Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KA 7993/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 5149/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 09.10.2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz.
Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 19.891,70 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist (noch) die Höhe des vertragsärztlichen Honorars im Quartal III/2009 im Hinblick auf die Möglichkeit zur Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten außerhalb des Regelleistungsvolumen (RLV).
Den Klägern, die als Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde bzw. Facharzt für Phoniatrie und Pädaudiologie mit Vertragsarztsitz in B. in einer Gemeinschaftspraxis an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, teilte die Beklagte mit Bescheid vom 24.06.2009 das RLV für das Quartal III/2009 in Höhe von 52.813,84 EUR mit.
Hiergegen legten die Kläger am 29.07.2009 Widerspruch ein. Diesen begründeten sie unter anderem mit der Notwendigkeit der Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten.
Mit Honorarbescheid vom 15.01.2010 setzte die Beklagte unter Berücksichtigung einer anerkannten Leistungsnachforderung von 99.981,00 EUR das Honorar der Kläger für das Quartal III/2009 auf 71.243,50 EUR fest. Beigefügt war dem Bescheid die "Anlage zur Zuweisung des Regelleistungsvolumens (RLV)". In diesem wurde ein RLV von nunmehr 57.328,85 EUR anerkannt. Der Honorarbescheid ging den Klägern am 27.01.2010 zu.
Mit Widerspruch vom 26.02.2010 legten die Kläger Widerspruch gegen den Honorarbescheid für das Quartal III/2009 ein. Eine Begründung erfolgte nicht.
Mit Bescheid vom 08.07.2010 erfolgte eine Korrektur der Abrechnung für das Quartal III/2009 durch die Beklagte. Aufgrund der rückwirkend wirksamen Bereinigungsvereinbarung mit den Krankenkassenverbänden des Landes sei eine Neuberechnung notwendig geworden. Ebenfalls berücksichtigt worden sei bei dieser Endabrechnung die Korrektur der fehlerhaften Steuerung beim organisierten Notfalldienst sowie die für einzelne Ärzte veränderte Abrechnungsgrundlagen, die sich aufgrund von sachlich-rechnerischen Korrekturen, Anträgen oder Widersprüchen ergeben hätten. Ergebnis der Vereinbarung zur Bereinigung der RLV wegen des Hausarztvertrages mit der A. sei eine rückwirkend greifende Absenkung des hausärztlichen RLV-Fallwertes. Für die Abrechnung des Quartals III/2009, das für die Hausärzte unter Vorbehalt gestanden habe, bedeute die Regelung konkret, dass alle Hausärzte, egal ob sie am Vertrag teilnähmen oder nicht, rückwirkend 0,99 EUR pro RLV-relevantem Fall zurückzahlen müssten. Die A. habe ihre Zahlungen an die KV Baden-Württemberg im selben Umfang reduziert. Der bundesweit gültige Beschluss des Bewertungsausschusses, welcher die Grundlage der regionalen Vereinbarung sei, sehe im Übrigen vor, dass der RLV-Fallwert auch für nicht an den Selektivverträgen teilnehmende Ärzte um bis zu 2,5 % abgesenkt werden müsse. Während die Absenkung für Kinderärzte wesentlich geringer sei, werde davon ausgegangen, dass im Hausarztbereich die 2,5 %-ige Absenkung auch in Zukunft immer zum Tragen komme. Aus diesem Grund sei bei der RLV-Zuteilung des Quartals III/20010 dieses Minus bereits eingerechnet. Nach den beigefügten Anlagen ergab sich für die Kläger nunmehr eine Gutschrift in Höhe von 68.953,51 EUR bei einem RLV von 57.328,87 EUR. Insoweit enthielt der Bescheid erneut die "Anlage zur Zuweisung des Regelleistungsvolumens (RLV)" in Höhe von 57.328,87 EUR.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.11.2010 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Honorarbescheid für das Quartal III/2009 als unbegründet zurück. Gem. § 87 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) V vereinbare die Kassenärztliche Bundesvereinigung mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen durch den Bewertungsausschuss als Bestandteil der Bundesmanteltarifverträge einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM). Nach Abs. 2 bestimme der Bewertungsmaßstab den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander. Die Krankenkassen entrichteten gem. § 85 Abs. 1 SGB V nach Maßgabe des Gesamtvertrages für die gesamte vertragsärztliche Versorgung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung an die Kassenärztliche Vereinigung. Nach Abs. 4 verteile die Kassenärztliche Vereinigung diese Gesamtvergütung unter den Vertragsärzten. Sie wende dabei den mit den Verbänden der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich festgesetzten Vertrag über den Vertrag über den Honorarverteilungsmaßstab (HVV) an. Vorliegend sei festzustellen, dass der auf Grundlage des EBM und des in dem Quartal geltenden HVV der K. erlassene Honorarbescheid rechtmäßig sei. Sofern im Rahmen von Muster-Klageverfahren bezüglich der HzV (Hausarztzentrierte Versorgung)-Bereinigung im Jahr 2009 ein rechtskräftiges sozialgerichtliches Urteil vorliegen sollte, das wider Erwarten die von der K. durchgeführte Umsetzung des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses als rechtswidrig qualifiziere, werde dies für den oben genannten Widerspruch von Amts wegen berücksichtigt.
Hiergegen richtete sich die am 21.12.2010 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage, mit welcher sich die Kläger gegen den Honorarbescheid des Quartals III/2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2010 wendeten. Die Kläger seien ausweislich des Honorarbescheids für das Quartal III/2009 beim RLV mit einer Überschreitung von 40.213,65 EUR durch die Anwendung des RLV in ihrem Honoraranspruch tangiert. Unter Abzug der quotierten Vergütung in Höhe von 5.839,05 EUR ergebe sich somit noch eine Beschwer für die Kläger in Höhe von 34.374,60 EUR. Ziehe man diesbezüglich noch die gewährte Stützung im Rahmen der Konvergenz in Höhe von 4.537,05 EUR ab, ergebe sich für die Kläger noch eine Beschwer in Höhe von 29.837,55 EUR. Im Hinblick auf diese noch verbleibende Beschwer würden die Kläger zwar keinen Anspruch auf Auszahlung der Kürzungssumme geltend machen, jedoch einen Anspruch auf Neubescheidung. Die exorbitante Überschreitung des RLV beruhe im vorliegenden Fall offenkundig auf Praxisbesonderheiten, denen die Beklagte bekanntermaßen allein dadurch Rechnung getragen habe, indem sie in diesen Quartalen die Konvergenzregelung angewandt habe. Die KV sei generell der Auffassung, dass durch die Anwendung der Konvergenzregelung die Praxisbesonderheiten, die eine Erhöhung des RLVs rechtfertigen würden, endgültig und abschließend damit abgegolten seien. Dies sei jedoch nicht zutreffend.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2012 wies die Beklagte unter anderem den Widerspruch gegen den RLV-Zuweisungsbescheid III/2009 vom 24.06.2009 zurück. Unter "7. Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten" führte die Beklagte dabei aus, dass die Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten bereits im Rahmen der Konvergenz berücksichtigt sei. Gem. Teil B § 11 Nr. 1 HVV seien Praxisbesonderheiten bei einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen Spezialisierung, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwerts der Arztgruppe von mindestens 30 % vorliege, zu berücksichtigen. Gem. Teil B § 11 Nr. 2 HVV regele das Nähere die K ... Wie im Bescheid vom 08.07.2009 (richtig wohl 08.07.2010) dargestellt, habe die K. die Regelung dahingehend getroffen, dass während der Konvergenzphase, in der für alle Praxen grundsätzlich eine Garantie in Höhe von 95 % des Umsatzes in Bezug auf die morbiditätsbezogene Gesamtvergütung aus dem Vorjahresquartal bestehe, eine bestehende besondere Praxisausrichtung bereits über die Anwendung der Konvergenzregelung berücksichtigt werde. Hintergrund sei, dass die Anwendung dieser Sonderregelung bereits die Zuerkennung eines Individualbudgets auf der Basis des Vorjahresquartals beinhalte. Aufgrund der in Teil B § 11 Nr. 2 HVV verankerten Ermächtigung sei die K. berechtigt, die Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten im Rahmen der Konvergenzregelung zu gewährleisten. Eine darüber hinaus gehende Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten sei während der Dauer der Konvergenzphase nicht möglich (gemäß § 2 Abs. 6 der Konvergenzvereinbarung).
Eine Klage gegen den Widerspruchsbescheid reichten die Kläger in der Folge nicht ein.
Die Beklagte trat der Klage gegen den Honorarbescheid für das Quartal III/2009 entgegen und wies darauf hin, dass das RLV betreffend das Quartal III/2009 bindend geworden sei, da der RLV-Zuweisungsbescheid III/2009 bestandskräftig geworden sei. Die Kläger hätten gegen den betreffenden ablehnenden Widerspruchsbescheid vom 19.09.2012 keine Klage erhoben. Die Zuweisung sei als eigenständige Regelung gesondert anfechtbar. Aus der gesonderten Anfechtbarkeit folge, dass ein Vertragsarzt, der die Zuweisung eines RLV habe bestandskräftig werden lassen, an diese Festsetzungen gebunden sei und im nachfolgenden Honorarstreitverfahren deren Fehlerhaftigkeit nicht mehr geltend machen könne (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 15.08.2012, - B 6 KA 38/11 R -, in juris).
Die Kläger entgegneten daraufhin, dass der RLV-Zuweisungsbescheid III/2009 nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen worden sei. Wie der Text in dem Schreiben an die Ärzte ausdrücklich vorsehe, handele es sich dabei lediglich um eine Information. Eine Information stelle keinen Verwaltungsakt dar. Unbeschadet dessen gehe es inhaltlich um die Frage, ob durch die Anwendung der Konvergenzregelung, die noch gar nicht im RLV-Zuweisungsbescheid habe enthalten sein können, dem Umstand etwaiger Praxisbesonderheiten pauschal Rechnung getragen werden könne. Gerade der vorliegende Rechtsstreit drehe sich um die Frage, ob die KV im Rahmen der damaligen Konvergenzreglung pauschal die Prüfung von Praxisbesonderheiten habe unterlassen dürfen mit dem Hinweis, dass etwaige Praxisbesonderheiten im Rahmen der Konvergenzregelung mit erledigt seien.
Mit Urteil vom 09.10.2014 hob das SG den Honorarbescheid für das Quartal III/2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2010 auf und verurteilte die Beklagte, die Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Nach § 87 b Abs. 3 Satz 3 SGB V in der Fassung vom 26.03.2007 seien im Rahmen der Bestimmung des RLV auch Praxisbesonderheiten zu berücksichtigen, soweit dazu Veranlassung bestehe. Ausgehend von den gesetzlichen Vorgaben habe der Erweiterte Bewertungsausschuss in seiner 7. Sitzung am 27. und 28.08.2008 unter Teil F einen Beschluss gem. § 87 b Abs. 4 Satz 1 SGB V zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen RLV nach § 87 b Abs. 2 und 3 SGB V gefasst (DÄBl. 2008, Heft 38, A-1988). Die Praxisbesonderheiten würden nach Nr. 3.6 des Beschlusses zwischen den Partnern der Gesamtverträge geregelt. Das ermittelte RLV je Arzt sei ggf. entsprechend den nach 3.6 festgestellten Praxisbesonderheiten anzupassen (Anl. 2 Nr. 5 Abs. 3). Nach Teil B § 11 Abs. 1 HVV der insoweit die Regelung in Teil F, Nr. 3.6 des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 27./28.08.2008 übernommen habe, ergäben sich Praxisbesonderheiten aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen Spezialisierung, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe um mindestens 30 % vorliege. Das Nähere regele nach Abs. 2 die K ... Hiernach sei die Beklagte nicht berechtigt aufgrund der Konvergenzregelung von einer Prüfung der Praxisbesonderheiten abzusehen. In seiner Sitzung am 15.01.2009 habe der Erweiterte Bewertungsausschuss zur Umsetzung und Weiterentwicklung der arzt- und praxisbezogenen RLV nach § 87 b Abs. 2 und 3 SGB V mit Geltung ab 01.01.2009 in Teil A eine "Konvergenzphase für die Vereinheitlichung der Umsetzung der arzt- und praxisbezogenen RLV" beschlossen. Nach § 2 Ziff. 6 der Konvergenzvereinbarung 2009 seien mit der Anwendung der Konvergenzregelung (§ 2 Nr. 1, 2) Praxisbesonderheiten im Sinne des Teil B § 11 der HVV abgegolten. Der hiermit verbundene vollständige Verzicht auf eine individuelle Prüfung und Ermittlung von Praxisbesonderheiten sei von den Vorgaben in den Beschlüssen des Erweiterten Bewertungsausschusses und den darauf beruhenden Regelungen in § 11 HVV und § 2 Nr. 6 der Konvergenzvereinbarung nicht gedeckt. Diese Vorgehensweise verstoße sowohl gegen die gesetzlichen Vorgaben des § 87 b Abs. 3 Satz 3 SGB V als auch gegen die untergesetzlichen Vorgaben des Erweiterten Bewertungsausschusses. Der Erweiterte Bewertungsausschuss habe in dem Beschluss vom 27./28.08.2008 - Teil F - unter Nr. 3.6 bei der Ermittlung des RLV die Prüfung von Praxisbesonderheiten ausdrücklich vorgesehen. Auch der Beschluss vom 15.01.2009 sehe eine solche Berücksichtigung weiter vor. Der Vorstand der Beklagten sei damit zur Entscheidung über Praxisbesonderheiten befugt gewesen. Die Entscheidung, während der Konvergenzphase ohne Prüfung des Einzelfalls gänzlich auf die Ermittlung von Praxisbesonderheiten zu verzichten, sei von der Ermächtigungsgrundlage aber gerade nicht gedeckt. Nach Anl. 2 Nr. 5 Abs. 3 des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 27./28.08.2008 sei, wenn Praxisbesonderheiten festgestellt würden, das arztbezogene RLV entsprechend anzupassen. Dies entspreche der gesetzlichen Vorgabe in § 87 b Abs. 3 Satz 3 SGB V, wonach Praxisbesonderheiten im Rahmen der Bestimmung des RLV zu berücksichtigen seien. Vorliegend sei eine Anpassung des den Klägern für das streitbefangene Quartal zugewiesenen RLV allerdings ausgeschlossen. Aus der gesonderten Anfechtbarkeit der RLV-Zuweisung folge nämlich, dass ein Vertragsarzt, der dieselbe habe bestandskräftig werden lassen, an diese Festsetzung gebunden sei und im nachfolgenden Honorarstreitverfahren nicht mehr deren Fehlerhaftigkeit geltend machen könne. Die Zuweisung des RLV für das Quartal III/2009 stelle spätestens in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.09.2012 zweifelsfrei einen Verwaltungsakt dar, ohne dass es noch auf die von den Klägern gegen die Verwaltungsqualifikation des Ausgangsbescheids erhobenen Einwände ankäme. Gleichwohl habe die Kammer entschieden, der Klage stattzugeben und die Beklagte zur Neubescheidung unter Rechtsauffassung des Gerichts zu verurteilen. Die Beklagte werde daher zu prüfen haben, ob bei den Klägern Praxisbesonderheiten vorlägen, wenngleich sich diese auf die Höhe des RLV nicht mehr auswirken könnten.
Das Urteil wurde der Beklagten am 20.11.2014 mittels Empfangsbekenntnis zugestellt.
Hiergegen richtet sich die am 15.12.2014 zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhobene Berufung der Beklagten. Das SG habe unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung des BSG selbst darauf hingewiesen, dass das RLV betreffend das Quartal III/2009 bestandskräftig und damit bindend geworden sei. Gegen den die RLV-Zuweisung III/2009 betreffenden ablehnenden Widerspruchsbescheid vom 19.09.2012 sei keine Klage erhoben worden. Damit seien die Kläger an die Festsetzung des RLV gebunden und könnten im nachfolgenden Honorarstreitverfahren nicht mehr deren Fehlerhaftigkeit geltend machen. Dies würden die Kläger aber vorliegend tun, wenn sie im Rahmen des Verfahrens gegen den Honorarbescheid III/2009 aufgrund von behaupteten Praxisbesonderheiten ein höheres RLV begehren würden. Dies sehe auch das SG im angefochtenen Urteil zutreffend. Allerdings ziehe es die falsche Konsequenz, wenn es die Beklagte dennoch zur Neubescheidung verurteile, obwohl das RLV bindend feststehe und sich die Entscheidung über Praxisbesonderheiten gar nicht mehr auf das RLV auswirken könne. Wenn das RLV bindend sei, sei kein Raum für die ausgesprochene Neubescheidungsverpflichtung. Das SG verkenne hier das Wesen und die Reichweite der Bestandskraft.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 09.10.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die bestandskräftige Regelung von Vorfragen zum Honorar - und somit auch die RLV-Zuweisung - lasse nicht zwangsläufig das rechtlich geschützte Interesse des Vertragsarztes entfallen, seinen Honoraranspruch im Übrigen überprüfen zu lassen und ggf. einen Anspruch auf Neubescheidung trotz der bestandskräftigen RLV-Zuweisung geltend zu machen. Im vorliegenden Fall gehe es nicht um die Fehlerhaftigkeit einer RLV-Zuweisung, sondern um die Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten außerhalb einer RLV-Zuweisung. Dies könne z.B. auch noch während eines Quartals und damit nach bzw. außerhalb einer RLV Zuweisung geltend gemacht werden. Die Zuweisung des RLV sage über ein etwaiges Vorliegen oder eine etwaige Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten nichts aus. Die K. selbst habe im Übrigen die Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten mit der Anwendung der Konvergenzregelung verknüpft. Die Anwendung der Konvergenzregelung sei aber weder vom Ansatz noch vom Inhalt her Gegenstand des RLV-Zuweisungsbescheides. Es widerspreche im vorliegenden Fall jedem Gerechtigkeitsgedanken und Treu und Glauben, dem Vertragsarzt den Vortrag von Praxisbesonderheiten unter alleinigem Hinweis auf die Bestandskraft der RLV-Zuweisung abzuschneiden. Zutreffend habe auch das SG ausgeführt, dass die Kläger aufgrund der Bestandskraft der RLV-Zuweisung eine Neubescheidung der RLV-Zuweisung nicht mehr beanspruchen könnten. Dies sei für den hier geltend gemachten Rechtsanspruch der Kläger (Neubescheidung über Praxisbesonderheiten) aber auch nicht erforderlich. Die Beklagte habe trotz der bestandskräftigen RLV-Zuweisung über den Honoraranspruch der Kläger im Quartal III/2009 neu zu entscheiden. Dabei werde sie auch zu prüfen haben, ob bei den Klägern - auch nach Anwendung der Konvergenzregelung - noch Praxisbesonderheiten vorlägen. Dies könne sich zwar nicht mehr auf die Zuweisung des RLV, aber sehr wohl noch auf den Honoraranspruch (z. B. in Form eines individuellen Honorarzuschlags [vgl. § 11 Abs. 2 HVV]) auswirken.
Im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter am 25.11.2015 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die Gerichtsakten der ersten und zweiten Instanz sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ohne Zulassung durch das SG statthaft. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750,00 EUR) ist überschritten, da Streitgegenstand des Berufungsverfahrens - wie sogleich darzulegen sein wird -, die im Urteil des SG vorgenommene Verpflichtung zur Neubescheidung der Beklagten unter Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten ist. Nachdem die Kläger im Verfahren vor dem SG eine Beschwer in Höhe von 29.837,55 EUR geltend gemacht haben, die im Hinblick auf Praxisbesonderheiten nicht hinreichend ausgeglichen sei, ist der Berufungsstreitwert im vorliegenden Fall überschritten. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und daher auch im Übrigen gem. § 151 SGG zulässig.
Streitgegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist das Urteil des SG vom 09.10.2014, mit welchem dieses den streitgegenständlichen "Honorarbescheid für das Quartal III/2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2010" aufgehoben hat und die Beklagte zur Neubescheidung nach der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilt hat. Die Beklagte wurde insoweit verurteilt, Praxisbesonderheiten bei den Klägern zu berücksichtigen, wenngleich sich diese auf die Höhe des RLV nicht mehr auswirken könnten, da dieses bestandskräftig sei.
Der Tenor ist insoweit auslegungsbedürftig. Zum einen sind vorliegend am 15.01.2010 und am 08.07.2010 Bescheide zum Honorar der Kläger ergangen. Zum anderen ist der im Verfügungssatz des Honorarbescheids vom 15.01.2010 zum Ausdruck kommende Regelungsgehalt vorliegend nicht ohne weiteres auf den Zahlbetrag beschränkt. Vielmehr enthält der Honorarbescheid vom 15.01.2010 eine (Neu-)Regelung des RLV, während der Bescheid vom 08.07.2010 das im zuvor genannten Bescheid festgesetzte RLV übernimmt. Die Neufestsetzung des RLV im Honorarbescheid ist dabei auch grundsätzlich zulässig, da die Entscheidung über die dem Vertragsarzt für seine Leistungen in einem bestimmten Quartal zustehende Vergütung nur den Mindestinhalt des Honorarbescheides darstellt. Der Honorarbescheid kann jedoch weitere abtrennbare Regelungen beinhalten. Dies gilt z.B. für die Zuweisung des RLV (BSG, Urteil vom 25.03.2015, - B 6 KA 22/14 R, in juris m.w.N.).
Durch die Aufhebung allein des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2010 hat das SG freilich deutlich gemacht, dass eine Aufhebung der RLV-Festsetzung im Bescheid vom 15.01.2010 nicht erfolgen soll. Den insoweit relevanten Widerspruchsbescheid vom 19.09.2012 hat das SG nämlich nicht aufgehoben. Dieser Befund ergibt sich auch, wenn man zur Bestimmung der Tragweite der Urteilsformel selbige als nicht ausreichend aussagekräftig ansehen und folglich die Entscheidungsgründe ergänzend heranziehen würde (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 11. Auflage, § 141 Rn 7a). Insoweit hat das SG nämlich ausdrücklich zur Neubescheidung unter Berücksichtigung des bestandskräftigen RLV verurteilt. In diesem Sinne verstehen im Übrigen auch die Beteiligten die Urteilsformel des SG. So wird von der Beklagten mit der Berufung die fehlende Möglichkeit der Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten außerhalb des RLV gerügt, während die Kläger hierauf auf Nachfrage des Berichterstatters im Erörterungstermin vom 25.11.2015 ihr Begehren beschränkt und von der Erhebung einer Anschlussberufung abgesehen haben. Sie sind der Ansicht, dass Praxisbesonderheiten außerhalb des RLV zu berücksichtigen seien, weshalb das SG zutreffend hierzu unter Aufhebung der isolierten Honorarregelung verurteilt habe.
Im Hinblick auf die ausschließlich von der Beklagten eingelegte Berufung führt die entsprechende Beschränkung des Rechtsbehelfs dazu, dass die nicht angegriffene Teilregelung in Bestandskraft erwachsen (§ 77 SGG) ist (BSG, Urteil vom 25.03.2015, - B 6 KA 22/14 R, in juris m.w.N.). Nicht streitgegenständlich ist damit im Berufungsverfahren die Höhe des RLV, sondern lediglich die darüber hinausgehende Regelung der Honorarfestsetzung als solche. Soweit das SG hinsichtlich letzterer die Aufhebung und Neubescheidung verfügt hat, hält das Urteil des SG einer Überprüfung nicht stand, weshalb auf die Berufung der Beklagten das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen war, da die Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten lediglich im RLV erfolgen kann.
Nach § 87 b Abs. 3 Satz 2 SGB V in der hier anzuwendenden und vom 26.03.2007 bis 22.09.2011 geltenden Fassung (a.F.) sind im Rahmen der Bestimmung des RLV Praxisbesonderheiten zu berücksichtigen, soweit dazu Veranlassung besteht. Ausgehend von den gesetzlichen Vorgaben hat der Erweiterte Bewertungsausschuss in seiner 7. Sitzung am 27./28.08.2008 unter Teil F einen Beschluss gem. § 87 b Abs. 4 Satz 1 SGB V zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen RLV nach § 87 b Abs. 2 und 3 SGB V gefasst (DÄBl. 2008, Heft 38, A - 1988). Die Praxisbesonderheiten werden nach Nr. 3.6 des Beschlusses zwischen den Partnern der Gesamtverträge geregelt. Das ermittelte RLV ist ggf. entsprechend den nach Nr. 3.6 festgestellten Praxisbesonderheiten anzupassen (Anlage 2 Nr. 5 Abs. 3). Nach Teil B § 11 Abs. 1 HVV, der insoweit die Regelung in Teil F, Nr. 3.6 des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 27./28.08.2008 übernommen hat, ergeben sich Praxisbesonderheiten aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen Spezialisierung, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe von mindestens 30 % vorliegt.
Zutreffend hat die Beklagte unter Berücksichtigung der genannten rechtlichen Grundlagen ausgeführt, dass damit Praxisbesonderheiten im Rahmen der RLV-Zuweisung zu berücksichtigen sind und nur in diesem Rahmen Berücksichtigung finden können.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht dadurch, dass nach dem Vortrag der Kläger, die Beklagte durch die Anwendung der Konvergenzregelung in unzulässiger Weise eine Verquickung von RLV und Honorarbescheid vorgenommen habe. Denn auch bei einer unzulässigen Verquickung und einer dadurch bedingten Rechtswidrigkeit bleibt es bei der genannten gesetzlichen Regelung, wonach Praxisbesonderheiten im Rahmen des RLV zu berücksichtigen sind. Insoweit obliegt es gerade nicht der Beklagten Praxisbesonderheiten entgegen der Regelung des Gesetzes dem RLV und/oder dem Honorarbescheid zuzuweisen. Hierdurch sind die Kläger auch nicht unzumutbar belastet, da dies im Rahmen der Anfechtung des RLV und des Honorarbescheids ausreichend Berücksichtigung finden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) bestehen nicht.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG i. V. m. § 47 Abs. 1 und 2, § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Da die Kläger eine Neubescheidung begehrten, sind zwei Drittel der geltend gemachten Beschwer von 29.837,55 EUR, mithin 19.891,70 EUR festzusetzen. Die Streitwertfestsetzung des SG war dementsprechend abzuändern.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz.
Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 19.891,70 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist (noch) die Höhe des vertragsärztlichen Honorars im Quartal III/2009 im Hinblick auf die Möglichkeit zur Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten außerhalb des Regelleistungsvolumen (RLV).
Den Klägern, die als Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde bzw. Facharzt für Phoniatrie und Pädaudiologie mit Vertragsarztsitz in B. in einer Gemeinschaftspraxis an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, teilte die Beklagte mit Bescheid vom 24.06.2009 das RLV für das Quartal III/2009 in Höhe von 52.813,84 EUR mit.
Hiergegen legten die Kläger am 29.07.2009 Widerspruch ein. Diesen begründeten sie unter anderem mit der Notwendigkeit der Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten.
Mit Honorarbescheid vom 15.01.2010 setzte die Beklagte unter Berücksichtigung einer anerkannten Leistungsnachforderung von 99.981,00 EUR das Honorar der Kläger für das Quartal III/2009 auf 71.243,50 EUR fest. Beigefügt war dem Bescheid die "Anlage zur Zuweisung des Regelleistungsvolumens (RLV)". In diesem wurde ein RLV von nunmehr 57.328,85 EUR anerkannt. Der Honorarbescheid ging den Klägern am 27.01.2010 zu.
Mit Widerspruch vom 26.02.2010 legten die Kläger Widerspruch gegen den Honorarbescheid für das Quartal III/2009 ein. Eine Begründung erfolgte nicht.
Mit Bescheid vom 08.07.2010 erfolgte eine Korrektur der Abrechnung für das Quartal III/2009 durch die Beklagte. Aufgrund der rückwirkend wirksamen Bereinigungsvereinbarung mit den Krankenkassenverbänden des Landes sei eine Neuberechnung notwendig geworden. Ebenfalls berücksichtigt worden sei bei dieser Endabrechnung die Korrektur der fehlerhaften Steuerung beim organisierten Notfalldienst sowie die für einzelne Ärzte veränderte Abrechnungsgrundlagen, die sich aufgrund von sachlich-rechnerischen Korrekturen, Anträgen oder Widersprüchen ergeben hätten. Ergebnis der Vereinbarung zur Bereinigung der RLV wegen des Hausarztvertrages mit der A. sei eine rückwirkend greifende Absenkung des hausärztlichen RLV-Fallwertes. Für die Abrechnung des Quartals III/2009, das für die Hausärzte unter Vorbehalt gestanden habe, bedeute die Regelung konkret, dass alle Hausärzte, egal ob sie am Vertrag teilnähmen oder nicht, rückwirkend 0,99 EUR pro RLV-relevantem Fall zurückzahlen müssten. Die A. habe ihre Zahlungen an die KV Baden-Württemberg im selben Umfang reduziert. Der bundesweit gültige Beschluss des Bewertungsausschusses, welcher die Grundlage der regionalen Vereinbarung sei, sehe im Übrigen vor, dass der RLV-Fallwert auch für nicht an den Selektivverträgen teilnehmende Ärzte um bis zu 2,5 % abgesenkt werden müsse. Während die Absenkung für Kinderärzte wesentlich geringer sei, werde davon ausgegangen, dass im Hausarztbereich die 2,5 %-ige Absenkung auch in Zukunft immer zum Tragen komme. Aus diesem Grund sei bei der RLV-Zuteilung des Quartals III/20010 dieses Minus bereits eingerechnet. Nach den beigefügten Anlagen ergab sich für die Kläger nunmehr eine Gutschrift in Höhe von 68.953,51 EUR bei einem RLV von 57.328,87 EUR. Insoweit enthielt der Bescheid erneut die "Anlage zur Zuweisung des Regelleistungsvolumens (RLV)" in Höhe von 57.328,87 EUR.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.11.2010 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Honorarbescheid für das Quartal III/2009 als unbegründet zurück. Gem. § 87 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) V vereinbare die Kassenärztliche Bundesvereinigung mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen durch den Bewertungsausschuss als Bestandteil der Bundesmanteltarifverträge einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM). Nach Abs. 2 bestimme der Bewertungsmaßstab den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander. Die Krankenkassen entrichteten gem. § 85 Abs. 1 SGB V nach Maßgabe des Gesamtvertrages für die gesamte vertragsärztliche Versorgung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung an die Kassenärztliche Vereinigung. Nach Abs. 4 verteile die Kassenärztliche Vereinigung diese Gesamtvergütung unter den Vertragsärzten. Sie wende dabei den mit den Verbänden der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich festgesetzten Vertrag über den Vertrag über den Honorarverteilungsmaßstab (HVV) an. Vorliegend sei festzustellen, dass der auf Grundlage des EBM und des in dem Quartal geltenden HVV der K. erlassene Honorarbescheid rechtmäßig sei. Sofern im Rahmen von Muster-Klageverfahren bezüglich der HzV (Hausarztzentrierte Versorgung)-Bereinigung im Jahr 2009 ein rechtskräftiges sozialgerichtliches Urteil vorliegen sollte, das wider Erwarten die von der K. durchgeführte Umsetzung des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses als rechtswidrig qualifiziere, werde dies für den oben genannten Widerspruch von Amts wegen berücksichtigt.
Hiergegen richtete sich die am 21.12.2010 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage, mit welcher sich die Kläger gegen den Honorarbescheid des Quartals III/2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2010 wendeten. Die Kläger seien ausweislich des Honorarbescheids für das Quartal III/2009 beim RLV mit einer Überschreitung von 40.213,65 EUR durch die Anwendung des RLV in ihrem Honoraranspruch tangiert. Unter Abzug der quotierten Vergütung in Höhe von 5.839,05 EUR ergebe sich somit noch eine Beschwer für die Kläger in Höhe von 34.374,60 EUR. Ziehe man diesbezüglich noch die gewährte Stützung im Rahmen der Konvergenz in Höhe von 4.537,05 EUR ab, ergebe sich für die Kläger noch eine Beschwer in Höhe von 29.837,55 EUR. Im Hinblick auf diese noch verbleibende Beschwer würden die Kläger zwar keinen Anspruch auf Auszahlung der Kürzungssumme geltend machen, jedoch einen Anspruch auf Neubescheidung. Die exorbitante Überschreitung des RLV beruhe im vorliegenden Fall offenkundig auf Praxisbesonderheiten, denen die Beklagte bekanntermaßen allein dadurch Rechnung getragen habe, indem sie in diesen Quartalen die Konvergenzregelung angewandt habe. Die KV sei generell der Auffassung, dass durch die Anwendung der Konvergenzregelung die Praxisbesonderheiten, die eine Erhöhung des RLVs rechtfertigen würden, endgültig und abschließend damit abgegolten seien. Dies sei jedoch nicht zutreffend.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2012 wies die Beklagte unter anderem den Widerspruch gegen den RLV-Zuweisungsbescheid III/2009 vom 24.06.2009 zurück. Unter "7. Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten" führte die Beklagte dabei aus, dass die Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten bereits im Rahmen der Konvergenz berücksichtigt sei. Gem. Teil B § 11 Nr. 1 HVV seien Praxisbesonderheiten bei einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen Spezialisierung, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwerts der Arztgruppe von mindestens 30 % vorliege, zu berücksichtigen. Gem. Teil B § 11 Nr. 2 HVV regele das Nähere die K ... Wie im Bescheid vom 08.07.2009 (richtig wohl 08.07.2010) dargestellt, habe die K. die Regelung dahingehend getroffen, dass während der Konvergenzphase, in der für alle Praxen grundsätzlich eine Garantie in Höhe von 95 % des Umsatzes in Bezug auf die morbiditätsbezogene Gesamtvergütung aus dem Vorjahresquartal bestehe, eine bestehende besondere Praxisausrichtung bereits über die Anwendung der Konvergenzregelung berücksichtigt werde. Hintergrund sei, dass die Anwendung dieser Sonderregelung bereits die Zuerkennung eines Individualbudgets auf der Basis des Vorjahresquartals beinhalte. Aufgrund der in Teil B § 11 Nr. 2 HVV verankerten Ermächtigung sei die K. berechtigt, die Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten im Rahmen der Konvergenzregelung zu gewährleisten. Eine darüber hinaus gehende Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten sei während der Dauer der Konvergenzphase nicht möglich (gemäß § 2 Abs. 6 der Konvergenzvereinbarung).
Eine Klage gegen den Widerspruchsbescheid reichten die Kläger in der Folge nicht ein.
Die Beklagte trat der Klage gegen den Honorarbescheid für das Quartal III/2009 entgegen und wies darauf hin, dass das RLV betreffend das Quartal III/2009 bindend geworden sei, da der RLV-Zuweisungsbescheid III/2009 bestandskräftig geworden sei. Die Kläger hätten gegen den betreffenden ablehnenden Widerspruchsbescheid vom 19.09.2012 keine Klage erhoben. Die Zuweisung sei als eigenständige Regelung gesondert anfechtbar. Aus der gesonderten Anfechtbarkeit folge, dass ein Vertragsarzt, der die Zuweisung eines RLV habe bestandskräftig werden lassen, an diese Festsetzungen gebunden sei und im nachfolgenden Honorarstreitverfahren deren Fehlerhaftigkeit nicht mehr geltend machen könne (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 15.08.2012, - B 6 KA 38/11 R -, in juris).
Die Kläger entgegneten daraufhin, dass der RLV-Zuweisungsbescheid III/2009 nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen worden sei. Wie der Text in dem Schreiben an die Ärzte ausdrücklich vorsehe, handele es sich dabei lediglich um eine Information. Eine Information stelle keinen Verwaltungsakt dar. Unbeschadet dessen gehe es inhaltlich um die Frage, ob durch die Anwendung der Konvergenzregelung, die noch gar nicht im RLV-Zuweisungsbescheid habe enthalten sein können, dem Umstand etwaiger Praxisbesonderheiten pauschal Rechnung getragen werden könne. Gerade der vorliegende Rechtsstreit drehe sich um die Frage, ob die KV im Rahmen der damaligen Konvergenzreglung pauschal die Prüfung von Praxisbesonderheiten habe unterlassen dürfen mit dem Hinweis, dass etwaige Praxisbesonderheiten im Rahmen der Konvergenzregelung mit erledigt seien.
Mit Urteil vom 09.10.2014 hob das SG den Honorarbescheid für das Quartal III/2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2010 auf und verurteilte die Beklagte, die Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Nach § 87 b Abs. 3 Satz 3 SGB V in der Fassung vom 26.03.2007 seien im Rahmen der Bestimmung des RLV auch Praxisbesonderheiten zu berücksichtigen, soweit dazu Veranlassung bestehe. Ausgehend von den gesetzlichen Vorgaben habe der Erweiterte Bewertungsausschuss in seiner 7. Sitzung am 27. und 28.08.2008 unter Teil F einen Beschluss gem. § 87 b Abs. 4 Satz 1 SGB V zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen RLV nach § 87 b Abs. 2 und 3 SGB V gefasst (DÄBl. 2008, Heft 38, A-1988). Die Praxisbesonderheiten würden nach Nr. 3.6 des Beschlusses zwischen den Partnern der Gesamtverträge geregelt. Das ermittelte RLV je Arzt sei ggf. entsprechend den nach 3.6 festgestellten Praxisbesonderheiten anzupassen (Anl. 2 Nr. 5 Abs. 3). Nach Teil B § 11 Abs. 1 HVV der insoweit die Regelung in Teil F, Nr. 3.6 des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 27./28.08.2008 übernommen habe, ergäben sich Praxisbesonderheiten aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen Spezialisierung, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe um mindestens 30 % vorliege. Das Nähere regele nach Abs. 2 die K ... Hiernach sei die Beklagte nicht berechtigt aufgrund der Konvergenzregelung von einer Prüfung der Praxisbesonderheiten abzusehen. In seiner Sitzung am 15.01.2009 habe der Erweiterte Bewertungsausschuss zur Umsetzung und Weiterentwicklung der arzt- und praxisbezogenen RLV nach § 87 b Abs. 2 und 3 SGB V mit Geltung ab 01.01.2009 in Teil A eine "Konvergenzphase für die Vereinheitlichung der Umsetzung der arzt- und praxisbezogenen RLV" beschlossen. Nach § 2 Ziff. 6 der Konvergenzvereinbarung 2009 seien mit der Anwendung der Konvergenzregelung (§ 2 Nr. 1, 2) Praxisbesonderheiten im Sinne des Teil B § 11 der HVV abgegolten. Der hiermit verbundene vollständige Verzicht auf eine individuelle Prüfung und Ermittlung von Praxisbesonderheiten sei von den Vorgaben in den Beschlüssen des Erweiterten Bewertungsausschusses und den darauf beruhenden Regelungen in § 11 HVV und § 2 Nr. 6 der Konvergenzvereinbarung nicht gedeckt. Diese Vorgehensweise verstoße sowohl gegen die gesetzlichen Vorgaben des § 87 b Abs. 3 Satz 3 SGB V als auch gegen die untergesetzlichen Vorgaben des Erweiterten Bewertungsausschusses. Der Erweiterte Bewertungsausschuss habe in dem Beschluss vom 27./28.08.2008 - Teil F - unter Nr. 3.6 bei der Ermittlung des RLV die Prüfung von Praxisbesonderheiten ausdrücklich vorgesehen. Auch der Beschluss vom 15.01.2009 sehe eine solche Berücksichtigung weiter vor. Der Vorstand der Beklagten sei damit zur Entscheidung über Praxisbesonderheiten befugt gewesen. Die Entscheidung, während der Konvergenzphase ohne Prüfung des Einzelfalls gänzlich auf die Ermittlung von Praxisbesonderheiten zu verzichten, sei von der Ermächtigungsgrundlage aber gerade nicht gedeckt. Nach Anl. 2 Nr. 5 Abs. 3 des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 27./28.08.2008 sei, wenn Praxisbesonderheiten festgestellt würden, das arztbezogene RLV entsprechend anzupassen. Dies entspreche der gesetzlichen Vorgabe in § 87 b Abs. 3 Satz 3 SGB V, wonach Praxisbesonderheiten im Rahmen der Bestimmung des RLV zu berücksichtigen seien. Vorliegend sei eine Anpassung des den Klägern für das streitbefangene Quartal zugewiesenen RLV allerdings ausgeschlossen. Aus der gesonderten Anfechtbarkeit der RLV-Zuweisung folge nämlich, dass ein Vertragsarzt, der dieselbe habe bestandskräftig werden lassen, an diese Festsetzung gebunden sei und im nachfolgenden Honorarstreitverfahren nicht mehr deren Fehlerhaftigkeit geltend machen könne. Die Zuweisung des RLV für das Quartal III/2009 stelle spätestens in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.09.2012 zweifelsfrei einen Verwaltungsakt dar, ohne dass es noch auf die von den Klägern gegen die Verwaltungsqualifikation des Ausgangsbescheids erhobenen Einwände ankäme. Gleichwohl habe die Kammer entschieden, der Klage stattzugeben und die Beklagte zur Neubescheidung unter Rechtsauffassung des Gerichts zu verurteilen. Die Beklagte werde daher zu prüfen haben, ob bei den Klägern Praxisbesonderheiten vorlägen, wenngleich sich diese auf die Höhe des RLV nicht mehr auswirken könnten.
Das Urteil wurde der Beklagten am 20.11.2014 mittels Empfangsbekenntnis zugestellt.
Hiergegen richtet sich die am 15.12.2014 zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhobene Berufung der Beklagten. Das SG habe unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung des BSG selbst darauf hingewiesen, dass das RLV betreffend das Quartal III/2009 bestandskräftig und damit bindend geworden sei. Gegen den die RLV-Zuweisung III/2009 betreffenden ablehnenden Widerspruchsbescheid vom 19.09.2012 sei keine Klage erhoben worden. Damit seien die Kläger an die Festsetzung des RLV gebunden und könnten im nachfolgenden Honorarstreitverfahren nicht mehr deren Fehlerhaftigkeit geltend machen. Dies würden die Kläger aber vorliegend tun, wenn sie im Rahmen des Verfahrens gegen den Honorarbescheid III/2009 aufgrund von behaupteten Praxisbesonderheiten ein höheres RLV begehren würden. Dies sehe auch das SG im angefochtenen Urteil zutreffend. Allerdings ziehe es die falsche Konsequenz, wenn es die Beklagte dennoch zur Neubescheidung verurteile, obwohl das RLV bindend feststehe und sich die Entscheidung über Praxisbesonderheiten gar nicht mehr auf das RLV auswirken könne. Wenn das RLV bindend sei, sei kein Raum für die ausgesprochene Neubescheidungsverpflichtung. Das SG verkenne hier das Wesen und die Reichweite der Bestandskraft.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 09.10.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die bestandskräftige Regelung von Vorfragen zum Honorar - und somit auch die RLV-Zuweisung - lasse nicht zwangsläufig das rechtlich geschützte Interesse des Vertragsarztes entfallen, seinen Honoraranspruch im Übrigen überprüfen zu lassen und ggf. einen Anspruch auf Neubescheidung trotz der bestandskräftigen RLV-Zuweisung geltend zu machen. Im vorliegenden Fall gehe es nicht um die Fehlerhaftigkeit einer RLV-Zuweisung, sondern um die Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten außerhalb einer RLV-Zuweisung. Dies könne z.B. auch noch während eines Quartals und damit nach bzw. außerhalb einer RLV Zuweisung geltend gemacht werden. Die Zuweisung des RLV sage über ein etwaiges Vorliegen oder eine etwaige Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten nichts aus. Die K. selbst habe im Übrigen die Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten mit der Anwendung der Konvergenzregelung verknüpft. Die Anwendung der Konvergenzregelung sei aber weder vom Ansatz noch vom Inhalt her Gegenstand des RLV-Zuweisungsbescheides. Es widerspreche im vorliegenden Fall jedem Gerechtigkeitsgedanken und Treu und Glauben, dem Vertragsarzt den Vortrag von Praxisbesonderheiten unter alleinigem Hinweis auf die Bestandskraft der RLV-Zuweisung abzuschneiden. Zutreffend habe auch das SG ausgeführt, dass die Kläger aufgrund der Bestandskraft der RLV-Zuweisung eine Neubescheidung der RLV-Zuweisung nicht mehr beanspruchen könnten. Dies sei für den hier geltend gemachten Rechtsanspruch der Kläger (Neubescheidung über Praxisbesonderheiten) aber auch nicht erforderlich. Die Beklagte habe trotz der bestandskräftigen RLV-Zuweisung über den Honoraranspruch der Kläger im Quartal III/2009 neu zu entscheiden. Dabei werde sie auch zu prüfen haben, ob bei den Klägern - auch nach Anwendung der Konvergenzregelung - noch Praxisbesonderheiten vorlägen. Dies könne sich zwar nicht mehr auf die Zuweisung des RLV, aber sehr wohl noch auf den Honoraranspruch (z. B. in Form eines individuellen Honorarzuschlags [vgl. § 11 Abs. 2 HVV]) auswirken.
Im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter am 25.11.2015 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die Gerichtsakten der ersten und zweiten Instanz sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ohne Zulassung durch das SG statthaft. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750,00 EUR) ist überschritten, da Streitgegenstand des Berufungsverfahrens - wie sogleich darzulegen sein wird -, die im Urteil des SG vorgenommene Verpflichtung zur Neubescheidung der Beklagten unter Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten ist. Nachdem die Kläger im Verfahren vor dem SG eine Beschwer in Höhe von 29.837,55 EUR geltend gemacht haben, die im Hinblick auf Praxisbesonderheiten nicht hinreichend ausgeglichen sei, ist der Berufungsstreitwert im vorliegenden Fall überschritten. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und daher auch im Übrigen gem. § 151 SGG zulässig.
Streitgegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist das Urteil des SG vom 09.10.2014, mit welchem dieses den streitgegenständlichen "Honorarbescheid für das Quartal III/2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2010" aufgehoben hat und die Beklagte zur Neubescheidung nach der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilt hat. Die Beklagte wurde insoweit verurteilt, Praxisbesonderheiten bei den Klägern zu berücksichtigen, wenngleich sich diese auf die Höhe des RLV nicht mehr auswirken könnten, da dieses bestandskräftig sei.
Der Tenor ist insoweit auslegungsbedürftig. Zum einen sind vorliegend am 15.01.2010 und am 08.07.2010 Bescheide zum Honorar der Kläger ergangen. Zum anderen ist der im Verfügungssatz des Honorarbescheids vom 15.01.2010 zum Ausdruck kommende Regelungsgehalt vorliegend nicht ohne weiteres auf den Zahlbetrag beschränkt. Vielmehr enthält der Honorarbescheid vom 15.01.2010 eine (Neu-)Regelung des RLV, während der Bescheid vom 08.07.2010 das im zuvor genannten Bescheid festgesetzte RLV übernimmt. Die Neufestsetzung des RLV im Honorarbescheid ist dabei auch grundsätzlich zulässig, da die Entscheidung über die dem Vertragsarzt für seine Leistungen in einem bestimmten Quartal zustehende Vergütung nur den Mindestinhalt des Honorarbescheides darstellt. Der Honorarbescheid kann jedoch weitere abtrennbare Regelungen beinhalten. Dies gilt z.B. für die Zuweisung des RLV (BSG, Urteil vom 25.03.2015, - B 6 KA 22/14 R, in juris m.w.N.).
Durch die Aufhebung allein des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2010 hat das SG freilich deutlich gemacht, dass eine Aufhebung der RLV-Festsetzung im Bescheid vom 15.01.2010 nicht erfolgen soll. Den insoweit relevanten Widerspruchsbescheid vom 19.09.2012 hat das SG nämlich nicht aufgehoben. Dieser Befund ergibt sich auch, wenn man zur Bestimmung der Tragweite der Urteilsformel selbige als nicht ausreichend aussagekräftig ansehen und folglich die Entscheidungsgründe ergänzend heranziehen würde (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 11. Auflage, § 141 Rn 7a). Insoweit hat das SG nämlich ausdrücklich zur Neubescheidung unter Berücksichtigung des bestandskräftigen RLV verurteilt. In diesem Sinne verstehen im Übrigen auch die Beteiligten die Urteilsformel des SG. So wird von der Beklagten mit der Berufung die fehlende Möglichkeit der Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten außerhalb des RLV gerügt, während die Kläger hierauf auf Nachfrage des Berichterstatters im Erörterungstermin vom 25.11.2015 ihr Begehren beschränkt und von der Erhebung einer Anschlussberufung abgesehen haben. Sie sind der Ansicht, dass Praxisbesonderheiten außerhalb des RLV zu berücksichtigen seien, weshalb das SG zutreffend hierzu unter Aufhebung der isolierten Honorarregelung verurteilt habe.
Im Hinblick auf die ausschließlich von der Beklagten eingelegte Berufung führt die entsprechende Beschränkung des Rechtsbehelfs dazu, dass die nicht angegriffene Teilregelung in Bestandskraft erwachsen (§ 77 SGG) ist (BSG, Urteil vom 25.03.2015, - B 6 KA 22/14 R, in juris m.w.N.). Nicht streitgegenständlich ist damit im Berufungsverfahren die Höhe des RLV, sondern lediglich die darüber hinausgehende Regelung der Honorarfestsetzung als solche. Soweit das SG hinsichtlich letzterer die Aufhebung und Neubescheidung verfügt hat, hält das Urteil des SG einer Überprüfung nicht stand, weshalb auf die Berufung der Beklagten das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen war, da die Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten lediglich im RLV erfolgen kann.
Nach § 87 b Abs. 3 Satz 2 SGB V in der hier anzuwendenden und vom 26.03.2007 bis 22.09.2011 geltenden Fassung (a.F.) sind im Rahmen der Bestimmung des RLV Praxisbesonderheiten zu berücksichtigen, soweit dazu Veranlassung besteht. Ausgehend von den gesetzlichen Vorgaben hat der Erweiterte Bewertungsausschuss in seiner 7. Sitzung am 27./28.08.2008 unter Teil F einen Beschluss gem. § 87 b Abs. 4 Satz 1 SGB V zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen RLV nach § 87 b Abs. 2 und 3 SGB V gefasst (DÄBl. 2008, Heft 38, A - 1988). Die Praxisbesonderheiten werden nach Nr. 3.6 des Beschlusses zwischen den Partnern der Gesamtverträge geregelt. Das ermittelte RLV ist ggf. entsprechend den nach Nr. 3.6 festgestellten Praxisbesonderheiten anzupassen (Anlage 2 Nr. 5 Abs. 3). Nach Teil B § 11 Abs. 1 HVV, der insoweit die Regelung in Teil F, Nr. 3.6 des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 27./28.08.2008 übernommen hat, ergeben sich Praxisbesonderheiten aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen Spezialisierung, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe von mindestens 30 % vorliegt.
Zutreffend hat die Beklagte unter Berücksichtigung der genannten rechtlichen Grundlagen ausgeführt, dass damit Praxisbesonderheiten im Rahmen der RLV-Zuweisung zu berücksichtigen sind und nur in diesem Rahmen Berücksichtigung finden können.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht dadurch, dass nach dem Vortrag der Kläger, die Beklagte durch die Anwendung der Konvergenzregelung in unzulässiger Weise eine Verquickung von RLV und Honorarbescheid vorgenommen habe. Denn auch bei einer unzulässigen Verquickung und einer dadurch bedingten Rechtswidrigkeit bleibt es bei der genannten gesetzlichen Regelung, wonach Praxisbesonderheiten im Rahmen des RLV zu berücksichtigen sind. Insoweit obliegt es gerade nicht der Beklagten Praxisbesonderheiten entgegen der Regelung des Gesetzes dem RLV und/oder dem Honorarbescheid zuzuweisen. Hierdurch sind die Kläger auch nicht unzumutbar belastet, da dies im Rahmen der Anfechtung des RLV und des Honorarbescheids ausreichend Berücksichtigung finden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) bestehen nicht.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG i. V. m. § 47 Abs. 1 und 2, § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Da die Kläger eine Neubescheidung begehrten, sind zwei Drittel der geltend gemachten Beschwer von 29.837,55 EUR, mithin 19.891,70 EUR festzusetzen. Die Streitwertfestsetzung des SG war dementsprechend abzuändern.
Rechtskraft
Aus
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