L 5 KA 3872/12 ZVW

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KA 1070/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 3872/12 ZVW
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 24.11.2010 und der Bescheid des Beklagten vom 18.01.2007 aufgehoben.

Der Kläger trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens. Der Kläger einerseits sowie die Beklagte und die Beigeladenen zu 1) und 2) andererseits tragen jeweils die Hälfte der Kosten des Revisions- und des Berufungsverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der sonstigen Beigeladenen tragen diese in allen Rechtszügen selbst.

Der Streitwert wird für alle Rechtszüge auf 249.276,42 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung.

Der 1951 geborene Kläger hat 1987 seine psychotherapeutische Ausbildung abgeschlossen und ist seitdem als Psychotherapeut tätig. Seit 1999 ist er als Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung in F. zugelassen.

Ab Beginn des Jahres 2000 behandelte er (zunächst) einmal wöchentlich die 1987 geborene K.A. Seit Januar 2003 unterhielt der Kläger zunächst freundschaftliche Kontakte zu K.A. und ab April 2003 bis etwa 08./09. Mai 2003 kam es zwischen ihm und K.A. zu sexuellen Kontakten.

Der Kläger fasste in diesem Zeitraum K.A. während der Therapiestunden unter der Bekleidung an die Brüste und küsste diese, berührte über der Bekleidung das Geschlechtsteil von K.A. und tauschte mit ihr Zungenküsse aus.

Mit seit 11.11.2003 rechtskräftigem Strafbefehl vom 23.10.2003 verurteilte das Amtsgericht T. den Kläger wegen acht tatmehrheitlicher Vergehen des sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen (Az.: ... Cs ...Js 1 .../03). Die Approbationsbehörde teilte dem Kläger daraufhin mit, dass sie diese Verurteilung nicht zum Anlass für die Einleitung eines berufsrechtlichen Verfahrens wegen Unzuverlässigkeit nehmen werde, jedoch ein weiteres auffälliges Verhalten die Gefahr eines Widerrufs der Approbation nach sich ziehen würde.

Im Juni 2004 wandte sich die Mutter von K.A. wegen dieser Vorfälle an ihre Krankenkasse. Diese beantragte nach Kenntnis des Strafbefehls mit Schreiben vom 28.10.2004 beim Z. für Ärzte für den Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg die Entziehung der Zulassung des Klägers zur vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit. Mit Schreiben vom 29.05.2006 beantragte die Beigeladene zu 1) ebenfalls, dem Kläger die Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit zu entziehen. Hierauf beschäftigte sich der Z. in seiner Sitzung am 27.06.2006 erstmals mit dem Sachverhalt. Der Z. forderte den Kläger auf, einen Nachweis über die von ihm in Anspruch genommene psychotherapeutische Behandlung sowie ein psychiatrisches Gutachten von einem öffentlich bestellten psychiatrischen Gutachter vorzulegen, aus dem sich u.a. ergebe, dass eine Wiederholungsgefahr hinsichtlich der im Strafbefehl des Amtsgerichts T. festgestellten Handlungen bei ihm nicht bestehe. Der Kläger legte daraufhin die ärztliche Bescheinigung des Facharztes für Psychiatrie und Facharztes für Psychotherapeutische Medizin Dr. H. vom 11.07.2006 vor. In dieser bestätigte Dr. H., dass der Kläger sich vom 23.05.2003 bis zum 08.12.2003 in seiner analytischen Psychotherapie mit insgesamt 27 Stunden befunden habe. Die Diagnose habe reaktive Depression gelautet.

Mit Bescheid vom 31.07.2006 entzog der Z. dem Kläger die Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung. Zur Begründung wurde angeführt, auf Grund der Häufigkeit und Schwere der Taten sei die Entziehung der Zulassung des Klägers zum Schutz der vertragspsychotherapeutischen Versorgung und der Versicherten notwendig und auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit das einzige geeignete Mittel.

Seinen dagegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger im Wesentlichen damit, dass der Z. die Voraussetzung der "Ungeeignetheit für die Ausübung der Kassenarztpraxis" verkannt habe und seine Entscheidung auf unsachliche Erwägungen stütze. Auch würde durch den Entzug der Zulassung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt. Da 90 Prozent der Bevölkerung gesetzlich krankenversichert seien und er seine Praxis allein mit Privatpatienten nicht aufrecht erhalten könne, könnte er nach Zulassungsentziehung seinen Beruf als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut nicht mehr ausüben. Damit sei bei einer Zulassungsentziehung nicht nur seine wirtschaftliche Existenz, sondern auch die seiner Familie gefährdet. Er habe zwei schulpflichtige Kinder und eine an Multiple Sklerose erkrankte, nicht berufstätige Ehefrau. Dem Z. habe er in der mündlichen Verhandlung geschildert, wieso es seinerzeit zu dem vorwerfbaren Verhalten gekommen sei. Er habe sich seinerzeit in einer schwierigen familiären Krise befunden. Damals habe er sich nicht in der Lage gesehen, therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Durch die inzwischen gemachten Erfahrungen, insbesondere durch seine therapeutische Behandlung nach Beendigung seines Verhaltens gegenüber K.A. sei er in der Lage bei eventuell auftretenden weiteren Krisen sofort wieder therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen, Familie und Beruf strikt zu trennen und das Abstinenzgebot ebenso strikt zu beachten. Sein einmaliges Fehlverhalten rechtfertige nicht den Verlust seiner wirtschaftlichen Existenzgrundlage. Eine Wiederholungsgefahr sei nicht gegeben, weshalb auch das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und der Beigeladenen zu 1) sowie den gesetzlichen Krankenkassen nicht gestört sei, so dass eine weitere Zusammenarbeit zumutbar wäre. Schließlich habe auch die Approbationsbehörde keinen Widerruf seiner Approbation als Psychotherapeut ausgesprochen, sondern ihn lediglich ermahnt. Auch das Amtsgericht habe kein Berufsverbot ausgesprochen.

Mit Beschluss vom 29.11.2006/Bescheid vom 18.01.2007 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Das Verhalten des Klägers stelle eine kaum zu überbietende äußerst schwere Pflichtverletzung im zentralen Bereich der vertragsärztlich eingegangenen Verpflichtungen dar. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) V habe die Krankenversicherung, der die Patientin des Klägers angehöre, die Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand wieder zu bessern. In diese vornehmste Verpflichtung des Vertragsarztes sei der Kläger eingebunden. Dabei sei davon auszugehen, dass in dem besonders sensiblen Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie dem Therapeuten die besondere Pflicht zukomme, von den Minderjährigen im Rahmen des eine Abhängigkeit und Macht begründenden Therapieverhältnisses sehr sorgfältig zu sein und jeden weiteren Schaden vom Patienten abzuhalten. Bei Kindern und Jugendlichen sei nämlich noch deutlicher als bei anderen Personen in der Psychotherapie festzustellen, dass die sonst üblichen Schutzmechanismen gegen Übergriffe nicht bestünden, weil die Therapeuten häufig in den Rang der Elternfiguren rückten. Wenn an dieser Stelle das vertragsärztliche Therapeutenverhältnis ausgenützt werde und sogar zu Straftaten führe, die üblicherweise mit weiteren schweren Schäden für bereits vorgeschädigte Patientinnen verbunden seien, so liege darin ein schwerer und grober Verstoß gegen die vom Kläger übernommene vertragsärztliche Behandlungspflicht. Die vom Kläger vorgebrachten Erklärungen seines Verhaltens würden die Feststellung nicht zu entkräften vermögen, dass es sich um eine äußerst gröbliche Pflichtverletzung handele, die eindeutig zur Ungeeignetheit in der Tätigkeit als vertragsärztlicher Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut führe. Für den B. stehe es außer Zweifel, dass der Kläger durch das nachhaltige Fehlverhalten im Behandlungsverhältnis zu der fünfzehnjährigen Patientin erhebliche, in seiner Person liegende Mängel gezeigt habe, die ihn für die Ausübung der Kassenpraxis als ungeeignet erscheinen ließen. Mit dem Blick auf den Schutz der jungen Patienten sowie des vertragsärztlichen Versorgungssystems im besonders sensiblen psychotherapeutischen Bereich bei Kindern und Jugendlichen sei den Kassen und der Kassenärztlichen Vereinigung eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger nicht mehr zumutbar. Die Entscheidung werde den Erfordernissen der Verhältnismäßigkeit im Lichte des Artikels 12 Grundgesetz (GG) gerecht. Der Kläger habe nämlich nicht nur dem Gebot zuwidergehandelt, als Arzt angemessen und ordnungsgemäß im vertragsärztlichen System zu helfen, sondern er habe mit seinem Fehlverhalten die Patientin aus eigensüchtigen Motiven geschädigt und das Vertrauen in die psychotherapeutische Versorgung schwer erschüttert. Eine andere Entscheidung als die Entziehung der Zulassung sei danach nicht möglich.

Gegen den ihm am 08.02.2007 zugestellten Bescheid erhob der Kläger am 23.02.2007 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage.

Während des Klageverfahrens erging das Urteil des Bezirksgerichts der Landespsychotherapeutenkammer K. vom 09.05.2007 mit dem der Kläger wegen Verstoßes gegen die Berufspflichten eines Psychotherapeuten/Abstinenzgebot zu einer Geldbuße in Höhe von 10.000 EUR verurteilt wurde. Zudem wurde dem Kläger die Mitgliedschaft in den Organen und das Wahlrecht sowie die Wählbarkeit in die Organe der Landespsychotherapeutenkammer für die Dauer von zwei Jahren aberkannt.

Zur Begründung seiner Klage führte der Kläger über sein bisheriges Vorbringen hinaus u.a. aus, dass er Ende 2002, Anfang 2003 u.a. wegen schwieriger familiärer Verhältnisse an einer Depression erkrankt gewesen sei. In dieser Phase habe er sich K.A. in der Form angenähert, dass er ihr dreimal 50,00 EUR, ein Mobiltelefon und einen Modeschmuck geschenkt habe. Über das geschenkte Mobiltelefon hätten sie SMS ausgetauscht. Sie hätten sich beide ineinander verliebt und er habe sich auch außerhalb der Therapiestunden mit K.A. getroffen und Waldspaziergänge unternommen. Die sexuelle Annäherung sei in der Form geschehen, dass er mindestens sechsmal Zungenküsse mit K.A. ausgetauscht und ihr mindestens zweimal unter die Bekleidung gefasst und die Brüste geküsst habe. K.A. habe durch diese Beziehung - soweit ihm bekannt - keine psychischen Schäden erlitten. Sie sei freiwillig auf die sexuellen Kontakte eingegangen, wobei es nie zum Geschlechtsverkehr gekommen sei. Seit den Vorfällen seien inzwischen viele Jahre vergangen, in denen er nicht erneut entsprechend auffällig geworden sei. Auch eine derartige "Bewährungszeit" sei bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Der Kläger legte das Attest des ihn behandelnden Psychotherapeuten T. vom 17.11.2010 vor, wonach er seit 16.12.2009 in regelmäßiger psychotherapeutischer Behandlung stehe. Zur Unterstützung der bewussten Selbstkontrolle sei im Zusammenhang mit der eigenen Problematik vom Kläger eine differenzierte Einschätzung der Gefährdung der einzelnen Patientinnen erarbeitet worden. Beim angestrebten, schrittweisen Abschluss aller Therapien von Patientinnen werde der Kläger supervisorisch unterstützt.

Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf die Ausführungen im Bescheid vom 18.01.2007 entgegen. Es sei für das System der vertragsärztlichen psychotherapeutischen Behandlung nicht zu verantworten, den Kläger weiter praktizieren zu lassen.

Mit Beschluss vom 28.03.2007 lud das SG die Beigeladenen zu 1) bis 7) zum Verfahren bei.

Das SG holte das Sachverständigengutachten des Arztes für Kinder- und Jugendpsychotherapie und Psychotherapie sowie für psychotherapeutische Medizin/Psychotherapie, Prof. Dr. F., Ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie des Universitätsklinikums U., vom 12.11.2009 ein. Prof. Dr. F. führte zusammenfassend aus, dass der Kläger in einem psychotherapeutischen Verhältnis sexuelle Handlungen mit einer Minderjährigen, ihm anvertrauten Patientin, begonnen habe, obwohl offensichtlich die Eltern des Kindes die sexualisierte Atmosphäre in der Therapie gespürt und angesprochen hätten und die Patientin zunächst abwehrend reagiert habe. Er habe zunächst Umarmungen zum Ende der Therapiestunden, dann Küsse und schließlich durch Festhalten auch Zungenküsse bei dem Mädchen herbeigeführt. Im Vorfeld habe er dem Mädchen durch verschiedene Komplimente den Eindruck vermittelt, dass er in sie verliebt sei. Er habe ihr Geld und andere Geschenke gemacht, habe für sie die Bearbeitung einer Hausarbeit übernommen und habe sie schließlich in den letzten Therapiestunden vor dem Aufdecken des Ereignisses, auch in der Wahrnehmung der Patientin nicht mehr therapiert, sondern nur noch eine sexuelle Beziehung gepflegt. Er selbst habe, obwohl es der Patientin besser gegangen sei, die Eckstunde am Freitagabend verdoppelt, um mehr Zeit mit der Patientin zu haben. Betrachte man Art und Schwere der Handlungen, so könne von eher pubertätstypischen Berührungen, Küssen, Küssen der Brüste, Entblößen und Küssen der Brüste und Berührungen des Genitales über der Kleidung ausgegangen werden. Weitergehende Handlungen zur Herbeiführung des Geschlechtsverkehrs oder gar der Versuch mit Gewalt den Geschlechtsverkehr herbei zu führen, seien nicht erfolgt. Dennoch müsse aus der gezielten Ausnutzung des doppelten Machtgefälles in der Psychotherapie und in Bezug auf den Altersabstand von einer über Monate progredienten protrahierten Normverletzung ausgegangen werden, welche dem Kläger als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten auch bewusst gewesen sei. Er gebe auch an, über mögliche Formen der Beendigung etc. nachgedacht zu haben, habe zum damaligen Zeitpunkt aber keinen Weg zur Klärung gesehen. Angerührt fühle er sich von situativ vernachlässigt bedürftig wirkenden Patientinnen, welche seine eigene emotionale Bedürftigkeit anzusprechen schienen. Der in der Fragestellung angesprochene manifest gewordene Charakter beziehe sich also eher auf diese starke emotionale Bedürftigkeit als auf eine ausgeprägte pädophilie Paraphilie. Zwar erscheine das Risiko für einen einschlägigen Rückfall mit einer auf Jugendliche bezogenen Sexualstraftat eher gering, allerdings müsse aus der nach wie vor bestehenden emotionalen Bedürftigkeit des Klägers abgeleitet werden, dass in vergleichbaren Situationen evtl. ähnlich schwerwiegende Verstöße gegen Berufspflichten möglich wären. Es handele sich beim Kläger nicht um einen kernpädophilen Straftäter mit fixierten sexuellen Interessen, welche sich auf eine bestimmte Altersgruppe richteten. Seine nach wie vor bestehende depressive Grundstimmung, seine damit in Zusammenhang stehende mehr oder weniger latente Suizidalität und Hilflosigkeit führe aber dazu, dass unter ähnlichen emotionalen Auslösebedingungen eine, wenn auch eher gering einzuschätzende, Gefahr anzunehmen sei. Auch unbehandelt liege das Rückfallrisiko bei ihm, im Vergleich zu anderen Sexualstraftätern, sicher eher niedrig. Allerdings müsse gerade angesichts seiner Gehemmtheit und der damit verbundenen Alternativlosigkeit zur Herstellung von Sexualkontakten, z.B. im Umgang mit Prostituierten oder durch Fremdgehen etc. die Tatsache beachtet werden, dass er durch Therapie von jugendlichen Patientinnen permanent intimen, emotionalisierten Situationen ausgesetzt sei. Es sei in der psychotherapeutischen Behandlung, welche nach der Aufdeckung der Taten durchgeführt worden sei, zwar gelungen, die akute Suizidalität und Depressivität etwas zu reduzieren. An der depressiven Grundstimmung und emotionalen Bedürftigkeit und damit Labilität, vor allem bei entsprechenden Auslösebedingungen, habe sich jedoch nichts geändert. Er führe an, dass seine körperlichen sexuellen Bedürfnisse, unter anderem aufgrund einer chronischen Hüfterkrankung und der damit verbundenen Medikation, mittlerweile weitgehend geschwunden seien und dass er mehrere Jahre rückfallfrei weiterbehandelt habe. Gerade weil die Taten, nach seinen Angaben, aber nicht mit einer Erektion und nicht mit dem Bedürfnis den Beischlaf herbeizuführen einhergegangen seien, sondern eher pubertätsähnliche sexuelle Handlungen des Küssens und Berührens beinhaltet hätten, sei darin keine primär Tat verhindernde Entwicklung zu sehen. Beim Kläger bestehe kontinuierlich eine mehr oder weniger stark ausgeprägte depressive Stimmungslage mit geringem Selbstwertgefühl, hoher Bedeutung der beruflichen Tätigkeit für den Selbstwert und mit über Jahre bestehender Suizidalität. Trotz langer psychoanalytischer Therapie im jungen Erwachsenenalter und einer halbjährigen Therapie nach den in Frage stehenden Ereignissen, welche sich aber primär seiner Depression und der Bearbeitung der akuten Suizidalität gewidmet habe, zeige er auch heute noch starke affektive Reaktionen auf die Erwähnung der traumatischen Situationen, verbunden mit den beiden von ihm erlebten Suiziden naher Bezugspersonen. Allein schon wenn in der Exploration das Gespräch auf dieses Thema komme, müsse er weinen. Es sei deshalb zum heutigen Zeitpunkt nicht auszuschließen, dass ähnliche Auslöserreize, zusammen mit einer belastenden Gesamtsituation ihn erneut emotional stark berühren könnten. Zwar erkenne er das Unrecht der Tat und dies sei unbedingt prognostisch günstig zu werten. Er erlebe sich bei seiner Tat aber subjektiv nicht als der aktiv Planende und Handelnde, welcher sich auch nicht durch verbalisierte Ängste des betroffenen Mädchens oder die Bedenken der Kindeseltern habe abhalten lassen, sondern erlebe sich als Opfer einer emotionalen Überflutung, welches sich in diesem Zustand auf eine "Inselwelt" dissoziiere. In dieser Inselwelt würden dann keine Normen, Regeln und Alterstabstände gelten, sondern es gehe dort sehr regressiv nur um den "Austausch von Bedürftigkeiten". Es könne derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass er Warnsignale jetzt besser wahrnehmen oder darauf reagieren könnte, da sie ihm auch damals zugänglich gewesen seien, sie aber nicht verhaltensrelevant geworden seien. Ein vom Gericht so bezeichneter innerer Reifungsprozess, z.B. durch Therapiefortschritte, durch Supervisionen etc. habe diesbezüglich nicht stattgefunden, obwohl das Eingeständnis der Tat, die moralische Verurteilung der eigenen Tat, das Normbewusstsein und die für den Kläger sicher quälende tägliche emotionale Auseinandersetzung mit seiner Tat, die er als Versagen im Beruf erlebe, prognostisch günstig zu werten seien. Allerdings gebe er an, dass ihm auch zum damaligen Zeitpunkt die ethischen und rechtlichen Normen klar gewesen seien und dass er dennoch keinen Weg für eine eigene Unterstützung gefunden habe und dass er die Handlungen wie auf einer "Insel" als "Austausch von Bedürftigkeiten" wahrgenommen hätte.

Der Kläger trug hierzu vor, nach Auffassung des Sachverständigen sei auf Grund der Anlasstat und auf Grund des bisherigen Verlaufs ein Rückfallrisiko als eher gering bis sehr gering anzunehmen. Die vom Sachverständigen vorgeschlagene Psychotherapie habe er noch im Dezember 2009 begonnen. Auch nehme er inzwischen keine Mädchen mehr zur Therapie an. Derzeit seien noch zwei Mädchen bei ihm in Behandlung, wobei die Therapien Ende des Jahres (2010) voraussichtlich beendet würden.

Die Beklagte äußerte sich dahingehend, dass sich aus dem Gutachten eindeutig ergebe, dass bei nahe liegenden persönlichen Krisen des Klägers ein Rückfallrisiko bestehe. Hinzu komme, dass durch die früheren Vorfälle allein schon die Vertrauensbasis zur vertragsärztlichen Tätigkeit des Klägers im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie zerstört worden sei. Es sei den Kassenmitgliedern und der Öffentlichkeit nicht zu vermitteln, dass der Kläger weiterhin an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehme. Eine inhaltliche Beschränkung der Zulassung auf bestimmte Leistungen sei anders als bei der Ermächtigung nicht möglich.

Mit Urteil vom 24.11.2010 wies das SG die Klage ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die Beklagte sei in der angefochtenen Entscheidung zu Recht davon ausgegangen, dass die unstreitigen sexuellen Übergriffe des Klägers auf seine damals erst 15-jährige Patientin K.A. eine gröbliche Pflichtverletzung im Sinne von § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V darstelle, welche die Ungeeignetheit des Klägers für die Tätigkeit als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut für die Zukunft indiziere. Das Gericht folge insoweit der Begründung des Bescheides des Beklagten und sehe von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Ergänzend sei noch anzuführen, dass nach Auffassung der Kammer eine Beschränkung der Zulassung eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten ausschließlich auf die Behandlung von männlichen Patienten im Gesetz nicht vorgesehen sei und insoweit auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angenommen werden könne. Der Kläger habe (derzeit) auch unter dem Blickwinkel des sogenannten "Wohlverhaltens" keinen Anspruch auf Aufhebung der Zulassungsentziehung. Seine Überzeugung hiervon stütze das Gericht auf das im Klageverfahren erstattete Gutachten von Prof. Dr. F. vom 12.11.2009. Prof. Dr. F. habe nach ausführlicher Exploration dargelegt, dass es sich bei dem Kläger zwar nicht um einen kernpädophilen Straftäter mit fixierten sexuellen Interessen handele, aber seine nach wie vor bestehende depressive Grundstimmung, seine damit in Zusammenhang stehende mehr oder weniger latente Suizidalität und Hilflosigkeit weiterhin dazu führten, dass unter ähnlichen emotionalen Auslösebedingungen - wie bei den sexuellen Übergriffen gegenüber K.A. - eine, wenn auch eher gering einzuschätzende Wiederholungsgefahr anzunehmen sei. Nachvollziehbar und in sich stimmig habe Prof. Dr. F. in seinem Gutachten dargelegt, dass das Risiko für einen einschlägigen Rückfall mit einer auf Jugendliche bezogenen Sexualstraftat beim Kläger zwar als eher gering einzuschätzen sei, jedoch aus der nach wie vor beim Kläger bestehenden emotionalen Bedürftigkeit abgeleitet werden müsse, dass in vergleichbaren Situationen evtl. ähnlich schwerwiegende Verstöße des Klägers gegen seine Berufspflichten möglich wären. Der Kläger habe zum Zeitpunkt seiner Untersuchung durch Prof. Dr. F. noch keinen inneren Reifeprozess durchlaufen gehabt, der zu dem Schluss zwinge, dass die von der Pflichtverletzung ausgehende Indizwirkung für einen Eignungsmangel mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entkräftet sei. Auch die in der mündlichen Verhandlung von ihm vorgelegte Bestätigung der Teilnahme an einer Therapie durch den psychologischen Psychotherapeuten H.-J. T. lasse eine solche Schlussfolgerung derzeit nicht zu. Bescheinigt werde von dem psychologischen Psychotherapeuten T., dass hinsichtlich des Klägers bisher 16 ambulante Einzeltherapiesitzungen je 50 Minuten Dauer, stattgefunden hätten und die Behandlung des Klägers bisher nicht abgeschlossen sei. Auf einen Wegfall des in Frage stehenden Eignungsmangels könne daraus nach Auffassung des Gerichts nicht geschlossen werden.

Gegen dieses ihm am 13.01.2011 zugestellte Urteil legte der Kläger am 10.02.2011 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) ein. Zur Begründung ließ er im Wesentlichen vortragen, das SG habe eine gröbliche Pflichtverletzung des Klägers im Sinne von § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V in dem Verhalten des Klägers gegenüber seiner Patientin gesehen. Demgegenüber habe die Approbationsbehörde, das Regierungspräsidium St., einen Approbationswiderruf gem. § 3 Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 Psychotherapeutengesetz (PsychTHG) geprüft. Danach sei eine Approbation zu widerrufen, wenn sich der Approbationsinhaber eines Verhaltens schuldig gemacht habe, aus dem sich die Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufes ergebe. Dabei seien die im PsychTHG genannten Widerrufskriterien "Unwürdigkeit" oder "Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufes" in ihrer Bedeutung deckungsgleich mit den Zulassungsentzugskriterien des § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB i. V. m. § 27 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV). Die Approbationsbehörde habe das Verhalten des Klägers zum Anlass genommen, ihn zu verwarnen, nicht aber um die Approbation zu entziehen. Auch die beigeladene K. habe in ihrem Beschlussvorschlag vom 16.11.2005 als Beratungsunterlage für die Sitzung des Sicherstellungsausschusses der K., den Vorschlag vorgelegt, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, aber nicht die Zulassung zu entziehen. Es solle nicht weiter diskutiert werden, ob das SG rechtsirrig einen Entzugstatbestand gem. § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V angenommen habe. Denn das SG hätte nämlich bereits zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem SG wegen des vom Kläger gezeigten "Wohlverhaltens" während des Zeitraums des gerichtlichen Verfahrens, wobei in diesem Falle auch der Zeitraum des Zulassungsentzugsverfahrens bis zur Entscheidung des Berufungsausschusses zu berücksichtigen sei, der Klage stattgeben müssen. Das SG habe das Verhalten des Klägers unter dem Blickwinkel des so genannten "Wohlverhaltens" zwar geprüft, sei aber in rechtsirriger Weise davon ausgegangen, dass der Kläger "derzeit" keinen Anspruch auf Aufhebung der Zulassungsentziehung habe (Seite 8, Ersturteil). Das SG stütze sich dabei auf das Gutachten vom 12.11.2009. Dabei sei das Gutachten keineswegs so eindeutig, wie es das Gericht in seinen Urteilsgründen darstelle. Das Erstgericht habe ausweislich seiner Urteilsgründe lediglich darauf abgestellt, welche Prognose für zukünftiges Verhalten des Klägers zu stellen wäre. Nicht berücksichtigt habe das Erstgericht, was es aber bei einer Abwägung hätte tun müssen, dass der Kläger unbeanstandet seit dem inkriminierten Verhalten seine Praxis geführt habe, selbstverständlich auch nach der Entscheidung des B. in seiner Sitzung vom 29.11.2006. Bezüglich der vom Gutachter erstellten Prognose für das künftige Verhalten des Klägers habe der Kläger sowohl im Schriftsatz vom 17.11.2010 als auch in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass er die vom Gutachter zur Beseitigung eines "Restrisikos" gemachten Vorschläge befolgt habe. So habe der Kläger sofort nach den Gesprächen mit dem Gutachter Prof. Dr. F. eine Therapie bei dem Psychotherapeuten T., Zentrum für Psychiatrie R., begonnen und diese deliktorientierte Therapie regelmäßig fortgeführt. Eine entsprechende Bestätigung sei im Gerichtstermin zur Akte übergeben worden. Das SG habe die Bedeutung der vorgelegten Bestätigung an der Teilnahme an der Psychotherapie verkannt. Im Gegensatz zu den gerichtlichen Ausführungen sei dieser Bescheinigung sehr wohl zu entnehmen, dass bei dem Kläger, wie es der Gutachter ausdrücke, ein innerer Reifungsprozess von statten gegangen sei, der zur Kompensation der "charakterlichen Mängel geführt habe. Darüber hinaus habe der Kläger überhaupt keine Psychotherapien mehr mit Mädchen, gleich welchen Alters, begonnen. Darüber hinaus habe er auch sämtliche Therapien mit Mädchen bis auf zwei beendet. Er sei damit über die Vorschläge und Forderung des Gutachters hinausgegangen (angesprochen seien von dem Gutachter nur neue Behandlungen bei Mädchen im Pubertätsalter gewesen). Das SG sei zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im November 2010 der Auffassung gewesen, der Kläger habe zwar "Wohlverhalten" gezeigt, dies sei aber zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht zeitlich ausreichend. Dies ergebe sich aus der vom Gericht wiederholt gebrauchten Formulierung "derzeit" (Seite 8 des Ersturteils). Im Gegensatz zu den Ausführungen des Ersturteils sei aber schon zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bei dem Sozialgericht das Wohlverhalten des Klägers auch in zeitlicher Hinsicht zu berücksichtigen gewesen, so dass der Beschluss des Beklagten hätte aufgehoben werden müssen. Zudem seien auch die Bedingungen und Vorschläge des Gutachters vom Kläger erfüllt worden, so dass eine wenn auch nach den Worten des Gutachters sehr gering einzuschätzende Wiederholungsgefahr (Verstöße gegen Berufspflicht) auszuschließen sei. Der Klage hätte daher stattgegeben werden müssen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) habe darüber hinaus bei einer eingelegten Berufung das Landessozialgericht, Feststellung zur Art und zum Umfang der Praxisführung während des Berufungsverfahrens zu treffen (Urteil vom 19.07.2006 - B 6 KA 1/06 R -, in juris). Das Landessozialgericht habe daher auch das Wohlverhalten des Klägers speziell während des Berufungsverfahrens mit der erforderlichen Sorgfalt zu prüfen. Der Kläger habe seine Praxis seit dem Urteil des SG einwandfrei und ohne Beanstandungen geführt. Er habe seine Therapie bei dem Psychotherapeuten T. weitergeführt. Der deliktorientierte Teil der Therapie (Fokus auf den Tatablauf und die beschriebenen Entstehungsbedingungen, vergleiche Seite 77 des Gutachtens) sei abgeschlossen und damit auch nach den Ausführungen des Gutachters keine "Wiederholungsgefahr" mehr gegeben. Soweit komme man auch den Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. F. nach, der ausführe, dass nach 2 bis 3 Jahren Therapieverlauf bezugnehmend auf die Einschätzung des Therapieverlaufes durch den behandelnden forensischen Therapeuten die Beantwortung der zweiten Frage der Kammer erneut erfolgen und eine abschließende Entscheidung nach sich ziehen solle. Die Therapie des Klägers dauere nun 2 Jahre und nach Einschätzung des behandelnden Therapeuten werde sich erweisen, dass nunmehr hinreichend sicher angenommen werden könne, dass die durch die Verstöße gegen seine Berufspflichten manifest gewordenen charakterlichen Mängel des Klägers durch einen inneren Reifungsprozess bei ihm inzwischen kompensiert seien (zweite Beweisanfrage des SG an den Gutachter). Der Kläger legte ein weiteres Attest des Psychotherapeuten T. vom 16.11.2011 vor, wonach bisher 34 ambulante Einzeltherapiesitzungen erfolgten und geplant sei, die ambulante psychotherapeutische Behandlung weiter fortzusetzen.

Die Beklagte und die Beigeladenen zu 1) sowie zu 2) traten der Berufung entgegen. Sie hielten das Urteil für zutreffend und den angegriffenen Bescheid für rechtmäßig.

Mit Urteil vom 30.11.2011 wies der Senat die Berufung zurück (L 5 KA 582/11). Die sexuellen Handlungen an der fünfzehnjährigen Patientin, die gerade seit Ende 2002 besondere Probleme auch aufgrund der Trennung von ihrem Vater gehabt habe, stellten gröbliche Pflichtverstöße dar, so dass wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit der Patienten von Kinder und Jugendlichenpsychotherapeuten nur die Zulassungsentziehung in Betracht gekommen sei. Auch wenn diese Verstöße nun mehr als acht Jahren zurücklägen, habe der Senat weiterhin ernstliche Zweifel an einer nachhaltigen - eine positive Prognose rechtfertigenden - Verhaltensänderung. Dem Kläger fehle bis heute die Einsicht in den Unrechtsgehalt insbesondere seiner Täterrolle und in die damit verbundene Notwendigkeit der Einstellungs- und Verhaltensänderung. Er habe lediglich auf Entwicklungen während des Verfahrens reagiert, hingegen eine Supervision bis heute nicht konsequent durchgeführt. Auch im Übrigen habe eine Außenkontrolle der Therapie von Mädchen nicht stattgefunden; stattdessen habe der Kläger seine Behandlung auf Jungen beschränkt, wozu er nicht berechtigt gewesen sei. Therapeutische Hilfe zum Schutz seiner Patienten habe der Kläger seit Ende 2003 nicht mehr in Anspruch genommen; die Therapie bei dem Psychotherapeuten T. im Jahr 2009 stelle sich als Reaktion auf die vom SG angeordnete Begutachtung durch Prof. Dr. F. dar. Dieser Sachverständige habe darauf verwiesen, dass der Kläger zwar das Unrecht der Tat erkannt, sich dabei aber nicht als der aktiv Planende und Handelnde erlebt habe, sondern als das Opfer einer emotionalen Überflutung. Der Kläger nehme zudem nicht wahr, dass der Sachverständige sein - des Klägers - Rückfallrisiko im Vergleich mit anderen Sexualstraftätern als sehr gering bewertet, im Vergleich zu anderen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten jedoch zumindest ein so deutlich erhöhtes Risiko gesehen habe, dass er es als problematisch angesehen habe, dass dem Kläger im Falle der Entziehung der Kassenzulassung privat versicherte Kinder und Jugendliche ohne ausreichende Kontrolle anvertraut würden.

Das Urteil wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 13.12.2011 mittels Empfangsbekenntnis zugestellt.

Hiergegen legte der Kläger am 11.01.2012 Nichtzulassungsbeschwerde beim BSG ein.

Mit Beschluss vom 15.08.2012 hob das BSG das Urteil des LSG vom 30.11.2011 auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurück (B 6 KA 3/12 B). Das Berufungsgericht habe seine in § 103 SGG normierte Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts dadurch verletzt, dass es den vom Kläger in seiner Berufungsbegründung gestellten Beweisanträgen ohne hinreichende Begründung nicht entsprochen habe. Der Kläger habe in seiner Berufungsbegründungsschrift zum einen die Einvernahme des Psychotherapeuten T. zum Beweis dafür beantragt, dass der deliktorientierte Teil der Therapie abgeschlossen und damit auch nach den Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. F. keine Wiederholungsgefahr mehr gegeben sei, zum anderen die Anhörung des Gutachters Prof. Dr. F. dazu, dass seine - des Klägers - charakterlichen Mängel durch einen inneren Reifeprozess inzwischen kompensiert seien. Diesen Beweisanträgen sei das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt, denn es hätte sich - auf der Grundlage seiner eigenen materiell-rechtlichen Auffassung - gedrängt fühlen müssen, weitere Ermittlungen anzustellen. Soweit das LSG die Ablehnung des Beweisantrages damit begründet habe, dass dieser ins Leere gehe, weil die Zeit des Wohlverhaltens grundsätzlich erst mit Abschluss der Heilbehandlung beginne, stehe diese Rechtsauffassung nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des BSG. Das BSG habe in seiner Rechtsprechung zur Berücksichtigung etwaigen Wohlverhaltens nach einer Zulassungsentziehung den Zeitpunkt der für die Beurteilung maßgeblichen Sach- und Rechtslage von dem bei Anfechtungsklagen üblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung auf einen späteren Zeitpunkt - dem der letzten Verhandlung von Tatsachen vor Gericht - verlagert. Nach dieser Rechtsprechung sei bei einer Zulassungsentziehung - jedenfalls im Fall noch nicht sofort vollzogener Entziehung - zu prüfen, ob sich die Sachlage während des Prozesses durch ein Wohlverhalten des Leistungserbringers in einer Weise zu seinen Gunsten geändert habe, dass eine Grundlage für eine erneute Vertrauensbasis zwischen den Betroffenen und den vertragsärztlichen Institutionen wieder aufgebaut worden sei und somit eine Entziehung nicht mehr als angemessen erscheine. Hiernach beginne die Wohlverhaltensfrist mit dem Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung. Indem das LSG den Beginn des Wohlverhaltenszeitraums auf den Abschluss eines Heilverfahrens verlege, verknüpfe es nicht mit der Rechtsprechung des BSG in Einklang stehender Weise den Beginn des Wohlverhaltenszeitraums und die inhaltliche (prognostische) Überprüfung des Wohlverhaltens. Zwar sei die Frage, ob ein Mangel des Verfahrens vorliege, nach der materiell-rechtlichen Entscheidung des Berufungsgerichts zu beurteilen, so dass ein Verstoß gegen die Aufklärungspflicht nur dann in Betracht komme, wenn sich das LSG aufgrund seiner eigenen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung hätte gedrängt sehen müssen, den beantragten Beweis zu erheben. Dies führe jedoch nicht zu dem Ergebnis, dass das LSG ohne Verfahrensverstoß von einer weiteren Beweiserhebung habe absehen dürfen, weil es aus seiner - wenn auch insoweit fehlerhaften - Sicht auf deren Ergebnis nicht ankam und somit die Begründung der Ablehnung "hinreichend" sei. Denn auch wenn es die Ablehnung der Beweisanträge auf die (unzutreffende) Auffassung gestützt habe, dass der erforderliche Wohlverhaltenszeitraum noch nicht abgelaufen sei, habe es gleichwohl den materiell-rechtlichen Teil seiner Entscheidung nicht hierauf, sondern - im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats - auf fortbestehende Zweifel an einer nachhaltigen, eine positive rechtfertigende Verhaltensänderung gestützt. Nach der vom LSG in Bezug genommenen Rechtsprechung des BSG sei das Wohlverhalten nicht an einen bloßen Zeitablauf geknüpft, sondern ein Wohlverhalten setze eine zweifelsfreie nachhaltige Verhaltensänderung während eines Zeitraums von mehreren Jahren sowie eine zweifelsfreie Prognose künftigen rechtmäßigen Verhaltens voraus. Es sei keineswegs ausgeschlossen, dass die vom Kläger beantragten Beweiserhebungen zu Ergebnissen geführt hätten, die für diese Prognose von Bedeutung wären und auch die Entscheidung des LSG beeinflusst hätten. Dies gelte umso mehr, als auch der Sachverständige Prof. Dr. F. in seinem - zum Zeitpunkt der Entscheidung des LSG gut zwei Jahre zurückliegenden - Gutachten ausgeführt hat, dass "evtl. nach zwei bis drei Jahren bezugnehmend auf die Einschätzung durch den behandelnden forensischen Therapeut" eine abschließende Entscheidung erfolgen könne. Soweit das Berufungsverfahren das Attest des Psychotherapeuten T. dahingehend interpretiert habe, dass die Behandlung des Klägers noch andauere und aus diesem Grund von seiner Einvernahme zu der Frage abgesehen habe, ob der deliktorientierte Teil der Therapie abgeschlossen sei, stelle dies im Übrigen keine hinreichende Begründung für das Nichtbefolgen des Beweisantrags, sondern eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung dar.

In dem unter dem neuen Aktenzeichen L 5 KA 3872/12 ZVW fortgeführten Verfahren hat der Senat daraufhin Prof. Dr. F. mit der erneuten Begutachtung des Klägers beauftragt. In seinem Gutachten vom 27.05.2013 nach Untersuchungen am 15.02., 01.03. und 14.03.2013 diagnostizierte der Gutachter eine nach wie vor bestehende Dysthymie im Rahmen einer immer wieder rezidivierenden depressiven Störung, mit leichten bis schweren depressiven Episoden ohne psychotische Symptome aber mit über lange Zeit hinweg bestehender Selbstwertproblematik und latenter, teilweiser akuter Suizidalität sowie einen Zustand nach einem Suizidversuch mit notwendiger Hospitalisierung im November 2012. Unter Würdigung der vorliegenden Befunde ist der Gutachter allerdings nunmehr zu dem Ergebnis gekommen, dass bei dem Kläger eine Entwicklung stattgefunden habe, die das Rückfallrisiko für einen erneuten sexuellen Missbrauch unter Ausnutzung der Psychotherapiesituation deutlich reduziere, bzw. relativ unwahrscheinlich mache. Als wichtiger Baustein auf diesem Weg sei die deliktpräventive Therapie bei dem Psychotherapeuten T. anzusehen, im Rahmen derer der Kläger gelernt habe, seine Täterseite zu akzeptieren - auch wenn ihm dies zunächst sehr schwer gefallen sei. Er habe verantwortungsvoll und unter Supervision Therapien mit jugendlichen Mädchen abgeschlossen und auch keine neuen Therapien mit Patientinnen dieser Altersgruppe mehr begonnen. Darüber hinaus habe er Warnsignale für Gefährdungssituationen erkannt und versichere glaubhaft, dass er sich bei Unklarheiten Rat im Rahmen der Supervision einholen würde. Dies habe er auch im September 2012 getan. Seit der letzten Begutachtung sei es zu keiner weiteren Verletzung der Berufspflichten gekommen. Der Kläger habe auch deutlich gemacht, dass er keine Rechtfertigung für sein Tun suche, sondern seine Straftat als solche anerkenne. Die Umstände sowie seine emotionale Bedürftigkeit werte er nicht mehr als Entschuldigung, sondern nur als Hintergrund, der die Tat begünstigt habe. Auch der Psychotherapeut T. habe in dem mit ihm geführten Telefonat die geschilderten Veränderungen, die ihm 2012 bei Wiederaufnahme der Therapie aufgefallen seien, geschildert. Der Kläger habe insgesamt ein stärkeres Bewusstsein für Grenzsetzungen in der Psychotherapie entwickelt. Insoweit wäre nun der nächste Schritt in eine verantwortungsvolle Normalität bezüglich der Berufstätigkeit zurückzukehren, dass sich der Kläger aus der kollegialen Isolation löse, wobei er durchaus weiterhin Supervisionsmöglichkeiten bei dem Psychotherapeuten T. wahrnehmen sollte. Unter diesen Bedingungen gehe derzeit keine erhöhte Gefahr vom Kläger als Kinder- und Jugendpsychotherapeut aus. Zwar liege bei dem Kläger eine dysthyme Grundstimmung und Depressivität vor, der Hang zur Suizidalität und seine emotionale Bedürftigkeit sei weiterhin vorhanden. Allerdings nehme der Kläger auch hier nun ein engmaschiges Behandlungsangebot wahr, um eine erneute Zuspitzung der depressiven und suizidalen Symptomatik zu verhindern und sich zu stabilisieren. Dementsprechend habe der Kläger auch in der Begutachtungssituation nicht mit seiner Depressivität oder mit einer Suiziddrohung in Bezug auf den Ausgang des Verfahrens agiert. Den erfolgten Suizidversuch sehe der Kläger eher als Chance auch Hilfe in Bezug auf die Depression anzunehmen und nicht andere für seinen Gemütszustand verantwortlich zu machen. Zwar sei anzunehmen, dass die psychische Erkrankung den Kläger ein Leben lang begleiten werde. Durch eine wirksame Therapie sei jedoch vermutlich zu erreichen, dass der Kläger starken Schwankungen/Krisen durch positive Bewältigungsstrategien begegnen könne und erneute suizidale Zuspitzungen verhinderbar seien. Problematisch erscheine in diesem Zusammenhang freilich, dass der Kläger keinerlei Zukunftsperspektiven außerhalb der beruflichen Tätigkeit als Kinder- und Jugendlichentherapeut entwickelt habe. Dies sei der einzige Bereich, in dem er eine gewisse Funktionslust empfinde und aus dem er Selbstwert beziehe. Das familiäre Milieu scheine ihn nur wenig zu stützen. Er wirke in seiner Familie isoliert, so dass dieser engste soziale Raum, der vielen ehemaligen Straftätern zu einer sozial günstigeren Prognose verhelfe, bei ihm, mindestens in Bezug auf die Depression, eher mit als ein Problembereich angesehen werden könne. Als Fazit sei freilich festzustellen, dass mit gebotener Vorsicht festgestellt werden könne, dass bezüglich des Risikos erneut zum Täter zu werden, sowohl durch die Bearbeitung der Tataspekte wie durch risikovermindernde Maßnahmen, die der Kläger bewusst und aktiv und unter Beratung seines Psychotherapeuten eingeleitet habe, mit hinreichender Sicherheit angenommen werden könne, dass keine weiteren Verstöße gegen seine Berufspflichten im Sinne von Distanzlosigkeit und Übergriffen in der Therapie vorkommen würden. Dies gelte auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die depressive Bedürftigkeit eine ausschlaggebende Rolle bei der Tatbegehung gespielt habe und in diesem Bereich noch viele Dinge offen seien. Auch bei einer Zuspitzung der depressiven Symptomatik nach einem äußeren Auslöser mit einer massiven Ablehnungserfahrung im familiären Bereich sei jedoch positiv festzustellen, dass der Kläger sich zuletzt in der Belastungssituation nicht in den Therapien habe gehen lassen, sondern trotz Beendigung der Termine mit dem Psychotherapeuten T. dann neuen Kontakt gesucht habe und nach dem bitteren Bilanzsuizidversuch in spezifische therapeutische Behandlung begeben habe. Insoweit sei zu erwarten, dass er auch unter stärkerer emotionaler Belastung nicht die Therapiebeziehungen dafür nutze, um sich persönlich zu stabilisieren oder gar erneut übergriffig zu werden. Insofern könne die vom Gericht vorgelegte Frage zur Bewertung des Verlaufs seit Erstbegutachtung dahingehend beantwortet werden, dass durch einen intensiven, deliktorientierten Therapieprozess und den damit verbundenen inneren Reifeprozess das Risiko, dass der Kläger gegen seine Berufspflichten verstoße, inzwischen soweit reduziert sei, dass die charakterlichen Mängel als kompensiert betrachtet werden könnten.

Auf Nachfrage des Senats, ob zweifelsfrei prognostiziert werden könne, dass der Kläger künftig keine Patienten sexuell mehr missbrauchen werde, hat der Gutachter unter dem 04.11.2013 ergänzend mitgeteilt, dass diese Frage mit nein zu beantworten sei. Prognostische Einschätzungen und insbesondere verwendete statistische Prognoseverfahren bezögen sich auf relative Risiken. Ein Risiko zweifelsfrei auszuschließen sei genauso unmöglich wie sicher vorherzusagen, dass jemand erneut delinquieren werde.

Auf das Gutachten hat der Kläger mitgeteilt, dass durch das Gutachten von Prof. Dr. F. das Wohlverhalten ausreichend dokumentiert sei. Ein 100 %-iger Ausschluss eines Rückfalls sei nach der Rechtsprechung des BSG nicht gefordert.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 24.11.2010 und den Bescheid des Beklagten vom 18.01.2007 aufzuheben.

Die Beklagte sowie die Beigeladenen zu 1) und 2) beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Pflichtverletzung im Rahmen der psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen sei durch eine mehrmonatige Beziehung zu einer 15-jährigen Patientin mit sexuellen Übergriffen im besonders sensiblen Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie an Schweregrad kaum noch zu überbieten. Es gebe keine Form des Wohlverhaltens, die die schwerwiegenden Verstöße kompensieren könne. Darüber hinaus habe der Gutachter angegeben, dass im Rahmen der psychischen Erkrankung des Klägers noch zahlreiche Fragen offen seien. Der Kläger leide auch weiterhin an einer Dysthymie, die als Auslöser für das Fehlverhalten anzusehen sei. Es könne daher nicht zweifelsfrei davon ausgegangen werden, dass sich das Fehlverhalten des Klägers nicht nochmals wiederhole.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten der Gerichte und des Beklagten sowie die vom Amtsgericht T. beigezogenen Strafakten - ... Cs ...Js 1 .../03 - Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet in der Besetzung mit ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Krankenkassen und der Vertragsärzte, da es sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 SGG).

Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig und begründet. Der Bescheid des Beklagten, der alleiniger Gegenstand des Verfahrens ist (BSG, Urteil vom 27.1.1993, - 6 RKa 40/91 -, in juris), ist rechtswidrig geworden, da der Kläger Wohlverhalten nach der Zulassungsentziehung mit Erfolg geltend macht.

Rechtsgrundlage der Zulassungsentziehung ist § 95 Abs. 6 SGB V. Danach ist die Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt.

Hier wird die Entziehung mit der gröblichen Verletzung von vertragsärztlichen Pflichten begründet. Insoweit setzt die Entziehung keine weiteren Tatbestandsmerkmale als die gröbliche Pflichtverletzung voraus. Eine Pflichtverletzung ist gröblich, wenn ihretwegen die Entziehung zur Sicherung der kassenärztlichen Versorgung notwendig ist; diese Sicherung beruht wesentlich auf der freiberuflichen Tätigkeit des niedergelassenen Kassenarztes und deshalb auf dem Vertrauen der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) und der Kassen, insbesondere auf die ordnungsgemäße Behandlung der Patienten und die Richtigkeit der Abrechnungen. Damit kommt auch zum Ausdruck, dass die Entziehung, die der schwerste Eingriff in den Kassenarztstatus ist, das einzige Mittel zum Schutz des kassenärztlichen Systems gegen Störungen sein muss. Die Entziehung hat allein diesen Zweck und ist keine Sanktion für strafwürdiges Verhalten. Die Entziehung setzt deshalb auch kein Verschulden voraus. Die in der Rechtsprechung verwendeten Kriterien der fehlenden Eignung und der Unzumutbarkeit der weiteren Zusammenarbeit mit dem Kassenarzt besagen nichts anderes, als dass bei ihrem Vorliegen die Entziehung notwendig ist, um das kassenärztliche System zu schützen. Jedoch stellen sie keine eigentlichen Tatbestandsmerkmale dar. Dasselbe gilt hinsichtlich der Prüfung, ob der Arzt auf andere Weise zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Pflichten angehalten werden kann. Wenn die Pflichtverletzung gröblich, d.h. wenn die Entziehung zum Schutz der kassenärztlichen Versorgung notwendig und dafür das einzige Mittel ist, dann reichen Disziplinarmaßnahmen nicht mehr aus und die Zulassung ist zu entziehen. Ob Disziplinarmaßnahmen ergangen sind oder ergehen könnten, ist unerheblich (BSG, Urteile vom 25.10.1989, - 6 RKa 28/88 - und vom 17.10.2012 - B 6 KA 49/11 R -, beide in juris).

In zeitlicher Hinsicht sind alle Pflichtverletzungen des Arztes zu berücksichtigen, die vor der Entscheidung des Berufungsausschusses stattgefunden haben. Dies gilt auch dann, wenn der Berufungsausschuss die entsprechenden Sachverhalte nicht verwertet hat, etwa weil sie ihm noch nicht bekannt waren. Eine Bestimmung, die die Zulassungsgremien (nach der Art einer Verjährungsvorschrift) daran hindern würde, bereits länger zurückliegende gröbliche Pflichtverletzungen zur Begründung einer Zulassungsentziehung heranzuziehen, enthält das Gesetz nicht. Da die Zulassungsentziehung aber einen schweren Eingriff in die Berufswahlfreiheit darstellt, gebietet es der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, zum Zeitpunkt der Entscheidung der Zulassungsgremien bereits länger als die übliche Bewährungszeit von fünf Jahren zurückliegende Pflichtverletzungen nur dann noch zur Grundlage einer Zulassungsentziehung zu machen, wenn sie besonders gravierend sind (z. B. Fälle systematischen Fehlverhaltens im Behandlungs- oder Abrechnungsbereich) oder aus anderen Gründen - etwa bei fortgesetzter Unwirtschaftlichkeit - bis in die Gegenwart hinein fortwirken (BSG, Urteil vom 19.7.2006, - B 6 KA 1/06 R -, in juris).

Für die Entscheidung über eine Anfechtungsklage des Vertragsarztes (§ 54 Abs. 1 SGG) gegen die Zulassungsentziehung ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage bei Ergehen der letzten Verwaltungsentscheidung (Bescheid des Berufungsausschusses) maßgeblich, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Zulassungsentziehung gem. § 97 Abs. 4 SGB V für sofort vollziehbar erklärt und auch vollzogen worden ist oder nicht. Freilich verliert der Vertragsarzt, dem die Zulassung entzogen worden ist, regelmäßig seine Praxis und hat vielfach keine Aussicht darauf, eine Vertragsarztpraxis neu aufzubauen. Im Hinblick auf die Rechtsgehalte des Grundrechts auf Berufsfreiheit (Art 12 Abs. 1 GG) hat das BSG bis zu seiner Entscheidung vom 17.10.2012 (B 6 KA 49/11 R, in juris), in der es ausführte, dass später liegende Umstände in einem Verfahren auf Wiederzulassung zu würdigen seien, daher jedenfalls bei nicht vollzogenen Zulassungsentziehungen angenommen, dass der genannte Grundsatz durchbrochen werden muss; es modifizierte den Grundsatz und prüfte, ob sich die Sachlage während des Prozesses durch ein Wohlverhalten des Arztes in einer Weise zu seinen Gunsten geändert hat, dass eine Grundlage für eine erneute Vertrauensbasis zwischen dem Betroffenen und den vertragsarztrechtlichen Institutionen wieder aufgebaut worden ist und damit eine Entziehung nicht mehr als angemessen erscheint. Zu Gunsten des Vertragsarztes wurden Änderungen des Sachverhalts bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht beachtet. Die Wohlverhaltensfrist begann mit dem Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, sie betrug im Regelfall fünf Jahre (BSG, Urteil vom 21.03.2012 - B 6 KA 22/11 R -, Beschluss vom 15.08.2012 - B 6 KA 3/12 B -, beide in juris). Aus Gründen prozessualen Vertrauensschutzes muss es bei dieser bisherigen Rechtsprechung verbleiben, soweit Ärzte bei lange laufenden Gerichtsverfahren davon abgesehen haben, sich nach (mutmaßlich) eingetretener Bewährung, um eine neue Zulassung zu bewerben. Dies kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn - wie bei dem hier zu beurteilenden Verfahren - die vom Senat für ein "Wohlverhalten" vorausgesetzte "Bewährungszeit" von fünf Jahren seit der Entscheidung des Berufungsausschusses bereits verstrichen ist (BSG, Urteil vom 17.10.2012, - B 6 KA 49/11 R -, in juris).

Es gilt damit weiterhin, wenn sich bei einer noch nicht vollzogenen Zulassungsentziehung die Sach- und Rechtslage während des Gerichtsverfahrens zu Gunsten des Klägers in einer Weise geändert hat, die die Zulassungsentziehung nicht mehr als angemessen erscheinen lässt, muss zu Gunsten des Vertragsarztes ein so genanntes Wohlverhalten nach Ergehen der Entscheidung des Berufungsausschusses berücksichtigt werden (zur Abgrenzung von Wohlverhalten und Bewährungszeit BSG, Beschluss vom 09.02.2011, - B 6 KA 49/10 B -, in juris). Insoweit sind Änderungen des Sachverhalts bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht zu beachten (zu alledem: BSG, Urteil vom 20.10.2004, - B 6 KA 67/03 R -; Urteil vom 19.07.2006, - B 6 KA 1/06 R -; auch BVerfG, Beschluss vom 31.08.2005, - 1 BvR 912/04 -, alle in juris).

Hinsichtlich der Berücksichtigung des Wohlverhaltens muss der Eignungsmangel zur Überzeugung des Gerichts wieder entfallen sein. Verbleibende Zweifel gehen zu Lasten des Betroffenen, da es dem gewichtigen Gemeinwohlbelang der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung dient, ausschließlich geeignete Ärzte zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen. Hierbei ist zu beachten, dass eine an sich aufgrund gröblicher Pflichtverletzungen in der Vergangenheit indizierte Ungeeignetheit des Vertragsarztes, die eine Zulassungsentziehung rechtfertigt, nur dann infolge veränderter Umstände relativiert werden kann, wenn die Prognose künftig ordnungsgemäßen Verhaltens des betreffenden Arztes zweifelsfrei zur Überzeugung des Gerichts feststeht. Durch Tatsachen belegte ernstliche Zweifel an einer nachhaltigen - eine positive Prognose rechtfertigenden - Verhaltensänderung führen dazu, dass ein rechtlich relevantes "Wohlverhalten" zu verneinen ist.

Welche Gesichtspunkte bei der Prüfung des sog. Wohlverhaltens von Bedeutung sind, kann nach der Art der dem Vertragsarzt vorgeworfenen Pflichtverletzung unterschiedlich sein und ist einer generalisierender Prüfung nicht zugänglich. Kommt es aber auf die Umstände des Einzelfalls an, kann ein generelles Moment wie ein Zeitablauf nicht ausschlaggebend sein (BSG, Urteil vom 09.02.2011 - B 6 KA 49/10 B -, in juris m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des BSG kommt dem Wohlverhalten eines Arztes während des Streits über die Zulassungsentziehung dabei grundsätzlich geringeres Gewicht zu als schwer wiegenden Pflichtverletzungen in der Vergangenheit, die zur Zulassungsentziehung geführt haben (BSG, Urt. v. 24.11.1993, - 6 RKa 70/91 -, in juris). Ein für die Wiederherstellung des Vertrauens wie auch für eine positive Prognose wesentlicher Umstand ist typischerweise die Frage der Einsicht des Betroffenen in den Unrechtsgehalt seines Verhaltens und einer hieraus ggf. resultierenden Einstellungs- und Verhaltensänderung für die Zukunft. Denn andernfalls ließe sich nicht feststellen, ob der Arzt die Entziehung der Vertragsarztzulassung zum Anlass genommen hat, sein Fehlverhalten zu korrigieren. Der Feststellung einer Unrechtseinsicht kann insbesondere dann die Grundlage fehlen, wenn die prozessuale Vorgehensweise (auch nach Abschluss des Strafverfahrens) insoweit keine positiven Anhaltspunkte bietet; verbleibende Zweifel gehen dann nach den dargestellten prozessualen Grundsätzen zu Lasten des Betroffenen (BSG, Urteil vom 09.02.2011 - B 6 KA 49/10 B -, in juris m.w.N.).

Davon ausgehend hat die Berufung des Klägers Erfolg. Die Voraussetzungen des § 95 Abs. 6 SGB V für die Entziehung der Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung sind nicht (mehr) erfüllt.

Der Kläger hat seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Der Senat kann hierfür zunächst auf die Begründung des angefochtenen Bescheids des Beklagten sowie auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug nehmen (§§ 153 Abs. 1, 2, 136 Abs. 3 SGG). Ergänzend zu berücksichtigen ist, dass die Verurteilung wegen einer Straftat nach § 174 c Strafgesetzbuch (StGB) nach § 25 Abs. 1 Nr. 3 Jugendarbeitsschutzgesetz auch zur Folge hatte, dass dem Kläger die Beschäftigung, Beaufsichtigung, Anweisung und Ausbildung Jugendlicher verboten war und er nicht mit der Beaufsichtigung, Anweisung oder Ausbildung von Jugendlichen beauftragt werden durfte. Diese Nebenfolge hatte fünf Jahre (zu rechnen ab Rechtskraft des Strafbefehls) zuzüglich Bestand.

Hinsichtlich der im Bescheid vom 18.01.2007 zutreffend gewürdigten Taten ist zu ergänzen, dass der Kläger bevor er sich K. A. körperlich genähert hat, dieser nach deren Aussage im Ermittlungsverfahren Komplimente gemacht und ihr Geschenke, insbesondere Geldgeschenke zunächst aufgedrängt hat. Die der strafrechtlichen Verurteilung zugrundeliegenden Taten hat er während der Therapiestunden begangen und hat sich auch von der anfänglichen Ablehnung der K. A. nicht von der Weiterverfolgung der mit Komplimenten und Geschenken angebahnten Aufnahme sexueller Kontakte abbringen lassen. Er hatte im April 2003 anstelle der bisherigen Einzelstunde am Freitagabend (17 bis 18 Uhr) eine Doppelstunde (17 bis 19 Uhr) "aufgrund seiner eigenen Bedürftigkeit" mit K. A. vereinbart. In den letzten Terminen, bevor die Mutter der K. A. von den Vorgängen erfahren hatte, hat nach Aussage von K. A. keine Therapie mehr stattgefunden. Es sei während dieser Sprechstunden ganz privat gewesen und sie hätten sich die meiste Zeit geküsst. Nach Angaben des Klägers hat er K. A. im Anschluss an die Doppelstunde nach Ü. gefahren und in der Nähe ihrer Wohnung abgesetzt.

Dass die vom damals über fünfzigjährigen Kläger in diesem Rahmen begangenen sexuellen Handlungen an der fünfzehnjährigen K. A., die seit ca. drei Jahren bei ihm in Behandlung war und seit Ende 2002 besondere Probleme auch aufgrund der Trennung von ihrem Vater hatte, gröbliche Pflichtenverstöße darstellen, steht auch für den Senat außer Frage. Im Hinblick auf die besondere Schutzbedürftigkeit der Patienten von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten kam zunächst nur die Zulassungsentziehung in Betracht.

Im Hinblick auf die Gutachten von Prof. Dr. F. vom 12.11.2009 und 27.05.2013 mit ergänzender Stellungnahme vom 04.11.2013 und das ausweislich des Gutachtens vom 27.05.2013 mit dem Psychotherapeuten T. am 08.03.2013 geführte Telefongespräch hat der Senat jedoch im Hinblick auf die eingetretenen Verhaltensänderung und die durchgeführten Behandlungen keine ernstliche Zweifel an einer nachhaltigen - eine positive Prognose rechtfertigenden - Verhaltensänderung des Klägers.

Danach hat der Kläger eine deliktorientierte Therapie mit dem Psychotherapeuten T. durchgeführt und diese Anfang 2012 abgeschlossen. Im Rahmen der Therapie ist es nach den Ausführungen des Psychotherapeuten T. gelungen, dem Kläger potentielle Gefährdungssituationen vor Augen zu führen und mit ihm zu erarbeiten, dass er sich diesen nicht mehr aussetzt. Darüber hinaus hat der Kläger die Täterseite in sich anerkannt; auch wenn es ihm zunächst schwer gefallen ist, hat er Fortschritte gemacht. Der Kläger ist nunmehr in der Lage, Warnsignale besser zu erkennen und adäquat darauf zu reagieren. Der Kläger hat sich in der Therapie zuverlässig und motiviert gezeigt. Diese Verhaltensänderung des Klägers bestätigt auch der Gutachter Prof. Dr. F ... Nach seinen Ausführung hat sich die Einstellung des Klägers bzgl. des Tatgeschehens im Vergleich zur Erstbegutachtung 2009 deutlich verändert. Der Kläger akzeptiert nun wie Prof. Dr. F. für den Senat nachvollziehbar dargelegt hat, dass er den sexuellen Missbrauch aktiv geplant und organisiert hat (Akzeptanz seiner Täterseite) und schildert sich insoweit nicht länger als "Opfer der Umstände". Dementsprechend hat der Senat Prof. Dr. F. folgend keine Zweifel, dass der Kläger auch die Tat als "sexuellen Missbrauch" erkannt hat, bei dem die Umstände zwar den Hintergrund bildeten, aber keine Entschuldigung für diese Tat darstellen. Hieraus resultierend ist der Kläger nunmehr in der Lage, Grenzen im Umgang mit Patienten zu ziehen. Auch die emotionale Bedürftigkeit hat er als relevanten Hintergrund für die Tat erkannt und gleichzeitig verarbeitet, dass dieser jedoch kein Entschuldigungsgrund für die Tat ist. Er hat ein Gespür für die Einschätzung entwickelt, ob die Therapie dem Patienten hilft oder ihm, dem Kläger, als Therapeut. Gleichzeitig hat der Kläger im Nachgang zur deliktorientierten Therapie eine Supervision bei dem Psychotherapeuten T. durchgeführt. Im Hinblick auf die durchgeführte Therapie war es ihm auch hier möglich, Warnsignale zu erkennen und diese im Rahmen der Supervision anzusprechen.

Zur Überzeugung des Senats ist mit dem Gutachten von Prof. Dr. F. vom 27.05.2013 auch nachgewiesen, dass der Kläger dementsprechend auch in seiner Persönlichkeitsentwicklung Fortschritte gemacht hat. Dies folgt nicht nur aus der Akzeptanz der Täterseite, sondern auch aus dem Aufbau eines Unterstützungsnetzes, dem er Vertrauen schenkt und sich aktiv und eigenmotiviert Rat holt. Dabei verkennt der Senat keineswegs, dass der Kläger nach den Ausführungen von Prof. Dr. F. weiterhin privat und auch beruflich isoliert ist. Die depressive Grundstruktur ist ausweislich des Gutachtens von Prof. Dr. F. nach wie vor erhalten. Die Verarbeitung des Suizidversuchs im November 2012 als sinnstiftend und wegweisend ist jedoch im Prinzip positiv zu bewerten, zumal sich der Kläger aktiv und konkreter als im Jahr 2009 (Gutachten vom 12.11.2009) mit der depressiven Seite auseinandersetzt und daran arbeitet, Warnsignale bei sich zu erkennen. Seine "emotionale Bedürftigkeit", die im Jahr 2009 noch als Gefahrensituation anzusehen war, hat sich bis zum Jahr 2012 dahingehend gewendet, dass der Kläger ein Gespür dafür entwickelt hat, Grenzen gegenüber anderen einzuhalten. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger im Hinblick auf seinen Suizidversuch die Schädigung nunmehr gegen sich selbst gerichtet hat. In Übereinstimmung mit dem Gutachten von Prof. Dr. F. ist dies, zumal er die Behandlung bei Dr. Z. aufgenommen hat, kein Grund dafür, ihm die Zulassung zu entziehen. Seine Wahrnehmungen sind dahingehend zu deuten, dass er die von ihm durchgeführten Therapien reflektiert.

Insgesamt hat der Kläger damit wichtige Schritte unternommen, die eine Persönlichkeitsentwicklung belegen. In Würdigung der vorliegenden Befunde kommt Prof. Dr. F. daher zu der nachvollziehbaren Einschätzung und Prognose, dass beim Kläger eine Entwicklung stattgefunden hat, die das Rückfallrisiko für einen erneuten sexuellen Missbrauch unter Ausnutzung der Psychotherapiesituation unwahrscheinlich macht, auch wenn bei dem Kläger unverändert eine bestehende Grundstimmung und Depressivität, der Hang zur Suizidalität und eine emotionale Bedürftigkeit vorliegt. Allerdings nimmt der Kläger diesbezüglich mittlerweile ein engmaschiges Behandlungsangebot wahr, um eine erneute Zuspitzung der depressiven und suizidalen Symptomatik zu verhindern und sich zu stabilisieren. In Übereinstimmung mit dem Gutachten von Prof. Dr. F. ist davon auszugehen, dass die durch die Verstöße gegen seine beruflichen Pflichten manifest gewordenen charakterlichen Mängel des Klägers durch einen inneren Reifeprozess inzwischen kompensiert sind. Das Risiko erneut zum Täter zu werden ist sowohl durch die Bearbeitung der Tataspekte wie durch risikovermindernde Maßnahmen, die der Kläger bewusst und aktiv und unter Beratung seines Psychotherapeuten eingeleitet hat, nunmehr so stark reduziert, dass mit hinreichender Sicherheit angenommen werden kann, dass keine weiteren Verstöße gegen seine Berufspflichten im Sinne von Distanzlosigkeit und Übergriffen in der Therapie vorkommen werden.

Dies gilt auch unter Beachtung der Tatsache, dass - wie Prof. Dr. F. dargelegt hat - die depressive Bedürftigkeit des Klägers eine auslösende Rolle zum damaligen Tatgeschehen hatte. Insoweit besteht beim Kläger durch die vorhandene Dysthymie eine Problematik weiter fort, weshalb der Gutachter zutreffend darauf hingewiesen hat, dass die Prüfung, wie sich der Kläger unter einer Zuspitzung der depressiven Symptomatik nach einem Auslöser mit einer massiven Ablehnungserfahrung im familiären Bereich verhalten wird, von besonderer Bedeutung ist. Insoweit kommt jedoch der Gutachter zu der nachvollziehbaren sehr positiven Feststellung, dass sich der Kläger in Belastungssituationen nicht in den Therapien hat gehen lassen, sondern trotz der Beendigung der Termine mit dem Psychotherapeuten T. neu Kontakt gesucht hat und sich nach dem Bilanzsuizidversuch in spezifische therapeutische Behandlung begeben hat. Insofern ist in Übereinstimmung mit dem Gutachten von Prof. Dr. F. nunmehr zu erwarten, dass der Kläger auch unter stärkerer emotionaler Belastung nicht die Therapiebeziehungen dafür nutzt, um sich persönlich zu stabilisieren und schon gar nicht um erneut übergriffig zu werden.

Damit ist zur Überzeugung des Senats seit dem Bescheid der Beklagten vom 18.01.2007 insgesamt eine Verhaltensänderung des Klägers nachgewiesen, die heute eine entsprechende positive Prognose rechtfertigt. Soweit Prof. Dr. F. auf die gerichtliche Nachfrage mitgeteilt hat, dass er nicht "zweifelsfrei" prognostizieren könne, dass der Kläger künftig keine Patienten sexuell missbrauchen werde, ergibt sich aus der Antwort von Prof. F. lediglich, dass ein relatives Risiko immer bestehe und er ein Risiko nicht endgültig ausschließen könne. Letzteres ist jedoch vorliegend auch nicht erforderlich. Ausreichend ist nach den oben dargestellten Grundsätzen, dass eine zweifelsfreie nachhaltige Verhaltensänderung während eines Zeitraums von mehreren Jahren (retrospektiv) sowie eine zweifelsfreie Prognose künftig rechtmäßigen Verhaltens (prospektiv) getroffen werden kann. Bei der Festlegung der an ein "Wohlverhalten" zu stellenden Anforderungen ist insoweit auch in den Blick zu nehmen, welche dies überhaupt sein können und ob sie bei realistischer Betrachtung überhaupt erfüllt werden können. Dass es dabei nicht darum gehen kann, dass sich der betroffene Arzt als besonders "guter" Mensch generiert, sondern allein um solche Maßnahmen bzw. Handlungen, die Bezug zu den von ihm begangenen Pflichtverletzungen haben, steht außer Frage (BSG, Urteil vom 17.10.2012, - B 6 KA 49/11 R -, in juris). Vorliegend ist insoweit zu berücksichtigen, dass der Kläger zwischenzeitlich erfolgreich sämtliche vom Gutachter genannten und empfohlenen Maßnahmen durchgeführt hat und ihm der Gutachter insoweit nachvollziehbar und schlüssig kein erhöhtes Rückfallrisiko mehr bescheinigt.

Der Zulassung steht auch nicht entgegen, dass der Kläger entgegen seinem Versorgungsauftrag bis zum Sommer 2013 keine pubertierenden Mädchen mehr aufgenommen hat. Dies wird vom Gutachter Prof. Dr. F. nachvollziehbar mit der deliktorientierten Therapie in Zusammenhang gebracht. Abgesehen davon, stellt sich dieses Fehlverhalten aber auch als andersartig gegenüber den vorgeworfenen maßgeblichen Pflichtverletzungen dar. Sie ist aufgrund des nachgelagerten Sachverhalts nicht geeignet ist, eine Zulassungsentziehung zu rechtfertigen. Seit der erneuten Behandlung von Mädchen seit Sommer 2013 ist es im Übrigen auch zu keinen erneuten Verstößen, insbesondere auch nicht im Sinne der vorgeworfenen Pflichtverletzung, gekommen.

Aufgrund des eingetretenen Wohlverhaltens war daher wie tenoriert zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 1, § 155 Abs. 4 VwGO. Bei der Kostenentscheidung war zu berücksichtigen, dass der vom Kläger zu erbringende Nachweis einer positiven Prognose erst durch das Gutachten von Prof. Dr. F. während des laufenden Berufungsverfahrens erbracht werden konnte. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3) bis 6) aufzuerlegen, da diese Sachanträge nicht gestellt und damit ein Prozessrisiko nicht übernommen haben (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG. Danach ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (zum Streitwert in Zulassungssachen Senatsbeschluss vom 24.03.2011, - L 5 KA 4265/10 ER-B -). In Zulassungsangelegenheiten ist der Streitwert in der Regel in Höhe des Umsatzes anzusetzen, den der Arzt bei erlangter Zulassung innerhalb der nächsten Zeit aus vertragsärztlicher Tätigkeit erzielen könnte, abzüglich des Praxiskostenanteils (vgl. BSG, Urteil vom 01.09.2005 - B 6 KA 41/04 R -, in juris). Dabei ist in Anlehnung an § 42 Abs. 3 GKG - falls es nicht konkrete Gesichtspunkte für die Zugrundelegung eines kürzeren Zeitraums gibt - pauschal ein Drei-Jahres-Zeitraum zu Grunde zu legen (vgl. BSG, Urteile vom 01.09.2005 - B 6 KA 41/04 R - und vom 26.09.2005 - B 6 KA 69/04 B -, beide in juris). Im Fall einer Zulassungsentziehung stehen jedenfalls dann, wenn die Entziehung noch nicht vollzogen worden ist, konkrete Umsätze des Vertragsarztes zur Verfügung, die sich als Grundlage für die Streitwertfestsetzung eignen (vgl. BSG, Urteil vom 07.04.2000 - B 6 KA 61/99 B -). Ausgehend vom Umsatz im Jahr 2007 in Höhe von 124.638,21 EUR, einem Betriebskostenanteil von 1/3 (41.546,07 EUR) ergibt sich ein Jahresgewinn in Höhe von 83.092,14 EUR, woraus sich für drei Jahre ein Betrag von 249.276,42 EUR ergibt.
Rechtskraft
Aus
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