Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 29 KR 887/09
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 320/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 5/16 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Maßstab für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Beschäftigung von Sychronsprechern ist § 7 SGB IV, nicht hingegen die Rahmenempfehlung der Spitzenverbände vom 30.09.2005 über die versicherungsrechtliche Beurteilung von Synchronsprechern. Für eine Tätigkeit nach Weisungen sprechen genaue Vorgaben über den zu sprechenden Text und die Art und Weise der Ausführung. Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers kann sich aus zeitlich und örtlich festgelegten Einsätzen und der Stellung eines Prodiuktionsstudios einschließlich aller technischen Geräte ergeben. Für eine Beschäftigung spricht auch die höchstpersönliche Ausführung der Tätigkeit. Eine unständige Beschäftigung liegt vor, wenn der zeitliche und wirtschaftliche Schwerpunkt der Erwerbstätigkeit aus solchen Sychronaufträgen besteht, die Aufträge jeweils nur von kurzer Dauer sind und unter ständigem Wechsel der Auftraggeber ausgeübt werden.
I. Auf die Berufungen des Klägers werden die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts München vom 20. Juli 2011 und die zugrundeliegenden Bescheide der Beklagten vom 19.11.2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 17. Juli 2009 aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger für die Beigeladenen zu 2) bis 8) als Synchronsprecher betreffend die Rentenversicherung in der Zeit vom 20. Februar 2006 bis 29. Februar 2008 versicherungspflichtig unständig beschäftigt war.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Der Kläger ist Schauspieler und Synchronsprecher, der u.a. im Auftrag von Synchronisierungsfirmen fremdsprachige Filme synchronisiert. Am 04.08.2008 wandte er sich an die beklagte Krankenkasse und beantragte die Feststellung der Versicherungspflicht für (zusätzliche) Beschäftigungen im Auftrag der Beigeladenen zu 2) bis 8) im Zeitraum 20.02.2006 bis 29.02.2008. Es habe sich jeweils um abhängige Beschäftigungen gehandelt, da er weisungsgebunden und für die Dauer der jeweiligen Beschäftigung auch in den Betrieb eingebunden gewesen sei. Er übe diese Beschäftigungen berufsmäßig aus. Da sie jeweils kürzer als eine Woche gedauert hätten und auch zu dauern pflegten, habe es sich um unständige Beschäftigungen gehandelt. Die Beklagte wandte sich hierauf an die Beigeladenen zu 2) bis 8) und bat um Meldung des Klägers und Nachentrichtung der Beiträge. Die Synchronisierungsfirmen gaben hierauf an, dass die Einsatztermine des Klägers auf der Grundlage der Vereinbarung der Spitzenverbände vom 30.09.2005 bewertet und abgerechnet worden seien. Danach sei der Kläger unter 50 Tage in den letzten zwölf Monaten bei den Firmen beschäftigt gewesen und habe mit Ausnahme der Tätigkeit für die Beigeladene zu 2) keine Rahmenvereinbarung mit dem Unternehmen geschlossen. Auch hätten die Synchroneinsätze nicht mehr als drei zusammenhängende Tage gedauert. Aus diesem Grunde sei der Kläger sozialversicherungsfrei.
Am 19.11.2008 erließ die Beklagte Feststellungsbescheide gegenüber dem Kläger, mit denen eine Versicherungspflicht zur Rentenversicherung als berufsmäßig unständig Beschäftigter für die Tätigkeiten bei den einzelnen Synchronisierungsfirmen abgelehnt wurde. Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung hätten sich mit Rundschreiben vom 30.09.2005 (Rahmenempfehlung der Spitzenverbände über die versicherungsrechtliche Beurteilung von Synchronsprechern) auf folgende Vorgehensweise geeinigt: Bei Synchronsprechern, die nur kurzzeitig für einen Synchroneinsatz verpflichtet werden, sei zukünftig regelmäßig dann nicht von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen, wenn sie nicht überwiegend für ein Unternehmen tätig würden und die kurzzeitigen Einsätze nicht durch eine Rahmenvereinbarung verbunden seien. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) würden in diesen Fällen die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Kriterien in der Gesamtbewertung der Art und Weise der Ausgestaltung der Tätigkeit an Gewicht verlieren (z.B. BFH-Urteil vom 01.03.1973 IV R 231/69). Es sei folglich nur dann von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen, wenn im Wege einer vorausschauenden Betrachtungsweise ein Synchronsprecher innerhalb eines Zeitjahres von einem Synchronunternehmen zu mehr als 50 Synchroneinsätzen verpflichtet werde. Zudem sei nur dann von einer abhängigen unständigen Beschäftigung auszugehen, wenn der Synchronsprecher zu mehr als drei zusammenhängenden Synchroneinsatztagen verpflichtet werde. Da dies beim Kläger in keinem der Fälle gegeben gewesen sei, habe auch keine Versicherungspflicht zur Rentenversicherung bestanden.
In Bezug auf die Tätigkeiten für die Beigeladene zu 2) hat die Beklagte die Ablehnung der Versicherungspflicht als unständig Beschäftigter damit begründet, dass eine Rahmenvereinbarung vorgelegen habe und sich daher die einzelnen Synchronisationseinsätze vereinbarungsgemäß in bestimmten Abständen wiederholt hätten. Es liege somit in diesem Fall zwar eine abhängige, aber keine unständige Beschäftigung, sondern eine wiederkehrende Beschäftigung vor. Die Beitragszahlung erfolge in diesen Fällen nur für die Tage, in denen aufgrund mindestens eines Synchronisationseinsatzes die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt werde. Hierbei sei als Höchstgrenze die kalendertägliche Beitragsbemessungsgrenze heranzuziehen. Würden Synchronsprecher während einer wiederkehrenden Beschäftigung aufgrund einer Rahmenvereinbarung zu weiteren Synchroneinsätzen außerhalb dieser Rahmenvereinbarung vom selben Unternehmen verpflichtet, liege ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis vor. Im vorliegenden Fall sei der Kläger von der Beigeladenen für mindestens vier Synchrontage verpflichtet worden. Diese seien der Abrechnung zugrunde gelegt worden. Die Beitragszahlung erfolge in diesen Fällen nur für die Tage, in denen aufgrund mindestens eines Synchroneinsatzes die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt werde. Die Zuordnung zum Personenkreis der berufsmäßig unständig Beschäftigten sei daher zu verneinen. Eine unständige Beschäftigung sei innerhalb einer Rahmenvereinbarung ausgeschlossen.
Seine hiergegen gerichteten Widersprüche begründete der Kläger damit, dass die internen Festlegungen der Sozialversicherungsträger nicht rechtsverbindlich seien. Da er stets gegenüber Regie und Cutter weisungsgebunden und für die Dauer der jeweiligen Beschäftigung wegen der Dispositionen auch eingegliedert gewesen sei, seien alle Voraussetzungen für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung erfüllt. In Bezug auf die Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 6) hat auch das Synchronisierungsunternehmen Widerspruch eingelegt. Aus dem Bescheid der Beklagten gehe - fälschlicherweise - indirekt hervor, dass Synchronsprecher regelmäßig als unständig Beschäftigte anzusehen seien. Dies widerspreche aber dem Rundschreiben der Spitzenverbände. Danach könnten Synchronsprecher nämlich sowohl selbständig als auch nichtselbständig tätig sein und in diesem Sinne wiederkehrend beschäftigt, dauerbeschäftigt oder unständig beschäftigt sein. Die unständige Beschäftigung sei bei Synchronsprechern die Ausnahme und nicht die Regel. Die Leistungen des Synchronsprechers würden regelmäßig urheberrechtliche Vergütungsansprüche als ausübender Künstler nach § 73 ff. Urhebergesetz begründen. Die Sprechleistungen, die über die bloße Wiedergabe eines vorgegebenen Textes hinausgehen, prägten mit ihrem künstlerischen Gestaltungsmoment das Berufsbild des Synchronsprechers. Nur im Ausnahmefall sei von einem Beschäftigungs- oder Arbeitsverhältnis auszugehen. Folgerichtig seien Synchronsprecher von der Sozialgerichtsbarkeit als selbständige Künstler im Sinne des Künstlersozialversicherungsgesetzes angesehen worden, die über die Künstlersozialkasse in der Kranken- und Rentenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung zu versichern sind, sofern nicht eine Ausnahme der §§ 3 ff. KSVG vorliege. Die Begründung der Bescheide der Beklagten gehe zwar im Ergebnis zutreffend davon aus, dass die Synchronsprecher in den jeweiligen Zeiträumen als selbständig anzusehen seien. Für Synchronsprecher, die bereits nach dem KSVG pflichtversichert seien, sei diese Folge zwingend. Aber auch in den übrigen Fällen liege es auf der Hand, weil die Voraussetzungen für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses gerade nicht bestehen würden. Der im Bescheid zum Ausdruck kommende Ansatz, Synchronsprecher grundsätzlich als Unständige anzusehen, schaffe ein Präjudiz.
Jeweils am 17.07.2009 erließ die Beklagte Widerspruchsbescheide, mit denen sie die Begründung der Ausgangsbescheide wiederholte. Soweit eine Rahmenvereinbarung nicht bestanden habe und der Kläger als Synchronsprecher an nicht mehr als drei zusammenhängenden Tagen tätig gewesen sei, sei eine selbständige Tätigkeit anzunehmen und keine (berufsmäßig unständige) Beschäftigung. Daran ändere nichts der Umstand, dass der Kläger den Weisungen des Regisseurs oder Cutters zu folgen habe, denn bei einer hochspezialisierten Arbeit, wie der eines Synchronsprechers, könnten auch über äußere und organisatorische Dinge hinausgehende Weisungen nicht ohne weiteres zur Eingliederung führen.
Hiergegen erhob der Kläger Klagen zum Sozialgericht München, mit denen er ergänzend ausführte, dass er als Synchronsprecher ohne die Ausstattungen , die von den jeweiligen Firmen angeboten werden, nichts erbringen könne. Seine Einsatzzeiten seien nach den einzuhaltenden Produktionszeiten und den Kapazitäten des Tonstudios fest vorgegeben. Er unterliege voll den Weisungen der Produktionsfirmen. An einem Unternehmerrisiko fehle es schon deswegen, weil er weder eigenes Kapital einsetze mit der Möglichkeit, es zu verlieren oder zu vermehren, noch der Erfolg der Tätigkeit ungewiss sei. Er hafte nicht für Schlechtleistung und sei auch nicht verpflichtet, im Fall eines kurzfristigen Ausfalls das Honorar für einen Ersatzsprecher zu zahlen. Die Unsicherheit, gegebenenfalls nicht weiter beschäftigt zu werden, stelle nach der Rechtsprechung kein Unternehmerrisiko dar. Das BSG habe mit Urteil vom 22.11.1973 (12 RK 17/72) auch die Merkmale einer unständigen Beschäftigung herausgearbeitet. Noch mit Rundschreiben aus dem Jahre 2000 hätten die Spitzenverbände Synchronschauspieler exemplarisch als berufsmäßig unständig Beschäftigte ausgewiesen. Auch die deutsche Rentenversicherung habe sich dieser Auffassung angeschlossen. Die vom BSG im Urteil vom 11.05.1993 (12 RK 23/91) geforderten Kriterien einer Berufsmäßigkeit und Beschränkung der Beschäftigung auf weniger als eine Woche seien erfüllt. Er sei durchwegs unständig beschäftigt.
Jeweils mit Gerichtsbescheiden vom 20.07.2011 hat das SG die Klagen des Klägers abgewiesen. Das Rundschreiben der Spitzenverbände stelle handhabbare Kriterien für die geforderte Gesamtabwägung nach § 7 Abs. 1 SGB IV zur Verfügung. Ein Synchronsprecher könne seine Arbeitsleistung immer nur innerhalb der technischen und personellen Ausstattung erbringen, die vom Synchronisationsunternehmen zur Verfügung gestellt werde.
Gegen die Gerichtsbescheide hat der Kläger am 18.08.2011 Berufungen zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt, die mit Beschluss vom 09.03.2012 verbunden wurden. Erläuternd trug der Kläger vor, dass die bereits vorhandenen Texte im Synchronbuch, die er auch nicht habe ändern können, von ihm lückensynchron vorgetragen worden seien. Unabhängig davon, ob er selbst mit einem Ergebnis zufrieden gewesen sei, habe er einen Take solange wiederholen müssen, bis er dem Produzenten, Aufnahmeleiter oder Regisseur gefallen habe. Die Reihenfolge, mit der die Takes abgearbeitet werden, werde mittels einer Disposition von der Produktionsfirma vorgegeben. Ebenso gelte dies für den jeweiligen Beginn, das Ende oder die Pausen der Synchronaufnahmen der verschiedenen Sprecher, die an der Synchronisation beteiligt sind. Diese Vorgaben seien zwingend für den Produktionsablauf erforderlich, weil die Belegung des Synchronstudios und die Verfügbarkeit des technischen Personals im Verantwortungsbereich des Studios lägen. Er verfüge über keine eigene Betriebsstätte und trage auch kein unternehmerisches Risiko. Die Aufnahmen zur Synchronisation eines Filmes seien in der Regel innerhalb von wenigen Tagen abgeschlossen.
In der mündlichen Verhandlung vom 27.10.2015 hat der Kläger ergänzt, dass die der Beklagten vorgelegte Liste nur die Aufträge enthalte, bei denen er als nicht abhängig Beschäftigter abgerechnet worden sei. Jedes dort aufgeführte Datum beziehe sich auf ein Projekt. Die zeitlich aufeinander folgenden Daten seien ebenfalls verschiedenen Projekten zuzuordnen. Auch in Bezug auf die Beigeladenen zu 2) habe keine Rahmenvereinbarung bestanden. Die Aufträge der Beigeladenen zu 2) bezögen sich auf Folgen einer bestimmten Serie. Hierfür seien die Aufträge unregelmäßig erfolgt und es habe auch nicht von vornherein festgestanden, dass er wieder verpflichtet werde. Er habe nur Gagenscheine unterschrieben. Als Synchronsprecher erhalte er eine Grundgage und eine "Take-Gage". Es gebe keine schriftlichen Verträge, die Anforderungen für einen Auftrag erfolgten vielmehr telefonisch. Er stelle keine Rechnungen an die Firmen, diese würden die Abrechnungen nach dem Einsatz durchführen. Seine Beschäftigung bestehe zu 75% aus Synchronsprecheraufträgen und zu 25% aus Werbeaufträgen. Er sei privat krankenversichert; eine Versicherung in der Künstlersozialkasse scheide mangels Selbständigkeit aus.
Der Kläger beantragt, die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts München vom 20.07.2011 und die zugrunde liegenden Bescheide der Beklagten vom 19.11.2008 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 17.07.2009 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger bei den Beigeladenen zu 2) bis 8) in der Zeit vom 20.02.2006 bis 29.02.2008 als Synchronsprecher betreffend die Rentenversicherung unständig beschäftigt war.
Die Beklagte hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Vertreter der Beigeladenen zu 2) und 6) haben keinen Antrag gestellt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten und gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegten Berufungen sind zulässig und begründet, da die angegriffenen Bescheide der Beklagten rechtswidrig sind und den Kläger in seinen Rechten verletzen. Diese und die Gerichtsbescheide des SG sind daher aufzuheben. Zusätzlich ist der Feststellungsantrag für das Bestehen von unständigen Beschäftigungen, für den ein Feststellungsinteresse wegen Wiederholungsgefahr vorliegt, begründet (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG).
Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, über die die Beklagte als zuständige Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2 SGB IV entscheidet, besteht u.a. nach § 1 Abs. Nr. 1 HS 1 SGB VI für Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind.
Maßstab für die Beurteilung einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführungen umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (Urteil des BSG vom 24.01.2007, Az.: B 12 KR 31/06 R). Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse sind in diesem Sinne die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten sowie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist (Urteil vom 29.08.2012, Az.: B 12 KR 25/10 R).
Die zwischen den Beteiligten ausschließlich mündlich getroffenen Vereinbarungen hatten jeweils einzelne Synchronisierungsprojekte zum Inhalt, wobei allen Beteiligten die näheren Umstände, wie Arbeit nach Disposition, Beteiligung von Produzenten und Aufnahmeleitern und Abrechnung bekannt waren, weil es sich um eine in der Branche übliche Vorgehensweise handelte, die auch in der Vergangenheit so praktiziert worden war. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass ein Dissens zwischen dem mündlich vereinbarten und den tatsächlichen Verhältnissen bestanden hat.
Für eine abhängige Beschäftigung des Klägers bei den Synchronisierungsfirmen für die Dauer eines Projektes sprechen eindeutig sowohl die persönliche Weisungsabhängigkeit, als auch die Art und Weise der Eingliederung in den Betrieb der Auftraggeber. Diese in § 7 Abs. 1 SGB IV vom Gesetzgeber vorgegebene Definition der Beschäftigung ist auch im Falle des Klägers für seine Einsätze als Synchronsprecher heranzuziehen. Für den Senat ist nämlich nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage der Spitzenverband der Sozialversicherungsträger eine differenzierende Abwandlung dieser Tatbestandsvoraussetzungen mit der Folge einer erheblichen Einschränkung unständiger Beschäftigungen vorgeben wollte. Zwar mag es für die Sozialversicherungsträger aus verwaltungstechnischen Gründen effizient sein, bei der Prüfung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungen Kriterien der Finanzverwaltung zu übernehmen und eine Beschäftigung auch im sozialversicherungsrechtlichen Sinn nur bei längerdauernden Synchroneinsätzen anzunehmen. Eine gesetzliche Grundlage findet diese Vorgehensweise allerdings nicht, zumal der Gesetzgeber mit der Rechtsfigur der unständigen Beschäftigung gerade für den Fall kurzfristiger Beschäftigungen die Sozialversicherungspflicht vorgegeben hat, weil auch für diese Art der Beschäftigung eine Schutzbedürftigkeit der Betroffenen anzunehmen ist. Hinzu kommt, dass die Vereinbarung der Spitzenverbände für die Gerichte keine Verbindlichkeit entfalten kann.
Für eine Weisungsgebundenheit des Klägers spricht der gesamte Produktionsablauf. So hatte der Kläger die Texte nach einem Dialogbuch zu sprechen, ohne dass er inhaltliche Änderungen vornehmen konnte. Wie der Kläger bestätigt hat, wurde ihm auch die Art und Weise des Vortrages vom Auftraggeber und den weiteren Mitwirkenden wie Regisseur, Tonmeister und Cutter vorgegeben; ggf. musste der Kläger einen Text so oft sprechen, bis die für die Produktion Verantwortlichen damit einverstanden waren. Eine eigene Entscheidung über die Art und Weise der Darstellung war dem Kläger somit allenfalls in sehr geringem Umfang möglich. Hieran ändert auch nichts der Umstand, dass der Kläger als Schauspieler und Sprecher in einem künstlerischen Berufsfeld tätig ist, für dessen Ausübung grundsätzlich dem individuellen Ausdruck besondere Bedeutung zukommt. Nicht jeder Künstler ist aber allein aufgrund seines Berufes selbständig, vielmehr sind die äußeren Rahmenumstände entscheidend, insbesondere in welchem Umfang eine Einbindung in die Arbeitsorganisation vorliegt. Im Fall des Klägers hat der Senat keine Zweifel an einer Weisungsgebundenheit.
Der Kläger war auch in den Betrieb der Beigeladenen zu 2) bis 8) eingegliedert. Er selbst verfügte außer seiner eigenen Stimme über keine eigene technische Ausstattung oder Räume, wie sie zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlich sind. Vielmehr begab sich der Kläger regelmäßig in die Produktionsstudios der Auftraggeber, wo sämtliche technische Geräte zur Verfügung gestellt wurden. Auch in zeitlicher Hinsicht war der Einsatz des Klägers genau vorgegeben. Schon aufgrund der Disposition, die zur punktgenauen Auslastung der Produktionsstudios notwendig ist, bestand für ihn keine Einflussmöglichkeit, auf den Zeitpunkt seines Einsatzes Einfluss zu nehmen. Er war sowohl zeitlich als auch örtlich fest eingegliedert.
Schließlich ist auch nicht von einem Unternehmerrisiko des Klägers auszugehen. Wie der Kläger unbestritten vorgetragen hat, erhielt er für seine Einsätze eine Grundgage und zusätzliche Gagen für die eingespielten Takes. Dieses Entlohnungssystem war vorgegeben, ohne dass der Kläger durch besonderen persönlichen Einsatz eine höhere Vergütung hätte erzielen können, oder etwa eine Minderung bei besonders aufwendigen Produktionen mit häufigen Wiederholungen hätte hinnehmen müssen. Zwar unterscheidet sich das Gagensystem für kurzfristige Projekte von der üblichen Entlohnung von Arbeitnehmern im Rahmen eines unbefristeten Beschäftigungsverhältnisses oder längerdauernder befristeter Beschäftigungen. Auch konnte der Kläger nicht sicher sein, jeweils einen Folgeauftrag zu erhalten. Allein diese Unsicherheit ist aber kein Kriterium einer selbständigen Tätigkeit, da sie etwa auch Arbeitnehmer trifft, die lediglich ein befristetes Beschäftigungsverhältnis ausüben. Entscheidend ist daher, dass der Kläger unabhängig von der Güte seiner Arbeitsleistung Anspruch auf ein bestimmtes ausgehandeltes Arbeitsentgelt hatte. Für eine Beschäftigung spricht im Übrigen, dass der Kläger seine Leistungen nur höchstpersönlich erbringen konnte und zur Erfüllung seiner Verpflichtungen keine Dritte oder Vertreter einsetzen konnte.
Unter Zugrundelegung der gesetzlichen Vorschriften und der ständigen Rechtsprechung des BSG hat der Senat daher keinen Zweifel, dass der Kläger die Aufträge der Beigeladenen zu 2) bis 8) im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt hat.
Diese Beschäftigung war auch unständig im Sinne von § 163 Abs. 1 Satz 2 SGB VI. Danach ist eine Beschäftigung unständig, die auf weniger als eine Woche entweder nach der Natur der Sache befristet zu sein pflegt oder im Voraus durch den Arbeitsvertrag befristet ist. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 28.05.2008, Az.: B 12 KR 13/07 R) muss die Beschäftigung auch zeitlich oder wirtschaftlich den Schwerpunkt der Erwerbstätigkeit bilden, also die Merkmale der Berufsmäßigkeit erfüllen. Danach sind Personen unständig Beschäftigte, deren Hauptberuf die Lohnarbeit bildet, die aber ohne festes Arbeitsverhältnis bald hier, bald dort, heute mit dieser, morgen mit jener Arbeit beschäftigt sind (BSG vom 28.05.2008). Dies trifft auf den Kläger zu, der angegeben hat, dass seine Beschäftigung insgesamt zu 75 % aus Synchronsprecheraufträgen besteht. Auch hat er erläutert, dass die streitgegenständlichen Aufträge jeweils nur von kurzer Dauer waren bzw. sich keine zusammenhängenden längerfristigen Aufträge ergeben haben. Insgesamt war der Kläger für viele verschiedene Produktionsfirmen abwechselnd tätig, so dass das Merkmal des ständigen Wechsels von Auftraggebern bzw. Zeiten mit Beschäftigung und Zeiten ohne Beschäftigung erfüllt ist.
Gleichzeitig hat die Synchronsprechertätigkeit für den Kläger die Haupteinnahmequelle gebildet, so dass eine lediglich geringfügige Tätigkeit nach § 8 Abs. 2 SGB IV nicht gegeben war. Die Berechnung der Beiträge für die vom Kläger angeführten Beschäftigungen im streitgegenständlichen Zeitraum haben daher entsprechend der Regelung des § 163 Abs. 1 SGB VI zu erfolgen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung wird die Revision nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen. Aktuelle Rechtsprechung des BSG liegt gegenwärtig noch nicht vor (bereits anhängig ist allerdings die Rechtssache B 12 KR 17/14 R).
II. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Der Kläger ist Schauspieler und Synchronsprecher, der u.a. im Auftrag von Synchronisierungsfirmen fremdsprachige Filme synchronisiert. Am 04.08.2008 wandte er sich an die beklagte Krankenkasse und beantragte die Feststellung der Versicherungspflicht für (zusätzliche) Beschäftigungen im Auftrag der Beigeladenen zu 2) bis 8) im Zeitraum 20.02.2006 bis 29.02.2008. Es habe sich jeweils um abhängige Beschäftigungen gehandelt, da er weisungsgebunden und für die Dauer der jeweiligen Beschäftigung auch in den Betrieb eingebunden gewesen sei. Er übe diese Beschäftigungen berufsmäßig aus. Da sie jeweils kürzer als eine Woche gedauert hätten und auch zu dauern pflegten, habe es sich um unständige Beschäftigungen gehandelt. Die Beklagte wandte sich hierauf an die Beigeladenen zu 2) bis 8) und bat um Meldung des Klägers und Nachentrichtung der Beiträge. Die Synchronisierungsfirmen gaben hierauf an, dass die Einsatztermine des Klägers auf der Grundlage der Vereinbarung der Spitzenverbände vom 30.09.2005 bewertet und abgerechnet worden seien. Danach sei der Kläger unter 50 Tage in den letzten zwölf Monaten bei den Firmen beschäftigt gewesen und habe mit Ausnahme der Tätigkeit für die Beigeladene zu 2) keine Rahmenvereinbarung mit dem Unternehmen geschlossen. Auch hätten die Synchroneinsätze nicht mehr als drei zusammenhängende Tage gedauert. Aus diesem Grunde sei der Kläger sozialversicherungsfrei.
Am 19.11.2008 erließ die Beklagte Feststellungsbescheide gegenüber dem Kläger, mit denen eine Versicherungspflicht zur Rentenversicherung als berufsmäßig unständig Beschäftigter für die Tätigkeiten bei den einzelnen Synchronisierungsfirmen abgelehnt wurde. Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung hätten sich mit Rundschreiben vom 30.09.2005 (Rahmenempfehlung der Spitzenverbände über die versicherungsrechtliche Beurteilung von Synchronsprechern) auf folgende Vorgehensweise geeinigt: Bei Synchronsprechern, die nur kurzzeitig für einen Synchroneinsatz verpflichtet werden, sei zukünftig regelmäßig dann nicht von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen, wenn sie nicht überwiegend für ein Unternehmen tätig würden und die kurzzeitigen Einsätze nicht durch eine Rahmenvereinbarung verbunden seien. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) würden in diesen Fällen die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Kriterien in der Gesamtbewertung der Art und Weise der Ausgestaltung der Tätigkeit an Gewicht verlieren (z.B. BFH-Urteil vom 01.03.1973 IV R 231/69). Es sei folglich nur dann von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen, wenn im Wege einer vorausschauenden Betrachtungsweise ein Synchronsprecher innerhalb eines Zeitjahres von einem Synchronunternehmen zu mehr als 50 Synchroneinsätzen verpflichtet werde. Zudem sei nur dann von einer abhängigen unständigen Beschäftigung auszugehen, wenn der Synchronsprecher zu mehr als drei zusammenhängenden Synchroneinsatztagen verpflichtet werde. Da dies beim Kläger in keinem der Fälle gegeben gewesen sei, habe auch keine Versicherungspflicht zur Rentenversicherung bestanden.
In Bezug auf die Tätigkeiten für die Beigeladene zu 2) hat die Beklagte die Ablehnung der Versicherungspflicht als unständig Beschäftigter damit begründet, dass eine Rahmenvereinbarung vorgelegen habe und sich daher die einzelnen Synchronisationseinsätze vereinbarungsgemäß in bestimmten Abständen wiederholt hätten. Es liege somit in diesem Fall zwar eine abhängige, aber keine unständige Beschäftigung, sondern eine wiederkehrende Beschäftigung vor. Die Beitragszahlung erfolge in diesen Fällen nur für die Tage, in denen aufgrund mindestens eines Synchronisationseinsatzes die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt werde. Hierbei sei als Höchstgrenze die kalendertägliche Beitragsbemessungsgrenze heranzuziehen. Würden Synchronsprecher während einer wiederkehrenden Beschäftigung aufgrund einer Rahmenvereinbarung zu weiteren Synchroneinsätzen außerhalb dieser Rahmenvereinbarung vom selben Unternehmen verpflichtet, liege ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis vor. Im vorliegenden Fall sei der Kläger von der Beigeladenen für mindestens vier Synchrontage verpflichtet worden. Diese seien der Abrechnung zugrunde gelegt worden. Die Beitragszahlung erfolge in diesen Fällen nur für die Tage, in denen aufgrund mindestens eines Synchroneinsatzes die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt werde. Die Zuordnung zum Personenkreis der berufsmäßig unständig Beschäftigten sei daher zu verneinen. Eine unständige Beschäftigung sei innerhalb einer Rahmenvereinbarung ausgeschlossen.
Seine hiergegen gerichteten Widersprüche begründete der Kläger damit, dass die internen Festlegungen der Sozialversicherungsträger nicht rechtsverbindlich seien. Da er stets gegenüber Regie und Cutter weisungsgebunden und für die Dauer der jeweiligen Beschäftigung wegen der Dispositionen auch eingegliedert gewesen sei, seien alle Voraussetzungen für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung erfüllt. In Bezug auf die Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 6) hat auch das Synchronisierungsunternehmen Widerspruch eingelegt. Aus dem Bescheid der Beklagten gehe - fälschlicherweise - indirekt hervor, dass Synchronsprecher regelmäßig als unständig Beschäftigte anzusehen seien. Dies widerspreche aber dem Rundschreiben der Spitzenverbände. Danach könnten Synchronsprecher nämlich sowohl selbständig als auch nichtselbständig tätig sein und in diesem Sinne wiederkehrend beschäftigt, dauerbeschäftigt oder unständig beschäftigt sein. Die unständige Beschäftigung sei bei Synchronsprechern die Ausnahme und nicht die Regel. Die Leistungen des Synchronsprechers würden regelmäßig urheberrechtliche Vergütungsansprüche als ausübender Künstler nach § 73 ff. Urhebergesetz begründen. Die Sprechleistungen, die über die bloße Wiedergabe eines vorgegebenen Textes hinausgehen, prägten mit ihrem künstlerischen Gestaltungsmoment das Berufsbild des Synchronsprechers. Nur im Ausnahmefall sei von einem Beschäftigungs- oder Arbeitsverhältnis auszugehen. Folgerichtig seien Synchronsprecher von der Sozialgerichtsbarkeit als selbständige Künstler im Sinne des Künstlersozialversicherungsgesetzes angesehen worden, die über die Künstlersozialkasse in der Kranken- und Rentenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung zu versichern sind, sofern nicht eine Ausnahme der §§ 3 ff. KSVG vorliege. Die Begründung der Bescheide der Beklagten gehe zwar im Ergebnis zutreffend davon aus, dass die Synchronsprecher in den jeweiligen Zeiträumen als selbständig anzusehen seien. Für Synchronsprecher, die bereits nach dem KSVG pflichtversichert seien, sei diese Folge zwingend. Aber auch in den übrigen Fällen liege es auf der Hand, weil die Voraussetzungen für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses gerade nicht bestehen würden. Der im Bescheid zum Ausdruck kommende Ansatz, Synchronsprecher grundsätzlich als Unständige anzusehen, schaffe ein Präjudiz.
Jeweils am 17.07.2009 erließ die Beklagte Widerspruchsbescheide, mit denen sie die Begründung der Ausgangsbescheide wiederholte. Soweit eine Rahmenvereinbarung nicht bestanden habe und der Kläger als Synchronsprecher an nicht mehr als drei zusammenhängenden Tagen tätig gewesen sei, sei eine selbständige Tätigkeit anzunehmen und keine (berufsmäßig unständige) Beschäftigung. Daran ändere nichts der Umstand, dass der Kläger den Weisungen des Regisseurs oder Cutters zu folgen habe, denn bei einer hochspezialisierten Arbeit, wie der eines Synchronsprechers, könnten auch über äußere und organisatorische Dinge hinausgehende Weisungen nicht ohne weiteres zur Eingliederung führen.
Hiergegen erhob der Kläger Klagen zum Sozialgericht München, mit denen er ergänzend ausführte, dass er als Synchronsprecher ohne die Ausstattungen , die von den jeweiligen Firmen angeboten werden, nichts erbringen könne. Seine Einsatzzeiten seien nach den einzuhaltenden Produktionszeiten und den Kapazitäten des Tonstudios fest vorgegeben. Er unterliege voll den Weisungen der Produktionsfirmen. An einem Unternehmerrisiko fehle es schon deswegen, weil er weder eigenes Kapital einsetze mit der Möglichkeit, es zu verlieren oder zu vermehren, noch der Erfolg der Tätigkeit ungewiss sei. Er hafte nicht für Schlechtleistung und sei auch nicht verpflichtet, im Fall eines kurzfristigen Ausfalls das Honorar für einen Ersatzsprecher zu zahlen. Die Unsicherheit, gegebenenfalls nicht weiter beschäftigt zu werden, stelle nach der Rechtsprechung kein Unternehmerrisiko dar. Das BSG habe mit Urteil vom 22.11.1973 (12 RK 17/72) auch die Merkmale einer unständigen Beschäftigung herausgearbeitet. Noch mit Rundschreiben aus dem Jahre 2000 hätten die Spitzenverbände Synchronschauspieler exemplarisch als berufsmäßig unständig Beschäftigte ausgewiesen. Auch die deutsche Rentenversicherung habe sich dieser Auffassung angeschlossen. Die vom BSG im Urteil vom 11.05.1993 (12 RK 23/91) geforderten Kriterien einer Berufsmäßigkeit und Beschränkung der Beschäftigung auf weniger als eine Woche seien erfüllt. Er sei durchwegs unständig beschäftigt.
Jeweils mit Gerichtsbescheiden vom 20.07.2011 hat das SG die Klagen des Klägers abgewiesen. Das Rundschreiben der Spitzenverbände stelle handhabbare Kriterien für die geforderte Gesamtabwägung nach § 7 Abs. 1 SGB IV zur Verfügung. Ein Synchronsprecher könne seine Arbeitsleistung immer nur innerhalb der technischen und personellen Ausstattung erbringen, die vom Synchronisationsunternehmen zur Verfügung gestellt werde.
Gegen die Gerichtsbescheide hat der Kläger am 18.08.2011 Berufungen zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt, die mit Beschluss vom 09.03.2012 verbunden wurden. Erläuternd trug der Kläger vor, dass die bereits vorhandenen Texte im Synchronbuch, die er auch nicht habe ändern können, von ihm lückensynchron vorgetragen worden seien. Unabhängig davon, ob er selbst mit einem Ergebnis zufrieden gewesen sei, habe er einen Take solange wiederholen müssen, bis er dem Produzenten, Aufnahmeleiter oder Regisseur gefallen habe. Die Reihenfolge, mit der die Takes abgearbeitet werden, werde mittels einer Disposition von der Produktionsfirma vorgegeben. Ebenso gelte dies für den jeweiligen Beginn, das Ende oder die Pausen der Synchronaufnahmen der verschiedenen Sprecher, die an der Synchronisation beteiligt sind. Diese Vorgaben seien zwingend für den Produktionsablauf erforderlich, weil die Belegung des Synchronstudios und die Verfügbarkeit des technischen Personals im Verantwortungsbereich des Studios lägen. Er verfüge über keine eigene Betriebsstätte und trage auch kein unternehmerisches Risiko. Die Aufnahmen zur Synchronisation eines Filmes seien in der Regel innerhalb von wenigen Tagen abgeschlossen.
In der mündlichen Verhandlung vom 27.10.2015 hat der Kläger ergänzt, dass die der Beklagten vorgelegte Liste nur die Aufträge enthalte, bei denen er als nicht abhängig Beschäftigter abgerechnet worden sei. Jedes dort aufgeführte Datum beziehe sich auf ein Projekt. Die zeitlich aufeinander folgenden Daten seien ebenfalls verschiedenen Projekten zuzuordnen. Auch in Bezug auf die Beigeladenen zu 2) habe keine Rahmenvereinbarung bestanden. Die Aufträge der Beigeladenen zu 2) bezögen sich auf Folgen einer bestimmten Serie. Hierfür seien die Aufträge unregelmäßig erfolgt und es habe auch nicht von vornherein festgestanden, dass er wieder verpflichtet werde. Er habe nur Gagenscheine unterschrieben. Als Synchronsprecher erhalte er eine Grundgage und eine "Take-Gage". Es gebe keine schriftlichen Verträge, die Anforderungen für einen Auftrag erfolgten vielmehr telefonisch. Er stelle keine Rechnungen an die Firmen, diese würden die Abrechnungen nach dem Einsatz durchführen. Seine Beschäftigung bestehe zu 75% aus Synchronsprecheraufträgen und zu 25% aus Werbeaufträgen. Er sei privat krankenversichert; eine Versicherung in der Künstlersozialkasse scheide mangels Selbständigkeit aus.
Der Kläger beantragt, die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts München vom 20.07.2011 und die zugrunde liegenden Bescheide der Beklagten vom 19.11.2008 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 17.07.2009 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger bei den Beigeladenen zu 2) bis 8) in der Zeit vom 20.02.2006 bis 29.02.2008 als Synchronsprecher betreffend die Rentenversicherung unständig beschäftigt war.
Die Beklagte hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Vertreter der Beigeladenen zu 2) und 6) haben keinen Antrag gestellt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten und gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegten Berufungen sind zulässig und begründet, da die angegriffenen Bescheide der Beklagten rechtswidrig sind und den Kläger in seinen Rechten verletzen. Diese und die Gerichtsbescheide des SG sind daher aufzuheben. Zusätzlich ist der Feststellungsantrag für das Bestehen von unständigen Beschäftigungen, für den ein Feststellungsinteresse wegen Wiederholungsgefahr vorliegt, begründet (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG).
Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, über die die Beklagte als zuständige Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2 SGB IV entscheidet, besteht u.a. nach § 1 Abs. Nr. 1 HS 1 SGB VI für Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind.
Maßstab für die Beurteilung einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführungen umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (Urteil des BSG vom 24.01.2007, Az.: B 12 KR 31/06 R). Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse sind in diesem Sinne die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten sowie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist (Urteil vom 29.08.2012, Az.: B 12 KR 25/10 R).
Die zwischen den Beteiligten ausschließlich mündlich getroffenen Vereinbarungen hatten jeweils einzelne Synchronisierungsprojekte zum Inhalt, wobei allen Beteiligten die näheren Umstände, wie Arbeit nach Disposition, Beteiligung von Produzenten und Aufnahmeleitern und Abrechnung bekannt waren, weil es sich um eine in der Branche übliche Vorgehensweise handelte, die auch in der Vergangenheit so praktiziert worden war. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass ein Dissens zwischen dem mündlich vereinbarten und den tatsächlichen Verhältnissen bestanden hat.
Für eine abhängige Beschäftigung des Klägers bei den Synchronisierungsfirmen für die Dauer eines Projektes sprechen eindeutig sowohl die persönliche Weisungsabhängigkeit, als auch die Art und Weise der Eingliederung in den Betrieb der Auftraggeber. Diese in § 7 Abs. 1 SGB IV vom Gesetzgeber vorgegebene Definition der Beschäftigung ist auch im Falle des Klägers für seine Einsätze als Synchronsprecher heranzuziehen. Für den Senat ist nämlich nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage der Spitzenverband der Sozialversicherungsträger eine differenzierende Abwandlung dieser Tatbestandsvoraussetzungen mit der Folge einer erheblichen Einschränkung unständiger Beschäftigungen vorgeben wollte. Zwar mag es für die Sozialversicherungsträger aus verwaltungstechnischen Gründen effizient sein, bei der Prüfung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungen Kriterien der Finanzverwaltung zu übernehmen und eine Beschäftigung auch im sozialversicherungsrechtlichen Sinn nur bei längerdauernden Synchroneinsätzen anzunehmen. Eine gesetzliche Grundlage findet diese Vorgehensweise allerdings nicht, zumal der Gesetzgeber mit der Rechtsfigur der unständigen Beschäftigung gerade für den Fall kurzfristiger Beschäftigungen die Sozialversicherungspflicht vorgegeben hat, weil auch für diese Art der Beschäftigung eine Schutzbedürftigkeit der Betroffenen anzunehmen ist. Hinzu kommt, dass die Vereinbarung der Spitzenverbände für die Gerichte keine Verbindlichkeit entfalten kann.
Für eine Weisungsgebundenheit des Klägers spricht der gesamte Produktionsablauf. So hatte der Kläger die Texte nach einem Dialogbuch zu sprechen, ohne dass er inhaltliche Änderungen vornehmen konnte. Wie der Kläger bestätigt hat, wurde ihm auch die Art und Weise des Vortrages vom Auftraggeber und den weiteren Mitwirkenden wie Regisseur, Tonmeister und Cutter vorgegeben; ggf. musste der Kläger einen Text so oft sprechen, bis die für die Produktion Verantwortlichen damit einverstanden waren. Eine eigene Entscheidung über die Art und Weise der Darstellung war dem Kläger somit allenfalls in sehr geringem Umfang möglich. Hieran ändert auch nichts der Umstand, dass der Kläger als Schauspieler und Sprecher in einem künstlerischen Berufsfeld tätig ist, für dessen Ausübung grundsätzlich dem individuellen Ausdruck besondere Bedeutung zukommt. Nicht jeder Künstler ist aber allein aufgrund seines Berufes selbständig, vielmehr sind die äußeren Rahmenumstände entscheidend, insbesondere in welchem Umfang eine Einbindung in die Arbeitsorganisation vorliegt. Im Fall des Klägers hat der Senat keine Zweifel an einer Weisungsgebundenheit.
Der Kläger war auch in den Betrieb der Beigeladenen zu 2) bis 8) eingegliedert. Er selbst verfügte außer seiner eigenen Stimme über keine eigene technische Ausstattung oder Räume, wie sie zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlich sind. Vielmehr begab sich der Kläger regelmäßig in die Produktionsstudios der Auftraggeber, wo sämtliche technische Geräte zur Verfügung gestellt wurden. Auch in zeitlicher Hinsicht war der Einsatz des Klägers genau vorgegeben. Schon aufgrund der Disposition, die zur punktgenauen Auslastung der Produktionsstudios notwendig ist, bestand für ihn keine Einflussmöglichkeit, auf den Zeitpunkt seines Einsatzes Einfluss zu nehmen. Er war sowohl zeitlich als auch örtlich fest eingegliedert.
Schließlich ist auch nicht von einem Unternehmerrisiko des Klägers auszugehen. Wie der Kläger unbestritten vorgetragen hat, erhielt er für seine Einsätze eine Grundgage und zusätzliche Gagen für die eingespielten Takes. Dieses Entlohnungssystem war vorgegeben, ohne dass der Kläger durch besonderen persönlichen Einsatz eine höhere Vergütung hätte erzielen können, oder etwa eine Minderung bei besonders aufwendigen Produktionen mit häufigen Wiederholungen hätte hinnehmen müssen. Zwar unterscheidet sich das Gagensystem für kurzfristige Projekte von der üblichen Entlohnung von Arbeitnehmern im Rahmen eines unbefristeten Beschäftigungsverhältnisses oder längerdauernder befristeter Beschäftigungen. Auch konnte der Kläger nicht sicher sein, jeweils einen Folgeauftrag zu erhalten. Allein diese Unsicherheit ist aber kein Kriterium einer selbständigen Tätigkeit, da sie etwa auch Arbeitnehmer trifft, die lediglich ein befristetes Beschäftigungsverhältnis ausüben. Entscheidend ist daher, dass der Kläger unabhängig von der Güte seiner Arbeitsleistung Anspruch auf ein bestimmtes ausgehandeltes Arbeitsentgelt hatte. Für eine Beschäftigung spricht im Übrigen, dass der Kläger seine Leistungen nur höchstpersönlich erbringen konnte und zur Erfüllung seiner Verpflichtungen keine Dritte oder Vertreter einsetzen konnte.
Unter Zugrundelegung der gesetzlichen Vorschriften und der ständigen Rechtsprechung des BSG hat der Senat daher keinen Zweifel, dass der Kläger die Aufträge der Beigeladenen zu 2) bis 8) im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt hat.
Diese Beschäftigung war auch unständig im Sinne von § 163 Abs. 1 Satz 2 SGB VI. Danach ist eine Beschäftigung unständig, die auf weniger als eine Woche entweder nach der Natur der Sache befristet zu sein pflegt oder im Voraus durch den Arbeitsvertrag befristet ist. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 28.05.2008, Az.: B 12 KR 13/07 R) muss die Beschäftigung auch zeitlich oder wirtschaftlich den Schwerpunkt der Erwerbstätigkeit bilden, also die Merkmale der Berufsmäßigkeit erfüllen. Danach sind Personen unständig Beschäftigte, deren Hauptberuf die Lohnarbeit bildet, die aber ohne festes Arbeitsverhältnis bald hier, bald dort, heute mit dieser, morgen mit jener Arbeit beschäftigt sind (BSG vom 28.05.2008). Dies trifft auf den Kläger zu, der angegeben hat, dass seine Beschäftigung insgesamt zu 75 % aus Synchronsprecheraufträgen besteht. Auch hat er erläutert, dass die streitgegenständlichen Aufträge jeweils nur von kurzer Dauer waren bzw. sich keine zusammenhängenden längerfristigen Aufträge ergeben haben. Insgesamt war der Kläger für viele verschiedene Produktionsfirmen abwechselnd tätig, so dass das Merkmal des ständigen Wechsels von Auftraggebern bzw. Zeiten mit Beschäftigung und Zeiten ohne Beschäftigung erfüllt ist.
Gleichzeitig hat die Synchronsprechertätigkeit für den Kläger die Haupteinnahmequelle gebildet, so dass eine lediglich geringfügige Tätigkeit nach § 8 Abs. 2 SGB IV nicht gegeben war. Die Berechnung der Beiträge für die vom Kläger angeführten Beschäftigungen im streitgegenständlichen Zeitraum haben daher entsprechend der Regelung des § 163 Abs. 1 SGB VI zu erfolgen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung wird die Revision nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen. Aktuelle Rechtsprechung des BSG liegt gegenwärtig noch nicht vor (bereits anhängig ist allerdings die Rechtssache B 12 KR 17/14 R).
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