägers nicht. Dr. S. stützt seine Leistungseinschätzung im Wesentlichen auf die psychische Belastungssituation des Klägers durch die kranke Ehefrau. Die psychische Diagnose wird hingegen in der Reihe der Diagnosen, die regelmäßig den Schweregrad der Beeinträchtigung abbildet, erst an letzter Stelle benannt. Die als "depressive Entwicklung mit derzeit mittelschwer ausgeprägter depressiver Symptomatik" benannte psychische Diagnose verschlüsselt der Gutachter mit ICD 10: F34.1. Damit wird jedoch eine Dysthymia bezeichnet, die als eine der anhaltenden affektiven Störungen vom Schweregrad her unterhalb einer leichten depressiven Episode anzusiedeln ist. Bei der Dysthymia handelt sich um eine chronische, wenigstens mehrere Jahre andauernde depressive Verstimmung, die weder schwer noch hinsichtlich einzelner Episoden anhaltend genug ist, um die Kriterien einer schweren, mittelgradigen oder leichten rezidivierenden depressiven Störung zu erfüllen. Eine überdauernde Einschränkung des Leistungsvermögens lässt sich damit nicht begründen. Von einem Zahlendreher bei der ICD 10 Verschlüsselung, wie von Dr. E. in ihrer Sozialmedizinischen Stellungnahme angedacht, geht der Senat nicht aus, weil unter F 43.1 die posttraumatische Belastungsstörung behandelt wird, diese Diagnose vorliegend aber nicht im Raum stehen kann.
Zudem stützt auch der von Dr. S. erhobene Befund mit den objektivierbaren, nicht nur subjektiv bestehenden Gesundheitsstörungen ein reduziertes Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten nicht. So hat Dr. S. im Wesentlichen den gleichen Befund wie die Gutachterin O.erhoben. Während der Exploration waren insbesondere keine schmerzbedingten Verhaltensauffälligkeiten oder die vom Kläger geklagte Konzentrationsschwäche feststellbar. Merkfähigkeit, Kurzzeitgedächtnis und Langzeitgedächtnis waren unbeeinträchtigt. Von daher kann die Beurteilung der Auffälligkeiten im Demenzsuchtest DemTec - Beeinträchtigung der Merkfähigkeit, auffälliger Weise aber keine auffällige Einschränkung des Kurzzeitgedächtnisses, des Arbeitsgedächtnisses - , die sowohl als Ausdruck einer geringen Anstrengungsbereitschaft als auch Ausdruck einer Beeinträchtigung der Konzentrationsfähigkeit sein könne, nach Dr. S. aber im Sinne beeinträchtigter Konzentration zu deuten sei, nicht nachvollzogen werden. Bei Doppeldeutigkeit ist seine Einschätzung des willentlich zu beeinflussenden Testergebnisses bei unauffälliger Exploration als spekulativ zu bezeichnen, zumal sich auch im strukturierten Fragebogen simulierter Symptome mit 22 Punkten bei einem Cutoff-Wert von 16 Punkten erhebliche Auffälligkeiten im Sinne einer Antwortverzerrung ergaben. Auch der weiter erhobene psychopathologische Befund ergab keine Auffälligkeiten. Die psychiatrische Untersuchung ließ in der Exploration Situation keine auffällige depressive Symptomatik erkennen. Themenbezogen zeigte er sich vorübergehend subdepressiv. Die Schwingungsfähigkeit und Resonanzfähigkeit waren unbeeinträchtigt, formale und inhaltliche Denkstörungen nicht vorhanden. Auch das Antriebsverhalten, das vom Kläger als geschwächt beschrieben wurde, war jedenfalls im Hinblick auf die täglichen Anforderungen im Alltag unauffällig, auch trotz geklagter und glaubwürdiger Beeinträchtigungen des Schlafs. Von einem nennenswerten sozialen Rückzug, wie von Dr. Sch. beschrieben, kann nicht ausgegangen werden, da der Kläger auch früher über wenige Kontakte außerhalb der Partnerschaft verfügte und sich selbst eher als Einzelgänger beschrieben hat. In Bezug auf den Gesundheitszustand der Partnerin und auch auf die finanzielle Lebenssituation bestanden - nachvollziehbar - Sorgen, Befürchtungen und Ängste, die den Kläger subjektiv stärker beeinträchtigten als seine Schmerzerkrankung. Wohl zutreffend ist dieser Zustand von der Nervenärztin O.als hadernd beschrieben worden, ohne dass sich daraus eine wesentliche berufliche Leistungsminderung ergäbe. Gerade im Hinblick auf die Pflegesituation hat Dr. S. einer Arbeitsaufnahme durch den Kläger und der damit verbundenen Ablenkung sogar eine förderliche Wirkung für den psychischen Gesundheitszustand zugeschrieben. Er hat den Kläger für fähig gehalten, seine subjektiv empfundene Depressivität auf Grund der psychosozialen Belastung durch die Pflegebedürftigkeit seiner Ehefrau - zumindest teilweise -überwinden zu können. Auch die Schmerzerkrankung vermag ein quantitativ reduziertes Leistungsvermögen nicht zu rechtfertigen. Der Kläger selbst hat gegenüber Dr. S. hierzu angegeben, dass er infolge der Schmerzen an etwa 14 Tagen im Laufe der letzten 3 Monate so beeinträchtigt gewesen sei, dass er den üblichen Aktivitäten nicht habe nachgehen können. Dies deutet allenfalls auf vorübergehende Arbeitsunfähigkeit, nicht aber auf einen Dauerzustand hin. Zudem wird eine adäquate Schmerztherapie mit der gelegentlichen Einnahme des Analgetikums Ibuprofen sowie der Applikation von Escitalopram und Trazodon bei nunmehr fehlender begleitender ambulanter Psychotherapie und bisher nie erfolgter verhaltenstherapeutischer Therapie nicht durchgeführt, worauf Dr. E. in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme hingewiesen hat. Insbesondere hat kein Gutachter die von Dr. Sch. benannte Gehstörung in dem Sinne festgestellt, dass der Kläger nicht mehr in der Lage wäre, 4 mal täglich 500 m in je 20 Minuten zurückzulegen.
Auch der Einschätzung von Dr. Sch. in seiner Auskunft vom 28.4.2015 vermochte sich der Senat nicht anzuschließen, da er gegenüber den nervenärztlichen Gutachten keine abweichenden Befunde mitgeteilt hat, sondern bei im Wesentlichen gleichen Befunden von einem herabgesunkenen Leistungsvermögen ausgeht, der Senat aus den oben dargelegten Gründen jedoch nicht.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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